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"EIN ATEMBERAUBENDER DEBÜTROMAN." PUBLISHERS WEEKLYWas bedeutet es, in den letzten Jahren der Sowjetunion erwachsen zu werden - in einem Staat kurz vor dem Zerfall? Dieser Roman verwebt auf beeindruckende Weise die turbulente Geschichte eines Landes mit dem Schicksal einer verlorenen Jugend und erzählt dabei von einer unerschütterlichen Freundschaft zweier Mädchen zwischen Unsicherheit und Aufbruch.Anja und ihre beste Freundin Milka wachsen in den Achtzigerjahren am Stadtrand von Moskau auf. Während ihre Eltern gezeichnet sind von den Entbehrungen der Vergangenheit, blicken die beiden Mä...
"EIN ATEMBERAUBENDER DEBÜTROMAN." PUBLISHERS WEEKLY
Was bedeutet es, in den letzten Jahren der Sowjetunion erwachsen zu werden - in einem Staat kurz vor dem Zerfall? Dieser Roman verwebt auf beeindruckende Weise die turbulente Geschichte eines Landes mit dem Schicksal einer verlorenen Jugend und erzählt dabei von einer unerschütterlichen Freundschaft zweier Mädchen zwischen Unsicherheit und Aufbruch.
Anja und ihre beste Freundin Milka wachsen in den Achtzigerjahren am Stadtrand von Moskau auf. Während ihre Eltern gezeichnet sind von den Entbehrungen der Vergangenheit, blicken die beiden Mädchen einer Zeit der Umbrüche und Reformen entgegen. Frech und lebenshungrig versuchen sie, jeden Schnipsel westlicher Popkultur in die Finger zu kriegen. «We Are the Champions» ist für sie mehr als nur ein Lied, es ist eine Parole. Aber Anjas Jugend nimmt durch eine unerwartete Tragödie ein jähes Ende - und gleichzeitig der Staat, der ihr Zuhause bedeutet hat. Noch vor dem Fall desEisernen Vorhangs beschließt sie, zum Studieren in die USA zu gehen und dort zu bleiben. Doch beim Versuch, sich im Sehnsuchtsland ihrer Jugend eine neue Heimat aufzubauen, merkt sie, dass sich die eigene Herkunft nicht einfach abschütteln lässt und ein Neuanfang nur möglich ist, wenn die Geister der Vergangenheit begraben sind.
Eine zeitlose Geschichte darüber, was politisches Erbe für den Einzelnen bedeutet Sinnlich - explosiv - hoffnungsvoll Für die Leser:innen von Nino Haratischwili und Katerina Poladjan
Was bedeutet es, in den letzten Jahren der Sowjetunion erwachsen zu werden - in einem Staat kurz vor dem Zerfall? Dieser Roman verwebt auf beeindruckende Weise die turbulente Geschichte eines Landes mit dem Schicksal einer verlorenen Jugend und erzählt dabei von einer unerschütterlichen Freundschaft zweier Mädchen zwischen Unsicherheit und Aufbruch.
Anja und ihre beste Freundin Milka wachsen in den Achtzigerjahren am Stadtrand von Moskau auf. Während ihre Eltern gezeichnet sind von den Entbehrungen der Vergangenheit, blicken die beiden Mädchen einer Zeit der Umbrüche und Reformen entgegen. Frech und lebenshungrig versuchen sie, jeden Schnipsel westlicher Popkultur in die Finger zu kriegen. «We Are the Champions» ist für sie mehr als nur ein Lied, es ist eine Parole. Aber Anjas Jugend nimmt durch eine unerwartete Tragödie ein jähes Ende - und gleichzeitig der Staat, der ihr Zuhause bedeutet hat. Noch vor dem Fall desEisernen Vorhangs beschließt sie, zum Studieren in die USA zu gehen und dort zu bleiben. Doch beim Versuch, sich im Sehnsuchtsland ihrer Jugend eine neue Heimat aufzubauen, merkt sie, dass sich die eigene Herkunft nicht einfach abschütteln lässt und ein Neuanfang nur möglich ist, wenn die Geister der Vergangenheit begraben sind.
Eine zeitlose Geschichte darüber, was politisches Erbe für den Einzelnen bedeutet Sinnlich - explosiv - hoffnungsvoll Für die Leser:innen von Nino Haratischwili und Katerina Poladjan
Kristina Gorcheva-Newberry wuchs in Moskau auf, studierte dort an der Staatlichen Linguistischen Universität und arbeitete anschließend als Lehrerin und Dolmetscherin, bevor sie in die Vereinigten Staaten emigrierte, wo sie außerdem Englisch und Kreatives Schreiben studierte. Ihre Kurzgeschichten wurden mehrfach ausgezeichnet, "Das Leben vor uns" ist ihr erster Roman. Claudia Wenner lebt als Schriftstellerin, Publizistin und Übersetzerin in Frankfurt und Pondicherry. Sie übersetzte Virginia Woolf, Aravind Adiga und Monique Truong.
Produktdetails
- Verlag: Beck
- Originaltitel: The Orchard
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 358
- Erscheinungstermin: 17. August 2022
- Deutsch
- Abmessung: 226mm x 154mm x 38mm
- Gewicht: 594g
- ISBN-13: 9783406791314
- ISBN-10: 340679131X
- Artikelnr.: 63639527
Herstellerkennzeichnung
C.H. Beck
Wilhelmstrasse 9
80801 München
produktsicherheit@beck.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Nicht nur bezüglich der Handlung fühlt sich Rezensentin Christiane Pöhlmann durch Kristina Gorcheva-Newberrys Roman an Anton Tschechow erinnert. In deutlicher Anlehnung an dessen Stück "Der Kirschgarten" erzählt die Autorin von einem Apfelgarten, der in eine Luxusimmobilie verwandelt werden soll, und von der Protagonistin Anja, die (wie auch die Autorin selbst, weiß Pöhlmann) während der Zeit der Perestroika aufwuchs. Wie Gorcheva davon erzähle, zwar oft in traurigem Tonfall, aber manchmal auch humorvoll, findet die Kritikerin "atmosphärisch überzeugend"; besonders gut gefallen ihr stark "akzentuierte" Szenen. Leider habe die Autorin wie Tschechow aber Probleme mit der großen Form, befindet sie: der erste und der zweite Romanteil, die zeitlich einige Jahre auseinanderliegen, geraten ihr zu unzusammenhängend, und auch andere Lücken, beispielsweise im über die Jahre stark veränderten Blick der Protagonistin auf Russland, wisse Gorcheva-Newberry nicht recht "zu stopfen". Schließlich bleibe auch die Perestroika an sich etwas blass in Gorcheva-Newberrys Beschreibungen - die Kritikerin wirkt insgesamt nicht recht überzeugt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Die Äpfel in Nachbars Garten
In ihrem Roman "Das Leben vor uns" porträtiert Kristina Gorcheva-Newberry die Generation Perestroika
Diesmal ist es ein Apfelgarten, der den Untergang einer Gesellschaft in einer Weise symbolisieren soll, wie es schon einmal ein Kirschgarten getan hat. Zwischen seiner Umwandlung in eine Luxusimmobilie und der jenes Kirschgartens in eine Datschensiedlung liegen über einhundert Jahre, ein Gattungssprung und ein Tonartwechsel: Anton Tschechow hat sein Stück von 1903, den "Kirschgarten", eine Komödie genannt, Kristina Gorcheva-Newberry spricht im Roman "Das Leben vor uns" von viel "schädlicher Traurigkeit", die das Ringen um das Spekulationsobjekt "Apfelgarten"
In ihrem Roman "Das Leben vor uns" porträtiert Kristina Gorcheva-Newberry die Generation Perestroika
Diesmal ist es ein Apfelgarten, der den Untergang einer Gesellschaft in einer Weise symbolisieren soll, wie es schon einmal ein Kirschgarten getan hat. Zwischen seiner Umwandlung in eine Luxusimmobilie und der jenes Kirschgartens in eine Datschensiedlung liegen über einhundert Jahre, ein Gattungssprung und ein Tonartwechsel: Anton Tschechow hat sein Stück von 1903, den "Kirschgarten", eine Komödie genannt, Kristina Gorcheva-Newberry spricht im Roman "Das Leben vor uns" von viel "schädlicher Traurigkeit", die das Ringen um das Spekulationsobjekt "Apfelgarten"
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begleitet.
Gorcheva-Newberry macht kein Hehl daraus, dass ihr Tschechows Drama als Bezugspunkt dient. Die vier jugendlichen Hauptfiguren Anja, Milka, Lopatin und Trifonow lesen das Stück im Unterricht und diskutieren darüber in ihrer Freizeit. Ihre Namen sind an die Personen im Drama angelehnt, die Handlung folgt im Kern dem Stück. Die Kenntnis des Folientextes ist jedoch keine Voraussetzung für die Lektüre, denn im deutlich längeren ersten Abschnitt des zweiteiligen Romans zeichnet Gorcheva-Newberry mosaikhaft - und damit auch in Tschechow'scher Manier - ein umfassendes Bild des Alltags in Moskau während der letzten Jahren vor Gorbatschows Regierungsantritt.
Die Eltern der Icherzählerin Anja sind politisch engagiert, vertreten aber jeweils eine andere Sicht: Der Vater ist überzeugter Kommunist, nach Breschnews Tod stöhnt er: "Wir haben ein Imperium gebaut. Wer wird es jetzt, da Breschnew tot ist, regieren? Wer wird es vor dem Westen schützen?" Die Mutter dagegen sieht endlich eine Chance, die Zeit der Stagnation zu überwinden und mehr Freiheit zu erfahren. Die bei ihnen wohnende Oma hat die Leningrader Blockade überlebt und dämmert in einer eigenen Welt dahin. Das alles ist atmosphärisch überzeugend und packend gemacht, auch die Freundschaft zwischen Anja und Milka ist plastisch und kurzweilig, teils sogar witzig geschildert. Je stärker Gorcheva-Newberry die Szene oder den Moment akzentuiert, desto besser ist sie.
Das führt zurück zu Tschechow. Selbst wenn er schwächelt, ist er nie schlecht. Sein Schwachpunkt dürfte die längere Form sein. Nicht von ungefähr hat er keinen Roman vorgelegt, sind weniger überzeugende Texte oft die längeren. In der "Tragödie auf der Jagd" fehlen etwa die Ambivalenzen und Subtilitäten, die er sonst so meisterlich zu gestalten weiß.
Letzten Endes nimmt auch Gorcheva-Newberry die Hürde des Romans nicht souverän. Der erste Teil schließt mit Milkas Tod. Anja fällt in eine tiefe Depression, später in studentische Arbeitswut, um schließlich in die USA zu gehen. Sie soll Russland erst zwanzig Jahre später wieder besuchen. Dieser Aufenthalt wird im kürzeren zweiten Teil geschildert. Die zeitliche Lücke weiß Gorcheva-Newberry erzählerisch nicht wirklich zu stopfen. Überlegte sich die jugendliche Anja noch, sie wolle viel reisen, um dann möglichst "auf etwas Unangenehmes oder Abscheuliches zu stoßen, damit ich Russland mehr lieben und schätzen konnte", so weiß sie zwanzig Jahre später über ihr Land: "Es war ein Gefängnis, Mama. Eine Diktatur." Woher der Sinneswandel rührt, bleibt völlig offen.
Dem Roman tut das nicht gut, weil weitere Aussagen die fehlende Figurenzeichnung unterstreichen. Kurz vor den Abschlussprüfungen hält Anja fest, dass die in Geschichte ausfällt, denn wie "sich herausstellte, hatten wir nämlich keine Geschichte mehr: Die Vergangenheit unseres Landes musste gründlich revidiert oder sogar völlig neu geschrieben werden." Nach Begeisterung klingt das nicht, und tatsächlich hält sie zwanzig Jahre später fest, welche Schrecken die Russen überleben mussten: "Die Revolution, die Kriege, die stalinistischen Säuberungen. Die Perestroika." Ihre eigentlich freiheitsliebende, für die Zivilgesellschaft eintretende Mutter stößt ins gleiche Horn: Im Land mochte früher vieles im Argen gelegen haben, aber es "florierte - in den Naturwissenschaften, den Künsten, der Landwirtschaft. Das haben wir alles verloren. Es gibt keinen Stolz mehr und auch keine Liebe." Die grauenvollen Erfahrungen mit dem "wilden Kapitalismus" führen zu einem Generalverdacht gegen alles, was aus dem Westen kommt, selbst gegen ihren amerikanischen Bilderbuchschwiegersohn.
Die Autorin widmet ihr Buch der Generation Perestroika, die "verloren, übersehen, vergessen" worden ist. Es ist auch ihre, denn sie dürfte nur wenig älter sein als Anja, und auch sie emigrierte in die USA. Gorcheva-Newberry schildert aber weder die eigentliche Perestroika noch die furchtbaren Jahren unter Jelzin. Als Anja wieder nach Moskau kommt, übergibt Putin gerade Medwedew das Staffelholz. Von der alten Clique lebt nur noch Lopatin, der schon immer gemeckert hat: "Verdammte Intelligenzija", und jetzt sicher ist: "Wenn der Dritte Weltkrieg ausbricht, werden die Russen ihm folgen. Sie werden für ihn sterben, so wie früher für Stalin." Wehmütig hält Anja ihm gegenüber fest: "Man hat uns das Leben gestohlen."
Ohne Frage mussten die vier Figuren auf sehr schmerzhafte Weise erwachsen werden. Aber ob das durch die spezifischen politischen Umstände wirklich zu erklären ist? Noch dazu, wenn diese eigentlich ausgeblendet werden? Diese erzählerische Schwäche gibt jedoch - vielleicht ungewollt - Aufschluss über die Entstehung bestimmter Narrative, die heute in Russland traurige Gültigkeit haben. CHRISTIANE PÖHLMANN
Kristina Gorcheva- Newberry: "Das Leben vor uns". Roman.
Aus dem Englischen von Claudia Wenner. Verlag C. H. Beck, München 2022. 359 S., geb., 25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gorcheva-Newberry macht kein Hehl daraus, dass ihr Tschechows Drama als Bezugspunkt dient. Die vier jugendlichen Hauptfiguren Anja, Milka, Lopatin und Trifonow lesen das Stück im Unterricht und diskutieren darüber in ihrer Freizeit. Ihre Namen sind an die Personen im Drama angelehnt, die Handlung folgt im Kern dem Stück. Die Kenntnis des Folientextes ist jedoch keine Voraussetzung für die Lektüre, denn im deutlich längeren ersten Abschnitt des zweiteiligen Romans zeichnet Gorcheva-Newberry mosaikhaft - und damit auch in Tschechow'scher Manier - ein umfassendes Bild des Alltags in Moskau während der letzten Jahren vor Gorbatschows Regierungsantritt.
Die Eltern der Icherzählerin Anja sind politisch engagiert, vertreten aber jeweils eine andere Sicht: Der Vater ist überzeugter Kommunist, nach Breschnews Tod stöhnt er: "Wir haben ein Imperium gebaut. Wer wird es jetzt, da Breschnew tot ist, regieren? Wer wird es vor dem Westen schützen?" Die Mutter dagegen sieht endlich eine Chance, die Zeit der Stagnation zu überwinden und mehr Freiheit zu erfahren. Die bei ihnen wohnende Oma hat die Leningrader Blockade überlebt und dämmert in einer eigenen Welt dahin. Das alles ist atmosphärisch überzeugend und packend gemacht, auch die Freundschaft zwischen Anja und Milka ist plastisch und kurzweilig, teils sogar witzig geschildert. Je stärker Gorcheva-Newberry die Szene oder den Moment akzentuiert, desto besser ist sie.
Das führt zurück zu Tschechow. Selbst wenn er schwächelt, ist er nie schlecht. Sein Schwachpunkt dürfte die längere Form sein. Nicht von ungefähr hat er keinen Roman vorgelegt, sind weniger überzeugende Texte oft die längeren. In der "Tragödie auf der Jagd" fehlen etwa die Ambivalenzen und Subtilitäten, die er sonst so meisterlich zu gestalten weiß.
Letzten Endes nimmt auch Gorcheva-Newberry die Hürde des Romans nicht souverän. Der erste Teil schließt mit Milkas Tod. Anja fällt in eine tiefe Depression, später in studentische Arbeitswut, um schließlich in die USA zu gehen. Sie soll Russland erst zwanzig Jahre später wieder besuchen. Dieser Aufenthalt wird im kürzeren zweiten Teil geschildert. Die zeitliche Lücke weiß Gorcheva-Newberry erzählerisch nicht wirklich zu stopfen. Überlegte sich die jugendliche Anja noch, sie wolle viel reisen, um dann möglichst "auf etwas Unangenehmes oder Abscheuliches zu stoßen, damit ich Russland mehr lieben und schätzen konnte", so weiß sie zwanzig Jahre später über ihr Land: "Es war ein Gefängnis, Mama. Eine Diktatur." Woher der Sinneswandel rührt, bleibt völlig offen.
Dem Roman tut das nicht gut, weil weitere Aussagen die fehlende Figurenzeichnung unterstreichen. Kurz vor den Abschlussprüfungen hält Anja fest, dass die in Geschichte ausfällt, denn wie "sich herausstellte, hatten wir nämlich keine Geschichte mehr: Die Vergangenheit unseres Landes musste gründlich revidiert oder sogar völlig neu geschrieben werden." Nach Begeisterung klingt das nicht, und tatsächlich hält sie zwanzig Jahre später fest, welche Schrecken die Russen überleben mussten: "Die Revolution, die Kriege, die stalinistischen Säuberungen. Die Perestroika." Ihre eigentlich freiheitsliebende, für die Zivilgesellschaft eintretende Mutter stößt ins gleiche Horn: Im Land mochte früher vieles im Argen gelegen haben, aber es "florierte - in den Naturwissenschaften, den Künsten, der Landwirtschaft. Das haben wir alles verloren. Es gibt keinen Stolz mehr und auch keine Liebe." Die grauenvollen Erfahrungen mit dem "wilden Kapitalismus" führen zu einem Generalverdacht gegen alles, was aus dem Westen kommt, selbst gegen ihren amerikanischen Bilderbuchschwiegersohn.
Die Autorin widmet ihr Buch der Generation Perestroika, die "verloren, übersehen, vergessen" worden ist. Es ist auch ihre, denn sie dürfte nur wenig älter sein als Anja, und auch sie emigrierte in die USA. Gorcheva-Newberry schildert aber weder die eigentliche Perestroika noch die furchtbaren Jahren unter Jelzin. Als Anja wieder nach Moskau kommt, übergibt Putin gerade Medwedew das Staffelholz. Von der alten Clique lebt nur noch Lopatin, der schon immer gemeckert hat: "Verdammte Intelligenzija", und jetzt sicher ist: "Wenn der Dritte Weltkrieg ausbricht, werden die Russen ihm folgen. Sie werden für ihn sterben, so wie früher für Stalin." Wehmütig hält Anja ihm gegenüber fest: "Man hat uns das Leben gestohlen."
Ohne Frage mussten die vier Figuren auf sehr schmerzhafte Weise erwachsen werden. Aber ob das durch die spezifischen politischen Umstände wirklich zu erklären ist? Noch dazu, wenn diese eigentlich ausgeblendet werden? Diese erzählerische Schwäche gibt jedoch - vielleicht ungewollt - Aufschluss über die Entstehung bestimmter Narrative, die heute in Russland traurige Gültigkeit haben. CHRISTIANE PÖHLMANN
Kristina Gorcheva- Newberry: "Das Leben vor uns". Roman.
Aus dem Englischen von Claudia Wenner. Verlag C. H. Beck, München 2022. 359 S., geb., 25,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Über der Lektüre beginnt alles andere ringsherum zu versinken, denn wiederum die ganze Welt spiegelt sich in dem Roman."
NDR, Annemarie Stoltenberg
"Kristina Gorcheva-Newberry spinnt das Treiben der letzten Generation Sowjetjugend in so leuchtenden Farben und funkelnden Details aus, wie es nur eine kann, die live dabei gewesen ist. Von Sowjetnostalgie kann dabei keine Rede sein. Vielmehr liegt ein zärtlicher Hauch von Trauer über allem."
taz, Katharina Granzin
"Mit großer Genauigkeit und poetischer, bildreicher Sprache zeichnet Gorcheva-Newberry einen Mikrokosmos der russischen Gesellschaft unter wechselnden politischen Vorzeichen."
Deutschlandfunk Kultur, Olga Hochweis
"Eine Geschichte vom
NDR, Annemarie Stoltenberg
"Kristina Gorcheva-Newberry spinnt das Treiben der letzten Generation Sowjetjugend in so leuchtenden Farben und funkelnden Details aus, wie es nur eine kann, die live dabei gewesen ist. Von Sowjetnostalgie kann dabei keine Rede sein. Vielmehr liegt ein zärtlicher Hauch von Trauer über allem."
taz, Katharina Granzin
"Mit großer Genauigkeit und poetischer, bildreicher Sprache zeichnet Gorcheva-Newberry einen Mikrokosmos der russischen Gesellschaft unter wechselnden politischen Vorzeichen."
Deutschlandfunk Kultur, Olga Hochweis
"Eine Geschichte vom
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Aufbruch in Zeiten des Zerfalls."
FOCUS
"Selten sind solch berückend intime Mädchenszenen geschrieben worden wie in diesem Roman"
Die Presse, Katrin Tiwald
"Mit Herzblut geschrieben"
Die Rheinpfalz, Gabriele Weingartner
"Ein epischer, fesselnder Roman."
Südwest Presse
"Wie Tschechow beschreibt Gorcheva-Newberry gesellschaftlichen Wandel und Untergang einer Epoche - nur eben hundert Jahre später."
Abendzeitung, Roberta De Righi
"Tiefschürfendes, erhellendes Debüt"
Börsenblatt, Matthias Glatthor
Die dichte Atmosphäre, die Trauer über den Verlust der alten Heimat und der leise Humor, der da und dort aufblitzt, macht diesen Roman zu einer lohnenden und durchaus durch die Dramatik der Geschehnisse auch durchaus spannenden Lektüre."
Kleine Zeitung Lesezeichen Newsletter, Karin Waldner-Petutschnig
"Absolut lesenswerter Erstling, der mit vielen literarischen Anspielungen und Zitaten glänzt und als explizit politischer Roman gelesen werden sollte ... ein Buch, das Staunen macht, ein Roman, der perfekt in diese wirre und ungewisse Zeit passt."
Neue Württembergische Zeitung, Erik Lim
FOCUS
"Selten sind solch berückend intime Mädchenszenen geschrieben worden wie in diesem Roman"
Die Presse, Katrin Tiwald
"Mit Herzblut geschrieben"
Die Rheinpfalz, Gabriele Weingartner
"Ein epischer, fesselnder Roman."
Südwest Presse
"Wie Tschechow beschreibt Gorcheva-Newberry gesellschaftlichen Wandel und Untergang einer Epoche - nur eben hundert Jahre später."
Abendzeitung, Roberta De Righi
"Tiefschürfendes, erhellendes Debüt"
Börsenblatt, Matthias Glatthor
Die dichte Atmosphäre, die Trauer über den Verlust der alten Heimat und der leise Humor, der da und dort aufblitzt, macht diesen Roman zu einer lohnenden und durchaus durch die Dramatik der Geschehnisse auch durchaus spannenden Lektüre."
Kleine Zeitung Lesezeichen Newsletter, Karin Waldner-Petutschnig
"Absolut lesenswerter Erstling, der mit vielen literarischen Anspielungen und Zitaten glänzt und als explizit politischer Roman gelesen werden sollte ... ein Buch, das Staunen macht, ein Roman, der perfekt in diese wirre und ungewisse Zeit passt."
Neue Württembergische Zeitung, Erik Lim
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Rezensentin Sonja Zekri scheint etwas skeptisch angesichts dieser Tschechow-Anverwandlung von Kristina Gorcheva-Newberry. Es mit dem großen Dichter aufzunehmen und sein eigenes Romandebüt an den "Kirschgarten" anzulehnen, ist ein Wagnis, gibt Zekri zu bedenken. Wenn die Autorin also ein paar vitale Teenager den Anbruch der Perestroika durchleben lässt, erkennt Zekri zwar den "enzyklopädischen Aufwand" an, der der Leserin die russische Kultur und Warenwelt sowie die russische Traurigkeit nahebringt, der so thematisierte Fatalismus in der russischen Gesellschaft erscheint Zekri allerdings als fragwürdige "Tschechow-Trivialisierung".
© Perlentaucher Medien GmbH
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Anja und Milka sind zusammen aufgewachsen, die besten Freundinnen wohnen am Stadtrand von Moskau und genießen dort ihre Kindheit und Jugend, probieren sich aus. Es sind die Achtzigerjahre, die letzten Jahre der Sowjetunion brechen an. Als eine Tragödie passiert, nimmt die Unbeschwertheit …
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Anja und Milka sind zusammen aufgewachsen, die besten Freundinnen wohnen am Stadtrand von Moskau und genießen dort ihre Kindheit und Jugend, probieren sich aus. Es sind die Achtzigerjahre, die letzten Jahre der Sowjetunion brechen an. Als eine Tragödie passiert, nimmt die Unbeschwertheit ein plötzliches Ende und nichts ist mehr so, wie es einmal war.
„Wie glücklich wir damals waren, wie unschuldig - und unsere Freundschaft ebenso rein und heil wie unsere Träume.“ (Seite 231)
Im ersten Teil des Buches erzählt Anja über ihre Kindheit, vorrangig ihre Beziehung zu Milka, ihre beste Freundin seit Kindesbeinen. Die Freundschaft zwischen den beiden ist so tief und schön, es war eine Freude, Anjas Erzählungen zu folgen. Die politische Situation in Russland in den Achtzigerjahren wird thematisiert, nimmt aber nicht zu viel Raum ein, der Fokus liegt auf der Beziehung der beiden Mädchen zueinander. Ich fühlte mich in meine eigene Jugend zurückversetzt und schwelgte oft in Erinnerungen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Anja die Lebensumstände in Russland in der damaligen Zeit schildert, fand ich bewundernswert. Keine Klage, kein Gejammer, es ist ein entbehrungsreiches Dasein, das klaglos hingenommen wird, in allem wird das Schöne gesucht und das Leben zelebriert.
Dieses unbeschwerte Leben hat ein Ende, als die Mädchen sechzehn Jahre alt sind, und etwas schlimmes passiert, das zu einer Tragödie führt. Ich selbst habe als Erwachsene Ähnliches erlebt und fühlte mich getriggert. Ich habe mitgefühlt, mitgelitten und mitgeweint, ohne Frage war dies der emotionalste Teil der Geschichte für mich. In dem zweiten Teil geht es um das Leben danach, um die Frage, wie man damit umgeht, wie verarbeitet man ein solches Trauma? Es war sehr spannend, zu verfolgen, wie das junge Mädchen älter wird und zur Frau reift, wie ihr Leben verläuft und wie die Vergangenheit trotzdem immer wieder Einfluss nimmt.
Ein interessanter Einblick in die Geschichte Russlands, ein Buch über das Erwachsenwerden, Freundschaft, Familie und Heimat. Ein tolles Debüt, das ich gerne empfehle und mit voller Punktzahl bewerte.
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Moskau in den frühen 80er Jahren: Anja und Milka sind seit frühester Kindheit beste Freundinnen, sie gehen zusammen zur Schule und verbringen jede freie Zeit miteinander und selbst in den langen Sommerferien fährt Milka mit Anja und ihrer Familie mit zur Datscha.
Wir begleiten Anja …
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Moskau in den frühen 80er Jahren: Anja und Milka sind seit frühester Kindheit beste Freundinnen, sie gehen zusammen zur Schule und verbringen jede freie Zeit miteinander und selbst in den langen Sommerferien fährt Milka mit Anja und ihrer Familie mit zur Datscha.
Wir begleiten Anja und Milka durch ihre Kindheit und ihre Teenagerzeit, die sich besonders durch die politischen Veränderungen in der Sowjetunion auszeichnet. Später gesellen sich die beiden Jungs Lopatin und Trifonow hinzu und wir werden Zeugen der ersten sexuellen Erfahrungen.
Und wir erleben die ältere Anja in Amerika, ihrer neuen Heimat… im Kopf und im Herzen immer noch alle Erinnerungen der alten Heimat.
Was schlicht und einfach klingt, ist im Roman eine intensive und großartige Erzählung. Das Buch ist mit Sicherheit keine leichte Lektüre für den Strandurlaub. Ohne alte Plattitüden bemühen zu wollen, kommt mir die „russische Seele“ in den Sinn, schwer und tragisch füllt sich Seite um Seite. Und dennoch spüren wir beim Lesen die Leichtigkeit der Kindheit in der Natur um die Datscha, die freche Lebenslust der Teenager… gar nicht so viel anders als bei uns damals im Westen. Man inhaliert die wunderbare Kultur der Russen, egal ob beim Essen oder beim Rezitieren alter russischer Literaten. Wir erfahren aber auch vom Elend während des Zweiten Weltkrieges, wenn Anjas Oma in Erinnerungen versinkt und wir erleben Anjas Eltern, die sich des öfteren in hitzigen politischen Debatten verlieren.
Der Roman ist gewaltig, schön und schrecklich. Ein absolut empfehlenswertes Buch, das man gelesen haben muss. Mit Sicherheit ein literarisches Highlight dieses Jahres.
Schade finde ich, dass sich der deutsche Verlag für eine sehr abweichende Betitelung entschieden hat. Das Original „The Orchard“ (der Obstgarten) ist eine Verbeugung vor Anton Tschechows „Der Kirschgarten“, der im Roman öfters zitiert und erwähnt wird.
Aus dem Englischen von Claudia Wenner.
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Leben im Umbruch
"Das Leben vor uns" von Kristina Gorcheva-Newberry ist ein ganz wunderbarer Roman, der noch lange in mir nachhallen wird und an den ich noch oft zurückdenken werde. Diesen Effekt lösen nicht allzu viele Bücher bei mir aus.
Im Mittelpunkt stehen hier Anja …
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Leben im Umbruch
"Das Leben vor uns" von Kristina Gorcheva-Newberry ist ein ganz wunderbarer Roman, der noch lange in mir nachhallen wird und an den ich noch oft zurückdenken werde. Diesen Effekt lösen nicht allzu viele Bücher bei mir aus.
Im Mittelpunkt stehen hier Anja und Milka, zwei beste Freundinnen in der Zeit ihrer Kindheit und Jugend. Im Mittelpunkt steht aber auch die Sowjetunion, in den Jahren des Umbruchs, ihres Zerfalls. Die Mädchen wachsen in Moskau auf, in recht ärmlichen Verhältnissen, man kann beim lesen die Kälte der langen Winter und die Entbehrungen im Alltag fast spüren. Man spürt aber auch ihr Glück, sich gegenseitig zu haben und die Sommer auf der Datscha mit dem wunderschönen Apfelgarten zu verbringen. In den Familien selbst gibt es genauso viele Probleme, wie in dem sich wandelnden Staat. Bei Anja wird politisch kontrovers diskutiert und bei Milka lauert Lieblosigkeit und noch Schlimmeres im Verborgenen.
Trotzdem sehnen sich die Mädchen nach der Zukunft, der Liebe, dem Ausbruch. Sie träumen bei der Musik von Freddie Mercury von der Freiheit, von Amerika, vom Leben. Sie machen die ersten Erfahrungen mit Jungen, mit Alkohol, mit gemeinsamen Ausflügen. Ihre Jugend ist zwar von vielem überschattet, aber man spürt ihre überbordende Lust auf das Leben, die Zukunft.
Einschneidende Ereignisse bringen eine Wende in den Lebenswegen und im zweiten Teil erzählt Anja von ihrem Leben in Amerika, wo sie studiert und geheiratet hat. Aber sie fährt auch nochmal zurück in ihren Apfelgarten und um ihre Vergangenheit aufzuarbeiten.
Dieses Buch hat mich stark erschüttert, grade weil ich diese Zeiten des politischen Umbruchs auch fast in dem Alter erlebt habe und ich den Vergleich zu der Sowjetunion gut ziehen konnte, aber vor allem auch, weil die Autorin einen wunderbaren Schreibstil hat. Ihre Beschreibungen sind fast poetisch, sie zeichnet Bilder in meinen Kopf, wie auf eine Leinwand. "Seit meiner Kindheit liebte ich die frühen Morgenstunden, wenn der Tag neu war und Hunderte kleiner, zusammengefalteter Träume enthielt, wie Blütenblätter in einer Blume."
Sehr gut wurden in diesem Buch reale politische und historische Ereignisse mit dem Leben der Protagonistin verknüpft, man beginnt diese Zeit und ihre Menschen und Gedanken zu verstehen. Eine absolute Leseempfehlung von mir.
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„Das Leben vor uns“ ist der Debütroman von Kristina Gorcheva-Newberry, ins Deutsche übersetzt von Claudia Wenner.
Die Geschichte dreht sich hauptsächlich um 2 junge Mädchen, die in den letzten Jahren der Sowjetunion in Moskau aufgewachsen sind. Der Staat steht vor …
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„Das Leben vor uns“ ist der Debütroman von Kristina Gorcheva-Newberry, ins Deutsche übersetzt von Claudia Wenner.
Die Geschichte dreht sich hauptsächlich um 2 junge Mädchen, die in den letzten Jahren der Sowjetunion in Moskau aufgewachsen sind. Der Staat steht vor dem Zerfall, die Inflation nimmt immer mehr an Fahrt auf, Unsicherheit und Aufbruchstimmung sowie eine Gesellschaft in aufgewühlten Zeiten stehen im Mittelpunkt.
Der Roman ist untergliedert in 2 Teile.
Wir erleben die Geschehnisse aus der Sicht von Anja, die als junges Mädchen in der Sowjetunion in einem wohl behüteten, aber ärmlichen Elternhaus aufwächst. Anja ist eine sehr sympathische Protagonistin, die eine tiefe Freundschaft mit Milka verbindet.
Milka war mir leider von Beginn an eher fremd. Ihre derbe und teils sehr sexistische Ausdrucksweise hat mich immer wieder abgestoßen, auch wenn diese im Kontext des Geschehens sicherlich passte. Sie stammt aus einem zerrütteten Elternhaus und hat es alles andere als leicht im Leben.
Die Jugendlichen erleben ihre ersten Erfahrungen mit der Liebe, dem Alkohol, Freundschaften usw. alles vor dem Hintergrund der damaligen Politik. Für mich war das Lesen des Romans sehr bedrückend. Die Stimmung, die vermittelt wurde, zeigte die damalige Situation der Menschen – die fehlende Freiheit, das „Eingesperrtsein“ im eigenen Land, aber auch die Sehnsucht nach mehr, nach Aufbruch in eine neue, freiere Welt!
Gleichzeitig fand ich den Zusammenhalt in der Familie sehr liebenswert. Die gesamte Familie kümmerte sich zum Beispiel rührselig um die Großmutter, die im Krieg schlimmes erlebt hat und die in Würde altern sollte.
Interessant fand ich die unterschiedlichen Sichtweisen der Charaktere auf die Politik, die in Form von Diskussionen durchaus ausgetragen werden durften. So konnte man sich als Leser auch selber eine Meinung bilden und erleben, dass nicht alle Menschen in der damaligen Sowjetunion gleich dachten.
Die Geschehnisse spitzen sich zu einer unerwarteten Wendung hin zu, sodass wir in Teil 2 nach vielen Jahren mit einer veränderten erwachsenen Anja, die in die USA ausgewandert ist, in das nun auch veränderte Russland zurückkehren.
Ich selber habe mich mit der Geschichte der Sowjetunion vorher nicht befasst, sodass die historischen Fakten und Hintergründe für mich neu und sehr interessant waren.
Auch vor dem Hintergrund der heutigen Geschehnisse erhält dieser Roman an zusätzlicher Aktualität und öffnet einem die Augen für die Sichtweise vieler Russen auf das geopolitische Weltgeschehen.
Dieser Roman ist ein gelungenes Debüt, welches historische Fakten mit einer fiktiven Geschichte gekonnt verknüpft. Mir war der Roman an manchen Stellen zu bedrückend, aber er bleibt mir auf jeden Fall in Erinnerung!
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Anja und Milka wachsen in der Sowjetunion der 1980er auf. Sie sind, trotz aller charakterlichen und familiären Unterschiede, beste Freundinnen, die in der Schule und im Sommer in der Datscha von Anjas Familie unzertrennlich sind. Als sie älter werden, erweitert sich die Gruppe um zwei …
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Anja und Milka wachsen in der Sowjetunion der 1980er auf. Sie sind, trotz aller charakterlichen und familiären Unterschiede, beste Freundinnen, die in der Schule und im Sommer in der Datscha von Anjas Familie unzertrennlich sind. Als sie älter werden, erweitert sich die Gruppe um zwei Jungs, Lopatin und Trifonow – die vier rufen sich meistens bei ihren Nachnamen –, und langsam tritt auch mehr und mehr in ihr Bewusstsein, dass sie in einem Land leben, das ihre Freiheit einschränkt. Besonders Anja und Milka träumen davon, wegzulaufen und nach Paris zu ziehen. Doch bevor es dazu kommen kann, ereignen sich zwei Vorfälle, die die Gruppe zerbrechen und Milka das Leben kosten. Als kurz darauf die Grenzen fallen, packt Anja ihre Sachen und zieht in die USA.
Fast zwanzig Jahre soll es dauern, bis Anja in ihre Heimat zurückkehrt, um ihren Eltern beizustehen, deren Datscha, mit großem Druck auf die Besitzer, aufgekauft werden soll – ausgerechnet mit Lopatin als Mittelsmann des potenziellen Käufers. Erst als Anja in Russland eintrifft, spürt sie, dass sie ihre alte Heimat nie ganz zurücklassen konnte. Und dass es noch offene Wunden gibt, die nach Klärung verlangen.
Kristina Gorcheva-Newberry widmet ihren ersten Roman „Das Leben vor uns“ der „Generation Perestroika“, die sie als eine verlorene, übersehene und vergessene Generation beschreibt. Ich bin davon überzeugt, dass es diese Generation gibt, die in einem ganz eigenen Lebensgefühl aufgewachsen ist, aber so wirklich bewusste geworden, was es bedeutet, zu dieser Generation zu gehören, ist mir durch das Buch nicht. Sicherlich hat man gemerkt, dass die Geschichte in der Sowjetunion spielt, alleine schon durch die politischen Diskussionen von Anjas Eltern. Aber wenn ich jetzt das nehme, was ich als Hauptgeschichte empfunden habe, dann las es sich eher als eine Coming of Age Geschichte, die auch in jedem anderen Land so oder ähnlich hätte stattfinden können.
Was aber das Leseerlebnis nicht getrübt hat. Ich fand den Roman sprachlich überzeugend, auch wenn mir die Dialoge zwischen den Jugendlichen manchmal gekünstelt vorkamen, aber vielleicht war das zu jener Zeit der normale Umgangston. Anja ist eine überzeugende Ich-Erzählerin, deren Wissensstand und Interesse an dem, was um sie herum passiert, glaubwürdig und realistisch bleibt. Und auch die Geschichte hat mich überzeugt, wobei Gorcheva-Newberry absolut in der Lage ist, einen auch in ruhigen Passagen ohne viel Handlung zu fesseln.
Was ich schade finde, ist, dass sich der C. H. Beck Verlag entschieden hat, den Originaltitel „The Orchard“ mit „Das Leben vor uns“ zu übersetzen. Tschechows „Kirschgarten“ (im Englischen „The Cherry Orchard“) und der Apfelgarten von Anjas Familie spielen eine große symbolische Rolle und ohne die Nennung im Titel ist einem dieser Aspekt nicht von Anfang an so klar. Aber vielleicht hätte „Der Obstbaumgarten“ oder „Der Apfelgarten“ zu sperrig geklungen, wer weiß. Tschechows Theaterstück jedenfalls muss man vielleicht nicht zwangsläufig kennen, aber es ist von Vorteil. Zumindest sollte man eine grobe Idee des Inhalts haben.
Insgesamt ein Roman-Debüt, dass ich auf jeden Fall gerne weiterempfehle, auch wenn ich wohl den Grundtenor der verlorenen Perestroika-Generation nicht zu voller Zufriedenheit erfasst habe.
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«And we'll keep on fighting till the end ...»
«Etwas zu wollen und in der Lage zu sein, es zu tun, ist zweierlei. Vielleicht erleben nur ein paar Glückskinder beides zusammen. Vielleicht ist es das, was man Glücklichsein nennt: die Fähigkeit, seine Wünsche …
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«And we'll keep on fighting till the end ...»
«Etwas zu wollen und in der Lage zu sein, es zu tun, ist zweierlei. Vielleicht erleben nur ein paar Glückskinder beides zusammen. Vielleicht ist es das, was man Glücklichsein nennt: die Fähigkeit, seine Wünsche mit den eigenen Fähigkeiten in Einklang zu bringen. Aber oft liegt es ja gar nicht an uns.» S. 106 ❤️
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Die Geschichte einer Freundschaft
Anja, die Erzählerinder Geschichte und Milka sind beste Freundinnen seit Kindertagen. Sie leben am Rande von Moskau in den 80ziger Jahren. Gemeinsam gehen die Freundinnen durch die Pubertät - erster Kuss - erste Zigarette- erster Sex - Alkohol und endlose …
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Die Geschichte einer Freundschaft
Anja, die Erzählerinder Geschichte und Milka sind beste Freundinnen seit Kindertagen. Sie leben am Rande von Moskau in den 80ziger Jahren. Gemeinsam gehen die Freundinnen durch die Pubertät - erster Kuss - erste Zigarette- erster Sex - Alkohol und endlose Diskussionen über die Welt, Musik und besonders Literatur.
Aus dem Duo wird ein Quartett durch die beiden Jungs Lobatin und Trifonow. Man liebt sich, man streitet sich, während die Sowjetunion auf ihr Ende zustrebt. Kurz vor dem Schulabschluss kommt es zu einem dramatischen Zwischenfall, der alles verändert. Anja geht nach Amerika und kehrt nach 20 Jahren zurück und muss sich mit den Ereignissen von damals auseinandersetzen.
Das Buch war von der ersten Seite an einfach nur spannend und gleichzeitig berührend.
Grundsätzlich haben sich die Jugendlichen nicht von Teenagern im Westen unterschieden. Musik hören, diskutieren und das wachsende Interesse am anderen Geschlecht eint alle. Doch wenn man genauer hinschaut, erkennt man die Unterschiede. Das Leben ist geprägt vom Mangel und beengten Wohnverhältnisse. Alkohol gehört - auch bei den Jugendlichen - im hohen Maße dazu. Ausländische Musik hören ist schwierig. Reisen außerhalb der Sowjetunion bleiben ein Traum. Das Trauma des 2. Weltkrieges ist allgegenwärtig und der Stolz, Nazideutschland besiegt zu haben, gehört zur Identität.
Anja kommt aus geordneten Verhältnissen. Milka lebt mit Mutter und Stiefvater. Sie wirkt auf mich immer etwas wütend, braucht Aufmerksamkeit und wirkt zügellos. Anja ist eindeutig die besonnenere und manchmal geradezu naive Freundin.
Die beiden Jungs könnten nicht gegensätzlicher sein. Lobatin, Milkas Freund, ist der Haudrauf, der sich nur für materielle Dinge, Alkohol und Sex zu interessieren scheint. Trifonow, Anjas Freund, ist der Gegenentwurf. Er begeistert sich für Literatur und ist politisch interessiert. Diese Gegensätze lösen eine Kette von Ereignissen aus, die zum Ende der Freundschaft führt und Anja nach Amerika gehen lässt.
Als Anja nach 20 Jahren ihre Eltern besucht, versucht Anja, die Ereignisse von damals aufzuarbeiten. Ihr Heimatland ist ein anders. Perestroika hat alles verändert. Die Läden sind voll teurer Waren. Oligarchen haben die Wirtschaft übernommen. Alte Gewissheiten und der Stolz darauf wurden zerstört. Die Opfer sind damals wie heute die normalen Bürger wie Anjas Eltern. Durch Lobatin erfährt Anja, was während ihrer Abwesenheit passiert ist und sie kann mit der Vergangenheit ihren Frieden schließen.
Mich hat das Buch sehr berührt und nachdenklich gestimmt. Es hat auf sehr unterhaltsame Weise gezeigt, dass alle Menschen die gleichen Träume und Hoffnungen haben, egal in welcher Gesellschaft sie leben. Gleichzeitig verdeutlicht die Autorin, wie nachhaltig ein politisches System die Lebensverhältnisse und die Chance, Lebensträume zu verwirklichen, beeinflusst.
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Berührend, sensibel, und dennoch ein wahrer Pageturner
Westliche Popkultur ist selten in der ehemaligen Sowjetunion in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, dennoch versuchen Milka und Anja jeden zu ergatternden Schnippel in die Finger zu bekommen.
Beide sind beste Freundinnen, und …
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Berührend, sensibel, und dennoch ein wahrer Pageturner
Westliche Popkultur ist selten in der ehemaligen Sowjetunion in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, dennoch versuchen Milka und Anja jeden zu ergatternden Schnippel in die Finger zu bekommen.
Beide sind beste Freundinnen, und Milka, deren Familie als dysfunktional bezeichnet werden kann, verbringt die meiste Zeit bei Anja. Deren Eltern besitzen akademische Grade, die politischen Ansichten sind dennoch sehr konträr. Die Großmutter ist Überlebende der Leningrader Blockade und leidet still vor sich hin, während dar Vater die Zustände im Land verherrlicht und die Mutter mit Wut und Sarkasmus auf die Zustände reagiert.
Die 90er beginnen – die Perestroika gibt Anlass zur Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Freundschaft zwischen den beiden Mädchen ist innig, endet aber sehr tragisch. Anja geht zum Studium noch vor dem Fall der Sowjetunion in die USA, und kehrt nach 20 Jahren wieder zurück. Russland hat sich verändert, und ihre Eltern bitten sie um Hilfe. Immobilienmogule durchkämmen das Land, versuchen den Einwohnern jedes Stück Land und Parzelle abzuluchsen – so auch Obstgarten und Datscha von Anjas Eltern. Der Zwangsverkauf soll verhindert werden.
Während dieser Zeit bricht vieles auf, es geraten Dinge an die Oberfläche, welche sehr schmerzen, und dennoch aufklären.
Die Autorin hat mit diesem sehr innigen Roman ein Opus über Exil und Heimat geschaffen; Zerfall, Verlust, Freundschaft gehen Hand in Hand. Er ist sehr berührend, und dennoch ein richtiger Pageturner. Das Buch findet Anlehnung an den „Kirschgarten“ von Anton Tschechow. Die russische Volksseele, eine Kultur geprägt von Traurigkeit und Wehmut quillt auf fast jeder Seite hervor – ganz große Literatur und absolute Leseempfehlung.
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Anja, eine Frau, nicht viel jünger als ich, die zur Zeit der Perestrojka eine Jugendliche war. Deren Zuhause die Sowjetunion war, auch wenn sie sich in vielerlei Hinsicht dort nicht daheim fühlte. Mit einer intensiven, nahezu zerstörerischen (einander und jeweils sich selbst), aber …
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Anja, eine Frau, nicht viel jünger als ich, die zur Zeit der Perestrojka eine Jugendliche war. Deren Zuhause die Sowjetunion war, auch wenn sie sich in vielerlei Hinsicht dort nicht daheim fühlte. Mit einer intensiven, nahezu zerstörerischen (einander und jeweils sich selbst), aber mehr noch erfüllenden Freundschaft zu Milka, die sich immer bei ihr aufhielt. Im Sommer sogar wochen-, ja monatelang in der Datscha von Anjas Familie wohnte.
Ein Beziehung, die sich, wie auch andere, die zu den Eltern beispielsweise, nicht durch das Miteinanderreden definiert, sondern durch gemeinsame Unternehmungen, Erlebnisse, Wagnisse. Der Grund dafür wird erst später deutlich.
Der Leser begleitet Anja in ihren Erinnerungen an ihre Jugend in den letzten Jahren der Sowjetunion. Ich fühle mich ihr unendlich nah, auch wenn ich nicht in der Sowjetunion aufwuchs.
Doch der Blick meiner Familie war ständig dorthin gerichtet, meine Vorfahren waren von dort geflüchtet - aus einem Teil der UdSSR, wenn auch nicht in Russland liegend, blieb dieser ein Sehnsuchtsort für sie. Den ich kannte wie meine Westentasche - jahrelang nur aus Erzählungen, doch ab Mitte der 1980er Jahre, genau der Zeit, in der Anjas Geschichte einsetzt, auch von Besuchen.
Nur zu oft sah ich die Dinge anders als Anja, als ihre Freunde, doch ist mir ihre Perspektive vertraut wie meine eigene. Und so erkenne ich, dass die Autorin Kristina Gorcheva-Newberry ehrlich ist - offen im Begreifen wie auch im Unverständnis ihrer literarischen Charaktere. Und in Teil 2 des Romans, nach ihrem Umzug in die Vereinigten Staaten, ändert sich ihre Sichtweise, nähert sich viel mehr der meinigen.
Nach einigen Jahren erfolgt der besagte Bruch - Anja zieht fort, kehrt jahrzehntelang nicht zurück in ihre Heimatstadt Moskau - und ist doch noch eine der Ihrigen, wie sich zeigt, als sie nach zig Jahren zurückkehrt. Dieses Buch hat sich mir geöffnet, es hat geschmerzt, vor allem aber hat es die Zeit der Perestrojka wieder zurückgebracht, das Gefühl, die Empfindungen, ja die Werte, die mich damals antrieben. Alles eins zu eins, wenn nicht von mir, dann von engen Freunden oder Verwandten erlebt.
Es gibt wenige Bücher, von denen ich das Gefühl habe, dass sie exakt für mich geschrieben wurden, aber dies ist eines davon: Es hat mich schlicht und einfach umgehauen.
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Eine Kindheit in Russland, unbeschwertes Aufwachsen, Teenagerjahre, Schule, Partys, ein kleiner Flirt und die erste Liebe, Diskussionen über Ideale, Wünsche und Träume, über das politische System, Selbstfindung, Abgrenzung und Freundschaft. Der erste Teil des Romans führt …
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Eine Kindheit in Russland, unbeschwertes Aufwachsen, Teenagerjahre, Schule, Partys, ein kleiner Flirt und die erste Liebe, Diskussionen über Ideale, Wünsche und Träume, über das politische System, Selbstfindung, Abgrenzung und Freundschaft. Der erste Teil des Romans führt uns in die 70-er und 80-er Jahre und wir dürfen an der Entwicklung der Protagonisten und den Veränderungen im Staat, den wechselnden Politikern und den Schwankungen der ökonomischen Lage, teilhaben.
Der Roman liest sich flüssig und schnell; man ist gleich von der Geschichte gefangen und mag die beiden Freundinnen Milka und Anja. Sie sind Sympathieträgerinnen - in all ihrer Unterschiedlichkeit, ihren kleinen Geheimnissen, ihrer Lebensbejahung und -hunger - teilweise werden ihre Sehnsüchte nach Freiheit, Unbeschwertheit, fremden Ländern und Abenteuern schon zu Beginn angesprochen und man darf gespannt sein, was die beiden erleben werden - gemeinsam, getrennt, wo es sie hinverschlagen wird. Die privilegiertere Anja, eher weich und mädchenhaft, und die mutige, toughe Milka, die aus schwierigen Verhältnissen kommt und nicht immer alles aussprechen kann, was sie bewegt und belastet.
Eine große Veränderung tritt in das Leben der beiden und nichts ist mehr so, wie es war. Aber das Leben nimmt seinen Gang und wir folgen der Geschichte Anjas, die das Land verlässt und im goldenen Westen ihr Glück macht. Aber ist das möglich? Seine Vergangenheit zu vergessen und unbeschwert leben? Können Vergangenheit und Gegenwart zusammenfinden und miteinander versöhnt werden?
„Das Leben vor uns“ von der russisch-amerikanischen Autorin Kristina Gorcheva-Newberry erzählt die Geschichte Anjas vor der Kulisse des Zerfalls der Sowjetunion. Russlands Politik, die Schönheit der Natur, die Literatur, die kulinarischen Gepflogenheiten und auch die Besonderheiten der russischen Seele sind immer wieder Thema sowohl innerhalb der Gespräche der Eltern und der Freunde als auch in Anjas Gedanken. Der Stolz und die Liebe zu Russland klingen immer wieder an, aber auch die Enttäuschung und die Verletzungen beim Anblick der Veränderungen. Tschechows Kirschgarten wird als Metapher verwendet, die sich durch den gesamten Roman zieht - von der ersten Blüte bis zum Verkümmern und Fällen des Gartens, Bäume, die sowohl für Natur, Leben, Ernte und Überfluss als auch für Streit, Krankheit und Tod stehen, existentielle Elemente, die zu jedem Leben dazugehören.
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