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Wer ist menschlicher? Der Mensch oder der Affe? - "Wohl einer von Boyles besten - und traurigsten - Romanen, ein Buch, das die Grenzen zwischen Mensch und Tier auflöst." Irene Binal, Neue Zürcher ZeitungSam, der Schimpanse, den Professor Schermerhorn in eine TV-Show bringt, kann in der Gebärdensprache nicht nur einen Cheeseburger bestellen, sondern auch seinen Namen sagen. Wie ein Kind wächst er umsorgt von Wissenschaftlern auf. Als die schüchterne Aimee dazu stößt, entspinnt sich eine einzigartige Beziehung: Sam erwidert ihre Gefühle und entwickelt sich regelrecht zu einem Individuum....
Wer ist menschlicher? Der Mensch oder der Affe? - "Wohl einer von Boyles besten - und traurigsten - Romanen, ein Buch, das die Grenzen zwischen Mensch und Tier auflöst." Irene Binal, Neue Zürcher ZeitungSam, der Schimpanse, den Professor Schermerhorn in eine TV-Show bringt, kann in der Gebärdensprache nicht nur einen Cheeseburger bestellen, sondern auch seinen Namen sagen. Wie ein Kind wächst er umsorgt von Wissenschaftlern auf. Als die schüchterne Aimee dazu stößt, entspinnt sich eine einzigartige Beziehung: Sam erwidert ihre Gefühle und entwickelt sich regelrecht zu einem Individuum. Als jedoch die Vision Schermerhorns, der an das Menschliche im Tier glaubt, keine Schule macht, wird er für Tierexperimente von einer anderen Universität beschlagnahmt. Aimee ist am Boden zerstört und fasst einen verrückten Plan. T.C. Boyle geht ebenso komisch wie mitfühlend der Frage nach, ob uns Tiere ähnlicher sind, als wir vermuten.
T. Coraghessan Boyle, 1948 in Peekskill, N.Y., geboren, ist der Autor von zahlreichen Romanen und Erzählungen, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Bis 2012 lehrte er Creative Writing an der University of Southern California in Los Angeles. Bei Hanser erschienen zuletzt 'Sind wir nicht Menschen' (Stories, 2020), 'Sprich mit mir' (Roman, 2021),'Blue Skies' (Roman, 2023) sowie 'I Walk Between the Raindrops' (Stories, 2024).

© Annette Pohnert
Produktbeschreibung
- Verlag: Hanser
- Originaltitel: TALK TO ME
- Artikelnr. des Verlages: 505/26915
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 352
- Erscheinungstermin: 25. Januar 2021
- Deutsch
- Abmessung: 148mm x 211mm x 39mm
- Gewicht: 529g
- ISBN-13: 9783446269156
- ISBN-10: 3446269150
- Artikelnr.: 60345685
Herstellerkennzeichnung
Carl Hanser Verlag
Kolbergerstraße 22
81679 München
info@hanser.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Yannic Han Biao Federer lässt sich von T.C. Boyles Roman mitreißen, der von der Forschung an einem menschlich sozialisierten, sprechenden Affen namens Sam und dessen spezieller Beziehung zur Forscherin Aimee erzählt. Inspiriert sei der Plot vom echten Fall des Primatenforschers Roger Fouts, der wie im Roman gegen seinen rabiaten Nachfolger und das Aussterben des Forschungszweigs ankämpfen musste, weiß der Rezensent. Langsam werde man sich bei der Lektüre der Konsequenzen einer Grenzaufhebung zwischen "nutzbarem Tier und beseeltem Menschen" bewusst, grübelt Han Biao Federer - am Ende des Romans, das ihn an Boris Karloffs Frankenstein erinnert, verwandle sich Sam zum wütenden Monstrum, verrät er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Führ mich an den Fluss des Lebens
Spracherwerb wird großgeschrieben: In T. C. Boyles Roman "Sprich mit mir" bringt ein Wissenschaftler Menschen und Affen zusammen
Die Geschichte beginnt im Jahr 1978. Sie fängt damit an, dass Aimée Villard, eine Studentin der Frühpädagogik, das neue Album der Band Talking Heads hört, immer und immer wieder deren Version von "Take Me to the River", als sollte der Text des Lieds ein Omen sein. Aimée - der Name ist Programm -, die nicht weiß, wohin mit sich und ihrem Leben, sieht in einer Fernsehshow den jungen Wissenschaftler Guy Schermerhorn von ihrer Universität in Kalifornien, "der behauptete, er bringe Affen das Sprechen bei"; er hat seinen Auftritt mit dem Schimpansen Sam. Sie
Spracherwerb wird großgeschrieben: In T. C. Boyles Roman "Sprich mit mir" bringt ein Wissenschaftler Menschen und Affen zusammen
Die Geschichte beginnt im Jahr 1978. Sie fängt damit an, dass Aimée Villard, eine Studentin der Frühpädagogik, das neue Album der Band Talking Heads hört, immer und immer wieder deren Version von "Take Me to the River", als sollte der Text des Lieds ein Omen sein. Aimée - der Name ist Programm -, die nicht weiß, wohin mit sich und ihrem Leben, sieht in einer Fernsehshow den jungen Wissenschaftler Guy Schermerhorn von ihrer Universität in Kalifornien, "der behauptete, er bringe Affen das Sprechen bei"; er hat seinen Auftritt mit dem Schimpansen Sam. Sie
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bewirbt sich als Hilfskraft bei Schermerhorn, der in einer Ranch versucht, Sam wie ein Menschenjunges aufzuziehen, einschließlich des Spracherwerbs in Form von Gebärdensprache.
Sam hat seine verspielten, witzigen Seiten, verfügt allerdings zugleich über ein unberechenbares Aggressionspotential; während er gemeinhin wie ein verzogenes Kleinkind funktioniert, hat er gerade eine Studentin, die zum Pflegepersonal rund um die Uhr gehört, ins Gesicht gebissen.
Sam hat keinen Moment seines bisher dreijährigen Lebens in freier Wildbahn verbracht; er wurde seiner leiblichen Mutter entrissen, die dafür mit einer Betäubungsspritze hilflos gemacht war. Von Beginn an lässt T. C. Boyle, ohne mit einem einzigen Satz zu moralisieren, keinen Zweifel daran, für wie fragwürdig er derartiges Vorgehen im Namen der Forschung hält. Er erzählt lieber bildhaft und rasant über die Zustände auf der Ranch. Sam kann einfach SÜSS sein, und SÜSS ist auch eines der vielen Wörter, die er gebärden kann. Darüber hinaus scheint er begriffen zu haben, dass es zu gutem Erfolg, zu SÜSSIGKEITEN zum Beispiel, führt, wenn er sich den Erwartungen gemäß verhält. Entsprechend kann er, wenn es um Essen geht, PIZZA MIT ALLEM verlangen, aber auch, wo es um sein körperliches Wohlgefühl geht, deutlich komplexere Zusammenhänge wie GIB MIR UMARMUNG formulieren.
Als Aimée vor dem Haus auftaucht, ist er - "Schimpansenhumor" nennt sich das - wieder einmal am Entwischen. Plötzlich ereignet sich eine Erstkontaktszene: "Er sah über die Schulter zu Guy, der sich gerade auf ihn stürzen wollte, gebärdete TUT MIR LEID, TUT MIR LEID und sprang ihr in die Arme." Sam, der juvenile Menschenaffe, hat Aimée erwählt, eine Umkehrung des geltenden Herrschaftsverhältnisses zwischen Mensch und Tier. Aimées und sein Schicksal sind besiegelt, in einer Wahlverwandtschaft, einer archaischen Dyade. Daran ändert nichts, dass Aimée mit Schermerhorn ein Verhältnis anfängt. Es ist eine Liebe, eine amour fou, die das ungewöhnliche Duo auf einen Roadtrip schickt, auf eine große Flucht. Ihm atemlos folgen zu müssen, darin liegt die erzählerische Meisterschaft von T. C. Boyle.
"Sprich mit mir", jetzt zuerst auf Deutsch erschienen, ehe der Roman im Mai in Amerika herauskommt, ist sorgfältigst durchkonstruiert. Dahinter steht ein allwissender Autor, der aber die Erzählperspektive immer wieder raffiniert in seine Personen verlegt, allen voran in Sam: Wo Sam gebärdet - oder wenn sich in seinem Gehirn die Worte formen, für die er Gebärden kennt -, ist das im Druckbild in Großbuchstaben wiedergegeben. Von enormer Eindringlichkeit ist dieser Kunstgriff, wenn Sam brutal aus seinem bisherigen Umfeld gerissen wird, eingesperrt in einen kahlen, stinkenden Käfig, um ihn herum in ihren Käfigen andere Schimpansen. SCHLÜSSEL SCHLOSS RAUS gebärdet er verzweifelt. Die leidenden schreienden Artgenossen kann er nicht als solche identifizieren, seine Selbstwahrnehmung ist die einer menschlichen Gestalt. SCHWARZE KÄFER sind die anderen Affen für ihn; einzig sehen kann er, dass sie die gleichen schwarzen Füße haben wie er. Das ist eine großartige zentrale Beobachtung: Wie entwirft sich ein Wesen, dem ein nicht wahrhaftiges Bild von sich selbst antrainiert wurde, in der Begegnung mit anderen seiner Spezies? Es ist ein Grundproblem der - menschlichen - Sozialisation überhaupt.
Zu Sams verzweifelter Lage kommt es, weil sein eigentlicher Besitzer Donald Moncrief, ebenfalls Professor und Chef von Guy Schermerhorn, ihn in seine Affenzuchtanstalt in Iowa zurückholt, nachdem das gesamte Spracherwerbsprojekt nach einigen Jahren Laufzeit in einem wissenschaftlichen Beitrag als sinnlos verworfen wurde, mithin die Forschungsgelder dafür auszubleiben drohen. Hier liegt der reale Kern von T. C. Boyles Geschichte. In den sechziger und siebziger Jahren wurde die Menschennähe der Schimpansen in Langzeitversuchen erforscht bis hin zur Fähigkeit, erlernte Gebärden sinnvoll zu kombinieren. Im Roman fallen zwei Namen: Die Verhaltensforscherin Jane Goodall hatte in Tansania bahnbrechende Erkenntnisse über die Fähigkeiten der Schimpansen überhaupt gewonnen. Doch es war der Linguist Noam Chomsky, der scharf deren Begabung zum menschenanalogen Spracherwerb bestritt. In "Sprich mit mir" ist es der Aufsatz eines Kollegen Schermerhorns, der Chomskys Position einnimmt, nachdem er selbst jahrelang an dem ehrgeizigen Programm teilgenommen hatte.
Mit Donald Moncrief entwirft Boyle eine furchtbar zynische Figur, einen Quäler als Gegenspieler, der jedoch nur sein Recht einfordert. Es ist noch die Zeit, in der Tiere als Sachen gelten, ein Zuchtschimpanse ist 10 000 Dollar wert, sonst immerhin noch für die medizinische Forschung verwertbar. Moncrief ist zudem gezeichnet, er trägt eine schwarze Augenklappe, ein wütender Schimpanse soll ihm ein Auge mit dem Finger ausgestochen haben; seine eigene Aggressivität gibt dafür den - blinden - Spiegel ab. Aimée, die Sam in Moncriefs Kerker gefolgt war und dort als Pflegerin arbeitet, gelingt es, ihn in einem riskanten nächtlichen Manöver aus dem "Schimpansenstall" zu befreien; DU ICH GEHEN hatte er ihr flehend gebärdet. Was sich nur Schicksal nennen lässt, nimmt von nun an seinen Lauf. Die Zeilen des Lieds, wie es die Talking Heads singen, kehren wieder als entscheidendes Kapitel: "Hug me, tease me, love me, squeeze me"; und eine Taufe wird geschehen, mit ein wenig Weihwasser, "dip me in the water".
T. C. Boyles Roman beschreibt eine unerhörte Anmaßung, es ist die des Menschen, ein ihm genetisch so nahestehendes Geschöpf nach seinen Maßstäben formen zu wollen. Das gilt so, trotz allem Willen zum Wissen und trotz aller tiefen Zuneigung. Das reicht weiter als der Ehrgeiz des jungen Forschers Schermerhorn und als ein bloßes tragisches Missverständnis. Es kommt der Moment, in dem Aimée es begreift: "Wenn er lächelte, zog er die Lippen zurück, so dass man Zahnfleisch und Zähne sehen konnte, und genau das tat er jetzt. Er war komisch und liebenswert und noch etwas anderes - sie sah es zum ersten Mal, und es jagte ihr einen Schauer über den Rücken: Er war berechnend. Er war kein Mensch, aber auch kein Tier, sondern etwas dazwischen, etwas Unnatürliches, Deformiertes." Aimée blickt ihrer Verantwortung und Schuld in die Augen; deshalb ist sie es, die am Ende ihrer weiten Reise mit Sam die einzig mögliche Konsequenz zieht. "Sprich mit mir" ist eine so ergreifende wie beglückende Lektüre, weil Glück im Mitleiden liegt, im Pathos und im Verstehen. ICH BIN SAM lautet das Vermächtnis der zugerichteten Kreatur.
ROSE-MARIA GROPP
T. C. Boyle: "Sprich mit mir". Roman.
Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. Hanser Verlag, München 2021. 349 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sam hat seine verspielten, witzigen Seiten, verfügt allerdings zugleich über ein unberechenbares Aggressionspotential; während er gemeinhin wie ein verzogenes Kleinkind funktioniert, hat er gerade eine Studentin, die zum Pflegepersonal rund um die Uhr gehört, ins Gesicht gebissen.
Sam hat keinen Moment seines bisher dreijährigen Lebens in freier Wildbahn verbracht; er wurde seiner leiblichen Mutter entrissen, die dafür mit einer Betäubungsspritze hilflos gemacht war. Von Beginn an lässt T. C. Boyle, ohne mit einem einzigen Satz zu moralisieren, keinen Zweifel daran, für wie fragwürdig er derartiges Vorgehen im Namen der Forschung hält. Er erzählt lieber bildhaft und rasant über die Zustände auf der Ranch. Sam kann einfach SÜSS sein, und SÜSS ist auch eines der vielen Wörter, die er gebärden kann. Darüber hinaus scheint er begriffen zu haben, dass es zu gutem Erfolg, zu SÜSSIGKEITEN zum Beispiel, führt, wenn er sich den Erwartungen gemäß verhält. Entsprechend kann er, wenn es um Essen geht, PIZZA MIT ALLEM verlangen, aber auch, wo es um sein körperliches Wohlgefühl geht, deutlich komplexere Zusammenhänge wie GIB MIR UMARMUNG formulieren.
Als Aimée vor dem Haus auftaucht, ist er - "Schimpansenhumor" nennt sich das - wieder einmal am Entwischen. Plötzlich ereignet sich eine Erstkontaktszene: "Er sah über die Schulter zu Guy, der sich gerade auf ihn stürzen wollte, gebärdete TUT MIR LEID, TUT MIR LEID und sprang ihr in die Arme." Sam, der juvenile Menschenaffe, hat Aimée erwählt, eine Umkehrung des geltenden Herrschaftsverhältnisses zwischen Mensch und Tier. Aimées und sein Schicksal sind besiegelt, in einer Wahlverwandtschaft, einer archaischen Dyade. Daran ändert nichts, dass Aimée mit Schermerhorn ein Verhältnis anfängt. Es ist eine Liebe, eine amour fou, die das ungewöhnliche Duo auf einen Roadtrip schickt, auf eine große Flucht. Ihm atemlos folgen zu müssen, darin liegt die erzählerische Meisterschaft von T. C. Boyle.
"Sprich mit mir", jetzt zuerst auf Deutsch erschienen, ehe der Roman im Mai in Amerika herauskommt, ist sorgfältigst durchkonstruiert. Dahinter steht ein allwissender Autor, der aber die Erzählperspektive immer wieder raffiniert in seine Personen verlegt, allen voran in Sam: Wo Sam gebärdet - oder wenn sich in seinem Gehirn die Worte formen, für die er Gebärden kennt -, ist das im Druckbild in Großbuchstaben wiedergegeben. Von enormer Eindringlichkeit ist dieser Kunstgriff, wenn Sam brutal aus seinem bisherigen Umfeld gerissen wird, eingesperrt in einen kahlen, stinkenden Käfig, um ihn herum in ihren Käfigen andere Schimpansen. SCHLÜSSEL SCHLOSS RAUS gebärdet er verzweifelt. Die leidenden schreienden Artgenossen kann er nicht als solche identifizieren, seine Selbstwahrnehmung ist die einer menschlichen Gestalt. SCHWARZE KÄFER sind die anderen Affen für ihn; einzig sehen kann er, dass sie die gleichen schwarzen Füße haben wie er. Das ist eine großartige zentrale Beobachtung: Wie entwirft sich ein Wesen, dem ein nicht wahrhaftiges Bild von sich selbst antrainiert wurde, in der Begegnung mit anderen seiner Spezies? Es ist ein Grundproblem der - menschlichen - Sozialisation überhaupt.
Zu Sams verzweifelter Lage kommt es, weil sein eigentlicher Besitzer Donald Moncrief, ebenfalls Professor und Chef von Guy Schermerhorn, ihn in seine Affenzuchtanstalt in Iowa zurückholt, nachdem das gesamte Spracherwerbsprojekt nach einigen Jahren Laufzeit in einem wissenschaftlichen Beitrag als sinnlos verworfen wurde, mithin die Forschungsgelder dafür auszubleiben drohen. Hier liegt der reale Kern von T. C. Boyles Geschichte. In den sechziger und siebziger Jahren wurde die Menschennähe der Schimpansen in Langzeitversuchen erforscht bis hin zur Fähigkeit, erlernte Gebärden sinnvoll zu kombinieren. Im Roman fallen zwei Namen: Die Verhaltensforscherin Jane Goodall hatte in Tansania bahnbrechende Erkenntnisse über die Fähigkeiten der Schimpansen überhaupt gewonnen. Doch es war der Linguist Noam Chomsky, der scharf deren Begabung zum menschenanalogen Spracherwerb bestritt. In "Sprich mit mir" ist es der Aufsatz eines Kollegen Schermerhorns, der Chomskys Position einnimmt, nachdem er selbst jahrelang an dem ehrgeizigen Programm teilgenommen hatte.
Mit Donald Moncrief entwirft Boyle eine furchtbar zynische Figur, einen Quäler als Gegenspieler, der jedoch nur sein Recht einfordert. Es ist noch die Zeit, in der Tiere als Sachen gelten, ein Zuchtschimpanse ist 10 000 Dollar wert, sonst immerhin noch für die medizinische Forschung verwertbar. Moncrief ist zudem gezeichnet, er trägt eine schwarze Augenklappe, ein wütender Schimpanse soll ihm ein Auge mit dem Finger ausgestochen haben; seine eigene Aggressivität gibt dafür den - blinden - Spiegel ab. Aimée, die Sam in Moncriefs Kerker gefolgt war und dort als Pflegerin arbeitet, gelingt es, ihn in einem riskanten nächtlichen Manöver aus dem "Schimpansenstall" zu befreien; DU ICH GEHEN hatte er ihr flehend gebärdet. Was sich nur Schicksal nennen lässt, nimmt von nun an seinen Lauf. Die Zeilen des Lieds, wie es die Talking Heads singen, kehren wieder als entscheidendes Kapitel: "Hug me, tease me, love me, squeeze me"; und eine Taufe wird geschehen, mit ein wenig Weihwasser, "dip me in the water".
T. C. Boyles Roman beschreibt eine unerhörte Anmaßung, es ist die des Menschen, ein ihm genetisch so nahestehendes Geschöpf nach seinen Maßstäben formen zu wollen. Das gilt so, trotz allem Willen zum Wissen und trotz aller tiefen Zuneigung. Das reicht weiter als der Ehrgeiz des jungen Forschers Schermerhorn und als ein bloßes tragisches Missverständnis. Es kommt der Moment, in dem Aimée es begreift: "Wenn er lächelte, zog er die Lippen zurück, so dass man Zahnfleisch und Zähne sehen konnte, und genau das tat er jetzt. Er war komisch und liebenswert und noch etwas anderes - sie sah es zum ersten Mal, und es jagte ihr einen Schauer über den Rücken: Er war berechnend. Er war kein Mensch, aber auch kein Tier, sondern etwas dazwischen, etwas Unnatürliches, Deformiertes." Aimée blickt ihrer Verantwortung und Schuld in die Augen; deshalb ist sie es, die am Ende ihrer weiten Reise mit Sam die einzig mögliche Konsequenz zieht. "Sprich mit mir" ist eine so ergreifende wie beglückende Lektüre, weil Glück im Mitleiden liegt, im Pathos und im Verstehen. ICH BIN SAM lautet das Vermächtnis der zugerichteten Kreatur.
ROSE-MARIA GROPP
T. C. Boyle: "Sprich mit mir". Roman.
Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren. Hanser Verlag, München 2021. 349 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Eine so ergreifende wie beglückende Lektüre, weil Glück im Mitleiden liegt, im Pathos und im Verstehen." Rose-Maria Gropp, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.02.21 "Wohl einer von Boyles besten - und traurigsten - Romanen, ein Buch, das die Grenzen zwischen Mensch und Tier auflöst." Irene Binal, Neue Zürcher Zeitung, 22.02.21 "Boyles feiner Sinn für Humor zeigt sich an so mancher Stelle. ... Man fühlt sich gut unterhalten, ohne dass dies das ernste Anliegen des Romans unterminieren würde." Jens Uthoff, Die Tageszeitung, 02.02.21 "Dass Boyle Probleme prägnant zugestalten vermag, ohne der gewiss mächtigen Versuchung nachzugeben, sich für eine bestimmte Antwort zu entscheiden: Darin bewährt sich seine Kunst." Burkhard Müller, Süddeutsche Zeitung, 02.02.21 "Ein atemlos erzählter Roman mit einem Feuerwerk an typischen Boyle Szenen." Stefan Maelck, NDR Kultur, 28.01.21 "Ein furioser Roman ... verlässlich im Boyle-Sound von Dirk van Gunsteren übersetzt." Meike Fessmann, Der Tagesspiegel, 21.01.21 "T.C Boyle zeigt sich beim Aufbau des Spannungsbogens seiner Geschichte wieder mal als großer Meister des klassischen Erzählens, die Handlung schnurrt wie ein gut geöltes Uhrwerk, Boyle findet großartige poetische Bilder, kongenial übersetzt von Dirk van Gunsteren." Anja Höfer, SWR2 Lesenswert Magazin, 24.01.21 "Eine raffinierte Mischung aus Zeitlupentechnik und literarischem Lagenlook, sehr filmisch, sehr cool und sehr traurig." Petra Kohse, Frankfurter Rundschau, 25.01.21
Im Rahmen eines einzigartigen Experiments nimmt das Wissenschaftlerehepaar Schemerhorn das Schimpansenbaby Sam bei sich auf, um es wie ein Kind zu erziehen. Es lernt die (Gebärden-)Sprache, Essen, Trinken, auf Toilette gehen. Doch als seine engste Bezugsperson verschwindet, zerbricht die …
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Im Rahmen eines einzigartigen Experiments nimmt das Wissenschaftlerehepaar Schemerhorn das Schimpansenbaby Sam bei sich auf, um es wie ein Kind zu erziehen. Es lernt die (Gebärden-)Sprache, Essen, Trinken, auf Toilette gehen. Doch als seine engste Bezugsperson verschwindet, zerbricht die Illusion eines menschgewordenen Affen: Sam, zwei Jahre, tobt und rast. Erst mit dem Auftauchen der Studentin Aimée kehrt wieder Frieden ein und zwischen den Beiden entsteht eine ganz besondere Beziehung. Doch leider ist dies nicht von Dauer.
Obwohl Sam durch Fernsehauftritte einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt und seine Fähigkeiten zweifelsfrei anerkannt werden, wird die finanzielle Unterstützung dieses Experiments beendet. Sam muss in eine Art Forschungslabor, in einen Käfig, gefangen, gemeinsam mit anderen Affen. Doch Aimée will das nicht akzeptieren.
Die Guten und Bösen sind fast schon ein bisschen klischeehaft dargestellt: Der böse Professor mit schwarzer Augenklappe, der seine Affen ausschließlich als Dinge betrachtet, ob sie nun sprechen können oder nicht. Die herzensgute Aimée, die bis zur Selbstaufopferung liebt. Und der Wissenschaftler Schemerhorn, der deutlich diffuser dargestellt wird, obwohl dennoch schnell klar ist, in welche Richtung sein Handeln gehen wird.
Trotzdem ist T.C. Boyle in diesem Buch ein wirkliches Kunststück gelungen wie ich finde. Er lässt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen, auch aus der Sams. Statt diesen aber zu vermenschlichen, in dem er ihm einen ’normalen‘ Tonfall verleiht, sind es seine bruchstückhaften Gedanken, die durch die großgeschriebenen Worte (die, die Sam in der Gebärdensprache kennt und versteht) bestimmt werden. So wirken diese vergleichsweise kurzen Abschnitte überaus glaubhaft.
Ich habe Sam in diesem Buch ins Herz geschlossen und konnte Aimées Handeln in Bezug auf ihn voll und ganz nachvollziehen (anderes hingegen nicht), was mich auch seitdem öfter über die Beziehung Mensch – Tier nachdenken lässt. Ein lesenswertes Buch!
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Als Aimee, eine introvertierte Studentin, SAM in einer Fernsehshow sieht, ist sie fasziniert. Ein Schimpanse, der sich durch Gebärdensprache mitteilen kann. Als der betreuende Professor Guy dann Hilfskräfte für die intensive Pflege von Sam sucht, bewirbt sie sich sofort und wird Teil …
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Als Aimee, eine introvertierte Studentin, SAM in einer Fernsehshow sieht, ist sie fasziniert. Ein Schimpanse, der sich durch Gebärdensprache mitteilen kann. Als der betreuende Professor Guy dann Hilfskräfte für die intensive Pflege von Sam sucht, bewirbt sie sich sofort und wird Teil des Forschungsteams. Sie pflegen ihn, unterrichten ihn, erforschen seine Lernerfolge und Entwicklungen. Doch zwischen Aimee und Sam entwickelt sich eine ganz besondere Beziehung, obwohl doch allgemein gilt: Verlieb dich nie in dein Forschungsobjekt.
Das Cover fand ich interessant, nach der Leseprobe wollte ich wissen, wie sich Aimee weiterentwickelt und der Frage nach gehen: Wie menschlich sind Tiere?
Leider haben mich die ersten 150 Seiten dann eher enttäuscht, ja Sam ist charmant und lustig, aber Aimee hat mich genervt, Guy fand ich von Anfang an egozentrisch und furchtbar und die Perspektivwechsel aus Sams Sicht in der Zukunft in einem Käfig haben mich gestört, waren mir zu plakativ und zerstörten für mich die Frage, ob Tiere ein Wesen haben oder nicht.
Aber dann wurde alles viel besser und das Buch fesselte mich, Aimees Entwicklung und die Verbindung zwischen ihr und Sam begeisterten mich.
Für mich ging es dann um toxische Beziehungen, Aufopferung und die Frage, wenn Tiere so menschlich sind, was darf dann Forschung?
Alles aufgelockert durch charmante Sam Streiche. Doch auch seine Perspektive wurde dann wichtig, um die Mensch-Tier-Beziehung zu beleuchten. Sehr spannend finde ich, wann Sam als Tier betrachtet wurde und wann plötzlich menschliches Verhalten erwartet wurde.
Man kann sehr viel lernen und beobachten in dieser Geschichte, wenn man die ersten 150 Seiten überwunden hat.
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Eine Nachdenkaufgabe!!!
Und wieder hat T.C. Boyle einen Roman geschrieben, der uns auffordert nachzudenken und uns in unserem Handeln zu hinterfragen; dieses Mal geht es ihm um die Frage was das Tier, insbesondere den Schimpansen, vom Menschen unterscheidet. Ist eine Kommunikation mit dem Menschen …
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Eine Nachdenkaufgabe!!!
Und wieder hat T.C. Boyle einen Roman geschrieben, der uns auffordert nachzudenken und uns in unserem Handeln zu hinterfragen; dieses Mal geht es ihm um die Frage was das Tier, insbesondere den Schimpansen, vom Menschen unterscheidet. Ist eine Kommunikation mit dem Menschen möglich und kann diese von Seiten des Schimpansen auch proaktiv erfolgen? Können Schimpansen lügen und empfinden sie Mitgefühl? Haben sie ein Ich-Bewusstsein? Verstehen sie, was 'Gott' bedeutet? Und woher nehmen wir Menschen das Recht, diese hochkomplexen Wesen für Tierversuche zu missbrauchen und sie dafür in Käfige zu sperren, in denen man logischerweise nicht den Schimpansen in seinem eigentlichen Wesen sondern lediglich sein hospitalisiertes Verhalten beobachten kann? Im Rahmen eines Forschungsvorhabens zum Sprachverhalten von Schimpansen wird die zunächst etwas zurückhaltende Aimee die studentische Assistentin von Professor Schemerhorn; sie beginnt mit ihrem Prof eine Affaire, baut daneben aber eine sehr intensive Beziehung zu dem zweijährigen Schimpansen Sam auf und steht diesem am Ende näher als den meisten Menschen in ihrem Umfeld; Aimee nimmt Sam in Obhut und flüchtet mit ihm, als er bei Abbruch des Vorschungsvorhabens in die Käfighaltung soll. Die Handlung schraubt sich einem tragischen Höhepunkt entgegen. Es wird aus wechselnder Perspektive erzählt - auch, und das ist T.C. Boyle besonders gut gelungen, aus der Perspektive von Sam, dem Schimpansen. Eine lohnenswert Lektüre!
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Als Aimee Sam zum ersten Mal sieht, ist sie sogleich fasziniert. In einer Rate Show tritt Professor Guy Schemerhorn auf und präsentiert einen Schimpansen, der mittels Gebärdensprache mit Menschen kommunizieren kann. Wie ein Kind wächst er auf und verhält sich ebenso trotzig bis …
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Als Aimee Sam zum ersten Mal sieht, ist sie sogleich fasziniert. In einer Rate Show tritt Professor Guy Schemerhorn auf und präsentiert einen Schimpansen, der mittels Gebärdensprache mit Menschen kommunizieren kann. Wie ein Kind wächst er auf und verhält sich ebenso trotzig bis liebenswert. Bei ihrer ersten Begegnung springt sofort der Funke über, Sam entscheidet darüber, wem er vertraut und Aimee ist eine der Auserwählten. Sie zieht auf die Farm und kümmert sich fortan um das Tier, das für sie immer mehr von seiner animalischen Seite verliert. Auch wenn sie es immer wusste, ist sie doch vor den Kopf gestoßen, als Guys Projektleiter das Tier zurückfordert und schließlich abtransportiert. Die Verbindung zwischen Sam und Aimee ist jedoch bereits so eng, dass die Studentin alles daransetzt, wieder bei ihm zu sein und sogar bereit ist, noch weiter zu gehen.
T.C. Boyle reißt in seinem neuen Roman gleich mehrere spannende Fragen auf: wie weit darf Forschung gehen und wie gehen wir mit Tieren für wissenschaftliche Erkenntnis um? Was unterscheidet Mensch und Tier bzw. wie ähnlich sind die beiden Spezies? Und natürlich wie im Falle Aimees: wann geht die Liebe zu einem Tier über unsere gesellschaftlich akzeptierte Grenze hinaus? Sam wird sehr vermenschlicht in der Geschichte, hin und wieder jedoch lässt Boyle das wilde Tier, das in ihm steckt raus und zeigt, welche Kraft und Gefährlichkeit er auch entwickeln kann, wenn er nur noch Instinkt-geleitet agiert.
Auch wenn Sam fraglos der Star der Handlung ist, sind es doch die menschlichen Figuren, die die Brüche und Spannungsfelder aufzeigen, innerhalb derer sich die Geschichte abspielt. Die schüchterne Aimee, der es leichter fällt Zuneigung zu einem Schimpansen zu entwickeln als zu ihren Mitmenschen, die über die notwendige Sensibilität verfügt, die feinen Schwingungen Sams zu empfangen und ihm gleichermaßen Vertrauen zu vermitteln. Ihre nicht alltägliche Liebe lässt sie zur Kämpferin werden, die die Grenze zwischen Mensch und Tier infrage stellt. Guy Schemerhorn hingegen erscheint zunächst ganz der Forschung verschrieben, doch bald schon zeigt sich, dass er sich selbst näher ist als der Erkenntnis oder den Wesen, die im Zentrum seiner Wissenschaft stehen. Der notwendig nächste Schritt auf der Skala wird von dem rücksichtslosen Professor Moncrief personifiziert. Forschung, um an Reichtum und Ansehen zu kommen, als Gelegenheit zum Profit unter Ignoranz aller ethisch-moralischen ebenso wie erkenntnisorientierten Fragen.
Mal unterhaltsam, mal spannend bietet der Roman auch auf emotionaler Ebene viele Facetten und lädt vor allem zum Nachdenken und Diskutieren ein. Da sich die menschlichen Figuren bisweilen mindestens ebenso primitiv Instinkt-geleitet verhalten wie der Schimpanse, muss am Ende die Frage offen bleiben, wer hier das zivilisierte und wer das wilde Wesen ist.
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Sprich mit mir – T.C. Boyle
Boyle schafft es immer wieder, seine Leser in „unvorstellbare“ Situationen zu entführen. Durch seinen eingängigen Schreibstil gelingt das problemlos. Auch hier widmet er sich wieder tiefpsychologischen Themen, verpackt in eine …
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Sprich mit mir – T.C. Boyle
Boyle schafft es immer wieder, seine Leser in „unvorstellbare“ Situationen zu entführen. Durch seinen eingängigen Schreibstil gelingt das problemlos. Auch hier widmet er sich wieder tiefpsychologischen Themen, verpackt in eine ungewöhnliche, fesselnde Geschichte.
„Wo verläuft die Grenze des menschlichen Bewusstseins – und sind uns Tiere ähnlicher, als wir vermuten?“ Zitat Buchrücken. Wie schon in „Die Terranauten“ verarbeitet Boyle ein tatsächliches Experiment aus den 70er Jahren. Und natürlich ist auch dieses zum Scheitern verurteilt.
Es ist ein groß angelegtes Experiment mit einem Schimpansen „Sam“, der bereits als Baby von dem Forscher Guy adoptiert wird und wie ein „Menschenbaby“ erzogen wird. Später erhält er dabei Hilfe von Aimee, einer schüchternen Studentin. Es geht in erster Linie um die Erforschung des Spracherwerbs. Tatsächlich kann Sam seine Zieheltern verstehen und mit Hilfe von Gebärdensprache antworten. Absichtlich soll der Schimpanse sich selbst als Mensch fühlen. Das mutet beim Lesen teils grotesk an, lässt sich doch mit zunehmenden Alter keineswegs verleugnen, dass es sich bei Sam um ein wildes Tier handelt, das nur allzu leicht außer Kontrolle gerät. Dem Leser dämmert es schnell, dass es geradezu verantwortungslos ist, was diese Leute treiben. Sowohl den Menschen im Umfeld gegenüber, noch viel mehr jedoch Sam gegenüber. Denn klar ist, dieses Schimpansenkind, das sich als Menschenkind fühlt und so behandelt wird, wird dieses Leben nicht sehr lange führen können. Und was dann?
Diese unverrückbare Tatsache wird von Guy und Aimee, sowie all den anderen Helfern immer wieder erfolgreich verdrängt. Zumindest Aimee ist dennoch durchaus eine Sympathieträgerin. Eine Einzelgängerin, die sich auf den ersten Blick in Sam verliebt und ihn unter keinen Umständen aufgeben will. Niemals. In der Hinsicht ist sie kompromisslos. Dieses Gespann Sam – Aimee ist ein herzzerreißendes Gespann, dem man gerne auf allerlei Abenteuern folgt.
Hilfreich sind zudem die vielen Kapitel, in denen Sam zu Wort kommt. So kann man sich noch besser in ihn hineinversetzen und vor allem auch sehen, wie nahe er einem menschlichen Bewusstsein kommt.
Sprachlich finde ich Boyle – wie immer – gut, aber nicht herausragend. Es lässt sich flüssig lesen, konzentriert sich jedoch vielmehr auf den Inhalt. Und dieser liefert hier ein weiteres Mal viel Stoff zum Nachdenken. Die von mir so deutlich empfundene Kritik an Experimenten mit Menschenaffen, an dem Versuch, einen Schimpansen zum Sprechen zu bringen, grundsätzlich an nicht artgerechter Haltung – diese Kritik wird im Roman leider nicht ganz so deutlich. Ich gehe stark davon aus, dass Boyle, genau das mit dieser Geschichte sagen will, er fehlen mir persönlich ein paar klare Spitzen und eine deutliche Stellungnahme. In erster Linie sehe ich dieses Buch als Unterhaltungsroman. Über die Hintergründe kann man sich wunderbar Gedanken machen, muss man aber vermutlich nicht.
Sehr unterhaltsam, sehr Horizont erweiternd, sehr lesenswert.
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Der Mensch im Affen oder der Affe im Menschen
"Sprich mit mir" von T.C.Boyle ist ein Buch, dass mir noch eine ganze Weile im Kopf herumgehen wird. Hier geht es um den Schimpansen Sam, der im Haushalt des Professor Guy Schemerhorn wie ein Kind aufwächst und die Gebärdensprache …
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Der Mensch im Affen oder der Affe im Menschen
"Sprich mit mir" von T.C.Boyle ist ein Buch, dass mir noch eine ganze Weile im Kopf herumgehen wird. Hier geht es um den Schimpansen Sam, der im Haushalt des Professor Guy Schemerhorn wie ein Kind aufwächst und die Gebärdensprache lernt. Da die Haltung eines Schimpansen doch sehr aufwendig ist, wird die schüchterne Studentin Aimee als Hilfskraft mit eingestellt. Schon bald wohnt Aimee mit im Haushalt und wird die wichtigste Bezugsperson von Sam.
Das alles passiert zu Zeiten, als die Erforschung der Affen mit Zuschüssen und Forschungsgeldern und auch ihre Präsentation in Fernsehshows sehr populär war. Diese Popularität und damit die Finanzierung bricht hier komplett weg und Sam ist nun einfach nur noch ein Affe für Zucht und medizinische Forschung.
Wieviel Affe steckt im Mensch und wieviel Mensch im Affen? Wer gibt uns das Recht, Tiere wie Gegenstände zu handeln und behandeln? Wie ist das Urteilsvermögen und Moralvorstellung der Tiere?
Das Buch fesselt von der ersten Seite an und die Handlung ist hier sehr geschickt von verschiedenen Personen erzählt. Die selben Geschehnisse werden teils von Guy, Aimee oder auch von Sam selber dargestellt. Das ist total spannend und berührend. Einige Szenen sind emotional schwierig zu verkraften und rufen sehr viele Fragen auf über die man so einige Zeit nachzudenken hat.
Der Schreibstil von Boyle ist sehr eindringlich und mitreißend, unterhaltsam und nachdenklich. Dieses Buch empfehle ich sehr gerne weiter.
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Spricht mich leider nicht an
Sam ist ein Schimpanse, der die Gebärdensprache beherrscht. Er lebt bei Professor Schermenhorst. Dieser betreut ihn ganztägig mit mehreren Hilfskräften. Unter ihnen ist auch Aimee. Sam scheint auf den ersten Blick verliebt zu sein. Er gehorcht Aimee …
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Spricht mich leider nicht an
Sam ist ein Schimpanse, der die Gebärdensprache beherrscht. Er lebt bei Professor Schermenhorst. Dieser betreut ihn ganztägig mit mehreren Hilfskräften. Unter ihnen ist auch Aimee. Sam scheint auf den ersten Blick verliebt zu sein. Er gehorcht Aimee aufs Wort. Doch wie sieht es bei Aimee aus?
Das war mein zweiter T. C. Boyle. Ich habe schon Terranauten von ihm gelesen. Das Buch hatte mir gar nicht gefallen. Da ich „Sprich mit mir“ geschenkt bekommen habe, dachte ich, ich gebe Boyle noch eine zweite Chance. Das war nun aber definitiv die letzte Chance. Ich bin auch von diesem Roman sehr enttäuscht. Ich komme mit dem Schreibstil nicht klar, er gefällt mir einfach nicht. Die Idee dieses Romans hat mich auch nicht wirklich überzeugt. Sam beherrscht die Gebärdensprache und kann sich sehr gut mit seinen Pflegern verständigen. Benehmen kann er sich auch ganz wunderbar – wenn er denn will. In Aimees Anwesenheit ist er ein Exzellenzschüler. Dennoch bleibt er ein Tier. Das Buch ist in drei Teile geteilt, die jeweils unterschiedliche Epochen der Geschichte erzählen. Und so den Spannungsbogen unterstützen. Der größte Teil der Geschichte wird aus Aimees Sicht erzählt. Zwischendurch gibt es kurze Kapitel aus Sams Sicht. In diesem sind alle Worte, die er gebärden kann großgedruckt. Was ich nicht verstehe ist, dass in Boyles Romanen scheinbar immer irgendwelche komischen Liebensbeziehungen auftauchen müssen, die nichts zur Handlung beitragen. Auch der Umgang mit dem Schimpansen gefällt mir nicht. Er isst dasselbe wie die Menschen – wären das gesunde Lebensmittel wäre es ja ok. Es ist aber hauptsächlich Fast Food, Süßigkeiten und Alkohol?!
Leider konnte mich dieser Roman überhaupt nicht überzeugen und hat mich leider nicht angesprochen. Deshalb vergebe ich nur einen von fünf Sterne.
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Wie ähnlich sind uns Affen?
Die Verwandtschaft von Affe und Mensch ist ein Thema, welches nicht nur die Wissenschaft seit Jahren beschäftigt, sondern auch in Film und Fernsehen thematisiert wird. Auch der erfolgreiche amerikanische Autor T.C. Boyle befasst sich in „Sprich mit …
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Wie ähnlich sind uns Affen?
Die Verwandtschaft von Affe und Mensch ist ein Thema, welches nicht nur die Wissenschaft seit Jahren beschäftigt, sondern auch in Film und Fernsehen thematisiert wird. Auch der erfolgreiche amerikanische Autor T.C. Boyle befasst sich in „Sprich mit mir“ mit der Menschlichkeit von Affen: Durch Zufall wird die Studentin Aimee in ein ungewöhnliches Wissenschaftsprojekt mit einbezogen. Wie eine Erzieherin soll sie sich um das Affenkind Sam kümmern, der kurz nach seiner Geburt seiner Mutter weggenommen wurde und seitdem unter Menschen aufwächst. Doch für Aimee ist Sam bald viel mehr als nur ein Forschungsprojekt – es entsteht eine intensive Bindung.
Was mit an den Romanen von T.C. Boyle immer besonders gut gefällt, ist die thematische Abwechslung. Jede Geschichte ist etwas völlig Neues hinsichtlich Figuren und Setting, sodass sich seine Bücher nur schwer miteinander vergleichen lassen. Dennoch hat mir diese Geschichte nicht so gut gefallen, wie andere Romane von ihm. Mir fehlte der intensive Zugang zu den handelnden Personen, vieles bleibt sehr oberflächlich und sowohl Aimee und Dr. Schermerhorn bleiben für mich sehr blass, können mich nicht berühren und interessieren mich auch als Figuren nicht weiter.
Auch generell fehlt mir teilweise der wissenschaftliche Hintergrund, stattdessen stehen die Emotionen viel zu sehr im Fokus. Die ganze Story ist teilweise sehr vorhersehbar und war für mich ohne Überraschungen. Selbst das Ende war doch sehr schnell abzusehen, da habe ich mir definitiv mehr erwartet.
Im Großen und Ganzen hat mich der Roman gut unterhalten und stellenweise auch fesseln können. Definitiv regt das Thema Forschung an Affen zum Nachdenken an und macht auch wütend, wenn man bedenken, wie schamlos Affen für die menschliche Forschung genutzt werden. Dennoch ist das nicht das beste Buch von Boyle.
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„Sprich mit mir“ von Kultautor T.C. Boyle spielt Ende der 1970er Jahre und befasst sich mit den Themen „Primatenforschung“ und „Wildtiere in Gefangenschaft“.
In der Gameshow „Sag die Wahrheit“ sieht Studentin Aimee Villard Professor Dr. Guy …
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„Sprich mit mir“ von Kultautor T.C. Boyle spielt Ende der 1970er Jahre und befasst sich mit den Themen „Primatenforschung“ und „Wildtiere in Gefangenschaft“.
In der Gameshow „Sag die Wahrheit“ sieht Studentin Aimee Villard Professor Dr. Guy Schermerhorn und Schimpanse Sam, der sich mit Gebärdensprache verständigen kann. Sie ist fasziniert und bewirbt sich als studentische Hilfskraft.
„Und was, wenn es wirklich möglich war, mit Angehörigen einer anderen Spezies zu kommunizieren, sich mit ihnen zu unterhalten, anstatt ihnen zu befehlen und sie abzurichten wie Papageien, die nur wiedergaben, was man ihnen beigebracht hatte?“ Schimpanse Sam fühlt sich als Mensch, liebt sein Zuhause und hat einen Lieblingsmensch. Als Melanie Guy und Sam verlässt, gerät der Schimpanse außer Rand und Band. Aimee wird für die Beiden zum Rettungsanker. Schimpanse Sam erobert auch die Leserherzen im Sturm. Er ist klug, erkennt Zusammenhänge, schmiedet Pläne, liebt es zu kuscheln und zu spielen und verströmt eine unbändige Lebensfreude. Er kann sich verständigen, seine Wünsche äußern und zeigt seine Emotionen ungefiltert. Perspektivwechsel ermöglichen den Blick auf die Ereignisse von mehreren Seiten. Die Wende erschüttert. Wie konnte es so weit kommen? Zwei Handlungsstränge, Gegenwart und Zukunft, laufen neben einander her und erhöhen die Intensität. Die Geschichte schafft es, ohne erhobenen Zeigefinger auszukommen und rüttelt durch den Erzählstil und Sams Gefühle wie Angst und Verzweiflung dermaßen auf. Vieles im Umgang mit Tieren wird in Frage gestellt. Auch die Vermenschlichung wird auf die Schippe genommen. Tatsächlich ist der Affe der bessere Mensch. „Wenn Schimpansen intellektuell und emotional auf dem Niveau dreieinhalb- bis vierjähriger Kinder waren, dann war es doch mehr als grausam, sie einzusperren.“ Das Thema „(Wild)Tiere in Gefangenschaft“, ob für Forschung oder andere Zwecke, berührt. Sam steht stellvertretend für viele Schicksale. Er muss erkennen, dass Menschen, die er liebt, ihn verraten. Packend und fesselnd bis zum Schluss. Das Ende rührt zu Tränen.
Das Cover setzt den Inhalt mit wenigen, aber eindringlichen Mitteln in Szene. Der Titel hat Ausdruckskraft und stimmt auf eine emotionale Geschichte ein. „Sprich mit mir“ übertrifft alle Erwartungen. Alle Charaktere, besonders Sam, wirken sehr real und greifbar. Sein Schicksal lässt einen nicht mehr los. Ein aufrüttelndes Buch, das hoffentlich Wandel und Veränderungen anregt und zum entschlossenen Handeln animiert. Was gibt uns Menschen das Recht, Tiere zu benutzen, zu manipulieren, ihnen Schmerzen und Leid zu zu fügen?
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Erneut ein wunderbarer Roman
Aimee, eine schüchterne Studentin, bewirbt sich für das Forschungsprojekt von Professor Guy Schemerhorn, der mit dem Schimpansen Sam arbeitet und diesem Gebärdensprache beibringt. Schnell entsteht eine einzigartige Beziehung zwischen Sam und Aimee. …
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Erneut ein wunderbarer Roman
Aimee, eine schüchterne Studentin, bewirbt sich für das Forschungsprojekt von Professor Guy Schemerhorn, der mit dem Schimpansen Sam arbeitet und diesem Gebärdensprache beibringt. Schnell entsteht eine einzigartige Beziehung zwischen Sam und Aimee. Zudem beginnt die Studentin eine Beziehung mit Guy, dem Projektleiter. Als das Forschungsprojekt von Dr. Moncrief, dem Besitzer von Sam, beendet wird, steuert die Handlung unaufhaltsam auf eine Katastrophe zu.
T.C. Boyle stellt sich in seinem neuen Roman einmal mehr auf die Seite der Unterdrückten und Schwachen. In diesem Fall beschäftigt ihn die Frage, ob die Tiere uns nicht viel ähnlicher sind, als wir annehmen. Er erzählt die Geschichte dabei abwechselnd aus den Perspektiven von Aimee, Guy und Sam. Insbesondere die Passagen aus der Sicht von Sam sind hierbei bemerkenswert, denn der Autor stellt hier meisterhaft dar, zu welchen Gedanken, Gefühlen und Emotionen der Schimpanse Sam fähig ist. Auch versteht es Boyle einmal mehr, seine wichtige Botschaft in einen hochinteressanten und spannenden Roman umzusetzen. Das ist umso bemerkenswerter, als das traurige Ende der Geschichte vom Leser natürlich schon früh erahnt werden kann. Aus meiner Sicht hat Boyle hier einmal mehr einen großen Roman vorgelegt.
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