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Mareike Fallwickl skizziert diesem feministischen Roman auf drastische Weise, was geschieht, wenn eine erschöpfte Mutter aufgibt, beschreibt die Lücken, die sie hinterlässt und die weibliche Wut, die bleibt. Sie seziert Tabuthemen, veraltete Rollenbilder und legt den Finger in die klaffenden Wunden unserer Gesellschaft.
Helene, Mutter von drei Kindern, steht beim Abendessen auf, geht zum Balkon und stürzt sich ohne ein Wort in den Tod. Die Familie ist im Schockzustand. Plötzlich fehlt ihnen alles, was sie bisher zusammengehalten hat: Liebe, Fürsorge, Sicherheit. Helenes beste Freundin
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Produktbeschreibung
Mareike Fallwickl skizziert diesem feministischen Roman auf drastische Weise, was geschieht, wenn eine erschöpfte Mutter aufgibt, beschreibt die Lücken, die sie hinterlässt und die weibliche Wut, die bleibt. Sie seziert Tabuthemen, veraltete Rollenbilder und legt den Finger in die klaffenden Wunden unserer Gesellschaft.

Helene, Mutter von drei Kindern, steht beim Abendessen auf, geht zum Balkon und stürzt sich ohne ein Wort in den Tod. Die Familie ist im Schockzustand. Plötzlich fehlt ihnen alles, was sie bisher zusammengehalten hat: Liebe, Fürsorge, Sicherheit.
Helenes beste Freundin Sarah, die Helene ihrer Familie wegen zugleich beneidet und bemitleidet hat, wird in den Strudel der Trauer und des Chaos gezogen. Lola, die älteste Tochter von Helene, sucht nach einer Möglichkeit, mit ihren Emotionen fertigzuwerden, und konzentriert sich auf das Gefühl, das am stärksten ist: Wut.

Autorenporträt
Mareike Fallwickl, 1983 in Hallein bei Salzburg geboren, lebt mit ihrer Familie im Salzburger Land. 2018 erschien Dunkelgrün fast schwarz. 2019 folgte Das Licht ist hier viel heller. Ihr Bestseller Die Wut, die bleibt war ein großer Erfolg bei Presse und Publikum. Die Bühnenfassung hatte im Sommer 2023 Premiere bei den Salzburger Festspielen. Mareike Fallwickl setzt sich für Literaturvermittlung ein, mit Fokus auf weiblichen Erzählstimmen. 
Rezensionen
Eine wunderbare Mischung aus Liebesgeschichte, aus Trennungsgeschichte, aus Ich bin einsam... Das hat mir an diesem Buch so eine stille Freude bereitet, die Beobachtungsgabe dieses Schriftstellers. (Christine Westermann) Christine ; Mona Westermann ; Ameziane Zwei Seiten - Podcast mit Christine Westermann + Mona Ameziane 20240220

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kritiker Kevin Hanschke lernt von Mareike Fallwickl, wie wichtig die meist von Frauen geleistete Care-Arbeit, also die Versorgung von Familie, Haushalt, Kind und Kegel, ist und wie sehr sie in der öffentlichen Debatte vernachlässigt wird. In Fallwicks Roman geht es um drei Frauen, so Hanschke, Helene, die den Druck nicht mehr aushält und vom Balkon springt, ihre Tochter Lola, die nach dem Suizid ihrer Mutter ihrer Wut auf das patriarchale System freien Lauf lässt, und Sarah, Helenes beste Freundin, die gewissermaßen deren Rolle einnimmt und die Versorgung der Familie übernimmt, so dass für den hinterbliebenen Ehemann Helene eigentlich alles beim alten bleißt, was wiederum Lola auf die Palme bringt. Der Rezensent bewundert dabei, wie die Autorin ihr Anliegen deutlich, aber nicht aufdringlich vermittelt und nimmt den Anreiz mit, für mehr - auch finanzielle - Beachtung dieser Art von Arbeit einzustehen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.02.2023

Im Spinnennetz des Patriarchats
Mareike Fallwickls Romanplädoyer für eine größere Beachtung der Care-Arbeit

Das Familienessen beginnt routiniert und endet in einer Tragödie. Erdäpfel mit Butter gibt es. Dem Vater fehlt das Salz. Die Kinder schreien. Die Mutter ist verzweifelt. Sie steht auf, macht drei Schritte zur Balkontür, "öffnet sie, schaut nicht zurück, macht noch zwei weitere Schritte. Und dann diesen einen." Sie stirbt. Und das schon auf Seite eins.

Diese energetisch beschriebene Szene aus dem neuen Roman von Mareike Fallwickl, "Die Wut, die bleibt", ist der Auftakt für eine Geschichte, die das Schicksal dreier Frauen - Helene, Sarah und Lola - nicht nur verhandelt, sondern den Leser in ihren Gedankenkosmos führt und dabei seziert, was es bedeutet, in dieser Zeit Frau zu sein. Helene, die beschriebene Mutter, und Sarah, die zweite Hauptfigur, sind Freundinnen aus Kindheitstagen, Lola hingegen ist die fünfzehnjährige und damit älteste Tochter Helenes.

Ihre Entscheidungen, mit dem Suizid umzugehen, sind dramatisch unterschiedlich. Lola sucht nach einer Möglichkeit, mit ihren Emotionen fertig zu werden, und konzentriert sich auf das Gefühl, das am stärksten ist: Wut. Sarah hingegen auf Fürsorge. Dieser Unterschied sorgt für Spannung, denn Helene hinterlässt mit ihrem Suizid eine Leere im Leben ihres Mannes Johannes, ihrer Kinder und der besten Freundin Sarah, die ein gegenteiliges Leben lebt, als junge Autorin gefragt ist und sich gegen Kinder entschieden hat. Zudem hat Sarah eine Affäre mit einem viel jüngeren Mann.

Doch als Johannes sie um Hilfe bittet, springt sie mit Selbstverständlichkeit ein - wieder kümmert sich eine Frau fürsorglich um den Witwer. Auch bei Sarah entsteht Bitterkeit über die Passivität von Johannes und über ihren Partner Leon, der es sich allzu bequem bei ihr macht. Trotz ihres Selbstbewusstseins kann sie dem patriarchalen Gebaren der beiden Pantoffelhelden nichts entgegensetzen.

Anders entwickelt sich Helenes Tochter Lola. Nach dem Tod der Mutter wird sie aus der Bahn geworfen und zur Aktivistin: als Vertreterin der jüngsten Feministinnen-Generation. Sie ist woke, gendert, liest das Missy Magazin, ist politiktheoretisch und soziologisch auf dem neuesten Stand, fährt Skateboard, trägt kurze Haare und lange Klamotten. "Du bist erbärmlich", sagt Lola, "ihr alle. Ihr denkt, ihr habt die große Freiheit, dabei seid ihr umgeben von den Gitterstäben der Gesellschaft und checkt nicht mal, dass ihr im Käfig hockt."

Fallwickl wurde 1983 im Salzburger Land geboren und hat sich auch in anderen Romanen mit der Rolle von Frauen in der Gesellschaft auseinandergesetzt. Ihre Frauenfiguren sind stark und dennoch von Widersprüchen geprägt. Auch Lola ist trotz allem Aufbegehren und der Kritik an der alten Feminismusgeneration - "Ihr hattet alle Möglichkeiten, ihr konntet studieren und kocht dennoch für die Männer" - von den gesellschaftlichen Konventionen geprägt.

Lola und ihre Freundin Sunny wollen der erlebten Ohnmacht etwas entgegensetzen und besuchen einen Selbstverteidigungskurs. Daraus entwickelt sich eine Frauenkampfgruppe, die sich uniformiert, kahl rasiert und durch unzerbrechliche Schwesternschaft auszeichnet. Sie genießen es, sich an den Männern zu rächen, zurückzuschlagen, und berauschen sich an der Macht, die ihnen körperliche Gewalt verleiht: "Die Kraft in ihrem Faustschlag ist die Wut aller Frauen dieser Welt." Trotz aller Aktionen ist ein Ende des patriarchalen "Spinnennetzes" nicht in Sicht. Doch die Rachemomente sind so humorvoll aufgeschrieben, dass der Kampf der Mädchengruppe durchaus sinnvoll wirkt.

Doch die Stärke des Romans liegt in einem anderen Bereich. Ganz subtil greift Fallwickl gesellschaftliche Phänomene der Gegenwart auf und arbeitet sie in den Roman ein. Die dreifache Mutter Helene ist besonders wegen der Corona-Pandemie und der Schulschließungen am Ende ihrer Kräfte. Der Alltag der Mütter besteht aus dem Organisieren des Alltags - diese "Care-Arbeit" werde kaum wertgeschätzt, insbesondere von Männern, ist Fallwickls These. Sie beschreibt das Gefühl des Eingeengt-Seins und den Wunsch der Frauen nach einem Ausbruch aus diesen Strukturen. Immer wieder tauchen auch Diskussionen auf, ob solche Tätigkeiten des Sorgens und Sich-Kümmerns entlohnt werden sollten - Kinderbetreuung, Altenpflege und familiäre Unterstützung. All diese Arbeiten sind fürs Funktionieren einer Gesellschaft essenziell, das zeigt auch Fallwickls Roman, nach dessen Lektüre man nur einen Schluss ziehen kann: Sie müssen noch mehr wahrgenommen und im besten Fall auch monetarisiert werden. KEVIN HANSCHKE

Mareike Fallwickl: "Die Wut, die bleibt". Roman.

Rowohlt Verlag, Hamburg 2022. 384 S., geb., 22,- Euro.

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