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Zeruya Shalev
Gebundenes Buch
Schicksal (Mängelexemplar)
Roman Eine große Geschichte über Frauen, Liebe und Familie
Übersetzung: Birkenhauer, Anne
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Endlich - der neue Roman von Zeruya Shalev: Der SPIEGEL-Bestseller der israelischen Star-Autorin! Ein Generationenroman mit aktuellen politischen Anklängen, ein großes Beispiel moderner Frauenliteratur, die zugleich Weltliteratur ist.Atara ist zum zweiten Mal verheiratet, mit ihrer großen Liebe, doch neuerdings scheint Alex sich immer weiter von ihr zu entfernen. Noch größere Sorgen macht ihr der gemeinsame Sohn, ein Elitesoldat, der nach dem letzten Einsatz kaum mehr das Haus verlässt. Vielleicht um ihre Familie besser zu verstehen, vielleicht um ihr zu entkommen, sucht Atara Rachel auf...
Endlich - der neue Roman von Zeruya Shalev: Der SPIEGEL-Bestseller der israelischen Star-Autorin!
Ein Generationenroman mit aktuellen politischen Anklängen, ein großes Beispiel moderner Frauenliteratur, die zugleich Weltliteratur ist.
Atara ist zum zweiten Mal verheiratet, mit ihrer großen Liebe, doch neuerdings scheint Alex sich immer weiter von ihr zu entfernen. Noch größere Sorgen macht ihr der gemeinsame Sohn, ein Elitesoldat, der nach dem letzten Einsatz kaum mehr das Haus verlässt. Vielleicht um ihre Familie besser zu verstehen, vielleicht um ihr zu entkommen, sucht Atara Rachel auf, die erste Frau ihres Vaters, das große Tabu in Ataras Kindheit ...
Die Idealistin Rachel scheint die Vergangenheit zu verkörpern - sie kämpfte mit dem Vater in der Untergrundmiliz gegen die Engländer und für einen israelischen Staat. Doch die Begegnung der beiden Frauen mündet in eine Katastrophe in der Gegenwart ...
»Zeruya Shalev hat einen großen, hellsichtigenRoman geschrieben.« ttt
Ihr lang erwarteter Roman "Schicksal" katapultierte Zeruya Shalev direkt auf die deutsche Bestsellerliste und löste einen Kritikersturm der Begeisterung aus. Denn "Schicksal" verwebt Familiengeheimnisse und politische Zeitgeschichte zu einer komplexen Betrachtung innerer Zerrissenheit.
Nicht nur für Mütter und Freundinnen: ein literarisches Geschenk, das lange nachhallt
"Schicksal" lädt zum Diskutieren und Reflektieren ein. Es provoziert Sie zum Widerspruch und zum Hinterfragen. Doch vor allem verführt es Sie zum Lesen in einem Rutsch.
Ein Generationenroman mit aktuellen politischen Anklängen, ein großes Beispiel moderner Frauenliteratur, die zugleich Weltliteratur ist.
Atara ist zum zweiten Mal verheiratet, mit ihrer großen Liebe, doch neuerdings scheint Alex sich immer weiter von ihr zu entfernen. Noch größere Sorgen macht ihr der gemeinsame Sohn, ein Elitesoldat, der nach dem letzten Einsatz kaum mehr das Haus verlässt. Vielleicht um ihre Familie besser zu verstehen, vielleicht um ihr zu entkommen, sucht Atara Rachel auf, die erste Frau ihres Vaters, das große Tabu in Ataras Kindheit ...
Die Idealistin Rachel scheint die Vergangenheit zu verkörpern - sie kämpfte mit dem Vater in der Untergrundmiliz gegen die Engländer und für einen israelischen Staat. Doch die Begegnung der beiden Frauen mündet in eine Katastrophe in der Gegenwart ...
»Zeruya Shalev hat einen großen, hellsichtigenRoman geschrieben.« ttt
Ihr lang erwarteter Roman "Schicksal" katapultierte Zeruya Shalev direkt auf die deutsche Bestsellerliste und löste einen Kritikersturm der Begeisterung aus. Denn "Schicksal" verwebt Familiengeheimnisse und politische Zeitgeschichte zu einer komplexen Betrachtung innerer Zerrissenheit.
Nicht nur für Mütter und Freundinnen: ein literarisches Geschenk, das lange nachhallt
"Schicksal" lädt zum Diskutieren und Reflektieren ein. Es provoziert Sie zum Widerspruch und zum Hinterfragen. Doch vor allem verführt es Sie zum Lesen in einem Rutsch.
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Zeruya Shalev, 1959 in einem Kibbuz am See Genezareth geboren, studierte Bibelwissenschaften und lebt mit ihrer Familie in Haifa. Ihre vielfach ausgezeichnete Trilogie über die moderne Liebe ¿ «Liebesleben», «Mann und Frau», «Späte Familie» ¿ wurde in über zwanzig Sprachen übertragen. Zuletzt erschienen ihre Romane »Schmerz« und »Schicksal«. Zeruya Shalev gehört weltweit zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit.
© Heike Steinweg
Produktdetails
- Verlag: Berlin Verlag
- Originaltitel: Pelia
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 416
- Erscheinungstermin: 31. Mai 2021
- Deutsch
- Abmessung: 221mm x 147mm x 23mm
- Gewicht: 632g
- ISBN-13: 9783827011862
- ISBN-10: 3827011868
- Artikelnr.: 65886209
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensentin Julia Encke hat sich mit Zeruya Shalev zum Videocall getroffen, um mit der israelischen Autorin über den Nahost-Konflikt und ihren neuen Roman zu sprechen. Den hält die Kritikerin für "hochaktuell" - und frei von Illusionen. Erzählt wird die Geschichte der Architektin Atara, die nach dem Tod des Vaters von dessen erster Liebe etwas über die gemeinsame Zeit der beiden im Untergrund erfahren will: Ataras Vater war - wie auch Shalevs Vater - Mitglied der "Lechi", einer zionistisch militärischen Untergrundorganisation in Palästina, deren terroristische Anschläge sich gegen die britische Mandatsherrschaft über Palästina richteten, informiert die Rezensentin. Allein wie Shalev in ihrem neuen Roman die Ereignisse der Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft, ringt Encke größte Anerkennung ab. Vor allem aber staunt sie über den neuen Ton der Autorin, die hier nicht mehr in langen "Kaskadensätzen" subjektives Empfinden schildert, sondern vielmehr knapp skizziert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Die kurze Illusion
Zeruya Shalev hat zum ersten Mal einen Israel-Roman geschrieben: "Schicksal" geht auch auf das Leben ihres Vaters zurück, der im Untergrund kämpfte.
Zeruya Shalev sitzt an ihrem Schreibtisch zu Hause in Haifa und schaut in die Kamera. Neben ihr liegt ein ganzer Stapel mit Notizheften, sie hält sie hoch, um sie zu zeigen, öffnet sie, um die Notizen sichtbar werden zu lassen, die sie alle während der Arbeit an ihrem neuen Roman gemacht hat: "Schicksal". Zwölf bis vierzehn Stunden habe sie oft am Stück geschrieben, nicht selten nachts, um dieses Buch fertigzukriegen, das ihr sehr viel abverlangt habe. Zum Schluss habe sie eine panische Angst ergriffen, sie könnte möglicherweise an Corona sterben,
Zeruya Shalev hat zum ersten Mal einen Israel-Roman geschrieben: "Schicksal" geht auch auf das Leben ihres Vaters zurück, der im Untergrund kämpfte.
Zeruya Shalev sitzt an ihrem Schreibtisch zu Hause in Haifa und schaut in die Kamera. Neben ihr liegt ein ganzer Stapel mit Notizheften, sie hält sie hoch, um sie zu zeigen, öffnet sie, um die Notizen sichtbar werden zu lassen, die sie alle während der Arbeit an ihrem neuen Roman gemacht hat: "Schicksal". Zwölf bis vierzehn Stunden habe sie oft am Stück geschrieben, nicht selten nachts, um dieses Buch fertigzukriegen, das ihr sehr viel abverlangt habe. Zum Schluss habe sie eine panische Angst ergriffen, sie könnte möglicherweise an Corona sterben,
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bevor das Buch fertig sei. "Aber ich lebe noch", sagt sie und lacht erschöpft, auch wenn "in mir alles brennt und weint" angesichts dessen, was, während wir sprechen, draußen auf den Straßen von Haifa Realität ist. Wo, seitdem alle geimpft waren, "noch vor zwei Wochen alle draußen in den Cafés und Restaurants saßen, jüdische und arabische Familien zusammen und durcheinander".
Es gibt in "Schicksal" eine Szene, in der Shalevs Hauptfigur Atara auf ihr Handy schaut und beunruhigt die Nachrichten durchscrollt. "In letzter Zeit hat sie das Gefühl, sie habe den Staat schon aufgegeben und führe nur noch ihr Haifaer Stadtleben, das Leben der einzigen Stadt in Israel, die versucht, die Vision eines Zusammenlebens zu verwirklichen, eine beinah romantische Fantasie, die sie verzaubert hatte, als sie von Jerusalem hierhergezogen war, und die in ihr noch immer ab und zu Hoffnung weckt. Doch die Nachrichten, die sie jetzt liest, bieten nicht viel Hoffnung", heißt es da. Denn der Roman erzählt nicht nur von fataler Verstrickung und von Komplexität; davon, wie alles mit allem zusammenhängt, sondern auch die Geschichte einer Desillusionierung, die mit dem Land Israel verbunden ist. Das macht das Buch hochaktuell - zugleich aber auch anders als die bisherigen Romane von Zeruya Shalev.
"Schicksal" nämlich ist Shalevs erster Israel-Roman, was nicht heißt, dass die anderen es nicht waren. "Liebesleben", "Mann und Frau" oder "Späte Familie" jedoch erzählten universelle Geschichten und von Israel eher indirekt, von den Konflikten des Landes in Andeutungen und Metaphern. Sie handelten vorrangig von den Obsessionen der Figuren, was immer mit einer Obsession der Form einherging. Shalevs lange Kaskadensätze füllten oft weit mehr als eine Seite und führten in radikaler Subjektivität Geschehen, Erinnerungen, Dialoge und Phantasmen in einem Tableau empfundener Gleichzeitigkeit zusammen. Jetzt sind die Sätze der Syntaxkünstlerin plötzlich nicht mehr so lang, ganz so, als gäbe es nicht mal mehr die Chance, sich in etwas zu verlieren.
Und es kommt ausdrücklich die Geschichte des Landes ins Spiel, genauer: die "Kämpfer für die Freiheit Israels", die "Lechi", eine zionistische militärische Untergrundorganisation in Palästina während des britischen Mandats, deren terroristische Anschläge sich gegen die britische Mandatsherrschaft über Palästina richteten und die auch nach Beginn des 2. Weltkriegs nicht bereit war, diesen Kampf einzustellen, um vereint gegen Deutschland zu kämpfen. Nach 1945 verübten sie Anschläge auf britische Militär- und Polizei-Einrichtungen. Auf ihr Konto ging auch der Mord an dem UN-Vermittler Graf Folke Bernadotte im September 1948. Nach der Staatsgründung 1948 wurde die Lechi verboten.
Wenn die Architektin Atara nach dem Tod ihres schwierigen, tyrannischen alten Vaters zu Beginn des Romans in ihrem Auto vor der Haustür von Rachel sitzt, der ersten Liebe des Vaters, die dieser nie erwähnt hatte - dann hofft sie, von der inzwischen über neunzigjährigen Frau etwas über die Lechi zu erfahren. Über die gemeinsame Vergangenheit von Rachel und ihrem Vater im Untergrund. Da er bis zu seinem Tod über diese Zeit nie gesprochen hat, ist Rachel ihre einzige Chance, zu begreifen, was ihn damals zerstört und gebrochen, was ihn für immer desillusioniert hat.
"Nachdem meine beiden Eltern gestorben waren und es keine Möglichkeit mehr gab, ihnen Fragen zu stellen", erzählt Zeruya Shalev in unserem Gespräch, "an diesem Wendepunkt im Leben, wenn du keine Eltern mehr hast, habe ich festgestellt, was ich alles nicht wusste oder auch nicht hatte wissen wollen. Denn mein Vater ist Mitglied der Lechi gewesen, zwar nur weniger als ein Jahr, er hat auch keine Anschläge verübt, er schrieb die Plakate. Es war für ihn aber das sicher aufregendste Jahr seines Lebens, und anders als der Vater von Atara im Buch erzählte er endlos davon. Er war so besessen von seiner Lechi-Zeit, dass er alles damit in Verbindung brachte und immer nach Gelegenheiten suchte, mit seinen Lechi-Erinnerungen kommen zu können. Meine Mutter und mich hat das sehr ermüdet, wir haben schon immer mit den Augen gerollt! Und es war auch Teil meiner Rebellion gegen ihn, mich nicht interessiert zu zeigen. Vor sechs Jahren, als ich mit dem Roman begann, überfiel mich, nach so vielen Jahren der Gleichgültigkeit, eine große Neugierde. Und ich war unglaublich wütend auf mich, ihm nicht zugehört zu haben. Ich konnte mich an nichts erinnern, was er erzählte hatte."
Shalev schaute sich Interviews mit den ehemaligen Mitgliedern der Lechi auf Youtube an, las alles, was sie finden konnte - und lässt nun Rachel erzählen, wie es gewesen ist. Was für unterschiedliche Leute sich hier zusammenfanden, Rechte wie Linke, Religiöse und Atheisten, allesamt ähnlich radikale und emotionale Charaktere, von denen ein Großteil durchaus mit den in Palästina lebenden Arabern kooperieren und eine gemeinsame Front gegen den britischen Kolonialismus aufbauen wollte. "Die arabischen Bewohner des Landes sind nicht unsere Feinde", sagt Ataras Vater im Buch zu Rachel und hebt auch die kleinsten Ansätze für ein jüdisch-arabisches Miteinander hervor. "Wir alle, die in diesem Lande leben, haben gemeinsame Interessen, ganz gleich, welcher Religion, Rasse oder welchem Volk wir angehören."
Dann aber folgt der Schock: Die Ermordung einer jungen Frau, Atara Schamir (der Vater wird seine Tochter nach ihr benennen, ohne es ihr je zu offenbaren), ausgerechnet durch Araber im Winter 1948, als arabische Banden mit Anschlägen auf den jüdischen öffentlichen Verkehr beginnen und unterschiedslos Alte, Frauen und Kinder ermorden. Für Rachel und ihre Liebe im Untergrund kündet sich hier an, was in den kommenden Monaten mit dem jungen Staat passieren sollte, mit der zerbröckelnden Bewegung und mit ihrer Liebe, die keine Fortsetzung und keine Nachkommen haben und von der nichts übrig bleiben würde.
"Ihr seid doch auch Terroristen gewesen! Wo liegt der Unterschied zwischen den ,Kämpfern für die Freiheit Israels' und den ,Kämpfern für die Freiheit Palästinas'?", hält Rachels erster Sohn ihr später vor. Sie verkneift sich, ihm zu entgegnen, dass die Lechi mit ihren Anschlägen immerhin keine Unschuldigen hatten treffen wollen. "Wie habt ihr glauben können, dass, nachdem die Briten abgezogen sind, Ruhe einkehren wird? Wie konntet ihr so blind sein?" Sie gibt ihm recht. Auch darin, dass ihr großer Kampf vergeblich war. Aber, so Rachel, glaubten nicht auch der Sohn und seine Freunde heute noch an ein Zusammenleben und gute Nachbarschaft mit den Arabern?
Zeruya Shalev lässt Atara die Spuren der Vergangenheit so entschlossen verfolgen, dass die dabei aus dem Auge verliert, was in der Gegenwart geschieht. Atara versäumt es, in ihrer unmittelbaren Umgebung Zeichen und Signale zu deuten. Und genau das führt zur eigentlichen Katastrophe des Romans, die sich nicht in der Vergangenheit, sondern im Jetzt abspielt. Eine grausame Verkettung von Umständen, die nicht nur ein Leben verändern. "Schicksal" nennt Shalev deshalb ihr Buch. Sie hätte ihren großen Roman, wenn der Titel nicht schon vergeben wäre, genauso gut "Verlorene Illusionen" nennen können.
Blickt Zeruya Shalev so illusionslos auf ihr Land wie Rachel? "Wir befinden uns in Israel in einer großen politischen Krise", sagt sie. "Was wir als israelische Bürger tun können, liegt vor allem im Privaten. Ich hoffe, dass die Krise zumindest die gemäßigten Araber und Juden in Israel näher zusammenbringt als vorher, etwa in Haifa, und vielleicht könnte Haifa dann ein Beispiel für andere Städte sein." In den vergangenen zwei Jahren habe die Politik Netanjahus das Land immer weiter gespalten, und sie hatte sich auf einen Regierungswechsel gefreut, für den die Chancen jetzt aber schlechter stehen denn je. Die Extreme innerhalb Israels seien das eine, "die Hamas aber ist eine Terrororganisation, die Israel zerstören will. Und diese Terrororganisation hat die Macht über Gaza übernommen, und sie schützen ihre eigenen Leute nicht, sie benutzen sie, die meisten von ihnen sind unschuldig und haben mein Mitgefühl".
Für Zeruya Shalev sind die militärischen Abwehrmaßnahmen Israels nicht mit den Angriffen der Hamas zu vergleichen, die Raketen abfeuert, um so viele Menschen wie möglich zu verletzen. "Ich glaube weiter, dass wir mit jedem verhandeln sollten und mit jedem reden, der verhandeln und reden will. Aber wie soll das mit einer Terrororganisation gehen?" JULIA ENCKE
Zeruya Shalev: "Schicksal". Roman. Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer. Berlin Verlag, 416 Seiten, 24 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es gibt in "Schicksal" eine Szene, in der Shalevs Hauptfigur Atara auf ihr Handy schaut und beunruhigt die Nachrichten durchscrollt. "In letzter Zeit hat sie das Gefühl, sie habe den Staat schon aufgegeben und führe nur noch ihr Haifaer Stadtleben, das Leben der einzigen Stadt in Israel, die versucht, die Vision eines Zusammenlebens zu verwirklichen, eine beinah romantische Fantasie, die sie verzaubert hatte, als sie von Jerusalem hierhergezogen war, und die in ihr noch immer ab und zu Hoffnung weckt. Doch die Nachrichten, die sie jetzt liest, bieten nicht viel Hoffnung", heißt es da. Denn der Roman erzählt nicht nur von fataler Verstrickung und von Komplexität; davon, wie alles mit allem zusammenhängt, sondern auch die Geschichte einer Desillusionierung, die mit dem Land Israel verbunden ist. Das macht das Buch hochaktuell - zugleich aber auch anders als die bisherigen Romane von Zeruya Shalev.
"Schicksal" nämlich ist Shalevs erster Israel-Roman, was nicht heißt, dass die anderen es nicht waren. "Liebesleben", "Mann und Frau" oder "Späte Familie" jedoch erzählten universelle Geschichten und von Israel eher indirekt, von den Konflikten des Landes in Andeutungen und Metaphern. Sie handelten vorrangig von den Obsessionen der Figuren, was immer mit einer Obsession der Form einherging. Shalevs lange Kaskadensätze füllten oft weit mehr als eine Seite und führten in radikaler Subjektivität Geschehen, Erinnerungen, Dialoge und Phantasmen in einem Tableau empfundener Gleichzeitigkeit zusammen. Jetzt sind die Sätze der Syntaxkünstlerin plötzlich nicht mehr so lang, ganz so, als gäbe es nicht mal mehr die Chance, sich in etwas zu verlieren.
Und es kommt ausdrücklich die Geschichte des Landes ins Spiel, genauer: die "Kämpfer für die Freiheit Israels", die "Lechi", eine zionistische militärische Untergrundorganisation in Palästina während des britischen Mandats, deren terroristische Anschläge sich gegen die britische Mandatsherrschaft über Palästina richteten und die auch nach Beginn des 2. Weltkriegs nicht bereit war, diesen Kampf einzustellen, um vereint gegen Deutschland zu kämpfen. Nach 1945 verübten sie Anschläge auf britische Militär- und Polizei-Einrichtungen. Auf ihr Konto ging auch der Mord an dem UN-Vermittler Graf Folke Bernadotte im September 1948. Nach der Staatsgründung 1948 wurde die Lechi verboten.
Wenn die Architektin Atara nach dem Tod ihres schwierigen, tyrannischen alten Vaters zu Beginn des Romans in ihrem Auto vor der Haustür von Rachel sitzt, der ersten Liebe des Vaters, die dieser nie erwähnt hatte - dann hofft sie, von der inzwischen über neunzigjährigen Frau etwas über die Lechi zu erfahren. Über die gemeinsame Vergangenheit von Rachel und ihrem Vater im Untergrund. Da er bis zu seinem Tod über diese Zeit nie gesprochen hat, ist Rachel ihre einzige Chance, zu begreifen, was ihn damals zerstört und gebrochen, was ihn für immer desillusioniert hat.
"Nachdem meine beiden Eltern gestorben waren und es keine Möglichkeit mehr gab, ihnen Fragen zu stellen", erzählt Zeruya Shalev in unserem Gespräch, "an diesem Wendepunkt im Leben, wenn du keine Eltern mehr hast, habe ich festgestellt, was ich alles nicht wusste oder auch nicht hatte wissen wollen. Denn mein Vater ist Mitglied der Lechi gewesen, zwar nur weniger als ein Jahr, er hat auch keine Anschläge verübt, er schrieb die Plakate. Es war für ihn aber das sicher aufregendste Jahr seines Lebens, und anders als der Vater von Atara im Buch erzählte er endlos davon. Er war so besessen von seiner Lechi-Zeit, dass er alles damit in Verbindung brachte und immer nach Gelegenheiten suchte, mit seinen Lechi-Erinnerungen kommen zu können. Meine Mutter und mich hat das sehr ermüdet, wir haben schon immer mit den Augen gerollt! Und es war auch Teil meiner Rebellion gegen ihn, mich nicht interessiert zu zeigen. Vor sechs Jahren, als ich mit dem Roman begann, überfiel mich, nach so vielen Jahren der Gleichgültigkeit, eine große Neugierde. Und ich war unglaublich wütend auf mich, ihm nicht zugehört zu haben. Ich konnte mich an nichts erinnern, was er erzählte hatte."
Shalev schaute sich Interviews mit den ehemaligen Mitgliedern der Lechi auf Youtube an, las alles, was sie finden konnte - und lässt nun Rachel erzählen, wie es gewesen ist. Was für unterschiedliche Leute sich hier zusammenfanden, Rechte wie Linke, Religiöse und Atheisten, allesamt ähnlich radikale und emotionale Charaktere, von denen ein Großteil durchaus mit den in Palästina lebenden Arabern kooperieren und eine gemeinsame Front gegen den britischen Kolonialismus aufbauen wollte. "Die arabischen Bewohner des Landes sind nicht unsere Feinde", sagt Ataras Vater im Buch zu Rachel und hebt auch die kleinsten Ansätze für ein jüdisch-arabisches Miteinander hervor. "Wir alle, die in diesem Lande leben, haben gemeinsame Interessen, ganz gleich, welcher Religion, Rasse oder welchem Volk wir angehören."
Dann aber folgt der Schock: Die Ermordung einer jungen Frau, Atara Schamir (der Vater wird seine Tochter nach ihr benennen, ohne es ihr je zu offenbaren), ausgerechnet durch Araber im Winter 1948, als arabische Banden mit Anschlägen auf den jüdischen öffentlichen Verkehr beginnen und unterschiedslos Alte, Frauen und Kinder ermorden. Für Rachel und ihre Liebe im Untergrund kündet sich hier an, was in den kommenden Monaten mit dem jungen Staat passieren sollte, mit der zerbröckelnden Bewegung und mit ihrer Liebe, die keine Fortsetzung und keine Nachkommen haben und von der nichts übrig bleiben würde.
"Ihr seid doch auch Terroristen gewesen! Wo liegt der Unterschied zwischen den ,Kämpfern für die Freiheit Israels' und den ,Kämpfern für die Freiheit Palästinas'?", hält Rachels erster Sohn ihr später vor. Sie verkneift sich, ihm zu entgegnen, dass die Lechi mit ihren Anschlägen immerhin keine Unschuldigen hatten treffen wollen. "Wie habt ihr glauben können, dass, nachdem die Briten abgezogen sind, Ruhe einkehren wird? Wie konntet ihr so blind sein?" Sie gibt ihm recht. Auch darin, dass ihr großer Kampf vergeblich war. Aber, so Rachel, glaubten nicht auch der Sohn und seine Freunde heute noch an ein Zusammenleben und gute Nachbarschaft mit den Arabern?
Zeruya Shalev lässt Atara die Spuren der Vergangenheit so entschlossen verfolgen, dass die dabei aus dem Auge verliert, was in der Gegenwart geschieht. Atara versäumt es, in ihrer unmittelbaren Umgebung Zeichen und Signale zu deuten. Und genau das führt zur eigentlichen Katastrophe des Romans, die sich nicht in der Vergangenheit, sondern im Jetzt abspielt. Eine grausame Verkettung von Umständen, die nicht nur ein Leben verändern. "Schicksal" nennt Shalev deshalb ihr Buch. Sie hätte ihren großen Roman, wenn der Titel nicht schon vergeben wäre, genauso gut "Verlorene Illusionen" nennen können.
Blickt Zeruya Shalev so illusionslos auf ihr Land wie Rachel? "Wir befinden uns in Israel in einer großen politischen Krise", sagt sie. "Was wir als israelische Bürger tun können, liegt vor allem im Privaten. Ich hoffe, dass die Krise zumindest die gemäßigten Araber und Juden in Israel näher zusammenbringt als vorher, etwa in Haifa, und vielleicht könnte Haifa dann ein Beispiel für andere Städte sein." In den vergangenen zwei Jahren habe die Politik Netanjahus das Land immer weiter gespalten, und sie hatte sich auf einen Regierungswechsel gefreut, für den die Chancen jetzt aber schlechter stehen denn je. Die Extreme innerhalb Israels seien das eine, "die Hamas aber ist eine Terrororganisation, die Israel zerstören will. Und diese Terrororganisation hat die Macht über Gaza übernommen, und sie schützen ihre eigenen Leute nicht, sie benutzen sie, die meisten von ihnen sind unschuldig und haben mein Mitgefühl".
Für Zeruya Shalev sind die militärischen Abwehrmaßnahmen Israels nicht mit den Angriffen der Hamas zu vergleichen, die Raketen abfeuert, um so viele Menschen wie möglich zu verletzen. "Ich glaube weiter, dass wir mit jedem verhandeln sollten und mit jedem reden, der verhandeln und reden will. Aber wie soll das mit einer Terrororganisation gehen?" JULIA ENCKE
Zeruya Shalev: "Schicksal". Roman. Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer. Berlin Verlag, 416 Seiten, 24 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Bücher sollte man nicht planen
FRANKFURT Israels Freiheit: Zeruya Shalev stellt in der Jüdischen Gemeinde ihren Roman "Schicksal" vor
Neulich hat ein Bekannter ihr gesagt, sie hätte ihr neues Buch ebenso gut "Schuld" nennen können. Er habe ganz recht, sagt Zeruya Shalev im ausverkauften Saal des Ignatz-Bubis-Gemeindezentrums an der Savignystraße. Darum gehe es in der Tat: "Noch mehr als sonst." Die Autorin der in knapp zwei Dutzend Sprachen erfolgreichen "Trilogie über die moderne Liebe", ("Liebesleben", "Mann und Frau" und "Späte Familie") ist nach Frankfurt gekommen, um "Schicksal" vorzustellen, ihren sechsten Roman.
Im Berlin Verlag ist er schon im Mai auf Deutsch erschienen, im Gemeindezentrum liest
FRANKFURT Israels Freiheit: Zeruya Shalev stellt in der Jüdischen Gemeinde ihren Roman "Schicksal" vor
Neulich hat ein Bekannter ihr gesagt, sie hätte ihr neues Buch ebenso gut "Schuld" nennen können. Er habe ganz recht, sagt Zeruya Shalev im ausverkauften Saal des Ignatz-Bubis-Gemeindezentrums an der Savignystraße. Darum gehe es in der Tat: "Noch mehr als sonst." Die Autorin der in knapp zwei Dutzend Sprachen erfolgreichen "Trilogie über die moderne Liebe", ("Liebesleben", "Mann und Frau" und "Späte Familie") ist nach Frankfurt gekommen, um "Schicksal" vorzustellen, ihren sechsten Roman.
Im Berlin Verlag ist er schon im Mai auf Deutsch erschienen, im Gemeindezentrum liest
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Heidi Ecks vom Schauspiel Frankfurt aus der Übersetzung von Anne Birkenhauer. Erst jetzt gestattet die pandemische Lage Shalev eine kurze Lesereise durch Deutschland. Die Anreise von Ravensburg nach Frankfurt hat länger gedauert als gedacht, rund sieben Stunden im Auto. "Ich bin so froh, dass wir's geschafft haben", sagt die 1959 am See Genezareth geborene Autorin im Gespräch mit Ariella Chmiel, Geschäftsführerin der Münchner Literaturhandlung.
Es geht um Haifa, die Stadt, in der Shalev lebt. "Es gibt so viele Filter zwischen dem Leben und der Literatur. Aber manches findet den Weg hindurch." Wie dieser in Israel immer ungewöhnlichere Ort friedlicher Koexistenz: "Man weiß nicht, wer Jude und Araber ist. Es ist nicht wichtig." Die Rede ist aber auch von der Weisheit des Rabbi Nachman von Brazlaw, radikalzionistischem Terror und dem zerrissenen Land von heute. Und dem Roman, in dem die Architektin Atara die 90 Jahre alte erste Frau ihres Vaters kennenlernt, Rachel, die vor der israelischen Staatsgründung der Untergrundorganisation Lechi angehörte, die Anschläge auf die britische Mandatsmacht verübte.
Auch Shalevs Vater wirkte kurze Zeit in der 1948 verbotenen Gruppierung mit, deren voller Name auf Deutsch "Kämpfer der Freiheit Israels" bedeutet. Allerdings ohne zur Waffe zu greifen oder an Sabotageakten und Attentaten beteiligt gewesen zu sein. Vielleicht gerade deswegen erzählte er seinen Kindern gerne davon. Hätte seine Tochter bloß zugehört: "Ich habe mich, wie viele Kinder, nie dafür interessiert." Nach seinem Tod stellte sie fest, sich an fast nichts zu erinnern.
Was sei übrig von den Träumen von damals, fragt Chmiel. "Zunächst einmal gibt es da einen Staat", antwortet Shalev. Den man kritisieren dürfe. "Aber wir wissen, warum es ihn geben muss." Er sei alles andere als der "safe space", als den Chmiel ihn gerade bezeichnet habe: "Aber wir können alles tun, um ihn sicher zu machen. Denn die existentielle Bedrohung ist noch immer da." Jetzt gehe es darum, den israelischen Rechtsstaat zu bewahren und auf jüdischer Seite gegenüber Arabern und Palästinensern so viel Empathie wie möglich zu entwickeln und dann gefälligst auch zu empfinden. "Ich hoffe, die neue Regierung ist besser als die alte." Gelegentlich scheine es ihr so: "Ich weiß nicht, ob sie gut genug ist." Aber der Staat Israel müsse existieren. "Wir müssen uns noch immer verteidigen. Auch wenn es manchmal nicht so aussieht. Aber darum geht es."
Herrscht das Schicksal? Oder sind Entscheidungen wichtiger? Shalev ist sich da nicht einmal literarisch sicher. Als beim Schreiben im zweiten Kapitel plötzlich ein chassidischer Mann um die Ecke bog und sich als Sohn Rachels herausstellte, wollte sie ihn zunächst wieder rauswerfen: "Geh weg." Sein Milieu sagte ihr nichts. Aber sie behalte sich beim Schreiben stets Überraschungen vor: "Ich möchte nicht zu viel wissen oder planen." Also blieb der Sohn drin und enthüllte nach und nach seine Bedeutung. Vom Handhaben des Werks geht es zu dem des Lebens: "Wie man es führt, wie man interpretiert, was in ihm vorgeht" - darum kreise der neue Roman. Sie wünschte, sie hätte neben diesen Fragen auch Antworten. Man könne etwas tun, könne handeln. Aber das heiße nicht, dass es funktioniere. "Wir können nur unser Bestes versuchen." Am Schreibtisch, im Leben, im Staat.
FLORIAN BALKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es geht um Haifa, die Stadt, in der Shalev lebt. "Es gibt so viele Filter zwischen dem Leben und der Literatur. Aber manches findet den Weg hindurch." Wie dieser in Israel immer ungewöhnlichere Ort friedlicher Koexistenz: "Man weiß nicht, wer Jude und Araber ist. Es ist nicht wichtig." Die Rede ist aber auch von der Weisheit des Rabbi Nachman von Brazlaw, radikalzionistischem Terror und dem zerrissenen Land von heute. Und dem Roman, in dem die Architektin Atara die 90 Jahre alte erste Frau ihres Vaters kennenlernt, Rachel, die vor der israelischen Staatsgründung der Untergrundorganisation Lechi angehörte, die Anschläge auf die britische Mandatsmacht verübte.
Auch Shalevs Vater wirkte kurze Zeit in der 1948 verbotenen Gruppierung mit, deren voller Name auf Deutsch "Kämpfer der Freiheit Israels" bedeutet. Allerdings ohne zur Waffe zu greifen oder an Sabotageakten und Attentaten beteiligt gewesen zu sein. Vielleicht gerade deswegen erzählte er seinen Kindern gerne davon. Hätte seine Tochter bloß zugehört: "Ich habe mich, wie viele Kinder, nie dafür interessiert." Nach seinem Tod stellte sie fest, sich an fast nichts zu erinnern.
Was sei übrig von den Träumen von damals, fragt Chmiel. "Zunächst einmal gibt es da einen Staat", antwortet Shalev. Den man kritisieren dürfe. "Aber wir wissen, warum es ihn geben muss." Er sei alles andere als der "safe space", als den Chmiel ihn gerade bezeichnet habe: "Aber wir können alles tun, um ihn sicher zu machen. Denn die existentielle Bedrohung ist noch immer da." Jetzt gehe es darum, den israelischen Rechtsstaat zu bewahren und auf jüdischer Seite gegenüber Arabern und Palästinensern so viel Empathie wie möglich zu entwickeln und dann gefälligst auch zu empfinden. "Ich hoffe, die neue Regierung ist besser als die alte." Gelegentlich scheine es ihr so: "Ich weiß nicht, ob sie gut genug ist." Aber der Staat Israel müsse existieren. "Wir müssen uns noch immer verteidigen. Auch wenn es manchmal nicht so aussieht. Aber darum geht es."
Herrscht das Schicksal? Oder sind Entscheidungen wichtiger? Shalev ist sich da nicht einmal literarisch sicher. Als beim Schreiben im zweiten Kapitel plötzlich ein chassidischer Mann um die Ecke bog und sich als Sohn Rachels herausstellte, wollte sie ihn zunächst wieder rauswerfen: "Geh weg." Sein Milieu sagte ihr nichts. Aber sie behalte sich beim Schreiben stets Überraschungen vor: "Ich möchte nicht zu viel wissen oder planen." Also blieb der Sohn drin und enthüllte nach und nach seine Bedeutung. Vom Handhaben des Werks geht es zu dem des Lebens: "Wie man es führt, wie man interpretiert, was in ihm vorgeht" - darum kreise der neue Roman. Sie wünschte, sie hätte neben diesen Fragen auch Antworten. Man könne etwas tun, könne handeln. Aber das heiße nicht, dass es funktioniere. "Wir können nur unser Bestes versuchen." Am Schreibtisch, im Leben, im Staat.
FLORIAN BALKE
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"Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden." (Søren Kierkegaard)
Bei Atara die mit ihrem zweiten Mann Alex verheiratet ist, scheint sich in letzter Zeit eine Ehekrise anzubahnen. In ihrer Verzweiflung …
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"Das Leben kann nur in der Schau nach rückwärts verstanden, aber nur in der Schau nach vorwärts gelebt werden." (Søren Kierkegaard)
Bei Atara die mit ihrem zweiten Mann Alex verheiratet ist, scheint sich in letzter Zeit eine Ehekrise anzubahnen. In ihrer Verzweiflung sieht sie nur noch das Negative bei Alex, derweil hat sie ihn doch einmal so geliebt und sogar für ihn ihren ersten Mann Doron verlassen. Sorgen macht sie sich auch um ihren Sohn Eden, der sich immer mehr zu Hause vergräbt nach seinem letzten Einsatz als Elitesoldat. Dann erfährt sie am Sterbebett ihres Vaters Meno von seinem großen Geheimnis über seine erste Ehefrau Rachel. Deshalb sucht sie die 90-Jährige auf, um mehr über ihren Vater und ihre Vergangenheit bei der Lechi zu erfahren, wo beide gekämpft haben. Das dann allerdings bei ihr das Schicksal erbarmungslos zuschlägt, ahnt sie hier noch nicht.
Meine Meinung:
Auf über 400 Seiten schildert die Autorin die Geschichte der beiden Frauen Rachel und Atara und sie offenbart ihre Verbindung, die zwischen diesen beiden noch völlig unbekannten Frauen steht. Es ist eine Zusammenfassung von familiären Lügen, Geheimnissen, Gewalttaten und Schicksalen, die sich in dieser Geschichte widerspiegelt. Rachel, inzwischen 90 Jahre alt, hat in ihrer Jugend für die Lechi gekämpft. Die Lechi war eine radikal-zionistische paramilitärische Untergrundorganisation in Palästina während des britischen Mandats. Sie führten terroristische Anschläge gegen die britische Besatzungsmacht durch. Dabei kamen auch einige ihrer Kameraden ums Leben, unter anderem Atara Schamir, dessen Tod Meno so zugesetzt hat. Viele Jahre lang dachten sie nur die Briten wären ihre Feinde, derweil gab es noch weitere Feinde in ihrem Land. In dieser Zeit treffen Rachel und Meno aufeinander, sie heiraten und verlieren sich in dieser Zeit wieder. Ihre Erlebnisse werden als großes Geheimnis vor ihren neuen Familien gehütet. Darunter wird Meno zum anerkannten Wissenschaftler, allerdings auch zu einem brutalen, herrschsüchtigen Sadisten, unter dem seine Familie zu leiden hat. Dass es schon mal eine Atara in seinem Leben gab, darüber verliert er kein Wort. Erst kurz vor seinem Tod weiht er seine Tochter ein, dass es schon einmal eine Ehefrau in seinem Leben gab. Zeruya Shalev zeigt hier, wie es Menschen geht, die mit Lebenslügen aufwachsen, verbittert sind über einen Vater, der anscheinend keine Liebe für sie übrig hatte. Kein Wunder, dass Atara Rachel aufsucht, um mehr über ihn aus der Vergangenheit zu erfahren. Bei den Autofahrten zu Rachel macht sie sich Gedanken über ihr eigenes Leben, die Entwicklung ihrer Ehe mit Alex, und dem seit kurzem so verschlossenen gemeinsamen Sohn Eden. Interessant ist dabei zu sehen, wie nicht nur das Schicksal Rachel und Meno auseinanderbrachte, sondern vor allem, wie es bei Atara zuschlägt. Dabei frustriert mich mitunter Ataras Charakter, der oft so voller Wut, Anklage und Negativem ist. Die Autorin veranschaulicht die Ängste von Müttern, die ihre Kinder an die Religion verlieren, um dabei zu lernen, dass man sie loslassen muss. Außerdem veranschaulicht sie, dass man nach einem Schicksalsschlag sein Leben in die eigene Hand nehmen muss. Sie stellt unter anderem ein Israel dar, das früher vor Vision, Mut, Ideale und Kraft strotze und heute eher geprägt ist durch Hektik, Gereiztheit, Enttäuschungen, Missgunst, Desorientierung und Ängste. Bemerkenswert ist dabei, dass Zeruya Shalev die Lechi rehabilitiert, Ehen nicht beschönigt, aufzeigt, wie zwei junge Männer zum Glauben der Väter zurückfinden statt zu zerbrechen. Manche Szenen allerdings haben mich dabei etwas überrascht, aber vor allem entsetzt, deshalb gibt es von mir 4 von 5 Sterne.
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Meine Meinung und Inhalt
" Am Anfang ihres gemeinsamen Lebens hatten sie sich mit blanken Nerven aufeinander zubewegt, und nachdem sie ihre vorigen Familien aufgelöst hatten, war ihr Immunsystem als Paar so geschwächt, dass sie sich an jedem nur denkbaren Bakterium ansteckten. …
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Meine Meinung und Inhalt
" Am Anfang ihres gemeinsamen Lebens hatten sie sich mit blanken Nerven aufeinander zubewegt, und nachdem sie ihre vorigen Familien aufgelöst hatten, war ihr Immunsystem als Paar so geschwächt, dass sie sich an jedem nur denkbaren Bakterium ansteckten. " (ZITAT)
Anfangs hat es für mich etwas Zeit in Anspruch genommen, dem Hörbuch folgen zu können, aufgrund der Namen und Zusammenhänge. Doch hier kann ich nur wirklich sagen, dass es sich lohnt auszuharren, denn sobald man weiter in die Geschichte dringt, umso näher kommt man den Protagonisten und deren Taten bzw. Beweggründen.
Die Sprechestimme ist sehr passend und klingt angenehm. Das Cover ist sehr ausdrucksstark gewählt.
Für mich ein wirklich tolles Hörbuch, das absolut beeindruckend, tiefgründig und intensiv ist.
Atara ist zum zweiten Mal verheiratet, doch neuerdings scheint Alex sich immer weiter von ihr zu entfernen.
Noch größere Sorgen macht ihr der gemeinsame Sohn, ein Elitesoldat, der nach dem letzten Einsatz kaum das Haus verlässt. Vielleicht um ihre Familie besser zu verstehen, vielleicht um ihr zu entkommen, sucht Atara Rachel auf, die erste Frau ihres Vaters, das große Tabu in Ataras Kindheit.
Rachel scheint die Vergangenheit zu verkörpern – sie kämpfte mit dem Vater in der Untergrundmiliz gegen die Engländer und für einen israelischen Staat. Doch die Begegnung der beiden Frauen mündet in einer Katastrophe.
Den Ausgangspunkt ihrer Erzählung bildet die Biografie ihres Vaters, der kurzzeitig bei den radikal-zionistischen Lechi aktiv war, die in den vierziger Jahren gegen die britische Mandatsherrschaft kämpften. Um dessen Erzählungen und ihre eigenen Erinnerungen zu verarbeiten, entwirft die Autorin zwei Frauenfiguren, welche je eine der Generationen repräsentieren
Zeruya Shalev kam am 13.04.1959 im Kibbuz Kinneret am See Genezaretz in Galiläa zur Welt und wuchs in Beit Berl auf. Sie ist die Tochter einer Malerin und Kunstdozentin und eines Literaturkritikers und Bibelgelehrten. Sie ist außerdem die Cousine von Meir Shalev. Nach ihrer Zeit beim Militär als Sozialarbeiterin studierte sie Bibelwissenschaften an der Hebräischen Universität Jerusalem. Heute arbeitet sie als freie Autorin und Verlagslektorin in Jerusalem und wohnt dort mit ihrem Mann Eyal Megged und drei Kindern. Berühmt wurde sie mit ihren zwei internationalen Bestsellern Liebesleben und Mann und Frau. Im Januar 2004 wurde Zeruya Shalev unweit ihres Hauses durch ein Selbstmordattentat schwer verletzt, als ein voll beladener Bus neben ihr explodierte und neun Menschen ums Leben kamen. Im September 2015 kam ihr Werk "Schmerz" auf den deutschssprachigen Buchmarkt. Im Jahr 2021 erschien ihr Buch "Schicksal".
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Atara hatte es nicht leicht mit dem strengen Vater. In Büscheln riss er ihre Haare aus und es ist verständlich, dass sie fast froh war als er starb. Doch, warum war er so zornig und voll Wut auf das Leben? Auch Ataras Mutter kam nicht dagegen an und konnte ihre Tochter nicht schützen. …
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Atara hatte es nicht leicht mit dem strengen Vater. In Büscheln riss er ihre Haare aus und es ist verständlich, dass sie fast froh war als er starb. Doch, warum war er so zornig und voll Wut auf das Leben? Auch Ataras Mutter kam nicht dagegen an und konnte ihre Tochter nicht schützen. Nach seinem Tod macht Atara sich auf die Suche. Nach der Vergangenheit ihres Vaters, dem Grund für seinen Zorn, der Geschichte ihrer Familie. Ein Teil davon ist Rachel, die erste Frau des Vaters. Sie wurde zuhause niemals erwähnt und spielte doch eine sehr große Rolle innerhalb der Familie.
„Schicksal“ lässt sich nicht oberflächlich lesen. Dafür ist der Stil zu eigen und das Thema zu schwierig. Lechi, so hieß eine der ersten Untergrundorganisationen Israels und die war lange Zeit selbst in den eigenen Reihen verpönt. Von ihr gingen Attentate gegen Briten aus, die oft mit dem Tod endeten. Während der Mandatszeit gab es vier Untergrundorganisationen, die erbitterte Feinde waren. Dazu gehörten: Lechi, Palmach, Hagana und Etzel. Erst im Jahr 2018 gab es eine Versöhnung und den Entschluss zur Zusammenarbeit. Alle noch lebenden ehemaligen Mitglieder wollen die Erinnerungskultur hoch halten. Warum ich das schreibe? Weil das Thema Lechi in dem Buch „Schicksal“ eine große Rolle spielt.
Die Erklärungen zu den Gefühlen der ersten Siedler Israels sind ausführlich dargestellt. Ein Zitat aus dem Buch verdeutlicht das ganz klar: „...verwirkliche unsere Träume, sorg´du dafür, dass unsere Namen nicht vergessen werden.“
Daneben gibt es Antworten zur unterschiedlichen Fragen: Wie leben Israelis heute, welche Verbindung haben sie zu ihren Vorfahren? Warum wandern sie ein, obwohl es doch ein Land ist, welches von Feinden umgeben und ständig bedroht wird? Ich denke, dass ich das Buch noch mehrmals lesen muss, um sein Potenzial wirklich völlig auszuschöpfen. Beim ersten Mal kam es mir zu verworren und langgezogen vor.
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Ein Hörerlebnis der besonderen Art. Eine Geschichte, die mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
Klappentext beschreibt die Eckpunkte sehr gut.
Wie in vielen literarischen Werken liegt hier der Schwerpunkt nicht auf der Handlung. Vielmehr lebt das Ganze von der Beschreibung. Die …
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Ein Hörerlebnis der besonderen Art. Eine Geschichte, die mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
Klappentext beschreibt die Eckpunkte sehr gut.
Wie in vielen literarischen Werken liegt hier der Schwerpunkt nicht auf der Handlung. Vielmehr lebt das Ganze von der Beschreibung. Die Gedanken, Gefühle, Befürchtungen, Vermutungen beider Frauen wurden detailliert dargelegt. Das Leben von Rachel bietet mehr Geschehen. Es war interessant, mehr über das Leben der Kämpferin und ihr damaliges Leben zu erfahren. Atara ist ein ganz anderer Typ. Sehr impulsiv, handelt oft intuitiv, sie ist so sehr Frau.
Manchmal erschienen die Übergänge so fließend, dass es schwierig zu unterscheiden war, bei welcher Frau man gerade verweilte. Nach und nach kam die Vermutung, dass dies als ein Kunstgriff zu begreifen war, der die Parallelen zwischen diesen zwei sehr unterschiedlichen Frauen sichtbar machte.
Mit Parallelen wurde hier aktiv gearbeitet. So konnte man diese zwei Frauen vergleichen. Die eine kämpfte selbstvergessen für die bessere Welt, die andere gehört der späteren, heutigen Generation und müsste die Früchte der Arbeit der „Vorkämpferin“ normalerweise genießen. Aber nach Genuss sieht ihr Leben kaum aus. Die große Liebe artete in endlose und oft sinnfreie Streitereien aus. Und nichts war, wie es von den Idealisten der früheren Generation angedacht wurde.
Auch diese Offenheit, mit der die gegenwärtige Generation ihr Leben bewertet, diese Gnadenlosigkeit, mit der die Figuren über ihr Land, seine politische Lage und das Leben darin sprechen, fand ich schon beeindruckend. In dieser Hinsicht erinnerte es mich an Arnon Grünbergs neustes Buch „Besetzte Gebiete“.
Der Schluss ist schon überraschend, in vielerlei Hinsicht. „Die Lösung“/ Pointe liegt nicht auf der Hand, erfordert geistige Arbeit.
Es ist kein Roman, den man eben schnell in einem Zug durchhört. Es hat reichlich Gehalt, es bietet viel Stoff zum Nachdenken, Nachempfinden. Pausen gehören unbedingt dazu.
Die Erzählerinnen Maria Schrader, Eva Meckbach haben wunderbar gelesen. Besonders die Charaktere der beiden Frauen, ihre emotionalen Zustände uvm. wurden prima ausgearbeitet, wie auch die anderen Figuren, und den Hörern nähergebracht. Eine großartige Darbietung.
Ich freue mich, so eine hochtalentierte Autorin wie Zeruya Shalev auf diesem Wege kennengelernt zu haben.
Gern vergebe ich 5 Sterne und eine Hörempfehlung.
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Figuren, die an ihrer eigenen Vergangenheit ertrinken
Davon kommen so einige vor in diesem überaus mitreißend geschriebenen Roman, in dem es um zwei Frauen geht, die erst zu einander finden, als der Mann, der sie verband, bereits verstorben war. Rachel war Menos erste Ehefrau - nur …
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Figuren, die an ihrer eigenen Vergangenheit ertrinken
Davon kommen so einige vor in diesem überaus mitreißend geschriebenen Roman, in dem es um zwei Frauen geht, die erst zu einander finden, als der Mann, der sie verband, bereits verstorben war. Rachel war Menos erste Ehefrau - nur für ein Jahr, Atara seine Tochter aus der zweiten Ehe. Mittlerweile ist Rachel eine alte Frau und Witwe, die ihre Söhne zu selten sieht, Atara eine Frau im mittleren Alter, die gerade eine Entfremdung von Alex, ihrem zweiten Ehemann, eigentlich ihrer großen Liebe und auch von ihren Kindern aus erster und zweiter Ehe wahrnimmt.
Treffen werden veranlasst, zunächst auf Ataras, dann auf Rachels Initative, doch beide Male kommt etwas dazwischen - zuletzt erfolgt ein Aufeinandertreffen in einer Extremsituation.
Es ist ein schöner und stabiler Rahmen, den Zeruya Shalev uns Lesern in diesem Roman bietet, einer, der die gesamte Geschichte des Staates Israel umfasst. Eigentlich könnte man in diesem Rahmen und den darin agierenden, kraftvoll gezeichneten Figuren schwelgen und das tat ich auch mit großer Begeisterung - bis ich merkte, dass ich auf meine zahlreichen Fragen, die sich im Verlauf der Handlung in mir aufgestaut hatten, nicht eine einzige Antwort bekam. Die allesamt vielversprechenden Handlungsstränge und ihre Verknüpfungen brachen allesamt an der Stelle ab, an der es interessant zu werden versprach.
Ein wundervoll geschriebener Roman, dessen Botschaft(en) leider komplett im Sande verlief(en).
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Audio CD
Zum Inhalt:
Ataras Mann Alex scheint sich immer weiter von ihr zu entfernen, schlimmer ist für ist aber die Sorge um den gemeinsamen Sohn., der nach seinem letzten Einsatz als Elitesoldat das Kaum noch verlässt. Um mehr zu erfahren und zu verstehen, sucht sie die erste Frau ihres Vaters …
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Zum Inhalt:
Ataras Mann Alex scheint sich immer weiter von ihr zu entfernen, schlimmer ist für ist aber die Sorge um den gemeinsamen Sohn., der nach seinem letzten Einsatz als Elitesoldat das Kaum noch verlässt. Um mehr zu erfahren und zu verstehen, sucht sie die erste Frau ihres Vaters auf.
Meine Meinung:
Das Hörbuch habe ich als ungeheuer intensiv empfunden. Gleichsam erfährt man viel über die Geschichte der Familie, aber auch über die Entstehungsgeschichte Israels. Teilweise war da auch eine total bedrückende Stimmung. Aber ich fand die auf jeden Fall sehr interessant. Die Sprecherinnen haben mir gut gefallen.
Fazit:
Sehr intensiv
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Gleich vorneweg: wer vom Roman erwartet mehr über die Geschichte Israels und über die paramilitärische Untergrundorganisation Lechi zu erfahren, der wird enttäuscht werden. Im Fokus des Romans stehen tiefgehende Charakterstudien, »Schicksal« ist letztlich ein …
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Gleich vorneweg: wer vom Roman erwartet mehr über die Geschichte Israels und über die paramilitärische Untergrundorganisation Lechi zu erfahren, der wird enttäuscht werden. Im Fokus des Romans stehen tiefgehende Charakterstudien, »Schicksal« ist letztlich ein Familien- und Beziehungsroman. Die geschichtlichen Aspekte kommen dabei sehr kurz, mehr als Informationshäppchen erhält man leider nicht.
Das Buch besteht aus einer abwechselnden Erzählung aus der Sicht von Rachel und Atara. Rachels Erinnerungen an ihre Zeit bei der Lechi bestehen meist nur aus einzelnen Gedanken, sie erinnert sich in Bruchstücken und erwähnt Personen die der Leser aber nie kennenlernt. Zeruya Shalev gelingt es damit zwar sehr gut das Erinnern einer alten Frau darzustellen, einen Einblick in ihre Ideale und ein Gefühl für die damalige Zeit erhält man dadurch aber spärlich. Trotz der oft dramatischen Inhalte bleibt auch immer eine gewisse Distanz zu den Geschehnissen. Die wenigen beschriebenen Aktionen der Freiheitskämpfer werden in geringen Sätzen abgehandelt. Das fand ich sehr schade, denn Rachels Erinnerungen haben meine Neugierde geweckt und Shalev hätte die Wortgewalt gehabt eindringlich über die Vergangenheit zu schreiben.
Ataras Part besteht großteils aus Streitereien mit ihrem Mann Alex. Sie hat in ihrem Leben bereits schlimmes erlebt und auch hier gelingt es der Autorin die Auswirkungen der Vergangenheit auf das Leben und Handeln ihrer Protagonistin und die inneren Wunden sehr glaubhaft und emotional darzustellen. Die umfangreich beschriebenen gegenseitigen Vorwürfe, Diskussionen und Sticheleien fand ich dennoch bald mühsam zu lesen. Die Erzählung wird dadurch an vielen Stellen langatmig und ist zudem mit Informationshäppchen vollgepackt, das meiste ist aber zu Oberflächlich beschrieben als dass vor meinem Auge greifbare Bilder entstanden wären.
Das Buch konnte mich nicht vollends überzeugen. Nach all den Seiten bleibt nur sehr wenig das ich aus der Geschichte mitnehmen kann, zu sehr ist es eine Charakterstudie Ataras und ihrer Probleme. Rachels Teil hat für meinen Geschmack zu wenig im Fokus gestanden. Ihre Gedanken waren sehr intensiv, zum besseren Verständnis ihrer Ideale hätte es aber einen tieferen Blick in die Vergangenheit gebraucht. Nüchtern betrachtet hätte es Rachels Lechi Vergangenheit gar nicht gebraucht und das Buch hätte auch in einem komplett anderen Land angesiedelt sein können, das hätte keinen Unterschied gemacht.
Fazit
Shalev erzählt weniger eine Geschichte, sie beleuchtet zwischenmenschliche Beziehungen und schicksalshafte Lebensentscheidungen. Sie zeigt die Nachwirkungen der Erlebnisse aus der Vergangenheit und deren oft erst spät sichtbare Folgen. Der Autorin gelingt es dabei ein klares und glaubwürdiges Bild ihrer Protagonisten zu zeichnen. Meine Art von Roman ist es aber nicht, dafür gab es zu wenig Handlung und zu viel Drama. Es ist ein kurzer Einblick in das Leben von drei Menschen, doch in die Geschichte wurde ich nur an sehr wenigen Stellen hineingezogen.
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Audio CD
Interessantes, bewegendes Hörbuch
Das Hörbuch hat 576 Minuten Laufzeit und jede davon ist intensiv!
Maria Schrader und Eva Meckbach lesen je die Abschnitte der Protagonistinnen Rachel und Atara.
Ich schätze an dem Hörbuch, dass beide Handlungsstränge gleich stark und …
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Interessantes, bewegendes Hörbuch
Das Hörbuch hat 576 Minuten Laufzeit und jede davon ist intensiv!
Maria Schrader und Eva Meckbach lesen je die Abschnitte der Protagonistinnen Rachel und Atara.
Ich schätze an dem Hörbuch, dass beide Handlungsstränge gleich stark und sehr dicht miteinander verbunden sind.
Schicksal erzählt eine Familiengeschichte im heutigen Israel, wie man es von Zeruya Shalevs Romanen kennt. Aber es gibt auch eine Spur 70 Jahre zurück und bindet damit ein politisches Thema mit ein und stellt Zusammenhänge dar. Zeruya Shalev gelingt es außerdem meisterhaft, die Beziehungen ihrer Figuren miteinander darzustellen.
Man muss aber auch erwähnen, dass der Roman kein sehr hohes Tempo hat.
Sprachlich ansprechend geschrieben bietet sich der Roman gut als Hörbuch an. Durch die Sprecherinnen kommt der Zuhörer nahe an die zwei Frauen ran, die die Protagonistinnen sind: die 90jährige Rachel, die eine politisch bewegte Vergangenheit hat und die 50jährige Atara, die in zweiter Ehe mit ihren Mann Alex und dem Sohn Eden lebt. Sie ist getrieben vom Schicksal ihres verstorbenen Vaters, der Rachels erster Ehemann war.
Damals waren sie Mitglieder von Lechi und kämpften gegen die britische Besatzung in Palästina. Diese Gruppe war mir bisher unbekannt, daher halte ich das Buch nicht nur für bewegend als auch informativ.
Zeruya Shalevs Büchern haben mich immer stark beschäftigt, gerne auch als Hörbuch und Schicksal gehört zu den besten Büchern der Autorin.
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Schicksalhafte Entscheidungen
Zwei unterschiedliche Protagonistinnen spielen in dem Roman von Zeruya Shalev entscheidende Rolle. Die eine von ihnen ist die betagte Rachel, die in den Erinnerungen an ihre Jugend und an den Kampf in der Untergrundmiliz gegen die britische Besatzungsmacht versinkt. …
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Schicksalhafte Entscheidungen
Zwei unterschiedliche Protagonistinnen spielen in dem Roman von Zeruya Shalev entscheidende Rolle. Die eine von ihnen ist die betagte Rachel, die in den Erinnerungen an ihre Jugend und an den Kampf in der Untergrundmiliz gegen die britische Besatzungsmacht versinkt. Die andere ist Atara, die Tochter von Meno, der zusammen mit Rachel bei Lechi war.
Rachel und Meno lebten für ihre Idee, sie träumten von einem freien Staat Israel, in dem Juden und Araber friedlich zusammenleben könnten. Sie liebten einander und haben spontan geheiratet. Eines Tages hat Meno ohne ein Wort zu sagen seine geliebte Rachel verlassen. Nach der Scheidung haben sie sich aus den Augen verloren.
Atara ist Menos Tochter aus seiner zweiten Ehe. Aus unerklärlichen Gründen hat Meno sie immer wieder schikaniert und misshandelt. Erst kurz vor seinem Tod hat sie über Rachel erfahren und jetzt will sie diese Frau unbedingt kennenlernen.
In einem aber sind die beiden Frauen gleich: beide hadern sie mit ihrem Schicksal, beide sind mit ihrem Leben unzufrieden, beide suchen nach Antworten über die Geheimnisse und Lügen aus der Vergangenheit. Und beide hoffen, dass sie einander helfen können.
Rachel und Atara erzählen ihre Geschichten, geben offen ihre Gedanken und Gefühle preis. Zeruya Salev kann die Erzählungen der beiden Frauen meisterhaft darstellen. Ich hatte oft das Gefühl selbst den beiden Frauen zuzuhören; der aufgeregten, in ihrer Ehe unzufriedenen Atara, die in Gedanken mit ihrem Mann Alex schimpfte oder wenn sie sich unnötig Sorgen um ihre erwachsenen Kinder machte. Und auch der enttäuschten Rachel hörte ich aufmerksam zu, der Frau, die von ihrem geliebten Meno so sehr verletzt wurde, und die über den „Verlust der Vision, für die sie gekämpft hatten“ (64) nicht hinwegkommen konnte.
Ich bin in der Gedankenwelt der beiden Frauen versunken und viele von ihren Meinungen konnte ich bedingungslos teilen. Manchmal staunte ich auch über ihre Handlungen, trotzdem empfand ich sie als authentisch und nachvollziehbar. Mit großem Interesse habe ich über den Kampf von Lechi oder israelischen Bräuche und Traditionen gelesen; davon hätte ich gerne mehr in diesem Buch lesen wollen. Auch die Gespräche mit Achami, dem jüngsten Sohn von Rachel, fand ich sehr interessant.
Der lebendige Sprachstil der Autorin hat mich überzeugt; je nach dem um welches Ereignis und die erzählende Person es sich gerade handelt, ist er intensiv, dynamisch oder auch poetisch:
„ihr gemeinsames Leben erscheint ihr plötzlich wie Zwangsarbeit in einem Bergwerk: stickig, die meiste Zeit dunkel, und doch blitzen manchmal wunderschöne Diamanten auf.“ (153)
„Schicksal“ von Zeruya Shalev ist, wie der Titel des Buches selbst verrät, ein Roman über das Schicksal, das oft erbarmungslos zuschlägt und gleichzeitig neue Wege öffnet, neue Chancen offenbart. Und über die Menschen, die mit den kompromisslosen Schicksalsschlägen fertig werden müssen, die neuen Wege erforschen und sich bietenden Chancen ergreifen. Über die Menschen, die ihr Leben leben, die Entscheidungen treffen und Konsequenzen ihres Handels tragen müssen.
Ich kann den Roman allen Liebhaber*innen der anspruchsvollen Literatur empfehlen.
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In diesem Roman spielen sowohl die Vergangenheit wie auch die Gegenwart eine große Rolle. Sie gehören zusammen und so möchte Atara mehr aus der Vergangenheit erfahren, um die Gegenwart besser zu verstehen. Rachel hingegen lebt mehr mit den Ereignissen der Vergangenheit als mit dem …
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In diesem Roman spielen sowohl die Vergangenheit wie auch die Gegenwart eine große Rolle. Sie gehören zusammen und so möchte Atara mehr aus der Vergangenheit erfahren, um die Gegenwart besser zu verstehen. Rachel hingegen lebt mehr mit den Ereignissen der Vergangenheit als mit dem Leben in der Gegenwart und möchte jetzt doch mehr für die Gegenwart bereit sein. Es ist kein einfaches Buch. Als Leser wird man gefordert, denn nicht die Handlungen sind überwiegend sondern die ganze Gedankenwelt der Protagonisten spielt eine große Rolle. Man erfährt viel über das heutige Leben von Atara, die mehr über ihren Vater rausbekommen möchte. Sie hatte nie ein tolles Verhältnis zu ihm und das hat ihr zu Denken gegeben. Und nach seinem Tod möchte sie doch noch einiges über ihn erfahren und kontaktiert seine erste Ehefrau, deren Existenz lange ein Geheimnis war. Und diese erste Ehefrau ist Rachel, die andere Hauptperson in diesem Buch. Sie lebt viel in Gedanken an die Vergangenheit, die mit der Gründung Israels in Verbindung steht. Rachel ist mir sofort sympathisch. Ich möchte eigentlich sehr viel mehr über ihren Kampf bei den Lechis erfahren, aber es geht hier ja dann doch mehr um ihre Zeit mit Meno. Rachel ist auch sehr interessant und im Laufe des Buches wird sie immer mehr auftauen und in die Gegenwart zurückkehren. Atara ist eine interessante Frau. Ich konnte sie am Anfang nicht genau einordnen, aber im Laufe der Zeit hat sie mir doch imponiert, vor allem an Ende, wo sie für sich einen Weg gefunden hat. Es geht in diesem Buch um große Themen wie Liebe, Treue, Freundschaft, aber auch um Hass, Vergebung, Zorn. Die ganze menschliche Bandbreite an Gefühlen wird hier verarbeitet. Meist in Form von Gedankengängen. Die Protagonisten erinnern sich oder versuchen Erklärungen zu finden. Die Vergangenheit ist wichtig für die Gegenwart und das stellen die beiden so unterschiedlichen Frauen auch fest. Allerdings finden sie in meinen Augen zum Schluß einen guten Weg für ihr Leben in der Gegenwart, ohne im Schatten der Vergangenheit zu stehen. Der Text ist manchmal schwierig zu lesen, aber seine Intensität macht es zu einem besonderen Erlebnis. Man wird von der Erzählung gepackt und daher geht es einem manchmal nicht schnell genug mit den Ereignissen. Die Kapitel werden mal aus der Sicht von Rachel und mal aus der Sicht von Atara erzählt. Man muss daher immer aufpassen, wer gerade seine Erlebnisse berichtet, damit man nichts durcheinander bringt. Manche Textstellen hätten etwas komprimierter ausfallen können. Es war jedenfalls eine interessante Lektüre und die Lebensgeschichten der beiden Frauen waren interessant. Es wird alles sehr authentisch geschildert und hat mir, eine für mich fremde Kultur gut nähergebracht. Die verschiedenen Persönlichkeiten mit den unterschiedlichsten Charaktere waren sehr aufschlußreich. Sie haben dem Text eine schöne Lebendigkeit gegeben und man konnte sich alles gut vorstellen. Gerade diese einwöchige Trauerzeit hat mich beeindruckt. Und der Schluß hat mir gut gefallen und mich zufrieden aus dem Leben der beiden Frauen Rachel und Atara verabschieden lassen.
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