Autor im Porträt
Ferdinand von Schirach
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Broschiertes Buch
ZDF-Verfilmung (Ausstrahlung am 26.2.2024 und jetzt schon in der ZDF-Mediathek) mit großem Staraufgebot - u.a. mit Ina Weisse ("Blackout"), Matthias Brandt ("Babylon Berlin"), Godehard Giese ("Das Verschwinden") Regie Matti Geschonneck ("Die Wannseekonferenz")
Katharina Schlüter, eine erfolgreiche TV-Moderatorin, behauptet, ihr ehemaliger Geliebter habe sie missbraucht: Aus zunächst einvernehmlichem Sex sei eine Vergewaltigung geworden. In dem Strafprozess steht Aussage gegen Aussage - ein Dilemma, das eine ungeheure Sprengkraft entfaltet. Denn über die berufliche und private Zukunft zweier Menschen hinaus, geht es um nichts weniger als um die Werte, aber auch Vorurteile, die uns als Gesellschaft ausmachen.…mehr
Katharina Schlüter, eine erfolgreiche TV-Moderatorin, behauptet, ihr ehemaliger Geliebter habe sie missbraucht: Aus zunächst einvernehmlichem Sex sei eine Vergewaltigung geworden. In dem Strafprozess steht Aussage gegen Aussage - ein Dilemma, das eine ungeheure Sprengkraft entfaltet. Denn über die berufliche und private Zukunft zweier Menschen hinaus, geht es um nichts weniger als um die Werte, aber auch Vorurteile, die uns als Gesellschaft ausmachen.…mehr
13,00 €
Regen
Broschiertes Buch
Der Nr. 1- SPIEGEL-Bestseller. Eine ebenso mutige wie sehr persönliche Erzählung des internationalen Bestsellerautors.
Ein Mann kommt durchnässt aus dem Regen in eine Bar - auf die Bühne - und denkt über Verbrechen und Strafen nach, über das Großartige und das Schreckliche unserer Zeit, über die Würde des Menschen, die Einsamkeit, die Liebe, den Verlust und das Scheitern. »Regen« ist eine Erzählung in Form eines Theatermonologs, den Ferdinand von Schirach im Rahmen einer großen Premierentournee auf zahlreichen deutschen Bühnen selbst aufgeführt hat.
»Ein Mensch spiegelt sich in einem anderen Menschen. Sie wissen um den Anderen, um den Lebensmenschen, lange bevor Sie ihn zum ersten Mal sehen. Und mit ihm kehren die Bilder zurück: Der Sommer, das Hafergras, die Langsamkeit, das dunkle Grün der späten Nachmittage, der Regen.«…mehr
Ein Mann kommt durchnässt aus dem Regen in eine Bar - auf die Bühne - und denkt über Verbrechen und Strafen nach, über das Großartige und das Schreckliche unserer Zeit, über die Würde des Menschen, die Einsamkeit, die Liebe, den Verlust und das Scheitern. »Regen« ist eine Erzählung in Form eines Theatermonologs, den Ferdinand von Schirach im Rahmen einer großen Premierentournee auf zahlreichen deutschen Bühnen selbst aufgeführt hat.
»Ein Mensch spiegelt sich in einem anderen Menschen. Sie wissen um den Anderen, um den Lebensmenschen, lange bevor Sie ihn zum ersten Mal sehen. Und mit ihm kehren die Bilder zurück: Der Sommer, das Hafergras, die Langsamkeit, das dunkle Grün der späten Nachmittage, der Regen.«…mehr
12,00 €
Ferdinand von Schirach
Schirach, Ferdinand vonDer Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm die Spiegel-Bestseller »Die Herzlichkeit der Vernunft«, ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, die Erzählungen »Strafe« sowie sein persönlichstes Buch »Kaffee und Zigaretten«.Kundenbewertungen
Sie sagt. Er sagt.
Zu empfehlen gutes Buch etwas Kurz und knackig
GOTT
Richard Gärtner ist 78 Jahre alt sowie körperlich und geistig vollkommen gesund, dennoch möchte er nach dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben. Allerdings wird ihm die Bitte um ein tödliches Medikament versagt, denn Mediziner, Juristen, Ethiker, Politiker und Teile der Gesellschaft zweifeln weiterhin, ob Ärzte ihm bei seinem Suizid helfen dürfen, auch wenn der entsprechende verbietende Paragraf im Februar 2020 abgeschafft wurde. Nun wird sein Fall vor der Ethikkommission mitsamt des Für und Widers diskutiert.
Nach "Terror", welches zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit avancierte, hat Ferdinand von Schirach mit "GOTT" nun ein weiteres großartiges, pointiertes wie überlegtes Theaterstück vorgelegt, das ich in einem Rutsch verschlungen habe. Stand die Frage nach der Antastbarkeit der Menschenwürde im Falle eines terroristischen Aktes in seinem vorherigen Werk im Mittelpunkt, so dreht sich die Handlung nun um das Sterben des Menschen und die Entscheidungsgewalt über Leben und Tod.
Das in zwei Akte separierte Stück spielt sich allerdings nicht vor Gericht, sondern in einem Saal des Deutschen Ethikrates ab, wo selbiger tagt, um darüber zu diskutieren, ob es ethisch vertretbar ist, dass ein vollkommen gesunder Mensch ärztliche Beihilfe zum Suizid erhält. Zu Wort kommen neben dem Mann mit Sterbenswunsch, seiner Hausärztin sowie der Vorsitzenden des Rates dreierlei Sachverständige, welche stellvertretend die ethische, medizinische und geistliche Sichtweise beleuchten. Basierend auf ihrem fachlichen Hintergrundwissen stellen sie sich den Fragen des Ethikrates sowie des Rechtanwaltes von Herrn Gärtner.
Obwohl der Schauplatz nicht der Gerichtssaal ist, so entsteht doch der Eindruck die einzelnen Sachverständigen befänden sich im Kreuzverhör des Rechtsanwaltes, welcher zielgerichtet die Schwachstellen der einzelnen Argumentationen findet und den ein oder anderen anhand seiner Borniertheit und der altertümlichen Denkweise außerordentlich fundiert und redegewandt vorführt.
Die etwaige Verletzung der Integrität ihrer Profession inklusive des Vertrauensverlustes seitens des Patienten durch das Auftreten des Arztes als "Todesengel" im Gegensatz zur gewünschten Autonomie findet genauso Anklang wie die Zukunftsängste bezüglich einer zunehmenden Sittenlosigkeit der Gesellschaft sowie die ablehnende Haltung der Kirche zum selbstbestimmten Tod, welche diese als Betrug an Gott sieht.
Am Ende obliegt es dem Leser, das Gehörte abzuwägen, erneut zu durchdenken und ein Urteil zu fällen, was eindrücklich vor Augen führt, dass es eben keine klare universal übertragbare Antwort auf diese sensible Fragestellung gibt. Zur Vertiefung der eigenen Überlegungen schließen sich dem Theaterstück drei Essays namhafter Wissenschaftler an, welche das Thema der ärztlichen Suizidbegleitung aus medizinethischer, juristischer und theologisch-philosophischer Perspektive anschaulich beleuchten, für weitere Gedankenanstöße sorgen und nachdenklich stimmen.
"GOTT" ist ein grandioses, kurzweiliges aber zugleich unglaublich gehaltvolles und nachdenklich stimmendes Theaterstück, welches für all diejenigen ein absolutes Muss ist, die ihren moralischen Kompass zum Thema ethische Richtigkeit ärztlicher Suizidbegleitung und der Bedeutung des Sterbens anhand faktisch fundierter, präzise auf den Punkt gebrachter Argumente kalibrieren möchten.
Nachmittage
Meine Meinung:
Ungewöhnliche Geschichten, mitten aus dem Leben.
Ich hatte mit Nachmittage sehr spannende Lesestunden. Schirachs Geschichten zeigen, welch fatale Folgen Irrtümer haben können. Manchmal konnte ich gar nicht fassen, was in der einen oder anderen Geschichte passiert ist. Erlebnisse aus den verschiedensten Ländern haben gezeigt, dass Menschen überall gleich ticken. Da führt ein Mann ein Doppelleben und wird erpresst. Eine Frau verdächtig ihren Mann, ein Exhibitionist zu sein. Auch die anderen Geschichten konnten mich begeistern und stellenweise entsetzen. Jede einzelne Kurzgeschichte hat es in sich. Sie regen zum Nachdenken an. Vereinzelt schwirren sie mir jetzt noch im Kopf herum. Wahre Geschichten über Prominente fand ich besonders interessant. Natürlich geht es auch um Literatur.
Fazit:
Ferdinand von Schirach ist ein guter Beobachter und Schriftsteller. Von mir eine absolute Empfehlung. Danke.
Regen
Meine Meinung:
Ein Fest der Sinne
Dieses Büchlein hat mich keineswegs im Regen stehen lassen. Vielmehr habe ich den Regen durchs Fenster beobachtet. Gemütlich auf dem Sofa den Worten von Ferdinand von Schirach gelauscht. Nein, ich habe (noch) nicht das Hörbuch, vielmehr die Printausgabe genossen. Da ich den Autor jedoch schon des öfteren im Fernsehen erleben durfte, hatte ich stets seine Stimme im Ohr.
Schöffe wider Willen! Und dann auch noch irgendwie erfolglos. Auf den ersten Blick zumindest. Auf den zweiten Blick erweist sich dieser Misserfolg als großes Glück. Wir Leser dürfen die Gedankengänge von einem einsamen Mann miterleben. Dies in einer Bar, in die er wegen Regenwetter geflüchtet ist. Ein Autor, der seit vielen Jahren eine Schreib Blockade hat. Der seine große Liebe verlor. Dabei kommt die Geschichte nicht mal traurig daher. Ich musste mehr wie einmal schmunzeln. Sehe jetzt Urlaube an Sandstränden mit ganz anderen Augen. Habe das Gefühl, dieser Mann genießt das Alleinsein. Nimmt sich selbst nicht so wichtig. Er geht mit geschärften Sinnen durch die Welt. Dazu muss er sich nicht anstrengen. Er ist einfach so. Wunderschöne Zitate laden dazu ein, sie mehrmals zu lesen. Das Büchlein ist klein. Der Inhalt groß. Das Interview nach der kurzen Geschichte ist von sehr viel Ehrlichkeit geprägt. Wäre mir Ferdinand von Schirach nicht schon vorher sympathisch gewesen, dann spätestens nach diesem Interview.
Fazit:
Ein Buch das zum Nachdenken anregt und in keinem Bücherregal fehlen sollte. Ich werde nun auch das Hörbuch, von Schirach eingelesen, genießen.
Danke Ferdinand von Schirach.
Nachmittage
REZENSION – Jeder Versuch, die seit fast 15 Jahren veröffentlichten Werke des deutschen Bestseller-Autors und Juristen Ferdinand von Schirach (58) einem bestimmten Genre zuzuordnen, muss scheitern. Ob Erzählungen, Romane, Essays, Theaterstücke, philosophische Gespräche oder ganz persönliche Ansichten und Einsichten – mit fast jedem neuen Band dieses Autors wird man aufs Neue überrascht. Dies gilt auch für Schirachs aktuelles Buch „Nachmittage“, im August 2022 beim Luchterhand Verlag erschienen. Dieser schmale Band, den man zum Titel passend, an zwei ruhigen Nachmittagen genießen sollte, gleicht mit seinen kurzen, nur selten längeren Erzählungen, Erinnerungen und Gedanken einem Querschnitt aus allem.
Wir lesen von Kriminalfällen des einstigen Strafverteidigers, von Begegnungen mit fremden und vertrauten Menschen sowie persönliche Erinnerungen und Eindrücke aus Lesereisen – oft alles in nur einer Erzählung. Es sind „Geschichten über die Dinge, die unser Leben verändern, über Zufälle, falsche Entscheidungen und die Flüchtigkeit des Glücks“, verspricht der Verlag. Nicht nur die Vielfalt der Handlungsabläufe, auch die Vielfalt der Themen „von der Einsamkeit der Menschen, von der Kunst, der Literatur, dem Film und immer auch von der Liebe“ zeugt von Intellekt und Lebenserfahrung des Schriftstellers und macht auch diesen Band wieder zu einem literarischen Leckerbissen hohen Niveaus. Wo andere Autoren Romane schreiben, reichen Ferdinand von Schirach nur wenige Sätze. Seine Erzählungen gehen nicht in die Breite, sondern tauchen in die Tiefe und treffen punktgenau die psychische Befindlichkeit seiner Figuren, von denen man nie weiß, ob sie real oder fiktiv sind.
In einer seiner 26 Erzählungen wird der Autor in Marrakesch im Garten des Hotels von einem Deutschen angesprochen. Schirach hatte dem des Mordes Angeklagten einst zum Freispruch verholfen. Der homosexuelle Fabrikant war erpresst worden, der alkoholisierte Erpresser auf dem Anwesen des Fabrikanten in den Tod gestürzt, also ein Unfall. Doch nach Jahren stellt sich Schirach beim Wiedersehen nun die Frage, ob der Freispruch gerechtfertigt und der nun in Marokko lebende Geschäftsmann nicht doch ein Mörder war. Bei einer anderen Begegnung mit einer alkoholisierten Witwe erfährt Schirach während seines Urlaubs in Venetien von einem besonders tragischen Unglücksfall: Franziska hatte einst ihren Ehemann, einen erfolgreichen und geschätzten Tierarzt, für den von der Polizei gesuchten Exhibitionisten gehalten. Bei einer Auseinandersetzung zwischen beiden während einer Autofahrt, bei der sie deshalb die Scheidung verlangte, kam es zum Unfall. Der Mann wurde tödlich verletzt, Franziska überlebte. „Vier Tage nach Alexanders Beerdigung … wurde, ganz in der Nähe der Tierarztpraxis, der Exhibitionist festgenommen.“
Doch nicht nur über das Schicksal anderer Menschen, auch über sich selbst verrät der Autor manches, der sich als „Literatur-Star wider Willen“ jedem Rummel um seine Person gern entzieht: „Ich rauche weiter auf dem Balkon in dem Hotel in Zürich. Es schneit immer noch, ...“ Er sinniert über sein Leben: Das berufliche Scheitern und die Haltlosigkeit seines Vaters bis zu dessen Tod veranlassen den an Literatur begeisterten Internatsschüler, entgegen seiner Absicht nun doch nicht Autor zu werden, sondern Jura zu studieren: „Ein bürgerliches Leben würde Halt geben, ich wäre sicher, glaubte ich. Erst viel später, erst nach einem halben Leben, begann ich wieder zu schreiben“, hält der bald 60-Jährige Rückblick auf sein Leben, dessen zweite Hälfte er erst 2009 als 45-Jähriger mit der Veröffentlichung seines Erzählbandes „Verbrechen“ begann.
Wer sich in Schirachs neues Buch „Nachmittage“ vertieft, wird leicht die Zeit vergessen. „Jede Komposition besteht zwar aus strengen Zeitangaben, aber wenn du spielst gibt es keine Zeit“, sagt die Komponistin in einer Erzählung. „Es gibt dann nur noch die Musik, .... Alles andere ist belanglos, es findet nichts sonst statt.“ Wie die Komponistin aus Angst vor dem Burnout hat auch Ferdinand von Schirach vor 15 Jahren seinen Beruf als Strafverteidiger aufgegeben, um für sich selbst und das Schreiben Zeit zu haben: „Der Wind geht durch die leichten Vorhänge, eine geisterhafte Bewegung vor dem fahlen Weiß des Morgens. Ich zünde eine Zigarette an und bleibe sitzen.“
Nachmittage
überraschende Wendungen
26 Kurzgeschichten, ja mitunter nur kleine Anekdoten, die bei mir für gute Stimmung gesorgt haben. Eigentlich wäre dies inhaltlich nicht gerechtfertigt. Denn kurz vor Ende der längeren Geschichten kommt immer noch eine Wendung, die die Leserin nicht erwartet hätte.
So will ich von Geschichte fünf erzählen, wo der Ich-Erzähler den Uhrenfabrikant Peter Traub aus dem schwäbischen Tautzingen (wenn es diesen Ort nicht gäbe, so könnte ich mir doch gut vorstellen, wie er am Albtrauf liegt und man weit in die Ferne schauen kann) zufällig in Marrakesch trifft. Nach Jahren der Krise blühte sein geerbtes Familienunternehmen wieder richtig auf. Traub selbst vergnügte sich aber lieber in der Berliner Schwulenszene, bis ihn der Inhaber seiner Lieblingsdiskothek daheim besuchte, um ihn zu erpressen. Und das überraschende Ende verrate ich natürlich nicht.
Andere Geschichten sind deutlich kürzer, etwa wird auf S.88 nur kurz behandelt, wie Thomas Mann mit Kritik umging.
Nicht alle dieser Anekdoten bleiben in Erinnerung. Dies ist aber nicht schlimm, weil kaum Lesezeit verbraten wurde. Deswegen gibt es für mich für die eindrucksvollen Teile volle 5 Sterne. Das daraus nichts folgt, ist für mich belanglos, der Autor will uns unterhalten und das ist gelungen.
GOTT
Was passiert, wenn ein 78-jähriger Mann nach dem Tode seiner Frau nicht mehr leben möchte? Der Mann ist weder krank noch depressiv, sondern einfach lebensmüde - er hat keine Freude mehr an seinem Leben.
Soll ein Arzt ihm dabei helfen und ihm ein Medikament, das ihn tötet, verschreiben? Oder soll der Arzt das ablehnen und damit riskieren, dass der Mann vom Balkon springt? Dieses birgt wiederum die Gefahr, dass der Suizid misslingt und der Patient paralysiert zurückbleibt.
Darf man selbst über sein Leben bestimmen?
GOTT
Ferdinand von Schirach
Ein Theaterstück
Der Ethikrat kommt zusammen und soll klären, ob Herr Gärtner mithilfe seiner Ärztin Suizid begehen darf.
Anwesend ist die Ärztin des Betroffenen, sein Rechtsanwalt, eine Rechtssachverständige sowie ein medizinischer und ein theologischer Sachverständiger.
Argumente dafür und dagegen werden aufgeführt, am Ende soll das Publikum entscheiden, ob Herr Gärtner das Medikament bekommt oder nicht.
Wie immer lässt Ferdinand von Schirach mich zum Fähnchen im Wind werden. In dem einen Moment denke ich: „Na klar darf er über sein Leben entscheiden!“ Doch in der nächsten Sekunde kippe ich schon wieder um, genau in dem Moment, wo eine Frau sterben will, weil sie vor sechs Jahren, mit 25, bei einem Unfall ein Kind totgefahren hat. Sie konnte nichts dafür. „Alle haben mir verziehen, aber ich selbst kann mir nicht verzeihen.“ (S. 106) Nein, natürlich darf diese Frau sich nicht umbringen!
Ferdinand von Schirach ist ein Meister der Erzählkunst, man wird in die Geschichte eingesogen und kann sich dem sensiblen und hochemotionalen Thema nicht entziehen.
Ein wunderbares Buch zum Diskutieren, hervorragend auch für die Oberstufe im Ethikunterricht geeignet.
Ein schmales Buch, das schnell gelesen ist und lange nachwirken wird.
Am Ende bleibt die Frage: Darf man Gott spielen?
5/ 5
Strafe
Wann ist jemand schuldig? Welche Strafe ist berechtigt? Welche Grenzen sollte es in unserer Gesellschaft geben?
Anhand von 12 Kurzgeschichten gibt der Autor den Leser*innen neue Denkanstöße zu diesen Fragen. Dabei zeigt er auf, das es keine klare Grenze zwischen „Gut“ und „Böse“ gibt. Das Buch hat mich damit wirklich sehr überzeugt: Ich fand es beim Lesen wirklich bereichernd. Zudem hat der Autor die einzelnen Szenarien in der Lektüre knapp, und dennoch ausreichend präzise, dargestellt, was zu einem tieferen Verständnis und einer stärkeren Hervorhebung der jeweiligen Kurzgeschichten geführt hat.
Ich empfehle das Buch jedem weiter, da es eine wichtige Botschaft beinhaltet, gut ausgearbeitet ist und den eigenen Horizont etwas erweitert.
GOTT
Meine Meinung
Sterbehilfe ist ein sehr schwieriges Thema. Ich persönlich bin ausschließlich dann dafür, wenn ein schwerkranker Mensch zu sehr leiden muss. Auch palliative Maßnahmen keine Linderung mehr bringen, und der schwerkranke Mensch einen qualvollen Tod zu erwarten hat.
Das Beispiel in diesem Buch zeigt, wie schmal der Grad zwischen Hilfe und Verantwortungslosigkeit ist. Richard Gärtner ist 78 Jahre alt. Kerngesund und geistig fit. Seit dem Tod seiner Frau, ist das Leben für ihn sinnlos. Er möchte ein Medikament bekommen, um seinem Leben ein Ende zu setzen.
Darf man selbst über sein Leben bestimmen? Darf man seinem Leben selbst ein Ende setzen? Bei diesen Fragen kommen viele verschiedene Ansichten zum Vorschein. Von Seiten der Kirche wird Beihilfe zum Suizid rigoros abgelehnt. Ein Stück weit bin ich da mit der Kirche einer Meinung. Alte gebrechliche Menschen könnten dann sehr schnell das Gefühl haben, die Welt verlassen zu müssen. Ihre Angehörigen nicht mehr mit den hohen Kosten eines Pflegeheims belasten zu wollen.
Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was passieren könnte, wenn Ärzte gesunden Menschen zum Tode verhelfen. Sollte ein Arzt nicht leben retten, wo es wirklich noch sinnvoll ist? Sollte man einem Menschen, der körperlich und geistig fit ist, beim Sterben helfen?
Ich bin der Meinung, dass die Sterbesehnsucht von Richard Gärtner ein gesellschaftliches Problem ist. Er keinen Weg aus seiner Trauer findet. Trauer ist nicht nach dem Trauerjahr zu Ende. Trauer um einen geliebten Menschen kann jahrelang andauern. Vielleicht niemals vollständig vergehen. Ich würde keinem Arzt mehr über den Weg trauen, der einem gesunden Menschen zum Sterben verhilft! Auch wenn es dessen Wunsch war!
Palliative Behandlungen sind ein wahrer Segen. Leider sind es immer noch zu viele Menschen, denen diese Behandlung auf ihrem letzten Lebensweg verwehrt bleibt. Bevor man diskutiert ob Beihilfe zum Suizid ein ganz normaler gesellschaftlicher Akt werden sollte, wäre es viel angebrachter um mehr Hospize und Palliativstationen zu kämpfen. Vor allen Dingen allen Ärzte die nötige Ausbildung zukommen zu lassen, um sterbenden und depressiven Menschen eine Stütze zu sein. Ein Hausarzt sollte auch fachkundig bei Trauerhilfe sein. Nicht alles lässt sich mit Tabletten heilen. Nicht jeder mag in seiner Trauer zum Psychiater oder in eine Trauergruppe. Hat vielleicht mehr zu seinem Hausarzt Vertrauen, den er schon seit vielen Jahren kennt.
Medizinische, ethische, religiöse und politische Ansichten werden in diesem Theaterstück erörtert. Es gibt nicht nur Schwarz oder Weiß, wenn es um Sterbehilfe geht. Besonders die Zwischentöne müssen beachtet werden.
Dieses Büchlein hat mich beim Lesen total mitgerissen und zum Nachdenken angeregt. Die verschieden Ansichten sind sehr interessant.
Fazit
Einem gesunden Menschen Tabletten verschreiben, damit er gemütlich und ohne Qualen sterben kann, hat nichts mehr mit Ethik zu tun. Vielmehr kommt hier ein gesellschaftliches Problem zu Tage. Mehr Pflegekräfte in Altenheimen und bessere Bezahlung, Palliativstationen, Hospize und gut ausgebildete Hausärzte können viel mehr Abhilfe schaffen, als die Legalisierung zur ärztlichen Suizidbegleitung! Ausgenommen davon sollten schwerkranke Menschen sein, bei denen auch palliative Maßnahmen nicht mehr greifen. Eine Patientenverfügung kann verhindern, dass sinnlose Behandlungen weiter geführt werden. Leider ist sie oftmals im entscheidenden Moment nicht greifbar. Erwähnenswert sind auch die Essays im Anschluss.
Jeder Mensch sollte über sein Leben und Lebensende bestimmen dürfen. Ein gesunder Mensch jedoch sollte nicht die Hilfe von einem Arzt in Anspruch nehmen wollen.
Danke Ferdinand von Schirach für dieses wertvolle Buch. Jeder Mensch sollte es lesen. Es betrifft uns ALLE!
Nachmittage
„Liebst du nicht einfach diese langen regnerischen Nachmittage in New Orleans, wenn eine Stunde nicht nur eine Stunde ist - sondern ein kleines Stück Ewigkeit, dass in deine Hände gefallen ist - und wer weiß, was man damit anfangen soll?“ — Tennessee Williams US-amerikanischer Schriftsteller 1911 - 1983
Ist mir mit „Nachmittage“ ein kleines Stück Ewigkeit in die Hände gefallen? Draußen regnet es gerade in Strömen. Ich lese und vergesse dabei die Zeit.
Sechsundzwanzig kurze Geschichten, bei denen man oft nicht weiß, wo sie hinführen. Am Ende steht immer ein Aha- Erlebnis.
Ferdinand von Schirach ist ein begnadeter Erzähler. Ich mag seine Gedankenspiele und fiebere jedem neuen Buch entgegen.
Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Strafverteidiger sind die früheren Werk vor allem auf juristische Themen bezogen.
Seit „Kaffee und Zigaretten“ bekommen die Erzählungen autobiographische Züge. Mehr und mehr vermischt der Autor persönliches Erleben mit Alltagsgeschehen und lässt den Leser dichter an sich heran. Das gefällt mir.
In seinem neuen Buch berichtet er vom Reisen und von Begegnungen in Berlin, Tokio, New York, Marrakech, Taipeh, Oslo, Pampola, Wien und Zürich. Es sind Texte, die an den Stil von Doris Dörrie erinnern. Jede einzelne Geschichte hat es in sich und regt zum Nachdenken an. Schirach schreibt über die Einsamkeit der Menschen, von der Flüchtigkeit des Glücks, von Zufällen, falschen Entscheidungen, von Kunst und von der Liebe.
Es sind kurze Essays, die auf das Wesentliche beschränkt sind. Jede Pointe sitzt.
Ich finde es faszinierend, wie man so viel Aussagekraft in so wenigen Zeilen integrieren kann.
Schirach wird aus meiner Sicht literarisch immer ausgefeilter. Purer Lesegenuss!
Das gebundene Buch ist elegant gestaltet und passt zu den vorangegangenen Werken. Wer noch ein Geschenk für liebe Freunde sucht…
Um abschließend meine Leseempfehlung zu untermauern, möchte ich allen Interessierten ein Schmankerl aus dem Buch mit auf den Weg geben.
„…Jetzt, dieser Moment, dieser Nachmittag, der nächste Morgen, der Blütenschimmer im Frühling, der Wind, der durch die Felder geht, die lautlose Schwüle im Hochsommer und dass nasse Laub auf den Straßen im Herbst - das alles bedeutet nichts ohne den anderen Menschen. Wir stehen nackt in dieser Welt, die Erde ist ein kaum sichtbarer blassblauer Punkt im All, die Natur ist kalt und feindlich. Aber wir sind Menschen, wir teilen diese Einsamkeit, sie ist es, die uns verbindet…“ (Auszug aus dem Buch)
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