bücher.de Top-Listen

Bewertung von mimitatis_buecherkiste aus Krefeld
am 23.05.2024
Der Tod spielt auf der Luisenburg
Eckstein, Yvette

Der Tod spielt auf der Luisenburg


gut

Auf der Freilichtbühne finden die Luisenburg-Festspiele statt, als mitten am Abend einer der Hauptdarsteller vor dem Publikum auf der Bühne stirbt. Kriminalkommissarin Klara Stern, die in der Vorführung sitzt, ruft sofort ihren Chef, den Kriminalhauptkommissar Johann Kranzfelder, an, weil sie ein Verbrechen vermutet. Die Ermittlungen in der Theaterszene kommen nur langsam voran, was beide Ermittler frustriert. Dazu kommt, dass sie mit dem unbeliebten Kollegen Fridolin Himmelreiter und dessen Protegé Sebastian Mayer zusammenarbeiten müssen.

Dies ist der zweite Band der Krimireihe mit dem ungewöhnlichen Duo Stern und Kranzfelder. Den ersten Teil mit dem Titel „Wen die Specht holt“ fand ich seinerzeit sehr unterhaltsam, sodass ich gespannt war, wie es mit den beiden Ermittlern weitergeht. Man muss den Vorgängerband nicht unbedingt gelesen haben, um zurechtzukommen, aber vom Lesen in der falschen Reihenfolge würde ich dringend abraten, da im vorliegenden Buch einiges verraten wird, was den ersten Fall und auch das Privatleben der ermittelnden Personen angeht.

Das vorliegende Buch zog mich nur langsam in die Geschichte rein und leider blieb diese zudem überwiegend sehr blass. Ich hatte das Gefühl, permanent zwischen der Freilichtbühne, dem Präsidium und einem Esslokal zu pendeln, die Kommissare mögen dabei durchaus witzig gewesen zu sein, aber von einer richtigen Ermittlung war dies alles weit entfernt. Die Zeugen und auch die Verdächtigen benahmen sich seltsam, um nicht zu sagen kurios, so wirklich ernst genommen hat hier keiner den anderen. Erst im letzten Drittel kam etwas mehr Bewegung rein, wurden die Akteure plötzlich alle lebhaft. Die Auflösung war schlüssig, aber unspektakulär, eine echte Überraschung war das Ende für mich leider nicht. Insgesamt ein schwächerer zweiter Teil, der sich in der Fortsetzung hoffentlich wieder steigern wird.
mimitatis_buecherkiste aus Krefeld

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung von Rebekka aus Mainz
am 23.05.2024
Mord stand nicht im Drehbuch
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch


sehr gut

Spannend und unterhaltsam

Wie nicht anders zu erwarten, ist Anthony Horowitz‘ neuester Krimi wieder äußerst spannend und unterhaltsam. Diesmal ist der Autor selbst ein Mordverdächtiger und als solcher auf die Hilfe seines Sidekicks Daniel Hawthorne angewiesen – obwohl er ihm kurz zuvor die Zusammenarbeit aufgekündigt hatte. „Ich werde nie ein Buch mit dem Titel „Hawthorne ermittelt“ schreiben", hatte er dem genialen Ex-Polizisten an den Kopf geworfen und sich anschließend seinem Theaterstück „Mindgame“ zugewandt. Dass die Theaterkritikerin, die dieses Stück genüsslich verrissen hatte, mit einem Dolch im Bauch enden und alle Hinweise auf ihn selbst hinweisen würden, konnte er ja nicht ahnen.

Auch diesmal hat sich Horowitz einen wendungsreichen, spannenden Plot einfallen lassen. Natürlich ist er nicht der Mörder, auch wenn seine Fingerabdrücke an der Waffe und seine DNA-Spuren auf der Leiche dafür sprechen. Glücklicherweise gibt es noch jede Menge andere Verdächtige. Sie haben alle ein nachvollziehbares Motiv und es macht Spaß zu lesen, wie Hawthorne die Hinweise zusammenträgt, aufdröselt und in einen neuen Kontext stellt. Klar, dass er am Schluß den wahren Täter ermittelt und ihn in einer Art Hommage an Agatha Christie in Hercule-Poirot-Manier vor versammelter Mannschaft mit seinen Beweisen konfrontiert.

Ich gebe zu, die beiden Hauptcharaktere sind mir nicht besonders sympathisch. Der eine ist ein unfreundlicher Menschenfeind, der andere ein Angeber, der mit seinen Bestsellern und seinen Kontakten zu bekannten Persönlichkeiten prahlt. Aber sei es drum: der Krimi ist flüssig geschrieben und sehr gut konstruiert. Die Leserinnen und Leser wissen immer genau so viel wie der Detektiv und können deshalb gut miträtseln. Für Liebhaber guter, klassischer Whodunnits genau das Richtige.
Rebekka aus Mainz

Bewertung von Kiki2705 am 23.05.2024
Consider Me / Playing for Keeps Bd.1
Mack, Becka

Consider Me / Playing for Keeps Bd.1


sehr gut

„Consider me“ von Becka Mack ist eine Sports-Romance und der Beginn der Playing for Keeps-Reihe, die nicht nur sportlich-romantisch, sondern auch sehr spicy daherkommt.
Carter Beckett ist der Kapitän der Hockeymannschaft Vancouver Vipers und nicht nur ein begnadeter Spieler, sondern auch neben dem Eis ein heiß begehrter Typ, der nichts anbrennen lässt. Sein Ruf eilt ihm voraus – er ist egozentrisch, eingebildet und bekommt alles, was er will. Doch eines Tages trifft er auf Olivia Parker, eine Highschoollehrerin, die so gar nicht in sein Beuteschema passt und zum ersten Mal in seinem Leben muss sich Carter anstrengen, um an sein Ziel zu kommen. Doch kann Olivia ihm vertrauen und über seine Vergangenheit hinwegsehen? Steckt mehr hinter dem Bad-Boy-Image, als alle glauben und kann diese aufkeimende Liebe eine Chance haben?
Das Cover des Buches ist sehr passend mit seiner romantischen Farbgestaltung und dem darauf abgebildeten Eishockey-Symbol. Auch das transparente Page-Overlay innerhalb des Buches ist sehr schön und passend zum Text eingefügt.
Der Schreibstil der Autorin hat mich zu Beginn zunächst abgeschreckt, da dieser doch ziemlich vulgär war und damit den Charakter von Carter Beckett überdeutlich dargestellt hat. Allerdings muss man hier erwähnen, dass es hierzu auch eine Triggerwarnung gibt und man sich somit auch auf diese Art von Sprache einstellen kann.
Auf jeden Fall ist es der Autorin auf ganzer Linie gelungen, dass man weiß, mit wem man es zu tun hat und dass einem die Wandlung von Carter innerhalb der Geschichte mehr als deutlich vor Augen geführt wird.
Im Gegensatz zu Carter war mir Olivia von Anfang sehr sympathisch. Sie ist trotz ihrer sehr geringen Körpergröße, die im Buch sehr oft auf recht witzige Art und Weise erwähnt wird, sehr selbstbewusst und weiß, was sie will.
Neben den beiden Hauptcharakteren haben mir jedoch vor allem die zahlreichen Nebencharaktere gefallen, die mir die Geschichte liebenswert gemacht haben.
Aufgrund meiner anfänglichen Probleme und ein paar doch sehr vorhersehbaren Wendungen gibt es für mich 1 Stern Abzug. Insgesamt war diese Geschichte jedoch sehr herzerwärmend und ein echter Pageturner und ich werde mit Sicherheit diese Reihe weiterverfolgen.
Kiki2705

Bewertung von Lissi Filibuster am 23.05.2024
Agentur für magische Wesen: Löse das Rätsel des Seeungeheuers / Geheim! Die Rätselbücher Bd.4
Benn, Amelie

Agentur für magische Wesen: Löse das Rätsel des Seeungeheuers / Geheim! Die Rätselbücher Bd.4


ausgezeichnet

Spannendes Abenteuer + außergewöhnliche, magische Wesen + kniffelige Rätsel = perfekter Lesespaß

Meine beiden Jungs (6,9) lieben Rätsel und Geschichten, bei denen man mitdenken muss. Die Mischung aus Spannung, Fantasie und kniffeligen Aufgaben ist für sie perfekt und der Anreiz zum Weiterlesen ist bei uns besonders hoch. Das Buch über die "Agentur für magische Wesen" habe ich vorgelesen und wir haben ein paar sehr schöne Lesestunden zusammen verbracht.

Pippa und Ben sollen die Ferien bei ihrer Tante Esmeralda verbringen. Doch statt drei langweiliger Ferienwochen erwartet die beiden Kinder ein aufregendes Abenteuer. Sie erhalten in einem Brief zusammen mit ihrer Tante den Auftrag, ein magisches Wesen zu retten und in eine sichere Auffangstation zu bringen. Doch auch eine kriminelle Organisation ist hinter diesem außergewöhnlichen Tier her und so beginnt eine spannende Reise voller Geheimnisse und Gefahren.

Die Kinder Pippa und Ben fanden wir beide sehr nett, auch wenn meine Jungs und ich Ben noch ein bisschen lieber mochten. Er ist zu Beginn eher vorsichtig, wird aber im Laufe der Geschichte immer mutiger. Dabei ist es toll zu lesen, wie sich die Kinder gegenseitig unterstützen.

Die magischen Wesen, die in der Geschichte auftauchen, fanden wir absolut fantastisch. Durch das Setting im mexikanischen Dschungel und die Bezüge zur Kultur der Maya sind es ganz einzigartige, außergewöhnliche Tiere. Im hinteren Teil des Buches werden sie noch mit einem kleinen Steckbrief mit Bild vorgestellt, was meinen Jungs richtig gut gefallen hat. Die Illustrationen der verschiedenen Wesen fanden wir klasse. Für unseren Geschmack hätten es sogar gerne noch ein paar mehr Bilder sein können, vor allem von den verschiedenen Orten, die die drei auf ihrer Reise sehen.

Die Rätsel, die nach jedem Kapitel gelöst werden können, waren vom Schwierigkeitsgrad sehr gut gewählt und ganz unterschiedlich zu lösen. Für manche musste man sehr genau lesen, bei anderen eher gut hinschauen. Besonders gut gefallen haben uns zum Beispiel die Geheimschriften.

Die Mischung aus Rätselbuch und spannender Geschichte mit magischen Wesen ist super gelungen. Die Denkaufgaben sind klasse in die Story eingebunden und haben bei uns den Lesespaß noch erhöht. Wir sind absolut begeistert von der Geheim!-Reihe und freuen uns schon auf die nächsten Rätselabenteuer hoffentlich auch zusammen mit Pippa, Ben und vielen weiteren magischen Wesen.
Lissi Filibuster

Bewertung von Marcella am 23.05.2024
Tarot de Marseille von 1760 - neu aufgelegt

Tarot de Marseille von 1760 - neu aufgelegt


ausgezeichnet

Ich stimme den anderen zu. Gelungene Aufarbeitung der alten Karten! Ich hätte mir nur noch ein paar mehr Beispiele im Beiheft gewünscht. Ich übe das Kartenlegen nämlich noch.
Marcella

Bewertung von Dingsbaer aus Iserlohn
am 23.05.2024
Kidstory
Weiss Gabbay, Tamar

Kidstory


ausgezeichnet

In dem Sachbuch "Kidstory" erhalten wir in 20 Erzählungen einen Einblick in die Weltgeschichte; von der Steinzeit bis heute. Das Besondere daran ist, das jede Epoche von ganz "gewöhnlichen" Mädchen und Jungen und ihrem Alltag handelt. Es ist sehr spannend zu erfahren, wie die Kinder zum Beispiel in den unterschiedlichen Zeiten gelebt haben, mit was sie (wenn überhaupt) gespielt haben, oder was man es für Regeln oder für Rituale gab. Oft gab es hier ganz große und erstaunte Augen. 

Das Buch wirkt in seiner Gestaltung sehr hochwertig. Die Illustrationen sind gelungen und ergänzen die Geschichten sehr gut. Der Titel leitet sich vom Wort "History" ab, und da es hier nur um die Geschichte von Kindern handelt, wurde daraus "Kidstory". Für die jungen Leser hätte mir aber auch ein deutscher Titel sehr gut gefallen. 

Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich, die Sprache bildhaft und es gibt viele gut erklärte Informationen. Dabei werden die Kinder aber nicht damit überhäuft. Die einzelnen Kapitel haben zudem eine angenehme Länge. 

Wir haben uns jedes Kapitel chronologisch und einzeln durchgelesen und darüber geredet. Das war sehr interessant. Spannend war auch die kurze Übersicht am Ende der Kapitel, in der kurz und knapp zu lesen ist, was sonst noch zu dieser Zeit auf der Welt passiert ist. Am Ende des Buches können drei eigene Kapitel aufgeschrieben werden; nämlich die Geschichte der Großeltern, die eigene und was wohl in 50 Jahren sein wird. 

Das Buch eignet sich gut für Kinder ab dem Grundschulalter. Das Vorlesen, das gemeinsame Lesern oder Selberlesen für geübtere Leser bietet unterschiedliche Möglichkeiten. Es ist aber auch ein Buch für die ganze Familie, in dem die Geschichte der Menschheit kindgerecht erklärt und neues Wissen vermittelt wird. Und dieses Buch zeigt, das Geschichte nicht langweilig und "eingestaubt" sein muss. Vielleicht weckt es beim ein oder anderem Kind (oder auch Erwachsenen) die Lust sich intensiver mit der Menschheitsgeschichte auseinander zu setzen.   
Dingsbaer aus Iserlohn

Bewertung von Raumzeitreisender aus Deutschland
am 23.05.2024
Mysterien
Hamsun, Knut

Mysterien


weniger gut

"Ja, das ist wahr, ich gebe zu, dass ich ein lebender Widerspruch bin, und ich verstehe das selbst nicht." (141)

Damit beschreibt der 29-jährige Protagonist Johan Nilsen Nagel, der eines Tages im Jahr 1891 in der kleinen norwegischen Hafenstadt auftaucht, treffend sich selbst. Er spielt verschiedene Rollen, führt Diskussionen, verschenkt Geld, spielt den Beschützer, den Schwindler, kauft unnütze Artikel und verliebt sich mehrfach. Seine wahre Biografie bleibt nebulös, wird nur durch die frühere Bekannte Kemma, die ihn besucht, angedeutet. Selbst sein Name und sein Beruf sind offensichtlich falsch.

Die vielen unnützen Gespräche mit dem Kohlenausträger Johannes Grögaard (Minute), der hübschen Pastorentochter Dagny Kielland, der alleinstehenden Martha Gude, dem juristischen Bevollmächtigten Reinert, dem Doktor Sternersen usw. bringen kein Licht in den Tunnel. Man fragt sich bis zum Schluss, worum es eigentlich geht. Nagel ist eine zerrissene Persönlichkeit, die, wie Knut Hamsuns Sohn zugestand, Ähnlichkeiten mit dem Autor selbst hat. Das ist wohl das mysteriöse an der Geschichte.
Raumzeitreisender aus Deutschland

Bewertung von A.R. aus L.
am 23.05.2024
Nothing but Spies 1: Nothing but Spies
Fesler, Mario

Nothing but Spies 1: Nothing but Spies


ausgezeichnet

Agenten bekommen Konkurrenz

Hätte mich nicht schon dieses geniale Cover und die Haptik des Buches überzeugt, dann definitiv Celia. Mein neuer Lieblingsbuchcharakter. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Die Dynamik von Vincent und Celia ist bombastisch - nicht nur im übertragenen Sinne. Ich liebe den Aufbau des Buches, dass wirklich keine Klischees erfüllen kann. Celia zwingt sich Vincent für ein Abenteuer auf. Beide sind voller Abneigung für den Anderen. Natürlich kommen dadurch viel Witz und auch Spannung auf. Wäre ja auch noch schöner, wenn sich der Agent mal was sagen lassen würde. Was aber auch nicht verloren geht, sind tiefgründigere Themen. Absolut jugendfreundlich erklärt und nicht zu sehr in den Mittelpunkt gerückt. Für mich war dieses Buch ein absolutes Highlight. Der zweite Band steht schon auf meiner Wunschliste und wird mich, so die Leseprobe am Ende des Buches, bestimmt nicht enttäuschen.
A.R. aus L.

Bewertung von Frieda aus MV
am 23.05.2024
Weißglut
Quast, Tobias

Weißglut


sehr gut

Der Krimi „Weißglut“ von Tobias Quast ist nicht der „normale“ Krimi, wie man sich ihn vorstellt.
„Weißglut“ kommt mehr mit Unterhaltung, typischen Alltagsszene, vielen Gerüchten und Missverständnissen daher und weniger mit blutigen Szenen. Durch die immer neuen Verwicklungen und Wendungen muss man schon auspassen, dass man den Faden nicht verliert oder zu früh denkt, man kennt die Lösung bereits.
Kurz gesagt, geht es um die reiche Dame (Sarah) aus München, die aufgrund von Eheproblemen und aus Angst, in den Schlagzeilen zu landen, nach Finnland „flieht“. Leider wird aus der idyllischen Ruhe nichts, da sie gleich am ersten Morgen über eine Wasserleicht stolpert und aufgrund von Gerüchten als Tatverdächtige und Liebhaberin des Toten gehandelt wird. Sarah ermittelt daraufhin auf eigene Faust, um sich von diesen Gerüchten zu befreien, gerät dabei aber auch ins Visier des Mörders.
Mir hat einerseits der Schreibstil gut gefallen, andererseits aber auch das Aufzeigen zwischenmenschlicher Kommunikation und Nicht-Kommunikation. Tobias Quast zeigt deutlich die Folgen von „Gerüchteküchen“ auf und wie man sich selbst in Menschen täuschen kann.
Die Protagonistin Sarah, aber auch ihre Freundin Ilvi haben mich ebenso beeindruckt, wie die Beschreibung der nordischen Natur und Landschaft.
Fazit: Wer mal einen etwas anderen Krimi lesen möchte, ist hier an der richtigen Stelle.
Frieda aus MV

Bewertung von Bories vom Berg aus München
am 23.05.2024
Die Erweiterung
Menasse, Robert

Die Erweiterung


gut

Googeln sinnlos

Mit «Die Erweiterung» hat der österreichische Schriftsteller Robert Menasse nach fünf Jahren den zweiten Band seiner als Trilogie geplanten, großen EU-Erzählung vorgelegt. Der Roman stellt keine Fortsetzung des 2017 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Erfolgsromans «Die Hauptstadt» dar. Er befasst sich vielmehr, worauf schon der Buchtitel hinweist, mit EU-Beitrittswünschen von Ländern des Westbalkans, hier speziell von Albanien. Insbesondere Polen lehnt aber die Aufnahme eines muslimischen Landes in die Europäische Union vehement ab. Nach Brüssel, Zentrale dieses aberwitzigen Bürokratie-Molochs, liegt jetzt also der Fokus des europäisch engagierten Autors auf den Außenrändern der Gemeinschaft. Für die anstehenden Erweiterungen hat die EU eine eigene Behörde geschaffen, der Moloch wächst also munter weiter.

Der umtriebige albanische Ministerpräsident verfolgt für die Verhandlungen mit Brüssel eine nationalistische Strategie. Er will ein ‹Groß-Albanien› schaffen mit den mehrheitlich albanischen Regionen im Kosovo, West-Mazedonien und anderen Randgebieten, quasi eine albanische Gemeinschaft von Regionen innerhalb der Europäischen Union. Symbol für ‹Groß-Albanien› soll der Helm des albanischen Volkshelden Skanderbeg werden, der aber leider im Besitz eines Museums in Wien ist und dort ausgestellt wird. Restitutions-Ansprüche wurden geltend gemacht, blieben aber erfolglos. Um Druck in Brüssel zu machen weist der albanische Ministerpräsident ferner darauf hin, dass China großes Interesse an den wertvollen, seltenen Bodenschätzen Albaniens zeigt und auch den wichtigsten Handelshafen bei Durrës kaufen will, - als Teil seines Seidenstraße-Projekts. Da müssten doch bei der EU die Alarmglocken klingeln und der albanische Beitritt nur noch eine reine Formsache sein, glauben der Ministerpräsident und seine engsten Berater!

Der ‹dicke› Gesellschaftsroman überrascht mit einem spannenden Plot, der den Leser von Anfang an regelrecht hineinsaugt in das aberwitzige Geschehen, das bei aller Übertreibung doch auch einen Einblick in die realen Usancen eines gigantischen Verwaltungs-Apparates bietet. Robert Menasses sorgfältig durchdachte Geschichte wird rasant in diversen Handlungs-Strängen erzählt, seine Figuren agieren glaubwürdig in den häufig wechselnden Szenen. Sogar eine transnationale Liebesgeschichte fehlt nicht. Die albanische Dame erzählt ihrem deutschen Verehrer, wie sie zu ihrem seltsamen Vornamen gekommen ist: Ihr Vater hat eine zeitlang in Deutschland gearbeitet, in München, und war seither ein glühender Fan des FC Bayern München. «Er wollte, dass ich so heiße wie sein geliebter Fußballclub … Der Standesbeamte schrieb den Namen so, wie er ihn hörte, in mein Geburtsdokument: Baia Muniq.» Es gibt immer wieder Gelegenheit zum Schmunzeln, aber der oft ironisch, teils sogar sarkastisch erzählte Roman vermittelt auch ein sorgsam recherchiertes Bild von den Vorgängen im aufgeblähten Brüsseler Apparat mit all seinen politischen Ränkespielen und nationalen Animositäten. Die Robert Menasse nicht müde wird anzuprangern, nicht nur in seinen Romanen, sondern auch in Essays, Vorträgen und Interviews, - er ist nun mal ein glühender Europäer.

«Die Erweiterung» enthält in ihrem eng an die Realität angelehnten und in der Gegenwart angesiedelten, politischen Erzählstoff auch Kriminalistisches oder Historisches. Die Fülle von fremdsprachigen Einschüben, geschichtlichen Anspielungen oder europäischen Verstrickungen erfordert beim Lesen sehr häufig eine Internet-Recherche. Man hört aber schon bald auf zu googeln und liest ohne Verständnis-Probleme einfach über diese Stellen hinweg. Sehr ärgerlich hingegen ist allerdings der chaotische Schluss, bei dem der Autor wohl keine Lust mehr hatte und seine Geschichte einfach sinnfrei, regelrecht klamaukartig ausklingen lässt. Das Lesevergnügen wird jedenfalls brutal abwürgt. Es fehlt diesem Roman also ein der übrigen Textmasse adäquates, gut durchdachtes Finale. Was für ein ärgerliches Manko für einen ansonsten erfreulichen Roman!
Bories vom Berg aus München