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"Der perfekte literarische Page-Turner." THE GUARDIAN Ein Netz aus Glück und Schicksal
Neuseeland, zur Zeit des Goldrausches 1866: Als der Schotte Walter Moody nach schwerer Überfahrt nachts in der Hafenstadt Hokitika anlandet, trifft er im Rauchzimmer des örtlichen Hotels auf eine Versammlung von zwölf Männern, die einer Serie ungelöster Verbrechen nachgehen: Ein reicher Mann ist verschwunden, eine opiumsüchtige Hure hat versucht, sich das Leben zu nehmen, und eine ungeheuerliche Summe Geld wurde im Haus eines stadtbekannten Säufers gefunden. Mit der Stimme von Sascha Rotermund wird der…mehr

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Produktbeschreibung
"Der perfekte literarische Page-Turner." THE GUARDIAN
Ein Netz aus Glück und Schicksal

Neuseeland, zur Zeit des Goldrausches 1866: Als der Schotte Walter Moody nach schwerer Überfahrt nachts in der Hafenstadt Hokitika anlandet, trifft er im Rauchzimmer des örtlichen Hotels auf eine Versammlung von zwölf Männern, die einer Serie ungelöster Verbrechen nachgehen: Ein reicher Mann ist verschwunden, eine opiumsüchtige Hure hat versucht, sich das Leben zu nehmen, und eine ungeheuerliche Summe Geld wurde im Haus eines stadtbekannten Säufers gefunden. Mit der Stimme von Sascha Rotermund wird der Hörer hineingezogen in ein Geheimnis, wie mit Goldstaub bestreut und in Opium getränkt.

(4 mp3-CDs, Laufzeit: ca. 30h 43)
Autorenporträt
Sascha Rotermund, Jahrgang 1974, studierte Schauspiel in Hannover. Es folgten zahlreiche Engagements an Theatern von Bremen bis Berlin. Im Fernsehen war er u. a. in der ZDF-Serie Küstenwache und in der RTL-Comedy 4 Singles zu sehen. Seit 2003 ist Sascha Rotermund außerdem ein gefragter Hörbuchinterpret und Synchronsprecher und lieh seine Stimme u. a. Joaquin Phoenix, Christian Bale, Jon Hamm in Mad Men, Omar Sy in Ziemlich beste Freunde sowie Benedict Cumberbatch in Star Trek - Into Darkness.
Trackliste
MP3 CD 1
1Eleanor Catton: Die Gestirne08:35:00
MP3 CD 2
1Eleanor Catton: Die Gestirne08:09:00
MP3 CD 3
1Eleanor Catton: Die Gestirne07:17:00
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2015

Wenn die Sonne im Steinbock steht, wird dem Goldgräber ganz blümerant

Horoskopdeutung ist nichts für schwache Naturen: Die Neuseeländerin Eleanor Catton hat mit ihrem 1000-Seiten-Opus "Die Gestirne" einen neoviktorianischen Sensationsroman geschrieben. Sie treibt ein ausgebufftes Spiel mit den Erwartungen des Lesers.

Von Felicitas von Lovenberg

Wenn Sie mit einem Buch in der Tasche das Haus verlassen, die Tasche auf den Beifahrersitz stellen und prompt das piepsende "Bitte anschnallen" ertönt, hat man es eindeutig mit einer schweren Lektüre zu tun. Tatsächlich stammt der dickste Wälzer in dieser Saison der gewichtigen Titel (Franzen, Knausgård, Witzel) ausgerechnet von einer Frau, einer ganz jungen noch dazu.

Eleanor Catton wurde vor dreißig Jahren im kanadischen Ontario geboren und wuchs in Christchurch, Neuseeland, auf. Bereits ihr - mit knapp vierhundert Seiten auch nicht eben schmaler - Debütroman "The Rehearsal" von 2008, 2010 unter dem Titel "Anatomie des Erwachens" bei Arche erschienen, beeindruckte durch eine so komplexe wie fesselnde Erzählweise. Schon in dieser Geschichte, die unter anderem um das Verhältnis eines Lehrers mit seiner Schülerin und damit um die Frage Missbrauch oder Liebe kreist, kam der Zeit eine Schlüsselrolle zu.

Diesmal hat Eleanor Catton das organisierende Prinzip ganz in den Mittelpunkt eines Romans gerückt, der gleich in mehrfacher Hinsicht um "Sphären innerhalb einer Sphäre" kreist - astrologisch, geographisch und literaturgeschichtlich. "Die Gestirne" kommt im rauschenden Kleid eines neoviktorianischen Sensationsromans daher (in dessen Saum manches Nugget verarbeitet wurde, aber dazu später), und verrät die Zeit, die ihn hervorgebracht hat, erst, als die Erzählerin die Uhren im letzten Drittel rückwärts laufen lässt. Erst da bekommt der Leser Gelegenheit, sich auf einige der Rätsel, die zuvor in epischer Fülle vor ihm ausgebreitet wurden, seinen Reim zu machen.

Zeit spielt in diesem Roman einerseits keine Rolle, weil Eleanor Catton sich die Freiheit nimmt, über die Muße ihrer Leser mit größter Selbstverständlichkeit zu verfügen - und zugleich beruht alles auf ihr und den korrespondierenden Sternbildern und Planetenstellungen. Diesen wiederum folgt Catton nicht auf herkömmlich-banale, also Glückshoroskop-geeichte Weise, sondern auf der wissenschaftlichen Grundlage der Präzession. (Wer jetzt bereits zu googlen anfängt, bekommt eine Ahnung davon, was ihn bei der Lektüre erwartet - gemeint ist die Richtungsänderung der Erdachse, die sich nicht nur auf die Definition eines Jahres, sondern auch auf die Bestimmung der Tierkreiszeichen auswirkt.) Dementsprechend ist das Verzeichnis der handelnden Personen unterteilt in zwölf "Sterne" (wie die Tierkreiszeichen) und sieben "Planeten", und alle zwölf Teile des Romans werden eröffnet von einem frei gezeichneten Horoskop, das die Einflüsse, denen die Figuren gerade unterliegen, sichtbar macht, noch bevor der Roman sie ausführt.

"Merkur im Schützen" ist das erste Kapitel des ersten Teils überschrieben, der 465 Seiten umfasst und, wie alle folgenden Teile auch, die Geschehnisse eines einzigen Tages umfasst, des 27. Januars 1866. Und wie es sich für einen anständigen Schmöker im Stil des neunzehnten Jahrhunderts gehört, sind die Kapitel mit kleinen Zusammenfassungen überschrieben: "in welchem ein Fremder nach Hokitika kommt, eine geheime Versammlung gestört wird, Walter Moody seine neuesten Erinnerungen verbirgt und Thomas Balfour eine Geschichte zu erzählen beginnt".

Wie so vieles an diesem Roman sind auch diese Einführungen natürlich ein Fake, und zwar ein überaus gekonntes. Denn es gelingt Eleanor Catton, viele postmoderne Verspannungen des großen Lektüren zugeneigten Lesers gleich zu Beginn derart geschickt zu lockern, dass ihr erleichtert aufatmender Klient (Patient? Opfer?) schon fast zu schnurren beginnt - gäbe es nicht klare Indizien von Aufgesetztheit und Künstlichkeit, die einen misstrauisch und wachsam bleiben lassen. Das beginnt mit der äußerst artifiziell anmutenden Runde jener zwölf Männer, die sich zur Eröffnung im Rauchzimmer des Crown Hotel versammelt haben, und in deren Mitte der junge Schotte Walter Moody als Fremder hereinplatzt, der die Steinchen der Erzählung ins Rollen bringt. Allein wie Catton hier zunächst ein Stillleben inszeniert, das sie dann in ein immer lebhafteres, ausladenderes Tableau vivant verwandelt - das verrät die Könnerschaft einer Autorin, die genau weiß, wie sie Wirkung erzielt. Man geht ihr also immer auf den Leim.

Der Roman erzählt so viele Geschichten, wie er Figuren hat, und noch einige mehr, weil in der Goldgräberstadt Hokitika, ganz wie im Kosmos, alle mit allen zusammenhängen. Ihren Auftritt hat mit einem raffinierten Hotelier, einem ehrgeizigen Lokalpolitiker, einem aufklärerisch veranlagten Zeitungsjournalisten, einem selbstgefälligen Gerichtsschreiber, einem undurchsichtigen Handelsagenten, einem chinesischen Goldschmied oder einem jadesuchenden Maori eine internationale Vielzahl von Stereotypen, wie sie auch ein Charles Dickens im Roman hätte unterbringen können. Allerdings hätte es bei Dickens stets eine klare Bedeutungshierarchie der Figuren gegeben, auf die Catton weitgehend verzichtet - sieht man einmal davon ab, dass Planeten, anders als Sterne, ihr eigenes Gravitationsfeld haben. Zu den Planeten zählt sie Walter Moody, der indes die erste Hälfte des Romans über keine andere Funktion erfüllt als die, ganz Ohr zu sein für die Geschichten, die ihm die zwölf Herren auftischen. Zu den Planeten gehören aber auch die beiden Frauenfiguren in dieser Männergesellschaft, die zwar zahlenmäßig deutlich in der Minderheit sind, den Roman aber trotzdem klar dominieren. Zum einen ist da die ausgebuffte Lebedame Lydia Wells Carver, die einst einem Glücksspieler ihre Hand statt des gewonnenen Jackpots gab und nun als dessen geschäftstüchtige Witwe in Hokitika auftaucht. Die Sonne, um die alle kreisen, aber ist Anna Wetherell, die wir zu Beginn als opiumsüchtige Prostituierte kennenlernen, in deren Kleidern ein Unbekannter ein Vermögen in Goldklumpen eingenäht hat - eines der vielen Verstecke des Romans. Außerdem erfahren wir, dass Anna, offensichtlich durch die brutale Misshandlung eines Mannes, eine Fehlgeburt erlitten hat. Diese Frau, die erst in ihrer Opiumschläfrigkeit, dann in ihrer Klammheit, später in ihrer stillen Trauer die Herzen aller Männer rührt, die ihr begegnen, ist das versehrte Zentrum des Buchs. Ihr Mond-Gegenüber ist der den größten Teil des Buchs über unsichtbare Emery Staines, der es auf den Goldfeldern zu einem Vermögen gebracht hat und allseits um seine Fortüne beneidet wird. Wie er und Anna zusammenhängen, erweist sich erst am Ende, als Eleanor Catton in immer schnellerer Abfolge die Ereignisse beleuchtet, die vor dem 27. Januar 1866 lagen. Dass sie dabei die Geschehnisse zunehmend vom Text in die Kapitelzusammenfassungen verlegt, bis diese fast länger sind als das Folgende, gehört zu den vielen augenzwinkernden Spielereien, mit denen die Autorin immer wieder verblüfft und amüsiert. Es ist ihre Art, den Leser bei der Stange zu halten, denn der Roman hat auf seinen tausend Seiten durchaus einige Längen. So unblutig die Verbrechen und so keusch die Liebe daherkommen, so unterkühlt wird auch von mächtigen Motiven wie Habgier, Machtstreben oder Geltungssucht erzählt. Die unbeteiligte und zugleich hochtrabende Erzählhaltung des ausschließlich in der "Wir"-Form sprechenden Schicksals, das alles weiß und alles sieht, aber nicht alles sagt, und bei dem, was es sagt, nichts empfindet, droht im Lauf des Romans von einem grandiosen Einfall zur Masche zu werden. Ein wenig fühlt man sich wie die zahlenden Teilnehmer bei Lydia Wells' Séance, die in "einem Ton, der sowohl leise wie verschwörerisch war", ein ums andere Mal gefragt werden, ob sie bereit seien, die bei solchen Totenbefragungen geltenden Regeln zu akzeptieren: ein "Vielleicht" würde hier zum sofortigen Ausschluss führen.

Eleanor Catton betrachtet ihren Schauplatz, die auf brüchigen Goldgräberhoffnungen in Windeseile erstandene Stadt Hokitika an der Westküste Neuseelands, wie eine große Theaterbühne, auf der sie Personen auf- und abtreten lässt. Dabei ist sie Autorin, Regisseurin, Dramaturgin, Bühnenbildnerin und Ausstatterin in einem. Auf die beiden letzten Aufgaben versteht sie sich grandios: wie sie Menschen, Kleidung, Zimmer, Häuser und Landschaften schildert, hat kinematographische Qualität. Insgesamt jedoch beherrscht diese frappierend souveräne und mit allen Wilkie-Collins-Wassern (ein Vorbild der "Gestirne" ist dessen Roman "Die Frau in Weiß") gewaschene Autorin ihre Themen, ihren Schauplatz und ihre Figuren (und deren Horoskope) derart genau, dass sich die Unfreiheit irgendwann überträgt.

Walter Moody, im ersten und längsten Teil als reiner Zuhörer gewissermaßen Stellvertreter des Lesers im Roman, fasst nach Manier des Klassenbesten den Eindruck, womöglich geschickt manipuliert zu werden, so zusammen: "Ich behaupte, dass es keine ganzen Wahrheiten gibt, sondern nur Wahrheiten in Bezug auf etwas - und das, darin werden Sie mir zustimmen, ist immer eine Frage der Perspektive. Ich glaube nicht, dass irgendeiner von Ihnen sich heute Abend einen Meineid hat zuschulden kommen lassen. Ich bin sicher, dass Sie mir die Wahrheit erzählt haben und nichts als die Wahrheit. Aber Ihre Perspektiven sind sehr zahlreich, und Sie werden mir verzeihen, wenn ich Ihre Geschichte nicht als ein Ganzes auffasse."

Derartige Zweifel werden ebenso kalkuliert eingestreut wie die zahlreichen apodiktisch vorgetragenen Charakterisierungen der Personen, auf die man indes nicht viel geben darf, da alle Figuren Einflüssen unterworfen sind, die je nach himmlischer Konstellation gute Anlagen in schlechte Eigenschaften und umgekehrt niedere Instinkte in hehre Motive ummünzen können. Und den Mangel an kosmischer Fürsorge durch Liebe zu ihren Figuren zu kompensieren, ist Cattons Sache nicht.

Etwas eintönig wird auf Dauer das Prinzip des Zusammentreffens, dem jegliche Handlung des Romans unterworfen ist - wie auf dem Theater eben. Introspektion, Entwicklung und tiefe Gefühle, also die Urelemente der Literatur, hält Catton in ihrem 19.-Jahrhundert-Imitat eher kurz. Dass sie diese durchaus beherrscht, zeigen Passagen wie jene, in der wir von der anrührenden Zuneigung des schwerfälligen Hoteliers Edgar Clinch zu der nichtsahnenden Anna erfahren, oder in den zwischen Anhänglichkeit und Unterwürfigkeit changierenden Briefen, mit denen der verstorbene Crosbie Wells einst eine brüderliche Beziehung zu dem Politiker Alistair Lauderback aufzubauen suchte.

Womöglich steht dem Roman am Ende seine eigene Ambition im Weg. Denn dahinter verbirgt sich eine Eigenschaft, die allen Künstlern gerne zugestanden wird, aber in ihren Werken möglichst nicht spürbar sein sollte: Eitelkeit. Je länger die Lektüre währt (und sie währt sehr lang), umso mehr drängt sich der Eindruck auf, dass hier jemand unbedingt einen Coup landen wollte - was der bislang jüngsten Booker-Preisträgerin 2013 denn auch gelang. Mit etwas weniger Kontrolliertheit, Absicht und Perfektion hätte aus diesem beeindruckenden Wurf über das Zusammenspiel von Zufall und Schicksal ein wahres Lieblingsbuch werden können. So aber bleibt es bei jener distanzierten Bewunderung, mit der man auch den Lauf der Sterne und Planeten betrachtet. Die vielfach ausgezeichnete Melanie Walz hat den Roman in ein farbenprächtiges, dabei leicht formelles Deutsch gebracht, das seinem historisierenden Gestus absolut entspricht.

Eleanor Catton: "Die Gestirne". Roman.

Aus dem Englischen von Melanie Walz. btb Verlag, München 2015. 1040 S., geb., 24,99 [Euro].

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