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Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène besorgniserregende Veränderungen an ihm festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt. Der Junge funktioniert und kümmert sich um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. Um ihren Sohn müssen sie sich keine Sorgen machen. Doch Théo trinkt heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Eines Tages wird ihn der Alkohol ganz aufsaugen, das weiß Théo. Doch wer sollte ihm...
Der 12-jährige Théo ist ein stiller, aber guter Schüler. Dennoch glaubt seine Lehrerin Hélène besorgniserregende Veränderungen an ihm festzustellen. Doch keiner will das hören. Théos Eltern sind geschieden und mit sich selbst beschäftigt. Der Junge funktioniert und kümmert sich um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. Um ihren Sohn müssen sie sich keine Sorgen machen. Doch Théo trinkt heimlich, und nur sein Freund Mathis weiß davon. Der Alkohol wärmt und schützt ihn vor der Welt. Eines Tages wird ihn der Alkohol ganz aufsaugen, das weiß Théo. Doch wer sollte ihm helfen? Hélène, seine Lehrerin, würde es tun, wie aber soll das gehen, ohne dass er die Eltern verrät? Mathis beobachtet das alles voller Angst. Zu gerne würde er sich seiner Mutter anvertrauen, allerdings ist Théo sein einziger Freund. Und einen Freund verrät man nicht. Außerdem würde er damit auch demjenigen in den Rücken fallen, der den Minderjährigen den Alkohol besorgt. Und der ist es, der das gefährliche Spiel in dem schneebedeckten Park vorschlägt, bei dem Théo bewusst den eigenen Tod in Kauf nimmt.Wer möchte nicht denen gegenüber loyal sein, die er liebt? In ihrem neuen Roman erzählt Delphine de Vigan von der manchmal gefährlichen Komplexität unserer Beziehungen. Dabei erweist sie sich einmal mehr als unbestechliche Chronistin zwischenmenschlicher Missstände.
DELPHINE DE VIGAN, geboren 1966, erreichte ihren endgültigen Durchbruch als Schriftstellerin mit dem Roman ¿No & ich¿ (2007), für den sie mit dem Prix des Libraires und dem Prix Rotary International 2008 ausgezeichnet wurde. Ihr Roman ¿Nach einer wahren Geschichte¿ (DuMont 2016) stand wochenlang auf der Bestsellerliste in Frankreich und erhielt 2015 den Prix Renaudot. Zuletzt erschien bei DuMont ihre Romane ¿Dankbarkeiten¿ (2019) und ¿Das Lächeln meiner Mutter¿ (2020). Die Autorin lebt mit ihren DORIS HEINEMANN, geboren 1957, studierte Romanistik und Germanistik in Köln und Montpellier, arbeitete als Sprachlehrerin, als Übersetzerin im Generalsekretariat des EG-Ministerrats und übersetzt seit 1997 Literatur, u. a. von Christian Gailly, Gabriel Chevallier, Theresa Révay, Yann Queffélec, Jean-Claude Derey und Olivier Rolin.
Produktdetails
- Verlag: DuMont Buchverlag
- Originaltitel: ¿Les loyautés¿
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 176
- Erscheinungstermin: 17. September 2018
- Deutsch
- Abmessung: 213mm x 144mm x 20mm
- Gewicht: 320g
- ISBN-13: 9783832183592
- ISBN-10: 3832183590
- Artikelnr.: 52438854
Herstellerkennzeichnung
DuMont Buchverlag GmbH & Co. KG
Amsterdamer Str. 192
50735 Köln
www.dumont-buchverlag.de
+49 (0221) 224-1854
Wie ein elektrischer Schlag
Delphine de Vigan erzählt in ihrem Roman "Loyalitäten" von familiären Brüchen, krankhaften Beziehungen und verborgenen Antrieben.
In der Buchhandelsausgabe von Delphine de Vigans Roman "Loyalitäten", der in Frankreich dieses Jahr erschienen ist und gleich übersetzt wurde, finden sich zwei Interviews: Eines haben die Journalisten von "Marie Claire", ein anderes jene von "Les Inrockuptibles" geführt. Botschaft: Der Autorin ist das Kunststück gelungen, es beiden recht zu machen, dem Magazin für weibliche Mode und der linksrockigen Kulturzeitschrift. Das ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass die Schriftstellerin seit "No & ich" (2007) international bekannt ist und ihr Roman "Nach einer
Delphine de Vigan erzählt in ihrem Roman "Loyalitäten" von familiären Brüchen, krankhaften Beziehungen und verborgenen Antrieben.
In der Buchhandelsausgabe von Delphine de Vigans Roman "Loyalitäten", der in Frankreich dieses Jahr erschienen ist und gleich übersetzt wurde, finden sich zwei Interviews: Eines haben die Journalisten von "Marie Claire", ein anderes jene von "Les Inrockuptibles" geführt. Botschaft: Der Autorin ist das Kunststück gelungen, es beiden recht zu machen, dem Magazin für weibliche Mode und der linksrockigen Kulturzeitschrift. Das ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass die Schriftstellerin seit "No & ich" (2007) international bekannt ist und ihr Roman "Nach einer
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wahren Geschichte" (2015) von Roman Polanski verfilmt wurde (2017). Es sagt aber auch einiges über die verschiedenen literarischen Sensibilitäten aus, die Vigan zu berühren vermag.
Die im Titel genannten Loyalitäten sind zunächst die der Kinder zu ihren Eltern. Im Zentrum steht der zwölfjährige Théo Lubin, ein Scheidungskind, das es schier zerreißt: Seine Mutter schweigt den Vater und Théos Leben dort systematisch tot. Das führt dazu, dass Théo die Situation seines Vaters nicht ansprechen kann: Der steht am Abgrund, vegetiert - von Arbeitslosigkeit, Armut, Depression und Medikamentenmissbrauch ruiniert - in einer verwahrlosten, zugemüllten Wohnung vor sich hin. Wenn er beim Vater ist, versucht Théo den Schein zu wahren, räumt auf, putzt, kocht, kauft ein; der Kampf wirkt aussichtslos, und Théo beginnt, sich mit Alkohol zu betäuben.
Gemeint ist zweitens die Treue der Kinder zueinander, besonders die von Mathis, Théos bestem Freund, der ihn bewundert: "Théo spricht wenig, aber er lässt sich nichts gefallen. Er wird gefürchtet. Respektiert. Er hat sich nie prügeln, nicht einmal drohen müssen. In seinem Innern grollt etwas, das jeden von einem Angriff und Kommentar abhält." Mathis macht das Abenteuer des heimlichen Trinkens erst mit und hält anschließend auch dann noch zu seinem Freund, als dessen selbstzerstörerische Tendenz offensichtlich wird; Mathis belügt seine Eltern und versucht, das Schlimmste zu vermeiden.
Drittens sind die Loyalitäten der Erwachsenen zu den Kindern im Spiel: Im Zentrum steht hier die Lehrerin Hélène, die ahnt, dass mit Théo nicht alles zum Besten steht, und deshalb nichts unversucht lässt, um ihm zu helfen; dabei verrennt sie sich mitunter, wird ausfällig und übergriffig, etwa als sie Théos Mutter zur Rede stellt und vor der Wohnung spioniert. Der verborgene Antrieb ihres Tuns ist, dass sie dem Kind in sich treu bleiben möchte, das von seinem Vater misshandelt wurde.
Die letzte der Loyalitäten sind die zwischen Erwachsenen, die intakte zwischen den Lehrern Hélène und Frédéric, aber auch die schwer beschädigte zwischen den Eltern von Mathis. Céciles und Williams in Routine und Gleichgültigkeit erstickende Ehe geht der Auflösung entgegen, als Cécile entdeckt, was ihr bürgerlich-distinguierter Gatte allabendlich in seinem Arbeitszimmer treibt: Unter Pseudonym betreibt er einen Blog und betätigt sich als Troll, und zwar mittels "Texten, deren rassistische, antisemitische, homophobe und frauenfeindliche Tendenzen sich nicht leugnen ließen". Vigan entführt den Leser in eine wenig erfreuliche Welt: die der scheiternden Ehen, des sozialen Abstiegs, der verletzten Kinder. Es gibt mehrere Gründe, warum ihr das gelingt. Da wären die Perspektiven von vier Erzählern - zwei Jungen, Théo und Mathis, sowie zwei Frauen, Hélène und Cécile -, die sich kapitelweise abwechseln und komplementäre Sichtweisen entwickeln. So gelingt es der Autorin, facettenreiche Porträts zu entwerfen, die authentisch wirken. Der Falle eines wohlfeilen Miserabilismus entgeht der Text zudem durch falsche Fährten: Die von Lehrerin Hélène befürchtete Misshandlung ist keine, Théos Lage ist schlimm, aber eben der Treue zum Vater und der Blockade der Mutter geschuldet; die unbegründete Vermutung, er würde körperlich gequält, ist Hélènes eigenen Erfahrungen als Prügelkind geschuldet.
Das Verfahren wendet Vigan später direkt auf den Leser an: Als Andeutungen über Williams suspektes Treiben am Rechner fallen, denkt man ans Schlimmste und ist geradezu erleichtert, als Cécile herausfindet, "nur" einen reaktionären Wutbürger geehelicht zu haben. Die Entlarvung erzeugt einen Realitätseffekt: Der Leser versteht seine Katastrophenängste als das, was sie sind, Projektionen, und schenkt der trist geschilderten Welt im Roman umso leichter Glauben. Das hat "Loyalitäten" zum Beispiel "Tage ohne Hunger" (2001) voraus. In diesem Roman, der voriges Jahr auf Deutsch erschienen ist, erzählt Vigan die Magersucht der neunzehnjährigen Laure. Die langsame Genesung und (im Rückblick) die Krankheit und ihre Ursachen werden auf viel direktere, eindimensionalere Weise geschildert.
Die erzählerische Raffinesse von "Loyalitäten" hat einen weiteren Vorteil, sie verringert einen Eindruck, der Vigan sicher unrecht tut, der sich jedoch aufdrängt: dass sie den Zeitgeist jagt, indem sie Anthologie-Stücke zu den psychosozialen Problemen der Gegenwart schreibt. Wenn sie das tut, dann als Zeitzeugin: Ihren Romanen ist anzumerken, dass Vigan auf persönlichen Erfahrungen (eine psychisch kranke Mutter, die eigene Magersucht) aufbauen kann. Entscheidend freilich ist, dass sie es als Autorin tut: Die Erfahrungen, die Problemthemen sind literarisch verwandelt. Im Zentrum steht die Not der Kinder, die Vigan mit Empathie, aber ohne Rührseligkeit beschreibt: "Und jedes Mal war ihm, als würde er das Leid seiner Mutter in seinen eigenen Körper aufnehmen. Manchmal war es ein elektrischer Schlag, manchmal ein Schnitt oder ein Faustschlag, aber immer war es sein Körper, in dem sich der Schmerz fortsetzte, als müsse Théo seinen Teil tragen."
Die geheimnisvollen "unsichtbaren Verbindungen", "leise gemachte Versprechungen", die uns mit unseren Nächsten verknüpfen: "Das sind die Sprungbretter, auf denen sich unsere Kräfte entfalten, und die Gruben, in denen wir unsere Träume begraben." Ein schöner, ein erschreckender Gedanke und ein gutes Thema für einen Roman.
NIKLAS BENDER
Delphine de Vigan:
"Loyalitäten".
Aus dem Französischen von Doris Heinemann. DuMont Buchverlag, Köln 2018. 176 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die im Titel genannten Loyalitäten sind zunächst die der Kinder zu ihren Eltern. Im Zentrum steht der zwölfjährige Théo Lubin, ein Scheidungskind, das es schier zerreißt: Seine Mutter schweigt den Vater und Théos Leben dort systematisch tot. Das führt dazu, dass Théo die Situation seines Vaters nicht ansprechen kann: Der steht am Abgrund, vegetiert - von Arbeitslosigkeit, Armut, Depression und Medikamentenmissbrauch ruiniert - in einer verwahrlosten, zugemüllten Wohnung vor sich hin. Wenn er beim Vater ist, versucht Théo den Schein zu wahren, räumt auf, putzt, kocht, kauft ein; der Kampf wirkt aussichtslos, und Théo beginnt, sich mit Alkohol zu betäuben.
Gemeint ist zweitens die Treue der Kinder zueinander, besonders die von Mathis, Théos bestem Freund, der ihn bewundert: "Théo spricht wenig, aber er lässt sich nichts gefallen. Er wird gefürchtet. Respektiert. Er hat sich nie prügeln, nicht einmal drohen müssen. In seinem Innern grollt etwas, das jeden von einem Angriff und Kommentar abhält." Mathis macht das Abenteuer des heimlichen Trinkens erst mit und hält anschließend auch dann noch zu seinem Freund, als dessen selbstzerstörerische Tendenz offensichtlich wird; Mathis belügt seine Eltern und versucht, das Schlimmste zu vermeiden.
Drittens sind die Loyalitäten der Erwachsenen zu den Kindern im Spiel: Im Zentrum steht hier die Lehrerin Hélène, die ahnt, dass mit Théo nicht alles zum Besten steht, und deshalb nichts unversucht lässt, um ihm zu helfen; dabei verrennt sie sich mitunter, wird ausfällig und übergriffig, etwa als sie Théos Mutter zur Rede stellt und vor der Wohnung spioniert. Der verborgene Antrieb ihres Tuns ist, dass sie dem Kind in sich treu bleiben möchte, das von seinem Vater misshandelt wurde.
Die letzte der Loyalitäten sind die zwischen Erwachsenen, die intakte zwischen den Lehrern Hélène und Frédéric, aber auch die schwer beschädigte zwischen den Eltern von Mathis. Céciles und Williams in Routine und Gleichgültigkeit erstickende Ehe geht der Auflösung entgegen, als Cécile entdeckt, was ihr bürgerlich-distinguierter Gatte allabendlich in seinem Arbeitszimmer treibt: Unter Pseudonym betreibt er einen Blog und betätigt sich als Troll, und zwar mittels "Texten, deren rassistische, antisemitische, homophobe und frauenfeindliche Tendenzen sich nicht leugnen ließen". Vigan entführt den Leser in eine wenig erfreuliche Welt: die der scheiternden Ehen, des sozialen Abstiegs, der verletzten Kinder. Es gibt mehrere Gründe, warum ihr das gelingt. Da wären die Perspektiven von vier Erzählern - zwei Jungen, Théo und Mathis, sowie zwei Frauen, Hélène und Cécile -, die sich kapitelweise abwechseln und komplementäre Sichtweisen entwickeln. So gelingt es der Autorin, facettenreiche Porträts zu entwerfen, die authentisch wirken. Der Falle eines wohlfeilen Miserabilismus entgeht der Text zudem durch falsche Fährten: Die von Lehrerin Hélène befürchtete Misshandlung ist keine, Théos Lage ist schlimm, aber eben der Treue zum Vater und der Blockade der Mutter geschuldet; die unbegründete Vermutung, er würde körperlich gequält, ist Hélènes eigenen Erfahrungen als Prügelkind geschuldet.
Das Verfahren wendet Vigan später direkt auf den Leser an: Als Andeutungen über Williams suspektes Treiben am Rechner fallen, denkt man ans Schlimmste und ist geradezu erleichtert, als Cécile herausfindet, "nur" einen reaktionären Wutbürger geehelicht zu haben. Die Entlarvung erzeugt einen Realitätseffekt: Der Leser versteht seine Katastrophenängste als das, was sie sind, Projektionen, und schenkt der trist geschilderten Welt im Roman umso leichter Glauben. Das hat "Loyalitäten" zum Beispiel "Tage ohne Hunger" (2001) voraus. In diesem Roman, der voriges Jahr auf Deutsch erschienen ist, erzählt Vigan die Magersucht der neunzehnjährigen Laure. Die langsame Genesung und (im Rückblick) die Krankheit und ihre Ursachen werden auf viel direktere, eindimensionalere Weise geschildert.
Die erzählerische Raffinesse von "Loyalitäten" hat einen weiteren Vorteil, sie verringert einen Eindruck, der Vigan sicher unrecht tut, der sich jedoch aufdrängt: dass sie den Zeitgeist jagt, indem sie Anthologie-Stücke zu den psychosozialen Problemen der Gegenwart schreibt. Wenn sie das tut, dann als Zeitzeugin: Ihren Romanen ist anzumerken, dass Vigan auf persönlichen Erfahrungen (eine psychisch kranke Mutter, die eigene Magersucht) aufbauen kann. Entscheidend freilich ist, dass sie es als Autorin tut: Die Erfahrungen, die Problemthemen sind literarisch verwandelt. Im Zentrum steht die Not der Kinder, die Vigan mit Empathie, aber ohne Rührseligkeit beschreibt: "Und jedes Mal war ihm, als würde er das Leid seiner Mutter in seinen eigenen Körper aufnehmen. Manchmal war es ein elektrischer Schlag, manchmal ein Schnitt oder ein Faustschlag, aber immer war es sein Körper, in dem sich der Schmerz fortsetzte, als müsse Théo seinen Teil tragen."
Die geheimnisvollen "unsichtbaren Verbindungen", "leise gemachte Versprechungen", die uns mit unseren Nächsten verknüpfen: "Das sind die Sprungbretter, auf denen sich unsere Kräfte entfalten, und die Gruben, in denen wir unsere Träume begraben." Ein schöner, ein erschreckender Gedanke und ein gutes Thema für einen Roman.
NIKLAS BENDER
Delphine de Vigan:
"Loyalitäten".
Aus dem Französischen von Doris Heinemann. DuMont Buchverlag, Köln 2018. 176 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»[Delphine de Vigan] ist wie Virginie Despentes und Annie Ernaux eine Vertreterin der radikal zeitgenössischen französischen Literatur, eine Seismografin gesellschaftlicher Gewalt.« Ute Cohen, DIE LITERARISCHE WELT »Wie ein elektrischer Schlag« Niklas Bender, FAZ »Man kann wirklich ganz knallhart diese Abgründe in zwischenmenschlichen Strukturen und in der Gesellschaft [...] erkennen, sodass beim Lesen einem die Luft im Halse stecken bleibt und es ist faszinierend zu sehen, wie klar sie die Sachen auf den Punkt bringt.« Birgit Koß, DLF KULTUR »Mit Annie Ernaux, Virginie Despentes, Leïla Slimani und Édouard Louis gehört Delphine de Vigan zur Liga französischer Literaten, die das Erzählen mit einer schonungslosen Gesellschaftsanalyse
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verbinden.« Martina Läubli, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG »Die französische Autorin kleidet innere Tumulte in klare Sprache.« Silke Müller, STERN »Die unterschiedlichen Perspektiven, die sie einnimmt, [...] sind so präzise dargelegt, als könne sie sich als winzige Spionin in die Köpfe der unterschiedlichsten Menschen abseilen.« Jana Felgenhauer, SPIEGEL ONLINE »Raffiniert lotet Delphine de Vigan auch die dunklen Seiten von Loyalität aus.« Luzia Stettler, SRF 52 Beste Bücher »Ein großer Roman [...]: zeitgemäß, melancholisch und wahrhaftig.« Juliane Bergmann, NDR KULTUR »Ein Roman, der einem lange nachgeht.« Sabine Grimkowski, SWR2 Lesenswert Kritik »Delphine de Vigan seziert großartig eine komplexe Situation.« Martina Koch, GLAMOUR »Der Roman ist total packend, am Ende ist man fassungslos.« Anna Eube, WELT.DE/ICONIST »Ähnlich wie Annie Ernaux schaut [Delphine de Vigan] in die Herzen.« Monika Helfer, NEWS »Beim Lesen lässt sich [das Drama, die Verlorenheit und die Ausweglosigkeit] nur deshalb ertragen, weil Vigan so unglaublich gut schreibt. Präzise, dabei empathisch und authentisch, gibt sie ihren Protagonisten eine Stimme, der man zuhören will.« Solveig Bach, NTV.DE »Sie beschreibt präzise, drückt nicht auf die Tränendrüse und findet dennoch Formulierungen, die lange nachwirken. Ein Roman, der dazu auffordert, genauer hinzuschauen, ehrlich zu sich und anderen zu sein.« Anne Burgmer, KÖLNER STADT-ANZEIGER »Ein Appell gegen das Wegsehen und Schönreden« Theresa Lippe, HESSISCHE ALLGEMEINE »170 Seiten, die zeigen, wie Literatur auf höchstem Niveau geht.« Jutta Engelmayer, STADTRADIO GÖTTINGEN »Beklemmend und zugleich raffiniert erzählt.« Katharina Bellgardt, WESTFÄLISCHER ANZEIGER »[Es gelingt] Delphine de Vigan durch ihre genauen Beobachtungen, ihre liebevollen Schilderungen von Théos zähem Kampf aus diesem 12-jährigen Jungen einen eindrucksvollen Helden zu machen.« Gabriele Knetsch, BAYERN 2 DIWAN »Delphine de Vigan schreibt leise, vielschichtig und eindringlich über menschliche Abgründe und innere Kämpfe ganz normaler Menschen.« Jeannette Villachica, ALLGEMEINE ZEITUNG »Erschreckend nüchtern - [...] Das Buch kommt wie eine ort- und zeitlose Fallstudie daher und enthält doch alles, was den Menschen ausmacht. Große Literatur auf kleinem Raum.« Stephan Hermsen, NEUE RUHR ZEITUNG »Gerade diese Beobachtung, dass trotz aller Liebe und vieler Bemühungen umeinander, jeder seine Geheimnisse behält und mit ihnen leben muss, macht 'Loyalitäten' so lesenswert.« Anne Simon, GALORE LITERATUR »Fesselnd entwirft Delphine De Vigan in inneren Monologen der Beteiligten das Bild eines emotional vernachlässigten Jungen.« Carsten Schrader, KULTURNEWS »Delphine de Vigans in Frankreich vielfach ausgezeichneten Romanfiguren brennen sich ins literarische Gedächtnis, ich kann sie einfach nicht vergessen.« Marc Iven, GEISTESBLÜTEN »Offen, ehrlich, schonungslos und direkt. 'Loyalitäten' ist ein dichtes und intensives Buch, dass mit nicht loslässt und mir noch lange zu denken geben wird.« Alexandra Stiller, BUECHERKAFFEE.DE »Jeder Satz sitzt bombenfest, kein Wort ist überflüssig. [...] Delphine de Vigan hat mit 'Loyalitäten' ein verdammt gutes Buch geschrieben.« Monika Drummer, BUCHUNDWORT.DE »Kurz und knapp: eines der Bücher des Jahres, schon vor dem Herbst. Selten hat mich eine Geschichte so vereinnahmt, aber auch verstört und insbesondere ein Gefühl von Empathie in mir erzeugt.« Wolf Gierens, Lesesaal Buchhandlung & Café, Hamburg »Was bedeutet es, 'loyal' zu sein? Ein wahrhaftes Drama, das sich wie ein Krimi liest und mich so ergriffen hat, wie 'Ein wenig Leben' von Hanya Yanagihara.« Rafael Ulbrich, Thalia Buchhandlung Augsburg »Was passiert, wenn nichts mehr sicher scheint - in der Familie nicht, in der Schule nicht und auch nicht im Freundeskreis und Beruf? Die Antworten können manchmal schmerzhaft sein. Das haben sie mit guter Literatur gemeinsam. Und dazu gehört dieser Roman, der beeindruckt.« Heike Heymann-Rienau, Geschäftsführerin Kurt Heymann Buchzentrum GmbH »Der kurze Roman erschüttert, lässt einen zuweilen den Atem anhalten - und tröstet mit einem winzigen Hoffnungsschimmer. [...] Ein Buch wie eine überscharfe Fotografie, hart, klar und präzise. Großartig.« Kerstin Dittert, www.femundo.de »Mit einer beeindruckenden Intensität und Prägnanz erzählt Delphine de Vigan, was Loyalität bedeutet und welche Konflikte sie in der Familie, aber auch im näheren Umfeld auslösen kann. Ein überwältigender und dichter Roman, der einem nicht zuletzt wegen seiner präzisen Sprache den Atem verschlägt.« Liesa Rebbig, www.mscaulfield.com »Ein aufwühlendes, fesselndes, tiefbewegendes Buch, das sich mit atemloser Spannung liest. Das Beste, was ich in diesem Jahr gelesen habe und einfach nur zu empfehlen!« Melanie Seibel, vorablesen.de
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Théo ist 12 Jahre alt. Er ist ein stiller, aber guter Schüler. Seine Eltern haben sich unschön getrennt, als er 6 Jahre alt war. Seitdem ist er abwechselnd eine Woche bei der Mutter und eine Woche bei seinem Vater. Seine Mutter will von Théo nichts über die Woche …
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Théo ist 12 Jahre alt. Er ist ein stiller, aber guter Schüler. Seine Eltern haben sich unschön getrennt, als er 6 Jahre alt war. Seitdem ist er abwechselnd eine Woche bei der Mutter und eine Woche bei seinem Vater. Seine Mutter will von Théo nichts über die Woche hören, die er bei seinem Vater verbringt. Sie ist voller Hass auf den Vater und spricht seinen Namen nicht mehr aus. Er hatte sie wohl wegen einer anderen Frau verlassen, und sie hat es ihm bis heute nicht verziehen. Wenn Théo von seiner Vater-Woche zu ihr nach Hause kommt, muss er sich erst duschen und seine Anziehsachen in die Wäsche tun, weil sie nicht erträgt, dass ihr Sohn den Geruch von seinem Vater, "der anderen Seite" mitbringt.
Der Vater ist nicht mehr mit der anderen Frau zusammen, er hat seine Arbeit verloren und hängt in tiefen Depressionen fest. Er verlässt tagelang sein Bett nicht, die Wohnung verdreckt, die Geschirrberge türmen sich in der Küche und die Vorhänge im Wohnzimmer zieht er gar nicht mehr auf. Wenn Théo dort ist, versucht er Ordnung zu schaffen, kauft ein paar Lebensmittel ein, da das Geld knapp ist und kümmert sich um seinen Vater.
Daheim bei der Mutter leidet er, weil sie ihn nicht mehr in den Arm nimmt, ihn argwöhnisch mit dem Vater vergleicht und keine Ähnlichkeiten mit ihm erträgt.
Helene, Théo's Lehrerin bemerkt, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Sie vermutet anfangs, dass er geschlagen wird. Doch dies bestätigt sich nicht. Sie kommt nicht dahinter, aber sie spürt, dass etwas nicht stimmt. Und so beäugt sie Théo täglich in der Schule und ist wie besessen davon, dass es ihm nicht gut geht und er Hilfe benötigt.
Die Wahrheit ist, dass Théo mit seinen 12 Jahren Alkohol trinkt, weil er einfach mit der Situation der Eltern überfordert ist. Der Alkohol tröstet und betäubt ihn. Sein einziger Wunsch: sich bewusstlos, sich ins Koma zu trinken.
Dieser Roman macht mich einfach nur betroffen. Dass ein 12-jähriger Junge so verzweifelt ist, mit niemandem redet, sich niemandem anvertraut und in diesen jungen Jahren zur Flasche greift, weil er keinen anderen Trost bekommt. Schlimm an der ganzen Sache finde ich, dass seine Eltern von alldem nichts mitbekommen. Sein Vater geht auf ihn durch seine eigene kranke Verfassung gar nicht mehr ein, seine Mutter ist voller Hass und nur argwöhnisch, erkennt nicht einmal nach einem Gespräch mit der Lehrerin Helene, dass etwas mit ihrem Sohn nicht stimmt. Erschreckend, was diese Eltern ihrem Kind zumuten und noch erschreckender finde ich, dass sie in keinster Weise auf ihren Sohn eingehen oder erkennen, wie sehr er leidet.
Fazit:
Ein Roman, der mich betroffen zurücklässt und der noch einige Zeit nachhallen wird. Er hat mir sehr gut gefallen, ich konnte ihn gar nicht beiseite legen. Auf jeden Fall 5 Sterne und absolute Leseempfehlung.
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Aufwühlender als jeder Krimi ist dieser Roman, in dem es um ein Kind geht, das dringend gerettet werden muss, nämlich um Théo. Noch keine dreizehn ist er und schon jetzt ist Alkohol seine einzige Rettung. Denn er trägt eine schwere Last bzw. sogar mehrere: seine Eltern sind …
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Aufwühlender als jeder Krimi ist dieser Roman, in dem es um ein Kind geht, das dringend gerettet werden muss, nämlich um Théo. Noch keine dreizehn ist er und schon jetzt ist Alkohol seine einzige Rettung. Denn er trägt eine schwere Last bzw. sogar mehrere: seine Eltern sind geschieden und wechseln kein Wort mehr miteinander. Und wollen auch nichts über einander hören.
So fällt es Théo leicht, das Versprechen, das er seinem Vater gegeben hat, zu halten. Doch er ist nicht der Einzige, von dem Loyalität verlangt wird: er fordert diese ebenso von seinem gleichaltrigen Freund Mathis, der auch sein Trinkkumpan ist und dadurch mit ihm in einem Boot sitzt.
Mathis`Mutter wird hellhörig, ebenso die Klassenlehrerin der beiden Jungen und beide agieren, bzw. reagieren, doch nicht eindringlich genug.
Ein Alltagsereignis ist es, auf das Autorin Delphine de Vigan ihre Romanhandlung aufbaut - leider. Die Tragödie um ein Kind, um seine Umgebung, die nicht hinschaut. Bzw. nicht genau genug hinschaut, sich nicht einmal vorstellen kann, was für Lasten dieses Kind, der Junge Théo, bereits schultern muss. Und selbst zu wenig Gehör findet, zu wenig Unterstützung, um wirklich einschreiten zu können.
Ein Roman, der dazu einlädt, nein: dringend aufruft, hinzuschauen, nicht vorbeizugehen, wenn man eine Ahnung, ein ungutes Gefühl hat. Auf der anderen Seite zeigt die Autorin aber auch auf, wie schwer es manchmal ist, sich an der richtigen Stelle zu positionieren, sich einzumischen. Ein Buch, das für mich ein etwas zu abruptes Ende hat. Doch eigentlich passt es zum Roman wie die Faust aufs Auge, ist es doch ein weiterer Aufschrei!
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Meine Meinung :
Wenn man dieses Jahr nur ein Buch liest, dann dieses !
Delphine de Vigan ist seit Jahren eine meiner liebsten Autorinnen aus Frankreich. Ein Punkt den ich besonders an ihr schätze, dass sie es fast spielerisch versteht, ihre literarische Qualität mit einer Leichtigkeit …
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Meine Meinung :
Wenn man dieses Jahr nur ein Buch liest, dann dieses !
Delphine de Vigan ist seit Jahren eine meiner liebsten Autorinnen aus Frankreich. Ein Punkt den ich besonders an ihr schätze, dass sie es fast spielerisch versteht, ihre literarische Qualität mit einer Leichtigkeit zu verpacken und dabei nie die gesellschaftskritischen Aspekte außer acht zu lassen und genau das schafft sie auch dieses Mal.
In diesem Buch beschäftigt sich De Vigan mit einem der wichtigsten und interessantesten Themen überhaupt, wie ergeht es Kindern, die in einer kaum funktionierenden und zerrütteten Familie aufwachen, geprägt von den Eltern, gebunden an Loyalitäten und gefangen in Ängsten.
Die Geschichte schafft es, diese unterschiedlichen Blickwinkel, der einzelnen Personen so überzeugend, vielschichtig, glaubhaft und berührend zu erklären, dass einem als Leser häufig der Atem stockt, oder man aufgrund von neuen Aspekten atemlos vor dem Buch sitzt und von der offenbaren Weisheit der Geschichte einfach nur berührt ist.
Ist dieses Buch eröffnet uns als Leser, eine Gesellschaftskritik, dies sich ganz ehrlich und ohne erhobenen Zeigefinger bildet und zeigt, dass Veränderungen und Besserung erst im kleinsten Rahmen der Familie passieren müssen. Doch vor allem erzählt sie ein Schicksal eins jungen Théo so warmherzig, berührend und schonungslos ehrlich, dass einen diese wenigen Seiten so viel mehr packen, einnehmen und emotional berühren, als es 1000 Seiten je könnten. Nebenbei ist diese Geschichte von einer literarischen Qualität, die keine Erklärung braucht.
Fazit:
Für mich eines der wichtigsten Bücher des Jahres.
Nur ein Wort, lesen! !!!!
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Biologielehrerin Hélène ist sich sicher, dass ihr Schüler Théo nicht einfach nur ein etwas verschlossenes Kind ist, sondern ein echtes Problem hat. Doch was, das weiß sie nicht. Mathis, Théos bester Freund dagegen schon. Schließlich stehlen sie sich jede …
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Biologielehrerin Hélène ist sich sicher, dass ihr Schüler Théo nicht einfach nur ein etwas verschlossenes Kind ist, sondern ein echtes Problem hat. Doch was, das weiß sie nicht. Mathis, Théos bester Freund dagegen schon. Schließlich stehlen sie sich jede freie Minute in ein Versteck der Schule, um sich zu betrinken.
„Loyalitäten“ ist ein recht kurzer Roman, der es trotzdem in sich hat. Théos Verfall ist nicht leicht mit anzusehen, seine Verzweiflung, aber auch seine vergeblichen Bemühungen an der familiären Situation etwas zu ändern. Die ist wirklich zerfahren, die Eltern geschieden, seit Jahren sprechen sie kein Wort mehr miteinander, der Vater versinkt in Einsamkeit. Ich konnte mich mit der Haltung der Mutter bis zum Schluss nicht anfreunden, mir erschien sie zu unrealistisch; das hat mich dann doch oft aus dem Lesefluss gerissen. Sehr gut gelungen ist die Darstellung von Hélènes Bemühungen, allgemein die Reaktionen im Schulsystem empfand ich als sehr authentisch. Trotz dieser aufwühlenden Thematik beobachtet man als Leser das Geschehen doch eher distanziert, ich hätte mir mehr Emotionen, mehr Nähe gewünscht. Delphine de Vigan hat einen leisen Weg gewählt, um ihre Geschichte zu erzählen, für mich wurde hier allerdings Potential verschenkt, weil oft die Distanz zur Handlung zu groß war.
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Mir blieb die Luft beim Lesen weg.
Dieses Buch trieft einen genau da wo man genau zuhören sollte: in der Magengruben, sprich im Bauch. Es geht um Theo, der abwechselnd bei seien getrennten Eltern lebt. Er ist alleine und betäubt sich im wahrsten Sinne des Wortes: er trinkt mit knapp 14 …
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Mir blieb die Luft beim Lesen weg.
Dieses Buch trieft einen genau da wo man genau zuhören sollte: in der Magengruben, sprich im Bauch. Es geht um Theo, der abwechselnd bei seien getrennten Eltern lebt. Er ist alleine und betäubt sich im wahrsten Sinne des Wortes: er trinkt mit knapp 14 Jahren Alkohol um die Sorgen und Ängste los zu werden. Seine Eltern sind beide seit der Trennung selbst psychisch auf sehr unterschiedliche Weisen für Theo abwesend und er fühlt sich schuldig, meint es lösen zu können – wo er doch das Kind ist das Halt und Geborgenheit bei den Eltern sucht.
Theo hat einen besten Freund, der zu ihm hält und ihm auf kindliche Weise loyal ist. Genau wie Theo seinen Eltern gegenüber loyal ist. Fatal.
Es gibt da nur diese eine Lehrerin, die spürt, dass da was nicht stimmt. Ist aber auch so in ihrer eigenen Vergangenheit gefangen, dass sie auch nicht erkennt was vor sich geht. Aber ihr Bauchgefühl trübt sie nicht.
Die Geschichte ist meisterlich erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven. Es kommen abwechselnd Theo, sein Freund Mathis, seine Lehrerin, seine Mutter und die Mutter seines besten Freundes zu Wort. Genial gemacht, denn so merkt der Leser, dass jeder unter der Oberfläche brodelt und kaum einen Blick für das Drama hat das sich dort vor ihren Augen abspielt. Interessant ist auch, dass Theo nicht durch einen Ich-Erzähler zu Wort kommt, sondern mittels einem allwissenden Erzähler.
Die Kapitel sind kurz und treiben einem beim Lesen an, dadurch wird das Gefühl der Abwärtsspirale noch stärker und man möchte einfach nur alle Erwachsenen anschreien und schütteln: Schaut hin! Er braucht Hilfe….
Keine schöne Lektüre, eher verstörend, aber wachrüttelnd. Es führt vor Augen welche Macht Eltern über ihre Kinder haben. Es zeigt vor allem was passieren kann, wenn man sich dem Kind nicht zuwendet. Anwesend sind sie und trotzdem nicht da für den Jungen.
FAZIT: Chapeau vor dieser prägnanten Sprache bei wechselnden meisterhaft erzählten Perspektiven. Wie ein Sog hat es mich in dieses Buch hineingezogen und mir diese erschütternde Geschichte erzählt, die mich ohnmächtig zurücklässt.
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Théo, ein zwölfjähriger Schüler fällt seiner Lehrerin Hélène auf. Sie meint bei ihm besorgniserregende Veränderungen wahrzunehmen. Doch keiner glaubt Ihr. Théo ist das Kind geschiedener Eltern, die mehr mit sich selber beschäftigt sind, als …
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Théo, ein zwölfjähriger Schüler fällt seiner Lehrerin Hélène auf. Sie meint bei ihm besorgniserregende Veränderungen wahrzunehmen. Doch keiner glaubt Ihr. Théo ist das Kind geschiedener Eltern, die mehr mit sich selber beschäftigt sind, als sich um das Wohlergehen Ihres Kindes zu kümmern. Er kümmert sich um seine unglückliche Mutter und um seinen vereinsamten Vater. Er selber findet seine Geborgenheit im Alkohol, welcher Ihn von innen wärmt und vor der Realität beschützt. Nur sein bester Freund Mathis weiß darüber Bescheid. Hilfe ist auch nicht in Sicht, da Thèo seinen Eltern nicht verraten will und Mathis nicht seinen besten Freund. Kritisch wird es, als Théo sich auf ein gefährliches Spiel einläßt, dessen Ausgang ungewiss ist.
Eine sehr tolle Geschichte, die uns die Autorin dort erzählt. Es geht um Liebe und Loyalität. Das Thema ist sehr gut umgesetzt, obwohl ich vom Ende der Geschichte sehr überrascht war. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!
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Zuallererst möchte ich den absolut großartigen und herausstechenden Schreibstil der Autorin hervorheben.
Die Story berührt.
Die Charaktere und ihre Geschichten sind sehr authentisch geschildert, man fiebert und leidet mit.
Loyalitäten wird aus unterschiedlichen …
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Zuallererst möchte ich den absolut großartigen und herausstechenden Schreibstil der Autorin hervorheben.
Die Story berührt.
Die Charaktere und ihre Geschichten sind sehr authentisch geschildert, man fiebert und leidet mit.
Loyalitäten wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was zu einem insgesamt bedrückenden Gesamtbild zusammenwächst.
"Eines Tages möchte er gerne das Bewusstsein verlieren, völlig. Sich für ein paar Stunden oder für immer in das dicke Gewebe der Trunkenheit fallen, sich davon bedecken, begraben lassen, er weiß, dass so etwas vorkommt." (ZITAT)
Die Geschichte um den 12-jährigen Théo spitzt sich immer mehr zu. Er versucht seine Unsicherheit und seine emotionale Verlassenheit mit Alkohol zu kompensieren. Sein Freund Mathis steht zu ihm, aber dessen Mutter ahnt, wie auch die Lehrerin Hélène, dass die beiden Jungs auf einem gefährlichen Weg sind.
"Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt." (ZITAT)
De Vigan schafft es ein nahezu allgemeingültiges Gesellschaftsporträt zu beschreiben. Eltern und Lehrer, die mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten kämpfen, ihre Traumata bearbeiten / verdrängen und auf der Suche nach sich selbst sind. Kinder, die der Überforderung ausgesetzt werden, die häufig als „frühe Eigenständigkeit“ gefeiert wird und die letztlich allein sind mit dem Umfeld und dem Scheitern ihrer Kernfamilie.
Das Cover ist schlicht, zugleich aber sehr passend. Durch die am Anfang beigefügten Interviews, erfährt man als Leser mehr von der Autorin, ihren Werken und Hintergründen. Großer Pluspunkt!
Absolute Leseempfehlung von mir. Ein Meisterwerk, das bleibt.
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Die Autorin hat das Buch nicht nur aus der Sicht Theos geschrieben, sondern sie wechselt zwischen der Lehrerin Helene, seinem Freund Mathis und dessen Mutter Cecile. Dadurch kommt sie mit ganz wenig wörtlicher Rede aus, ohne dass es langweilig wird. In sehr kurzen Kapiteln kommen sowohl Theos …
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Die Autorin hat das Buch nicht nur aus der Sicht Theos geschrieben, sondern sie wechselt zwischen der Lehrerin Helene, seinem Freund Mathis und dessen Mutter Cecile. Dadurch kommt sie mit ganz wenig wörtlicher Rede aus, ohne dass es langweilig wird. In sehr kurzen Kapiteln kommen sowohl Theos Gedanken, Wünsche, Ängste und Sorgen ans Licht, aber auch von den anderen Erzählern die Sorgen und Ängste um Theo und die Lage spitzt sich immer mehr zu, bis sie in einem dramatischen Showdown endet. Das Buch war an keiner Stelle langweilig. Ich fand es zwar vom Thema sehr traurig, aber Delphine de Vigan hat hier eine hervorragende Sprache gebraucht und versteht es, den Leser zu fesseln. Dadurch, dass es immer mehr gescheiterte Ehen und Beziehungen gibt, ist das Thema des Buches aktueller denn je. An einigen Stellen musste ich innehalten und erst mal schlucken. Die Auswirkungen auf unschuldige Kinder sind enorm und viele Eltern machen sich überhaupt keine Gedanken, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf ihre Kinder hat. Das Buch wirkt definitiv nach und regt sehr zum nachdenken an. Sehr gesellschaftskritisch wird hier anhand von Theo ein sehr schwieriges Thema angesprochen, aber durch die Leichtigkeit, die die Autorin durch ihre Schreibweise hinein brachte, ist das Buch angenehm zu lesen. Ein Highlight dieses Jahr unter den vielen Büchern, die geschrieben wurden.
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Vor dem Abgrund
Delphine de Vigan hat schon einige beeindruckende Romane geschrieben. Zum Beispiel "Nach einer wahren Geschichte", "Tage ohne Hunger", "Das Lächeln meiner Mutter". Deswegen gehört sie für mich zu den wichtigsten Autorinnen der …
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Vor dem Abgrund
Delphine de Vigan hat schon einige beeindruckende Romane geschrieben. Zum Beispiel "Nach einer wahren Geschichte", "Tage ohne Hunger", "Das Lächeln meiner Mutter". Deswegen gehört sie für mich zu den wichtigsten Autorinnen der zeitgenössischen französischen Literatur.
Loyalitäten reiht sich in ein. Mit wechselnden Perspeltiven, mal aus erster, mal aus dritter Person heraus erzählt, wird vom Leben an einer Schule erzählt. Im Mittelpunkt der 12jährige Theo, der dem Alkohol verfällt, da seine geschiedenen, lebensuntüchtigen Eltern ihn in eine Lebenskrise brachten.
Helene, eine mitfühlende Lehrerin spürt, das mit Theo etwas nicht stimmt. Auch Cecile, die Mutter von Theos besten Freund Mathis ahnt etwas. Doch ein Eingreifen ist nicht einfach.
Durch die wechselnden Perspektiven kann man die Figuren ganz gut verstehen. Am meisten verschlossen ist eigentlich Theo, aber durch die familiären Verhältnisse wird er praktisch in die defensive Rolle gedrängt, denn obwohl er versucht, seine arbeitslosen, heruntergekommen Vater zu helfen, bleibt er hilflos und die Betäubung durch Alkohol sein Ausweg. Doch es wird immer schlimmer. Die Situation spitzt sich zu und dadurch entsteht eine Spannung.
Mich überzeugt, dass die Autorin auf Sentimentalität verzichtet, dafür auf präzises und sensibles Erzählen setzt.
De Vigan schafft eine ausgezeichnete Romankonstruktion, die sich auf einen kleinen Rahmen beschränkt und daher funktioniert das kurze Buch sehr gut. Für mich ist das ohne Frage 5 Sterne wert!
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Der 13jährige Théo hat gewaltigen Stress. Seine Eltern sind geschieden, und deshalb lebt er, laut Abmachung, eine Woche beim Vater und eine Woche bei der Mutter. Diese Umstellung ist für ihn kaum zu verkraften, dazu kommen noch die Anforderungen in der Schule. Um alles …
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Der 13jährige Théo hat gewaltigen Stress. Seine Eltern sind geschieden, und deshalb lebt er, laut Abmachung, eine Woche beim Vater und eine Woche bei der Mutter. Diese Umstellung ist für ihn kaum zu verkraften, dazu kommen noch die Anforderungen in der Schule. Um alles einigermaßen zu bewältigen hat er zwei Freunde, Klassenkamerad Mathis - und den Alkohol. Schon seit einiger Zeit trinkt er regelmäßig und hat sich mittlerweise so daran gewöhnt, dass er ohne Hochprozentigem beinahe nicht mehr funktioniert. Er sucht darin die Wärme, die er sonst nirgends bekommt. Während beide Eltern noch ahnungslos sind und vor den Tatsachen die Augen verschließen, fällt Theos verändertes Verhalten seiner Lehrerin Hélène und auch Cécile, der Mutter seines Freundes Mathis, auf. Doch beide haben ihre eigenen Sorgen und Probleme, die zuerst bewältigt werden müssen …
Delphine de Vigan ist eine französische Schriftstellerin. Sie wurde 1966 in Paris geboren und lebt heute noch mit ihren beiden Kindern in dieser Stadt. Seit 2001 hat sie mehrere Romane veröffentlicht, für die sie einige bedeutende französische Literaturpreise erhielt.
Trotz der Problematik der Geschichte und der überwiegend bedrückenden Atmosphäre liest sich das Buch sehr gut. Der Autorin gebührt ein großes Lob für ihren präzisen Schreibstil, der sehr gefühlvoll, aber dennoch sachlich fundiert ist. De Vigan schreibt aus Sicht von vier beteiligten Personen. Dadurch wird das Geschehen von mehreren Seiten beleuchtet und gibt dem Leser Gelegenheit, tief in die Psyche der Beteiligten einzutauchen. Man ist hautnah dabei, möchte eingreifen, möchte helfen, wenn es denn irgendwie möglich wäre. Théos Nöte, seine Überlastung und seine Hilflosigkeit rauben einem beim Lesen den Atem und lassen uns hilflos zurück.
Wie weit darf Loyalität gehen? Muss man jemandem gegenüber, den man gern hat, loyal sein oder wäre es nicht besser, ihn zu seinem Nutzen zu verraten? Théo würde sich gerne seiner Lehrerin anvertrauen, doch dann müsste er ja seine Eltern verraten - seine Mutter, die nach der Scheidung recht seltsam geworden ist und sein Vater, der sich seit dem Verlust seines Arbeitsplatzes vernachlässigt. Théos Freund Mathis würde auch gerne mit seiner Mutter reden – doch dann müsste er seinen Freund verraten. Lehrerin Hélène versucht verzweifelt, die anderen Lehrkräfte von ihrem Verdacht zu überzeugen – und stößt dabei auf taube Ohren. Dann trifft Théo einen verzweifelten Entschluss …
Fazit: Ein einfühlsamer, außergewöhnlicher Roman, der im Leser noch lange nachklingen und ihn beschäftigen wird. Sehr empfehlenswert!
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