Hervé Le Tellier
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Die Anomalie
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Der spektakuläre Bestseller aus Frankreich: eine brillante Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur. Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der französische Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle...
Der spektakuläre Bestseller aus Frankreich: eine brillante Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur. Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der französische Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle führen auf unterschiedliche Weise ein Doppelleben. Und nun gibt es sie tatsächlich doppelt - sie sind mit sich selbst konfrontiert, in der Anomalie einer verrückt gewordenen Welt.
Hochkomisch und teuflisch intelligent spielt der Roman mit unseren Gewissheiten und fragt nach den Grenzen von Sprache, Literatur und Leben. Facettenreich, weltumfassend, ein literarisches Ereignis.
Hochkomisch und teuflisch intelligent spielt der Roman mit unseren Gewissheiten und fragt nach den Grenzen von Sprache, Literatur und Leben. Facettenreich, weltumfassend, ein literarisches Ereignis.
Hervé Le Tellier, 1957 in Paris geboren, ist seit 1992 Mitglied der Autorengruppe OuLiPo, der u.a. Georges Perec, Italo Calvino und Oskar Pastior angehörten. Er veröffentlichte Romane, Erzählungen, Gedichte und Kolumnen und lebt in Paris. Für seinen Roman Die Anomalie erhielt er 2020 den Prix Goncourt. Das Buch wurde in 44 Sprachen übersetzt und verfilmt. ROMY RITTE ist Übersetzerin und war bis 2021 viele Jahre lang Leiterin der deutschen Abteilung des Lycée International Honoré de Balzac. Jürgen Ritte, geboren 1956 in Köln, ist Übersetzer, Literaturkritiker, Essayist und Professor für Literaturwissenschaft an der Université Sorbonne Nouvelle in Paris. Ausgezeichnet mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis. Er übersetzte u. a. Patrick Deville, Edmond Jabès, Paul Morand, Georges Perec, Marcel Prousts Korrespondenz, Olivier Rolin.
Produktdetails
- rowohlt Hundert Augen
- Verlag: Rowohlt Buchverlag / Rowohlt, Hamburg
- Originaltitel: L'Anomalie
- Artikelnr. des Verlages: 35725
- 6. Aufl.
- Seitenzahl: 344
- Erscheinungstermin: 17. August 2021
- Deutsch
- Abmessung: 208mm x 135mm x 36mm
- Gewicht: 452g
- ISBN-13: 9783498002589
- ISBN-10: 3498002589
- Artikelnr.: 61651411
Herstellerkennzeichnung
Rowohlt Verlag GmbH
Kirchenallee 19
20099 Hamburg
produktsicherheit@rowohlt.de
Doppelspiel mit einem Flugzeug
Hervé Le Telliers goncourtgekrönter Roman "Die Anomalie" ist jetzt auf Deutsch zu haben
Des einen Freud, des anderen Leid. Für Leser ist Hervé Le Telliers "Die Anomalie" ein Vergnügen im weitesten Wortsinn. Spannung, Emotion, Parodie, intellektuelles Spiel, philosophische Herausforderung, abgründigen Existenzhumor, kalauernden Slapstick und schieres Lebensglück - das alles bietet er auf einmal. Kein Wunder, dass der Roman 2020 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde. Für den Rezensenten hingegen ist diese literarische Anomalie ein Worst-Case-Szenario: Wie soll man die Gründe erklären, aus denen man als Leser grandios auf seine Kosten gekommen ist, wenn es so unendlich viele sind?
Hervé Le Telliers goncourtgekrönter Roman "Die Anomalie" ist jetzt auf Deutsch zu haben
Des einen Freud, des anderen Leid. Für Leser ist Hervé Le Telliers "Die Anomalie" ein Vergnügen im weitesten Wortsinn. Spannung, Emotion, Parodie, intellektuelles Spiel, philosophische Herausforderung, abgründigen Existenzhumor, kalauernden Slapstick und schieres Lebensglück - das alles bietet er auf einmal. Kein Wunder, dass der Roman 2020 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde. Für den Rezensenten hingegen ist diese literarische Anomalie ein Worst-Case-Szenario: Wie soll man die Gründe erklären, aus denen man als Leser grandios auf seine Kosten gekommen ist, wenn es so unendlich viele sind?
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Alles hat seinen Preis, zahlen wir unseren.
"Die Anomalie" erzählt eine völlig unwahrscheinliche Geschichte auf absolut glaubwürdige Weise: Der Flug Air France 006 Paris-New York gerät am 10. März 2021 in eine Unwetterfront, einen Kumulonimbus, eine "graue, opake, an ihrem oberen Rand im gleißenden Sonnenlicht irisierende Wand". Die Boeing 787 fällt in ein Luftloch, wird mit Hagelkörnern bombardiert und so heftig durchgeschüttelt, dass mancher Passagier seine Seele empfiehlt. Als sie zur Landung ansetzen will, gibt es ein weiteres Problem: Es ist mittlerweile der 24. Juni, und sie ist bereits gelandet, mit identischer Besatzung, 243 an der Zahl, nämlich eben am 10. März. Im Sturm hat sich die Maschine verdoppelt, um "16 Uhr 26 Minuten 34 Sekunden und 20 Hundertstel", wie anhand der Bordkameras rekonstruiert werden kann; das Doppel taucht allerdings mit drei Monaten Verspätung auf. Nebenbei sei angemerkt, dass das Datum zum Zeitpunkt des Erscheinens der Originalausgabe (Herbst 2020) in der Zukunft lag.
Was tun? Das FBI löst Protokoll 42 aus. "Der Dialog zwischen Adrian Miller und Riccardo Bertoni - er steht auf der Shortlist des Physik-Nobelpreises 2021 für seine Arbeiten über die schwarze Materie - gibt ein Resümee der Lage: - Sie verarschen uns, Professor Miller? - Wenn es doch so wäre." Wissenschaftler, Psychologen, Religionsvertreter, eine Infanteriebrigade und jede Menge Agenten werden in Bewegung gesetzt, die die Maschine auf der McGuire Air Force Base, Trenton, New Jersey, in Empfang nehmen. Wie die Verdoppelung erklären? Liegt "ein Lorentz-Wurmloch mit negativer Masse" vor, handelt es sich um eine 3D-Kopie, oder ist das Doppel vielmehr Beleg dafür, dass die Realität generell eine Simulation ist? Wer sind die Doppel, und was mit ihnen tun?
Was nur ein Gedankenexperiment sein könnte, nimmt unsere Fantasie als aberwitzige Situation gefangen. Das liegt an Le Telliers erzählerischem Geschick: Im ersten der drei Teile seines Romans folgt er diversen Passagieren und dem Piloten des Fluges AF 006, die im März 2021 in New York gelandet waren. Der Flug ist lediglich eine beiläufige Erinnerung in mehr oder weniger normalen Leben, bevor die Anomalie auftritt. Teil zwei beschreibt die Situation auf der US-Luftwaffenbasis, die wissenschaftlichen und theologischen Erklärungsversuche sowie die verzweifelten Anläufe der Politik, der Lage Herr zu werden; schließlich erfährt die Öffentlichkeit davon. Teil drei schildert die Begegnung der Menschen mit ihrem Doppel und die höchst variablen Lösungsversuche.
Mit psychologischer Dichte und ironischer Leichtigkeit entwirft Le Tellier zehn Leben, in denen die Anomalie handfeste Form annimmt: Da wären der Profikiller Blake, der ein Doppelleben in der Gastronomie führt; der depressive Schriftsteller Victor Miesel, der nach dem Flug ein letztes Buch mit dem Titel "Die Anomalie" schreibt, Selbstmord begeht und postum Erfolg hat; die Filmcutterin und alleinerziehende Mutter Lucie Bogaert; der mit ihr liierte schmerzreich alternde Stararchitekt André Vannier; der Pilot David Markle, der nach der Landung todkrank darniederliegt; das von ihrem Vater missbrauchte Mädchen Sophia Kleffman; die schwarze Anwältin Joanna Woods, die für die Pharmaindustrie arbeitet; der nigerianische Sänger Slimboy, der seine Homosexualität verbergen muss. Schließlich Adrian Miller, der Wahrscheinlichkeitstheoretiker, der das Protokoll für die Anomalie entworfen hatte, sowie sein Date, die Topologikerin Meredith Harper.
Miller und Miesel stechen heraus: Es sind die schrägsten und berührendsten Figuren. Ferner treten noch auf: Donald Trump, Emmanuel Macron (der "arrogante Sack", dixit Trump), Xi Jinping, einige Topwissenschaftler und zahlreiche Geheimdienstler.
Le Tellier zieht viele Register, seien es Genres oder mehr oder weniger versteckte Bezüge. Wenige Beispiele müssen es tun: Mit dem Killer Blake serviert er einen Krimi, mit dem homosexuellen Sänger Slimboy eine Coming-out-Geschichte; Adrian und Meredith sind von Nerd-Comedys à la "The Big Bang Theory" inspiriert - Meredith artikuliert angeschickert denkwürdige Sätze des Kalibers "Ich bin Britin, Adrian, ich warne Sie, falls Sie versuchen sollten, mich zu vergewaltigen, lasse ich es geschehen und werde dabei an die Queen denken". Adrians Vorlieben verdankt sich eine Hommage an Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis". Durch Miesel wird "Die Anomalie" zum Schriftstellerroman, durch sein gleichnamiges Werk zur Mise en abyme, zur Spiegelung des Ganzen in einem Motiv, wenngleich auf komplexere Weise, als es zunächst scheint.
Einerseits erzählt "Die Anomalie" eine spannende Geschichte, die viele Teilgeschichten verschmilzt. Andererseits stellt sie eine große Frage: Was, wenn die Realität nur eine Simulation in einem Programm wäre? Diese an Jean Baudrillard erinnernde Hypothese ist die plausibelste Erklärung für die Ereignisse. Was die zentrale Stellung sowohl des Wahrscheinlichkeitstheoretikers als auch des Schriftstellers erklärt: Beide sind Simulationsexperten. Und beides wird denkbar: Dass es um die Fiktionalität von Literatur geht - oder um die der Realität.
Hier kommt Le Telliers literarische Zugehörigkeit ins Spiel: Der 1957 geborene Romancier und Journalist ist seit 1992 Mitglied des Oulipo ("Ouvroir de Littérature Potentielle" - Nähstube potentieller Literatur), einer 1960 von Raymond Queneau und François Le Lionnais gegründeten Gruppierung, die bis heute aktiv ist (www.oulipo.net). Die Spätavantgardisten stacheln ihre Einbildungskraft mit der "contrainte" an, dem gewählten Hindernis, versöhnen Literatur und Mathematik, Poesie und Kombinatorik, Humor und Komplexität. Ein beliebter Ableger war die Radiosendung "Des Papous dans la tête" auf France Culture (1984 bis 2018), deren Teilnehmer sich in geistreichen literarischen Spielen übten; Le Tellier war Stammgast.
Er hat sich nicht nur durch sein (abgebrochenes) Mathematikstudium und eine linguistische Promotion oulipotisch qualifiziert, sein umfangreiches Werk ist ein Laboratorium mit verschiedensten Versuchsanordnungen, von Kofferworten bis zu Miniaturnovellen eines fiktiven portugiesischen Autors, von hundert Variationen auf die Mona Lisa bis zu "Tausend Antworten auf die Frage: Woran denkst Du?". Mehr noch, er hat eine "Ästhetik des Oulipo" verfasst und erweist in "Die Anomalie" dem Ahnherrn Alfred Jarry (in dessen Pataphysik Oulipo wurzelt) mittels einer urkomischen Szene die Ehre, durch ein "zitronengelbes Kleid mit den goldenen Kringeln" nämlich, "die an den Spiralbauch des alten Ubu erinnern", ein wahrhaft "pataphysisches Gewand" - nur dass die französische Konsulin es auf einem Empfang trägt und das Kompliment vom beschwipsten italienischen Konsul kommt. Auch die Oulipiens Italo Calvino und Georges Perec werden gewürdigt; Perecs Roman "Ulcérations" erscheint im finalen Kalligramm (in der deutschen Fassung als "wucherunge").
Vor allem aber ist der Roman selbst ein Experiment und wimmelt von kleineren Spielen und - nun ja - Anomalien. Etwa die Zahl der Passagiere: 243, minus den Killer Blake, eine eliminierte Abweichung, sodass es symmetrische 242 sind - los geht die Spekulation! Die Lesbarkeit auf mehreren Ebenen, die an Umberto Eco erinnert, die Kombination aus schwarzem Humor, Gedankenspiel-Kitzel und emotionaler Dichte machen aus Le Tellier einen Autor, den man spätestens jetzt entdecken sollte. Hoffen wir, dass es ihm nicht wie Miesel geht: "Allein schon der Erfolg mit fünfzig Jahren, das ist wie Senf, der zum Nachtisch kommt." NIKLAS BENDER
Hervé Le Tellier: "Die Anomalie". Roman.
Aus dem Französischen von Romy Ritte und Jürgen Ritte. Rowohlt Verlag, Hamburg 2021. 350 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Die Anomalie" erzählt eine völlig unwahrscheinliche Geschichte auf absolut glaubwürdige Weise: Der Flug Air France 006 Paris-New York gerät am 10. März 2021 in eine Unwetterfront, einen Kumulonimbus, eine "graue, opake, an ihrem oberen Rand im gleißenden Sonnenlicht irisierende Wand". Die Boeing 787 fällt in ein Luftloch, wird mit Hagelkörnern bombardiert und so heftig durchgeschüttelt, dass mancher Passagier seine Seele empfiehlt. Als sie zur Landung ansetzen will, gibt es ein weiteres Problem: Es ist mittlerweile der 24. Juni, und sie ist bereits gelandet, mit identischer Besatzung, 243 an der Zahl, nämlich eben am 10. März. Im Sturm hat sich die Maschine verdoppelt, um "16 Uhr 26 Minuten 34 Sekunden und 20 Hundertstel", wie anhand der Bordkameras rekonstruiert werden kann; das Doppel taucht allerdings mit drei Monaten Verspätung auf. Nebenbei sei angemerkt, dass das Datum zum Zeitpunkt des Erscheinens der Originalausgabe (Herbst 2020) in der Zukunft lag.
Was tun? Das FBI löst Protokoll 42 aus. "Der Dialog zwischen Adrian Miller und Riccardo Bertoni - er steht auf der Shortlist des Physik-Nobelpreises 2021 für seine Arbeiten über die schwarze Materie - gibt ein Resümee der Lage: - Sie verarschen uns, Professor Miller? - Wenn es doch so wäre." Wissenschaftler, Psychologen, Religionsvertreter, eine Infanteriebrigade und jede Menge Agenten werden in Bewegung gesetzt, die die Maschine auf der McGuire Air Force Base, Trenton, New Jersey, in Empfang nehmen. Wie die Verdoppelung erklären? Liegt "ein Lorentz-Wurmloch mit negativer Masse" vor, handelt es sich um eine 3D-Kopie, oder ist das Doppel vielmehr Beleg dafür, dass die Realität generell eine Simulation ist? Wer sind die Doppel, und was mit ihnen tun?
Was nur ein Gedankenexperiment sein könnte, nimmt unsere Fantasie als aberwitzige Situation gefangen. Das liegt an Le Telliers erzählerischem Geschick: Im ersten der drei Teile seines Romans folgt er diversen Passagieren und dem Piloten des Fluges AF 006, die im März 2021 in New York gelandet waren. Der Flug ist lediglich eine beiläufige Erinnerung in mehr oder weniger normalen Leben, bevor die Anomalie auftritt. Teil zwei beschreibt die Situation auf der US-Luftwaffenbasis, die wissenschaftlichen und theologischen Erklärungsversuche sowie die verzweifelten Anläufe der Politik, der Lage Herr zu werden; schließlich erfährt die Öffentlichkeit davon. Teil drei schildert die Begegnung der Menschen mit ihrem Doppel und die höchst variablen Lösungsversuche.
Mit psychologischer Dichte und ironischer Leichtigkeit entwirft Le Tellier zehn Leben, in denen die Anomalie handfeste Form annimmt: Da wären der Profikiller Blake, der ein Doppelleben in der Gastronomie führt; der depressive Schriftsteller Victor Miesel, der nach dem Flug ein letztes Buch mit dem Titel "Die Anomalie" schreibt, Selbstmord begeht und postum Erfolg hat; die Filmcutterin und alleinerziehende Mutter Lucie Bogaert; der mit ihr liierte schmerzreich alternde Stararchitekt André Vannier; der Pilot David Markle, der nach der Landung todkrank darniederliegt; das von ihrem Vater missbrauchte Mädchen Sophia Kleffman; die schwarze Anwältin Joanna Woods, die für die Pharmaindustrie arbeitet; der nigerianische Sänger Slimboy, der seine Homosexualität verbergen muss. Schließlich Adrian Miller, der Wahrscheinlichkeitstheoretiker, der das Protokoll für die Anomalie entworfen hatte, sowie sein Date, die Topologikerin Meredith Harper.
Miller und Miesel stechen heraus: Es sind die schrägsten und berührendsten Figuren. Ferner treten noch auf: Donald Trump, Emmanuel Macron (der "arrogante Sack", dixit Trump), Xi Jinping, einige Topwissenschaftler und zahlreiche Geheimdienstler.
Le Tellier zieht viele Register, seien es Genres oder mehr oder weniger versteckte Bezüge. Wenige Beispiele müssen es tun: Mit dem Killer Blake serviert er einen Krimi, mit dem homosexuellen Sänger Slimboy eine Coming-out-Geschichte; Adrian und Meredith sind von Nerd-Comedys à la "The Big Bang Theory" inspiriert - Meredith artikuliert angeschickert denkwürdige Sätze des Kalibers "Ich bin Britin, Adrian, ich warne Sie, falls Sie versuchen sollten, mich zu vergewaltigen, lasse ich es geschehen und werde dabei an die Queen denken". Adrians Vorlieben verdankt sich eine Hommage an Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis". Durch Miesel wird "Die Anomalie" zum Schriftstellerroman, durch sein gleichnamiges Werk zur Mise en abyme, zur Spiegelung des Ganzen in einem Motiv, wenngleich auf komplexere Weise, als es zunächst scheint.
Einerseits erzählt "Die Anomalie" eine spannende Geschichte, die viele Teilgeschichten verschmilzt. Andererseits stellt sie eine große Frage: Was, wenn die Realität nur eine Simulation in einem Programm wäre? Diese an Jean Baudrillard erinnernde Hypothese ist die plausibelste Erklärung für die Ereignisse. Was die zentrale Stellung sowohl des Wahrscheinlichkeitstheoretikers als auch des Schriftstellers erklärt: Beide sind Simulationsexperten. Und beides wird denkbar: Dass es um die Fiktionalität von Literatur geht - oder um die der Realität.
Hier kommt Le Telliers literarische Zugehörigkeit ins Spiel: Der 1957 geborene Romancier und Journalist ist seit 1992 Mitglied des Oulipo ("Ouvroir de Littérature Potentielle" - Nähstube potentieller Literatur), einer 1960 von Raymond Queneau und François Le Lionnais gegründeten Gruppierung, die bis heute aktiv ist (www.oulipo.net). Die Spätavantgardisten stacheln ihre Einbildungskraft mit der "contrainte" an, dem gewählten Hindernis, versöhnen Literatur und Mathematik, Poesie und Kombinatorik, Humor und Komplexität. Ein beliebter Ableger war die Radiosendung "Des Papous dans la tête" auf France Culture (1984 bis 2018), deren Teilnehmer sich in geistreichen literarischen Spielen übten; Le Tellier war Stammgast.
Er hat sich nicht nur durch sein (abgebrochenes) Mathematikstudium und eine linguistische Promotion oulipotisch qualifiziert, sein umfangreiches Werk ist ein Laboratorium mit verschiedensten Versuchsanordnungen, von Kofferworten bis zu Miniaturnovellen eines fiktiven portugiesischen Autors, von hundert Variationen auf die Mona Lisa bis zu "Tausend Antworten auf die Frage: Woran denkst Du?". Mehr noch, er hat eine "Ästhetik des Oulipo" verfasst und erweist in "Die Anomalie" dem Ahnherrn Alfred Jarry (in dessen Pataphysik Oulipo wurzelt) mittels einer urkomischen Szene die Ehre, durch ein "zitronengelbes Kleid mit den goldenen Kringeln" nämlich, "die an den Spiralbauch des alten Ubu erinnern", ein wahrhaft "pataphysisches Gewand" - nur dass die französische Konsulin es auf einem Empfang trägt und das Kompliment vom beschwipsten italienischen Konsul kommt. Auch die Oulipiens Italo Calvino und Georges Perec werden gewürdigt; Perecs Roman "Ulcérations" erscheint im finalen Kalligramm (in der deutschen Fassung als "wucherunge").
Vor allem aber ist der Roman selbst ein Experiment und wimmelt von kleineren Spielen und - nun ja - Anomalien. Etwa die Zahl der Passagiere: 243, minus den Killer Blake, eine eliminierte Abweichung, sodass es symmetrische 242 sind - los geht die Spekulation! Die Lesbarkeit auf mehreren Ebenen, die an Umberto Eco erinnert, die Kombination aus schwarzem Humor, Gedankenspiel-Kitzel und emotionaler Dichte machen aus Le Tellier einen Autor, den man spätestens jetzt entdecken sollte. Hoffen wir, dass es ihm nicht wie Miesel geht: "Allein schon der Erfolg mit fünfzig Jahren, das ist wie Senf, der zum Nachtisch kommt." NIKLAS BENDER
Hervé Le Tellier: "Die Anomalie". Roman.
Aus dem Französischen von Romy Ritte und Jürgen Ritte. Rowohlt Verlag, Hamburg 2021. 350 S., geb., 22,- Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Joseph Hanimann freut vor allem, dass es Hervé Le Tellier zumindest größtenteils gelingt, seinen Roman über zwei identische Flugzeuge mit identischen Passagieren an Bord, die zu zwei unterschiedlichen Zeiten zur Landung auf New York ansetzen, nicht zur literarischen Formspielerei werden zu lassen. Der Text lässt sich spannend und unterhaltsam an, die Passagiere (vom Auftragsmörder über einen Starsänger bis zum Erfolgsautor) werden überzeugend eingeführt und entwickelt, die Reaktion von Politik und Wissenschaft auf die Duplikation der Wirklichkeit wird anhand von unterschiedlichen Modellen und unter Zuhilfenahme verschiedener literarischer Bezüge dargestellt, erläutert Hanimann. Und dann? Dann steht der Autor wie der Ochs vor seinen Dubletten und weiß nichts mit ihnen anzufangen, meint der Rezensent. Der Schluss wirkt auf Hanimann leider doch wie eine Kopfgeburt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Ohne Zweifel Weltliteratur. ARD "Druckfrisch" 20210912
Groß angekündigt, als das Buch des Jahres, das einem noch lange im Gedächtnis bleibt, wurde Hervé le Telliers „Die Anomalie“ angekündigt und ich wollte mich natürlich selbst davon überzeugen, ob es dem Hype gerecht wird.
Zum Inhalt schreibe ich …
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Groß angekündigt, als das Buch des Jahres, das einem noch lange im Gedächtnis bleibt, wurde Hervé le Telliers „Die Anomalie“ angekündigt und ich wollte mich natürlich selbst davon überzeugen, ob es dem Hype gerecht wird.
Zum Inhalt schreibe ich besser nichts. Diejenigen, die es bereits auf der Wunschliste haben, kennen wohl den Klappentext, allen anderen empfehle ich, nicht mal diesen vorher zu lesen, weil er zu viel verrät.
Leider wurde ich wieder mal von meinen Erwartungen an ein gehyptes Buch enttäuscht. Das Gedankenexperiment, das der Autor anstellt und das tatsächlich noch einige Zeit nachhallt, ist wirklich spannend und hätte genug Stoff für einen langen Roman geboten. Warum es le Tellier allerdings mit der Anzahl der Figuren derart übertreibt, bleibt mir ein Rätsel, auch wenn er versucht, das durch einen der Charaktere zu erklären. Natürlich will er die Bandbreite an Möglichkeiten mit dem Umgang der außergewöhnlichen Situation zeigen, aber das war sicherlich nicht der eleganteste Weg.
Auch deshalb schafft es keine der Figuren auch nur ansatzweise Sympathien bei mir wecken. Mir bleiben alle Charaktere fremd und unnahbar. Durch den Klappentext wird außerdem der Großteil der Spannung zerstört. Was bleibt, sind Seitenhiebe gegen Donald Trump und die Geheimdienste, die mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht haben und der Gedanke, „was würde ich machen, was wäre, wenn…“.
In meinen Augen hat Hervé le Tellier aus seinem genialen Einfall herzlich wenig gemacht und eine mittelmäßige Story abgeliefert.
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Facettenreich, vielschichtig und verwirrend
Das Hörbuch erzählt eine unglaubliche Geschichte.
Ein Flugzeug gerät in einen elektromagnetischen Sturm, landet aber zum Glück unversehrt. Im selben Jahr wird diese Maschinen mit den gleichen Menschen noch einmal ankommen.... …
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Facettenreich, vielschichtig und verwirrend
Das Hörbuch erzählt eine unglaubliche Geschichte.
Ein Flugzeug gerät in einen elektromagnetischen Sturm, landet aber zum Glück unversehrt. Im selben Jahr wird diese Maschinen mit den gleichen Menschen noch einmal ankommen.... Fortan führen sie ein mysteriöses Doppelleben.
Der Sprecher Camill Jammal versteht es den Leser durch Höhen und Tiefen der Handlung zu führen. Er hat eine angenehme Stimme und kann sie gut einsetzen. Doch die Geschichte konnte mich leider nicht überzeugen.
Es waren zu viele Protagonisten, zu viele Handlungsstränge die teilweise etwas verwirren können. Ich fand keinen rechten Zugang zu den Ereignissen.
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Im Roman „Die Anomalie“ des Franzosen Hervé le Tellier kommt es, treffend zum Titel, zu einer sehr außergewöhnlichen Situation, von der sich beiläufig herausstellt, dass diese nicht einmalig ist. Dabei geht es um eine Boeing 787, die im März 2021 von Paris …
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Im Roman „Die Anomalie“ des Franzosen Hervé le Tellier kommt es, treffend zum Titel, zu einer sehr außergewöhnlichen Situation, von der sich beiläufig herausstellt, dass diese nicht einmalig ist. Dabei geht es um eine Boeing 787, die im März 2021 von Paris nach New York fliegt. Die Auswirkungen des Flugs betreffen das Flugzeug selbst, die Crew und die Passagiere. Das Thema Corona spielt in der Geschichte keine Rolle.
Das Buch ist in drei Kapitel geteilt. Im Folgenden lernte ich in weiteren Unterteilungen des ersten Kapitels verschiedene Mitreisende des genannten Flugs kennen. Dieser Teil des Romans liest sich wie Kurzgeschichten, die unabhängig voneinander gelesen werden können. Darin erfuhr ich mehr vom Alltag einiger Figuren aus dem Pool der Reisenden, ihren Beruf, über ihre Beziehung zu Verwandten und Bekannten sowie den Grund, warum sie von Paris nach New York fliegen. Der mittlere Teil beschäftigt sich damit, was nach Eintritt der Anomalie geschieht, welche Konsequenzen offizielle Stellen daraus ziehen. Dabei wird der Geheimdienst zugeschaltet, der Präsident der Vereinigten Staaten informiert und Wissenschaftler zur Klärung hinzugezogen. Im letzten Kapitel erlebte ich, welche persönlichen Folgen die Anomalie für die Passagiere und die Crew hat und wie diese damit umgehen.
Die Regelwidrigkeit, über die die Geschichte handelt, gehört in den Bereich des Science Fictions. Sie ist ein Gedankenexperiment mit dem der Autor gekonnt spielt. Hervé le Tellier schreibt literarisch mit Spannungsmomenten und komödiantischen Elementen. Der Genremix sorgt immer wieder für Überraschungen. Die Figuren sind abwechslungsreich. Neben einem Auftragskiller sitzen beispielsweise auch eine Mutter mit zwei Kindern, ein Architekt und seine Freundin, eine Anwältin und ein Schriftsteller im Flugzeug auf die der Autor genauer schaut. Die Figuren sind so gewählt, dass sie veranschaulichen, wie ganz unterschiedliche Personen mit einer Extremsituation zurechtkommen, egal welchen Alters.
Auf das dritte Kapitel freute ich mich besonders, denn ich wollte wissen, welches Schicksal der Autor den mir nun bekannten Figuren des ersten Teils weiter zukommen lassen würde. Dagegen fand ich das mittlere Kapitel unumgänglich, aber vom Verständnis her schwieriger als die anderen, denn Hervé le Tellier theoretisiert hierin mehrfach mit einigen Erklärungen für das Unglaubliche. Seine Ausführungen sind ausdrucksvoll, er zieht manche Schleife über das Geschehen hinaus und greift auch gerne zum Wortwitz.
Hervé le Tellier spielt in seinem Roman mit einer futuristischen Idee, deren Glaubwürdigkeit angezweifelt werden darf. Doch allein die Beschäftigung damit, welche Rädchen sich drehen müssen, um die Realität zu vertuschen und unser Dasein zu erklären, ist das Lesen wert, darum empfehle ich das Buch gerne weiter.
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Eine Satire. Doch ich konnte fast nirgendwo lachen. Amerika wird veralbert. Die Idee hinter dem Buch könnte überall spielen. Ich denke, der Autor möchte Geld verdienen. Das geht am besten, wenn in seinem Buch überall Elemente sind, die bekannt sind auf der ganzen Welt. Amerika, …
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Eine Satire. Doch ich konnte fast nirgendwo lachen. Amerika wird veralbert. Die Idee hinter dem Buch könnte überall spielen. Ich denke, der Autor möchte Geld verdienen. Das geht am besten, wenn in seinem Buch überall Elemente sind, die bekannt sind auf der ganzen Welt. Amerika, seine Armee, sein politisches System, seine Popkultur kennt so gut wie jeder. Ich finde das Buch abgeschmackt und seinen Stil billig. Die Gefühle werden als simpel, schablonisch und schmalzig abgehandelt. Mir gefiel der Einstand, die Ratlosigkeit, das Absurde. Wissenschaftlich gefällt mir die Idee. Ich habe im letzten Fünftel es nicht glauben können, wie der Autor aus seinem Szenario flieht. Als wolle er allen den Mund verbieten, die die Idee gut fanden.
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Narrative Spielwiese
Hervé le Tellier, ein in Deutschland weitgehend unbekannter französischer Schriftsteller, hat mit seinem Roman «Die Anomalie» den Prix Goncour 2020 gewonnen, sein bisher größter Erfolg. Der studierte Mathematiker ist Präsident des …
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Narrative Spielwiese
Hervé le Tellier, ein in Deutschland weitgehend unbekannter französischer Schriftsteller, hat mit seinem Roman «Die Anomalie» den Prix Goncour 2020 gewonnen, sein bisher größter Erfolg. Der studierte Mathematiker ist Präsident des Autorenkreises ‹Oulipo›, der ‹Werkstatt für Potentielle Literatur›, deren Mitglieder sich zu geistreichen literarischen Spielen bekennen. Dieses zum Genre des psychologischen Romans zählende, raffinierte Werk ist ein virtuoses Gedanken-Experiment, das ein Jahr voraus in eine nahe Zukunft weist, in der die Gewissheiten dieser Welt in einer listigen Versuchs-Anordnung total auf den Kopf gestellt werden.
Im März landet eine Boeing 787 der Air France, Flug 006 Paris/New York, die in ein schlimmes Unwetter geraten ist und leicht beschädigt wurde, mit 243 verschreckten Passagieren an Bord wohlbehalten auf dem JFK-Airport. Im Juni gleichen Jahres wird Flug 006 von Abfangjägern eskortiert auf einen US-Militärflugplatz umgeleitet. Wie sich herausstellt ist es die gleiche Maschine mit den exakt gleichen Beschädigungen und genau den gleichen Personen an Bord wie vor drei Monaten. In der Quarantäne auf dem Luftwaffen-Stützpunkt beginnt eine hektische Untersuchung all dieser seltsamen Details, in die alle relevanten Institutionen des Staates und Koryphäen aus den entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen weltweit einbezogen sind. Eiligst werden auch alle Passagiere des März-Fluges auf den von Geheimdienstlern wimmelnden Stützpunkt gebracht und dort unter psychologischer Betreuung mit ihrem duplizierten Ich konfrontiert. Als alle wissenschaftlichen Erklärungsversuche dieser «Anomalie» kläglich scheitern, ruft der Präsident die Führer sämtlicher Weltreligionen zu einer Konferenz im Weißen Haus zusammen, auch das ohne irgendein Ergebnis.
Hervé le Tellier entwickelt seine Geschichte von der simulierten Wirklichkeit mit Hilfe eines illustren Figuren-Ensembles. Zu dem gehören ein Auftragskiller, ein schwuler afrikanischer Pop-Sänger, ein Architekt samt seiner Geliebten, eine farbige Anwältin, ferner ein Schriftsteller, der an einem Roman mit dem Titel «L’Anomalie» schreibt, und andere mehr. Jeder von ihnen hat so seine Probleme, nun aber ergeben sich aus der Tatsache, dass sie urplötzlich gleich zweimal existieren, ein Fülle von aberwitzigen Komplikationen. Der Auftragskiller löst sein Problem, indem er sein Zweit-Ich kidnappt, kaltblütig umbringt und trickreich entsorgt. Schwieriger wird es mit einem Kind, das nach der ersten Landung zu Welt gekommen ist und im Juni auf einmal zwei identische Mütter hat. Auch den depressiven Schriftsteller plagt das Problem, dass sein März-Ich den Roman L’Anomalie geschrieben und sich danach umgebracht hat, sein Juni-Ich den eigenen Roman also gar nicht kennt.
Es liegt auf der Hand, dass derart abstruse Ideen von einer verrückt gewordenen Welt reichlich Stoff bieten für vielerlei kontemplative Exkursionen, die in einem intellektuellen Feldversuch in rascher Folge auf den Leser einstürmen. Man sollte bei dieser den Lachmuskel strapazierenden Satire deshalb stets auch den experimentellen Ansatz und die kontemplativen Leerstellen dahinter im Auge behalten. Mit viel schwarzem Humor werden hier die kopflosen, unsinnigen Reaktionen der wissenschaftlichen und politischen Akteure angesichts der duplizierten Realität durch den Kakao gezogen. Zur Verdeutlichung der Schwindel erregenden Komplexität dieser narrativen Spielwiese werden ergänzend diverse literarische Bezüge mit herangezogen. Als Moralphilosoph eines neu angebrochenen, digitalen Zeitalters lässt Hervé le Tellier seine Romanfigur bei der Vorstellung des neuen Buches auf die Frage, was sich für uns durch eine simulierte Realität denn ändern würde, erklären: «Nichts». Der Mensch wäre blind allem gegenüber, was beweisen würde, dass er sich täuscht, aber genau das sei nun mal zutiefst menschlich. Ein grandioser Roman, von dessen literarischem Kaliber aktuelle deutsche Preisträger weit entfernt sind!
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Äußerst anregend...
Was kennzeichnet eigentlich gute 'Science Fiction'? Dass sie ohne Action und dergleichen auskommt, nicht allzu weit entfernt ist von der aktuellen Lebensrealität, dass sie die intellektuelle Auseinandersetzung sucht; wenn es einen Spannungsbogen gibt...und wenn …
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Äußerst anregend...
Was kennzeichnet eigentlich gute 'Science Fiction'? Dass sie ohne Action und dergleichen auskommt, nicht allzu weit entfernt ist von der aktuellen Lebensrealität, dass sie die intellektuelle Auseinandersetzung sucht; wenn es einen Spannungsbogen gibt...und wenn dann auch noch die Qualität des Textes passt und den Namen 'Literatur' verdient... ja dann ist es gute Science Fiction. Und genau das ist Hervé Le Tellier mit 'Die Anomalie' gelungen. Was würden wir eigentlich denken, fühlen und tun, wenn es uns zweimal gäbe? Und ist ein identisches und verdoppeltes Geschöpf noch ein Geschöpf Gottes? Oder sind wir - und somit auch die Anomalie - die Simulation einer höheren Intelligenz? Und ist das jetzt der etwas andere Gottesbeweis? Ein äußerst anregendes gut gesprochenes Hörbuch, welches uns zum Nachdenken auffordert, nicht ohne ein Augenzwinkern.
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Als im März 2021 eine Boing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm fliegt, sind die 243 Menschen an Bord heilfroh, als die Landung letztendlich doch noch gelingt. Als dieselbe Boing 787 mit denselben Menschen im Juni 2021 nach heftigen Turbulenzen …
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Als im März 2021 eine Boing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm fliegt, sind die 243 Menschen an Bord heilfroh, als die Landung letztendlich doch noch gelingt. Als dieselbe Boing 787 mit denselben Menschen im Juni 2021 nach heftigen Turbulenzen landen will, ist schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt. Die nationale Sicherheit steht an erster Stelle und so werden sofort alle verfügbaren Kräfte involviert, aber ganz so einfach ist das Ganze natürlich nicht. Die Welt steht Kopf und wir dürfen dabei zusehen.
Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt; in dem ersten Teil habe ich die Hauptakteure der Story kennengelernt, wer sie sind, was sie machen und was in den Monaten seit der Landung im März bis Juni alles passiert ist. Dies ist nicht chronologisch, die Daten stehen aber vor jedem Kapitel und ich fand mich gut zurecht. In dem folgenden Teil geht es um die Landung der Maschine im Juni, woran der dritte Teil anschließt, der das Leben danach beleuchtet. Und mehr möchte ich hier nicht verraten. Lest nach Möglichkeit auch nicht den Innentext, weil der einfach zu viel verrät!
Ich kam relativ gut in das Buch, es war für mich sehr interessant, die Figuren kennenzulernen. Es sind übrigens sieben Personen, die der Autor sich herausgesucht hat, und sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Story ist abgedreht, der Humor schwarz und das Einflechten von realen Personen echt gut gelungen. Wirklich spannend wurde es für mich aber erst im zweiten Teil, als das Flugzeug zum wiederholten Male gelandet ist. Eine geniale Idee jagt die andere und ich staune ob der großartigen Einfälle des Autors. Wer sind wir, warum und wieviele? Ein Science-Fiction Thriller, ein Drama, aber auch eine Komödie sind hier vereint und die Liebe kommt ebenfalls nicht zu kurz. Das Zusammenspiel macht dieses Buch zu etwas Besonderem.
Bemängeln möchte ich, dass es mir persönlich zu viele Fremdwörter waren, sodass ich teilweise mehr mit der Übersetzung, als der Story selbst beschäftigt war. Desweiteren waren da die unzähligen Kommata, die stellenweise unsinnige Sätze ergaben, was mich sehr gestört hat. Letzteres zumindest rechne ich der Übersetzung zu, sodass ich hier keine Abwertung vorgenommen habe. Es handelt sich hier um keine leichte Lektüre, die man nebenher liest, aber eindeutig ein Buch, das mich mit der außergewöhnlich schrägen Story begeistert hat. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
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eBook, ePUB
Es dauert ein wenig, bis die Geschichte in Schwung kommt, zu Beginn wusste ich nicht, wohin das Erzählte eigentlich führen soll. Der Autor eröffnet viele Handlungsstränge, er führt gut Dutzend Protagonisten ein und erzählt aus ihrem Leben. Den Überblick zu behalten …
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Es dauert ein wenig, bis die Geschichte in Schwung kommt, zu Beginn wusste ich nicht, wohin das Erzählte eigentlich führen soll. Der Autor eröffnet viele Handlungsstränge, er führt gut Dutzend Protagonisten ein und erzählt aus ihrem Leben. Den Überblick zu behalten ist da nicht einfach. Noch im letzten drittel habe ich mich schwer getan alle der Handelnden auseinanderzuhalten, vor allem diejenigen, die insgesamt weniger Präsenz erhielten. Dennoch ist die ganze Einführung notwendig für die sich entwickelnde Geschichte. Sobald dann das Flugzeug mit den Doppelgängern auf dem Boden ist wird es richtig interessant. Le Tellier lässt Medien, Politik, Wissenschaft und Religion auf dieses rätselhafte und seltsame Ereignis reagieren.
Natürlich spielt auch eine zentrale Rolle, wie die Menschen selbst mit ihrer Verdoppelung umgehen. Plötzlich gibt es sie zweimal – doch der Verlobte oder das eigene Kind waren nicht mit an Bord und existieren daher nur einmal. Auch der Besitz und der Job sind nur einmal vorhanden. Welcher der beiden Menschen hat nun also das Anrecht auf all das? Der Autor hat für seine Protagonisten verschiedene Lösungsansätze gefunden, manche unterhaltsam, manche abstrus - aber man kann es sich nur allzu gut vorstellen, dass Menschen genau so reagieren würden.
Den Lesespaß getrübt haben leider einige Interpunktionsfehler und mehrmals vergessene Hervorhebungen gesprochener Worte hat, letzteres hat mich auch immer wieder irritiert und den Lesefluss gestört.
Stilistisch ist das Buch ein bunter Mix. Ein wenig Sci-Fi, ein bisschen humoristische Gesellschaftskritik und ein minimaler Anteil Thriller. Über allem schwebt das Gedankenexperiment. Großteils hat mir das gut gefallen, es gab allerdings auch Passagen, in denen der Autor abschweift und philosophisch wird, sich in Details verliert und die Sätze immer länger und länger werden.
Fazit
Le Telliers Roman ist ein spannendes Gedankenspiel mit unaufdringlichem Humor. An einigen Stellen anspruchsvoll zu Lesen, aber eine spannende Erfahrung.
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Camil Jammal liest diesen ungewöhnlichen Roman von Hervé Le Tellier, der trotz seinem gediegenen Plot preisgekrönt ist.
Der Sprecher liest ganz gut, wenn auch nicht so einprägsam. Seine Baritonstimme klingt jung.
Im Mittelpunkt steht ein Flugzeug und dessen Fluggästen …
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Camil Jammal liest diesen ungewöhnlichen Roman von Hervé Le Tellier, der trotz seinem gediegenen Plot preisgekrönt ist.
Der Sprecher liest ganz gut, wenn auch nicht so einprägsam. Seine Baritonstimme klingt jung.
Im Mittelpunkt steht ein Flugzeug und dessen Fluggästen in einem Flug über den Pazifik. Der Autor Hervé Le Tellier hat sich viel Mühe mit der Romankosntruktion gegeben, aber es klingt teilweise auch ein wenig konstruiert und auf jeden Fall überfrachtet.
Ich fand das Hörbuch nicht schlecht, aber leicht überbewertet und die Figuren manchmal etws stereotyp.
Das ungekürzte Hörbuch geht gute 10 Stunden und hat dabei ein ordentliches Tempo und viele Figuren.
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Broschiertes Buch
Le Tellier, der Mathematiker und Linguist ist, verbindet das Leben seiner zahlreichen Darsteller, als würde er in einer Bastelarbeit verschiedene Stränge miteinander verknoten. Daraus entsteht ein oft so verwirrendes wie faszinierend interessantes und buntes Muster.
Das Buch ist …
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Le Tellier, der Mathematiker und Linguist ist, verbindet das Leben seiner zahlreichen Darsteller, als würde er in einer Bastelarbeit verschiedene Stränge miteinander verknoten. Daraus entsteht ein oft so verwirrendes wie faszinierend interessantes und buntes Muster.
Das Buch ist für mich verblüffend, unergründlich und unterhaltsam. Wer sich auf dieses Gedankenspiel einlässt, wird aus dem Staunen nicht herauskommen und sich an dem Schlussrätsel die Zähne ausbeißen: viel Vergnügen!
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