Dörte Hansen
Audio-CD
Zur See
Ausgezeichnet mit dem Deutsche Hörbuchpreis 2023 für die Beste Interpretin (Nina Hoss). 420 Min.. CD Standard Audio Format. Lesung. Ungekürzte Ausgabe
Gesprochen: Hoss, Nina
Nicht lieferbar
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Der lang erwartete dritte Roman der Bestsellerautorin Dörte HansenEine Stunde vom Festland entfernt liegt die idyllische kleine Nordseeinsel, auf der die Familie Sander lebt. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben, ihr Ältester ist gequält von alten Flutstatistiken und hat sein Kapitänspatent verloren, Tochter Eske fürchtet die Touristenströme. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.Klug und mit großer WÃ...
Der lang erwartete dritte Roman der Bestsellerautorin Dörte Hansen
Eine Stunde vom Festland entfernt liegt die idyllische kleine Nordseeinsel, auf der die Familie Sander lebt. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben, ihr Ältester ist gequält von alten Flutstatistiken und hat sein Kapitänspatent verloren, Tochter Eske fürchtet die Touristenströme. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, von Aufbruch und Befreiung.
Ungekürzte Lesung mit Nina Hoss
6 CDs, 7h
Eine Stunde vom Festland entfernt liegt die idyllische kleine Nordseeinsel, auf der die Familie Sander lebt. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben, ihr Ältester ist gequält von alten Flutstatistiken und hat sein Kapitänspatent verloren, Tochter Eske fürchtet die Touristenströme. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, von Aufbruch und Befreiung.
Ungekürzte Lesung mit Nina Hoss
6 CDs, 7h
Dörte Hansen, geboren 1964 in Husum, arbeitete nach ihrem Studium der Linguistik als NDR-Redakteurin und Autorin für Hörfunk und Print. Ihr Debüt »Altes Land« wurde 2015 zum »Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels« und zum Jahresbestseller 2015 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Ihr zweiter Roman »Mittagsstunde« erschien 2018, wurde wieder zum SPIEGEL-Jahresbestseller und mit dem Rheingau Literatur Preis sowie dem Grimmelshausen Literaturpreis ausgezeichnet. 2022 erschien ihr dritter Roman »Zur See«. Dörte Hansen, die mit ihrer Familie in Nordfriesland lebt, ist Mainzer Stadtschreiberin 2022.
© Sven Jaax
Produktdetails
- Verlag: Random House Audio
- Anzahl: 6 Audio CDs
- Gesamtlaufzeit: 420 Min.
- Erscheinungstermin: 28. September 2022
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783837160680
- Artikelnr.: 63701625
Herstellerkennzeichnung
Random House Audio
Neumarkter Str. 28
81673 München
daniela.krotz@randomhouse.de
www.randomhouse.de
+49 (0800) 5003322
Möglichkeiten einer Insel
Kann Dörte Hansen das Niveau ihres überragenden nordfriesischen Bestsellers "Mittagsstunde" halten? Diesmal geht es richtig zur See. Ein stürmisches Buch.
Beim ersten Durchgang ist man verwundert, vielleicht auch ein wenig enttäuscht: Was? Das soll jetzt der Nachfolger von "Mittagsstunde" sein, einem der besten, kürzlich auch noch verfilmten Romane der vergangenen zwanzig Jahre? Die Geschichte und der Ton, in dem sie vorgetragen wird, stammen eindeutig wieder von Dörte Hansen: das karge, insbesondere den Fährnissen des Trinkens, des Ertrinkens und des Frierens ausgesetzte Leben einer auf einer Nordseeinsel sesshaften Familie, in der Geschwätzigkeit nicht gerade Trumpf ist. Aber sonst? Etwas
Kann Dörte Hansen das Niveau ihres überragenden nordfriesischen Bestsellers "Mittagsstunde" halten? Diesmal geht es richtig zur See. Ein stürmisches Buch.
Beim ersten Durchgang ist man verwundert, vielleicht auch ein wenig enttäuscht: Was? Das soll jetzt der Nachfolger von "Mittagsstunde" sein, einem der besten, kürzlich auch noch verfilmten Romane der vergangenen zwanzig Jahre? Die Geschichte und der Ton, in dem sie vorgetragen wird, stammen eindeutig wieder von Dörte Hansen: das karge, insbesondere den Fährnissen des Trinkens, des Ertrinkens und des Frierens ausgesetzte Leben einer auf einer Nordseeinsel sesshaften Familie, in der Geschwätzigkeit nicht gerade Trumpf ist. Aber sonst? Etwas
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merkwürdig Rhapsodisches eignet "Zur See", zweifellos auch wieder ein Roman, dem aber die düster lastende Konzentration auf das Seelenleben der Protagonisten fehlt und an dessen Sprunghaftigkeit man sich erst gewöhnen muss.
Beim zweiten Durchgang merkt und bewundert man dann aber, wie genau auch dieses Buch gearbeitet ist, vom schlackenlos-knappen Stil über die subtilen, erst im Nachhinein in ihrer Bedrohlichkeit erkennbaren Vorausdeutungen auf kommendes Unglück bis hin zu den leitmotivisch wiederholten Alltagsbeschreibungen, wie sie eine maritime Existenz nahelegt. Mehrmals hebt die Erzählerin an und belässt das Geschehen doch im örtlich Ungefähren: "Auf einer Nordseeinsel irgendwo in Jütland, Friesland oder Zeeland." Es ist müßig, hier lange zu rätseln. Zwischen Holland und Dänemark ist viel Wasser, aber die Nordseeinseln sind ja nicht die Philippinen. Die Intensität der Stürme lässt eher an die Hochsee denken und nicht an Norderney, wobei andererseits von einer kleinen Stadt auf der Insel die Rede ist. So verleiht die relative Unbestimmtheit dem Geschehen etwas Gleichnishaftes.
Die Sanders - Mutter Hanne, Vater Jens und die Kinder Ryckmer, Eske und Henrik - bewohnen dort das schönste Haus, niedrige Decken unterm Reetdach, "malerisch" ist gar kein Ausdruck; die, wie man damals sagte, "Badegäste", die seit den Siebzigerjahren den Lebensunterhalt sichern, kommen jedes Jahr wieder. Dörte Hansen hat ein scharfes Auge für Vorgänge, die man landläufig unter "Strukturwandel" verbucht. In "Mittagsstunde" war es die Flurbereinigung, hier ist es der Fremdenverkehr, der dem auch diesmal wieder zur Statik neigenden Geschehen Dynamik verleiht.
Dass Hanne Sander sich mit ihren Feriengästen, die sie zwischen Ostern und Sommerende bei sich einquartiert, mehr Mühe gibt als mit ihrer eigenen Familie, wird seine Gründe haben; dass die Familie ihrerseits Anstoß an dieser Katzenfreundlichkeit nimmt, ist genauso begreiflich. Die Matriarchin scheint moralisch Oberwasser zu haben - über ihren Mann Jens sowieso, der einst Knall auf Fall ausgezogen ist und sich als Eremit dem Vogelschutz widmet; aber auch über die Kinder. Ryckmer, der Älteste, bekommt als abgetakelter Kapitän auf einem Fährschiff sein Gnadenbrot, wohnt wieder zu Hause, die Mutter holt ihn jeden Abend wortlos vom Hafen ab und teilt ihm seine tägliche Ration zu: "Sechs Flaschen Bier sind ein Witz für einen Mann, der sich betrinken will. Sie reichen allenfalls für eine Halbbetäubung zwischen Feierabend und dem frühen Morgen." Das stimmt natürlich, aber mehr gibt es nun mal nicht, es reicht, wenn der Kapitän a. D. an den Wochenenden im Delirium vor dem Elternhaus liegt. Eske, die Zweite, ist als Altenpflegerin mit ganzem Herzen dabei, bei ihrer blauhaarigen Festlandsfreundin Freya, von der sie sich Tattoos stechen lässt, aber nur mit halbem. An ihr wird die Steigerung des erzählerischen Härtegrades im Vergleich zur "Mittagsstunde", die auch nicht gerade verzärtelt war, sinnfällig: Sie drängt Touristen von der Straße und gibt sich nicht mit Neil-Young-Folkrock zufrieden, sondern lässt den Kopf zu knüppelharter Musik kreisen. Henrik schließlich, der Jüngste, hat das Sammeln von Strandgut zum Beruf gemacht und genießt als Produzent einer "Arte povera der Nordsee" achselzuckend die Wertschätzung kunstsinniger Insel-Gäste, eine vergleichsweise unbeschwerte Existenz unter lauter von Wind und Wetter gegerbten - "Liebling der See".
Dörte Hansen ist auch deshalb ein erzählerisches Schwergewicht, weil ihr Blick grundsätzlich auf Desillusion aus ist. Unerbittlich, zuweilen nur stichwortartig protokolliert sie Lebensenttäuschungen und sieht hinter alle Fassaden. Es ist ein nicht nur von Wortkargheit geprägtes Dasein, in dem es wenig zu lachen gibt und dessen Vorstellungen und Gewohnheiten tief in die Grönlandfahrer- und Walfängervergangenheit der Vorfahren zurückreichen. Dass das Leben nicht immer so verläuft, wie man sich das vorstellt, ist freilich keine insulare Spezialität. Aber hier, in unaufhebbarer Einsamkeit, herrschen noch andere Fatalitäten. Der Schutz vor den Elementen kann genauso überlebenswichtig sein wie die Frage, ob man dableibt oder wegzieht und, wenn man dableibt, ob man auch zur See fährt. Letzteres war einstmals fast so riskant, wie wenn man in den Krieg zog, und das Bewusstsein davon steckt den Menschen immer noch in den Knochen.
"Moby-Dick"- und Storm-Anspielungen verdichten sich zu einem See- und Seelendrama, in dem die Inselbewohner gleichsam von langer Hand mit einer eigentümlichen Naturfrömmigkeit imprägniert wurden, die sich aus Sehnsucht und Angst speist und in der die Grenze zwischen dem Belebten und dem Unbelebten durchlässig wird. Die Nordsee türmt sich in immer neuen Anläufen auf zur Metapher des Lebens an sich und bleibt ungerührt und mitleidlos. Einmal zu weit rausgeschwommen, es ist nicht wieder gutzumachen. Man könnte fast an den Beach Boy Dennis Wilson denken, wenn ausgerechnet der beste Schwimmer unter den Sanders am Ende ertrinkt.
Vor diesem Hintergrund entfaltet die schon die "Mittagsstunde" prägende Zivilisationskritik oder wenigstens -skepsis ihre Wucht. Wenn Festlandsbewohner, die hier generell unter latentem Feigheitsverdacht stehen, auf die Idee kommen, auf der Insel könnte man während einer Stippvisite irgendwie zur Ruhe kommen, wird selbst Dörte Hansen spöttisch, die Einfühlung ins Allgemeinmenschliche bekommt einen Stich ins Sarkastische: "Alle Inseln ziehen Menschen an, die Wunden haben, Ausschläge auf Haut und Seele. Die nicht mehr richtig atmen können oder nicht mehr glauben, die verlassen wurden oder jemanden verlassen haben. Und die See soll es dann richten, und der Wind soll pusten, bis es nicht mehr wehtut." Pustekuchen, kann man da nur sagen, die See richtet vielmehr über die Lebendigen und die Toten. Einer aus der seltsamen Sander-Familie opfert sich und vollendet ein "Schimmelreiter"-Schicksal: "Herr Gott, nimm mich; verschon' die Andern!"
Thomas Mann hat einst zu bedenken gegeben, dass die Theodor-Storm-Gegend nur oberflächlich christianisiert wurde; das merkt man hier. Anhand der wichtigen Nebenfigur des heuchlerisch-haltlosen Pastors Lehmann tritt das Brüchige der Glaubenswelt zutage, wobei der sonst so sicheren Erzählerin offenbar ein logischer Fehler unterlaufen ist: Lehmann macht sich Vorwürfe, das Winken eines Ertrinkenden aus großer Entfernung nicht richtig gedeutet zu haben. Viel näher dran war aber eine Gruppe Weißgekleideter, die bemerkt haben müssten, wenn jemand in Not ist. Das Unglück muss sich also anders zugetragen haben.
Abermals ist das Geschehen vor der Folie eines echten, unverfälschten, "authentischen" Lebens angesiedelt, in dem Sprache und Gebräuche aufbewahrt sind. Man kann das "Heimatliteratur" nennen, aber das heißt nicht viel. Jede gelungene Literatur ist Heimatliteratur, indem sie von dem handelt, wo der Erzähler sich am besten auskennt. Ein ganz so großer Wurf wie "Mittagsstunde" ist "Zur See" nicht geworden; aber ein Wurf allemal. EDO REENTS
Dörte Hansen: "Zur See". Roman.
Penguin Verlag, München 2022. 255 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Beim zweiten Durchgang merkt und bewundert man dann aber, wie genau auch dieses Buch gearbeitet ist, vom schlackenlos-knappen Stil über die subtilen, erst im Nachhinein in ihrer Bedrohlichkeit erkennbaren Vorausdeutungen auf kommendes Unglück bis hin zu den leitmotivisch wiederholten Alltagsbeschreibungen, wie sie eine maritime Existenz nahelegt. Mehrmals hebt die Erzählerin an und belässt das Geschehen doch im örtlich Ungefähren: "Auf einer Nordseeinsel irgendwo in Jütland, Friesland oder Zeeland." Es ist müßig, hier lange zu rätseln. Zwischen Holland und Dänemark ist viel Wasser, aber die Nordseeinseln sind ja nicht die Philippinen. Die Intensität der Stürme lässt eher an die Hochsee denken und nicht an Norderney, wobei andererseits von einer kleinen Stadt auf der Insel die Rede ist. So verleiht die relative Unbestimmtheit dem Geschehen etwas Gleichnishaftes.
Die Sanders - Mutter Hanne, Vater Jens und die Kinder Ryckmer, Eske und Henrik - bewohnen dort das schönste Haus, niedrige Decken unterm Reetdach, "malerisch" ist gar kein Ausdruck; die, wie man damals sagte, "Badegäste", die seit den Siebzigerjahren den Lebensunterhalt sichern, kommen jedes Jahr wieder. Dörte Hansen hat ein scharfes Auge für Vorgänge, die man landläufig unter "Strukturwandel" verbucht. In "Mittagsstunde" war es die Flurbereinigung, hier ist es der Fremdenverkehr, der dem auch diesmal wieder zur Statik neigenden Geschehen Dynamik verleiht.
Dass Hanne Sander sich mit ihren Feriengästen, die sie zwischen Ostern und Sommerende bei sich einquartiert, mehr Mühe gibt als mit ihrer eigenen Familie, wird seine Gründe haben; dass die Familie ihrerseits Anstoß an dieser Katzenfreundlichkeit nimmt, ist genauso begreiflich. Die Matriarchin scheint moralisch Oberwasser zu haben - über ihren Mann Jens sowieso, der einst Knall auf Fall ausgezogen ist und sich als Eremit dem Vogelschutz widmet; aber auch über die Kinder. Ryckmer, der Älteste, bekommt als abgetakelter Kapitän auf einem Fährschiff sein Gnadenbrot, wohnt wieder zu Hause, die Mutter holt ihn jeden Abend wortlos vom Hafen ab und teilt ihm seine tägliche Ration zu: "Sechs Flaschen Bier sind ein Witz für einen Mann, der sich betrinken will. Sie reichen allenfalls für eine Halbbetäubung zwischen Feierabend und dem frühen Morgen." Das stimmt natürlich, aber mehr gibt es nun mal nicht, es reicht, wenn der Kapitän a. D. an den Wochenenden im Delirium vor dem Elternhaus liegt. Eske, die Zweite, ist als Altenpflegerin mit ganzem Herzen dabei, bei ihrer blauhaarigen Festlandsfreundin Freya, von der sie sich Tattoos stechen lässt, aber nur mit halbem. An ihr wird die Steigerung des erzählerischen Härtegrades im Vergleich zur "Mittagsstunde", die auch nicht gerade verzärtelt war, sinnfällig: Sie drängt Touristen von der Straße und gibt sich nicht mit Neil-Young-Folkrock zufrieden, sondern lässt den Kopf zu knüppelharter Musik kreisen. Henrik schließlich, der Jüngste, hat das Sammeln von Strandgut zum Beruf gemacht und genießt als Produzent einer "Arte povera der Nordsee" achselzuckend die Wertschätzung kunstsinniger Insel-Gäste, eine vergleichsweise unbeschwerte Existenz unter lauter von Wind und Wetter gegerbten - "Liebling der See".
Dörte Hansen ist auch deshalb ein erzählerisches Schwergewicht, weil ihr Blick grundsätzlich auf Desillusion aus ist. Unerbittlich, zuweilen nur stichwortartig protokolliert sie Lebensenttäuschungen und sieht hinter alle Fassaden. Es ist ein nicht nur von Wortkargheit geprägtes Dasein, in dem es wenig zu lachen gibt und dessen Vorstellungen und Gewohnheiten tief in die Grönlandfahrer- und Walfängervergangenheit der Vorfahren zurückreichen. Dass das Leben nicht immer so verläuft, wie man sich das vorstellt, ist freilich keine insulare Spezialität. Aber hier, in unaufhebbarer Einsamkeit, herrschen noch andere Fatalitäten. Der Schutz vor den Elementen kann genauso überlebenswichtig sein wie die Frage, ob man dableibt oder wegzieht und, wenn man dableibt, ob man auch zur See fährt. Letzteres war einstmals fast so riskant, wie wenn man in den Krieg zog, und das Bewusstsein davon steckt den Menschen immer noch in den Knochen.
"Moby-Dick"- und Storm-Anspielungen verdichten sich zu einem See- und Seelendrama, in dem die Inselbewohner gleichsam von langer Hand mit einer eigentümlichen Naturfrömmigkeit imprägniert wurden, die sich aus Sehnsucht und Angst speist und in der die Grenze zwischen dem Belebten und dem Unbelebten durchlässig wird. Die Nordsee türmt sich in immer neuen Anläufen auf zur Metapher des Lebens an sich und bleibt ungerührt und mitleidlos. Einmal zu weit rausgeschwommen, es ist nicht wieder gutzumachen. Man könnte fast an den Beach Boy Dennis Wilson denken, wenn ausgerechnet der beste Schwimmer unter den Sanders am Ende ertrinkt.
Vor diesem Hintergrund entfaltet die schon die "Mittagsstunde" prägende Zivilisationskritik oder wenigstens -skepsis ihre Wucht. Wenn Festlandsbewohner, die hier generell unter latentem Feigheitsverdacht stehen, auf die Idee kommen, auf der Insel könnte man während einer Stippvisite irgendwie zur Ruhe kommen, wird selbst Dörte Hansen spöttisch, die Einfühlung ins Allgemeinmenschliche bekommt einen Stich ins Sarkastische: "Alle Inseln ziehen Menschen an, die Wunden haben, Ausschläge auf Haut und Seele. Die nicht mehr richtig atmen können oder nicht mehr glauben, die verlassen wurden oder jemanden verlassen haben. Und die See soll es dann richten, und der Wind soll pusten, bis es nicht mehr wehtut." Pustekuchen, kann man da nur sagen, die See richtet vielmehr über die Lebendigen und die Toten. Einer aus der seltsamen Sander-Familie opfert sich und vollendet ein "Schimmelreiter"-Schicksal: "Herr Gott, nimm mich; verschon' die Andern!"
Thomas Mann hat einst zu bedenken gegeben, dass die Theodor-Storm-Gegend nur oberflächlich christianisiert wurde; das merkt man hier. Anhand der wichtigen Nebenfigur des heuchlerisch-haltlosen Pastors Lehmann tritt das Brüchige der Glaubenswelt zutage, wobei der sonst so sicheren Erzählerin offenbar ein logischer Fehler unterlaufen ist: Lehmann macht sich Vorwürfe, das Winken eines Ertrinkenden aus großer Entfernung nicht richtig gedeutet zu haben. Viel näher dran war aber eine Gruppe Weißgekleideter, die bemerkt haben müssten, wenn jemand in Not ist. Das Unglück muss sich also anders zugetragen haben.
Abermals ist das Geschehen vor der Folie eines echten, unverfälschten, "authentischen" Lebens angesiedelt, in dem Sprache und Gebräuche aufbewahrt sind. Man kann das "Heimatliteratur" nennen, aber das heißt nicht viel. Jede gelungene Literatur ist Heimatliteratur, indem sie von dem handelt, wo der Erzähler sich am besten auskennt. Ein ganz so großer Wurf wie "Mittagsstunde" ist "Zur See" nicht geworden; aber ein Wurf allemal. EDO REENTS
Dörte Hansen: "Zur See". Roman.
Penguin Verlag, München 2022. 255 S., geb., 24,- Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nina Hoss, ihr schauspielerisches Können und ihre Stimme machen aus Dörte Hansens neuem Roman ein Gesamtkunstwerk, schwärmt Jürgen Kaube in seiner Hörbuch-Rezension. Die Geschichte über das von Ebbe und Flut rhythmisierte Leben auf einer Nordseeinsel vorgelesen zu bekommen, schreibt der Rezensent elegisch, erschließe die Qualitäten des Buchs auf eine ganz besondere Weise. Denn Hoss treffe ohne Pathos den Ton der Menschen, über die Hansen in diesem "wunderlichen ästhetischen" Buch in Jamben erzählt. Um der natürlichen "Gravitation und einem sozialen Magnetismus" auch sprachlich nachzuspüren habe sie fast vollständig auf die direkte Rede der Figuren zu verzichtet. Hoss, so Kaube, habe deshalb nichts "zu imitieren, weil es gar keine Stimmen" in dem Roman gebe. Sie unterstreiche vielmehr mit einer gewissen Monotonie, welchen Gesetzen ein Inselleben unterworfen sei. Mehr, findet der Rezensent, könne man von einem Hörbuch nicht erwarten, weshalb er die Meinung Hansens, Hoss sei die "ideale Leserin" dieses schweigsamen Romans voll und ganz unterschreibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Gedruckt genauso wie von Nina Hoss gesprochen ist ›Zur See‹ von Dörte Hansen ein absolutes Wunderwerk«
»Dörte Hansen versteht es, so zu schreiben, dass thematischer Anspruch und literarische Zugänglichkeit Hand in Hand gehen. Das ist ein Glücksfall für die deutsche Literatur.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, Andreas Platthaus
Leben einer Inselfamilie
In diesem Hörbuch geht es um das Leben der Inselfamilie Sander, die schon seit Generationen auf der kleinen Nordseeinsel lebt, stellvertretend wohl für die meisten Heimischen. Im ruhigen, typischen, norddeutschen Sprachstil erfahre ich mehr über Mutter …
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Leben einer Inselfamilie
In diesem Hörbuch geht es um das Leben der Inselfamilie Sander, die schon seit Generationen auf der kleinen Nordseeinsel lebt, stellvertretend wohl für die meisten Heimischen. Im ruhigen, typischen, norddeutschen Sprachstil erfahre ich mehr über Mutter Hanne, ihre drei Kinder, den Pastor und seine Frau, usw.. Ich darf mir ihre Gedanken anhören, verstehe ihre Reaktionen und ertappe mich dabei, dass ich mir, obwohl nicht anwesend, wie ein Störenfried auf der Insel vorkomme. Wer auf ein Ziel wartet, auf das hingearbeitet wird, der wird enttäuscht. Es wird lediglich das Leben in Momentaufnahmen beschrieben. Wer geht, wer bleibt, wieso läuft denn der Pastor? Interessant, ja, aber für mich nichts, was ich mir nochmal anhören möchte. Frau Hoss als Erzählerin passt sich an, spricht betont und deutlich, aber ohne viele Gefühlsregungen, gut gemacht. Was deutlich wird ist, dass die Urlauber zwar verhasst sind, aber doch geduldet werden. Ob ich nochmal auf eine Nordseeinsel fahren werde, muss ich mir allerdings noch gut überlegen.
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Eine kleine Insel in der Nordsee. Es könnte jede sein - mal ist sie grösser, mal kleiner - je nach Wellenschlag. Generationen von Seefahrern hat sie hervorgebracht. Hochseefahrt, nicht nur Fischer.
Man kennt sich untereinander, seit Generationen, die Insulaner.
Im Mittelpunkt steht …
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Eine kleine Insel in der Nordsee. Es könnte jede sein - mal ist sie grösser, mal kleiner - je nach Wellenschlag. Generationen von Seefahrern hat sie hervorgebracht. Hochseefahrt, nicht nur Fischer.
Man kennt sich untereinander, seit Generationen, die Insulaner.
Im Mittelpunkt steht die Familie Sander, die hinter dem Zaun aus Walknochen wohnt.
Hanne, die Mutter, die Stunden damit zugebracht hat, wartend im Auto zu sitzen, um ihren Mann Sven abzuholen, der wochenlang zur See fuhr.
Sven, der die Seefahrt irgendwann aufgab, um lieber Vögel zu beobachten, der es nicht mochte, wenn Pensionsgäste mit Schlappen durch seine Küche schlurften und sich halbnackt an seinen Tisch setzten und er deshalb in die Hütte zog.
Der älteste Sohn Ryckmer, der ständig besoffen zur See fuhr und deshalb rausgeschmissen wurde und seitdem noch mehr säuft.
Tochter Eske, die im Pflegeheim arbeitet, von oben bis unten tätowiert ist und damals am Hafen gegen Touristen protestierte.
Und dann ist da noch Henrik, der jüngste Sohn, der mit sich im Reinen ist. Künstler wird er genannt, da er aus angespültem Treibholz Figuren zimmert. Schuhe hat er in seinem Leben noch nie getragen.
Aber es geht nicht nur um diese Familie, alle Geschichten werden erzählt: Die, des Pastors, der Nachbarn und der anderen Insulanern. Das Inselleben hat sich verändert. Fischer gibt es nicht mehr, vielmehr ziehen sich die Männer als Fischer an, das mögen die Touristen. Touristen, davon gibt es viele - Sie werden im Sommer angespült und das Wasser nimmt sie bei Saisonende wieder mit.
Zur See
Dörte Hansen
Ich konnte einfach nicht in die Geschichte finden. Dachte, irgendwann muss doch mal die Einleitung vorbei sein. Aber der Erzählstil änderte sich nicht.
Beim zweiten Versuch, als ich wusste, dass es ein anderer Roman, eine ruhige und melancholische Geschichte ist, konnte ich mich ganz hineinfallen lassen, konnte das Salz des Meeres schmecken, den Sand zwischen den Zehen spüren und den Geschichten, Leiden und Nöten der Inselbewohner lauschen.
Es ist kein Wohlfühlroman. Hansen geht ins Detail, bohrt mit ihren Fingern in angetrocknete Krusten herum, nichts wird verschönt, alles wird angesprochen und später aufgelöst.
Ein eindrucksvoller Roman - wundervoll, ruhig und melancholisch von Nina Hoss gesprochen. Eine grosse Lese/Hörempfehlung von mir.
4½/ 5
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Verbunden mit ihrer Insel lebt die alteingesessene Familie Sander schon Jahrhunderte an der Nordsee. Jens fährt schon lange nicht mehr zur See und seine Frau Hanne mag keine Zimmer mehr an Feriengäste vermieten. Ihre drei erwachsenen Kinder fühlen jeder für sich den Verlust von …
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Verbunden mit ihrer Insel lebt die alteingesessene Familie Sander schon Jahrhunderte an der Nordsee. Jens fährt schon lange nicht mehr zur See und seine Frau Hanne mag keine Zimmer mehr an Feriengäste vermieten. Ihre drei erwachsenen Kinder fühlen jeder für sich den Verlust von Tradition und die Angst vor Veränderung, die auch Befreiung bedeuten kann. Nicht nur diese Familie ist im Aufbruch, durch die ganze Insel geht ein Ruck, bei dem am Ende das Meer das letzte Wort hat.
Dörte Hansen hat einen wundervoll ruhigen und gleichzeitig aufwühlenden Roman über den Wandel der Nordseeinseln geschrieben. Eine Seefahrer-Familie, wie es unzählige auf den Inseln gibt, bildet den Rahmen für eine intensive Betrachtung des Unaufhaltsamen, dem Verlust von alten Traditionen, aussterbenden Dialekten und dem Suchen von neuen Werten.
Die Charaktere werden so intensiv und kraftvoll mit ihren Ecken und Kanten beschrieben, dass sie fast greifbar und spürbar werden. Wenn Eske Sander morgens nackt mit all ihren Tätowierungen zum Schwimmen ins Meer geht, kann man das nachspüren. Man hört die harten Bässe, wenn sie mit ihrem Auto über die Insel fährt und keinem Touristen den Weg freimacht. Man kann sich die Treibholzwesen von Henrik Sander vorstellen, die in seiner Werkstatt auf das eine, vollendende Stück Treibgut warten. Dieser unruhige Mann, der vom Meer lebt und ohne es nicht sein kann. Die Last und Angst, die den ehemaligen Kapitän Rykmer Sander treibt und die er nur im Vollrausch erträgt, legt sich wie ein dunkler Schleier um einen.
Dabei gibt es kaum Dialoge, sondern nur Schweigen und Handeln. Besonders glaubwürdig und erlebbar wird dies von Nina Hoss mit Leidenschaft gelesen.
Es gibt so viele kleine Dinge, die ich gar nicht alle erwähnen kann. So detailliert beschriebene traurige und düstere Szenen, bei denen man einen Moment innehalten muss. Eine einsame Frau, die nach und nach ihre ganze Familie beerdigen musste und nur noch ihren altersschwachen Dackel durch den Ort trägt und selbst der Inselpastor sich beim Aufeinandertreffen still abwendet, weil er ihr keinen Trost mehr spenden kann.
Die zwei Gesichter der Mutter, die während die Feriengäste im Haus sind, freundlich und gelöst ist und nach der Saison wieder zu schweigen beginnt.
"Und Hanne hängt an diesem Brocken Land, sie weiß nur manchmal nicht, ob dies noch ihre Insel ist. Vielleicht gehört sie längst den Wellenreitern und den Wolkenmalern, den Nacktbadern und Muschelsuchern - oder den Eintagsfliegen, die in Schwärmen jeden Tag vom Festland kommen, eine Inselrunde mit der Pferdekutsche drehen, Kaffee trinken in der Leuchtturmstube, weiterzuckeln Richtung Inselkirche, Vogelkoje und Museum, einmal kurz die Promenade rauf und runter, Abendessen im Klabautermann und mit der letzten Fähre wieder auf das Festland, wo die Reisebusse auf sie warten."
Inselbewohner führen in Trachten und Seemansskluft für Inselgäste tagein, tagaus ein Stück auf, an das sie selbst nicht mehr glauben und selbst der Inselpastor Matthias Lehmann inszeniert seine leidenschaftlichen Predigten mit goldbestäubten Muscheln, bis die Saison zu Ende ist und seine Kirchenbänke sich wieder leeren.
Trotz meiner Liebe zum Meer und deren Inseln werde ich wohl nie wieder eine Insel betreten, ohne an die Menschen zu denken, die uns Gäste ertragen müssen und deren Welt eine andere geworden ist.
Es ist ein düsterer Roman, der wenig Licht zulässt. Aber die Intensität der Worte, die Beschreibung der Natur und die Kraft des Meeres und die wundervollen kantigen Charaktere haben mich einfach begeistert. Für mich eine klare Hörempfehlung.
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Was macht das Leben auf einer Insel aus? Dörte Hansens erzählt in ihrem Roman „Zur See“ die Geschichte der Familie Sander, die mit ihrer Insel seit jeher fest verwoben ist.
Hanne bewirtet im Sommer Feriengäste, deren Ansprüche sich im Lauf der Jahre wandeln. …
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Was macht das Leben auf einer Insel aus? Dörte Hansens erzählt in ihrem Roman „Zur See“ die Geschichte der Familie Sander, die mit ihrer Insel seit jeher fest verwoben ist.
Hanne bewirtet im Sommer Feriengäste, deren Ansprüche sich im Lauf der Jahre wandeln. Tochter Eske sind die Touristen dagegen seit jeher ein Graus und Sohn Ryckmer, der traditionsgemäß zur See fuhr, verlor sein Kapitänspatent, was er durch Alkoholkonsum zu verdrängen versucht.
Dörte Hansens Roman lebt weniger durch eine besonders ereignisreiche Handlung, sondern vielmehr durch die ruhige und dennoch interessante Schilderung des Insellebens und wie sich dieses im Lauf der Jahre gewandelt hat und vor allem durch ihre Charaktere, die alle eine Entwicklung durchmachen. Ich habe selten eine so gelungene Figurenzusammenstellung gesehen. Die Charaktere sind authentisch, haben ihre Eigenheiten und zeigen das Leben auf der Insel aus verschiedenen Blickwinkeln.
Ich bin völlig begeistert von dieser ruhigen und dennoch intensiven Erzählung. Definitiv ein Herzensbuch!
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Das Leben auf der Nordseeinsel hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert. Kaum jemand lebt noch von der Fischerei, der Tourismus bestimmt das Inselleben. Für die Besucher vom Festland spielen die Inselbewohner ihre Rollen, werfen sich in ihre Trachten und bieten eine …
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Das Leben auf der Nordseeinsel hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert. Kaum jemand lebt noch von der Fischerei, der Tourismus bestimmt das Inselleben. Für die Besucher vom Festland spielen die Inselbewohner ihre Rollen, werfen sich in ihre Trachten und bieten eine Fassade, hinter der die Traditionen der Vorfahren schon lange zerfallen. Denn dem Wandel der beruflichen Grundlage folgt der Wandel der Familienstruktur, ein Infragestellen althergebrachter Selbstverständlichkeiten und nicht zuletzt eine Neuorientierung, der nicht jeder gewachsen ist.
Dörte Hansen ist eine, wenn nicht DIE Meisterin der norddeutschen Atmosphäre. Wie keine andere lässt sie vor unserem inneren Auge die Welt aufleben, die die meisten von uns höchstens aus dem Urlaub kennen. Und das, erfreulicherweise, ohne jede Touristen-Romantik. Sie führt uns hinter die Kulissen unserer Urlaubsidylle, ohne ihr aber das zu nehmen, was uns daran so fasziniert. Vielleicht, weil sie den wahren Kern so genau trifft. Weil sie Menschen und Landschaft die Tiefe gibt, die hinter der oberflächlichen Kargheit verborgen ist. Weil sie (Ur-)Sehnsüchte anspricht, die von der Realität unberührt bleiben.
Manchmal sind es gerade die Bücher, die einen am tiefsten berührt haben, über die man am wenigsten schreiben kann. So geht es mir mit “Zur See”. Das Leseerlebnis war zu persönlich, als dass ich es teilen könnte (und wohl auch nicht wollte, wenn ich könnte). Das Buch ist für mich ein Schatz, den nur jeder für sich selbst bergen kann.
Ein paar Wörter noch zur Hörbuchversion: Nina Hoss ist für ihre Interpretation des Buches auf der Longlist des Deutschen Hörbuchpreises 2023. Ehrlich gesagt ist sie für mich als Vorleserin weder positiv noch negativ besonders hervorgestochen. Aber vielleicht liegt auch gerade da ihre Stärke, dass sie dem Roman eine Form gibt, dem Hörer aber auch genug Spielraum lässt, seine eigene Welt zu gestalten.
Hansen hat mich also (wieder einmal) entlarvt. Ja, auch ich bin eine Touristenromantikerin, die in Entzücken gerät, wenn ein alter Seebär seinen Tee mit Kandiszucker trinkt, ein Pfeifchen schmaucht und, mit gezücktem Akkordeon, ein Fischerlied brummt. “Zur See” hat mir aber auch die andere Seite der Medaille vor Augen geführt. Dieser Roman ist ein Kleinod. Und eine seebärisch große Leseempfehlung dringend erforderlich.
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Dieses Buch zeichnet sich weniger durch eine fesselnde Handlung als vielmehr die Aneinanderreihung von wunderbar geschilderten Kleinigkeiten des Inselalltags aus. Auf der einen Seite die Inselbewohner, mit ihren Macken und Eigenarten, die seit Generationen das gleiche Leben leben und auf der anderen …
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Dieses Buch zeichnet sich weniger durch eine fesselnde Handlung als vielmehr die Aneinanderreihung von wunderbar geschilderten Kleinigkeiten des Inselalltags aus. Auf der einen Seite die Inselbewohner, mit ihren Macken und Eigenarten, die seit Generationen das gleiche Leben leben und auf der anderen die Inselgäste, Sommerfrischler und Eindrückesammler, die ihren Urlaub mit dem gleichen Anspruch durchterminieren wie ihren Alltag und fuer die die gelebte Tradition als Showprogramm dargeboten wird. Die Einheimischen klar umrissen, Stereotypen, Einzelgänger und Eigenbrödler mit einer Hassliebe auf die Fremden, von denen sie leben, aber mit denen sie nicht leben können. Negative wie positive Ereignisse kommen und gehen in verlässlicher Regelmässigkeit wie Ebbe und Flut und werden stoisch ertragen. Man kann mit aber auch ohne die See nicht leben..
Wunderbar gezeichnetes, vermeintliches Inselidyll, das den Finger mehr als einmal in die (Touristen)Wunde legt.
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Dörte Hansen ist ein Garant für gut erzählte Geschichten. „Zur See“ habe ich mir vorlesen lassen, Nina Hoss hat für diesen ruhigen Roman eine unaufgeregte, hierzu passende Tonart gewählt. Es kann mit den Vorgängerbänden nicht ganz mithalten und doch …
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Dörte Hansen ist ein Garant für gut erzählte Geschichten. „Zur See“ habe ich mir vorlesen lassen, Nina Hoss hat für diesen ruhigen Roman eine unaufgeregte, hierzu passende Tonart gewählt. Es kann mit den Vorgängerbänden nicht ganz mithalten und doch habe ich es nicht bereut, diese leise Erzählung gehört zu haben.
Es ist ein hartes Leben, man muss schon hineingeboren werden in diese Welt und doch halten es viele nicht aus, sie fliehen aufs Festland.
Alles fließt gemächlich so vor sich hin, das alltägliche Miteinander wir unterbrochen von den Urlaubern, die einst als Sommerfrischler kamen. Dörte Hansen erzählt von der Familie Sander. Von den drei Kindern lebt nur noch ihr Jüngster auf der Insel, ein problembehafteter (Lebens)Künstler, der nirgendwo anders sein möchte. Auch gibt es einen Inselpastor mit Eheproblemen, der diesen mit den täglichen Laufrunden davonzurennen versucht. Alle Charaktere werden mit einer gewissen Distanz geschildert, so richtig nahe bin ich keinem gekommen. Sie sind schon sonderbar, nicht immer leicht zu begreifen – aber haben wir nicht alle eine verborgene Seite? Die düstere Grundstimmung, die raue See, schimmert zuweilen durch. Ein Inselleben, ein tiefer Blick auf eine Familie im Wandel der Zeit. Im Laufe eines Lebens passiert nicht viel und doch eine ganze Menge – ein ruhiger Roman mit Höhen und Tiefen - so wie das Leben eben ist.
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+++Von Aufbruch und Befreiung+++
Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie …
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+++Von Aufbruch und Befreiung+++
Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben. Nun hat ihr Ältester sein Kapitänspatent verloren, ist gequält von Ahnungen und Flutstatistiken und wartet auf den schwersten aller Stürme. Tochter Eske, die im Seniorenheim Seeleute und Witwen pflegt, fürchtet die Touristenströme mehr als das Wasser, weil mit ihnen die Inselkultur längst zur Folklore verkommt. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Er ist der erste Mann in der Familie, den es nie auf ein Schiff gezogen hat, nur immer an den Strand, wo er Treibgut sammelt. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, und von Aufbruch und Befreiung. Der lang erwartete dritte Roman von Bestsellerautorin Dörte Hansen.
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Inselleben
Ich habe diese Geschichte als Hörbuch bekommen, gelesen von Nina Hoss. Von der Autorin war mir bis dahin kein Buch bekannt und hier machte mich der Klappentext neugierig.
Erzählt wird die Geschichte einer Familie, die schon immer auf einer kleinen Nordseeinsel lebt. Man …
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Inselleben
Ich habe diese Geschichte als Hörbuch bekommen, gelesen von Nina Hoss. Von der Autorin war mir bis dahin kein Buch bekannt und hier machte mich der Klappentext neugierig.
Erzählt wird die Geschichte einer Familie, die schon immer auf einer kleinen Nordseeinsel lebt. Man lernt die Menschen mit all ihren Besonderheiten und Problemen kennen.
Die Veränderungen auf der Insel werden angesprochen. Der Zerfall des Walfangs, der Ansturm der Touristen und die Angst der Inselbewohner, ob und wie lange sie noch ihre alten Traditionen fortführen können.
Alle Hauptprotagonisten werden detailliert beschrieben. Nina Hoss vermittelte mir mit ihrer angenehmen Stimme das Gefühl, wie schwer es sein muss, auf der Insel die Perspektive nicht zu verlieren. Ein Leben zu leben, daß mit den Jahren immer schwieriger und auswegsloser wird. Den Mut nicht zu verlieren und einfach auszubrechen.
Es ist keine leichte Kost und man durfte beim Hören der Geschichte die Pausen nicht zu lange werden lassen. Diesen Roman kann man nicht so nebenbei hören oder lesen. Man muss sich Zeit nehmen und ihn auf sich wirken lassen.
Für mich war es ein Hörerlebnis und meiner Meinung nach hat Nina Hoss dieses Hörbuch sehr gut eingelesen.
Es gab zwischendurch ein paar Längen, doch im Großen und Ganzen ist es ein ruhiger Roman, der mich nachdenklich zurückgelassen hat.
Wie steht es in ein paar Jahren um diese Inseln und die Familien? Werden sie überleben können?
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Gebundenes Buch
Die Familie Sander lebt seit fast 300 Jahren von der Seefahrt, weit in die Vergangenheit reicht ihre Spur. Hanne Sander arbeitet im Insel-Museum, das sich im ehemaligen Haus der Großeltern befindet, Jens Sander ist seit zwanzig Jahren nicht da. Die Kinder könnten nicht unterschiedlicher …
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Die Familie Sander lebt seit fast 300 Jahren von der Seefahrt, weit in die Vergangenheit reicht ihre Spur. Hanne Sander arbeitet im Insel-Museum, das sich im ehemaligen Haus der Großeltern befindet, Jens Sander ist seit zwanzig Jahren nicht da. Die Kinder könnten nicht unterschiedlicher sein, zwei Söhne und eine Tochter und nur der Älteste hat die Tradition fortgesetzt.
Aus verschiedenen Blickwinkeln näherte sich die Autorin dem Inselleben an. Im Vordergrund stand die Familie Sander, aber auch der Pfarrer, andere Fischer und die ein oder andere Person auf der Insel wurden vorgestellt. Durch die beiläufige, manchmal etwas lakonische Erzählweise entstand eine ungeheure Nähe zu den Charakteren, fast schon einer Intimität gleich. Ich habe bald schon die meisten Personen ins Herz geschlossen, fand es ungeheuer spannend, einem voyeuristischen Zuschauer gleich, durch ihr Leben zu wühlen und zu entdecken, welche Geheimnisse sich verbergen hinter den Fassaden und Mauern. Hierbei gab es oft keine Chronologie, manchmal ergab sich erst durch einen Hinweis, ob ein Ereignis in der Vergangenheit lag, oder es sich um die Gegenwart handelte. Dies klingt verwirrend, war es aber nicht. Es passte gut zu der Art und Weise der Erzählung und hat eine Spannung erzeugt, die mich ganz wunderbar unterhalten hat.
Familie, Tradition, Fortschritt und Wandel, zusammengefasst in einem großartigen Roman über die Liebe zur See. Wieder einmal hat die Autorin mich eintauchen lassen in eine mir fremde Welt, hat mit meinen Emotionen gespielt und mich gedanklich entführt auf eine Insel in der Nordsee. Dafür gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung von mir.
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