Marco Balzano
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Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol - doch die Zeiten sind hart. Die Leute werden vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand - mit Leib und Seele.
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Marco Balzano, geboren 1978 in Mailand, ist zurzeit einer der erfolgreichsten italienischen Autoren. Er schreibt, seit er denken kann: Gedichte und Essays, Erzählungen und Romane. Mit seinem Roman ¿Das Leben wartet nicht¿ gewann er den Premio Campiello. Mit ¿Ich bleibe hier¿ war er nominiert für den Premio Strega, in Italien und im deutschsprachigen Raum war das Buch ein großer Bestseller. Er lebt mit seiner Familie in Mailand.
Produktdetails
- Verlag: Diogenes eBooks
- Seitenzahl: 288
- Erscheinungstermin: 24. Juni 2020
- Deutsch
- ISBN-13: 9783257610079
- Artikelnr.: 58392663
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Christian Mayer bewundert Marco Balzano für sein Erzähltalent und die Fähigkeit, in seinem Roman um Leid und Vertreibung in Südtirol und das Schicksal einer jungen Lehrerin, den fast vergessenen Opfern der Staudammbaus im Vinschgau eine Stimme zu verleihen. Dass der Autor sich nicht so recht entscheiden kann zwischen der Nacherzählung der Geschichte Südtirols im 20. Jahrhundert und der Geschichte der Lehrerin, sieht Mayer ihm schließlich nach. Zu kunst- und stimmungsvoll erscheint ihm die Verknüpfung der beiden Ebenen. Am intensivsten, bewegendsten aber ist der Roman für Mayer, wenn Balzano ganz nah an seiner Figur bleibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Das Leben ist kein Unterseeboot
Marco Balzano schildert im Roman "Ich bleibe hier" das Schicksal eines Dorfes in Südtirol
"Du mußt verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei laß gehn, und Drei mach gleich, so bist Du reich. Das ist das Hexen-Einmaleins!" Hexe, strega, Premio Strega. Der italienische Literaturpreis, benannt allerdings nicht nach einer Hexe, sondern einer Likörfirma Strega, die ihn dotierte, wurde 1947 erstmals vergeben, an Ennio Flaiano, mit einem Vorlauf noch zu Kriegszeiten, als sich die sogenannten Sonntagsfreunde um Maria Bellonci zum Diskutieren trafen und in Zeiten von Faschismus und Verzweiflung literarischen Widerstand leisten wollten.
Marco Balzano, 1978 in Mailand geboren, hat vor
Marco Balzano schildert im Roman "Ich bleibe hier" das Schicksal eines Dorfes in Südtirol
"Du mußt verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei laß gehn, und Drei mach gleich, so bist Du reich. Das ist das Hexen-Einmaleins!" Hexe, strega, Premio Strega. Der italienische Literaturpreis, benannt allerdings nicht nach einer Hexe, sondern einer Likörfirma Strega, die ihn dotierte, wurde 1947 erstmals vergeben, an Ennio Flaiano, mit einem Vorlauf noch zu Kriegszeiten, als sich die sogenannten Sonntagsfreunde um Maria Bellonci zum Diskutieren trafen und in Zeiten von Faschismus und Verzweiflung literarischen Widerstand leisten wollten.
Marco Balzano, 1978 in Mailand geboren, hat vor
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zwei Jahren mit "Ich bleibe hier" sozusagen den silbernen Premio Strega gewonnen und bei rund zehn anderen Preisen die Nase vorn gehabt. Der Roman verfolgt das Schicksal des Dorfs Graun in Südtirol: von Mussolinis Italianisierung jener deutschsprachigen Region, die nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugesprochen worden war, über den Zweiten Weltkrieg bis zur Flutung des Ortes wenige Jahre später. Literaturkritik und Leserschaft eint Begeisterung.
Zu Recht, völlig zu Recht sogar - wenn man auf eingängige Sprache und packende Bilder hofft. Das Covermotiv, im Original genau wie in der deutschen Übersetzung der aus dem Wasser herausragende Kirchturm von St. Katharina, tut ein Übriges. Kein Zweifel, hier geht es um eine miese Geschichte. Von Kriegen geprüfte Menschen fallen der Profitgier zum Opfer. Der Staudamm, bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplant, vernichtet Bauernhöfe. Fortschritt versus Nachhaltigkeit - eine moderne miese Geschichte eben. Und es wäre auch eine gute Geschichte, wenn nicht nach dem Prinzip der literarischen Selbstoptimierung Scheibe um Scheibe auf die Hantelstange gesteckt worden wäre.
Die Ich-Erzählerin Trina berichtet ihrer Tochter Marica, die als Schülerin 1939 mit ihrer Tante nach Deutschland gegangen ist und seitdem keinen Kontakt zu ihren Eltern mehr hat, von ihrem Leben. Das Dorf im hintersten Krähwinkel ist bäuerlich geprägt, die Atmosphäre expressis verbis bildungsfern. Dies nutzt Balzano jedoch nicht, um geschickt mit Grau- und Leerstellen eine etwaige Uninformiertheit der Menschen zu erklären. Stattdessen schafft er mit apodiktischen Aussagen Puzzleteile, die einzeln vielleicht überzeugen, insgesamt aber nicht zusammenpassen.
Anschauliches Beispiel ist die Italianisierung. "Vom ersten Augenblick an hieß es: Wir gegen sie. Die Sprache des einen gegen die des anderen. Die Arroganz der plötzlichen Macht gegen das Pochen auf jahrhundertealte Wurzeln." Trotzdem lernt Trina Italienisch, um Lehrerin zu werden. Deutsch unterrichtet sie heimlich, dies jedoch nicht, um Widerstand zu leisten, sondern um als verliebte Frau "vor Erich zu glänzen". Ihr Tun fliegt auf, vom Vater unterstützt, setzt sie die klandestine Tätigkeit aber fort und kann sogar ihre Freundin Barbara dafür gewinnen. Diese wird deswegen an Trinas Hochzeitstag verhaftet und in der Folge verbannt.
Trina gibt den heimlichen Deutschunterricht auf, hält aber noch über zehn Jahre später fest: "Gleich nach der Hochzeit hatten wir ja auch mit meinem Lehrerinnengehalt gerechnet, da wir dachten, dass ich, Faschismus hin oder her, auf die eine oder andere Weise unterrichten könnte." Damit nicht genug. Ein Junge kriegt in der Schule Schläge, weil er kein Italienisch kann. Trina gibt ihm Nachhilfe. Aber 1940, als die italienischen Bekanntmachungen zum Bau des Staudamms aushängen? "Wenige in Graun konnten lesen, aber keiner verstand diese Sprache, die nur die Sprache des Hasses war." Sicher, das Vorgehen ist dadurch besonders perfide, die Darstellung der Sprachkampagne aber auch hübsch verschwurbelt.
Das Verhältnis beider Staaten zueinander bleibt ausgeblendet, der Stahlpakt von 1939 unerwähnt. Hitler ist als ferne Größe Gegenspieler zu Mussolini. "Auf Adolf Hitler zu hoffen war die einzige Rebellion." Das ändert sich erst mit dem Zweiten Weltkrieg, als Erich sieht, wie die Soldaten verheizt werden. Er geht mit Trina in die Berge, um dort den Krieg abzuwarten. Hier gelingen Balzano gute Szenen, die jedoch einzig das Grauen des Krieges, nicht aber die spezifische Situation der nationalen Minderheit beleuchten.
Mit dem Staudamm wird dann die verlorene Tochter Marica wieder auf den Plan gerufen. "Mit dir hätten wir die Kraft gefunden, woandershin zu gehen. Neu anzufangen." Nach der letzten Messe vor der Flutung wollen sie indes nur noch in Graun bleiben: "Ohne Interesse an der Zukunft und ohne irgendeine Gewissheit. Nur bleiben."
Weniger wäre mehr gewesen. Und anregender.
CHRISTIANE PÖHLMANN
Marco Balzano: "Ich bleibe hier". Roman. Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Diogenes Verlag, Zürich 2020. 288 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu Recht, völlig zu Recht sogar - wenn man auf eingängige Sprache und packende Bilder hofft. Das Covermotiv, im Original genau wie in der deutschen Übersetzung der aus dem Wasser herausragende Kirchturm von St. Katharina, tut ein Übriges. Kein Zweifel, hier geht es um eine miese Geschichte. Von Kriegen geprüfte Menschen fallen der Profitgier zum Opfer. Der Staudamm, bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplant, vernichtet Bauernhöfe. Fortschritt versus Nachhaltigkeit - eine moderne miese Geschichte eben. Und es wäre auch eine gute Geschichte, wenn nicht nach dem Prinzip der literarischen Selbstoptimierung Scheibe um Scheibe auf die Hantelstange gesteckt worden wäre.
Die Ich-Erzählerin Trina berichtet ihrer Tochter Marica, die als Schülerin 1939 mit ihrer Tante nach Deutschland gegangen ist und seitdem keinen Kontakt zu ihren Eltern mehr hat, von ihrem Leben. Das Dorf im hintersten Krähwinkel ist bäuerlich geprägt, die Atmosphäre expressis verbis bildungsfern. Dies nutzt Balzano jedoch nicht, um geschickt mit Grau- und Leerstellen eine etwaige Uninformiertheit der Menschen zu erklären. Stattdessen schafft er mit apodiktischen Aussagen Puzzleteile, die einzeln vielleicht überzeugen, insgesamt aber nicht zusammenpassen.
Anschauliches Beispiel ist die Italianisierung. "Vom ersten Augenblick an hieß es: Wir gegen sie. Die Sprache des einen gegen die des anderen. Die Arroganz der plötzlichen Macht gegen das Pochen auf jahrhundertealte Wurzeln." Trotzdem lernt Trina Italienisch, um Lehrerin zu werden. Deutsch unterrichtet sie heimlich, dies jedoch nicht, um Widerstand zu leisten, sondern um als verliebte Frau "vor Erich zu glänzen". Ihr Tun fliegt auf, vom Vater unterstützt, setzt sie die klandestine Tätigkeit aber fort und kann sogar ihre Freundin Barbara dafür gewinnen. Diese wird deswegen an Trinas Hochzeitstag verhaftet und in der Folge verbannt.
Trina gibt den heimlichen Deutschunterricht auf, hält aber noch über zehn Jahre später fest: "Gleich nach der Hochzeit hatten wir ja auch mit meinem Lehrerinnengehalt gerechnet, da wir dachten, dass ich, Faschismus hin oder her, auf die eine oder andere Weise unterrichten könnte." Damit nicht genug. Ein Junge kriegt in der Schule Schläge, weil er kein Italienisch kann. Trina gibt ihm Nachhilfe. Aber 1940, als die italienischen Bekanntmachungen zum Bau des Staudamms aushängen? "Wenige in Graun konnten lesen, aber keiner verstand diese Sprache, die nur die Sprache des Hasses war." Sicher, das Vorgehen ist dadurch besonders perfide, die Darstellung der Sprachkampagne aber auch hübsch verschwurbelt.
Das Verhältnis beider Staaten zueinander bleibt ausgeblendet, der Stahlpakt von 1939 unerwähnt. Hitler ist als ferne Größe Gegenspieler zu Mussolini. "Auf Adolf Hitler zu hoffen war die einzige Rebellion." Das ändert sich erst mit dem Zweiten Weltkrieg, als Erich sieht, wie die Soldaten verheizt werden. Er geht mit Trina in die Berge, um dort den Krieg abzuwarten. Hier gelingen Balzano gute Szenen, die jedoch einzig das Grauen des Krieges, nicht aber die spezifische Situation der nationalen Minderheit beleuchten.
Mit dem Staudamm wird dann die verlorene Tochter Marica wieder auf den Plan gerufen. "Mit dir hätten wir die Kraft gefunden, woandershin zu gehen. Neu anzufangen." Nach der letzten Messe vor der Flutung wollen sie indes nur noch in Graun bleiben: "Ohne Interesse an der Zukunft und ohne irgendeine Gewissheit. Nur bleiben."
Weniger wäre mehr gewesen. Und anregender.
CHRISTIANE PÖHLMANN
Marco Balzano: "Ich bleibe hier". Roman. Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Diogenes Verlag, Zürich 2020. 288 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Das Leben ist kein Unterseeboot
Marco Balzano schildert im Roman "Ich bleibe hier" das Schicksal eines Dorfes in Südtirol
"Du mußt verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei laß gehn, und Drei mach gleich, so bist Du reich. Das ist das Hexen-Einmaleins!" Hexe, strega, Premio Strega. Der italienische Literaturpreis, benannt allerdings nicht nach einer Hexe, sondern einer Likörfirma Strega, die ihn dotierte, wurde 1947 erstmals vergeben, an Ennio Flaiano, mit einem Vorlauf noch zu Kriegszeiten, als sich die sogenannten Sonntagsfreunde um Maria Bellonci zum Diskutieren trafen und in Zeiten von Faschismus und Verzweiflung literarischen Widerstand leisten wollten.
Marco Balzano, 1978 in Mailand geboren, hat vor
Marco Balzano schildert im Roman "Ich bleibe hier" das Schicksal eines Dorfes in Südtirol
"Du mußt verstehn! Aus Eins mach Zehn, und Zwei laß gehn, und Drei mach gleich, so bist Du reich. Das ist das Hexen-Einmaleins!" Hexe, strega, Premio Strega. Der italienische Literaturpreis, benannt allerdings nicht nach einer Hexe, sondern einer Likörfirma Strega, die ihn dotierte, wurde 1947 erstmals vergeben, an Ennio Flaiano, mit einem Vorlauf noch zu Kriegszeiten, als sich die sogenannten Sonntagsfreunde um Maria Bellonci zum Diskutieren trafen und in Zeiten von Faschismus und Verzweiflung literarischen Widerstand leisten wollten.
Marco Balzano, 1978 in Mailand geboren, hat vor
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zwei Jahren mit "Ich bleibe hier" sozusagen den silbernen Premio Strega gewonnen und bei rund zehn anderen Preisen die Nase vorn gehabt. Der Roman verfolgt das Schicksal des Dorfs Graun in Südtirol: von Mussolinis Italianisierung jener deutschsprachigen Region, die nach dem Ersten Weltkrieg Italien zugesprochen worden war, über den Zweiten Weltkrieg bis zur Flutung des Ortes wenige Jahre später. Literaturkritik und Leserschaft eint Begeisterung.
Zu Recht, völlig zu Recht sogar - wenn man auf eingängige Sprache und packende Bilder hofft. Das Covermotiv, im Original genau wie in der deutschen Übersetzung der aus dem Wasser herausragende Kirchturm von St. Katharina, tut ein Übriges. Kein Zweifel, hier geht es um eine miese Geschichte. Von Kriegen geprüfte Menschen fallen der Profitgier zum Opfer. Der Staudamm, bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplant, vernichtet Bauernhöfe. Fortschritt versus Nachhaltigkeit - eine moderne miese Geschichte eben. Und es wäre auch eine gute Geschichte, wenn nicht nach dem Prinzip der literarischen Selbstoptimierung Scheibe um Scheibe auf die Hantelstange gesteckt worden wäre.
Die Ich-Erzählerin Trina berichtet ihrer Tochter Marica, die als Schülerin 1939 mit ihrer Tante nach Deutschland gegangen ist und seitdem keinen Kontakt zu ihren Eltern mehr hat, von ihrem Leben. Das Dorf im hintersten Krähwinkel ist bäuerlich geprägt, die Atmosphäre expressis verbis bildungsfern. Dies nutzt Balzano jedoch nicht, um geschickt mit Grau- und Leerstellen eine etwaige Uninformiertheit der Menschen zu erklären. Stattdessen schafft er mit apodiktischen Aussagen Puzzleteile, die einzeln vielleicht überzeugen, insgesamt aber nicht zusammenpassen.
Anschauliches Beispiel ist die Italianisierung. "Vom ersten Augenblick an hieß es: Wir gegen sie. Die Sprache des einen gegen die des anderen. Die Arroganz der plötzlichen Macht gegen das Pochen auf jahrhundertealte Wurzeln." Trotzdem lernt Trina Italienisch, um Lehrerin zu werden. Deutsch unterrichtet sie heimlich, dies jedoch nicht, um Widerstand zu leisten, sondern um als verliebte Frau "vor Erich zu glänzen". Ihr Tun fliegt auf, vom Vater unterstützt, setzt sie die klandestine Tätigkeit aber fort und kann sogar ihre Freundin Barbara dafür gewinnen. Diese wird deswegen an Trinas Hochzeitstag verhaftet und in der Folge verbannt.
Trina gibt den heimlichen Deutschunterricht auf, hält aber noch über zehn Jahre später fest: "Gleich nach der Hochzeit hatten wir ja auch mit meinem Lehrerinnengehalt gerechnet, da wir dachten, dass ich, Faschismus hin oder her, auf die eine oder andere Weise unterrichten könnte." Damit nicht genug. Ein Junge kriegt in der Schule Schläge, weil er kein Italienisch kann. Trina gibt ihm Nachhilfe. Aber 1940, als die italienischen Bekanntmachungen zum Bau des Staudamms aushängen? "Wenige in Graun konnten lesen, aber keiner verstand diese Sprache, die nur die Sprache des Hasses war." Sicher, das Vorgehen ist dadurch besonders perfide, die Darstellung der Sprachkampagne aber auch hübsch verschwurbelt.
Das Verhältnis beider Staaten zueinander bleibt ausgeblendet, der Stahlpakt von 1939 unerwähnt. Hitler ist als ferne Größe Gegenspieler zu Mussolini. "Auf Adolf Hitler zu hoffen war die einzige Rebellion." Das ändert sich erst mit dem Zweiten Weltkrieg, als Erich sieht, wie die Soldaten verheizt werden. Er geht mit Trina in die Berge, um dort den Krieg abzuwarten. Hier gelingen Balzano gute Szenen, die jedoch einzig das Grauen des Krieges, nicht aber die spezifische Situation der nationalen Minderheit beleuchten.
Mit dem Staudamm wird dann die verlorene Tochter Marica wieder auf den Plan gerufen. "Mit dir hätten wir die Kraft gefunden, woandershin zu gehen. Neu anzufangen." Nach der letzten Messe vor der Flutung wollen sie indes nur noch in Graun bleiben: "Ohne Interesse an der Zukunft und ohne irgendeine Gewissheit. Nur bleiben."
Weniger wäre mehr gewesen. Und anregender.
CHRISTIANE PÖHLMANN
Marco Balzano: "Ich bleibe hier". Roman. Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Diogenes Verlag, Zürich 2020. 288 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu Recht, völlig zu Recht sogar - wenn man auf eingängige Sprache und packende Bilder hofft. Das Covermotiv, im Original genau wie in der deutschen Übersetzung der aus dem Wasser herausragende Kirchturm von St. Katharina, tut ein Übriges. Kein Zweifel, hier geht es um eine miese Geschichte. Von Kriegen geprüfte Menschen fallen der Profitgier zum Opfer. Der Staudamm, bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplant, vernichtet Bauernhöfe. Fortschritt versus Nachhaltigkeit - eine moderne miese Geschichte eben. Und es wäre auch eine gute Geschichte, wenn nicht nach dem Prinzip der literarischen Selbstoptimierung Scheibe um Scheibe auf die Hantelstange gesteckt worden wäre.
Die Ich-Erzählerin Trina berichtet ihrer Tochter Marica, die als Schülerin 1939 mit ihrer Tante nach Deutschland gegangen ist und seitdem keinen Kontakt zu ihren Eltern mehr hat, von ihrem Leben. Das Dorf im hintersten Krähwinkel ist bäuerlich geprägt, die Atmosphäre expressis verbis bildungsfern. Dies nutzt Balzano jedoch nicht, um geschickt mit Grau- und Leerstellen eine etwaige Uninformiertheit der Menschen zu erklären. Stattdessen schafft er mit apodiktischen Aussagen Puzzleteile, die einzeln vielleicht überzeugen, insgesamt aber nicht zusammenpassen.
Anschauliches Beispiel ist die Italianisierung. "Vom ersten Augenblick an hieß es: Wir gegen sie. Die Sprache des einen gegen die des anderen. Die Arroganz der plötzlichen Macht gegen das Pochen auf jahrhundertealte Wurzeln." Trotzdem lernt Trina Italienisch, um Lehrerin zu werden. Deutsch unterrichtet sie heimlich, dies jedoch nicht, um Widerstand zu leisten, sondern um als verliebte Frau "vor Erich zu glänzen". Ihr Tun fliegt auf, vom Vater unterstützt, setzt sie die klandestine Tätigkeit aber fort und kann sogar ihre Freundin Barbara dafür gewinnen. Diese wird deswegen an Trinas Hochzeitstag verhaftet und in der Folge verbannt.
Trina gibt den heimlichen Deutschunterricht auf, hält aber noch über zehn Jahre später fest: "Gleich nach der Hochzeit hatten wir ja auch mit meinem Lehrerinnengehalt gerechnet, da wir dachten, dass ich, Faschismus hin oder her, auf die eine oder andere Weise unterrichten könnte." Damit nicht genug. Ein Junge kriegt in der Schule Schläge, weil er kein Italienisch kann. Trina gibt ihm Nachhilfe. Aber 1940, als die italienischen Bekanntmachungen zum Bau des Staudamms aushängen? "Wenige in Graun konnten lesen, aber keiner verstand diese Sprache, die nur die Sprache des Hasses war." Sicher, das Vorgehen ist dadurch besonders perfide, die Darstellung der Sprachkampagne aber auch hübsch verschwurbelt.
Das Verhältnis beider Staaten zueinander bleibt ausgeblendet, der Stahlpakt von 1939 unerwähnt. Hitler ist als ferne Größe Gegenspieler zu Mussolini. "Auf Adolf Hitler zu hoffen war die einzige Rebellion." Das ändert sich erst mit dem Zweiten Weltkrieg, als Erich sieht, wie die Soldaten verheizt werden. Er geht mit Trina in die Berge, um dort den Krieg abzuwarten. Hier gelingen Balzano gute Szenen, die jedoch einzig das Grauen des Krieges, nicht aber die spezifische Situation der nationalen Minderheit beleuchten.
Mit dem Staudamm wird dann die verlorene Tochter Marica wieder auf den Plan gerufen. "Mit dir hätten wir die Kraft gefunden, woandershin zu gehen. Neu anzufangen." Nach der letzten Messe vor der Flutung wollen sie indes nur noch in Graun bleiben: "Ohne Interesse an der Zukunft und ohne irgendeine Gewissheit. Nur bleiben."
Weniger wäre mehr gewesen. Und anregender.
CHRISTIANE PÖHLMANN
Marco Balzano: "Ich bleibe hier". Roman. Aus dem Italienischen von Maja Pflug. Diogenes Verlag, Zürich 2020. 288 S., geb., 22,- [Euro].
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Die Geschichte eines Dorfes in Südtirol wird lebendig :
Bei Urlaubsfahrten nach Südtirol bietet der aus dem Reschensee aufragende Kirchturm ein markantes und nachhaltiges Bild, so dass das Cover des Romans „Ich bleibe hier“ schnell meine Blicke auf sich gezogen hat. …
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Die Geschichte eines Dorfes in Südtirol wird lebendig :
Bei Urlaubsfahrten nach Südtirol bietet der aus dem Reschensee aufragende Kirchturm ein markantes und nachhaltiges Bild, so dass das Cover des Romans „Ich bleibe hier“ schnell meine Blicke auf sich gezogen hat. Während mehrerer Aufenthalte in der Region bin ich häufiger auf Spuren der schicksalhaften Geschichte der Region gestoßen, so dass der Roman meine Neugierde geweckt hat.
Schwerpunkt der Erzählung ist die Zeit zwischen 1939 und 1943, er setzt jedoch schon ein paar Jahre früher an in der Jugend der Erzählerin Trina, die in Rückblicken ihre persönliche Geschichte zu Papier bringt. Sie richtet sich mit ihren Worten und Gedanken an ihre Tochter und versucht dieser die Lebensumstände der damaligen Zeit nahe zu bringen und den Verlauf ihrer Lebensgeschichte zu erzählen. Trinas Erzählung wirkt oft sehr reserviert und schroff, dennoch berührt ihre Geschichte.
Die unbeschwert wirkende Jugend Trinas und ihrer Freundinnen findet ein jähes Ende, als mit der Machtausweitung der Faschisten unter Mussolini ihre Träume von einer Arbeit als Lehrerinnen zerstört werden. Die Region soll Italienisiert werden, in den Schulen wird nur noch Italienisch unterrichtet, Straßen- und Ortsnamen werden ins Italienische übersetzt, eine gezielte Neuansiedelung italiensicher Bewohner soll die traditionell deutschsprachige Bevölkerung in die Minderheit drängen. Widerstand wird zunehmend gewalttätig geahndet, so dass sich Trina in Lebensgefahr begibt, als sie mithilft, im Untergrund die Kinder der Region in deutscher Sprache zu unterrichten. Gemeinsam mit ihrem Mann Erich bleibt Trina ihrer Heimat in wechselnden Machtverhältnissen treu, sie übersteht schicksalhafte Zeiten, nicht zuletzt der zweite Weltkrieg stellt für die Bevölkerung Norditaliens eine harte Probe dar. Auch die Pläne und Arbeiten zum Bau eines Staudamms, die bereits seit den 1920er Jahren die Region mit großflächigen Überschwemmungen bedrohen, sorgen nach Ende des Krieges für neue Unruhen.
Marco Balzano versteht es, mit einer schnörkellosen und gleichzeitig sehr präzisen und eindringlichen Sprache den Leser an dem oft entbehrungsreichen und durch wechselnde politische Einflüsse geprägten Leben der Bewohner dieser Region teilhaben zu lassen. Er fängt ihr Wechselspiel der Gefühle ein zwischen Resignation, Ohnmacht und erbitterter Wut. Vieles dreht sich in dem Roman um Entscheidungen, die den Lebensweg prägen und um die Optionen, die den Menschen trotz aller Unterdrückung bleiben.
Der Roman hat mich ausgesprochen beeindruckt und mein Verständnis wachsen lassen für den gelebten Stolz in der Region und ihr Bestreben für Unabhängigkeit.
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Im Zweiten Weltkrieg werden die Südtiroler zum Spielball der politischen Verhältnisse. Hitler und Mussolini treffen eine Abmachung und die Südtiroler sollen wählen, ob sie in ihrer Heimat bleiben oder auswandern ins „Deutsche Reich“. Viele Wandern aus, aber die junge …
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Im Zweiten Weltkrieg werden die Südtiroler zum Spielball der politischen Verhältnisse. Hitler und Mussolini treffen eine Abmachung und die Südtiroler sollen wählen, ob sie in ihrer Heimat bleiben oder auswandern ins „Deutsche Reich“. Viele Wandern aus, aber die junge Trina beschließt zu bleiben. Als ihr verboten wird, weiter als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich in Kellern und Scheunen. Sie bleibt in ihrer Heimat. Doch später will ein Energiekonzerneinen Stausee errichten und ihr Dorf soll überflutet werden. Trina leistet Widerstand mit aller Kraft.
Dies war mein erstes Buch des Autors Marco Balzano und es hat mich sehr beeindruckt. Die Beschreibungen lassen Bilder entstehen, die auf mich authentisch, aber auch ziemlich düster wirken. Das Leben in Südtirol ist hart und der Krieg trägt auch noch seinen Teil dazu bei. Als das alles überstanden ist, kommt der nächste Schlag – die Zurückgebliebenen sollen weichen, da ihre Heimat überflutet werden soll.
Das was dort in Südtirol geschehen ist, ist real, wie der Kirchturm beweist, der aus dem Rechensee ragt. Trina allerdings ist eine fiktive Person.
Wer am Rande des Braunkohltagesbaus lebt wie ich, kann gut nachvollziehen, was es bedeutet, wenn einem die Heimat genommen wird. Trina ist tief mit ihrer Heimat verwurzelt. Sie ist eine mutige und starke Frau, die es ihr Leben lang nicht leicht hat und vieles ertragen muss. Doch trotzdem kämpft sie und hat doch keine Chance, denn was können die Menschen schon gegen die wirtschaftlichen Interessen eines großen Konzerns ausrichten. Auch die anderen Charaktere sind authentisch dargestellt.
Diese sehr emotionale Geschichte stimmt sehr nachdenklich und hallt noch lange nach. Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen und ich kann ihn nur empfehlen.
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Wer macht sich schon groß Gedanken darüber, wenn er den aus dem Reschensee rausragenden Kirchturm sieht, welch traurige Geschichte dahinter steckt? Autor Marco Balzano widmet sich in dem Buch der sehr bewegenden Geschichte des Dorfes Graun in Südtirol. Das Buch ist in drei Teile …
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Wer macht sich schon groß Gedanken darüber, wenn er den aus dem Reschensee rausragenden Kirchturm sieht, welch traurige Geschichte dahinter steckt? Autor Marco Balzano widmet sich in dem Buch der sehr bewegenden Geschichte des Dorfes Graun in Südtirol. Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt und es wird abschnittsweise, anhand von Protagonistin Trina erzählt, die ihrer Tochter ihre Lebensgeschichte schildert. Es war sehr berührend und unglaublich, was diese Gegend alles durchmachen musste. Die Bergidylle wird jäh gestört, als der Krieg ausbrach. Die Faschisten machen den Bewohnern das Leben schwer, die Deutschen wollen sie nach Deutschland holen. Wer bleibt, wird diskriminiert. Sehr emotional beschreibt Trina, wie sie gemeinsam mit ihrem Mann Erich gegen diese Diskriminierungen ankämpfen und in die Berge flüchten. Alle sind glücklich, dass das Staudammprojekt nun auf Eis liegt. Doch nach dem Krieg wird dieses Projekt wieder vorangetrieben, auf Kosten der Menschen, der Tiere und der Natur. Mir hat der Einblick in die geschichtlichen Details der Gegend sehr gut gefallen. Der Autor schreibt zwar etwas sachlich, aber die Geschichte bietet auch nicht sonderlich viel erfreuliches. Das Buch ist sehr berührend und hat mir gut gefallen.
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Nach der Machtergreifung Mussolinis werden die deutschen Einwohner Südtirols vor die Entscheidung gestellt, entweder nach Deutschland zu gehen, oder zu bleiben – doch dann quasi als Mensch zweiter Klasse. Trina entscheidet sich bei ihrem Mann Erich zu bleiben, während ihre Tochter …
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Nach der Machtergreifung Mussolinis werden die deutschen Einwohner Südtirols vor die Entscheidung gestellt, entweder nach Deutschland zu gehen, oder zu bleiben – doch dann quasi als Mensch zweiter Klasse. Trina entscheidet sich bei ihrem Mann Erich zu bleiben, während ihre Tochter Marcia heimlich mit der Familie von Erichs Bruder Lorenz flieht.
Den Krieg in den Bergen versteckt überstanden, holt sie die Vergangenheit rasch wieder ein. Das Projekt Staudamm wird wieder in Angriff genommen und auch die Italiener dominieren weiter die daheimgebliebenen Deutschen.
Dieses Buch zeigt die innere Zerrissenheit zwischen Gehen und Bleiben der Bewohner am Beispiel Trina's Familie sehr deutlich auf, wobei dies auch exemplarisch für die verschiedenen Generationen stehen kann. Wer (seine Heimat aufgeben) kann, zieht nach Deutschland, worin vor allem die Jungen ihre Zukunft sehen. Die die zurück bleiben (müssen), werden in den Mühlen der Politik zermahlen. Was diese Umstände mit den Menschen machen, wird in diesem Buch sehr deutlich. Meines Erachtens ist Marco Balzano damit ein ergreifendes Buch zu einer Thematik gelungen, die vielleicht noch zu wenig bekannt ist. Sehr gern empfehle ich dieses Buch weiter!
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Der aus dem Reschensee herausragende Kirchturm ist inzwischen längst zu einer Postkartenattraktion und einem Touristenmagneten Südtirols geworden, doch das Wieso-Weshalb-Warum dahinter ist weit weniger pittoresk, ist der Turm doch das einzige sichtbare Überbleibsel eines im Rahmen …
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Der aus dem Reschensee herausragende Kirchturm ist inzwischen längst zu einer Postkartenattraktion und einem Touristenmagneten Südtirols geworden, doch das Wieso-Weshalb-Warum dahinter ist weit weniger pittoresk, ist der Turm doch das einzige sichtbare Überbleibsel eines im Rahmen eines eigentlich sinnlosen Staudammprojektes wie auch sein Nachbardorf nahezu vollständig gefluteten Dorfes.
Im Sommer 2020 hat Netflix den Kirchturm international nun noch einmal etwas bekannter werden lassen und wieder ein wenig mehr in den Mittelpunkt gerückt, als der Anbieter die fiktive Kurzserie „Curon“ veröffentlichte, die sich um ein Mysterium, eine Legende, rund um die (nicht vorhandenen) Glocken jenes Turms drehte – Marco Balzano verfolgt in „Ich bleibe hier“ allerdings einen grundsätzlich anderen Ansatz: In seinem Roman erzählt die dort geborene Trina als Ich-Erzählerin ihrer Tochter, die ansonsten aus ihrem Leben zu verschwunden sein scheint, wie es bereits sehr früh durchklingt, die Geschichte ihres Lebens, das mit der Geschichte Grauns bzw. Südtirols eng verwoben ist.
Die Erzählung ist dabei eher nüchtern, was überraschte und mich teils auch irritierte, da Trina quasi inmitten eines aufgewühlten Meeres leben musste und es kaum Ankerpunkte für sie gegeben haben zu schien; ich fand es sehr bewundernswert, wie stoisch sie häufig mit den sich teils sehr plötzlich verändernden Umständen umzugehen schaffte, wobei sie mir manchmal schon zu abgeklärt und unemotional erschien: Persönlich kann ich mir kaum vorstellen, wie man in ihrer Situation nicht irgendwann einfach nur kreuzunglücklich ist.
Im deutschsprachigen Südtiroler Schatten des sich immer weiter ausbreitenden italienischen Faschismus aufgewachsen, der ihre beruflichen Pläne zunichtemacht, wird sie im jungen Erwachsenenleben prompt mit dem deutschen Nationalsozialismus konfrontiert, als windige Ingenieure längst planen, ihre Heimat zu fluten, in der sich die Bewohner ohnehin keiner Nationalität wirklich zugehörig fühlen können: Die Region wird von außen eher als Fremdkörper aufgefasst, eine verbindungslose Insel, die man ohne Rücksichtnahme für sich vereinnahmen kann.
Trinas Widerstand ist dabei wohl ein wenig in ihrem Sturkopf begründet, aber vielmehr darin, dass ihr Ehemann sich von Anfang an beharrlich weigert, seine Heimat jemals aufzugeben geschweige denn zu verlassen: Meines Empfindens nach hat sie sich auch hier eher mit der Lage arrangiert und versucht einfach, das Beste daraus zu machen – und zu überleben, in der Hoffnung, dass der Krug letztlich vorübergehen möge, ohne zu zerbrechen.
Ich fand „Ich bleibe hier“ eine ungemein interessante Erzählung, weil das, was nun unter dem Reschensee verborgen liegt, so deutlich beschrieben wurde, und musste auch ein paar Mal beim Lesen pausieren, weil ich Trinas „Erlebnisbericht“ teilweise einfach sehr bedrückend und belastend fand bzw. sie mitunter einfach wahnsinnig um ihre relative Abgeklärtheit beneidete (um ihr im nächsten Moment ihre Coolness aber doch nicht ganz so sehr abzukaufen).
Die Lektüre empfehle ich zwar gerne weiter; man lernt so viel rund um die betroffene Region; würde aber nicht dazu raten, diesen Roman dann zu lesen, wenn man selbst grad persönlich etwas aufgewühlt oder deprimiert ist: Da wird Trina schnell zu einer Vorbildfigur, an der man gleich scheitert.
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Berührend und interessant
Zum Inhalt:
In dem schönen beschaulichen Bergdorf in Südtirol lebt Trina mit ihren Eltern. Die politische Lage ist hier nicht einfach, so kann Trina nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin nicht arbeiten, da die Faschisten sie nicht unterrichten lassen. Doch …
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Berührend und interessant
Zum Inhalt:
In dem schönen beschaulichen Bergdorf in Südtirol lebt Trina mit ihren Eltern. Die politische Lage ist hier nicht einfach, so kann Trina nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin nicht arbeiten, da die Faschisten sie nicht unterrichten lassen. Doch Trina unterrichtet heimlich in Kellern und Scheunen und begibt sich somit in Gefahr. Auch ihr Mann Erich macht sich so seine Gedanken und sucht verzweifelt Verbündete gegen den Bau des geplanten Staudamms. Als sich die Bevölkerung von Graun von 1939 bis 1943 entscheiden muss ob sie in ihrer Heimat bleiben, die von den Faschisten geführt wird oder nach Deutschland gehen wählen Trina und Erich ihre Heimat. Feindseligkeit, Verlust, Krieg und Vertreibung prägen Trinas Leben
Meine Meinung:
Marco Balzano hat einen schönen, jedoch unverblümten Schreibstil. Der Leser betrachtet Trinas Leben durch die Erzählung der Protagonistin, die dies ihrer Tochter, die sie immer wieder schmerzlich vermisst, schreibt oder gedanklich erzählt. Man begleitet Trina von ihrer Kindheit bis ins Alter und erfährt so, wie sie sich immer wieder den Widrigkeiten des Lebens stellen muss.
Geschichtliche Ereignisse werden dem Leser auf bedrückende Weise näher gebracht. Es wird schnell klar, dass ein Leben in Graun, bzw. der ganzen Region Südtirol (Alto Adige), bedingt durch seine Lage und den politischen Interessen, nicht einfach war. Ich konnte mich gut in Trina hineinversetzen und ihre Trauer, Wut, Enttäuschung, Angst und auch ihre Kraft nachempfinden. Was aber steht im Mittelpunkt der Geschichte? Trinas Lebensgeschichte oder die Planung und das Bauen des Stausees um Graun? Das wiederrum hat der Autor geschickt mit geschichtlichen Fakten verwoben. Obwohl der Autor am Ende des Buches ausdrücklich betont das es ihn hier nicht um die Geschichte von Graun direkt ging, sondern so wörtlich zitiert aus dem Buch:
„Hätte ich nicht sofort den Eindruck gehabt, dass die Geschichte dieser Gegend und des Staudamms sich dafür eignete, hier eine private und persönliche Geschichte anzusiedeln, in der sich die historischen Abläufe spiegeln und die die Möglichkeit bot, ganz allgemein über Verantwortungslosigkeit, über Grenzen, über Machtmissbrauch und die Bedeutung des Wortes zu sprechen, dann hätte ich trotz der Faszination, die dieser Ort auf mich ausübt, nicht genug Interesse aufgebracht, um diese Ereignisse zu studieren und einen Roman darüber zu schreiben.“ Gerade aber das Coverbild von dem Kirchturm in der Mitte des Sees und die Geschichte Grauns hat mein Interesse an diesem Buch geweckt und ich wurde nicht enttäuscht.
Fazit:
Ein Buch das berührt und gleichzeitig die geschichtlichen Abläufe der Region Südtirol dem Leser näher bringt.
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Buch mit Leinen-Einband
"Wie schön ist es, eine Heimat zu haben und eine Heimat, mit der man durch Geburt, Erinnerungen und Liebe verwachsen ist." (Otto von Bismarck)
Trina wächst in dem kleinen, idyllischen Bergdorf Graun in Südtirol auf. Wie ihre beiden Freundinnen wird sie Lehrerin. Doch die …
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"Wie schön ist es, eine Heimat zu haben und eine Heimat, mit der man durch Geburt, Erinnerungen und Liebe verwachsen ist." (Otto von Bismarck)
Trina wächst in dem kleinen, idyllischen Bergdorf Graun in Südtirol auf. Wie ihre beiden Freundinnen wird sie Lehrerin. Doch die Zeiten sind hart und Südtirol gehört auf einmal zu Italien. Deutsch zu sprechen und vor allem zu unterrichten wird in Zukunft verboten. Trotzdem unterrichten sie heimlich, doch die Strafen sind hoch, wenn man erwischt wird. Immer mehr Grauner überlegen nach Deutschland auszuwandern oder in Italien weiter als Menschen zweiter Klasse zu leben. Trina die sich in Erich verliebt und heiratet ist klar, dass sie Graun nicht verlassen werden. Der Krieg, der Verlust der Tochter und die Flucht in die Berge lassen, Trina und Erich weiter für die Zukunft hoffen. Als die Italiener beschließen, den angefangenen Staudamm weiterzubauen, der ihr Dorf überschwemmen wird, bleiben Trina und Erich weiterhin im Dorf. Dieses Energieprojekt ohne Rücksicht auf die Bewohner Grauns und die Natur, ist selbst heute noch nicht vergessen.
Meine Meinung:
Das Bild mit dem Kirchturm des Reschensees ist maßgebend für diese Geschichte. Für mich ist es das erste Buch dieses Autors, dessen Schreibstil interessant und unterhaltsam ist, für mich jedoch ziemlich emotionslos blieb. Dafür das es eine Geschichte sein sollte, die hauptsächlich um die Geschehnisse von damals gehen sollte, war sie mir zu oberflächlich. Ich habe das Gefühl, der Autor wollte etwas zu viel in diesem Buch. Dadurch bleiben die Charaktere relativ blass und von einigen erfahre ich sogar im Nachhinein gar nichts mehr. Selbst die Geschehnisse um Trina und Erich, den beiden um die es hauptsächlich hier geht, waren mir zu emotionslos. In der Anmerkung am Ende schreibt der Autor, das es ihm darum ging, das Leute nicht nur Spaß an dem Stausee haben, sondern erfahren sollten von den damaligen Erlebnissen und wie schwierig der Verlust für die Menschen war. Viele von uns kennen sicher diesen Kirchturm, der im Reschensee herausragt, doch kaum einer kennt die Geschichte und das Schicksal der damaligen Bewohner. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Autor noch etwas mehr auf die Bewohner eingeht. Sicher ist es nicht einfach zu recherchieren, da es viele weit verstreut hat oder inzwischen verstorben sind. Jedoch einige der jüngeren Bewohner wohnen heute noch oberhalb des Sees. Doch leider überlagern zu viel andere Nebengeschichten, wie Krieg, Verlust der Tochter, das damalige Schicksal, sodass Graun ein wenig in den Hintergrund gedrängt wird. Erst gegen Ende ist dann das Dorf wieder präsent. Natürlich war es für mich interessant zu sehen, wie die Tiroler Bevölkerung sich gegen die Italiener wehrten. Besonders überrascht war ich, als sie mit dem Verbot deutsch zu sprechen aufgetaucht sind und welche extremen Strafen sie gegen das Verbot hatten. So kann ich gut verstehen, dass selbst heute noch einige Südtiroler wütend auf die Italien sind. Doch die Ungerechtigkeit die, die Grauner Bevölkerung mit dem Staudamm erleben mussten, hat mich am meisten erschüttert. Das ist auch das, was mich an dem Buch am meisten interessiert hat. Alles andere war zwar gut, hätte ich jetzt aber nicht unbedingt so ausführlich gebraucht. Viel lieber wäre es mir gewesen, hätte der Autor manche Charaktere, die er begonnen hat beendet, statt der Fantasie des Lesers zu überlassen. So hat mich das Buch zwar in manchem ganz gut informiert, jedoch in einigem mit Fragen zurückgelassen, was mich doch ein wenig enttäuscht hat. Interessant dagegen war noch die Anmerkung des Autors, warum er dieses Buch geschrieben hat. Von mir gibt es darum nur 3 1/2 von 5 Sterne für dieses Buch.
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Buch mit Leinen-Einband
Trina lebt in einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Sie und ihre beiden Freundinnen Maja und Barbara sind dort aufgewachsen und sie werden alle drei Lehrerinnen. Doch die Faschisten verbieten ihr, als Lehrerin zu arbeiten. Die Leute aus dem Dorf müssen sich zwischen 1939 und 1943 …
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Trina lebt in einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Sie und ihre beiden Freundinnen Maja und Barbara sind dort aufgewachsen und sie werden alle drei Lehrerinnen. Doch die Faschisten verbieten ihr, als Lehrerin zu arbeiten. Die Leute aus dem Dorf müssen sich zwischen 1939 und 1943 entscheiden: Ob sie nach Deutschland auswandern oder Bürger zweiter Klasse in Italien sein wollen. Trina will bleiben, obwohl sie in ihrem Dorf nicht als Lehrerin tätig sein darf.
Trina verliebt sich in Erich Hauser und die beiden heiraten und bekommen zwei Kinder. Erich wird irgendwann eingezogen, denn fast alle Männer des Dorfes werden in den Krieg geschickt. Als er verletzt zurückkehrt und wieder eingezogen werden soll, fliehen sie in die Berge.
Als sie zurückkommen, steht zwar ihr Haus noch, doch ihr Dorf soll einem Stausee weichen. Ein weiterer Kampf beginnt. Trina und vor allem Erich kämpfen so sehr darum, dass der Stausee nicht gebaut und ihr Dorf nicht geflutet wird.
Der Schreibstil von Marco Balzano hat mir sehr gut gefallen. Klar und fließend kann man jede Seite dieser interessanten und eindringlichen Geschichte um Trina und ihre Familie verschlingen. Die Charaktere waren sehr schön und authentisch gezeichnet, auch die Geschichte selbst zog mich sofort in ihren Bann. Unfassbar, was viele Menschen zur damaligen Zeit durchmachen und erleiden mussten.
Dieser Roman zeigt, was manche Menschen durch Leid, Widerstand und Mut ausmacht und wofür sie mit Leib und Seele kämpfen. Dass diesen Mut viele Menschen haben sollten.
Fazit:
Ein wunderschön geschriebener, eindringlicher Roman, der mir sehr gut gefallen hat und noch nachhallt.
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Buch mit Leinen-Einband
Ein Stück Südtiroler Geschichte
An dem Kirchturm im Wasser bin ich als Kind einige Male staunend vorbei gefahren, wenn wir in Italien Urlaub gemacht haben. Erst später habe ich mich für die Geschichte der Orte am Reschensee interessiert. In diesem Buch lerne ich fiktive …
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Ein Stück Südtiroler Geschichte
An dem Kirchturm im Wasser bin ich als Kind einige Male staunend vorbei gefahren, wenn wir in Italien Urlaub gemacht haben. Erst später habe ich mich für die Geschichte der Orte am Reschensee interessiert. In diesem Buch lerne ich fiktive Menschen kennen, die hier gelebt und alles versucht haben, ihren Heimatort vor der Überflutung zu retten. Wenn ich das nächste Mal über den Reschen fahre und am See vorbei komme, werde ich die Kirchturmspitze mit anderen Augen sehen.
Trina Hauser erzählt ihre Geschichte und die Geschichte des kleinen Dorfes Graun im Vinschgau ihrer Tochter Marica. Wie sie als junge ausgebildete Lehrerin unter Mussolini und seinen Faschisten keine Anstellung bekam, den Kindern, die tagsüber in die italienische Schule gingen, abends im Schutz der Dunkelheit in Kellern und Scheunen deutsch beibrachte.
Wie sie in der Schreinerei ihres Vaters die Bücher führte. Wie immer mehr Italiener in die Dörfer kommen, es für Südtiroler jedoch keine Arbeit gibt und das Geld immer knapper wird. Dann kam Hitler und bot ihnen an, „heim ins Reich“ zu kommen. Ein Großteil der Bewohner nahm dieses Angebot an, Erich wollte unbedingt bleiben. Dann plötzlich ist Marica zusammen mit Trinas Schwester Alexandra und deren Mann Lorenz weg. Auch Trina und Erich werden bald zu Flüchtlingen.
Dann, endlich ist der Krieg vorbei. Nun soll ein Staudamm gebaut werden, der Trina und Erich endgültig die Heimat nimmt.
Eingeteilt in 3 große Kapitel „Die Jahre“, „Auf der Flucht“ und „Das Wasser“ durchlebe ich die Zeit zusammen mit Trina und Erich. Es macht mich traurig zu lesen, wie sich Trina und Erich im Laufe der Zeit verändern. Ich bewundere die Beiden, wie sie allen Entbehrungen zum Trotz an ihrer Heimat festhalten und dort weiterleben, als der Krieg vorbei ist.
Der Autor Marco Balzano zeichnet in seinem neuen Roman ein Stück der jüngeren Geschichte Südtirols nach, wobei die Flutung des Tales durch den neu erbauten Staudamm den traurigen Abschluss bildet.
Die Klappen des Buches zeigen vorne wie hinten eine Ansicht von Südtirol mit den Grenzen zu Österreich, der Schweiz und Italien.
Ein sehr interessantes und spannendes Buch, das so viel mehr kann, als nur ein kleines Stück Geschichte zu erzählen. Eine eher leise Geschichte um Trina und ihre Familie, die mir zu Herzen geht, die mich berührt und beeindruckt hat.
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Antworten 3 von 4 finden diese Rezension hilfreich
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Buch mit Leinen-Einband
Hier bleiben oder weggehen
Mit seinem Roman "Ich bleibe hier" entführt der Autor Marco Balzano seinen Leser in ein idyllisches Südtiroler Bergdorf und lässt ihn teilhaben an der Geschichte der Bewohner während der Zeit des zweiten Weltkrieges.
Sie haben die Wahl …
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Hier bleiben oder weggehen
Mit seinem Roman "Ich bleibe hier" entführt der Autor Marco Balzano seinen Leser in ein idyllisches Südtiroler Bergdorf und lässt ihn teilhaben an der Geschichte der Bewohner während der Zeit des zweiten Weltkrieges.
Sie haben die Wahl nach Deutschland auszuwandern oder Bürger zweiter Klasse zu werden.Die Lehrerin Trina entscheidet sich für ihr Zuhause und leistet bald Widerstand.
Das Thema ist interessant und hat mich anhand des Klappentextes sofort angesprochen. Die Geschichte ist traurig und bewegend. Leider konnte mich das Buch nicht so richtig überzeugen. Der Schreibstil war etwas monoton und den Protagonisten fehlt es an tieferem Charakter. Der geschichtliche Hintergrund dagegen ist sehr interessant.
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