Katharina Adler
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Sie ist eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts: Dora, das jüdische Mädchen mit der und einer äußerst verschlungenen Familiengeschichte. Dora, die kaum achtzehn war, als sie es wagte, ihre Kur bei Sigmund Freud vorzeitig zu beenden, und ihn, wie er es fasste, «um die Befriedigung [brachte], sie weit gründlicher von ihrem Leiden zu befreien». Für Katharina Adler war die widerständige Patientin lange nicht mehr als eine Familien-Anekdote: ihre Urgroßmutter, die - nicht unter ihrem wirklichen Namen und auch nicht für eine besondere Leistung - zu Nachruhm kam und dabei ...
Sie ist eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts: Dora, das jüdische Mädchen mit der und einer äußerst verschlungenen Familiengeschichte. Dora, die kaum achtzehn war, als sie es wagte, ihre Kur bei Sigmund Freud vorzeitig zu beenden, und ihn, wie er es fasste, «um die Befriedigung [brachte], sie weit gründlicher von ihrem Leiden zu befreien». Für Katharina Adler war die widerständige Patientin lange nicht mehr als eine Familien-Anekdote: ihre Urgroßmutter, die - nicht unter ihrem wirklichen Namen und auch nicht für eine besondere Leistung - zu Nachruhm kam und dabei mal zum Opfer, mal zur Heldin stilisiert wurde. «Nach und nach wuchs in mir der Wunsch, dieses Bild von ihr zu ergänzen, ihm aber auch etwas entgegenzusetzen. Ich wollte eine Frau zeigen, die man nicht als lebenslängliche Hysterikerin abtun oder pauschal als Heldin instrumentalisieren kann. Eine Frau mit vielen Stärken und auch einigen Schwächen, die trotz aller Widrigkeiten bis zuletzt um ein selbstbestimmtes Leben ringt.» Von ihr, von «Ida», handelt dieser mitreißende Roman. Mit großem gestalterischem Weitblick und scharfem Auge für jedes Detail erzählt Katharina Adler die Geschichte einer Frau zwischen Welt- und Nervenkriegen, Exil und Erinnerung. Eine Geschichte, in die sich ein halbes Jahrhundert mit seinen Verwerfungen eingeschrieben hat. «Ida» ist ein Plädoyer für die Wahrheit der Empfindung und die Vielfalt ihrer Versionen. Der Roman eines weitreichenden Lebens, das - mit Freuds Praxistür im Rücken - erst seinen Anfang nahm.
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Katharina Adler wurde 1980 in München geboren, wo sie nach Stationen in Leipzig und Berlin heute wieder lebt. Mit ihrem viel beachteten Debüt, «Ida», war sie unter anderem für den Alfred-Döblin-Preis, den Klaus-Michael Kühne-Preis und den ZDF-aspekte-Literaturpreis nominiert. 2019 wurde sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis, 2020 mit dem Premio Letterario Adei-Wizo ausgezeichnet. «Iglhaut» (2022) ist ihr zweiter Roman.
Produktdetails
- Verlag: Rowohlt Verlag GmbH
- Seitenzahl: 512
- Erscheinungstermin: 24. Juli 2018
- Deutsch
- ISBN-13: 9783644047112
- Artikelnr.: 50006726
Raus aus dem alten Leben
Drei souveräne literarische Sommer-Debüts, die je auf ihre Weise das Diktat der totalen Gegenwart abschütteln: Katharina Adler befreit ihre Urgroßmutter Ida Bauer aus dem analytischen Blick Sigmund Freuds, bei dem die junge Frau in Behandlung war. Bei Julia von Lucadou gerät das Leben einer Therapeutin selbst außer Kontrolle. Und Gianna Molinari experimentiert mit unzuverlässigem Lichteinfall rund um einen vom Himmel fallenden Mann, bis sich alle Gewissheiten vollends zerstreut haben
Es gibt literarische Debüts, die gar nichts Debüthaftes an sich haben. Romane, die man liest, ohne dabei auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es erste Romane sind. Sie kommen mit voller Wucht als
Drei souveräne literarische Sommer-Debüts, die je auf ihre Weise das Diktat der totalen Gegenwart abschütteln: Katharina Adler befreit ihre Urgroßmutter Ida Bauer aus dem analytischen Blick Sigmund Freuds, bei dem die junge Frau in Behandlung war. Bei Julia von Lucadou gerät das Leben einer Therapeutin selbst außer Kontrolle. Und Gianna Molinari experimentiert mit unzuverlässigem Lichteinfall rund um einen vom Himmel fallenden Mann, bis sich alle Gewissheiten vollends zerstreut haben
Es gibt literarische Debüts, die gar nichts Debüthaftes an sich haben. Romane, die man liest, ohne dabei auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es erste Romane sind. Sie kommen mit voller Wucht als
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Werk daher, weshalb man ihren Autoren gerne den ohnehin zu gönnerhaft klingenden Titel der "Debütantin" oder des "Debütanten" erspart. Es sind Schriftstellerinnen und Schriftsteller. In diesem Sommer: Katharina Adler, Julia von Lucadou und Gianna Molinari.
Dass ihre Bücher so viel Kraft haben, liegt auch an dem, was sie nicht sagen, worauf sie verzichten, wogegen sich die Autorinnen entschieden haben. Bei dem Buch der 1980 in München geborenen Katharina Adler jedenfalls ist das der Fall. "Ida" heißt ihr Roman. Katharina Adler ist die Urenkelin von Ida Bauer, die 18 Jahre alt war, als sie sich 1899 in Wien in der Berggasse bei Sigmund Freud in Behandlung begab - oder besser: begeben sollte. Ihr Vater, ein Bekannter Freuds, schickte sie dorthin.
Ida litt unter nervösem Husten, Stimmverlust, Bewusstlosigkeit nach Auseinandersetzungen mit dem Vater. Nach nur drei Monaten brach sie die Behandlung von sich aus wieder ab, worüber Freud nicht begeistert war. Er schrieb sein berühmtes "Bruchstück einer Hysterie-Analyse", jenen Text, in dem er in einer Fallstudie (Ida heißt bei ihm Dora) sein theoretisches Konzept der "Übertragung" entwickelte. Er bot seine ganze Phantasie auf, um an die Geheimnisse aus dem Seelenleben des ihm anvertrauten Mädchens heranzukommen, verwandelte den Text in eine Art erotische Novelle, die aufgrund der Enttäuschung über den Abbruch im letzten Teil in eine Abrechnung kippt. Der "allmächtige Erzähler Freud", der zu dem System der Männer gehört, dem sich Dora als junge Frau gegenübersieht, so hat es der Soziologe Heinz Bude gesagt, "steht am Ende ziemlich düpiert da", weil Dora - also Ida - sich diesem System der Männer verweigert.
Katharina Adler hätte der unter Stimmlosigkeit leidenden Ida Bauer nun eine Stimme geben können, indem sie ihren Roman entlang der Freudschen Fallgeschichte als Ich-Erzählung konzipiert - sprunghaft, unzusammenhängend, ungeordnet, wie Freud selbst die Erzählungen seiner Patienten zu Beginn seines Textes nennt. Und tatsächlich gibt es in "Ida" ein paar Seiten, die so geschrieben sind: "Der würde mir jetzt jederzeit, je-der-zeit, wenn seine Zeit es . . . Wie heiß die Sonne brennt, wie hell . . . Nein (. . .) Was zittert meine Hand, warum macht sie das?" Es wird auch eine Wiederholungsstruktur konstruiert, gleich mehrere Absätze beginnen mit "Noch einmal", "ein allerletztes Mal", "wirklich nur einmal noch". Aber dann ist das wieder vorbei. Zum Glück, muss man sagen.
Denn es geht in diesem Roman um sehr viel mehr als um Idas Stimme. Es geht um Ida Bauers Geschichte, die die Urenkelin ihr zurückgibt. Sie tut dies, indem sie sich gegen einen inneren Monolog ihrer Figur entscheidet und stattdessen konventionell erzählt. Sie tritt - darin besteht ihre erzählerische Pointe - auktorial gegen den auktorialen Erzähler Freud an und befreit Ida Bauer so aus der Beschränkung, immer nur Freuds Dora sein zu dürfen. Überhaupt fängt sie auch gar nicht mit Freud an, sondern 1941 in Chicago, wo Ida, als Jüdin in Wien von den Nazis verfolgt, nach einer langen Reise über das besetzte Frankreich und Casablanca ankommt, eine unwirsche, absolut nicht liebenswürdige und um Liebenswürdigkeit auch gar nicht bemühte 59-jährige Frau, die dort von ihrem Sohn empfangen wird, dem Dirigenten Kurt Herbert Adler.
Dann springt sie zurück nach Wien, ins Jahr 1900, zu genau jenem Moment, in dem Ida bei Freud die Tür zuschlägt, "aus ihrem alten Leben hinausläuft, aber ihrem neuen noch nicht entgegen". Wir erfahren vom Drama, um das es auch in der Behandlung bei Freud geht: von Idas Vater, einem Industriellen, der eine Affäre mit der Frau einer befreundeten Familie beginnt, woraufhin der betrogene Ehemann sich dafür an Ida, der 14-jährigen Tochter seines Rivalen, vergeht, sie sexuell belästigt, sie bedrängt, sie zu küssen versucht, während die Eltern ihr vorwerfen, sie würde sich das alles nur ausdenken, und alle so tun, als ginge nichts vor sich. Wir erleben die widerspenstige Ida auf Freuds Couch, auf der sie sich mit ihm einen Schlagabtausch liefert und sich im Selbstgespräch über ihn aufregt ("Ob Schachtel oder Schlüssel, alles wurde ihm zum Genital"). Wir werden Zeugen ihrer politischen Tätigkeit bei den Sozialdemokraten, verfolgen das Schicksal ihres Bruders Otto, des Begründers des Austromarxismus, und den aufsteigenden Faschismus in Österreich.
So ist der Roman vieles auf einmal: Freud-Kritik, Familiengeschichte, Epochenbild. Vor allem aber ist er der Entwurf eines Lebens, wie es gewesen sein könnte: "Ida" ist eine Fiktion. Freuds Fallgeschichte der Dora, sagt uns Katharina Adler, ist es aber auch.
"Zu Beginn der Geschichte der Psychologie glaubte man lange, die Kindheit sei entscheidend für die Formung der menschlichen Psyche. Ich selbst zweifelte während meiner Ausbildung an der modernen Psychologie und ihrer strikten Ausklammerung der Kindheit. Mittlerweile kommt mir mein Beharren auf der Betrachtung der Vergangenheit absurd vor. Was mein Leben heute bestimmt, ist nicht meine Kindheit am Institut, nicht meine Jugend auf der Wirtschaftsschule. Nicht meine Arbeit als Wirtschaftspsychologin in der Stadt. Ich lebe auf die einzige Weise, auf die es sich zu leben lohnt: in der Gegenwart."
Wir befinden uns, zur Gegenwart verdammt, in der Zukunft, im Roman "Die Hochhausspringerin" der 1982 in Heidelberg geborenen Filmwissenschaftlerin und Schriftstellerin Julia von Lucadou. Die Welt ist unterteilt in eine hocheffizient gestaltete, hypermoderne Megacity, in der jede Bewegung und jedes gewechselte Wort der in ihr wohnenden Selbstoptimierer von Überwachungskameras dokumentiert werden und alles mit Trademark-Symbolen durchkommerzialisiert ist: Fotoserien, Apps, Energydrinks, Kleidungsstücke, Begriffe. Und in eine jenseits einer Mauer beginnenden Peripherie mit schlechten, staubigen Straßen und grauen Blockbauten, in denen unkontrollierte Menschenmassen zu Hause sind. Wenn die Leistungsbilanz stimmt, hat man in der Stadt Anrecht auf Wohnraum; stimmt sie nicht, fliegt man raus in die Peripherie.
Zu Beginn aber stimmt die Leistungsbilanz bei Riva Karnovsky noch, der Hochhausspringerin, zwanzig Jahre alt, auf dem Höhepunkt ihrer Schönheit, die glitzernd mit gespanntem Körper und weit geöffneten Augen in einem "FlysuitTM" auf dem Dach eines Gebäudes steht. Eine Leistungssportlerin unter Kontrolle, jeder Muskel ist gespannt. Dann tritt sie vor und lässt sich in die eintausend Meter tiefe Schneise vor sich zum "Highrise DivingTM" nach unten gleiten, um im erhabenen Gefühl der Schwerelosigkeit den Tod zu überwinden.
Warum genau dann plötzlich nichts mehr stimmt, ist von außen ohne weiteres nicht zu erkennen: Riva, der Star mit Millionen Fans, erscheint nicht mehr zu Trainingseinheiten, wirkt unmotiviert und traurig, postet nichts mehr, verlässt die Wohnung nicht, beschließt, auch nicht mehr zu springen, was zugleich einen Vertragsbruch mit der Firma bedeutet, deren Aushängeschild sie ist. Und was diese Firma dazu veranlasst, eine Psychologin zu engagieren, die in einem Büroturm vor einem Bildschirm sitzt und Riva mit dem Auftrag beobachtet, sie wieder funktionstüchtig zu machen.
So hören wir Riva reden, verfolgen ihre Bewegungen und Handlungen aus den verschiedensten Blickwinkeln. Doch nehmen wir sie - abgesehen von ein paar Tagebuchfetzen - immer nur vermittelt durch das wahr, was die Psychologin anhand von Überwachungskameras erfassen kann. Wie Katharina Adler verzichtet dabei auch Julia von Lucadou auf die "Ich"-Stimme. Und man versteht hier bald, warum: Nicht Riva, sondern die Psychologin wird zur eigentlichen Hauptfigur des Romans. In der Beobachtung gerät ihr Leben allmählich außer Kontrolle.
"Mein Ranking in der Call-a-CoachTM-Applikation auf meinem Tablet aktualisiert sich sofort. Ich habe sowohl in der Kundenbewertung als auch bei der Bewertung durch den Auftraggeber im Trackingpool den Höchstwert erhalten. Es wird nur noch wenige Coachings brauchen, bis ich im Profil zum Master-Coach aufsteige." Der Slang der "Hochhausspringerin" ist markentechnisch so konsequent durchdekliniert, dass es an manchen Stellen fast weh tut, man oft aber auch einfach lachen muss, weil es einem gar nicht so weit weg erscheint von dem, was man manchmal so hört. Je mehr man dem artifiziellen Sound des modernen Marktes folgt, der nur Oberfläche ist, desto größer wird der Wunsch nach Poesie und Geschichte, dem Julia von Lucadou aber natürlich nicht nachkommt. Ihr Roman ist wie die Versuchsanordnung einer Welt, in der die totale Gegenwart Vorschrift ist und Erinnerung ein Vergehen, das geahndet wird.
Ein Mann fällt vom Himmel. Er springt nicht, er fällt. Ein anderer beobachtet ihn dabei in "Hier ist noch alles möglich", dem Roman der 1988 in Basel geborenen Gianna Molinari. Er ist früh aufgestanden an diesem Morgen, hat sich angezogen, gefrühstückt, den Rucksack und sein Gewehr genommen und ist aus dem Haus zum Wald gegangen. Er blickt durch das Fernglas über das Feld und sieht etwas fallen. "Es war groß. Es war ungemein schnell." Aber er erkennt nicht, dass es ein Mensch ist. Das stellt sich erst später heraus: "An der Stelle, an der der Mann auf den Boden aufprallte, dort, wo er später gefunden wurde, steht jetzt ein Kreuz."
Wer sich bei der "Hochhausspringerin" nach Poesie sehnt, ist bei Gianna Molinari gerade richtig. Ihr Roman ist wie eine kleine Schule der Wahrnehmung mit irritierenden Effekten, Rätseln und unzuverlässigem Lichteinfall. Eine junge Frau bewirbt sich als Nachtwächterin in einer Verpackungsfabrik, auf deren Gelände ein Wolf gesichtet wurde. "Falls Sie einen Wolf sichten, bitten wir Sie, uns dies umgehend zu melden", sagt man ihr. Während ihrer Schichten soll sie eine Fallgrube ausheben. Weder ist klar, ob es diesen Wolf wirklich gibt und wie gefährlich er tatsächlich ist, noch, warum der Chef, den sie mit hängenden Schultern über das Gelände gehen sieht, sie überhaupt eingestellt hat. Versucht er die Schließung der Fabrik immer noch zu verhindern? Ist, solange Nachtwachen ihre Runden drehen, für ihn seine Fabrik noch als Fabrik zu bezeichnen?
Gianna Molinari versucht einen Raum in der Wirklichkeit zu erkunden. Dabei fügt sie ihrer Erzählung auch Fotos und Skizzen hinzu. Doch je mehr Perspektiven sie sammelt, desto mehr zerstreuen sich die Gewissheiten. Dazu gehört auch der vom Himmel fallende Mann, den es tatsächlich gegeben hat. Er geht auf den wahren Fall eines im Jahr 2010 in seinem Versteck im Fahrwerk eines Flugzeugs erfrorenen Flüchtlings zurück, der aus Afrika, wahrscheinlich Kamerun, nach Europa wollte. Bei der Landung fiel er kurz vor Zürich "vom Himmel".
Was sehen wir, wenn wir den Himmel betrachten und etwas fallen sehen, aber einen Menschen zu erkennen nicht imstande sind?, fragt Gianna Molinari. Was war das für ein Mensch? Woher kam er? Und welche Geschichte hatte er? Gegen die Geschichtsvergessenheit treten alle drei Autorinnen an.
JULIA ENCKE.
Katharina Adler: "Ida". Rowohlt, 512 Seiten, 25 Euro.
Julia von Lucadou: "Die Hochhausspringerin". Hanser Berlin, 286 Seiten, 19 Euro.
Gianna Molinari: "Hier ist noch alles möglich". Aufbau, 192 Seiten, 18 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dass ihre Bücher so viel Kraft haben, liegt auch an dem, was sie nicht sagen, worauf sie verzichten, wogegen sich die Autorinnen entschieden haben. Bei dem Buch der 1980 in München geborenen Katharina Adler jedenfalls ist das der Fall. "Ida" heißt ihr Roman. Katharina Adler ist die Urenkelin von Ida Bauer, die 18 Jahre alt war, als sie sich 1899 in Wien in der Berggasse bei Sigmund Freud in Behandlung begab - oder besser: begeben sollte. Ihr Vater, ein Bekannter Freuds, schickte sie dorthin.
Ida litt unter nervösem Husten, Stimmverlust, Bewusstlosigkeit nach Auseinandersetzungen mit dem Vater. Nach nur drei Monaten brach sie die Behandlung von sich aus wieder ab, worüber Freud nicht begeistert war. Er schrieb sein berühmtes "Bruchstück einer Hysterie-Analyse", jenen Text, in dem er in einer Fallstudie (Ida heißt bei ihm Dora) sein theoretisches Konzept der "Übertragung" entwickelte. Er bot seine ganze Phantasie auf, um an die Geheimnisse aus dem Seelenleben des ihm anvertrauten Mädchens heranzukommen, verwandelte den Text in eine Art erotische Novelle, die aufgrund der Enttäuschung über den Abbruch im letzten Teil in eine Abrechnung kippt. Der "allmächtige Erzähler Freud", der zu dem System der Männer gehört, dem sich Dora als junge Frau gegenübersieht, so hat es der Soziologe Heinz Bude gesagt, "steht am Ende ziemlich düpiert da", weil Dora - also Ida - sich diesem System der Männer verweigert.
Katharina Adler hätte der unter Stimmlosigkeit leidenden Ida Bauer nun eine Stimme geben können, indem sie ihren Roman entlang der Freudschen Fallgeschichte als Ich-Erzählung konzipiert - sprunghaft, unzusammenhängend, ungeordnet, wie Freud selbst die Erzählungen seiner Patienten zu Beginn seines Textes nennt. Und tatsächlich gibt es in "Ida" ein paar Seiten, die so geschrieben sind: "Der würde mir jetzt jederzeit, je-der-zeit, wenn seine Zeit es . . . Wie heiß die Sonne brennt, wie hell . . . Nein (. . .) Was zittert meine Hand, warum macht sie das?" Es wird auch eine Wiederholungsstruktur konstruiert, gleich mehrere Absätze beginnen mit "Noch einmal", "ein allerletztes Mal", "wirklich nur einmal noch". Aber dann ist das wieder vorbei. Zum Glück, muss man sagen.
Denn es geht in diesem Roman um sehr viel mehr als um Idas Stimme. Es geht um Ida Bauers Geschichte, die die Urenkelin ihr zurückgibt. Sie tut dies, indem sie sich gegen einen inneren Monolog ihrer Figur entscheidet und stattdessen konventionell erzählt. Sie tritt - darin besteht ihre erzählerische Pointe - auktorial gegen den auktorialen Erzähler Freud an und befreit Ida Bauer so aus der Beschränkung, immer nur Freuds Dora sein zu dürfen. Überhaupt fängt sie auch gar nicht mit Freud an, sondern 1941 in Chicago, wo Ida, als Jüdin in Wien von den Nazis verfolgt, nach einer langen Reise über das besetzte Frankreich und Casablanca ankommt, eine unwirsche, absolut nicht liebenswürdige und um Liebenswürdigkeit auch gar nicht bemühte 59-jährige Frau, die dort von ihrem Sohn empfangen wird, dem Dirigenten Kurt Herbert Adler.
Dann springt sie zurück nach Wien, ins Jahr 1900, zu genau jenem Moment, in dem Ida bei Freud die Tür zuschlägt, "aus ihrem alten Leben hinausläuft, aber ihrem neuen noch nicht entgegen". Wir erfahren vom Drama, um das es auch in der Behandlung bei Freud geht: von Idas Vater, einem Industriellen, der eine Affäre mit der Frau einer befreundeten Familie beginnt, woraufhin der betrogene Ehemann sich dafür an Ida, der 14-jährigen Tochter seines Rivalen, vergeht, sie sexuell belästigt, sie bedrängt, sie zu küssen versucht, während die Eltern ihr vorwerfen, sie würde sich das alles nur ausdenken, und alle so tun, als ginge nichts vor sich. Wir erleben die widerspenstige Ida auf Freuds Couch, auf der sie sich mit ihm einen Schlagabtausch liefert und sich im Selbstgespräch über ihn aufregt ("Ob Schachtel oder Schlüssel, alles wurde ihm zum Genital"). Wir werden Zeugen ihrer politischen Tätigkeit bei den Sozialdemokraten, verfolgen das Schicksal ihres Bruders Otto, des Begründers des Austromarxismus, und den aufsteigenden Faschismus in Österreich.
So ist der Roman vieles auf einmal: Freud-Kritik, Familiengeschichte, Epochenbild. Vor allem aber ist er der Entwurf eines Lebens, wie es gewesen sein könnte: "Ida" ist eine Fiktion. Freuds Fallgeschichte der Dora, sagt uns Katharina Adler, ist es aber auch.
"Zu Beginn der Geschichte der Psychologie glaubte man lange, die Kindheit sei entscheidend für die Formung der menschlichen Psyche. Ich selbst zweifelte während meiner Ausbildung an der modernen Psychologie und ihrer strikten Ausklammerung der Kindheit. Mittlerweile kommt mir mein Beharren auf der Betrachtung der Vergangenheit absurd vor. Was mein Leben heute bestimmt, ist nicht meine Kindheit am Institut, nicht meine Jugend auf der Wirtschaftsschule. Nicht meine Arbeit als Wirtschaftspsychologin in der Stadt. Ich lebe auf die einzige Weise, auf die es sich zu leben lohnt: in der Gegenwart."
Wir befinden uns, zur Gegenwart verdammt, in der Zukunft, im Roman "Die Hochhausspringerin" der 1982 in Heidelberg geborenen Filmwissenschaftlerin und Schriftstellerin Julia von Lucadou. Die Welt ist unterteilt in eine hocheffizient gestaltete, hypermoderne Megacity, in der jede Bewegung und jedes gewechselte Wort der in ihr wohnenden Selbstoptimierer von Überwachungskameras dokumentiert werden und alles mit Trademark-Symbolen durchkommerzialisiert ist: Fotoserien, Apps, Energydrinks, Kleidungsstücke, Begriffe. Und in eine jenseits einer Mauer beginnenden Peripherie mit schlechten, staubigen Straßen und grauen Blockbauten, in denen unkontrollierte Menschenmassen zu Hause sind. Wenn die Leistungsbilanz stimmt, hat man in der Stadt Anrecht auf Wohnraum; stimmt sie nicht, fliegt man raus in die Peripherie.
Zu Beginn aber stimmt die Leistungsbilanz bei Riva Karnovsky noch, der Hochhausspringerin, zwanzig Jahre alt, auf dem Höhepunkt ihrer Schönheit, die glitzernd mit gespanntem Körper und weit geöffneten Augen in einem "FlysuitTM" auf dem Dach eines Gebäudes steht. Eine Leistungssportlerin unter Kontrolle, jeder Muskel ist gespannt. Dann tritt sie vor und lässt sich in die eintausend Meter tiefe Schneise vor sich zum "Highrise DivingTM" nach unten gleiten, um im erhabenen Gefühl der Schwerelosigkeit den Tod zu überwinden.
Warum genau dann plötzlich nichts mehr stimmt, ist von außen ohne weiteres nicht zu erkennen: Riva, der Star mit Millionen Fans, erscheint nicht mehr zu Trainingseinheiten, wirkt unmotiviert und traurig, postet nichts mehr, verlässt die Wohnung nicht, beschließt, auch nicht mehr zu springen, was zugleich einen Vertragsbruch mit der Firma bedeutet, deren Aushängeschild sie ist. Und was diese Firma dazu veranlasst, eine Psychologin zu engagieren, die in einem Büroturm vor einem Bildschirm sitzt und Riva mit dem Auftrag beobachtet, sie wieder funktionstüchtig zu machen.
So hören wir Riva reden, verfolgen ihre Bewegungen und Handlungen aus den verschiedensten Blickwinkeln. Doch nehmen wir sie - abgesehen von ein paar Tagebuchfetzen - immer nur vermittelt durch das wahr, was die Psychologin anhand von Überwachungskameras erfassen kann. Wie Katharina Adler verzichtet dabei auch Julia von Lucadou auf die "Ich"-Stimme. Und man versteht hier bald, warum: Nicht Riva, sondern die Psychologin wird zur eigentlichen Hauptfigur des Romans. In der Beobachtung gerät ihr Leben allmählich außer Kontrolle.
"Mein Ranking in der Call-a-CoachTM-Applikation auf meinem Tablet aktualisiert sich sofort. Ich habe sowohl in der Kundenbewertung als auch bei der Bewertung durch den Auftraggeber im Trackingpool den Höchstwert erhalten. Es wird nur noch wenige Coachings brauchen, bis ich im Profil zum Master-Coach aufsteige." Der Slang der "Hochhausspringerin" ist markentechnisch so konsequent durchdekliniert, dass es an manchen Stellen fast weh tut, man oft aber auch einfach lachen muss, weil es einem gar nicht so weit weg erscheint von dem, was man manchmal so hört. Je mehr man dem artifiziellen Sound des modernen Marktes folgt, der nur Oberfläche ist, desto größer wird der Wunsch nach Poesie und Geschichte, dem Julia von Lucadou aber natürlich nicht nachkommt. Ihr Roman ist wie die Versuchsanordnung einer Welt, in der die totale Gegenwart Vorschrift ist und Erinnerung ein Vergehen, das geahndet wird.
Ein Mann fällt vom Himmel. Er springt nicht, er fällt. Ein anderer beobachtet ihn dabei in "Hier ist noch alles möglich", dem Roman der 1988 in Basel geborenen Gianna Molinari. Er ist früh aufgestanden an diesem Morgen, hat sich angezogen, gefrühstückt, den Rucksack und sein Gewehr genommen und ist aus dem Haus zum Wald gegangen. Er blickt durch das Fernglas über das Feld und sieht etwas fallen. "Es war groß. Es war ungemein schnell." Aber er erkennt nicht, dass es ein Mensch ist. Das stellt sich erst später heraus: "An der Stelle, an der der Mann auf den Boden aufprallte, dort, wo er später gefunden wurde, steht jetzt ein Kreuz."
Wer sich bei der "Hochhausspringerin" nach Poesie sehnt, ist bei Gianna Molinari gerade richtig. Ihr Roman ist wie eine kleine Schule der Wahrnehmung mit irritierenden Effekten, Rätseln und unzuverlässigem Lichteinfall. Eine junge Frau bewirbt sich als Nachtwächterin in einer Verpackungsfabrik, auf deren Gelände ein Wolf gesichtet wurde. "Falls Sie einen Wolf sichten, bitten wir Sie, uns dies umgehend zu melden", sagt man ihr. Während ihrer Schichten soll sie eine Fallgrube ausheben. Weder ist klar, ob es diesen Wolf wirklich gibt und wie gefährlich er tatsächlich ist, noch, warum der Chef, den sie mit hängenden Schultern über das Gelände gehen sieht, sie überhaupt eingestellt hat. Versucht er die Schließung der Fabrik immer noch zu verhindern? Ist, solange Nachtwachen ihre Runden drehen, für ihn seine Fabrik noch als Fabrik zu bezeichnen?
Gianna Molinari versucht einen Raum in der Wirklichkeit zu erkunden. Dabei fügt sie ihrer Erzählung auch Fotos und Skizzen hinzu. Doch je mehr Perspektiven sie sammelt, desto mehr zerstreuen sich die Gewissheiten. Dazu gehört auch der vom Himmel fallende Mann, den es tatsächlich gegeben hat. Er geht auf den wahren Fall eines im Jahr 2010 in seinem Versteck im Fahrwerk eines Flugzeugs erfrorenen Flüchtlings zurück, der aus Afrika, wahrscheinlich Kamerun, nach Europa wollte. Bei der Landung fiel er kurz vor Zürich "vom Himmel".
Was sehen wir, wenn wir den Himmel betrachten und etwas fallen sehen, aber einen Menschen zu erkennen nicht imstande sind?, fragt Gianna Molinari. Was war das für ein Mensch? Woher kam er? Und welche Geschichte hatte er? Gegen die Geschichtsvergessenheit treten alle drei Autorinnen an.
JULIA ENCKE.
Katharina Adler: "Ida". Rowohlt, 512 Seiten, 25 Euro.
Julia von Lucadou: "Die Hochhausspringerin". Hanser Berlin, 286 Seiten, 19 Euro.
Gianna Molinari: "Hier ist noch alles möglich". Aufbau, 192 Seiten, 18 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Wer könnte Sigmund Freuds "Dora", der Protagonistin aus seiner Fallschilderung "Bruchstück einer Hysterie-Analyse" wohl besser Namen und Leben zurückgeben als deren Urenkelin Katharina Adler, findet Rezensent Stephan Wackwitz, der hier jene Ida Bauer kennenlernt, die nicht nur bei Freud, sondern auch schon in verschiedenen literarischen Nacherzählungen antreten musste. Bei Adler nun lernt der Kritiker die Frau jenseits des Falls kennen, ihre politische Aktivität in der österreichischen Sozialdemokratie, das enge Verhältnis zu ihrem Bruder, Beziehungen zu Mann und Sohn, Vermögensverlust, Exil und Leben in Amerika, wie Wackwitz zusammenfasst. Mehr noch: Schlicht, bewegend und "schön" erzählt ihm die Autorin von einer jungen Frau, der die nötige Anerkennung fehlte und deren Trauma durch Freud nur schlimmer wurde. Dass Adler ihre Erzählung auf den "poesiegerechten Konflikt" zuspitzt, stört den Rezensenten nicht. Im Gegenteil: Er empfiehlt Freud und Adler parallel zu lesen, um unterschiedliche "Aggregatszustände des Literarischen" zu erleben.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Katharina Adler hat Freuds Patientin das Leben nach ihrer abgebrochenen Psychoanalyse zurückgegeben ... Sie beschreibt - in einer einfachen und schönen Sprache, erzähltechnisch gediegen, menschlich berührend - ein Mädchen, dessen Trauma nicht vernarben kann ... Freud und Adler parallel zu lesen bietet die einmalige Möglichkeit, den Unterschied zweier Aggregatszustände des Literarischen auf beiderseits hohem Niveau zu studieren. Stephan Wackwitz taz
Gebundenes Buch
Kennt ihr den „hysterischen Fall Dora“ der bei Dr. Siegmund Freud in seinen Notizen auftaucht? Eine Dame, die in jungen Jahren die „Kur“ bei ihm abbrach?
Nein – mir ging es auch so. Wer googelt wird schlauer, es gibt alle Fakten schnell und übersichtlich, aber ein …
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Kennt ihr den „hysterischen Fall Dora“ der bei Dr. Siegmund Freud in seinen Notizen auftaucht? Eine Dame, die in jungen Jahren die „Kur“ bei ihm abbrach?
Nein – mir ging es auch so. Wer googelt wird schlauer, es gibt alle Fakten schnell und übersichtlich, aber ein Lesevergnügen ist es nicht.
Da empfehle ich eher zu dem Roman der Enkelin, der Autorin Katharina Adler, zu greifen und sich die Geschichte erzählen zu lassen aus Idas Sicht!
Katharina Adler hat in 5jähriger (!) Aufarbeitung das turbulente und berühmte Leben der Großmutter, Ida Adler, geborene Bauer, zu Papier gebracht.
Hier lernen wir eine Frau kennen, geboren 1882, die sich im Zeitalter der Industrialisierung von Traditionen lossagt und erste Schritte der Emanzipation macht. Eine Feministin der ersten Stunde!
Besonders charmant ist die Art wie die Geschichte erzählt wird. Zeitlich nicht chronologisch bekommen wir, aus Idas Ich-Perspektive, ihr Leben präsentiert.
Zum Ende ihres Lebens in den USA merkt man dem Text die schwere des Lebens an, das Erlebte, das Gebrochene der alten Dame durch Krieg und erlebtes Leid. Ida, im Alter eine resolute Frau, die sich nicht so recht mit der Schwiegertochter arrangieren kann.
Als Teenager im Meran, ist die Sprache viel leichter und naiver. Ihre Beobachtungen werden uns wiedergegeben ohne Bewertungen. Da zeigt sie Symptome und weiß nicht so recht warum. Angenehm, wenn man bei der Lektüre auch selbst denken darf.
So verändert sich der Tonfall altersangepasst. Und sprachlich auch nicht außer Acht zu lassen, für mich als Hochdeutsch-Sprechende, der Roman ist im Österreichischen Klang geschrieben, soll meinen ich hatte beim Lesen durch vielerlei Wörter und Beschreibungen, die im hochdeutschen ungebräuchlich sind, einen österreichischen Akzent im Ohr ohne das es anstrengend wurde. Herrlich!
Mein Fazit: Das Buch und die Geschichte der Großmutter faszinierte mich, doch bleibt ein Restgefühl das mich der Roman nicht 100% überzeugt hat.
Ich würde die Lektüre nicht missen wollen, aber in meine Top 10 des Jahres 2018 wird es wohl nicht auftauchen.
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Gebundenes Buch
Zeitreise
Wenn ein Buch schon alleine wegen des Namens der Autorin und dem der Romanheldin so viele Vorschusslorbeeren erntet, ist es schwer, dieses ohne hohe Erwartungshaltung zu lesen. Thematisch höchst interessant, bereits mit Preisen ausgezeichnet und von der Kritik viel gelobt kommt der …
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Zeitreise
Wenn ein Buch schon alleine wegen des Namens der Autorin und dem der Romanheldin so viele Vorschusslorbeeren erntet, ist es schwer, dieses ohne hohe Erwartungshaltung zu lesen. Thematisch höchst interessant, bereits mit Preisen ausgezeichnet und von der Kritik viel gelobt kommt der Roman „Ida“ als Debüt der Autorin Katharina Adler daher.
Die Geschichte der Ida Adler, erzählt von ihrer Urenkelin Katharina Adler, beginnt, wenn auch nicht chronologisch berichtet, am Ende des 19.Jahrhunderts und endet 1945. Die Krankheitsgeschichte der berühmten Patientin Sigmund Freuds, als Hysterikerin eingestuft und durch sich selbst aus dessen Behandlung entlassen, ist geschickt verknüpft mit Idas Familiengeschichte. Höchst interessant mit wenigen eingestreuten Notizen Freuds, löst sich der Roman jedoch weit von Der Hysteriegeschichte und verleiht Ida Adler mit ihrem unglaublichen Überlebenswillen trotz der zeitgeschichtlichen Widrigkeiten und Wirrnisse eine starke Stimme. Nicht minder interessant ist der Werdegang des Österreichischen Sozialdemokraten Otto Bauer, Idas Bruders, und seines Umfeldes, wozu zum Beispiel Friedrich Adler, der den kaiserlichen Ministerpräsidenten Stürgkh erschoss, gehört.
Entspannt, mit Liebe zu Details des Wiener Lebens ist die Familiengeschichte erzählt, und obwohl manche Passagen bemüht und angestrengt wirken ergibt sich ein rundes Bild vom Leben der Jüdin, die bei Kriegsausbruch gezwungen war, ihre Heimat zu verlassen und mit Hilfe der Sozialdemokraten eine wahre Odyssee bis zur Ankunft in den USA hinter sich bringen musste.
Halb fiktional als Romanbiografie erzählt ist das Buch eine Mischung aus wenigen hinterlassenen Materialien der Ida Adler, viel zeitgeschichtlicher Recherche und mit Fantasie der Autorin gefüllten Lücken.
Stilistisch wirkt auf mich sehr störend, dass man diese Übergänge ziemlich deutlich mitbekommt. Das Buch hätte sehr gut funktionieren können, aber vielleicht fehlt der Autorin die Schreiberfahrung, und so entstehen trotz der durchaus gewollten zeitlichen und inhaltlichen Sprünge und der Unterschiedlichkeit der Geschichte zu viele Versatzstücke, die für mich einfach nicht gut zusammenpassen wollen. Sprachlich holprig und etwas mühsam zu lesen wird der Roman dadurch.
Es ist dennoch ein lesenswertes und interessantes Buch, wenn man darüber hinwegsehen kann und sich vordergründig faktisch auf Ida Adlers Geschichte einlässt.
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Dora, wie Sigmund Freud sie in seiner Hysterie-Analyse betitelte, gilt als eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts. Vielleicht weil gerade dieser Fall für die damalige Zeit so überraschend anders war und für sehr viel Faszination und Aufmerksamkeit sorgte. Vielleicht …
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Dora, wie Sigmund Freud sie in seiner Hysterie-Analyse betitelte, gilt als eine der bekanntesten Patientinnen des 20. Jahrhunderts. Vielleicht weil gerade dieser Fall für die damalige Zeit so überraschend anders war und für sehr viel Faszination und Aufmerksamkeit sorgte. Vielleicht aber auch, weil Doras Leben nicht gerade einfach war.
Katharina Adler widmet nun der Geschichte ihrer jüdischen Urgroßmutter Ida Adler einen Roman, der das Leben einer ganz besonderen Frau porträtiert. Aufgrund ihrer als Kind unerklärlichen, ständigen Erkrankungen, schickten sie ihre Eltern zu dem damals hoch gelobten Sigmund Freud auf Kur. Alle anderen Ärzte konnten ihr einfach nicht helfen, ihre immer wieder aussetzende Stimme und andere Probleme zu heilen. Freud stellte mit seiner Psychoanalyse für die damalige Zeit einen neuartigen, vielversprechenden Ansatz dar...
"Sie musste sich anhören, wie er ihr unterstellte, sie halte wegen des Papas alle Männer für geschlechtskrank, also auch den Herrn Zellenka, und bringe damit wiederum ihren Ausfluss in Verbindung."
Aufgrund dieser dann doch recht fraglichen Therapiemethode war Ida, alias Dora, dann auch die erste, die eine Kur bei Freud abgebrochen hat. Aus dem jungen, eher pflichtbewussten, und artigen Mädchen, wird eine sehr unbequeme, mutige Frau. Sie wird Anhängrin der sozialistischen Partei, wird Ehefrau und Mutter und eröffnet ihre eigene Bridge-Stube und muss aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln und Parteizugehörigkeit nicht nur einmal die Flucht antreten.
"'Glaub mir', Ida hob die Hand vors Gesicht, 'wenn ich etwas die letzten Jahre gelernt habe, dann, wie man sich unsichtbar macht.'"
Am Ende muss ich nun leider sagen, dass ich gar nicht so genau weiß, was ich zu diesem Buch eigentlich noch sagen soll. Aufgrund des Klappentextes hatte ich eine sehr intensive Auseinandersetzung mit der Freudschen Theorie, fernab, des fachlichen "Blablablas" seiner selbst, erwartet. (Wer selbst schon einmal in den Genuss einer Psychotherapie gekommen ist oder sich sogar mit Freud und seinen Theorien beschäftigt hat, weiß vielleicht was ich meine.) Ida, die bekannte Frau, die als eine der wenigen, die vorzeitig eine Kur bei Freud beendete und danach ihr Leben entdeckt... Naja, ganz so war es dann irgendwie doch nicht. Das Hauptaugenmerk lag dann auf viel mehr und zeigte einen viel größeren Ausschnitt aus ihrem Leben - von Kindheit über Freud, dem Sozialismus bis hin zu ihrer Flucht in die USA. Dieses dabei Tagebuchartige ohne direkt Tagebucheinträge zu enthalten gefiel mir sehr. Es sind Lebensphasen von 1892 bis 1945, die hier in einem faszinierenden Wechsel das Leben der Ida Adler mit ihren Höhen und Tiefen darstellen. "Ida ist ein Plädoyer für die Wahrheit der Empfindung und die Vielfalt ihrer Versionen, ein [...] Lebensroman, in den sich ein halbes Jahrhundert mit seinen Verwerfungen eingeschrieben hat.", heißt es und umso länger ich darüber nachdenke, umso mehr fasst es diesen Roman ganz gut zusammen. Für Menschen mit Historien/Freud/Biografie-Faible sicherlich ein nettes Buch, aber allen, die hier einen emotional mitreißenden Roman erwarten, würde ich eher davon abraten.
"Wo geht es zum Ausgang, zum Ausgang müssen wir, oder gibt es nur einen Eingang, einen Eingang, aus dem wir hinausmüssen?"
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Familiengeschichte um die Jahrhundertwende
Eigentlich wollte ich ein Buch über Freud und seine Patientin lesen, aber dieses Buch beschreibt eher eine österreichische Familie und gleicht einem Berliner. Die Marmelade befindet sich in der Mitte des Buches. Auf 70 Seiten wird die …
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Familiengeschichte um die Jahrhundertwende
Eigentlich wollte ich ein Buch über Freud und seine Patientin lesen, aber dieses Buch beschreibt eher eine österreichische Familie und gleicht einem Berliner. Die Marmelade befindet sich in der Mitte des Buches. Auf 70 Seiten wird die Behandlung von Freud mit Ida beschrieben. Abgesehen davon, dass ich schon bessere Marmelade gegessen habe, ist der Rest des Buches nur das trockene Brötchen.
Auf Seite 279 schreibt die Autorin: „Sie verstand wirklich nicht, worauf der Herr Doktor hinauswollte.“ Genau das ist die Frage: Warum soll ich die Geschichte der Urgroßmutter der Autorin lesen? Warum soll mich interessieren, dass Ida einen Bridge-Salon eröffnet hat?
Die Zeitgeschichte hat Stefan Zweig in „Die Welt von Gestern“ besser beschrieben. Die Flucht vor Nazi-Deutschland ist zwar spannend, aber doch immer ähnlich.
Hätte die Autorin nicht die Behandlung Freuds in den Mittelpunkt und durch Rückblenden die Familiengeschichte erzählen können. Gut Ida war noch jung, sehr jung und wie käme Adler dann zur Flucht vor den Nazis? Vielleicht braucht es das gar nicht.
Die Krankheitsbeschreibungen der Familien haben mich noch erfreut. Deswegen vergebe ich gerade noch 2 Sterne.
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Als Dora ist sie weit über die Welt der Psychologie hinaus bekannt geworden. Sigmund Freuds berühmteste Patientin, der er in jungen Jahren Hysterie attestierte und die ihr Leben lang unter der Diagnose leiden sollte. Ihre Urenkelin Katharina Adler erzählt nun die andere Geschichte der …
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Als Dora ist sie weit über die Welt der Psychologie hinaus bekannt geworden. Sigmund Freuds berühmteste Patientin, der er in jungen Jahren Hysterie attestierte und die ihr Leben lang unter der Diagnose leiden sollte. Ihre Urenkelin Katharina Adler erzählt nun die andere Geschichte der Dora, oder Ida, wie sie tatsächlich hieß. Wie das immerzu kranke Mädchen in jungen Jahren unglaublichsten Therapien unterzogen wird, bis sie schließlich bei dem berühmten Wiener Arzt landet. Wie sie sich von ihrer Familie befreit und im Theater ihr Glück sucht und wie schließlich die dunkle Zeit über Europa hereinbricht, die sie als Jüdin in größte Gefahr bringt.
Die etwas unkonventionelle Biographie, die in der Tat mehr Romancharakter hat und durch den diskontinuierlichen Aufbau auch nicht der Chronologie der Ereignisse folgt, zeichnet das Bild einer Frau, deren Erlebnisse als junges Mädchen so tiefgreifende Einfluss auf ihren späteren Lebens- und Entwicklungsweg nehmen, dass man unweigerlich wieder bei der Psychologie landet, die ihr erst die weltweite Berühmtheit brachte. Allerdings blieb mir das Mädchen bzw. die spätere Frau in weiten Teilen zu sehr hinter den politischen Ereignissen zurück, dabei hätte sie das Potenzial gehabt, ganz in den Mittelpunkt gerückt zu werden und die Geschichte zu tragen.
Zugegebenermaßen hatte ich mit den vielen Zeitsprüngen etwas zu kämpfen, es ist auch nicht ganz nachvollziehbar, weshalb sich Katharina Adler für diese Struktur entschieden hat, denn dies bremst meines Erachtens das Nachvollziehen der Entwicklung Idas enorm. Die interessantesten Passagen warn für mich zum einen die Erlebnisse mit Hanns Zellenka und die Reaktion ihres Umfeldes darauf: in penetrantester Weise bedrängt er das noch junge Mädchen und niemand schenkt ihr Glauben. Wie unsäglich dies später von Freud im Roman verdreht wird, setzt dem ganzen noch die Krone auf. Der psychologische Druck, der auf die junge Ida ausgeübt wird, wird nur noch durch die – man kann es kaum anders sehen – physischen Misshandlungen durch die anderen Ärzte getoppt. Hier ist die Erzählung dicht, nach bei der Protagonistin und lässt einem auch als Leser nicht kalt.
Leider sind diese Passagen in der Gesamtbetrachtung zu kurz geraten, was für mich der größte Kritikpunkt vor allem im Hinblick auf die Werbung für das Buch ist. Unabhängig davon wurde durchaus geschickt das Einzelschicksal mit dem historischen Lauf verwoben, was aber für mein Empfinden eine ganz andere Geschichte ist. Auch die vielen Zeitsprünge sind für mich nicht nachvollziehbar motiviert. Fazit: interessant zu lesen, aber nicht ganz den Erwartungen entsprechend.
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Freuds abtrünnige Patientin
Bereits als junges Mädchen leidet Ida an allerlei Krankheiten: Husten bis hin zur Sprachlosigkeit, Magenbeschwerden, ein taubes Bein. Krankheiten scheinen in der Familie Bauer einen großen Stellenwert einzunehmen, auch Mutter und Vater sind ständig …
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Freuds abtrünnige Patientin
Bereits als junges Mädchen leidet Ida an allerlei Krankheiten: Husten bis hin zur Sprachlosigkeit, Magenbeschwerden, ein taubes Bein. Krankheiten scheinen in der Familie Bauer einen großen Stellenwert einzunehmen, auch Mutter und Vater sind ständig krank. Als Ida dann von einem Bekannten der Familie belästigt wird und sie sich der Mutter anvertraut, glauben die Eltern Ida nicht und schicken sie zur Behandlung ihrer physischen und psychischen Leiden zu Dr. Freud.
Die Sitzungen bei Freud haben meine Geduld auf eine harte Probe gestellt. Egal, was Ida ihm erzählt, alles interpretiert er in Richtung Sexualität. Wenn sie einige der absurden Auslegungen Freuds vehement ablehnt, so erklärt er dies damit, dass sie sich des Sachverhalts lediglich nicht bewusst ist. Gottseidank bricht Ida die „Kur“ ab.
Zu Beginn des (Hör-)Buchs kommt Ida im Alter von 58 Jahren nach ihrer Flucht aus dem von Nazis besetzten Europa in den USA an, wo ihr Sohn schon seit längerem lebt. Ida hat kein gutes Wort für ihn und seine Frau, sie mäkelt an allem herum und ist mir äußerst unsympathisch.
Im Laufe des Buchs wird anhand von Rückblenden Idas Leben erzählt und ich habe mehr Verständnis dafür entwickelt, warum sie so geworden ist.
Die Geschichte springt von einer Zeit zur nächsten und da ich das Buch als Hörbuch gehört habe, war dies nicht immer einfach zu verfolgen. Auch war mir zunächst die Stimme der Sprecherin nicht angenehm, doch bereits bei der 2. CD hatte ich mich an die österreichische Färbung gewöhnt.
Alles in allem fand ich Idas Geschichte sehr interessant, vor allem hat es mir gut gefallen, dass die Autorin den politischen Ereignisse der damaligen Zeit einen hohen Stellenwert eingeräumt hat. Das Buch ist keine leichte Kost und Freuds Therapie hat mich zur Weißglut getrieben, trotzdem würde ich die Lektüre empfehlen.
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Das Hörbuch "Ida" von Katharina Adler hat einen Umfang von 12 Stunden und 30 Minuten und ist bei Argon Verlag erschienen. Es sind 10 CDs enthalten.
Die Leserin Petra Morze hat einen gewöhnungsbedürftigen österreichischen Dialekt und einen sehr gehobenen Sprachstil, …
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Das Hörbuch "Ida" von Katharina Adler hat einen Umfang von 12 Stunden und 30 Minuten und ist bei Argon Verlag erschienen. Es sind 10 CDs enthalten.
Die Leserin Petra Morze hat einen gewöhnungsbedürftigen österreichischen Dialekt und einen sehr gehobenen Sprachstil, der mir nicht immer passend erscheint.
Siegmund Freuds "Dora", bei der er "Petite hystérie" diagnostizierte, hieß in Wirklichkeit Ida Bauer. Die Studien über Hysterie von Josef Breuer und Sigmund Freud wurden 1895 veröffentlicht und gelten als die erste Abhandlung der klassischen Psychoanalyse. Autorin Katharina Adler hat erst später erfahren, dass ihre Verwandte Ida die Patientin Sigmund Freuds war, die ihre Kur bei Freud vorzeitig beendete und ihn um die Befriedigung brachte, sie weit gründlicher von ihrem Leid zu befreien. Katharina Adler versucht das Leben ihrer Verwandten in diesem Roman zu rekonstruieren.
Das Hörbuch hat sich leider sehr stark hingezogen. Es hat überhaupt nicht meinen Erwartungen entsprochen und ich hab mich dann nur noch durch die CDs irgendwann gequält. Ich dachte wir erfahren viel über die Beziehung zwischen Freud und Ida, allerdings geht es wenig um Freud und viel um Ida, die ständig krank wird und ausgiebig jammert. Die teilweise umstrittenen Thesen Freuds werden nur am Rande erwähnt und Freud wird als recht unangenehmer Mensch dargestellt. Jedoch ist Ida in keinster Weise sympathischer. Auch sie bleibt von Anfang bis Ende eine absolut unangenehme Person. Die ganze Geschichte hüpft zudem sehr stark von Zeit zu Zeit und macht es sehr schwer dem Geschehenen zu folgen. Besonders bei einem Hörbuch ist das sehr schwierig, da man nicht zurückblättern kann. Allerdings denke ich, dass auch im Buch die krassen Zeitsprünge störend wirken und den Lesefluss beeinträchtigen. Eine große Leidenschaft von Ida ist das Theater, welches immer wieder eine zentrale Rolle spielt. Leider ist mir das auch sehr schnell zu viel Theater und ich kann keinen Zusammenhang zum eigentlichen Thema finden, auf welches ich mich am Anfang gefreut habe. Eine emotionale Bindung kann man zu Ida und den restlichen Protagonisten zu keiner Zeit aufbauen. Emotionen und Atmosphäre sind nicht spürbar. Es fehlt mir an Tiefe. Alles plätschert seicht dahin. Ich kann auch nicht nachvollziehen, was die Geschichte ausdrücken möchte. Haben wir hier einfach einen unsensiblen Therapeuten, der seine unausstehliche Patientin nur unzureichend versteht? Was soll mir das als Leser für mein Leben oder meine Gedankenwelt bringen? Ich kann keinerlei Nutzen aus dieser Literatur ziehen. Ida wird auch nicht als interessanter Charakter dargestellt, aus dem man in irgendeiner Weise schöpfen könnte. Nur zum Ende hin wurde es ein wenig interessant als Kriegszeit und Flucht aufgegriffen wurde, aber auch zu diesem Thema gibt es weitaus ergreifendere und interessantere Werke.
Fazit: Sprecherin mit Dialekt gewöhnungsbedürftig, wenig Freud, dafür viel Gejammer von Ida, Protagonistin absolut unsympathisch, Story seicht und langweilig, ständige Zeitsprünge. Keine Hörempfehlung!
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Ida, der „Fall Dora“
„Ida ist das gelungene Debütbuch der Autorin Katharina Adler, in dem sie über das Leben ihrer Urgroßmutter Ida – zum Teil fiktiv und zum Teil belegt - berichtet.
Ida litt schon von Kindheit an, an Stimmproblemen, Reizhusten und …
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Ida, der „Fall Dora“
„Ida ist das gelungene Debütbuch der Autorin Katharina Adler, in dem sie über das Leben ihrer Urgroßmutter Ida – zum Teil fiktiv und zum Teil belegt - berichtet.
Ida litt schon von Kindheit an, an Stimmproblemen, Reizhusten und diversen anderen Krankheitssymptomen. Mit 18 Jahren beginnt sie durch ihren Vater gedrängt eine Therapie bei Sigmund Freud, in der er sehr merkwürdige Behandlungsmethoden an ihr ausprobiert. Ida bricht die Behandlung - bei dem damals noch recht unbekannten Freud - eigenmächtig vorzeitig ab. Dieser kurze Lebensabschnitt wird als „Fall Dora“ bekannt, hat aber im Nachhinein betrachtet nur wenig mit Idas Leben gemeinsam.
Der Schreibstil von Katharina Adler lässt sich angenehm und flüssig lesen. Sie wechselt zwischen den Zeiten und berichtet mal von Ida als Kind und dann wieder von der erwachsenen Ida. Dieser Wechsel hat mich gefesselt und ich wollte immer gerne erfahren, wie es in der anderen Zeit weiterging.
Neben Idas Leben erfährt man eine Menge Details aus der damaligen Zeit, der Politik und den Kriegen. Dadurch kann man gut in die Atmosphäre der Geschichte eintauchen.
Ida ist eine starke Protagonistin, unnachgiebig aber auch humorvoll, deren Leben keineswegs gradlinig verlaufen ist, die sich aber allen Schwierigkeiten entgegengestellt hat. Die Öffentlichkeit hat eigentlich nur an „Dora“ Interesse und über ihr übriges Leben wurde wenig bekannt.
Diese Biografie über Ida, die im wahren Leben mal als Heldin und mal Hysterikern gesehen wurde, ist ein interessanter und mitreißender Roman, in dem die Anfänge der Wahrnehmung der psychischen Krankheiten dargestellt werden.
Von mir gibt es für diesen interessanten Roman eine klare Leseempfehlung.
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Eine Lebensgeschichte
Die Titelfigur basiert auf der Urgroßmutter der Autorin und besitzt daher den Hauch mehr Authentizität als fiktive Figuren, der dem Buch das besondere verleiht.
Sie ist aber auch ein recht stachliger Charakter, was ich interessant finde.
Die Handlung springt …
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Eine Lebensgeschichte
Die Titelfigur basiert auf der Urgroßmutter der Autorin und besitzt daher den Hauch mehr Authentizität als fiktive Figuren, der dem Buch das besondere verleiht.
Sie ist aber auch ein recht stachliger Charakter, was ich interessant finde.
Die Handlung springt zwischen den Zeiten.
In der brillant gemachten Anfangsszene kommt Ida Adler 1941 in New York und Chicago an.
Später geht es zurück in die Jugend und Kindheit Idas, ins Wien ab 1901, dann sogar 1892.
Diese Passagen der Vergangenheit sind auch sehr reizvoll.
Manchmal wird es mir zu ausführlich und detailliert, aber es ist natürlich ein Eintauchen in eine vergangene Zeit. Man gleitet durch Idas Leben, das von Krankheiten gezeichnet ist.
Der Roman zeichnet sich durch den Stil aus, der literarische Qualitäten besitzt.
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Dass Freud in frühen Jahren eine Patientin namens Dora hatte, einen "Fall" also, man könnte auch sagen DEN "Fall", das wissen selbst Menschen, die sich wenig bis kaum mit diesem Wegbereiter der Psychoanalyse beschäftigt haben. Denn er schrieb die Erkenntnisse, die …
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Dass Freud in frühen Jahren eine Patientin namens Dora hatte, einen "Fall" also, man könnte auch sagen DEN "Fall", das wissen selbst Menschen, die sich wenig bis kaum mit diesem Wegbereiter der Psychoanalyse beschäftigt haben. Denn er schrieb die Erkenntnisse, die er während ihrer Behandlung machte, nieder und sie waren quasi ein Meilenstein in seiner großen Karriere.
Doch wer genau ist diese Dora? Sie hieß in Wirklichkeit Ida, Ida Bauer, später und stammte zwar nicht aus besten, durchaus aber aus gehobenen Wiener Kreisen. Mit diesem Roman setzt ihr Urenkelin Katharina Adler ein Denkmal. Hier geht es um die Person Ida Bauer, spätere Adler, wie sie wurde, wer sie war und was sie prägte.
Ida ist ein vielschichtiger Charakter, der in jüngeren Jahren oft schüchtern, ja verängstigt rüberkommt. Doch ihr Wille, ihren besonderen Neigungen und Vorlieben nachzugehen, ist bereits da unverkennbar zu spüren. Vor allem erlebte sie gewissermaßen (Macht)Mißbrauch durch das männliche Geschlecht, das hat sich ihr nachhaltig eingeprägt.
Mi zunehmendem Alter entwickelte sich Ida zu einer nicht einfachen, durchaus auch als kapriziös zu bezeichnenden Frau, die den Männern um sie herum - vor allem ihrem Sohn Kurt - das Leben nicht gerade einfach machte und mit ihrer Meinung nicht vor dem Berg hielt. Egal, ob diese gefragt war oder nicht.
Ida hatte es nicht einfach, weder in ihrer Familie, noch in ihrer Ehe noch im Dazwischen, bspw. als Patientin Freuds . Daneben war sie glühende Sozialdemokratin zu einer Zeit, in der es zunächst Chancen gab, dann aber eine solche Gesinnung mehr und mehr zu einem gefährlichen Gepäck wurde - ebenso wie ihre jüdische Herkunft. Ida jedoch dachte nicht daran zu schweigen und so führte sie ihre Überzeugung bis in die Vereinigten Staaten.
Eine besondere und ungewöhnliche, manchmal auch mutige Frau, deren Urenkelin ihr hier mehr als siebzig Jahre nach ihrem Tod eine Stimme gibt. Eine Stimme, die es sich anzuhören lohnt, wie ich finde. Der Roman ist aufgrund der Sprünge in der zeitlichen Entwicklung, aber auch durch die Einführung zahlreicher, man könnte fast sagen zahlloser Personen nicht leicht zu erobern bzw. zu erlesen, doch es lohnt sich, auch wenn die Protagonistin nicht gerade eine Sympathieträgerin ist.
Und: Ida ist nicht Dora bzw. ist dies nur ein Abschnitt ihres Lebens und sie ist auch ohne Freud eine interessante Frau ihrer Zeit, die ich gerne kennengelernt habe. Ein Roman, der mit Empathie geschrieben wurde, auch wenn die stellenweise schlichte Sprache der Autorin nicht immer ganz so eindringlich wirkt, wie (wahrscheinlich) beabsichtigt.
Meine Erinnerung an Ida Bauer-Adler, aka Dora, wird eine bleibende sein, auch wenn ihre Lebensdarstellung in Romanform nicht ganz meinen Erwartungen standhält!
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