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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 536 Bewertungen
Bewertung vom 26.07.2024
Trophäe
Schoeters, Gaea

Trophäe


ausgezeichnet

Hunter White reist nach Afrika, um seine Big Five vollzumachen, indem er ein Nashorn tötet. Der reiche Amerikaner hat eine Lizenz gekauft und kann es kaum fassen, als Wilderer das Tier erschießen und verstümmeln. Die Enttäuschung ist riesig, zudem hat er diese besondere Trophäe seiner Frau versprochen. Als sein Gastgeber und Freund, der Jagdleiter und Berufsjäger Van Heeren, von den Big Six erzählt und ihm ein unmoralisches Angebot macht, überlegt Hunter nicht lange und sagt zu.

„Sein ganzer Körper ist in Alarmbereitschaft, alle Sinne sind bis zum Äußersten angespannt; all der Ballast der Zivilisation fällt von ihm ab. Das hier, das spürt er, bedeutet leben. Hier, die Gefahr zum Greifen nahe, kann er sein, wer er wirklich ist. Er, Hunter, Mann.“ (Seite 27)

Bereits nach wenigen Seiten bin ich im Buch versunken, vergesse die Zeit, vergesse alles um mich rum. Fasziniert und angewidert folge ich Hunter auf seiner Jagd, höre seine Gedanken und lausche seinem Atem. Ich bin mittendrin, der großartige Schreibstil macht es mir leicht, schleiche durch das Dickicht, halte die Luft an, erstarre und schaue mich voller Angst um. Da war doch ein Knistern, eine Bewegung, war da nicht gerade ein Ruf? Ein Heulen von hinten, ein Knurren von vorn, diese Büsche leben, dieser Ast ist gar nicht krumm. Um mich herum keucht und kreucht es, der Nervenkitzel bringt mich fast um, jetzt schnell nach den Fährtensuchern schauen und weiter gehts auf der Jagd nach ihm, dem Gejagten, der Beute, dem prähistorischen Wesen, das Hunter sucht.

Selten hat mich ein Protagonist so zerrissen, ich fühle mich von ihm angezogen und abgestoßen zugleich. Von Kindesbeinen an zum Jagen erzogen, liegt ihm diese förmlich im Blut. Er spricht von Respekt, von Bewunderung und von Mut, dabei geht es um nicht mehr als das sinnlose Töten einer wehrlosen Kreatur. Wie man es dreht und wendet, ist diese Jagd einseitig und unfair, nur mit Glück ist der Ausgang ein anderer, aber auch dann endet es mit dem Tod. Das Angebot von Van Heeren gibt der Geschichte eine Wendung, die ich nicht erwarte, ich bin im ersten Moment wie gelähmt ob der Versuchung, der Hunter erliegt. Das Für und Wider ist schnell abgehandelt, schließlich geht es doch um die Ehre, die Jagd, den Ruhm und die Männlichkeit. So denkt er, der Amerikaner, der Reiche, der Jäger mit den Fingern voller Blut. Na, dann ist ja alles gut.

Dieses Buch hat mich eingefangen, geschüttelt, aufgerüttelt und lässt mich ermattet zurück. Noch auf den letzten Seiten gab es eine Steigerung; diese Sätze, diese Worte, wie schön kann Literatur bitte sein. Bis zuletzt kämpfte ich mit mir, wollte nicht weinen und tat es doch. Das Ende war so großartig, etwas anderes hätte auch ich mir nicht vorstellen können, wenn auch gewünscht. Eine Meisterleistung und ein weiteres Highlight war dieses Werk für mich. Lest es!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.07.2024
Der Twyford-Code
Hallett, Janice

Der Twyford-Code


gut

Steven Smith saß über zehn Jahre im Gefängnis, nach seiner Entlassung erinnert er sich an seine Lehrerin Miss Trout, die vor vierzig Jahren nach einem Ausflug mit ausgewählten Kindern verschwand. Diesem Geheimnis, das mit einem Buch der Schriftstellerin Edith Twyford zusammenhängt, will Steven nun nachgehen. Recht bald stößt er auf den Twyford-Code, der ihn fasziniert und bald dazu bringt, wie besessen an dessen Auflösung zu forschen. Leider ist er nicht die einzige Person, die danach jagt.

„Unter den persönlichen Gegenständen einer kürzlich als vermisst gemeldeten Person befindet sich ein iPhone 4, für das kein aktueller Mobilfunkvertrag besteht. Auf den ersten Blick schien der Speicher leer, es waren weder Anruflisten noch Musikdateien, E-Mails, SMS oder Fotos zu finden. Bei genauerer Untersuchung haben wir jedoch eine Reihe gelöschter Audiodateien entdeckt: Sprachaufnahmen in diversen verschlüsselten Formaten, datiert auf einen Zeitraum von elf Wochen im Jahr 2019. Diese Dateien haben wir wiederhergestellt und dechiffriert.“ (Seite 7)

Das vorangestellte Zitat erklärt viel besser, als ich es könnte, wie ungewöhnlich aufgebaut dieses Buch ist. Die Aufnahmen von Steven, der an einer Lese- und Schreibschwäche leidet, machten den überwiegenden Teil der Geschichte aus. Durch die Transkription, was nichts anderes als die Verschriftlichung des gesprochenen Wortes bedeutet, ergaben sich viele Fehler, die so belassen wurden, sodass sich bereits beim Lesen ein erstes Rätsel ergab. Da wurde aus Miss Traut ein permanentes misstraut, aus dem umgangssprachlichen so‘n der Sohn, aus hab ich der Habicht und viele andere Wortfindungen, die man manchmal nur errät, indem man den Satz laut vorliest. Was sich anstrengend anhört, war es nicht, denn das eigene Gehirn übersetzt die meisten „Verschreiber“ des Programs richtig und passend zum Zusammenhang. Lediglich mit dem Kitz hatte ich kurz Probleme, dabei lag die Lösung eigentlich auf der Hand.

Was mich zu Beginn begeistert hat, verlor im Laufe der Zeit seinen Reiz und führte dazu, dass ich zwischenzeitlich ein wenig den Faden verlor. Steven hat wichtige, aber auch vollkommen überflüssige Dinge aufgenommen, es wurde etwas anstrengend für mich, seinen Ausführungen zu folgen. Lediglich die Suche nach den Antworten hielt mich zuletzt im Buch und im letzten Drittel wurde ich dafür belohnt. Die Auflösung verblüffte mich, rückblickend machte vieles plötzlich doch noch einen Sinn und lieferte mir eine unglaubliche Erklärung sowie Antworten auf alle meine Fragen. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet! Insgesamt wurde ich gut unterhalten, wenn auch viel Luft nach oben blieb.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.07.2024
Der Buchclub - Ein Licht in dunklen Zeiten
Lyons, Annie

Der Buchclub - Ein Licht in dunklen Zeiten


ausgezeichnet

Gertie Bingham, die Besitzerin von Binghams Bücher, überlegt, sich zur Ruhe zu setzen. Nachdem ihr geliebter Mann Harry vor zwei Jahren gestorben ist, fällt ihr der Alltag nicht mehr so leicht. Als ihr alter Freund Charles sie darum bittet, ein jüdisches Flüchtlingskind aus München bei sich aufzunehmen, ist Gertie zuerst skeptisch, stimmt dann aber doch zu. Als gegen jede Hoffnung der Zweite Weltkrieg ausbricht, ist die junge Hedy Fischer für Gertie eine große Stütze, gemeinsam kümmern sich beide um den Buchclub, der dafür sorgt, dass die Menschen im Luftschutzbunker abgelenkt werden von dem Grauen, das draußen wütet.

„Das Mädchen, das mit einem Rucksack auf dem Rücken vor ihr stand, war fast so groß wie sie. Hedy hatte schulterlange, braun gewellte Haare und melassebraune Augen. Sie trug einen marineblauen Wollmantel mit rosarotem Schal und wirkte wie ein in die Ecke getriebenes Kätzchen.“ (Seite 69)

Die Geschichte von Gertie und Hedy lässt mich tief berührt zurück, obwohl es anfangs gar nicht danach aussah, da ich erst mühsam in das Buch hineingefunden habe. Dies lag ein bisschen an der zuweilen etwas altmodischen Sprache, die der damaligen Zeit, aber auch dem Umstand geschuldet war, dass die Geschichte in England spielt, was mit ein Grund für einige altmodische Begriffe gewesen ist. Nach und nach gewöhnte ich mich daran und merkte dabei gar nicht, wie ich allmählich im Buch versank; so sehr sogar, dass ich alles um mich herum vergaß.

Die Persönlichkeit von Gertie hat mich für sie eingenommen, ich hatte irgendwann das Gefühl, ich würde sie ewig kennen, habe mit ihr gefühlt, gelitten und geweint, aber auch viele schöne Dinge mit ihr erlebt. Die Gräuel der Kriegszeit habe ich mit ihr durchgestanden, Krisen, Dramen und hoffnungsvolle Ereignisse haben wir miteinander hinter uns gebracht. Die Kraft der Bücher und der Geschichten, die in ihnen stecken, das Miteinander und die Hoffnung, die Menschen in schweren Zeiten eint, haben mir wunderbare Lesestunden und emotionale Momente geschenkt. Ich habe gelacht und geschmunzelt, ein paar Tränen der Rührung verdrückt, aber auch bitterlich geweint. Das Ende hat mich berührt, die letzten Seiten bewegt und so klappte ich das Buch mit einem schönen Gefühl zu, ohne traurig zu sein. Lesenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.07.2024
Die schönste Version
Thomas, Ruth-Maria

Die schönste Version


ausgezeichnet

Zwischen Jella und Yannick ist es die große Liebe, die gemeinsame Wohnung die Krönung, Jella träumt bereits von mehr. Bis zu einem Vorfall, der alles ändert. Jella zieht zurück zu ihrem Vater, in ihrem früheren Kinderzimmer erinnert sie sich an ihre Kindheit und Jugend, geht Situationen noch einmal durch und fragt sich, wie es so weit kommen konnte, dass es dermaßen eskaliert. Erinnert sich an Yannicks Hände an ihrem Hals, denkt an ihre Todesangst und das folgende Gefühl.

„Ja, meine Güte, muss man jetzt nicht gleich überreagieren, kein Drama machen, nicht so hysterisch sein, wegen dieser Sache, die irgendwie schiefgegangen ist, also reiß dich mal zusammen, das war doch nichts. Wird schon wieder werden.“ (Seite 117)

Dieses Buch ist so schonungslos ehrlich, dass es wehtut. Aber nicht nur das, es macht mich auch wütend. So viele Situationen aus Jellas Jugend habe ich wiedererkannt, viele schmerzhafte Momente selbst erlebt. Glücklicherweise ist mir nie etwas ähnliches zugestoßen, dennoch konnte ich mitfühlen und nachvollziehen, wie es ihr geht. Der schreckliche Übergriff führt dazu, dass Jella endlich darüber nachdenkt, wie sie an einen Punkt in ihrem Leben kommen konnte, an dem es für sie nicht mehr weitergeht. Dies ist schmerzhaft, dies ist traurig und brutal, aber unumgänglich, denn ansonsten geht ihre Seele kaputt.

„Ich hatte alles unter Kontrolle. Und während ich alles so sehr unter Kontrolle hatte, zog gleichzeitig alles an mir vorüber und ich: so taub, dass ich kaum etwas spürte.“ (Seite 128)

Dieser Mix aus Coming of Age, Liebesgeschichte und Drama lässt mich tief berührt zurück. Der großartige Schreibstil und die manchmal unvollständigen Sätze, die umso mehr ins Schwarze treffen, weil man weiß, was die Autorin damit sagen will, bescherten mir ein intensives Leseerlebnis voller emotionaler Momente, die einen großen Eindruck hinterlassen haben. Danke dafür.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.07.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Pia und Jakob werden in die Schule ihres siebenjährigen Sohnes Luca bestellt, es gab einen Vorfall mit einem Mädchen. Während Jakob schnell davon überzeugt ist, dass es sich nur um ein Missverständnis handeln kann, ist Pia alarmiert, weiß sie doch, dass Kinder auch anders sein können. Sie lässt Luca nicht mehr aus den Augen, will die Wahrheit förmlich aus ihm herauspressen. Währenddessen kommt ihre eigene Kindheit hoch, die alles andere als einfach war.

„Ich bin gut darin, die Fassade aufrechtzuerhalten. So gut, über weite Strecken glaube ich mir selbst. Und doch.
Die Liebe ist keine Selbstverständlichkeit für mich. Die Mutterhaut, die ich trage, passt nicht wie angegossen.“ (Seite 57)

Dieses emotionale Familiendrama lässt mich aufgewühlt und tief berührt zurück. Das Ereignis, das der Auslöser für die folgenden Geschehnisse ist, steht nur augenscheinlich im Vordergrund, Mittelpunkt der Geschichte ist die Aufarbeitung der Kindheit von Pia, die durch den Vorfall in der Schule getriggert und dadurch zu Handlungen getrieben wird, die mich an manchen Stellen erschüttert, um nicht zu sagen angewidert haben. Erst allmählich wird aufgedeckt, wie es in der Familie zuging, welche Kämpfe ausgefochten wurden und Gemeinheiten ausgeheckt. Dies alles nicht offen, nach außen hin war alles perfekt. Manchmal sind die subtilen Grausamkeiten schlimmer, schädigen eine Seele so sehr, dass diese sich schützt, bevor sie zukünftig jemand verletzt.

Auf zwei Zeitebenen wird die Geschichte erzählt, beide bieten Zündstoff und lassen sich nicht so leicht vergessen für mich. Die Schatten der Vergangenheit schüttelt man nicht ab, man muss sich ihnen stellen, den Schmerz zulassen, auch wenn er einen zerreißt. Selten wurde das so gut dargestellt wie hier. Eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.07.2024
Joy
Lee, Jonathan

Joy


gut

Joy Stephens wird mit Mitte dreißig die Ehre zuteil, in ihrer Londoner Anwaltskanzlei zur Partnerin ernannt zu werden. Aus Gründen, die in der Vergangenheit, aber auch in ihrem Privatleben liegen, bereitet Joy für diesen Tag ihren Abgang vor, allerdings anders, als man es sich vorstellen könnte; sie will nicht mehr leben und hat einen Plan, wie sie dies bewerkstelligen wird. Bei der Ernennung zum Partner stürzt Joy vor versammelter Mannschaft zehn Meter in die Tiefe und wird lebensgefährlich verletzt. Der Verdacht liegt nahe, dass ihr Kollege und Ex-Geliebter etwas mit ihrem Sturz zu tun hat, oder war es doch etwas anderes?

Minutiös durfte ich verfolgen, wie Joy ihren Abgang plant und was ihr in der Zwischenzeit widerfährt. In den Kapiteln dazwischen ist das Unglück bereits passiert und es erfolgten Befragungen verschiedener Personen, die unmittelbar mit ihr zu tun hatten; im Privatleben, überwiegend aber im geschäftlichen Bereich. Der Schreibstil war fordernd, Sätze über eine ganze Seite, verschachtelt und mit Fußnoten versehen, die auch gerne mal die komplette Seite beanspruchten, erforderten meine gesamte Konzentration. Dies war anspruchsvoll, stellenweise sogar recht anstrengend, besonders wenn Dennis, der Ehemann von Joy, sich in seinen ausschweifenden Gedanken verlor und regelrecht schwadronierte. Die eigentliche Geschichte war irgendwo dazwischen zu finden, sie verlor sich fast in den vielen unwichtigen Erzählungen der Befragten. Dies empfand ich als tragisch, denn das Buch hatte viele interessante Momente, die allerdings fast wellenförmig mal da, mal weg waren. Es war schwierig für mich, konzentriert zu bleiben.

Letztendlich blieb ich am Ball, weil ich unbedingt erfahren wollte, welches Ende sich der Autor einfallen lassen würde, hatte die Hoffnung darauf, doch noch überrascht zu werden. Das wurde ich, aber anders als erwartet. Vielleicht aber habe ich es auch einfach nur nicht verstanden.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.07.2024
Hast du Zeit?
Winkelmann, Andreas

Hast du Zeit?


ausgezeichnet

Seit Wochen fühlt sich die Krankenschwester Conny Goldmann verfolgt, hat Angst und vertraut sich ihrer besten Freundin Michelle an, die ihren Vater einschaltet, der früher Polizist war. Lars Erik Grotheer war bei der Bundestagspolizei, hat keinerlei Ermittlungserfahrung, und so passiert es, dass bei seiner ersten Beschattung alles schiefläuft und Conny stirbt. Kurze Zeit später verschwindet die Schornsteinfegerin Felicitas Möller, wird während eines Telefonats mit ihrer Freundin Lilly Costanzo aus ihrem Wagen entführt. Ihre Partnerin setzt alle Hebel in Bewegung, um sie zu finden, es fehlt jedoch jede Spur. Grotheer gibt nicht auf und findet Hinweise darauf, dass weitere Personen verschwunden sind, die allerdings nichts miteinander zu tun haben. Die einzige Verbindung finden weder Grotheer noch Lilly, aber die Zeit drängt, denn wieder verschwindet eine Person und die Uhr tickt.

Fast sofort wurde ich mitten ins Geschehen geworfen, wurde Zeugin eines Verbrechens, hielt den Atem an und folgte den beteiligten Personen angespannt auf ihrem Weg. Viele falsche Fährten legte der Autor aus, köderte mich mit kleinen Bröckchen an Informationen, lenkte meine Aufmerksamkeit mal hierhin, mal dorthin, hielt sich dabei aber bedeckt und verriet kein Wort zu viel. Lediglich auf die Zeitangaben am Anfang jedes Kapitels konnte ich mich verlassen, auf meinen Spürsinn leider lange nicht, denn egal wie sehr ich überlegt habe, auf die Täterperson kam ich einfach nicht. Spannende und unerwartete Wendungen machten die Geschichte zu einem kriminellen Genuss, raffiniert gelegte Spuren brachten Rätselspaß, der Nervenkitzel war nicht ohne, Spannung gab es zudem in Übermaß. Dieser Thriller war genau nach meinem Geschmack, zu beanstanden gibt es wirklich nichts. Lesenswert!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.07.2024
Die Wundersammler
Rath, Hans;Wiebusch, Michaela

Die Wundersammler


sehr gut

Paula studiert Soziologie und Benedikt ist Pater in einem Marien-Wallfahrtsort in Bayern. Beide sind auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, was Wunder sind. Zusammen machen sie sich in Benedikts Auto auf die Reise, um dem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Begleitet werden sie dabei von der zwölfjährigen Franca, allerdings nur virtuell, weil diese zur Schule gehen muss. Auf ihrer Reise treffen sie viele unterschiedliche Menschen, mit denen sie über das Phänomen sprechen und diskutieren.

Was sind Wunder? Gibt es diese wirklich, sind diese individuell oder ist das alles vielleicht doch nur eine Erfindung mancher Menschen? Und ist es überhaupt möglich, eine Antwort auf diese Frage zu finden? Die Menschen im Buch versuchen, einer Lösung näher zu kommen, aus verschiedenen Blickwinkeln nähern sich unterschiedliche Personen dem Mysterium Wunder an. Die Sichtweisen der einzelnen Gesprächspartner fand ich dabei sehr interessant, diese regten zum Nachdenken, aber auch zu Diskussionen an. Die ein oder andere Länge sei dabei verziehen, es war für mich insgesamt eine schöne Zeit. Lesenswert!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.07.2024
Tod im Chiemgau
Lehmann, Mathias

Tod im Chiemgau


sehr gut

Toni Hauser kehrt nach zehnjähriger Abwesenheit in seinen Heimatort Reit im Winkl zurück, um noch einmal seinen Vater zu sehen, der todkrank im Krankenhaus liegt. Vor einem Jahrzehnt ist er Hals über Kopf verschwunden, nachdem sein bester Freund Hans vor seinen Augen verunglückt ist. Toni war und ist überzeugt davon, dass der Unfall damals ein Mordanschlag war, aber niemand glaubt ihm. Kurz nach seiner Ankunft geschieht ein weiteres Unglück und Toni fragt sich, ob es nicht tatsächlich jemand auf ihn abgesehen hat.

„Wie gelähmt starrte Toni auf die Stelle, an der das Auto eben noch mit dem Berg gekämpft hatte. Grelle Bilder schossen in kurzen Abständen durch seinen Kopf. Er und Hans, wie sie sich vor vielen Jahren kennenlernten und nicht mochten. Er und Hans, wie sie allen Widerständen zum Trotz vor fünf Jahren Freunde wurden.“ (Seite 9)

Der erste Kriminalroman von Mathias Lehman beim Emons Verlag konnte mich sehr gut unterhalten. Der Prolog veranschaulichte deutlich, was vor zehn Jahren passiert ist, bevor es in der Gegenwart weiterging. Der angenehme Schreibstil machte es mir leicht, sofort in die Geschichte einzutauchen, und gespannt verfolgte ich die Ereignisse, denen es an Spannung nicht fehlte. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten brachten mir zudem viel Freude, weil ich schon mehrmals selbst in der wunderschönen Gegend gewesen bin.

Der Kriminalfall war interessant und abwechslungsreich, der Ausgang überraschend und die Auflösung so gewählt, dass es vielleicht eine Fortsetzung gibt. Zu bemängeln gibt es in dieser Hinsicht von meiner Seite aus nichts. Mein größter Kritikpunkt ist allerdings, dass ich, was die beteiligten Personen angeht, durchgehend das Gefühl hatte, ein Drehbuch zu der bekannten Serie „Die Bergretter“ zu lesen, was mich immer wieder irritierte. Hier gab es so viele Parallelen, dass mir dies aufgefallen ist. Ich wünschte mir bei einer möglichen Fortsetzung etwas mehr Einfallsreichtum, was die Charaktere angeht. Ansonsten aber gibts nichts zu meckern; gerne empfehle ich diesen kurzweiligen Krimi weiter.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.07.2024
Wir sehen uns im August
García Márquez, Gabriel

Wir sehen uns im August


ausgezeichnet

Vor acht Jahren starb die Mutter von Ana Magdalena Bach und wurde gemäß ihrem letzten Wunsch auf einer Karibikinsel begraben. An jedem 16. August fährt die Tochter dahin, besucht das Grab und legt einen Strauß Gladiolen darauf. Sie bleibt über Nacht und fährt am nächsten Tag zu Mann und Kindern zurück. In diesem Jahr ist da ein Mann, der sie auf einen Drink einlädt, sie umgarnt, bis eines zum anderen führt und Ana Magdalena ihn mit auf ihr Zimmer nimmt.

Liebe im reifen Alter, diese Überschrift könnte die Erzählung tragen, würde der Geschichte damit aber nicht gerecht. Eine Situation wird ausgenutzt, Verlangen entsteht und das prickelnde Gefühl von etwas Verbotenem liegt in der Luft. Innerhalb von Minuten entscheidet sich Ana Magdalena, etwas zu tun, was sie nie gereizt hat, und sie kommt auf den Geschmack, zumindest bis am nächsten Morgen eine bestimmte Tat den schalen Nachgeschmack einer Erniedrigung hinterlässt. Die folgenden Jahre reduziert der Autor auf die Besuche der Karibikinsel und ich bin fasziniert vom Gefühlschaos, das dieses Erlebnis bei der auf die Fünfzig zugehenden Frau hinterlässt.

Das bisher unveröffentlichte Werk aus dem Nachlass des Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez wollte dieser zu Lebzeiten nicht veröffentlichen, dessen Erben entschieden sich Jahre später dafür und erläutern dies im Vorwort. Für mich war es die erste Begegnung mit einem seiner Bücher, aber sicherlich nicht die letzte, das kann ich versprechen, nachdem ich fertig geworden bin. Ich freue mich darauf.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.