Robert Seethaler
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Das Feld
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Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken könnten, wovon würden sie erzählen? Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat nun endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat. Eine andere hatte siebenundsechzig Männer, doch nur einen hat sie geliebt. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er. In Robert Seethalers neuem Roman geht es um das, was sich nicht fassen lässt. Es ist ein Buch der Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit an...
Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken könnten, wovon würden sie erzählen? Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat nun endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat. Eine andere hatte siebenundsechzig Männer, doch nur einen hat sie geliebt. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er. In Robert Seethalers neuem Roman geht es um das, was sich nicht fassen lässt. Es ist ein Buch der Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit anderen verbunden. Sie fügen sich zum Roman einer kleinen Stadt und zu einem Bild menschlicher Koexistenz.
Robert Seethaler, geboren 1966 in Wien, ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Drehbuchautor. Seine Romane "Der Trafikant" (2012), "Ein ganzes Leben" (2014) und "Das Feld" (2018) wurden zu großen internationalen Publikumserfolgen. Seine Bücher wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Mit seinem Roman "Ein ganzes Leben" stand er auf der Shortlist des International Booker Prize. Zuletzt erschien von ihm der Roman "Der letzte Satz" (2020) bei Hanser Berlin. Robert Seethaler lebt in Berlin und Wien.

©Urban Zintel
Produktbeschreibung
- Verlag: Hanser / Hanser Berlin
- Artikelnr. des Verlages: 516/26038
- 5. Aufl.
- Seitenzahl: 238
- Erscheinungstermin: 4. Juni 2018
- Deutsch
- Abmessung: 208mm x 134mm x 25mm
- Gewicht: 352g
- ISBN-13: 9783446260382
- ISBN-10: 3446260382
- Artikelnr.: 50537519
Herstellerkennzeichnung
Hanser Berlin
Lehrter Straße 57 Haus 4
10557 Berlin
info@hanser.de
© BÜCHERmagazin, Anna Gielas
Das Stimmkonzert der Toten von Paulstadt
Robert Seethaler ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller. Nach seinem Weltbestseller "Ein ganzes Leben" erscheint nun "Das Feld", ein Gegen- und Ergänzungsstück zugleich.
Die siebtletzte Seite dieses Romans endet mit dem Satz: "Von nun an geht es schnell." Nicht nur schnell zum Schluss des Buchs, sondern auch mit Connie Busses Schicksal. Und da wir zuvor bereits 27 andere Schicksale von Robert Seethaler erzählt bekommen haben, wissen wir, wohin es auch Connie Busse führen wird: auf den Friedhof, "das Feld", wie die Einheimischen ihn nennen. Daher hat der Roman seinen Titel, und bis auf eine sind alle seine dreißig Stimmen die von Toten.
Die
Robert Seethaler ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller. Nach seinem Weltbestseller "Ein ganzes Leben" erscheint nun "Das Feld", ein Gegen- und Ergänzungsstück zugleich.
Die siebtletzte Seite dieses Romans endet mit dem Satz: "Von nun an geht es schnell." Nicht nur schnell zum Schluss des Buchs, sondern auch mit Connie Busses Schicksal. Und da wir zuvor bereits 27 andere Schicksale von Robert Seethaler erzählt bekommen haben, wissen wir, wohin es auch Connie Busse führen wird: auf den Friedhof, "das Feld", wie die Einheimischen ihn nennen. Daher hat der Roman seinen Titel, und bis auf eine sind alle seine dreißig Stimmen die von Toten.
Die
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überlebende ist die des Erzählers. Nur im ersten Kapitel ist sie zu hören, wenn sie uns nach Paulstadt führt, zu Harry Stevens (von dem wir da noch nicht wissen, dass er so heißt) auf eine Bank unter einer Birke inmitten des kommunalen Gräberfelds. Jeden Tag sitzt Harry hier, "als junger Mann wollte er die Zeit vertreiben, später wollte er sie anhalten, und nun, da er alt war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie zurückzugewinnen". Solche lapidaren Sätze mit so viel Wahrheit und Weisheit schreibt nur Seethaler.
Er schreibt auch, mit Blick in Harrys Kopf: "Er dachte, dass der Mensch vielleicht erst dann endgültig über sein Leben urteilen konnte, wenn er sein Sterben hinter sich gebracht hatte." Aber diese Kunst beherrscht natürlich niemand. Außer der Literatur, zu deren Repertoire schon immer - und bevorzugt - Reisen ins Totenreich gehörten, von Homer über Dante bis zu Jenny Erpenbeck. Und in seinem vorherigen Roman, "Ein ganzes Leben", erschienen 2014 und ein Erfolg weit über die deutschen Sprachgrenzen hinaus, hatte Seethaler zwar nicht das Jenseits betreten, aber aus einer Perspektive jenseits des Lebens seines Protagonisten Andreas Egger erzählt - wie man es eben machen muss, wenn es titelgemäß um ein ganzes Leben geht. Denn das kann aufs Sterben nicht verzichten.
Ganze Leben sind nicht das Thema von "Das Feld". Es ist vielmehr das Stimmkonzert einer Provinzstadtbevölkerung, deren jede einzelne Persönlichkeit unentbehrlich ist fürs kleine Ganze. Einige der 29 Gestorbenen bekommen nur Kapitel mit einer einzigen Seite, das umfangreichste zählt deren sechzehn, und es ist auffällig, dass die fünf längsten sämtlich Frauen gewidmet sind, die aber wiederum insgesamt in der Minderzahl sind (zwölf gegenüber siebzehn Männern). Man muss sich den Aufbau dieses Buchs so genau ansehen, denn Robert Seethaler ist ein formbewusster Autor. Und nacherzählen kann man 29 Einzelschicksale in keiner Rezension. Ja, eigentlich auch in keinem Roman.
Doch "Das Feld" tut es, und Seethalers Trick besteht darin, dass er jeweils einzelne Episoden aus den individuellen Leben herausgreift, die für diese besonders bezeichnend sind. Gelegentlich sind Kapitel miteinander durch personelle Überschneidungen verknüpft. So erfährt man zum Pfarrer Hoberg nicht nur aus seinem eigenen Mund (alle Kapitel bis auf das einleitende sind in Ich-Perspektive gehalten) von seinem seltsamen Ende, sondern eben dieser Seltsamkeit wegen auch von anderen Erzählern. Sie sind sich sämtlich einander Zeitgenossen; die Handlungsdauer, begrenzt durch ihr Lebensalter, umfasst die Jahre vom Zweiten Weltkrieg bis in die unmittelbare Gegenwart. Einige Personen lieben sich gegenseitig.
Niemand erwarte jedoch, dass hieraus ein Kleinstadtroman entstehe. Paulstadt bleibt blasser als jeder einzelne seiner 29 Bewohner, die hier zu Wort kommen. Die Ortschaft dient allein als größerer Rahmen für Seethalers Personalbasis, und der Friedhof als kleinerer sorgt dann für die Auswahl daraus. War Andreas Egger im "Ganzen Leben" ein Romanheld im klassischen Sinne (literarisch gemeint, nicht biographisch), so wird in "Das Feld" ein ganzes Gefüge in den Blick genommen, lauter Leben, um die es sämtlich leise geblieben wäre, hätte sich nicht Seethalers Phantasie und Kompositionsgeschick ihrer angenommen. Das liest sich anders als "Ein ganzes Leben", komplexer, herausfordernder, aber der Tonfall ist geblieben und damit das Charakteristikum dieses Erzählers. Keine Rede davon, dass er sich dreißig unterschiedliche Stimmlagen für seine dreißig Kapitel gesucht hätte.
Existentiell muss man diesen aufs Gerippe der Sprache reduzierten Tonfall nennen, hier ist kein Raum für opulente Rhetorik, geschweige denn für Sprachspielereien. Ein harscherer Bruch gegenüber Seethalers Frühwerk, den Romanen "Die Biene und der Kurt", "Die weiteren Aussichten" und "Jetzt wirds ernst", erschienen zwischen 2006 und 2010, ist kaum denkbar, denn diese Bücher waren lustvolle Farcen, Typen- statt Charakterstudien, und als jeweils skurrile Glückssuchen höchst amüsant. Der Umschwung kam 2012 mit "Der Trafikant", Seethalers erster Geschichte, die in die Vergangenheit zurückführte und dann gleich in die schlimmste, in die NS-Zeit, vorgeführt am Beispiel Wiens nach dem "Anschluss". Nunmehr rückten größere Themen in den Fokus, die Menschlichkeit an sich stand in Frage. Dadurch zog ein Ernst in Seethalers Prosa ein, der seinen passenden Ausdruck in Kargheit suchte, die aber "Der Trafikant" mit einem prominenten Protagonisten wie Sigmund Freud noch nicht erreichen konnte. Konsequenterweise suchte sich Seethaler für "Ein ganzes Leben" dann einen Allerweltshelden, der tatsächlich in aller Welt als Held erkannt wurde: weil dessen Erlebnisse so viel über die Befähigung des Menschen aussagen, sein Schicksal zu meistern. Und sei es nur vor sich selbst.
Das mag ein utopischer Zug in Seethalers Werk sein, doch mit "Das Feld" ist ihm nun nicht einmal mehr das Gelingen der vielen Lebensentwürfe interessant, sondern die Würde, die selbst noch im Scheitern - und es scheitern etliche Paulstädter, auch vor sich selbst - unberührt bleibt. Diese Liebe Seethalers zu seinen Figuren wiederum berührt bei der Lektüre. Und wenn man dann auf Seite 233 den eingangs zitierten Satz liest: "Von jetzt an geht es schnell", dann schluckt man, denn er gilt ja nicht nur für Connie Busse, sondern auch für die eigene Lektüre von "Das Feld", die man sich länger wünscht, so viel länger.
ANDREAS PLATTHAUS
Robert Seethaler: "Das Feld". Roman.
Hanser Berlin Verlag, Berlin 2018. 239 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Er schreibt auch, mit Blick in Harrys Kopf: "Er dachte, dass der Mensch vielleicht erst dann endgültig über sein Leben urteilen konnte, wenn er sein Sterben hinter sich gebracht hatte." Aber diese Kunst beherrscht natürlich niemand. Außer der Literatur, zu deren Repertoire schon immer - und bevorzugt - Reisen ins Totenreich gehörten, von Homer über Dante bis zu Jenny Erpenbeck. Und in seinem vorherigen Roman, "Ein ganzes Leben", erschienen 2014 und ein Erfolg weit über die deutschen Sprachgrenzen hinaus, hatte Seethaler zwar nicht das Jenseits betreten, aber aus einer Perspektive jenseits des Lebens seines Protagonisten Andreas Egger erzählt - wie man es eben machen muss, wenn es titelgemäß um ein ganzes Leben geht. Denn das kann aufs Sterben nicht verzichten.
Ganze Leben sind nicht das Thema von "Das Feld". Es ist vielmehr das Stimmkonzert einer Provinzstadtbevölkerung, deren jede einzelne Persönlichkeit unentbehrlich ist fürs kleine Ganze. Einige der 29 Gestorbenen bekommen nur Kapitel mit einer einzigen Seite, das umfangreichste zählt deren sechzehn, und es ist auffällig, dass die fünf längsten sämtlich Frauen gewidmet sind, die aber wiederum insgesamt in der Minderzahl sind (zwölf gegenüber siebzehn Männern). Man muss sich den Aufbau dieses Buchs so genau ansehen, denn Robert Seethaler ist ein formbewusster Autor. Und nacherzählen kann man 29 Einzelschicksale in keiner Rezension. Ja, eigentlich auch in keinem Roman.
Doch "Das Feld" tut es, und Seethalers Trick besteht darin, dass er jeweils einzelne Episoden aus den individuellen Leben herausgreift, die für diese besonders bezeichnend sind. Gelegentlich sind Kapitel miteinander durch personelle Überschneidungen verknüpft. So erfährt man zum Pfarrer Hoberg nicht nur aus seinem eigenen Mund (alle Kapitel bis auf das einleitende sind in Ich-Perspektive gehalten) von seinem seltsamen Ende, sondern eben dieser Seltsamkeit wegen auch von anderen Erzählern. Sie sind sich sämtlich einander Zeitgenossen; die Handlungsdauer, begrenzt durch ihr Lebensalter, umfasst die Jahre vom Zweiten Weltkrieg bis in die unmittelbare Gegenwart. Einige Personen lieben sich gegenseitig.
Niemand erwarte jedoch, dass hieraus ein Kleinstadtroman entstehe. Paulstadt bleibt blasser als jeder einzelne seiner 29 Bewohner, die hier zu Wort kommen. Die Ortschaft dient allein als größerer Rahmen für Seethalers Personalbasis, und der Friedhof als kleinerer sorgt dann für die Auswahl daraus. War Andreas Egger im "Ganzen Leben" ein Romanheld im klassischen Sinne (literarisch gemeint, nicht biographisch), so wird in "Das Feld" ein ganzes Gefüge in den Blick genommen, lauter Leben, um die es sämtlich leise geblieben wäre, hätte sich nicht Seethalers Phantasie und Kompositionsgeschick ihrer angenommen. Das liest sich anders als "Ein ganzes Leben", komplexer, herausfordernder, aber der Tonfall ist geblieben und damit das Charakteristikum dieses Erzählers. Keine Rede davon, dass er sich dreißig unterschiedliche Stimmlagen für seine dreißig Kapitel gesucht hätte.
Existentiell muss man diesen aufs Gerippe der Sprache reduzierten Tonfall nennen, hier ist kein Raum für opulente Rhetorik, geschweige denn für Sprachspielereien. Ein harscherer Bruch gegenüber Seethalers Frühwerk, den Romanen "Die Biene und der Kurt", "Die weiteren Aussichten" und "Jetzt wirds ernst", erschienen zwischen 2006 und 2010, ist kaum denkbar, denn diese Bücher waren lustvolle Farcen, Typen- statt Charakterstudien, und als jeweils skurrile Glückssuchen höchst amüsant. Der Umschwung kam 2012 mit "Der Trafikant", Seethalers erster Geschichte, die in die Vergangenheit zurückführte und dann gleich in die schlimmste, in die NS-Zeit, vorgeführt am Beispiel Wiens nach dem "Anschluss". Nunmehr rückten größere Themen in den Fokus, die Menschlichkeit an sich stand in Frage. Dadurch zog ein Ernst in Seethalers Prosa ein, der seinen passenden Ausdruck in Kargheit suchte, die aber "Der Trafikant" mit einem prominenten Protagonisten wie Sigmund Freud noch nicht erreichen konnte. Konsequenterweise suchte sich Seethaler für "Ein ganzes Leben" dann einen Allerweltshelden, der tatsächlich in aller Welt als Held erkannt wurde: weil dessen Erlebnisse so viel über die Befähigung des Menschen aussagen, sein Schicksal zu meistern. Und sei es nur vor sich selbst.
Das mag ein utopischer Zug in Seethalers Werk sein, doch mit "Das Feld" ist ihm nun nicht einmal mehr das Gelingen der vielen Lebensentwürfe interessant, sondern die Würde, die selbst noch im Scheitern - und es scheitern etliche Paulstädter, auch vor sich selbst - unberührt bleibt. Diese Liebe Seethalers zu seinen Figuren wiederum berührt bei der Lektüre. Und wenn man dann auf Seite 233 den eingangs zitierten Satz liest: "Von jetzt an geht es schnell", dann schluckt man, denn er gilt ja nicht nur für Connie Busse, sondern auch für die eigene Lektüre von "Das Feld", die man sich länger wünscht, so viel länger.
ANDREAS PLATTHAUS
Robert Seethaler: "Das Feld". Roman.
Hanser Berlin Verlag, Berlin 2018. 239 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Andreas Platthaus könnte ewig weiterlesen in Robert Seethalers Reise ins Totenreich. Leider sind es "nur" 29 Tote, die der Autor zu Wort kommen und auszugsweise aus ihrem Leben berichten lässt, findet Platthaus. Auch wenn die Provinz, in der diese Toten lebten, kaum fassbar wird und Seethaler den Figuren immer die gleiche (seine) Stimme leiht, ihre miteinander verbundenen Geschichten werden für den Rezensenten umso plastischer. Seethalers Fantasie und Konstruktionsgeschick scheinen Platthaus einmal mehr bemerkenswert, ebenso sein reduzierter Ton. Und wie der Autor seinen Figuren Würde verleiht, sogar im Scheitern, berührt Platthaus tief.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Geht doch: Dieses Buch über die Toten eines Dorfes beweist, dass subtile literarische Qualität und Bestseller-Erfolg sich nicht ausschließen müssen." Die Zeit, 04.10.2018 "Wenn ich auf mein Leben irgendwann zurückblicke, wovon würde ich erzählen? [...] Genau das macht die Qualität dieses Buches aus. Die sanfte Wucht des Persönlichen, die in jeder einzelnen Geschichte liegt. [...]Der österreichische Autor ist einer meiner Lieblingsautoren." Christine Westermann, WDR 2, 09.09.18 "Selten war ein Totentanz unterhaltsamer!" Denis Scheck, ARD druckfrisch, 02.09.18 "Einer jener raren Romane, die einen existentiell berühren und verändern können." Denis Scheck, SWR, 19.07.18 "Seethaler achtet darauf, Erwartungen nicht zu simpel zu bedienen ...
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Seethalers Humor ist nüchtern wie sein Sinn für das Drama." Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau, 27.06.18 "Das alles ist so wunderbar arrangiert, ... dass man mit dem Lesen eigentlich gar nicht mehr aufhören möchte, dass man traurig ist, zum Schluss zu kommen ... Das was er beherrscht wie wenig andere Autoren in der deutschen Literaturgeschichte, ist, allen seinen Figuren eine ganz tiefe Würde zu verschaffen." Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.06.18 "Robert Seethaler ist ein Meister des unheroischen Erzählens. In ihren besten Momenten erinnert Robert Seethalers Erzählung von der sanften Schönheit des Scheiterns an den Literaturheiligen Robert Walser." Iris Radisch, Die Zeit, 07.06.18 "Wenn ein Autor 29 Tote ihr Kleinstadt-Leben erzählen lässt; wenn es ihm gelingt, den Leser noch mit der banalsten Episode zu berühren, ohne aus der Jenseits-Nummer Kitsch werden zu lassen; wenn er die Biografien Stück für Stück zusammenwachsen lässt und einen Roman daraus macht - dann muss das ein großer Erzähler sein. Seethaler eben." Stephan Hebel, Frankfurter Rundschau, 22.06.18 "Robert Seethaler ist der große Zimmermann der deutschsprachigen Literatur." Philipp Haibach, Die Welt, 03.06.18 "Dieser leiseAutor kann Stille und das Ende beschreiben, wie niemand sonst ... Seethaler ist ein Meister der unsentimentalen Einfachheit, des Augenblicks, des Ephemeren, alles schwebt, alles ist leicht, auch das Schwere, und alles geht zu Ende, irgendwann, irgendwie, und dazwischen leben wir unsere Leben." Elke Heidenreich, Focus, 02.06.18 "Formvollendet. Mit seiner schnörkellosen, poetischen Sprache schafft Seethaler es, jedem Lebensentwurf seine Berechtigung zu geben. Verlust, Liebe, Hoffnung und Einsamkeit - die Emotionen der Menschen so unpathetisch präzise zu beschreiben ist große Kunst, die Seethaler mit seinem genauen Blick meisterhaft beherrscht." ZDF Aspekte, 01.06.18
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Ein alter Mann schlendert fast jeden Tag über den Paulstädter Friedhof, auf dem zahlreiche Bürger der Stadt begraben liegen. Er ist überzeugt davon, Stimmen zu hören und zwar Stimmen der Toten. Auch wenn er diese nicht verstehen kann, reicht seine Fantasie aus, sich …
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Ein alter Mann schlendert fast jeden Tag über den Paulstädter Friedhof, auf dem zahlreiche Bürger der Stadt begraben liegen. Er ist überzeugt davon, Stimmen zu hören und zwar Stimmen der Toten. Auch wenn er diese nicht verstehen kann, reicht seine Fantasie aus, sich auszumalen, was diese zu sagen hätten.
Robert Seethaler hat einen Roman geschrieben mit einer ungewöhnlichen Perspektive. Er handelt davon, was die Toten über ihr Leben zu sagen hätten, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen würden. Herausgekommen sind keine nüchternen Bilanzen, sondern Erinnerungsfetzen, Erfahrungen und Beziehungsgeschichten.
Auch wenn die Geschichten selbst nicht melancholisch sind, schwingt Melancholie mit, da dem Leser stets die besondere Perspektive bewusst ist. Die Beziehungen zwischen den Menschen stehen im Fokus. Dabei geht es nicht um Belehrung, Reue, Rechtfertigung oder Anklage, sondern um leicht verdauliche Erzählungen.
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Seelisch bereichernd
Nach zwei ebenfalls erfolgreichen Vorgängern ist dem österreichischen Schriftstellers Robert Seethaler mit dem aktuellen Roman «Das Feld» erneut ein Bestseller gelungen. In Abkehr von seinen bisherigen Themen hat er sich narrativ dabei dem Tod gewidmet, …
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Seelisch bereichernd
Nach zwei ebenfalls erfolgreichen Vorgängern ist dem österreichischen Schriftstellers Robert Seethaler mit dem aktuellen Roman «Das Feld» erneut ein Bestseller gelungen. In Abkehr von seinen bisherigen Themen hat er sich narrativ dabei dem Tod gewidmet, und zwar aus einer ungewöhnlichen Perspektive, es sind die Toten selbst, die da post mortem erzählen. Als Kosmos dient ihm eine fiktive Kleinstadt, und sein Romantitel weist als erzählerischen Quell den Ort aus, auf dem ein alter Mann Stimmen hört, den Friedhof von Paulstadt, dort nur «Das Feld» genannt. Kein gefälliger Erzählstoff also, ein Tabuthema auch noch, und trotzdem ein Bestseller?
Im ersten Kapitel «Die Stimmen» sinniert der alte Mann, auf seiner vermoderten Holzbank sitzend, inmitten des Gräberfeldes über die Toten, die rings um ihn herum ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. «Er malte sich aus, wie es wäre, wenn jede der Stimmen noch einmal Gelegenheit bekäme, gehört zu werden.» Es sind 29 Gestorbene, die da als Ich-Erzähler in ebenso vielen, unterschiedlich großen Kapiteln zu Wort kommen und von ihrem Leben und Sterben erzählen, wobei sich ihre Wege immer wieder kreuzen in einem lockeren Erzählgeflecht. Die Liebe ist natürlich ein Thema, von gescheiterten Beziehungen bis zum Händchenhalten noch im Tod, vom Sex mit einem dicken Geliebten bis zur Frau mit 67 Männern, von denen sie nur einen geliebt hat. Ein verwirrter Pfarrer zündet seine Kirche an, ein arabischer Gemüsehändler bringt die Asche seiner Eltern in die Heimat, ein korrupter Bürgermeister berichtet in Briefform von seinen Schandtaten, ein Spielsüchtiger zerstört sein Leben, ein Junge begeht Suizid im Froschteich, ein anderer erzählt von dem Autounfall, bei dem er stirbt. Wir begleiten den Briefträger auf seiner Runde, der Autohändler erlebt den glücklichsten Tag seines Lebens, der beste Freund verschwindet spurlos für immer, ein Bauer verkauft listig sein wertloses Land. Vom beruflichen Aufstieg eines Zeitungsverlegers wird erzählt und vom Niedergang eines Schuhgeschäfts, vom Sterben einer Hundertfünfjährigen und am Ende auch von einer harmlos scheinenden Verletzung im Urlaub. «Was ist das für ein Strich, Mama? Was meinst du? Der rote Strich an deinem Arm, schau mal, er sieht aus wie eine Straße!» Die Familie ist auf der Heimfahrt, schon kurz vor dem Ziel. «Fred sieht mich an. Dann schaltet er einen Gang zurück und gibt Gas. Von jetzt an geht es schnell» endet das Kapitel lapidar.
Erstaunt hat mich, dass ein Roman über das Sterben und den Tod so entspannend sein kann. Robert Seethaler erzählt sehr gelassenen vom Leben bis zu seinem Ende, wobei es hier kein Totenreich gibt wie bei Dante, weder Himmel noch Hölle, er weist den Toten lediglich eine Stimme zu und lässt sie ganz selbstverständlich mit den Lebenden kommunizieren. Seine Herangehensweise dabei geht konsequent von der menschlichen Würde aus, er diffamiert seine Figuren nicht, sondern beschreibt sie wertfrei mit wenigen treffenden Worten, geradezu plastisch, und zeichnet damit stimmig ein auf seinen Wesenskern reduziertes Panoptikum gelebten Lebens.
Der Autor hat es vorgezogen, seinen Figuren, die ja allesamt das Sterben bereits hinter sich haben, eine einheitliche, klare und treffsichere Sprache zu unterlegen. Bekanntlich macht der Tod alle gleich, und so ist es thematisch angemessen und auch logisch, auf eine unterschiedliche Diktion zu verzichten bei diesen jenseitigen Stimmen. Außerdem reduziert der Autor mit seinem narrativen Kunstgriff das Jenseits gekonnt auf das rein Sprachliche. Und was da episodenweise ziemlich gelassen erzählt wird, das kann man nur als unpathetische Antwort auf die Sinnfrage deuten, es sind jedenfalls überraschende Reflexionen und selten vernommene Lebensweisheiten. Der seines fraktionellen Aufbaus wegen zwar nicht gerade leicht zu lesende, aber versöhnlich stimmende Roman ist insoweit auch existenziell sehr berührend, - seelisch bereichernd ist er als zeitloses Werk allemal.
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eine Stadtbeschreibung vom Friedhof
Nur ein Österreicher kann auf die Idee kommen, den Friedhofs von Paulstadt zum Leben zu erwecken.
Erst war ich ein wenig enttäuscht, dass die Geschichte des verrückte Pfarrers nicht vertieft wird. So haben wir keinen echten Roman, sondern …
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eine Stadtbeschreibung vom Friedhof
Nur ein Österreicher kann auf die Idee kommen, den Friedhofs von Paulstadt zum Leben zu erwecken.
Erst war ich ein wenig enttäuscht, dass die Geschichte des verrückte Pfarrers nicht vertieft wird. So haben wir keinen echten Roman, sondern eher eine Sammlung von Kurzgeschichten vor uns, denen einzig gemeinsam ist, dass die Ich-Erzähler auf dem Friedhof in Paulstadt leben.
Während ich noch dem Pfarrer nachtrauere – übrigens kommt die Religion bei den Toten nie gut weg, einige Paulstädter waren in ihrer Jugend sehr katholisch, es nutzte nichts – einige Kapitel nicht verstehe, taucht die Erzählung vom Bürgermeister auf, der nicht nur keiner Frau aus dem Weg gehen konnte, nein wir hören vom Einsturz des Daches mit drei Toten. Die tote Frau wiederum konnte so ihre schlechte Ehe beenden, der Mann war auch nicht begeistert.
Die einzelnen Kapitel sind eher kleine Romane, die ihre Lebensgeschichte erzählen. Manchmal nur teilweise, selten mit Kindheit, nicht immer ist die Todesursache klar. Fast immer geht es entweder um den Beruf, wie bei dem Journalisten, der 39 Jahre für den Paulstädter Boten geschrieben hat oder um die Liebe. Der alte Mann des ersten Kapitel ist nicht der einzige Lebende, ebenso lebt Camille, aber sie verlässt Paulstadt.
Es kommen mir Gedanken auf, ob es nicht besser gewesen wäre, nur eine Geschichte zu schreiben. Die Loveparade in Duisburg erzählt von den Toten wäre wohl zu makaber, aber der Untergang der Titanic, das ginge.
Nichtsdestotrotz erhalten wir mit den vielen Mosaiksteinen (die FAZ hat einen Statistiker dafür angestellt) doch ein recht gutes Bild von Paulstadt, von der die Süddeutsche weiß, dass es im Süddeutschen Sprachraum liegt. Ich möchte hinzufügen, dass Berge von Paulstadt nicht zu sehen sind. Der Postbote weiß noch, dass man die Stadt von Nord nach Süd in 25 Minuten, von West nach Ost in nicht einmal 20 Minuten durchläuft (S.135). Eine Straßenbahn wurde geplant, aber abgelehnt. Auf der Marktstraße gibt es mehrere Geschäfte.
Also Paulstadt ist deutlich größer als Unterleuten. Da trifft es sich gut, dass die Mittagsstunde von Dörte Hansen als nächstes auf meinem Leseplan steht. Wegen einiger nicht verstandener Geschichten muss vergebe ich 4 Sterne. Ein Inhaltsverzeichnis hätte dem Buch ebenso gut getan. Dann müsste ich nicht dem Statistiker der FAZ glauben.
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Die Geschichten der Toten des Feldes, des Friedhofes des kleinen Städtchens, sind wie ein Palimpsest. Denn die neuen Toten werden auf den alten begraben ('Man rutscht ab mit der Zeit', S. 99) und erzählen dann ihre Geschichten - und damit so ganz nebenbei auch die Geschichte ihrer Stadt. …
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Die Geschichten der Toten des Feldes, des Friedhofes des kleinen Städtchens, sind wie ein Palimpsest. Denn die neuen Toten werden auf den alten begraben ('Man rutscht ab mit der Zeit', S. 99) und erzählen dann ihre Geschichten - und damit so ganz nebenbei auch die Geschichte ihrer Stadt. Sie handeln von den Dramen des Lebens wie auch vom kleinen Glück, das für die Einzelnen nicht selten das große ist. Liebe, Tod, Glück und Tragik liegen nah beieinander, nicht selten auch im selben Haus. Manche stellen sich ihren Lebenslügen, andere halten selbst im Tod noch daran fest - wie die Menschen eben sind. Schön ist die Verbundenheit einiger Figuren, die bei manchen enger (beispielsweise als Paar), bei anderen nur lose besteht. Auf diese Weise erlebt man beim Lesen immer wieder eine unterschiedliche Sicht auf dasselbe Geschehen, was immer wieder faszinierend ist.
Es ist ein Buch, das unglaublich die Phantasie anregt, denn Vieles wird nur angedeutet. Jedoch stets in einem Maße, das ausreicht, um eine Vorstellung zu vermitteln und schon beginnen die eigenen Gedanken eigene Wege zu gehen. Der Postbote - welches Drama spielt sich bei ihm daheim ab? Mit wem sitzt die Witwe auf der Terrasse? Was war Buxters letzte Tat? Es gibt mehr Fragen als Antworten, aber das macht auch den Reiz dieses Buches aus.
Doch mit einer Sache haderte ich: Der Tonfall war für alle Toten annähernd gleich. Ob ein Kind oder eine alte Frau erzählen - die Unterschiede sind marginal und fallen kaum ins Gewicht. So wird es schwer, die einzelnen Stimmen als Person im Gedächtnis zu behalten, es sind die Geschichten, die sich einem einprägen müssen.
Dennoch eine schöne Lektüre mit viel Raum für die eigene Phantasie.
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In “Das Feld“ geht Robert Seethaler der Frage auf den Grund, was die Toten des Paulstädter Friedhofs wohl nach ihrem Tod erzählen würden und gibt den Verstorbenen eine Stimme.
Ganz Verschiedenes hätten sie wohl zu berichten und als Leser hört man bei einem …
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In “Das Feld“ geht Robert Seethaler der Frage auf den Grund, was die Toten des Paulstädter Friedhofs wohl nach ihrem Tod erzählen würden und gibt den Verstorbenen eine Stimme.
Ganz Verschiedenes hätten sie wohl zu berichten und als Leser hört man bei einem Spaziergang über den Friedhof die einzelnen Personen sprechen. Der eine erzählt unverblümt aus seinem Leben, ein anderer stellt sich die Frage 'Was wäre gewesen, wenn?' und der nächste berichtet von seinem eigenen Tod.
Von der ersten Seite an taucht man ein in Paulstadts Welt und lauscht den verschiedenen Geschichten, Erzählungen und Überlegungen der verstorbenen Bewohner.
Die einzelnen Protagonisten werden kurz aber markant und eindringlich beschrieben. Zu allen kann man beim Lesen schnell eine Verbindung aufbauen und man bekommt eine recht genaue Vorstellung der Personen und der detailliert und bildlich geschilderten Handlungsorte.
Nach und nach erkennt man die Verknüpfungen zwischen den einzelnen Erzählungen und alles fügt sich harmonisch zu einem verständlichen Gesamtbild zusammen.
Seethaler ist es gelungen, mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Die einzelnen erzählten Episoden der unterschiedlichsten Charaktere haben mich beim Lesen sehr berührt.
Für das wundervolle Buch, das zum Nachdenken anregt vergebe ich eine klare Leseempfehlung.
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Hörbuch-Download MP3
„Das Feld“ von Robert Seethaler habe ich nicht gelesen, sondern gehört. Ungekürzte Autorenlesung. Und bin restlos begeistert! Unbedingte Lese- bzw. Hörpflicht!
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut: „Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken …
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„Das Feld“ von Robert Seethaler habe ich nicht gelesen, sondern gehört. Ungekürzte Autorenlesung. Und bin restlos begeistert! Unbedingte Lese- bzw. Hörpflicht!
Klappentext beschreibt den Inhalt sehr gut: „Wenn die Toten auf ihr Leben zurückblicken könnten, wovon würden sie erzählen? Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat nun endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat. Eine andere hatte siebenundsechzig Männer, doch nur einen hat sie geliebt. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er. In Robert Seethalers neuem Roman geht es um das, was sich nicht fassen lässt. Es ist ein Buch der Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit anderen verbunden. Sie fügen sich zum Roman einer kleinen Stadt und zu einem Bild menschlicher Koexistenz.“
Die toten Bewohner dieser kleinen Stadt, alle mit vollem Namen aufgeführt, erzählen ihre (Lebens-)Geschichten. Manche sind etwas länger, manche sind kurz, manche bestehen nur aus einem Wort. Und in (fast) jeder Geschichte kommt das Feld oder die Felder, in verschiedenen Kontexten, vor.
Der Charme des Ganzen entwickelt sich erst nach und nach. Tipp für Ungeduldige: Den Anfang, falls er nicht attraktiv genug vorkommen sollte, einfach durchhalten. Der Roman ist wirklich stark und absolut großartig. Spätestens nach einer Stunde, beim Hörbuch, findet man sich bestens zurecht und fühlt sich wohl, geborgen, aber auch gespannt und noch vieles mehr. Es entsteht eine Art Sog, da kann man nicht mehr aufhören, wobei Pauseneinlegen auch eine gute Idee ist, denn der Stoff ist reichhaltig und manchmal auch intensiv.
Die Vielfalt an Themen beeindruckt ungemein. Es geht um das Leben und alles, was es ausmacht: Liebe, Freundschaft, Familie mit all ihren hellen und dunklen Seiten, um Männer und Frauen, Krieg und Frieden, Wahrheiten und Lügen, um Jungsein und Altwerden, um menschliche Würde, um die Träume, und Fluch oder Segen, diese zu verwirklichen, um den richtigen oder falschen Partner, um das Leben verpfuschen, verprassen, einer Sucht anheimfallend, oder auch das Leben als ein unauffälliger Beamter verbringen, oder doch etwas wagen und am Ende nicht erreichen können uvm.
Die Vielfalt der Erzähltechniken ist ebenso spektakulär: mal kommt eine Stakkato-Etüde in kurzen, abgehackten Sätzen, mal überrascht uns der Autor mit einer Elegie. Später taucht ein spannendes längeres oder auch ein kurzes, knappes Stück. Dabei ist die Form nie ein Selbstzweck, sondern stets ein Mittel, das sein Ziel erreicht und die Leser in die Lebensgeschichten, Charaktere, die damit aufkommende Atmosphäre usw. eintauchen lässt.
Dieses Werk kommt mir wie ein großartiges, vielfältiges, von Talent und meisterhaftem Können geprägtes Musikstück vor, eine Sinfonie, die sämtliche Register des menschlichen Daseins zieht, das Ganze an die Leser/Zuhörer trägt und ihn dabei bestens unterhält.
Oder man betrachtet das als eine Portraitgalerie, bestehend meist aus einfachen Menschen: Handwerkern, Kaufleuten, Servicekräften. Der Bürgermeister ist aber auch dabei. So entsteht aus Puzzleteilchen nach und nach ein Bild. Der Gesellschaft wird Spiegel vor Augen gehalten. Dieses Gemälde macht nachdenklich: Was ist das menschliche Leben? Was ist Liebe? Was ist der Tod? Welche Bedeutung hat das alles? Uvm.
Mal musste ich aber auch auflachen, denn Humor ist genauso ein Bestandteil dieses Romans wie alles andere.
Viel kann man noch über dieses Werk schreiben, besser, man erlebt es selbst.
Robert Seethaler hat sehr gut gelesen, wie ein Profi-Sprecher. Manchmal ist es von Vorteil, wenn der Autor selbst sein Werk interpretiert, hier ist es absolut der Fall. Kann mir hier keinen besseren Erzähler vorstellen, denn so unterschiedlich die Figuren sind, so liest er sie auch.
Fazit: Unbedingt lesen/ hören. Ein literarisches Highlight dieses Sommers.
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