»Wir müssen verstehen, wie wir wurden, wer wir sind. Und was wir wieder verlieren können. Als sich unser Bewusstsein entwickelte, sprach ja nichts dafür, dass wir einmal nach anderen Prinzipien handeln würden, als unsere Vorfahren. Aber wir gaben uns selbst Gesetze, wir erschufen eine Ethik, die nicht den Stärkeren bevorzugt, sondern den Schwächeren schützt. Das ist es, was uns im höchsten Sinn menschlich macht: die Achtung vor unserem Nebenmenschen.«
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Von unserem Tod
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„Bei unserer Geburt wird ein Pfeil auf uns abgeschossen, der uns in dem Moment unseres Todes erreicht.“ So kafkaesk kann der Jurist und Dramatiker Ferdinand von Schirach unser Dasein etikettieren – diesmal in einem narrativen Kaleidoskop aus achtundvierzig lapidar durchnummerierten Miniaturen. Nicht „Verbrechen“ und „Schuld“ sind die Elemente, Schirach verwandelt reflektierte Beobachtungen in unverblümte „Feuilletons“ – in kritische, melancholische oder spöttische Aufzeichnungen, Glossen, Kurzreportagen über Künstler, Juristen, moderne Normalmenschen. Erfahrungen im Alltagsleben, seltsame Rechtsfälle, Menschen in den Verwerfungen der Gesellschaft stehen obenan. Privates wird im Allgemeinen verortet und umgekehrt. Vulkanausbrüche, bizarre Mordfälle, Kunstraubkrimis. Es gibt Höhepunkte. Vielleicht: Helmut Schmidt und seine Zigaretten. Oder der Film über Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler. Oder die Story, die im unerreichbaren Imperativ des Orakels von Delphi „Erkenne dich selbst!“ gipfelt. Schirach misterioso: „Wir wissen vom Tod, und das ist schon alles, das ist unsere ganze Geschichte“. WOLFGANG SCHREIBER
Ferdinand von Schirach: Kaffee und Zigaretten. btb/ Random House, München 2020, 191 Seiten, 11 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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