Historische Romane- für mich das Genre, dass mir die Liebe zu Geschichten gebracht hat, die Liebe zum Lesen, das Faible für authentische, nahbare Charaktere und das einmalige Eintauchen in längst vergessene Zeiten ermöglicht, die mir kein Zeitzeuge mehr zu erzählen vermag. Mit historischen Romanen
fing bei mir alles an, die bewusst verbrachten Stunden im Bett, um in Ruhe lesen zu können, die…mehrHistorische Romane- für mich das Genre, dass mir die Liebe zu Geschichten gebracht hat, die Liebe zum Lesen, das Faible für authentische, nahbare Charaktere und das einmalige Eintauchen in längst vergessene Zeiten ermöglicht, die mir kein Zeitzeuge mehr zu erzählen vermag. Mit historischen Romanen fing bei mir alles an, die bewusst verbrachten Stunden im Bett, um in Ruhe lesen zu können, die kurzen Nächte, weil ich wieder einmal kein Ende finden konnte und die unkommunikativen, verregneten Sonntage, die nur ein Roman zu retten vermochte. Historische Romane sind für mich aus der Historie gesehen ein schwieriges Genre. Das mag wie ein Widerspruch klingen, aber durch meine komplette, bereits sehr junge Fixierung auf eben diese Geschichten habe ich früh die großen Namen gelesen und nichts konnte dazu aufschließen, sodass ich irgendwann, schweren Herzens das Kapitel der sehr guten historischen Romane schließen musste.
Bis ich auf "Die Jüdin von Magdeburg" von Ruben Laurin stieß. Vielleicht war es der Titel, vielleicht der Klappentext, vielleicht eine unbewusste Ahnung, aber dieser Roman hat definitiv meine Erwartungshaltung übertroffen.
Die Geschichte findet ihren Lauf im Magdeburg des 13. Jhds- eine junge Jüdin mit Namen Esther, Tochter des namenhaften Geldverleihers Amos, verliert bei einem Unglück fast ihr Leben wäre nicht Wolfram, der mutige, christliche Knappe, der sie gerade noch den Fängen des Todes entreißen kann. Wider Willen und Vernunft verknüpft dieses Ereignis das Schicksal beider, bis ein Unglück Wolfram auf einen anderen Weg führt. Doch die Liebe kennt unbekannte und unbequeme Pfade, die die Zeit überdauern.
Der Einstieg gestaltete sich zunächst etwas holprig durch die Eigenarten der vielschichtigen Protagonisten, danach ist der Stil jedoch leicht, unkompliziert und zugleich intensiv, die Geschichte dabei spannend, einnehmend. Details stechen hervor, emotionalisieren die Geschehnisse und zeichnen die Charaktere noch deutlicher, sodass ich von Anfang an keine Distanz zu ihnen empfand, was für mich stilistisch sehr wichtig ist. Esther ist eine mutige, junge Frau, die für ihre Rechte kämpft, sich der vorherrschenden Niedertracht gegenüber den Juden nicht beugen will, dabei die Konsequenzen dafür tragen muss. Ihre Entwicklung zu begleiten erinnert mich an heutige Aktivistinnen und das unterstreicht wieder einmal, dass wir feministische Themen nicht erst vorantreiben, seit wir dem ganzen einen Namen geben. Wolfram ist ein Knappe wie aus dem Bilderbuch und mit ihm an meiner Seite habe ich immer den Lichtstrahl am Horizont gesehen, egal in welche Dunkelheit die Geschehnisse mich auch führen würden. Der Roman bietet aber so viele spannende Charaktere, die den Tiefgang der Geschehnisse formen, dass jeder Handlungszweig für mich die Geschichte abgerundet hat. Mein Anspruch an historische Romane umfasst das komplette Versinken im Moment und das Gefühl, selbst Teil der Geschichte zu sein als dritter im Bunde, der neben den Protagonisten agiert und empathisch selbst auf dem Rad der Fortuna Höhen und Tiefen erlebt. Eine klare Empfehlung für Liebhaber des Genres, Freunde der spannenden Erzählkunst und denen, die einfach nur auf der Suche nach einem guten, unterhaltsamen Buch sind, das fesselt und nicht wieder loslässt.