Abgründiger Serienmörder-Thriller mit starkem Antagonisten
Eines Abends klopft PC Jefferson im strömenden Regen an die Tür von Immobilienmaklerin Sandra Newsome. Er möchte sie befragen, da in einem der von ihr betreuten Häuser eine grausam zugerichtete Leiche aufgefunden worden ist. Indem der PC
zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, darf er nichts Näheres dazu verraten, als ihm Kaffee und…mehrAbgründiger Serienmörder-Thriller mit starkem Antagonisten
Eines Abends klopft PC Jefferson im strömenden Regen an die Tür von Immobilienmaklerin Sandra Newsome. Er möchte sie befragen, da in einem der von ihr betreuten Häuser eine grausam zugerichtete Leiche aufgefunden worden ist. Indem der PC zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, darf er nichts Näheres dazu verraten, als ihm Kaffee und Kekse angeboten werden. Doch dann nimmt das Gespräch ein abruptes Ende und die forensische Psychiaterin Holly Wakefield hat in einem weiteren Mordfall zu ermitteln.
“Fürchte das Böse” ist bereits der vierte Fall für Holly und DI William Bishop von der Metropolitan Police, der vor seiner Zeit bei der Polizei bei der Air Force gedient hat und mit den Spezialkräften in Afghanistan eingesetzt gewesen ist. Obwohl dieser Thriller für mich den ersten Band der Reihe dargestellt hat, den ich gelesen habe, habe ich Holly im Zuge dieser sie auf persönlicher Ebene betreffenden Ermittlung dadurch rasch kennengelernt, dass Mark Griffin relevante Informationen aus ihrer traumatischen Vergangenheit hat mit einfließen lassen. Denn keiner versteht antisoziale Serienmörder derart gut wie Psychopathenflüsterin Holly, was in ihrer eigenen Lebensgeschichte begründet liegt. Als sie neun Jahre alt war, hat sie Sebastian Carstairs aka die Bestie dabei überrascht, wie er über ihren brutal ermordeten Eltern in der Blut getränkten Küche stand. Abgesehen von Holly halten alle das Kapitel Carstairs für abgeschlossen, nachdem er Monate zuvor seinem Krebsleiden erlegen ist. Spannung kommt in “Fürchte das Böse” damit nicht nur durch die Mordserie auf, sondern wird ebenfalls durch die Frage erzeugt, ob da ein von Carstairs ausgebildeter Nachahmungstäter am Werk ist oder ob es doch Carstairs selbst ist, der von den Toten auferstanden ist. Weil Holly die Theorie des Nachahmungstäters von Anfang an vehement ablehnt, werden Bishop und sie von dem Fall abgezogen. Um weitere Polizei interne Konflikte zu vermeiden, können die beiden nur noch im Verborgenen ermitteln.
“Fürchte das Böse” wird abwechslungsreich aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, die neben der Sichtweise von Hauptfigur Holly auch die von DI Bishop sowie der Bestie umfassen. Dabei besticht dieser Thriller durch seinen starken Antagonisten und wird um eine präzise Charakterisierung von Psychopathen ergänzt wird. Das beginnt bei der Beschreibung von deren Eigenschaften, die während einer von Holly am Londoner King's College gehaltenen Vorlesung aufgezählt werden. Intensiv ist die Schilderung der Sitzungen zwischen Psychologe Hedley Phelps und Carstairs geraten. Denn der Autor verdeutlicht geschickt, wer da wen durch das therapeutische Gespräch führt und stellt so das manipulative Verhalten von Carstairs heraus.
Im Spannungsfeld zwischen der traumatisierten forensischen Psychiaterin und dem psychopathischen Serienmörder sind einige der an sich interessant angelegten Nebenfiguren blass geblieben. Da bleibt etwa ein Großteil des Potentials, das in einer Annie Wilkes oder Cassandra Carstairs steckt, ungenutzt. Annie fristet ihr Dasein in der Haftanstalt New Hall, nachdem sie des Mordes an ihrem Bruder und ihrer Schwägerin für schuldig befunden wurde, und Cassandra, die die Schwester von Sebastian Carstairs ist, ist dem physischen wie psychischen Missbrauch durch deren Eltern ausgesetzt gewesen. "Fürchte das Böse" hätte stärker ausfallen können, wenn sich Mark Griffin nicht nur auf das Leid von Protagonistin Holly konzentriert hätte, sondern der belastenden Vergangenheit von Annie und Cassandra mehr Raum gegeben hätte. Denn in den wenigen Abschnitten, die der Autor diesen Figuren zugesteht, habe ich deren Charakterisierung als zu eindimensional empfunden. Indem Annie recht gleichgültig und Cassandra zu hysterisch auf mich wirkte, ist das Drama in deren Leben für mich schwer greifbar geblieben.
In der zweiten Hälfte leidet der Spannungsaufbau von "Fürchte das Böse" darunter, dass Mark Griffin eine Stop-and-Go Mentalität an den Tag legt, wenn er immer wieder durch nicht unbedingt notwendige Einschübe auf die Bremse drückt und kein hohes Erzähltempo aufkommen lässt. Die sich anbahnende Liebesgeschichte mag für jeden, der alle bisherigen Bände der Reihe gelesen hat, eine lang gehegte Erwartung erfüllen. Da dies mein erster Thriller um Holly Wakefield gewesen ist, hat das für mich aber nur Spannung rausgenommen, als ich ein hohes Erzähltempo erwartet habe, das konsequent auf ein intensives Finale zusteuern sollte. Weil ich den größten Teil der Auflösung durch die in den aus Tätersicht geschilderten Kapiteln vorliegenden Andeutungen, aber auch aus einem Mangel an Alternativen zuvor vermutet habe, hatte "Fürchte das Böse" in seinem weiteren Verlauf Längen für mich. So hätte diesem Thriller gut getan, wenn der Autor länger in der Schwebe gehalten hätte, ob Carstairs selbst von den Toten auferstanden ist oder doch ein Nachahmungstäter am Werk ist, und andere falsche Fährten in dessen Handlung integriert hätte.