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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 890 Bewertungen
Bewertung vom 05.05.2024
Inselnebel auf Spiekeroog. Ostfrieslandkrimi (eBook, ePUB)
Menzel, Marlene

Inselnebel auf Spiekeroog. Ostfrieslandkrimi (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Tödlicher Strandspaziergang
Trotz dichtem Nebel begibt sich Hajo auf seinen obligatorischen Strandspaziergang und verirrt sich. Als er eine vermeintlich vertraute Stimme hört, hält er darauf zu. Am nächsten Tag wird er erschlagen am Strand gefunden.

Ich habe die Krimireihe der Autorin, die in England spielt, mit großer Freude gelesen. Da lag es nahe, das neue Ermittlerteam , das auf der Insel Spiekeroog seiner Arbeit nachgeht, ebenfalls kennenzulernen.

Die Polizistin Anke ist noch nicht lange auf der Insel. Sie ist Technik affin, geht eher verstandesmäßig an die Sache heran und schießt mit ihrem Eifer und Temperament gelegentlich über das Ziel hinaus. Ihr Kollege Reik war schon immer auf der Insel. Mit dem neumodischen Kram hat er es nicht so. Er kennt die Inselbewohner und ist der ruhigere und ausgeglichenere im Team.

Mord gehört nicht zu ihrem Tagesgeschäft der Inselpolizisten .Das bedeutet nicht, dass sie sich nicht mit Eifer und Kompetenz auf die Suche nach dem Täter machen. Es gilt , Zeugen zu finden und diese zu befragen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Familie des Toten. Was ich dabei erfahre, macht mir das Opfer nicht sympathisch , sondern es regt sich leichtes Verständnis für den möglichen Täter. Hajo war ein schwieriger Mensch, ein Mann mit festen Grundsätzen und jeder hatte mehr oder weniger unter ihm zu leiden. Ich konnte wunderbar mit rätseln und auch mir wollte sich kein Verdächtiger so richtig aufdrängen. Die Lösung, die durch die Identifizierung der Tatwaffe gelingt, war absolut gelungen. Und ich gebe es zu, mein Mitleid mit dem Täter war größer als mit dem Opfer.

Das Buch ist ein spannender Kurzkrimi und lässt sich gut auch mal an einem Nachmittag lesen. Beide Polizisten sind sehr sympathisch und ergänzen sich durch ihre unterschiedlichen Charaktere sehr gut. Für mich ein gelungener Auftakt für eine neue Cosy Crime Reihe.

Bewertung vom 04.05.2024
Café Alba
Lombardi, Emilia

Café Alba


ausgezeichnet

Eine starke Frau und die Geburt eines Weltunternehmens

Piemont 1946 Die Menschen leiden schwer unter den Nachwirkungen des Krieges. Der Mangel regiert. Da ist jede Familie froh, wenn es ein Maul weniger zu stopfen gilt. Das bedeutet für die 16jährige Francesca, dass ihre Familie sie in die große Stadt Alba schickt, damit sie dort eine Stelle antritt. Francesca hat Glück und landet bei der Familie Milani, die ein gut gehendes Cafe betreibt und kommt unter die Obhut der mütterlichen Köchin Antonella. Aus heiterem Himmel trifft das Schicksal die Familie Milani hart, als Francesca gerade mal 4 Monate dort ist. Der Patriarch stirbt und hinterlässt einen Berg Schulden. Der Erbe Matteo ist überfordert und findet in Francesca die Liebe seines Lebens und eine junge Frau, die sich zu helfen weiß. Aus der Not heraus erfindet sie ein Mus aus Nüssen, Fett und Schokolade. Es wird zum Verkaufsschlager und das ist auch heute noch so. Doch der Erfolg ruft auch Neider auf den Plan und Francesca lernt, sich zu wehren.

Meine Sympathie hatte Francesca von der ersten Seite an. Ich fand es grausam, sie aus der Familie zu reißen und in die große Stadt zu fremden Leuten zu schicken. Wer hätte gedacht, dass in dem einfachen Mädchen vom Land so viel Neugierde, Empathie und Unternehmensgeist steckt ? Francesca passt sich an, nimmt Probleme an, um sie zu lösen und erobert Matteo, dessen Mutter die Verbindung ablehnt. Ich war beeindruckt, wie pragmatisch und auf das Machbare fokussiert Francesca an die Dinge herangeht. Sie mischt ihre praktischen Erfahrungen mit - wie man heute so schön sagt - mit Visionen. Dabei wird sie von allen unterschätzt und auf Küche, Kinder, Kirche reduziert. Das wird besonders deutlich, als sie gezwungen ist, die Leitung des aufstrebenden Unternehmens in die eigenen Hände zu nehmen. Francesca ist eine Kämpferin und bleibt sich trotz Rückschlägen treu.

Die Autorin schildert. die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und das städtische Leben sehr anschaulich. Ich habe manchmal geglaubt, ich höre den Straßenlärm, rieche die vielfältigen Gerüche des Marktes oder die der Backstube. In Francesca konnte ich mich gut hinein versetzen und war entsetzt, wie herabwürdigend ihr manche Männer gegenüber traten. Ich verlasse Francesca zu einem Zeitpunkt, an dem sie die Weichen für ihr weiteres Leben neu stellen muss und bin gespannt, wie es sich im 2. Band entwickeln wird.

Bewertung vom 02.05.2024
Die Kranichfrauen
Greil, Renate

Die Kranichfrauen


ausgezeichnet

Drei Frauen - eine Leidenschaft
Der Roman spielt 1947 am Ammersee und schildert den entscheidenden Sommer im Leben von drei jungen Frauen.

Paula möchte studieren und Lehrerin werden. Ihre Eltern wollen sie schnell mit einem vermögenden Mann verheiraten, um ihr Unternehmen zu retten. Anna soll eine Ausbildung zur Schneiderin machen, träumt aber davon Boote zu bauen. Hedy wartet auf die Heimkehr ihres Mannes aus Kriegsgefangenschaft. Alle drei sind begeisterte Seglerinnen. Diesen Sport auszuüben war unter der Naziherrschaft nicht möglich. Sinnbild ihrer Träume und Hoffnungen ist die Segelyacht Kranich.

Der Sommer 1947 ist eine Mischung aus hoffnungsvollen Träumen und kalter Realität. Die Amerikaner planen auf dem Gelände des Segelvereins Ammersee, der früher Paulas Familie gehörte, eine Art Freizeitclub für Jugendliche und Kinder zu betreiben. Paula und Anna sollen als Betreuerinnen fungieren. Beide stürzen sich mit Eifer und vielen guten Ideen auf die Aufgabe. Es soll Segel-und Schwimmkurse geben. Ein herrlicher Sommer liegt vor ihnen. Das ändert sich, als zwei junge Männer eingestellt und die beiden Mädchen mit hauswirtschaftlichen Aufgaben betraut werden. Noch schlimmer wird es , als Anna zufällig mit anhört, dass die Kranich, ihr Hoffnungsträger, als Kriegsbeute nach Amerika verschleppt werden soll.

Von der ersten Seite an bin ich völlig in die Geschichte eingetaucht. Ich mochte alle drei Frauen und fand es spannend, dass ich drei unterschiedliche Lebenssituationen hatte und dadurch zahlreiche Aspekte der damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse kennenlernen konnte. Was mich traurig und wütend gemacht hat, war, dass alle drei ihre Träume nicht leben dürfen, weil sie Frauen sind. Von Paula wird erwartet, dass sie sich für die Familie opfert. Anna kann keine Bootsbauerlehre machen, weil Frauen kein handwerkliches Geschick haben. Hedy muss sich auf Küche, Kinder, Kirche beschränken und auf die Heimkehr ihres Mannes warten. Auch die Amerikaner halten sich an diese Klischees, als sie den beiden Mädchen einfach die beiden Männer vor die Nase setzen. Das hat mich besonders geärgert, weil die beiden schon bewiesen hatten, dass sie es alleine schaffen.

Die Ereignisse rund um die Kranich waren sehr emotional und spannend. Es ist ein Aufbegehren gegen die passiven Rollen, die ihnen zugedacht sind. Am Ende des Sommers treffen die drei weitreichende Entscheidungen. Besonders mutig fand ich Anna, die in meinen Augen ein hohes Risiko eingeht, besonders wenn man über die historischen Gegebenheiten Bescheid weiß.

Der Roman ist ein tolles Lebeerlebnis. Auf der einen Seite konnte ich das Gefühl von Freiheit und eines unbeschwerten Sommers erleben. Zum anderen gab es interessante Informationen über die damalige Zeit , ins besonders über die Situation der Frauen. Und es gab Hoffnung. Man kann sich wehren, seine eigenen Entscheidungen treffen. Man muss sich nur trauen.

Bewertung vom 26.04.2024
Die Toten vor der Tür
Jensen, Robin D.

Die Toten vor der Tür


ausgezeichnet

Gelungener Auftakt einer neuen Krimireihe mit dem Journalisten Steffen Baumann
Als Steffen Baumann von der Arbeit nach Hause kommt, liegt eine tote Frau vor seiner Wohnungstür. Mit dieser makaberen Entdeckung beginnt für den Journalisten und den Leser die packende Suche nach dem Mörder. Die Tote lag nicht zufällig vor Steffens Tür . Der Mörder schickt ihm Emails und spricht ihn darin persönlich an, wobei er weitere Morde ankündigt. Da die Gefahr besteht, dass Personen aus Steffens unmittelbaren Bekanntschaft ins Visier des Mörders geraten könnten, ziehen seine Kollegin Svenja und seine Bekannte Charlie vorübergehend bei ihm ein. Da herrscht nun oftmals Zickenkrieg, der an Steffens Nerven zerrt. Zudem macht sein neuer Chef bei der Zeitung erheblichen Druck. Er erwartet reißerische Artikel von Steffen, die die Auflage steigern sollen. Etwas, das Steffen als seriöser Journalist verabscheut. Nur gut, dass nach anfänglichen Schwierigkeiten die Zusammenarbeit mit Kommissar Jacobsen in beinahe kameradschaftlicher Weise möglich ist.
Ich war zuerst skeptisch, ob ein Journalist als Hauptfigur mich für sich einnehmen kann. Ich bin kein Fan von die Polizei ist unfähig und der Journalist weiß alles besser. Zu meiner Freude war es hier nicht so.
Steffen trägt den Hauptteil der Handlung, weil er persönlich betroffen ist und deshalb oft mehr weiß und durch den Täter zuerst erfährt, wann er wieder gemordet hat. Sein Gegenpart Kommissar Jacobsen ist sympathisch und begegnet Steffen auf Augenhöhe. Beide sind aufeinander angewiesen und bilden ein kompetentes Duo.
Es gibt eine ganze Anzahl von weiteren Morden, die teilweise sehr anschaulich geschildert werden, was mich persönlich nicht abgeschreckt hat. Auch kommt der Täter in einigen Kapiteln selbst zu Wort und man erfährt etwas über seine Motivation, was bei mir die Spekulationen ins Kraut hat schießen lassen. Überhaupt kann man wunderbar mit rätseln.
Für etwas Entspannung sorgen die Szenen mit Charlie und Svenja, die ich sehr sympathisch fand. Die Person des Täters war gegen Ende keine wirkliche Überraschung, weil sich die Verdachtsmomente gegen ihn verdichtet hatten. Das fand ich gut und überzeugend, weil ich es nicht mag, wenn ein Täter am Schluss mehr oder weniger aus dem Hut gezaubert wird. Den Serienauftakt fand ich gelungen und freue mich auf weitere Fälle.

Bewertung vom 25.04.2024
Evas Rache / Paul Stainer Bd.4
Ziebula, Thomas

Evas Rache / Paul Stainer Bd.4


ausgezeichnet

Eine packende Geschichte brillant erzählt

Der Krimi hat einige Handlungsstränge, die auf den ersten Blick keine Verbindung miteinander zu haben scheinen. In Leipzig ist Inspektor Stainer in einer Lebenskrise, trinkt mehr als ihm gut tut .Er jagt mit seinen Kollegen einen Frauenmörder, dessen Opfer all zu sehr den Frauen ähneln, die Stainer am Herzen liegen.

In München versucht die junge Eva-Maria Dorn wieder mehr gemeinsame Zeit mit ihrem Ehemann zu verbringen, der sie nicht ernst nimmt und versucht, sie im Hause zu halten. Als Eva herausfindet, dass er sie mit einer anderen betrügt, schmiedet sie einen Racheplan und reist ihm nach Leipzig zur Messe hinterher, auf die er sie nicht mitnehmen wollte.

Nun beginnen sich die Ereignisse zu überschlagen. Stainer muss sich um weitere Mordfälle an Männern kümmern . In Leipzig angekommen verschwindet Eva spurlos. Ist sie ein weiteres Opfer des Frauenmörders ? Sie passt perfekt in sein Beuteschema. Während Stainer versucht, die Fälle zu lösen, gewinnt sein alter Widersacher Inspektor Heinze, ein Mann der ersten Stunde in der NSDAP, immer mehr an Einfluss.

Ich schätze die unaufgeregte Erzählweise des Autors sehr. Auch in diesem Fall werden die Personen in ihrem eigenen Umfeld vorgestellt. Ich erfahre viel über ihre Lebensumstände und Befindlichkeiten. Vieles , was beim ersten Hinsehen eher banal erscheint, erhält im Verlauf der Ereignisse unerwartet Gewicht.

Sehr gelungen finde ich, wie der Autor die verschiedenen Fälle miteinander verbindet. Dabei spielt oft der Zufall eine Rolle, ist dabei aller völlig nachvollziehbar. So ist das Leben eben. Der Krimi ist fesselnd und gelegentlich gibt es Szenen unerwarteter Brutalität, die ein Schlaglicht auf einzelne Personen werfen. Erneut spielen die damaligen politischen Verhältnisse eine wichtige Rolle, ohne den Kriminalfall in den Hintergrund zu drängen. Meine Zu-und Abneigung war auf beide Seiten verteilt. Stainer ist ein kompetenter Ermittler, der sehr empathisch ist und an der Ungerechtigkeit der Welt leidet. Ich habe die Krimis mit ihm geliebt, verstehe aber, dass er nicht mehr weiter machen kann. Mein Zorn und Abneigung trifft Heinze und die anderen Emporkömmlinge, die den Polizeiapparat unterwandern und damit das Recht mit Füssen treten. Auf der Täterseite gab es eine Person, die ich mochte, weil sie für mich ein Opfer war und der ihre Taten aufgezwungen wurden.

Für mich erneut ein sehr spannender Krimi aus der Feder des Autors, dem es gelingt einen komplexen Fall unterhaltsam zu erzählen und dabei die damalige Stimmung perfekt einzufangen.

Bewertung vom 19.04.2024
Das Flüstern des Totenwaldes (Thriller)
Schwarz, Gunnar

Das Flüstern des Totenwaldes (Thriller)


ausgezeichnet

Was, wenn das Böse tatsächlich im Wald wohnt ?
Gerade ist auf außer einer Brandserie nicht viel los im Polizeipräsidium. Eine gute Gelegenheit für den IT - ler Boris sich für ein paar Tage in den Urlaub zu verabschieden. Die jährliche Wandertour mit ehemaligen Studienkollegen steht an. Ziel ist der Grundländer Forst, über den es viele Horrorgeschichten gibt. Noch machen alle Witze darüber, nicht ahnend, dass dort tatsächlich das Böse lauert. Zuerst wird nur eine Frau vermisst. Dann gibt es eine übel zugerichtet Leiche. Zum Entsetzen des Ermittlerduos Henning und Lena stellt sich heraus, dass sie zu Boris Wandergruppe gehörte. Und Boris ist nicht erreichbar !Henning und Lena machen sich auf nach Radelshausen, ein Kaff am Rande des Grundländer Forsts. Hier kennt jeder jeden . Auch einen Serienmörder ?

Ich bin ein Fan des Autors, weil seine Bücher einfach unfassbar fesselnd sind. Auch dieses Mal spielt er gekonnt mit meinen Ängsten und gibt meiner Phantasie, die Möglichkeit, sich verschiedene Schreckensszenarien auszumalen. Nur um dann zu beweisen, dass er es noch besser kann.

Henning und Lena sind ein eingespieltes Team. Sie verstehen sich blind und arbeiten fokussiert. Ich fand sie sympathisch und realistisch dargestellt. Was den Fall besonders macht, ein Freund und Kollege scheint in Gefahr und der Täter handelt sehr grausam.

Der Thriller hat zwei Handlungsstränge. Ich begleite die beiden Ermittler bei ihren Nachforschungen, habe teil an ihrem Vermutungen und auch ihrem persönlichen Empfinden. Der andere gehört Boris und seiner Freundesgruppe. Ich erlebe wie aus einer geplanten Auszeit ein Horrortrip wird. Wie aus harmlosen Erklärungsversuchen und Tatendrang Hoffnungslosigkeit und Resignation wird. Das Geschehen hier war packend, da auch ich im Ungewissen war, was geschieht und hinter jedem Baum der Mörder lauern konnte, und zudem emotional belastend. Ein weiteres Spannungselement ergab sich, weil ich mehr als Henning und Lena wusste und entsetzt war, wenn sie in die falsche Richtung gingen und so Zeit verloren. Des weiteren gab es Kapitel, in denen der Täter agierte. Ich war schockiert von seiner Brutalität. Das hat sich auch am Ende nicht geändert. Obwohl seine Motive dazu geeignet waren, auch Mitleid zu erregen, konnte und wollte ich es nicht empfinden.

Mein Fazit : ein gelungener Thriller, der an den Nerven zerrt.

Bewertung vom 18.04.2024
Die Zeit der Kinder
Riess, Lena

Die Zeit der Kinder


sehr gut

Für die Kinder !

Der Roman widmet sich dem Leben und Werk von Friedrich Fröbel, dem "Erfinder" des Kindergartens und seiner Ehefrau und Vertrauten Luise Levin.

Fröbel war ein Suchender und hat Wissen aufgesogen wie ein Schwamm. Wichtige Denkanstöße erhielt er durch Rousseau und andere wichtige Persönlichkeiten der Aufklärung. Friedrich war Pfarrerssohn und wurde sehr streng erzogen. Züchtigungen gehörten zum Alltag, wie es damals üblich war. Der Mensch ist von Natur aus böse und Kinder sind kleine Erwachsene. Fröbel wagt einen revolutionären Ansatz. Der Mensch ist von Natur aus gut. Kinder sind anders und lernen durch das Spielen. Diese Auffassung stößt auf Widerstand und offene Ablehnung Sogar bei Pestalozzi ! Da liegt es nahe, eine eigene Schule zu gründen.

Luise lebt lebt geduldet im Haushalt ihrer verheirateten Schwester und kümmert sich um die Kinder. Auch sie hält Schläge für kein geeignetes Erziehungsmittel. Als die Kinder zur Schule gehen, wirft ihr Schwager sie aus dem Haus. Da sie nicht weiß wohin und zudem mittellos ist, fährt sie zu Fröbels Schule nach Keilhaus und ist begeistert vom Umgangston und von Fröbel fasziniert.

Fröbel ist ein Besessener im positiven Sinne. Er schreibt Briefe an mögliche Unterstützer , hält Vorträge, um seine Ideen weiter zu verbreiten. Er beginnt Kindergärtnerinnen auszubilden. Doch das neue Gedankengut ist der Obrigkeit und auch der Kirche ein Dorn im Auge. Menschen, die ihren Geist entwickeln, selbstständig denken, passen nicht in ihr Weltbild und gefährden ihren Machtanspruch. Kindergärten werden verboten, Friedrich und seine Anhänger als Staatsfeinde gebrandmarkt.

Nach Fröbels Tod übernimmt Luise sein Erbe. Nach vielen Widerständen, Rückschlägen und Demütigungen kann sie ihren ersten Kindergarten in Hamburg eröffnen. Und die Idee des Kindergartens macht sich auf zu ihrem Siegeszug um die Welt.

Die ersten Seiten des Buches waren eine Herausforderung für mich. Die Autorin stellt die wichtigsten Personen in einzelnen Kapitel vor und wechselt dabei Zeit und Ort. Das fand ich etwas verwirrend. Als ich diese Hürde genommen hatte, war ich von den Ereignissen gefesselt. Friedrich war für mich ein schwieriger Charakter. Kompromisslos hat er oft mögliche Verbündete vor den Kopf gestoßen. Im Umgang mit Kindern ist er aufgeblüht, wird nicht müde, zu erklären und zu ermutigen.

Luise war mir als Persönlichkeit näher und auch sympathischer. Von der geduldeten ledigen Schwester entwickelt sie sich zur selbstbewussten Verfechterin von Fröbels Ideen. Trotz massiver Anfeindungen, Armut und Zeiten des Zweifels hält sie an Fröbels Ideen fest. Sehr berührend fand ich ihre Liebe zu Fröbel, die auch mit dessen Tod nicht endet.

Für mich war das Buch eine bewegende Reise in die Vergangenheit, in der Kinder mehr als Last empfunden wurden. Die Kinderbewahranstalten waren in meinen Augen der reinste Horror. Die Autorin lässt Fröbel immer wieder seine Ideen und sein Menschenbild erklären. Das fand ich sehr interessant und ich habe da Neuland betreten.

Menschlich berührend und dadurch auch unterhaltsam und spannend wurde das Buch für mich durch Luise. Mit ihr habe ich gelitten, gehofft und gebangt. Alles in allem ist das Buch eine gelungene Mischung zwischen Fiktion und realen Ereignissen.

Bewertung vom 16.04.2024
Die Zeit der Hoffnung
Pecha, Bettina

Die Zeit der Hoffnung


ausgezeichnet

Unterhaltsame Lesereise in die Anfänge der Bundesrepublik
Das ist der 2. Band der die Lebensgeschichte von Katharina, die in Stuttgart lebt , erzählt und die Handlung im Jahr 1957 aufnimmt. Ich kenne den 1. Band nicht und kann deshalb mit Überzeugung sagen, dass dies dem Verständnis und dem Lesevergnügen keinen Abbruch tut.

Die Autorin beginnt Katharinas Lebensweg mit deren Hochzeit und endet in den frühen 60ziger Jahren. Katharina kann endlich ihre große Liebe Moritz heiraten, nachdem sie von ihrem 1. Mann geschieden wurde. Damit Katharina die Ablehnung ihrer Schwiegermutter gewonnen. Eine geschiedene Frau und vermutlich nicht in der Lage, Kinder zubekommen, so sah zu dieser Zeit ganz sicher keine Traumschwiegertochter aus. Als Katharina doch schwanger wird, überwiegt zwar die Freude, aber der Wermutstropfen, ihre geliebte Arbeit aufzugeben, bleibt trotzdem. Nun erfahre ich viel über das Frauenbild der damaligen Zeit und die herrschenden Rollenerwartungen. Das lässt mich mal wieder dankbar sein, nicht in dieser zeit gelebt zu haben

Aus beruflichen Gründen ihres Mannes Moritz zieht die kleine Familie für ein Jahr nach Berlin. Katharina schließt eine enge Freundschaft mit Lisa, die im Osten der Stadt lebt und in der Buchhandlung ihrer Schwester Marion im Westen arbeitet. Dies gibt der Autorin die Möglichkeit, die unterschiedlichen Lebensverhältnisse zu beschreiben. Was die Stellung der Frauen anbetrifft, liegt der Osten vorn. Dann im Sommer 61 der Berliner Mauerbau, der alles ändert. Marions Schicksal lässt erahnen, was das für die Bevölkerung in beiden Teilen Berlins bedeutet hat.

Zurück in Stuttgart würde Katharina gerne wieder arbeiten und stößt damit in ihrem sozialem Umfeld auf Unverständnis. Zumal sich ihr Mann Moritz ein weiteres Kind wünscht.

Ein weiterer Handlungsstrang widmet sich dem Schicksal von Lisa, die ein uneheliches Kind bekommt und damit von der Gesellschaft fast auf die Stufe mit einer Prostituierten gestellt wird. Vor Gericht, Unterhalt vom Kindesvater einzuklagen, ist eine Fahrt ins Ungewisse. Lisas Schicksal hat mich stark bewegt. Hier wurde Himmel schreiendes Unrecht geübt.

Neben diesen gesellschaftlichen und politischen Eindrücken finden sich viele kleine Erinnerungsstücke. So findet der Hawaii -Toast, die Hollywood-Schaukel oder die Krimiserie "Das Stahlnetz" Erwähnung, was ich noch aus meiner Kindheit kenne.

Das Buch hat mir viel Spaß beim Lesen bereitet. Es war unterhaltsam, berührend und lässt einen Abschnitt der deutschen Gegenwartsgeschichte lebendig werden.

Bewertung vom 16.04.2024
Maggie Yellow Cloud
Rose Billert, Brita

Maggie Yellow Cloud


ausgezeichnet

Spannende Ermittlungen in der Reservation Pine Ridge

Maggie Yellow Cloud ist Ärztin im Hospital von Pine Ridge. Sie liebt ihre Arbeit und fühlt sich den Menschen dort verbunden. Die Arbeit ist fordernd, zu viele Patienten, Verwaltung von Mängeln und wenig Verständnis der weißen Bürokratie. Als ihr Schwager ermordet wird, trifft es alle wie ein Blitz aus heiterem Himmel und wirft Fragen auf. Maggies Mann äußert die Vermutung, dass möglicherweise Maggie Ziel des Anschlags war. Tatsächlich kommt es zu weiteren Zwischenfällen. Nur Maggie kann sich keinen Grund vorstellen, warum jemand nach ihrem Leben trachten sollte. Ablenkung findet sie im Hospital. Auf unerklärliche Weise verschwinden dort Medikamente und Verbandsmaterial. ein Rätsel, das Maggie gewillt ist zu lösen.

Das Buch war packend zu lesen. Zum einem gibt es eine spannende Krimihandlung . Ich bin lange im Dunklen getappt, wo das Motiv liegen könnte. Maggie selbst ist eine sympathische Persönlichkeit, die ihre Arbeit als Berufung sieht und nicht als Job. Zusätzliches Gewicht erhält ihre Arbeit, weil sie sich ihren Stammesangehörigen verpflichtet fühlt, die gegenüber Weißen - oft zu recht - ein tiefsitzendes Misstrauen hegen.

Gut gefallen hat mir, dass ich Maggie auch bei ihrer täglichen Arbeit begleiten konnte und erfahre, welchen Herausforderungen sie sich stellen muss. Für mich der am meisten faszinierende Aspekt im Buch war der Schauplatz in der Reservation und ihre Bewohner. Ich erhalte Einblicke in ihre Kultur, ihre Denkweise und ihre zum Teil erbärmlichen Lebensumstände. Auch heute noch ist das Verhalten der weißen US-Bevölkerung gegenüber den indigenen Einwohnern kein Ruhmesblatt. Um das Bild abzurunden, schildert die Autorin die Landschaft anschaulich und in farbigen Bildern.
Für mich war der Krimi ein rundum gelungenes Lesevergnügen.

Bewertung vom 10.04.2024
Der Meister der siebten Familie / Magische Bilder Bd.2
El-Bahay, Akram

Der Meister der siebten Familie / Magische Bilder Bd.2


ausgezeichnet

Der Kampf um die Macht geht in seine finale Phase

Art und sein Freund Amin müssen weitere Meister aus den Bildern befreien. Die Zeit drängt, denn Nicephore und seine Inquisitoren gelangen zu immer mehr Macht. Enklaven sind bereits gefallen. Die vordringliche Aufgabe besteht darin, Wus Mutter zu befreien, denn mit ihrem Verschwinden hat alles begonnen und ihre magischen Fähigkeiten würden den Magier einen entscheidenden Vorteil bringen. Und Art hat noch einen weiteren Grund, er liebt Wu und weiß, wie sehr sie ihre Mutter vermisst.

Gerade als es so aussieht, als ob der Durchbruch gelänge, geht alles schief. Nun ruht die Hoffnung auf der Befreiung des Meisters des russischen Zweiges. Doch hier lauert Verrat auch in den eigenen Reihen. Art und Amin werden beide als Verräter und Helfer der Inquisitoren diffamiert. Dann steht Nicephore vor der letzten Enklave und er scheint unbesiegbar. Alte Feindschaften und Rivalitäten müssen überwunden werden, damit die magische Familie überleben kann.

Ich war schon vom 1. Band und seinen tollen Einfällen begeistert. Der 2. Band übertrifft dies in meinen Augen noch, auch wenn ich es nicht für möglich gehalten habe. Dieses Mal überschlagen sich die Ereignisse von Anfang an. Ich hatte kaum Zeit, Luft zu holen und zu allem Übel waren die Magier auf der Verliererstraße. Ich hätte fast mit Nägelkauen begonnen, so zornig und aufgewühlt war ich. Es gab aber auch einige humorvolle Szenen durch das magische Radio und die Mumie Babaef.

Die Handlung läuft mit großen Schritten auf den finalen Endkampf zu. Und die Wetten stehen eindeutig gegen die Magier. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn die Geschichte zuungunsten der Magier ausgegangen wäre. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon, einige schmerzhafte Verluste zu beklagen. Dann kommt es zum entscheidenden Duell zwischen Art und Nicephore. Nicephore hatte bis jetzt mit nicht erwarteter Grausamkeit unter den Magiern und ihren Dienern gewütet. Das war an mancher Stelle kaum auszuhalten. Die Idee, mit der Art den Sieg davon trägt, ist genial und absolut gerecht. Am Ende geht es dann doch noch gut aus und ich war so was von erleichtert.

Das Buch war für mich ein echtes Highlight durch seine interessante Idee, man könne in Bilder reisen, viele skurrile Figuren, liebenswerte Helden, überzeugende Schurken, nervenaufreibende Kämpfe und herrlichem Humor, wann immer er vonnöten war.