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CanYouSeeMe

Bewertungen

Insgesamt 284 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2024
Der Kuss der Nachtigall / Nightbirds Bd.1
Armstrong, Kate J.

Der Kuss der Nachtigall / Nightbirds Bd.1


sehr gut

Nightbirds (Band 1: Der Kuss der Nachtigall) von Kate J. Armstrong ist ein gelungener Auftakt zu einer Reihe run um eine ganz magische Welt. Zugegebenermaßen ist mir der Einstieg in das Buch unerwartet schwer gefallen. Meiner Meinung nach hat sich die Story gerade in den ersten Kapiteln etwas zu sehr gezogen und hat zu langsam Fahrt aufgenommen. Auch der Schreibstil in Übersetzung durch Franziska Jaekel war mir zu Beginn etwas zu schwerfällig.
Aber das Dranbleiben lohnt sich! Insbesondere nach dem ersten Drittel wird die Story deutlich schwungvoller und mitreißender, zum Schluss mochte ich das Buch beinahe gar nicht mehr aus der Hand legen. Kate J. Armstrong schafft eine Welt, die am Anfang für die Leser:innen recht undurchsichtig scheint, die magischen Anteile scheinen sehr gering bzw. gut versteckt. Das mag jedoch auch daran liegen, dass die Protagonistinnen Matilde, Sayer und Æsa selbst nur wenig über ihre magische Begabung und magische Begabungen im Allgemeinen wissen. Je mehr die Protagonist:innen über die Magie erfahren, desto greifbarer wird sie auch für die Leser:innen dieses Buches. Es hat mir gut gefallen gemeinsam mit den Charakteren dieses Buches mein Wissen um die Welt zu erweitern. Nach der Lektüre dieses ersten Teils bleiben jedoch noch sehr viele Fragen offen, insbesondere auch zu den anderen erwähnten, aber bisher nicht weiter thematisierten Ländern - nicht nur deswegen bin ich extrem auf den Folgeband gespannt!
Die Charaktere sind allesamt grundverschieden und sich dennoch ähnlich, eine Prämisse die in diesem Buch auf fruchtbaren Boden fällt. Die Charakterdarstellungen haben mir allesamt gut gefallen, auch wenn ich mir bei beinahe allen noch mehr Infomationen, Hintergründe, etc. gewünscht hätte - aber auch hier verbleibe ich gespannt auf den kommenden Teil des Buches. Mir sind alle ans Herz gewachsen und ich bin gespannt sie auf ihren weiteren Wegen zu begleiten.

Bewertung vom 01.09.2024
Blue Sisters
Mellors, Coco

Blue Sisters


ausgezeichnet

Nachdem ich "Cleopatra und Frankenstein" von Autorin Coco Mellors gern gelesen habe, war ich sehr gespannt auf den Folgeroman "Blue Sisters". Besonders gut hat mir auch in diesem Buch die atmosphärische und gewitzte Sprache gefallen, hier wurde auch in der Übersetzung durch Lisa Kögeböhn eine hervorragende Arbeit geleistet.
Die Story wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei verbliebenden Blue Schwestern erzählt. Dabei hat jede der Schwestern mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen, was die Unterscheidung zwischen den einzelnen Charakteren erleichtert hat. Die Handlung war durch die Perspektivenwechsel sehr lebhaft und zügig, aber auch recht dicht. Mir hat gefallen, wie sich die Leben der einzelnen Schwestern ineinander verwoben haben. Dennoch ist jede einzelne eine starke eigene Charaktere.
Schön finde ich, dass hier nicht nur sehr feinfühlig und scharfsinnig Geschwisterdynamiken beschrieben wurden, sondern auch viele weitere Themen, wie beispielsweise Sucht, Umgang mit Trauer und Verlust.
Mich hat die Frage nach der Auflösung der Spannung zwischen den Büchern durch das Buch getragen, aber ich habe auch alle drei schwestern gern einzeln verfolgt und mich in ihre Schicksale eingedacht.
Mellors hat mit "Blue Sisters" eine meisterhaft feinfühlige und treffgenaue Schilderung von Geschwisterdyanmiken und Traumata geschaffen, die ich jedem nur empfehlen kann!

Bewertung vom 23.08.2024
Ex-Wife
Parrott, Ursula

Ex-Wife


gut

"Ex-Wife" von Ursula Parrott ist in der Hörbuchfassung von Cathlen Gawlich gesprochen. Ich höre Hörbücher meist in einer schnelleren Geschwindigkeit, bei diesem Buch beinahe in doppelter Geschwindigkeit. Mir sind Hörbücher meist zu langsam eingesprochen. Die Stimme der Sprecherin kann ich daher nur bedingt einschätzen, aber auch bei höherer Geschwindigkeit war diese noch sehr angenehm zu hören. Betonungen kamen gut heraus und haben den Inhalt unterstützt.
Dieses Buch finde ich so spannend, weil es aus einer ganz anderen Zeit stammt - den 1920ern. »Sex and the City« meets »The Great Gatsby« ist somit eine starke Werbung für dieses Buch, die auf jeden Fall hohe Erwartungen schürt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Buch schon vor vielen Jahren geschrieben wurde und nun neu übersetzt wurde. Dieser zeitliche Kontext sollte bei der Bewertung dieses Buches nicht aus den Augen verloren werden, denn somit sind die für die heutige Zeit teils sexistischen und frauenfeindlichen Ansichten besser einzuordnen und sind stimmig. Für die damalige Zeit war dieses Buch sicherlich, wie von Autorin Mareike Fallwickl im Vorwort beschrieben, ein Aufreger.
Die von Parrott beschriebenen Themen sind erstaunlich aktuell und wirken doch irgendwie aus der Zeit gefallen. Dieser Wiederspruch hat mich fasziniert und meinem Empfinden nach war es für dieses Buch passig. Patricia ist eine interessante Protagonistin, die mir immer etwas fern blieb. Oft hätte ich ihr raten wollen sich nicht nur über ihren Mann oder ihr Äußeres zu definieren - aber auch hier ist der zeitliche Kontext erklärend. Ihre Sichtweise und ihr Selbstbild wirkt heutzutage fremd und eitel, weshalb ich nur schwer einen Zugang zu ihr finden konnte.
Sprache und Schreibstil haben mir in der Übersetzung durch Tilda Engel sehr gut gefallen, waren flüssig und leicht zu lesen. Dieses Buch hatte für mich keinen erkennbaren Spannungsbogen, kommt nicht mit überraschenden Drehungen und Wendungen daher und konnte mich doch meist interessiert am Lesen halten.
Insgesamt habe ich dieses Buch vor allem wegen des Abbilds der damaligen Gesellschaft gern gelesen.

Bewertung vom 22.08.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

"Mein drittes Leben" ist das erste Buch, dass ich von Autorin Daniela Krien gelesen habe. Dabei habe ich bisher nur Gutes über die Bücher der Autorin gehört und gelesen. Und was soll ich sagen? Es wird auf jeden Fall nicht das letzte Buch sein, dass ich von ihr gelesen habe.
Allem voran die klare Sprache und der sehr angenehme Schreibstil haben mich von diesem Buch begeistert. Auch die Handlung um Linda, eine Mutter, die ihr Kind durch einen tragischen Unfall verloren hat, ist sehr authentisch dargestellt. Ich hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass die Trauer zu überspitzt, kitschig oder stereotyp dargestellt wurde. Vielmehr hat Krien nüchtern, beinahe analytisch den Zustand dargestellt, nicht geschönt aber auch nicht dramatisiert. Das habe ich als Leserin als extrem angenehm empfunden.
Nicht nur Protagonistin Linda, sondern auch alle weiteren Charaktere wurden sehr lebensnah und authentisch dargestellt. eziehungsgeflechte sind in leisen Tönen beschrieben, in ihrer Entstehung und Entwicklung jedoch sehr genau und treffend.
Insgesamt hat mich dieses Buch positiv überrascht. Trotz der Schwere der Thematik liest es sich sehr leicht, flüssig und ich wollte es kaum aus den Händen legen. Ein stilles aber nicht weniger beeindruckendes Buch.

Bewertung vom 16.08.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


sehr gut

Nachdem ich schon sehr viel Gutes über die Bücher der Autotin Alina Bronsky gehört und gelesen habe, ist "Pi mal Daumen" das erste Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. Zugegebenerweise hat mich das Cover so gar nicht angesprochen: Die Gestaltung empfinde ich als eher nichtssagend, und habe nun auch nach dem Lesen eher keinen richtigen Bezug zum Inhalt herstellen können. Schade, denn hier wäre sicherlich viel mehr Potenzial.
Der Klappenetxt hat mich dann jedoch vollkommen für sich eingenommen und mir war klar, dass dies ein Buch ist, das ich unbedingt lesen möchte. Der Schreibstil des Buches las sich für mich sehr angenehm, leicht und flüssig. Auch die Sprache passte gut zu Setting und Charakteren.
Die beiden Protagonist:innen Oscar und Moni sind mir innerhalb kürzester Zeit ans Herz gewachsen. Sie sind beide sehr unterschiedliche Charaktere, was die Freundschaft zwischen ihnen umso kostbarer macht. Mit den beiden schafft Autorin Bronsky zwei sehr klischeehafte und dennoch authentische Charaktere, die
mit einander wachsen. Oscar, Überflieger aus Gutem Hause und (auch wenn nie explizit betitelt) autistisch, und Moni, aufopfernd und aus eher prekären Verhältnissen bilden ein sympathisches und humorvolles Gespann.
Zum Schluss mochte ich das Buch gar nicht so recht aus der Hand legen, zwischendurch war es mir ein bisschen zu Mathematik-lastig und ich musste einiges nachschlagen, aber sei es drum... Inshesamt habe ich das Buch sehr gern gelesen!

Bewertung vom 08.08.2024
Der Bademeister ohne Himmel
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


sehr gut

"Der Bademeister ohne Himmel " von Petra Pellini ist in der Hörbuchfassung von Marie-Isabel Walke gesprochen. Ich höre Hörbücher meist in einer schnelleren Geschwindigkeit, bei diesem Buch beinahe in doppelter Geschwindigkeit. Mir sind Hörbücher meist zu langsam eingesprochen. Die Stimme der Sprecherin kann ich daher nur bedingt einschätzen, aber auch bei höherer Geschwindigkeit war diese noch sehr angenehm zu hören. Betonungen kamen gut heraus und haben den Inhalt unterstützt.
Dieses Buch greift ein Thema auf, dass ich in der Literatur zuweilen vermisse: Demenz. Als Person, die selbst mit demenzerkrankten Menschen arbeitet, habe ich dieses Buch nur zu gern gelesen. Meiner Meinung nach wurde deutlich, dass Autorin Petra Pellini genau weiß, worüber sie schreibt. Mit einer ganz besonderen Wärme, Herzlichkeit und Ehrlichkeit, konnte sie das Leben mit der Erkrankung, bzw. das Leben der Menschen um, die erkrankte Person herum darstellen. Protagonistin ist dabei die 15-jährige Linda, die mir teils etwas zu reif für ihr Alter vorkam. In anderen Momenten wirkte sie dann wiederum wieder wie der Teenager, der sie nun einmal ist, somit ist es insgesamt eine passige Charakterisierung. An einigen Stellen hätte ich mir etwas mehr Facettenreichtum gewünscht, insbesondere in der Darstellung von Pflegekraft Ewa.
Pellini schreibt über die Wichtigkeit von Beziehungen, von kleinen Momenten der Zugehörigkeit. Anhand des Klappenetxtes und der Covergestaltung habe ich mir von diesem Buch etwas mehr "Sommerlektüre" erwartet, mehr Leichtigkeit - und war dann doch von der Melancholie und Erntshaftigkeit überrascht. Sprache und Schreibstil passen gut zum Setting des Buches, es entshet ein harmonischer Gesamteindruck. Ich bin schnell ins die Story eingetaucht. Insgesamt ein vollkommen gelungenes Buch, das eine ungewöhnliche Perspektive bietet und ich sehr gern gelesen habe.

Bewertung vom 03.08.2024
Sobald wir angekommen sind
Lewinsky, Micha

Sobald wir angekommen sind


gut

“Sobald wir angekommen sind” von Micha Lewinsky ist eines der Bücher, bei dem ich nach dem Lesen nicht so recht einordnen kann, ob es mir gefällt oder nicht. Es hat mich ambivalent zurückgelassen, insbeondere aufgrund des wahrlich interessanten Protagonisten Ben Oppenheim.
Ben ist Jude, jedoch nicht sonderlich gläubig, Stefan-Zweig-Fanboy und in meinem Augen unheimlich unsympathisch durch seine Unentschiedenheit und Selbstbezogenheit, durch seinen Wankelmut. Er ist ein Opportunist. Eine spannende Mischung, wobei mir die im Klappentext angedeutete Änderungseinsicht im Buch nicht aufgefallen ist, vielleicht hätte mich das mit ihm versöhnt... Man muss Ben nicht mögen, um den subtilen Humor des Autors zu spüren. Das hat mir gut gefallen und ich beim Buch gehalten. Sprache und Schreibstil harominierten gut und zeichnen ein Setting, das sich auch durch ernste Töne und der Auseinandersetzung mit jüdischer Geschichte auszeichnet. Nebencharaktere blieben mir teils zu eintönig, insbesondere Marina hätte ich mir facettenreicher gewünscht - anbdererseits spiegelt dies, wie Ben sie wahrnimmt, was wiederum an Bens Charaterzeichnung teilhat.
Micha Lewinsky baut einen guten Spannungsbogen, der mich das Buch hat beenden lassen - ich wollte dann doch immer wiessen, wie es weiter geht - nicht ums Bens Willen, sondern wegen der Menschen um ihn herum.

Bewertung vom 28.07.2024
Geile Zeit
Seydack, Niclas

Geile Zeit


gut

"Geile Zeit" von Niclas Seydack betitelt sich selbst als "Autobiografie einer Generation", nämlich die der Millenials. Als Millenial war ich natürlich stark daran interessiert, konnte mir so recht aber auch nicht vorstellen, was mich nun genau in diesem Buch erwarten würde - auch der Klappentext bleibt eher vage. Das Buch beginnt mit einem Interview, in dem der Autor seine Motivation dieses Buch zu schreiben darlegt. Als Einstieg fand ich dies gut gelungen, da es auch etwas klarer gemacht hat, was in diesem Buch zu erwarten sein wird.
Schreibstil und Sprache des Autors sind kurzweilig, so dass ich die Inhalte sehr flüssig und zügig lesen konnte. Und tatsächlich: die von Seydack skizzierten Erlebnisse, die prägenden Momente "unserer" Generation - ich konnte sie alle nachvollziehen. Auch wenn ich in einem anderen Setting aufgewachsen bin als der Autor, konnte ich mich in beinahe allem wiederfinden, konnte zustimmen, erinnern und in Nostalgie schwelgen. Die guten, wie die schlechten Dinge.
Seydack wird in seinem Buch sehr politisch, arbeitet mögliche Gründe dafür heraus, warum die Generation der Millenials möglicherweise eine gewisse Abgestumpftheit besitzt. Dabei wird der Ton immer düsterer und scheinbar hoffnungsloser - was nicht verallgemeindernd auf eine gesamte Generation übertragen werden kann, aber zumindest in bestimmten Kreisen genau den Ton trifft. Seydack versucht Erklärungsansätze zu finden, Lösungen aufzuzeigen, was ihm teilweise gelingt, andererseits vermutlich in transgenerationalem Unverständnis münden wird, dabei sollte dieses Buch auch anderen Generationen helfen Millenials besser zu verstehen. Eine ausführliche und verallgemeinerbare Aushandlung habe ich mir ob der Kürze des Buches jedoch auch nicht erwartet und bin daher fein mit der vorhandenen, sicher ausbaubaren Tiefe der Analyse.
Insgesamt hat mir dieses Buch gut gefallen. Ich hatte nicht den Anspruch eine Generation vollumfänglich wissenschaftlich korrekt erklärt zu bekommen - ich habe mich in diesem Buch aber gesehen gefühlt, war bei vielem Seydacks, bei wenigem anderer Meinung. Nichtsdestotrotz wird es mir vermutlich nicht all zu lang nachhhängen.

Bewertung vom 19.07.2024
Death. Life. Repeat.
Finch, Louise

Death. Life. Repeat.


sehr gut

'Death. Life. Repeat. - Die ewigen Leben der Clara Hart' von Autorin Louise Finch wirbt schon in der Buchbeschreibung mit Themen wie toxischer Männlichkeit, geschlechtsspezifischer Gewalt und kollektivem Schweigen. Große, schwere Themen für ein Jugendbuch, daher war ich sehr auf die Umsetzung und Tiefe der Themen gespannt.
Die Auseinandersetzung mit den Themen hat mir grundlegend gut gefallen, die Perspektive von Spence ist dafür vortrefflich gewählt. Spence ist ein interessanter Charakter, der sich in diesem Buch, dessen Thematik an Nietzsches ewiger Wiederkunft orientiert und diese selbst im Rahmen der aktuellen Schullektüre immer wieder aufgreift, stetig weiter entwickelt und sich gegen Unrecht auflehnt. Die Selbstreflektion von Spence geschieht, für einen Teenager nachvollziehbarerweise, zunächst gänzlich aufgrund egoistischer Motive. Die Auseinandersetzung mit den Taten in die seine Freunde und er selbst verstrickt sind, ist dann jedoch ausreichend tiefgründig, um für ein Jugendbuch nciht überladen zu sein.
Ich habe die immer wiederkehrenden Tage gern verfolgt, mir war dann jedoch relativ schnell klar, welche Taten bzw. Ereignisse geändert werden müssen - dann war für mich ein wenig die Spannung raus, dennoch habe ich Spence gern weiter begleitet. Alles in allem war ein angenehmer Protagonist. Clara habe ich auch sofort in mein Herz geschlossen, auch wenn sie teils etwas altklug wirkt - was jedoch vollkommen zur Charakterzeichnung past.
Der Schreibstil las sich für mich okay, er war teils knapp, passte für mich aber gut zum Setting des Buches. Leider haben sich im ebook einige Rechtschreibfehler versteckt.
'Death. Life. Repeat.' ist für mich ein gutes Jugendbuch, das mit schweren Themen aufwartet. Die Umsetzung fand ich mit kleineren Abzügen insgesamt gelungen und empfehlenswert.

Bewertung vom 19.07.2024
Die schönste Version
Thomas, Ruth-Maria

Die schönste Version


ausgezeichnet

Die schönste Version von Ruth-Maria Thomas hat mich definitiv in seiner Heftigkeit überrascht und gehört damit zu meinen Highlights dieses Jahres! Schon das Cover hat mich fasziniert, die Gestaltung wirkt geheimnisvoll, strahlt aber auch eine gewisse Traurigkeit aus - meiner Meinung nach sehr passend zum Buch.
Das Buch ist mit etwas mehr als 250 Seiten von überschaubarer Länge und hat einen sehr angenehmen, klaren und kompromisslosen Schreibstil. Das Buch ist in kurze Kapitel eingeteilt, die sich in zwei Zeitebenen befinden: zum einen wird Jellas Situation nach dem gewalttätigen Übergriff durch ihren Freund Yannick geschildert (Tag 1 bis 11), zum anderen die Zeit vor der Tat: Jellas Jugend, das Kennenlernen mit Jannick und die gemeinsame Zeit, die Dynamik der Beziehung. Die zeitlichen Sprünge fand ich aus Erzählperspektive sehr gelungen, so wurden einerseits immer deutlicher, wie die Beziehung von Jella und Yannick aufgebaut war aber auch wie Jellas Umgang mit dem Erleben und beginnenden Verarbeiten der Tat ist. Dieser Aufbau hat mir sehr gut gefallen und hat zu einem sehr flüssigen Leseerlebnis beigetragen. Dabei haben alle Schilderungen eines gemeinsam: Sie sind schonungslos ehrlich, beinahe schon zu ehrlich und explizit.
Die Sprache ist dabei klar, schonungslos und mitunter derb. Jella ist keine Protagonistin, die um die Sympathien der Leser:innen buhlt - das braucht sie auch gar nicht. Sie ist ein Charakter mit Ecken und Kanten, die Charakterisierung wirkt dabei jedoch auf voller Linie authentisch, nichts wirkt zu gewollt oder inszeniert. Auch alle weiteren Charaktere sind sehr realitätsnah und facettenreich dargestellt.
Generell wirkte die gesamte Story (leider!) extrem authentisch und realitätsnah - das ist bedrückend. Ruth-Maria Thomas schafft es eine ganz eigene Stimmung, gezeichnet von Gewalt gegen Frauen, erlebter Unterdrückung und Abwertung aber auch freundschaftlicher Solidarität (Linh!) zu zeichnen, die mich ab der ersten Seite gefangen genommen hat. Ich hätte das buch gern in einem rutsch durchgelesen, wenn ich nicht immer wieder kleine Pausen benötigt hätte um die Schilderungen zu verarbeiten. Ein schonungsloser Roman, der wichtige Themen anspricht, ohne dabei anmzuprangern und mich dabei auf ganzer Linie mitnehmen konnte.
Definitiv eines meiner Jahres-Highlights!