"Ich weiß, daß der Mann in der Welt draußen das Pfauenrad zu schlagen hat, während er sich zu Hause »ausruhen« will. Das ist das Los der Frau. Aber nicht das meine!" (Alma Mahler-Werfel)
Wenn man so will, zeigt dieses Zitat den Lebensentwurf von Alma Mahler-Werfel auf, die im Mittelpunkt des
historischen Romans "Die Muse von Wien" von Caroline Bernard steht. Klimt war ihre erste Liebe, für…mehr"Ich weiß, daß der Mann in der Welt draußen das Pfauenrad zu schlagen hat, während er sich zu Hause »ausruhen« will. Das ist das Los der Frau. Aber nicht das meine!" (Alma Mahler-Werfel)
Wenn man so will, zeigt dieses Zitat den Lebensentwurf von Alma Mahler-Werfel auf, die im Mittelpunkt des historischen Romans "Die Muse von Wien" von Caroline Bernard steht. Klimt war ihre erste Liebe, für Gustav Mahler wird sie zur Muse – Alma Schindler wächst inmitten der Wiener Boheme auf, ist in den Salons der schillernden Metropole zu Hause, verfolgt den Aufstieg der Secession, inspiriert und verführt. Und sie ist Künstlerin, ihre Leidenschaft gehört dem Klavierspiel, vor allem der Komposition. Bis sie Gustav Mahler trifft und sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Gustav erwidert ihre Liebe, jedoch zu einem hohen Preis: Für ihn soll sie ihre Kunst aufgeben …
Das Cover des historischen Romans erinnert an ein Portrait in Sepia und zeichnet sich durch eine schlichte Eleganz aus. Der Betrachter sieht eine vornehm gekleidete Frau vor einem historishcen Gebäude in Wien stehen. Ihr hochgeschlossenes weißes Kleid wirkt züchtig , der Saum des Rockes bedeckt die Knie und die Schuhe sind eher praktisch. Trotzdem bleibt der Blick des Betrachters an ihr hängen. Ihre Haltung wirkt selbstbewusst, stolz und aufrecht, und sie trägt nicht nur einen kecken modischen Hut, sondern auch einen auffälligen Mantel lässig über ihrem Arm, die in einem leuchtenden roten Farbton schimmern. Auch der einprägsame Titel des Buches greift das Motiv der Liebe auf und ist in fein geschwungenen, großen roten Lettern gestaltet worden.
Tatsächlich zieht sich die Liebe wie ein roter Faden durch die Lebensgeschichte von Alma Mahler-Werfel, die sich nicht in das enge Korsett der traditionellen Pflichterfüllung pressen lassen, sondern ihr Schicksal nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten wollte und als eine femme fatale in der Kunst-, Kultur- und Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts gilt.
Caroline Bernard schreibt in einem mitreißenden Stil, und es gelingt ihr mühelos, ihre schillernde Protagonistin in ihrem historischen Roman zum Leben zu erwecken. Das Geschehen wird aus der Perspektive von Alma vermittelt, und man kann sich in die die gefühlvolle, mitunter launische und kapriziöse schöne junge Frau einfühlen, wenn wir sie auf ihrem Weg durch die Salons in der Metropole der K. und K. Monarchie begleiten. Trotzdem ist Alma mehr als ein oberflächliches Party-Girl, das sich in der Bewunderung von berühmten Zeitgenossen sonnt. Krankheit und Tod sind ihre ständigen Begleiter, und sie erweist sich im Laufe ihres Lebens als eine starke Persönlichkeit, die zahllose Schicksalsschläge hinnehmen und den Tod von Vater, Partnern und Kindern verkraften muss.
Auch wenn sie die gemeinsamen Jahre mit dem Musiker Gustav Mahler in der Retrospektive verklärt, ist ihre Verbindung nicht glücklich; der wesentlich ältere Workaholic zeigt sich als ein egozentrischer Macho, der nach ständiger Aufmerksamkeit und Bewunderung verlangt und seiner freiheitsliebenden Frau das Leben an seiner Seite nicht leicht macht. Insoweit ist ihre Flucht in eine leidenschaftliche Affaire mit Walter Gropius, der ihr zweiter Mann nach dem Tod von Gustav Mahler wird, durchaus nachvollziehbar.
Eine eigene Karriere blieb Alma Mahler-Werfel verwehrt. Trotzdem hat sie als Muse, Künstlerin und Geliebte ihre Spuren in der Zeitgeschichte hinterlassen. Mich hat dieser historische Roman sehr beeindruckt, und ich würde mich über eine Fortsetzung freuen. Gern vergebe ich die Höchstpunktzahl von 5 Sternen.