Ferdinand von Schirach
Audio-CD
Strafe, 4 Audio-CDs
Stories, Lesung. Ungekürzte Ausgabe. 300 Min.
Gesprochen von Schirach, Ferdinand von
Nicht lieferbar
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Was ist Wahrheit? Was ist Wirklichkeit? Wie wurden wir, wer wir sind?Ferdinand von Schirach beschreibt in seinem neuen Buch "Strafe" zwölf Schicksale. Wie schon in den beiden Titeln "Verbrechen" und "Schuld" zeigt er, wie schwer es ist, einem Menschen gerecht zu werden und wie voreilig unsere Begriffe von "gut" und "böse" oft sind.Ferdinand von Schirach verurteilt nie. In ruhiger, distanzierter Gelassenheit und zugleich voller Empathie erzählt er von Einsamkeit und Fremdheit, von dem Streben nach Glück und dem Scheitern. Seine Geschichten sind Erzählungen über uns selbst.Gelesen von Ferd...
Was ist Wahrheit? Was ist Wirklichkeit? Wie wurden wir, wer wir sind?
Ferdinand von Schirach beschreibt in seinem neuen Buch "Strafe" zwölf Schicksale. Wie schon in den beiden Titeln "Verbrechen" und "Schuld" zeigt er, wie schwer es ist, einem Menschen gerecht zu werden und wie voreilig unsere Begriffe von "gut" und "böse" oft sind.
Ferdinand von Schirach verurteilt nie. In ruhiger, distanzierter Gelassenheit und zugleich voller Empathie erzählt er von Einsamkeit und Fremdheit, von dem Streben nach Glück und dem Scheitern. Seine Geschichten sind Erzählungen über uns selbst.
Gelesen von Ferdinand von Schirach.
(4 CDs, Laufzeit: 4h 22)
Ferdinand von Schirach beschreibt in seinem neuen Buch "Strafe" zwölf Schicksale. Wie schon in den beiden Titeln "Verbrechen" und "Schuld" zeigt er, wie schwer es ist, einem Menschen gerecht zu werden und wie voreilig unsere Begriffe von "gut" und "böse" oft sind.
Ferdinand von Schirach verurteilt nie. In ruhiger, distanzierter Gelassenheit und zugleich voller Empathie erzählt er von Einsamkeit und Fremdheit, von dem Streben nach Glück und dem Scheitern. Seine Geschichten sind Erzählungen über uns selbst.
Gelesen von Ferdinand von Schirach.
(4 CDs, Laufzeit: 4h 22)
Schirach, Ferdinand von
Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschien von ihm im Herbst 2017 unter dem Titel »Die Herzlichkeit der Vernunft« ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge.
Schirach, Ferdinand von
Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm die Spiegel-Bestseller »Die Herzlichkeit der Vernunft«, ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, die Erzählungen »Strafe« sowie sein persönlichstes Buch »Kaffee und Zigaretten«.
Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschien von ihm im Herbst 2017 unter dem Titel »Die Herzlichkeit der Vernunft« ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge.
Schirach, Ferdinand von
Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm die Spiegel-Bestseller »Die Herzlichkeit der Vernunft«, ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, die Erzählungen »Strafe« sowie sein persönlichstes Buch »Kaffee und Zigaretten«.

Produktdetails
- Verlag: Dhv Der Hörverlag
- Anzahl: 4 Audio CDs
- Gesamtlaufzeit: 300 Min.
- Erscheinungstermin: 27. Februar 2018
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783844528770
- Artikelnr.: 49963501
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
© BÜCHERmagazin, Stefan Volk (smv)
Verschwunden in der Parallelwelt
Viele halten es für eine Frage der Qualität, ob jemand ein Verbrechen begehen kann oder nicht. Ferdinand von Schirach meint, es sei ein Quantitätsunterschied. Staut sich zu viel an, werden Grenzen überschritten. Sein neues Buch "Strafe" erzählt von solchen Grenzüberschreitungen
Man spürt sofort, wie sich das Unheil anbahnt. Während die Welt noch ganz in Ordnung zu sein scheint, Nachbarn sich miteinander anfreunden, eine begabte Anwältin nach dem richtigen Weg in ihrer Karriere strebt, gärt es unter der Oberfläche schon: Gier, unerfüllte Sehnsucht oder Rache und immer wieder Einsamkeit treiben Ferdinand von Schirachs Protagonisten um. In den meisten Fällen wartet der Tod, auf grausame
Viele halten es für eine Frage der Qualität, ob jemand ein Verbrechen begehen kann oder nicht. Ferdinand von Schirach meint, es sei ein Quantitätsunterschied. Staut sich zu viel an, werden Grenzen überschritten. Sein neues Buch "Strafe" erzählt von solchen Grenzüberschreitungen
Man spürt sofort, wie sich das Unheil anbahnt. Während die Welt noch ganz in Ordnung zu sein scheint, Nachbarn sich miteinander anfreunden, eine begabte Anwältin nach dem richtigen Weg in ihrer Karriere strebt, gärt es unter der Oberfläche schon: Gier, unerfüllte Sehnsucht oder Rache und immer wieder Einsamkeit treiben Ferdinand von Schirachs Protagonisten um. In den meisten Fällen wartet der Tod, auf grausame
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Weise - so wie es auch in "Verbrechen" und "Schuld" war, den früheren Erzählungsbänden des Berliner Schriftstellers und Strafverteidigers.
Sein neuer Band "Strafe" hat an Intensität noch gewonnen; er lässt den Leser mit aufgewühlter Seele zurück und zugleich jedoch beeindruckt, auch glücklich über die Kunst Schirachs, in wenigen Sätzen - manchmal nur in einem - große Fragen des Lebens zu fassen. Etwa die, wie viel man eigentlich von der Welt im Gerichtssaal wissen will? Schirach nimmt uns mit in Verhandlungen, lässt uns Zeugenaussagen beiwohnen, die Tränen in die Augen treiben. Er rüttelt uns auf, auch in dem Sinne, darüber nachzudenken, wie bequem es ist, sich nicht mit den Abgründen menschlichen Handels beschäftigen zu müssen, mit furchtbaren Verbrechen, die gar nicht weit entfernt von uns begangen werden.
In der Erzählung "Subotnik" geht es um Menschenhandel, um Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden. Der Mandant, so steht es in der Anklage, ist der Kopf einer Bande, die Frauen aus Rumänien und der Ukraine nach Berlin verschleppt. Sie verschwinden in einer Parallelwelt. "Subotnik", erfahren wir von einer Zeugin, die gegen den Mandanten aussagt, bedeute eigentlich freiwilliger Arbeitsdienst, so habe sie es in ihrer Schulzeit gelernt: also zum Beispiel den Schulhof aufzuräumen. Auch sie war nach Deutschland gelockt worden, in der Hoffnung, hier mehr Geld zu verdienen und ihre Familie in Rumänien unterstützen zu können. In Deutschland angekommen, wird sie in einer Wohnung weggesperrt und zum Sex gezwungen - wenn sie sich weigert, droht "Subotnik", was in ihrer Geschichte die Pervertierung von freiwillig ist: nämlich von mehreren Männern vergewaltigt zu werden.
Diese Erzählung ist auch die Geschichte von Seyma, einer Anwältin mit türkischen Wurzeln, die sich aus vorgegebenen Rollenbildern freigekämpft hat, die immer wieder Stärke zeigt und diese auch aus dem Gefühl zieht, anders zu sein - anders als etwa ihre Kollegen in der Kanzlei, deren Lebensweg glatter scheint, die teure Anzüge tragen und sich lieber um Wirtschaftsdelikte kümmern. Seyma verteidigt den Mann, dem die Verbrechen an den Frauen aus Rumänien und der Ukraine zur Last gelegt werden. Es ist ihr erstes großes Strafverfahren, und es bringt sie an ihre Grenzen. "Nach dem Prozess ging Seyma zur S-Bahn, es war Freitagabend. Sie wäre jetzt gerne eine andere gewesen, einer der Menschen, die an der Haltestelle warteten oder die im Café Zeitung lasen oder die nach Hause gingen, eine von denen, die nichts von der Welt im Gericht wussten."
Ohne je belehrend zu klingen, erzählt Schirach von den Prinzipien unseres Rechtssystems, von den Wendungen, die diese nach sich ziehen können - er lässt uns wechseln zwischen der Perspektive des Strafverteidigers, der auf die Beweislage blickt, auf die Frage nach der juristischen Schuld und unserer eigenen, in die immer auch die Frage nach der moralischen Schuld hineinspielt. Diese Auseinandersetzung ist fesselnd, oft erstaunlich und auch schmerzhaft. Menschen, die Morde begangen haben, kommen frei, weil ihnen die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Bei anderen wird in der Revision ein Fehler im ersten Verfahren gefunden und die Strafe aufgehoben.
Schirach erzählt auch davon, wie wenig zufrieden und glücklich ein solcher Erfolg einen Strafverteidiger machen kann, obwohl er für seinen Mandanten gewonnen hat. Wie lebt man eigentlich damit? Möglicherweise lautet die einzige Antwort darauf, einfach weiterzumachen mit dem Alltag, dem Leben, solange man eben kann.
In "Strafe" lässt Schirach uns auch zu Mitwissern von Verbrechen werden, die nie vor Gericht verhandelt wurden. Einmal erzählt ein Mandant seinem Anwalt von einer furchtbaren Tat - er hat einen Mord begangen -, die aber von allen als Unfall gesehen wird. Nur der Mandant und nun auch sein Anwalt kennen die Wahrheit. Letzterer muss schweigen. Auch das muss man aushalten können.
Man sieht die Welt anders, nachdem man in Schirachs Fälle eingetaucht ist, blickt Menschen anders an, wenn man abends im Restaurant sitzt und am Tisch nebenan jemand allein isst - oder im Supermarkt vor der Kasse ein älterer Mann in der Schlange steht, der mit sich selbst spricht.
Da ist zum Beispiel "Strelitz", ein 43-jähriger Mann, "unverheiratet, kinderlos. Und er ist klein." In seinem Wohnzimmer steht eine Sammlung von Biographien kleiner Männer: Napoleon, Caesar, Mussolini, Marquis de Sade, Kant, Sartre, Capote, Karajan, Einstein. Aber die Kenntnis dieser Lebensläufe hilft Strelitz überhaupt nicht, sie bieten weder Trost noch Anleitung - auch das Wissen darüber, dass Dustin Hoffman und Tom Cruise nicht größer als einen Meter siebzig sind, bringt ihn nicht weiter. Er will eine Frau, eine Beziehung, bekommt jedoch bei Verabredungen - es sind viele erste - eine höfliche Absage, begleitet von dem "mitleidigen Blick, den er hasste". Dabei gibt Strelitz alles, was er kann: In Nachtclubs lädt er zu Champagner ein, um bei den Frauen Eindruck zu machen. Er belegt Philosophiekurse, um kluge Sätze sagen zu können, aber er bleibt allein. So wesentlich bestimmen die fehlenden Zentimeter sein Leben, dass alles andere in den Hintergrund rückt: Dass es ihm beruflich gut geht, dass er geschätzt wird, das reicht ihm nicht mehr.
In einem Interview hat Ferdinand von Schirach vor einigen Jahren gesagt, es gebe nur sehr wenige Menschen, die morgens schon wüssten, dass sie an eben jenem Tag eine Straftat begehen würden; meist sei es so, dass sich die Tat aus Situationen heraus ergebe, aus einem Prozess, in dem sich die Dinge hochgeschaukelt hätten. Die meisten Menschen würden glauben, es sei ein Qualitätsunterschied, ob jemand ein Verbrechen begehen kann, er aber meine, es sei ein Quantitätsunterschied: Wenn sich zu viel angestaut hat, werden irgendwann Grenzen überschritten.
So wie bei Strelitz. Eines Nachts begeht er gleich mehrere Straftaten. Geschickt ist er nicht. "17 Stunden später sitzt er vor der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts." Strelitz kommt in Haft - und dort fühlt er sich zum ersten Mal in seinem Leben groß. Wunderbar genau erzählt Schirach in wenigen Sätzen, das ist seine Gabe, von dieser Widersprüchlichkeit in einer Biographie: unsentimental und mit ruhiger Empathie.
Und das sind die Fragen, die einen letztlich noch viel mehr faszinieren, als die, wer der Täter war: Wie werden Menschen zu dem, was sie sind? Wann empfinden wir Glück? Was erkennen wir als Glück an, wenn es um unser eigenes geht oder um das von anderen Menschen? Was zählt, was lassen wir zu, was gönnen wir anderen? Sind wir überhaupt dazu bereit, zu akzeptieren, dass das Glück anderer Menschen uns möglicherweise abstößt? In der Erzählung "Lydia" besitzt ein Mann eine Sexpuppe. Für ihn ist sie nicht bloß ein Objekt. Er liebt sie, führt eine glückliche Beziehung mit ihr, so empfindet er es und ist zufrieden, bis jemand sein Glück verhöhnt, es angreift. Dann wird er zum Täter.
Die Wendung in Strelitz' Geschichte etwa ist nicht vorhersehbar. Man staunt, ist fassungslos - unaufgeregt erzählt Schirach davon, dass es bei Verbrechen keine Logik gibt. Es hätte keine Möglichkeit gegeben, Strelitz' Handeln vorauszusehen. Kann man erkennen, wann Einsamkeit so unerträglich wird, dass daraus Straftaten folgen?
Auch Ascher treibt die Einsamkeit um, bis er mordet. Wie sich seine Geschichte entwickelt, ist furchtbar alltäglich. Es geht von außen betrachtet nur darum, dass sich eine Gegend verändert, dass gebaut wird, so wie es überall in Städten und auf dem Land geschieht und viele Menschen betrifft. Doch für Ascher geht es um mehr: Seine Ruhe, seine Routine, die Erfüllung, die er durch das Leben im Haus seines Großvaters, dem Seehaus, gefunden hat, wird in seinen Augen zerstört. Er will das nicht hinnehmen, aber seine Stimme zählt nicht - irgendwann hört ihm auch keiner mehr zu. Dann verändert Ascher sich; anfangs redet er nur mit sich selbst, schimpft leise vor sich hin, schleichend zerbricht sein Leben. Die Waffen seines Großvaters stehen im Keller.
Wie wenig genau man hinsieht und sich nicht um andere kümmert, auch darüber schreibt Schirach und fragt nach der moralischen Verantwortung jedes Einzelnen von uns. In jeder Geschichte lässt er uns das Mitmenschliche suchen. So legt er seine Erzählungen an und stellt einen damit auch vor die Herausforderung, ob man Verständnis mit den Tätern haben sollte, ob man das will, es muss. Dabei zeigt Schirach auch die Dimension ihrer Verbrechen auf, wie eine Tat viele Leben zerstören kann.
Die letzte Geschichte des Bandes wird aus der Ich-Perspektive erzählt und sticht am meisten hervor. Der Ich-Erzähler kennt seinen besten Freund Richard schon seit der Schulzeit, im Internat standen ihre Betten nebeneinander. Richard stammt aus einer namhaften Familie, er besucht später Eliteuniversitäten, verfügt über Geld und Verbindungen, nichts scheint schwer. Der Kontakt zwischen den beiden Freunden bricht ab, als Richard in New York lebt, er ist verheiratet und hat mit seiner Frau eine Wohltätigkeitsstiftung gegründet. Als die beiden Freunde sich schließlich wiedersehen, ist von Richards Leben nicht viel übrig. Es bleibt bei der kurzen Begegnung, und im Rückblick bleibt auch die Frage, wie viel mehr der Erzähler hätte tun können, um Richard zu helfen. Wie aus dem Nichts hört er dann einige Jahre später von Richard. Er besucht ihn und erfährt von dessen Schicksal, dem Leid, das dieser als Angehöriger eines Opfers tragen muss: wie unerträglich es ist, mit der Frage zu leben, ob man einen Menschen hätte retten können, wenn man sich in einem Moment anders verhalten hätte.
Der Erzähler der Geschichte ist Strafverteidiger. Einige Monate nach der letzten Begegnung mit Richard beginnt er zu schreiben. Es sei zu viel geworden, das Wissen darüber, wie der gewaltsame Tod aussieht, die Einsamkeit, das Erschrecken der Täter über sich selbst. Der Erzähler hofft darauf, dass ein neues Leben leichter werde. Man wünscht es ihm.
ANNE AMERI-SIEMENS
Ferdinand von Schirach: "Strafe". Storys. Luchterhand, 192 Seiten, 18 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sein neuer Band "Strafe" hat an Intensität noch gewonnen; er lässt den Leser mit aufgewühlter Seele zurück und zugleich jedoch beeindruckt, auch glücklich über die Kunst Schirachs, in wenigen Sätzen - manchmal nur in einem - große Fragen des Lebens zu fassen. Etwa die, wie viel man eigentlich von der Welt im Gerichtssaal wissen will? Schirach nimmt uns mit in Verhandlungen, lässt uns Zeugenaussagen beiwohnen, die Tränen in die Augen treiben. Er rüttelt uns auf, auch in dem Sinne, darüber nachzudenken, wie bequem es ist, sich nicht mit den Abgründen menschlichen Handels beschäftigen zu müssen, mit furchtbaren Verbrechen, die gar nicht weit entfernt von uns begangen werden.
In der Erzählung "Subotnik" geht es um Menschenhandel, um Frauen, die zur Prostitution gezwungen werden. Der Mandant, so steht es in der Anklage, ist der Kopf einer Bande, die Frauen aus Rumänien und der Ukraine nach Berlin verschleppt. Sie verschwinden in einer Parallelwelt. "Subotnik", erfahren wir von einer Zeugin, die gegen den Mandanten aussagt, bedeute eigentlich freiwilliger Arbeitsdienst, so habe sie es in ihrer Schulzeit gelernt: also zum Beispiel den Schulhof aufzuräumen. Auch sie war nach Deutschland gelockt worden, in der Hoffnung, hier mehr Geld zu verdienen und ihre Familie in Rumänien unterstützen zu können. In Deutschland angekommen, wird sie in einer Wohnung weggesperrt und zum Sex gezwungen - wenn sie sich weigert, droht "Subotnik", was in ihrer Geschichte die Pervertierung von freiwillig ist: nämlich von mehreren Männern vergewaltigt zu werden.
Diese Erzählung ist auch die Geschichte von Seyma, einer Anwältin mit türkischen Wurzeln, die sich aus vorgegebenen Rollenbildern freigekämpft hat, die immer wieder Stärke zeigt und diese auch aus dem Gefühl zieht, anders zu sein - anders als etwa ihre Kollegen in der Kanzlei, deren Lebensweg glatter scheint, die teure Anzüge tragen und sich lieber um Wirtschaftsdelikte kümmern. Seyma verteidigt den Mann, dem die Verbrechen an den Frauen aus Rumänien und der Ukraine zur Last gelegt werden. Es ist ihr erstes großes Strafverfahren, und es bringt sie an ihre Grenzen. "Nach dem Prozess ging Seyma zur S-Bahn, es war Freitagabend. Sie wäre jetzt gerne eine andere gewesen, einer der Menschen, die an der Haltestelle warteten oder die im Café Zeitung lasen oder die nach Hause gingen, eine von denen, die nichts von der Welt im Gericht wussten."
Ohne je belehrend zu klingen, erzählt Schirach von den Prinzipien unseres Rechtssystems, von den Wendungen, die diese nach sich ziehen können - er lässt uns wechseln zwischen der Perspektive des Strafverteidigers, der auf die Beweislage blickt, auf die Frage nach der juristischen Schuld und unserer eigenen, in die immer auch die Frage nach der moralischen Schuld hineinspielt. Diese Auseinandersetzung ist fesselnd, oft erstaunlich und auch schmerzhaft. Menschen, die Morde begangen haben, kommen frei, weil ihnen die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Bei anderen wird in der Revision ein Fehler im ersten Verfahren gefunden und die Strafe aufgehoben.
Schirach erzählt auch davon, wie wenig zufrieden und glücklich ein solcher Erfolg einen Strafverteidiger machen kann, obwohl er für seinen Mandanten gewonnen hat. Wie lebt man eigentlich damit? Möglicherweise lautet die einzige Antwort darauf, einfach weiterzumachen mit dem Alltag, dem Leben, solange man eben kann.
In "Strafe" lässt Schirach uns auch zu Mitwissern von Verbrechen werden, die nie vor Gericht verhandelt wurden. Einmal erzählt ein Mandant seinem Anwalt von einer furchtbaren Tat - er hat einen Mord begangen -, die aber von allen als Unfall gesehen wird. Nur der Mandant und nun auch sein Anwalt kennen die Wahrheit. Letzterer muss schweigen. Auch das muss man aushalten können.
Man sieht die Welt anders, nachdem man in Schirachs Fälle eingetaucht ist, blickt Menschen anders an, wenn man abends im Restaurant sitzt und am Tisch nebenan jemand allein isst - oder im Supermarkt vor der Kasse ein älterer Mann in der Schlange steht, der mit sich selbst spricht.
Da ist zum Beispiel "Strelitz", ein 43-jähriger Mann, "unverheiratet, kinderlos. Und er ist klein." In seinem Wohnzimmer steht eine Sammlung von Biographien kleiner Männer: Napoleon, Caesar, Mussolini, Marquis de Sade, Kant, Sartre, Capote, Karajan, Einstein. Aber die Kenntnis dieser Lebensläufe hilft Strelitz überhaupt nicht, sie bieten weder Trost noch Anleitung - auch das Wissen darüber, dass Dustin Hoffman und Tom Cruise nicht größer als einen Meter siebzig sind, bringt ihn nicht weiter. Er will eine Frau, eine Beziehung, bekommt jedoch bei Verabredungen - es sind viele erste - eine höfliche Absage, begleitet von dem "mitleidigen Blick, den er hasste". Dabei gibt Strelitz alles, was er kann: In Nachtclubs lädt er zu Champagner ein, um bei den Frauen Eindruck zu machen. Er belegt Philosophiekurse, um kluge Sätze sagen zu können, aber er bleibt allein. So wesentlich bestimmen die fehlenden Zentimeter sein Leben, dass alles andere in den Hintergrund rückt: Dass es ihm beruflich gut geht, dass er geschätzt wird, das reicht ihm nicht mehr.
In einem Interview hat Ferdinand von Schirach vor einigen Jahren gesagt, es gebe nur sehr wenige Menschen, die morgens schon wüssten, dass sie an eben jenem Tag eine Straftat begehen würden; meist sei es so, dass sich die Tat aus Situationen heraus ergebe, aus einem Prozess, in dem sich die Dinge hochgeschaukelt hätten. Die meisten Menschen würden glauben, es sei ein Qualitätsunterschied, ob jemand ein Verbrechen begehen kann, er aber meine, es sei ein Quantitätsunterschied: Wenn sich zu viel angestaut hat, werden irgendwann Grenzen überschritten.
So wie bei Strelitz. Eines Nachts begeht er gleich mehrere Straftaten. Geschickt ist er nicht. "17 Stunden später sitzt er vor der Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts." Strelitz kommt in Haft - und dort fühlt er sich zum ersten Mal in seinem Leben groß. Wunderbar genau erzählt Schirach in wenigen Sätzen, das ist seine Gabe, von dieser Widersprüchlichkeit in einer Biographie: unsentimental und mit ruhiger Empathie.
Und das sind die Fragen, die einen letztlich noch viel mehr faszinieren, als die, wer der Täter war: Wie werden Menschen zu dem, was sie sind? Wann empfinden wir Glück? Was erkennen wir als Glück an, wenn es um unser eigenes geht oder um das von anderen Menschen? Was zählt, was lassen wir zu, was gönnen wir anderen? Sind wir überhaupt dazu bereit, zu akzeptieren, dass das Glück anderer Menschen uns möglicherweise abstößt? In der Erzählung "Lydia" besitzt ein Mann eine Sexpuppe. Für ihn ist sie nicht bloß ein Objekt. Er liebt sie, führt eine glückliche Beziehung mit ihr, so empfindet er es und ist zufrieden, bis jemand sein Glück verhöhnt, es angreift. Dann wird er zum Täter.
Die Wendung in Strelitz' Geschichte etwa ist nicht vorhersehbar. Man staunt, ist fassungslos - unaufgeregt erzählt Schirach davon, dass es bei Verbrechen keine Logik gibt. Es hätte keine Möglichkeit gegeben, Strelitz' Handeln vorauszusehen. Kann man erkennen, wann Einsamkeit so unerträglich wird, dass daraus Straftaten folgen?
Auch Ascher treibt die Einsamkeit um, bis er mordet. Wie sich seine Geschichte entwickelt, ist furchtbar alltäglich. Es geht von außen betrachtet nur darum, dass sich eine Gegend verändert, dass gebaut wird, so wie es überall in Städten und auf dem Land geschieht und viele Menschen betrifft. Doch für Ascher geht es um mehr: Seine Ruhe, seine Routine, die Erfüllung, die er durch das Leben im Haus seines Großvaters, dem Seehaus, gefunden hat, wird in seinen Augen zerstört. Er will das nicht hinnehmen, aber seine Stimme zählt nicht - irgendwann hört ihm auch keiner mehr zu. Dann verändert Ascher sich; anfangs redet er nur mit sich selbst, schimpft leise vor sich hin, schleichend zerbricht sein Leben. Die Waffen seines Großvaters stehen im Keller.
Wie wenig genau man hinsieht und sich nicht um andere kümmert, auch darüber schreibt Schirach und fragt nach der moralischen Verantwortung jedes Einzelnen von uns. In jeder Geschichte lässt er uns das Mitmenschliche suchen. So legt er seine Erzählungen an und stellt einen damit auch vor die Herausforderung, ob man Verständnis mit den Tätern haben sollte, ob man das will, es muss. Dabei zeigt Schirach auch die Dimension ihrer Verbrechen auf, wie eine Tat viele Leben zerstören kann.
Die letzte Geschichte des Bandes wird aus der Ich-Perspektive erzählt und sticht am meisten hervor. Der Ich-Erzähler kennt seinen besten Freund Richard schon seit der Schulzeit, im Internat standen ihre Betten nebeneinander. Richard stammt aus einer namhaften Familie, er besucht später Eliteuniversitäten, verfügt über Geld und Verbindungen, nichts scheint schwer. Der Kontakt zwischen den beiden Freunden bricht ab, als Richard in New York lebt, er ist verheiratet und hat mit seiner Frau eine Wohltätigkeitsstiftung gegründet. Als die beiden Freunde sich schließlich wiedersehen, ist von Richards Leben nicht viel übrig. Es bleibt bei der kurzen Begegnung, und im Rückblick bleibt auch die Frage, wie viel mehr der Erzähler hätte tun können, um Richard zu helfen. Wie aus dem Nichts hört er dann einige Jahre später von Richard. Er besucht ihn und erfährt von dessen Schicksal, dem Leid, das dieser als Angehöriger eines Opfers tragen muss: wie unerträglich es ist, mit der Frage zu leben, ob man einen Menschen hätte retten können, wenn man sich in einem Moment anders verhalten hätte.
Der Erzähler der Geschichte ist Strafverteidiger. Einige Monate nach der letzten Begegnung mit Richard beginnt er zu schreiben. Es sei zu viel geworden, das Wissen darüber, wie der gewaltsame Tod aussieht, die Einsamkeit, das Erschrecken der Täter über sich selbst. Der Erzähler hofft darauf, dass ein neues Leben leichter werde. Man wünscht es ihm.
ANNE AMERI-SIEMENS
Ferdinand von Schirach: "Strafe". Storys. Luchterhand, 192 Seiten, 18 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension
Sehr intensiv hat Rezensentin Anne Amerie-Siemens ihre Lektüre von Ferdinand von Schirachs neuen, nun unter dem Titel "Strafe" erschienene Erzählungen erlebt. Schirach verfügt in den Augen der Kritikerin über die Gabe, in wenigen Sätzen die großen Fragen des Lebens zu stellen. "Unsentimental und mit ruhiger Empathie", dafür aber äußerst präzise, führe Schirach vor, dass lediglich ein "Quantitätsunterschied" gesetzestreue Menschen zu Verbrechern werden lasse und dass es bei Verbrechen keine Logik gebe. Seine meist um Vertreter der dritten Gewalt gesponnenen Stories veranschaulichen für Amerie-Siemens, dass Grenzen überschritten werden, wenn sich zu viel anstaut - und zeigen damit ihrer Meinung nach nicht nur, wie schwierig es ist, Recht zu sprechen und mit den damit verbundenen Grauzonen umzugehen. Sie konfrontieren den Leser darüber hinaus auch mit der Frage, wie genau er im Kontakt mit anderen hinsieht, meint sie. Damit bringe Schirach nicht nur die Vielschichtigkeit von Moral und Gerechtigkeit zum Vorschein, ohne jemals schulmeisterlich zu wirken, sondern ziehe auch jeden Einzelnen zur Verantwortung. Die Erzählungen hinterlassen die Rezensentin "mit aufgewühlter Seele", aber auch tief beeindruckt von Schirachs Erzählkunst.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Zwölf Texte, die man nicht vergisst - wieder aus der Welt der Justiz, schonungslos, präzise, manchmal kalt distanziert, dann wieder zutiefst menschlich.« Claudio Armbruster / ZDF heute journal
Können wir wirklich (be)werten, was gut und/oder böse ist?
Mit diesem Hörbuch schildert Ferdinand von Schirach zwölf sehr unterschiedliche Schicksale, bei denen man immer wieder merkt, dass man nicht direkt in gut bzw. böse einteilen kann. So wird von den …
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Können wir wirklich (be)werten, was gut und/oder böse ist?
Mit diesem Hörbuch schildert Ferdinand von Schirach zwölf sehr unterschiedliche Schicksale, bei denen man immer wieder merkt, dass man nicht direkt in gut bzw. böse einteilen kann. So wird von den unterschiedlichsten Gerichtsfällen berichtet, da wären beispielsweise mit „der Taucher“ ein womöglich autoerotischer Unfall, wohingegen es in „die falsche Seite“ um einen möglichen Mord geht.
Bücher von Ferdinand von Schirach habe ich schon gelesen, ein Hörbuch seiner Bücher war mir bislang noch nicht untergekommen, was nun endlich der Fall sein sollte. Gelesen wird es von ihm selbst, was mir wirklich gut gefallen hat. Er hat einen sehr angenehmen, ruhigen und sachlichen Erzählstil, der die Geschichte erst einmal völlig frei von einer Wertung lässt.
Wo vielleicht andere Sprecher mehr betonen, tut er dies nicht – und es tut auch überhaupt nicht Not, denn es ist gut so, wie er dies alles spricht, was auf keinen Fall eintönig ist. Man muss ja der Schilderung zuhören, was man auch wirklich sehr gespannt tut. Diese sind durchaus abwechslungsreich, manchmal hat man vielleicht gleich selbst eine Ahnung wie sich hier welche mögliche Tat abgespielt hat, wie ein Tatablauf doch ganz anders war. Und manchmal liegt man dann vielleicht doch auch ganz falsch.
So merkt man beim Hören, wie normal es für einen doch sonst sehr einsamen Menschen sein kann, wenn er seine Puppe wie seine Frau zuvorkommend behandelt – und wie andere Menschen sich daran gestört fühlen, obwohl es sie ja nicht wirklich betrifft. Alles in allem zeigt Ferdinand von Schirach hier wirklich gut auf, wie man nicht direkt entschieden kann, wer hier gut oder böse gehandelt hat.
Mir hat dieses Hörbuch wirklich gut gefallen, die Art und Weise wie er spricht hat mir gut gefallen, man ist wirklich sehr gespannt auf die Geschichten, die einen doch in gewisser Weise teilweise fassungslos zurück lassen. Ich werte nicht inhaltlich, was in den Geschichten passiert ist, sondern die Umsetzung von Ferdinand von Schirach – und die finde ich sehr gelungen.
Von mir gibt es hier 5 von 5 Sternen und eine Empfehlung.
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Gebundenes Buch
Mehr als schwarz und weiß
Auf gewohnt sachlich distanzierte Weise präsentiert Ferdinand von Schirach uns mit seinem neuen Buch 12 neue Erzählungen aus dem Bereich der deutschen Rechtsprechung. Sehr gut gewählt ist wieder der Titel des Buches, denn dieses Mal geht es um nicht …
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Mehr als schwarz und weiß
Auf gewohnt sachlich distanzierte Weise präsentiert Ferdinand von Schirach uns mit seinem neuen Buch 12 neue Erzählungen aus dem Bereich der deutschen Rechtsprechung. Sehr gut gewählt ist wieder der Titel des Buches, denn dieses Mal geht es um nicht erteilte Strafe, die eigentlich auf ein Verbrechen folgen sollte. Jedenfalls, wenn es gerecht zuginge vor den Gerichten - der allgemeinen Einschätzung nach zumindest.
Doch was passiert, wenn man diese Erzählungen liest? Man ertappt sich bei der ein oder anderen Story, dass man aufatmet, weil die Tat nicht gesühnt wurde. Wie kann das angehen, wenn man selbst doch durchaus ein meistenteils gesetzestreues Mitglied unserer Gemeinschaft ist? Das wird wohl das Geheimnis des Ferdinand von Schirach bleiben, wie er solche Misstöne in das gesunde Gerechtigkeitsgefühl des Lesers zu setzen vermag.
Wie immer geht er ganz leise ans Werk, schleicht sich mit der durchaus detaillierten jedoch nie überladenen Schilderung der Lebensumstände von Opfer und Täter an und dann schlägt er zu. Manches Mal hält man die Luft an, wenn das Ende einer Story naht. Ein anderes Mal muss man wirklich schmunzeln, wie beim kleinen Mann. Am meisten beeindruckt und mitgenommen hat mich gleich die erste Geschichte Die Schöffin und auch Subotnik. Wie unsagbar bürokratisch kann unser Rechtssystem sein, dass sowohl die Gerechtigkeit als auch die Leben der am Prozess beteiligten Personen dem untergeordnet werden. Man kann es kaum nachvollziehen.
Bei jedem seiner Bücher erstaunt mich immer wieder, wie von Schirach es fertig bringt, den Leser trotz seiner knappen distanzierten und tatsächlich nahezu emotionslosen Schilderung so einzunehmen. Ich gestehe, dass es nur wenig Bücher gibt, die mich so ergreifen wie seine. Vielleicht weil er wirklich alles schreibt und nichts umschreibt. Weil man solch umfassende Geschichten in kurzen, prägnanten Sätzen serviert bekommt, sodass kaum Zeit bleibt, sich zu wappnen. In einem Absatz kann so viel passieren, wie sonst bei anderen Schriftstellern auf etlichen Seiten.
Wie auch immer: Ich liebe seine Bücher!
Und deshalb kann ich auch dieses Buch nur wärmstens empfehlen.
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Gebundenes Buch
Die Welt ist nicht zu unterteilen in Schwarz und Weiß und was wir als Gut oder Böse empfinden, ist nicht immer im Einklang mit der juristischen Sichtweise auf die Dinge. In mehreren Erzählungen zeigt Ferdinand von Schirach, wohin Einsamkeit und Verzweiflung die Menschen treiben kann …
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Die Welt ist nicht zu unterteilen in Schwarz und Weiß und was wir als Gut oder Böse empfinden, ist nicht immer im Einklang mit der juristischen Sichtweise auf die Dinge. In mehreren Erzählungen zeigt Ferdinand von Schirach, wohin Einsamkeit und Verzweiflung die Menschen treiben kann und dass das Rechtssystem nicht immer wirklich Recht hat, wenn man es von der persönlichen oder emotionalen Position betrachtet. Im Mittelpunkt dieser Erzählungen steht immer der Mensch als Teil eines Gefüges. Die Gesellschaft, die Erwartungen an ihn hat (z.B. bei der Schöffin) oder auch nur ein Partner, der Hilfe erwartet in einem Rahmen, der alles übersteigt.
Ferdinand von Schirach fasst in seinem Buch „Strafe“ viele Erzählungen zusammen, die einen als Leser sehr berühren. Sie sind sehr sachlich und distanziert beschrieben und führen eben dadurch die Absurdität der Situationen vor Augen und machen es für den Leser so nah, wie es anders gar nicht möglich gewesen wäre. Die Figuren sind in den seltensten Fällen böse, sie sind allein, überfordert oder vielleicht auch rachsüchtig und persönlich betroffen. Ob sie ihre Strafe erhalten oder nicht hat nichts mit der wirklichen Tat zu tun, sondern mit Zusammenhängen, die aufgedeckt oder eben unter den Teppich gekehrt werden. Mich haben die Erzählungen sehr bewegt. Besonders wie abwechslungsreich und verschieden die Situationen waren, hat mir außerordentlich gut gefallen.
„Strafe“ ist ein großartiges Buch, eine Sammlung von Erzählungen Ferdinand von Schirachs, der einem das Wesen der Menschen vor Augen führt und die Leser berührt durch die Darstellung seiner Figuren. Ein großartiges, kurzweiliges Buch, das viel zu schnell zu Ende war.
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Gebundenes Buch
Mir war der Name des Autors vorher schon ein Begriff, jedoch kenne ich die früheren Erzählungsbände des Schriftstellers (“Verbrechen“ und “Sühne“) nicht. Ich finde alleine die Titel sehr aussagekräftig und auch die Cover dieser Bücher, immer im …
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Mir war der Name des Autors vorher schon ein Begriff, jedoch kenne ich die früheren Erzählungsbände des Schriftstellers (“Verbrechen“ und “Sühne“) nicht. Ich finde alleine die Titel sehr aussagekräftig und auch die Cover dieser Bücher, immer im gleichen Stil, erwecken Aufmerksamkeit und zeugen von Inhalt.
Diese Art von Literatur ist keine „leichte Kost“ und es wird deutlich, dass das, was wir Menschen als gut/böse/schwarz/weiß charakterisieren, nicht immer juristisch gesehen gleichermaßen beurteilt werden kann. Ich finde den Aufbau des Buches „Strafe“ mit seinen 12 Geschichten wirklich gelungen. Es wird deutlich, dass man, auch mit wenigen Worten, verdeutlichen kann, dass persönliche Empfindungen und Situationen nicht immer mit dem Rechtssystem konform gehen. Die Schicksale berühren und regen zum Nachdenken an, dabei zeigen sie deutlich auf, dass man verschiedene Situationen immer auch aus unterschiedlichen Gesichtspunkten darstellen muss und sich dadurch erst ein Bild machen kann.
Ich musste mich in diese Erzählungen erst hineinfinden und war von der gewählten Sprache auch zunächst überrascht. Es liest sich nicht einfach herunter wie ein Roman, den man vor dem zu Bett gehen liest, sondern die Inhalte müssen verarbeitet werden und die Sprache muss man auf sich wirken lassen. Letztendlich geht es immer wieder um die Fragen: „Was ist gut/böse/Wahrheit/Wirklichkeit/Wie wurden wir, wer wir sind?“ und lässt sich auf diese Fragen wirklich so leicht eine Antwort finden?
Wer diesen Fragen näher auf den Grund gehen möchte, dem empfehle ich das Buch von Ferdinand von Schirach und spreche eine klare Leseempfehlung mit insgesamt vier Sternen aus.
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Broschiertes Buch
Wann ist jemand schuldig? Welche Strafe ist berechtigt? Welche Grenzen sollte es in unserer Gesellschaft geben?
Anhand von 12 Kurzgeschichten gibt der Autor den Leser*innen neue Denkanstöße zu diesen Fragen. Dabei zeigt er auf, das es keine klare Grenze zwischen „Gut“ und …
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Wann ist jemand schuldig? Welche Strafe ist berechtigt? Welche Grenzen sollte es in unserer Gesellschaft geben?
Anhand von 12 Kurzgeschichten gibt der Autor den Leser*innen neue Denkanstöße zu diesen Fragen. Dabei zeigt er auf, das es keine klare Grenze zwischen „Gut“ und „Böse“ gibt. Das Buch hat mich damit wirklich sehr überzeugt: Ich fand es beim Lesen wirklich bereichernd. Zudem hat der Autor die einzelnen Szenarien in der Lektüre knapp, und dennoch ausreichend präzise, dargestellt, was zu einem tieferen Verständnis und einer stärkeren Hervorhebung der jeweiligen Kurzgeschichten geführt hat.
Ich empfehle das Buch jedem weiter, da es eine wichtige Botschaft beinhaltet, gut ausgearbeitet ist und den eigenen Horizont etwas erweitert.
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Gebundenes Buch
Ferdinand von Schirach, früherer Strafverteidiger, schreibt in seinen 12 Erzählungen über Menschen, die in ihrem Leben mit dem Gericht in Konflikt kommen und wie sie dies bewältigen.
Unsere Rechtssprechung lässt eindeutig erkennen, das es viele Ungereimtheiten und …
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Ferdinand von Schirach, früherer Strafverteidiger, schreibt in seinen 12 Erzählungen über Menschen, die in ihrem Leben mit dem Gericht in Konflikt kommen und wie sie dies bewältigen.
Unsere Rechtssprechung lässt eindeutig erkennen, das es viele Ungereimtheiten und Nachlässigkeiten gibt, die man bewältigen muss.
Die Gerichtsverfahren sind meist sehr langwierig und es gibt viele falsche Urteile. Dadurch kommen Menschen zu Schaden.
Der Autor erzählt einfühlsam vom Scheitern vieler Menschen bzw. Unkenntnis über die Angeklagten. Seine Erzählungen sind natürlich aber auch spannend. Manchmal nimmt die Opfer-Täter Frage eine überraschende Wende und man kann den Vorgang nicht nachvollziehen. Warum werden Täter nicht besser bestraft? Es könnten weitere Menschenleben gerettet werden.
Das Buch ließt sich sehr gut, da die einzelnen Erzählungen nicht zu lang sind.
Ich war angenehm überrascht und würde es auch weiterempfehlen.
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Gebundenes Buch
Da ich kein Fan von Kriminalgeschichten bin, stand ich dem Buch skeptisch gegenüber - auch wenn es nicht als Krimi ausgewiesen ist - und wurde eines Besseren belehrt.
Ferdinand von Schirach erzählt in 12 kurzen unabhängigen Geschichten ganz sachlich und absolut emotionslos vom …
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Da ich kein Fan von Kriminalgeschichten bin, stand ich dem Buch skeptisch gegenüber - auch wenn es nicht als Krimi ausgewiesen ist - und wurde eines Besseren belehrt.
Ferdinand von Schirach erzählt in 12 kurzen unabhängigen Geschichten ganz sachlich und absolut emotionslos vom Leben. Es geht um Zufälligkeiten, falsche Entscheidungen und Lücken in den Rechtssystemen, die über Schicksale entscheiden. Der Autor versteht es, mit wenigen Worten zum Kern des "Problems" vorzudringen.
Mich hat gerade diese totale Emotionslosigkeit berührt und zum Nachdenken gebracht. "Was wäre gewesen wenn" und "wie wäre ich damit umgegangen" das sind die Gedanken, die mir am Ende jeder Passage durch den Kopf gingen.
Das Buch erhält von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung!
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Gebundenes Buch
Es ist ein schmales Buch mit 12 Schicksalen, die aus dem Leben gegriffen sind.
Es sind keine leichten Geschichten, sondern Fälle, die einem die Augen öffnen sollen. Teilweise gibt es Wendungen und Ergebnisse, die ich so nicht erwartet hätte, die aber zum Nachdenken anregen.
Von …
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Es ist ein schmales Buch mit 12 Schicksalen, die aus dem Leben gegriffen sind.
Es sind keine leichten Geschichten, sondern Fälle, die einem die Augen öffnen sollen. Teilweise gibt es Wendungen und Ergebnisse, die ich so nicht erwartet hätte, die aber zum Nachdenken anregen.
Von Schirach schreibt sehr sachlich. Für mich eine Spur zu emotionslos und zu distanziert zu seinen Charakteren. Die Geschichten wirkten wie Berichte aus irgendwelchen Akten. Auch fand ich den Schreibstil zwar gut und schnell lesbar, aber der Text wirkte wie abgearbeitet. Stichpunkt für Stichpunkt zu einem Satz formuliert und die emotionalen Worte wurden weggelassen. Wer gerne Romane liest, wird hier wohl etwas von dem kalten und klaren Schreibstil abgeschreckt werden.
Die Schicksale sind trotz des Schreibstil sehr lesenswert und man sollte darüber nachdenken, ob man immer die Menschen in gut (weiß) und böse (schwarz) einteilen kann. Von Schirach zeigt Beispiele, die diese klare Trennung nicht zulassen.
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Gebundenes Buch
+++Die Frage nach der Schuld des Menschen+++
Ein Ehemann quält jahrelang seine junge Frau. Ein Internatsschüler wird fast zu Tode gefoltert. Ein Ehepaar verliert die Kontrolle über seine sexuellen Spiele. Ein Mann wird wegen Kindesmissbrauchs angeklagt. Leise, aber bestimmt stellt …
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+++Die Frage nach der Schuld des Menschen+++
Ein Ehemann quält jahrelang seine junge Frau. Ein Internatsschüler wird fast zu Tode gefoltert. Ein Ehepaar verliert die Kontrolle über seine sexuellen Spiele. Ein Mann wird wegen Kindesmissbrauchs angeklagt. Leise, aber bestimmt stellt Ferdinand von Schirach die Frage nach der Schuld des Menschen.
Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen bisher in vierzig Ländern. »Terror«, sein jüngstes Werk, zählt zu den erfolgreichsten Theaterstücken unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin.
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