Bernardine Evaristo
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Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019 (eBook, ePUB)
Roman
Übersetzer: Handels, Tanja
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Booker Prize 2019 »Ein beeindruckender, leidenschaftlicher Roman über das Leben schwarzer britischer Familien, ihre Kämpfe, Schmerzen, ihr Lachen, ihre Sehnsüchte und Lieben.« Jury des Booker-Preises In »Mädchen, Frau etc.« verwebt Bernardine Evaristo die Geschichten schwarzer Frauen über ein Jahrhundert zu einem einzigartigen und vielstimmigen Panorama unserer Zeit. Ein beeindruckender Roman über Herkunft und Identität, der daran erinnert, was uns zusammenhält. Die Dramatikerin Amma steht kurz vor dem Durchbruch. In ihrer ersten Inszenierung am Londoner National Theatre setzt sie ...
Booker Prize 2019 »Ein beeindruckender, leidenschaftlicher Roman über das Leben schwarzer britischer Familien, ihre Kämpfe, Schmerzen, ihr Lachen, ihre Sehnsüchte und Lieben.« Jury des Booker-Preises In »Mädchen, Frau etc.« verwebt Bernardine Evaristo die Geschichten schwarzer Frauen über ein Jahrhundert zu einem einzigartigen und vielstimmigen Panorama unserer Zeit. Ein beeindruckender Roman über Herkunft und Identität, der daran erinnert, was uns zusammenhält. Die Dramatikerin Amma steht kurz vor dem Durchbruch. In ihrer ersten Inszenierung am Londoner National Theatre setzt sie sich mit ihrer Identität als schwarze, lesbische Frau auseinander. Ihre gute Freundin Shirley hingegen ist nach jahrzehntelanger Arbeit an unterfinanzierten Londoner Schulen ausgebrannt. Carole hat Shirley, ihrer ehemaligen Lehrerin, viel zu verdanken, sie arbeitet inzwischen als erfolgreiche Investmentbankerin. Caroles Mutter Bummi will ebenfalls auf eigenen Füßen stehen und gründet eine Reinigungsfirma. Sie ist in Nigeria in armen Verhältnissen aufgewachsen und hat ihrer Tochter Carole aus guten Gründen einen englischen Vornamen gegeben. Auch wenn die Frauen, ihre Rollen und Lebensgeschichten in Bernardine Evaristos Mädchen, Frau etc. sehr unterschiedlich sind, ihre Entscheidungen, ihre Kämpfe, ihre Fragen stehen niemals nur für sich, sie alle erzählen von dem Wunsch, einen Platz in dieser Welt zu finden. Stimmen zum Buch: »Evaristo hat die Gabe, von ihren Figuren mit Sympathie und Anmut zu erzählen und dabei deren Anspruchshaltung sanft aufs Korn zu nehmen. Der lockere Ton und der Humor geben diesem Roman seinen Auftrieb.« The New York Times »Komplex, scharfsinnig, schmerzhaft, witzig, aufschlussreich und vor allem unterhaltsam.« The Boston Globe »Evaristos Fähigkeit, zwischen den Stimmen, Orten und Stimmungen zu wechseln, erinnert an eine außergewöhnliche Dirigentin und ihr Orchester.« The Paris Review »Bernardine Evaristo gehört zu den Autorinnen, die von jedem gelesen werden sollten, überall.« Elif Shafak »Bernardine Evaristo hat einen halben Booker-Preis bekommen, aber sie verdient den ganzen Ruhm.« The Washington Post »Sprüht vor Vitalität« Financial Times »Der Roman des Jahres.« Washington Review of Books
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Bernardine Evaristo, geboren 1959, wuchs als viertes von acht Kindern in London auf. Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und Präsidentin der Royal Society of Literature. Sie gewann als erste Schwarze Autorin den Booker-Preis für ihren Bestsellerroman Mädchen, Frau etc. (2021). Außerdem bei Tropen erschienen: Manifesto. Warum ich niemals aufgebe (2022), Mr. Loverman (2023) und Zuleika (2024). Tanja Handels, geboren 1971, lebt und arbeitet in München, wo sie englischsprachige Literatur von Zadie Smith, Toni Morrison, Nicole Flattery und vielen anderen übersetzt. Für ihre Arbeit wurde sie u. a. mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.
Produktdetails
- Verlag: Tropen
- Seitenzahl: 512
- Erscheinungstermin: 18. Januar 2021
- Deutsch
- ISBN-13: 9783608116465
- Artikelnr.: 60351908
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Angela Schader ist begeistert von diesem Roman. Sie zählt auf, was alles gegen ein Funktionieren des Konzepts hätte sprechen müssen - und lobt umso mehr die Mittel der Autorin, die dem Buch den Booker Preis einbrachten. Dazu zählt sie vor allem den Stil, zitiert Evaristos eigene Bezeichnung dafür, nämlich "fusion fiction", diese Mischung aus lyrischen und dramatischen Elemente, die die Autorin hier in getragene Rede überführt habe. Auf diese Weise hat Evaristo ein Narrativ und einen Stil für britische schwarze Frauen gefunden, findet die hingerissene Kritikerin, die sich aus den Mustern afroamerikanischer Sensibilität ebenso befreit wie aus denen des weißen Realismus. Ein deutliches Lob geht auch an die Übersetzerin Tanja Handels, die solcherart Feinheiten großartig gemeistert habe. Natürlich könne man hier und da "den Rotstift zücken", es gebe manche allzu knappe, grobe Charakterisierung, auch die Handlungsbögen werden manchmal flach. Dagegen aber stellt die Kritikerin die herausragende Leistung des Ganzen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Im Dutzend besser
Die meisten Dinge gehen tiefer als Hautfarben: Bernardine Evaristos Roman "Mädchen, Frau etc."
Zu sagen, dieses Buch handele von zwölf schwarzen Frauen, trifft es nicht ganz, denn die Grenzen sind fließend. Ist man eine Frau, wenn man sich selbst nicht als solche sieht? Und ist man schwarz, wenn man erst in höherem Alter seine Vorfahren ausfindig macht, weil man als uneheliches, ungewolltes Kind weggegeben wurde - so war das eben damals, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts - und sich immer ein wenig gewundert hat, warum man in der Sonne viel schneller braun wird als alle anderen? Ein Leben lang hielt man sich für eine brave langweilige Engländerin, und dann das. Wenn es um Menschen geht, diese
Die meisten Dinge gehen tiefer als Hautfarben: Bernardine Evaristos Roman "Mädchen, Frau etc."
Zu sagen, dieses Buch handele von zwölf schwarzen Frauen, trifft es nicht ganz, denn die Grenzen sind fließend. Ist man eine Frau, wenn man sich selbst nicht als solche sieht? Und ist man schwarz, wenn man erst in höherem Alter seine Vorfahren ausfindig macht, weil man als uneheliches, ungewolltes Kind weggegeben wurde - so war das eben damals, Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts - und sich immer ein wenig gewundert hat, warum man in der Sonne viel schneller braun wird als alle anderen? Ein Leben lang hielt man sich für eine brave langweilige Engländerin, und dann das. Wenn es um Menschen geht, diese
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Spezies, bei der die Vielfalt im evolutionären Programm angelegt ist, kommt man mit Dichotomien nicht weit.
Es ist nicht immer alles so einfach. Bernardine Evaristo selbst ist Tochter einer englischen Lehrerin mit irischen und deutschen Vorfahren und eines nigerianischen Schweißers und ersten schwarzen Stadtrats des Bezirks Greenwich. Der Vater stammt von der brasilianischen Einwanderergruppe der Aguda in Nigeria ab, befreiten Sklaven, die im neunzehnten Jahrhundert zurück nach Afrika migriert sind und einen afrobrasilianischen Kulturmix im Gepäck hatten. Die Familiengeschichte nachzuverfolgen kann ein Ansatz sein, um Menschen und dem, was sie umtreibt, näherzukommen. Und das ist auch der Ansatz, den Evaristo in ihrem Buch "Mädchen, Frau etc." wählt.
Die Figur, die den Roman eröffnet und das Personal erzählerisch bündelt, ist Amma, Regisseurin und Theaterschriftstellerin. Wir begegnen ihr an einem Tag in London, als sie an der Themse entlanggeht, in gespannter Erwartung, denn am Abend soll ihr neues Stück "Die letzte Amazone von Dahomey" Premiere feiern, eine Art Königsdrama aus dem alten Westafrika. Ziemlich viele der Figuren im Buch werden zu diesem Premierenabend erwartet, andere werden nicht erwartet und kommen trotzdem.
Amma hat eine Karriere als Aktivistin und Hausbesetzerin hinter sich - "Protest, glaubten sie, müsse öffentlich sein, penetrant und absolut nervtötend für die, denen er galt" -, bis nach vielen höflichen Absagen der Durchbruch am National Theatre kam. Inzwischen ist Amma eine feste Größe des öffentlichen Kulturlebens. Ihre Latzhosen und Palästinensertücher hat sie durch einen "Verrückte-Alte-Look" ersetzt, wie ihre Tochter indigniert zur Kenntnis nimmt und sie anfleht, zu Marks & Spencer zu gehen wie jede andere normale Mutter auch. Amma definierte sich lange darüber, gegen das Establishment zu kämpfen. Nun ist sie selbst etabliert und muss sich an ihre neue Rolle erst gewöhnen.
Diese eigenwillige Amma hat zwei beste Freundinnen. Einmal die Lehrerin Shirley, die von Ammas Künstlerfreunden immer als bieder und langweilig abgetan wird, aber an ihrer Schule in einem sozial herausgeforderten Viertel in kleinem Rahmen Großes leistet, was ihr nicht immer gedankt wird. Und Dominique, die sich vor Jahren mit einer lesbischen Radikalfeministin einließ, die mit ihr ein unabhängiges, autarkes Leben in der amerikanischen Prärie führen wollte und am Ende manipulativer und brutaler war als die meisten der Patriarchen, die sie eigentlich so verachtet.
Zwölf Menschen also, denen man hier näherkommt, zwölf Biographien, zwölf Leben vom späten neunzehnten Jahrhundert bis ins frühe einundzwanzigste. Evaristo erzählt von Frauen, die in England nie Wurzeln schlagen konnten und stets fremd blieben, und von solchen, die britischer sind als jeder Cockney. Sie sind arm und reich, avantgardistisch im Denken und Handeln oder leben unauffällig vor sich hin und vermeiden jede Aufregung. Sie leben in der Stadt oder auf dem Land, haben Glück oder Pech, sind erfolgreich oder nicht, willensstark oder nicht so sehr. Ein ganzes Kaleidoskop an Figuren und Blickwinkeln also, und jeder Blick bereichert das Gesamtbild um eine neue Facette. Gemeinsam ist den Figuren, dass sie "of colour" sind, also eingewandert oder von Einwanderern abstammend - oder auch von schönen fremden Seeleuten ferner Kontinente und allzu arglosen englischen Mädchen, die sich in einem unvorsichtigen Moment auf sie einließen.
Dass Evaristo diese Szenen mit viel Einfühlung und leichtem Humor erzählen kann, spricht sehr für sie und dieses Buch. Überhaupt ist es in den erzählten Passagen am stärksten und immer dann, wenn es Orte, Zeiten und Soziotope beschreibt, die einem als Leser fremd sind. Etwa das Leben der Seemannstochter Grace, halb Engländerin, halb Abessinierin (vermutlich), mit der das Schicksal es gut meint, obwohl sie im Heim aufwächst und weiß Gott komplizierte Startbedingungen hat. Das Schicksal schickt ihr den rothaarigen Gutsbesitzer Joseph über den Weg, und alles scheint gut, wäre da nicht die Nachwuchsplanung, die erst ihn und dann sie aus der Bahn wirft. Wie die beiden sich zusammenraufen, wie sie die Tochter Hattie aufziehen, das ist mit viel Wärme und Wissen geschrieben und hat wenig mit Hautfarben zu tun, weil manche Dinge, womöglich sogar die meisten, viel tiefer gehen.
Am schwächsten ist das Buch in einigen Dialogen. Mitunter legt Evaristo ihren Figuren Positionen und Diskurse in den Mund und lässt sie darüber allzu hölzern debattieren. Aber das passiert zum Glück selten. Auch erlaubt sich die Übersetzerin einige Ausreißer, etwa den leidigen Vergleich von dunkleren Hauttönen mit Kolonialwaren, was durch das neutraler formulierte Original nicht gedeckt ist. Aber das sind zum Glück Ausnahmen. Tanja Handels, die auch schon Zadie Smith übersetzt hat, gelingt es insgesamt gut, die Sogwirkung von Evaristos eigenwilliger Prosa zu übertragen.
Denn die Form hat es durchaus in sich. Nicht nur das Spiegelkabinett der Kapitel, das sich zu einem Gesamtbild zusammensetzt, ist bemerkenswert, sondern auch die Struktur innerhalb der Kapitel. Sätze gib es nicht, dafür viele Absätze, die den Erzählfluss gliedern und sich meist an eine Satzstruktur anlehnen, aber manchmal eben auch nicht. Manchmal stehen auch Wörter oder Namen isoliert da. Abschrecken lassen sollte man sich davon nicht, denn diese Sprache zieht einen in das Buch hinein wie ein betörender Gesang, und nach spätestens zwei Kapiteln versteht man den Rhythmus und kann sich ihm kaum mehr entziehen.
Viele hatten Evaristo nicht unbedingt auf dem Zettel, als sie im Jahr 2019 zusammen mit Margaret Atwood den Booker-Preis zugesprochen bekam. Dabei ist sie beileibe kein Neuling im Geschäft, sondern Theatermacherin, Professorin für Kreatives Schreiben und Autorin von insgesamt acht Büchern, von denen bislang allerdings noch keines ins Deutsche übersetzt worden war. Womöglich schien die Sprache den Verlagen auf den ersten Blick zu experimentell. Dieses ist das erste, das man hierzulande lesen kann, womöglich das ambitionierteste und sicher erfolgreichste. Das letzte wird es mit Bestimmtheit nicht bleiben.
Hautfarbe, so die Erkenntnis am Ende der gut fünfhundert Seiten, sagt erst einmal noch nicht besonders viel über einen Menschen. Das klingt redundant, ist aber angesichts der kaum auszurottenden stereotypen Darstellungen sogenannter Quotenminderheiten leider immer noch nötig. Wenn diese Einsicht allerdings am Ende eines Buches steht, das weitgehend auf erhobene Zeigefinger verzichtet und stattdessen auf Formwillen, Leichtigkeit, Wärme und Humor setzt, ist das keine ganz schlechte Bilanz.
ANDREA DIENER
Bernardine Evaristo: "Mädchen, Frau etc.". Roman.
Aus dem Englischen von Tanja Handels. Tropen-Verlag, Stuttgart 2021. 512 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist nicht immer alles so einfach. Bernardine Evaristo selbst ist Tochter einer englischen Lehrerin mit irischen und deutschen Vorfahren und eines nigerianischen Schweißers und ersten schwarzen Stadtrats des Bezirks Greenwich. Der Vater stammt von der brasilianischen Einwanderergruppe der Aguda in Nigeria ab, befreiten Sklaven, die im neunzehnten Jahrhundert zurück nach Afrika migriert sind und einen afrobrasilianischen Kulturmix im Gepäck hatten. Die Familiengeschichte nachzuverfolgen kann ein Ansatz sein, um Menschen und dem, was sie umtreibt, näherzukommen. Und das ist auch der Ansatz, den Evaristo in ihrem Buch "Mädchen, Frau etc." wählt.
Die Figur, die den Roman eröffnet und das Personal erzählerisch bündelt, ist Amma, Regisseurin und Theaterschriftstellerin. Wir begegnen ihr an einem Tag in London, als sie an der Themse entlanggeht, in gespannter Erwartung, denn am Abend soll ihr neues Stück "Die letzte Amazone von Dahomey" Premiere feiern, eine Art Königsdrama aus dem alten Westafrika. Ziemlich viele der Figuren im Buch werden zu diesem Premierenabend erwartet, andere werden nicht erwartet und kommen trotzdem.
Amma hat eine Karriere als Aktivistin und Hausbesetzerin hinter sich - "Protest, glaubten sie, müsse öffentlich sein, penetrant und absolut nervtötend für die, denen er galt" -, bis nach vielen höflichen Absagen der Durchbruch am National Theatre kam. Inzwischen ist Amma eine feste Größe des öffentlichen Kulturlebens. Ihre Latzhosen und Palästinensertücher hat sie durch einen "Verrückte-Alte-Look" ersetzt, wie ihre Tochter indigniert zur Kenntnis nimmt und sie anfleht, zu Marks & Spencer zu gehen wie jede andere normale Mutter auch. Amma definierte sich lange darüber, gegen das Establishment zu kämpfen. Nun ist sie selbst etabliert und muss sich an ihre neue Rolle erst gewöhnen.
Diese eigenwillige Amma hat zwei beste Freundinnen. Einmal die Lehrerin Shirley, die von Ammas Künstlerfreunden immer als bieder und langweilig abgetan wird, aber an ihrer Schule in einem sozial herausgeforderten Viertel in kleinem Rahmen Großes leistet, was ihr nicht immer gedankt wird. Und Dominique, die sich vor Jahren mit einer lesbischen Radikalfeministin einließ, die mit ihr ein unabhängiges, autarkes Leben in der amerikanischen Prärie führen wollte und am Ende manipulativer und brutaler war als die meisten der Patriarchen, die sie eigentlich so verachtet.
Zwölf Menschen also, denen man hier näherkommt, zwölf Biographien, zwölf Leben vom späten neunzehnten Jahrhundert bis ins frühe einundzwanzigste. Evaristo erzählt von Frauen, die in England nie Wurzeln schlagen konnten und stets fremd blieben, und von solchen, die britischer sind als jeder Cockney. Sie sind arm und reich, avantgardistisch im Denken und Handeln oder leben unauffällig vor sich hin und vermeiden jede Aufregung. Sie leben in der Stadt oder auf dem Land, haben Glück oder Pech, sind erfolgreich oder nicht, willensstark oder nicht so sehr. Ein ganzes Kaleidoskop an Figuren und Blickwinkeln also, und jeder Blick bereichert das Gesamtbild um eine neue Facette. Gemeinsam ist den Figuren, dass sie "of colour" sind, also eingewandert oder von Einwanderern abstammend - oder auch von schönen fremden Seeleuten ferner Kontinente und allzu arglosen englischen Mädchen, die sich in einem unvorsichtigen Moment auf sie einließen.
Dass Evaristo diese Szenen mit viel Einfühlung und leichtem Humor erzählen kann, spricht sehr für sie und dieses Buch. Überhaupt ist es in den erzählten Passagen am stärksten und immer dann, wenn es Orte, Zeiten und Soziotope beschreibt, die einem als Leser fremd sind. Etwa das Leben der Seemannstochter Grace, halb Engländerin, halb Abessinierin (vermutlich), mit der das Schicksal es gut meint, obwohl sie im Heim aufwächst und weiß Gott komplizierte Startbedingungen hat. Das Schicksal schickt ihr den rothaarigen Gutsbesitzer Joseph über den Weg, und alles scheint gut, wäre da nicht die Nachwuchsplanung, die erst ihn und dann sie aus der Bahn wirft. Wie die beiden sich zusammenraufen, wie sie die Tochter Hattie aufziehen, das ist mit viel Wärme und Wissen geschrieben und hat wenig mit Hautfarben zu tun, weil manche Dinge, womöglich sogar die meisten, viel tiefer gehen.
Am schwächsten ist das Buch in einigen Dialogen. Mitunter legt Evaristo ihren Figuren Positionen und Diskurse in den Mund und lässt sie darüber allzu hölzern debattieren. Aber das passiert zum Glück selten. Auch erlaubt sich die Übersetzerin einige Ausreißer, etwa den leidigen Vergleich von dunkleren Hauttönen mit Kolonialwaren, was durch das neutraler formulierte Original nicht gedeckt ist. Aber das sind zum Glück Ausnahmen. Tanja Handels, die auch schon Zadie Smith übersetzt hat, gelingt es insgesamt gut, die Sogwirkung von Evaristos eigenwilliger Prosa zu übertragen.
Denn die Form hat es durchaus in sich. Nicht nur das Spiegelkabinett der Kapitel, das sich zu einem Gesamtbild zusammensetzt, ist bemerkenswert, sondern auch die Struktur innerhalb der Kapitel. Sätze gib es nicht, dafür viele Absätze, die den Erzählfluss gliedern und sich meist an eine Satzstruktur anlehnen, aber manchmal eben auch nicht. Manchmal stehen auch Wörter oder Namen isoliert da. Abschrecken lassen sollte man sich davon nicht, denn diese Sprache zieht einen in das Buch hinein wie ein betörender Gesang, und nach spätestens zwei Kapiteln versteht man den Rhythmus und kann sich ihm kaum mehr entziehen.
Viele hatten Evaristo nicht unbedingt auf dem Zettel, als sie im Jahr 2019 zusammen mit Margaret Atwood den Booker-Preis zugesprochen bekam. Dabei ist sie beileibe kein Neuling im Geschäft, sondern Theatermacherin, Professorin für Kreatives Schreiben und Autorin von insgesamt acht Büchern, von denen bislang allerdings noch keines ins Deutsche übersetzt worden war. Womöglich schien die Sprache den Verlagen auf den ersten Blick zu experimentell. Dieses ist das erste, das man hierzulande lesen kann, womöglich das ambitionierteste und sicher erfolgreichste. Das letzte wird es mit Bestimmtheit nicht bleiben.
Hautfarbe, so die Erkenntnis am Ende der gut fünfhundert Seiten, sagt erst einmal noch nicht besonders viel über einen Menschen. Das klingt redundant, ist aber angesichts der kaum auszurottenden stereotypen Darstellungen sogenannter Quotenminderheiten leider immer noch nötig. Wenn diese Einsicht allerdings am Ende eines Buches steht, das weitgehend auf erhobene Zeigefinger verzichtet und stattdessen auf Formwillen, Leichtigkeit, Wärme und Humor setzt, ist das keine ganz schlechte Bilanz.
ANDREA DIENER
Bernardine Evaristo: "Mädchen, Frau etc.". Roman.
Aus dem Englischen von Tanja Handels. Tropen-Verlag, Stuttgart 2021. 512 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Evaristos Heldinnen sind fehlbar, verletzlich, voller Leben.« Sonja Zekri, SZ, 17./18. Juli 2021 Sonja Zerki Süddeutsche Zeitung 20210717
Gebundenes Buch
Dieser Roman bietet keine leichte Lektüre für zwischendurch, man muss sich - vor allem - auf den ungewöhnlichen Schreibstil und die Aufmachung gewöhnen und genau lesen. Dann erhält man hier faszinierende Einblicke in die Lebensgeschichte von zwölf Frauen, alle leben in …
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Dieser Roman bietet keine leichte Lektüre für zwischendurch, man muss sich - vor allem - auf den ungewöhnlichen Schreibstil und die Aufmachung gewöhnen und genau lesen. Dann erhält man hier faszinierende Einblicke in die Lebensgeschichte von zwölf Frauen, alle leben in London, die meisten sind schwarz. Ein buntes Kaleidoskop unterschiedlicher Träume, Hoffnungen, Erwartungen an das Leben, aber auch Enttäuschungen und Rückschläge. Die Geschichten handeln von Müttern und Töchter und Freundinnen, unterschiedliche Alter, unterschiedliche Ausbildungen,... Gemeinsamer Ausgangspunkt ist der Besuch des Theaterstückes der Premiere der schwarzen und lesbischen Regisseurin Amma Bonsu. Mich konnte dieses Buch beeindrucken.
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Gebundenes Buch
Bernardine Evaristo ist eine britische Autorin, die für ihr Werk „Mädchen, Frau ect.“ den Man Booker Prize for Fiction erhalten hat. Der Booker Prize ist der wichtigste britische Literaturpreis. Evaristo ist die erste farbige Schriftstellerin, die ihn seit seiner Gründung …
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Bernardine Evaristo ist eine britische Autorin, die für ihr Werk „Mädchen, Frau ect.“ den Man Booker Prize for Fiction erhalten hat. Der Booker Prize ist der wichtigste britische Literaturpreis. Evaristo ist die erste farbige Schriftstellerin, die ihn seit seiner Gründung 1969 erhalten hat.
Der Roman „Mädchen, Frau etc.“ spielt im teils modernen und multikulturellen London und teils in der Vergangenheit, sodass ein sehr gelungener Bogen entsteht.
Es werden die Lebenswege von 12 Frauen erzählt. Sie sind zwischen 19 und 93 Jahre alt, sind Großmütter, Mütter, Töchter. Mal sind sie verwandt, mal auch nur über mehrere Ecken lose miteinander bekannt. Sie sind lesbisch, transsexuell, queer, hetero oder non-binär. Die meisten von ihnen sind schwarz, haben gänzlich verschiedene kulturelle und sozioökonomische Hintergründe. Oft wurden sie diskriminiert und erniedrigt. Aber alle eint, dass sie unglaublich starke Menschen sind, die den Kampf für eine bessere Zukunft für sich selbst und/oder ihre Kinder in Angriff nehmen.
Dabei werden sie weder als perfekt, noch als Überwesen beschrieben, sie alle haben Ecken und Kanten und wer zunächst sympathisch erscheint, hat auch seine dunkleren Abgründe und umgekehrt.
Am Ende sind alle einzelnen und doch miteinander verwobenen Wege zu einem komplexen Bild zusammengesetzt, wo jede Figur den ganz eigenen Platz einnimmt.
Oft musste ich zurückblättern, wenn eine Figur vom Anfang wieder auftauchte, aber das tut diesem Konstrukt keinen Abbruch. Es fördert lediglich das intensivere Lesen und Nachdenken über die einzelnen Schicksale.
Der aktuelle Zeitgeist wird wunderbar widergespiegelt. Es geht um Feminismus, Frau sein in der heutigen Zeit und wie sich das auf verschiedene Arten und Weisen neu definieren lässt.
Es fließen auch Themen wie Migration, Rassismus, die Angst anders zu sein oder ausgeschlossen zu werden ein. Der Kampf um Gleichberechtigung, sexuelles Erwachen und die eigenen Wünsche, egal welcher Art, klar definieren zu können.
Dabei erhebt die Autorin aber nie den Zeigefinger oder lässt eine Tirade auf die Männerwelt los. Allein mit ihrer Widmung macht Evaristo diesen Standpunkt klar. Sie widmet es allen, der ganzen Menschenfamilie.
Der Schreibstil hat etwas lyrisch Prosaisches an sich. Er ist bildstark und rhythmisch.
Den eigenen Schreibstil bezeichnet Evaristo als „Fusion-Fiction“. Es werden nur wenige Satzzeichen verwendet. Lieber lässt sie einzelne Wörter oder Sätze durch Absätze voneinander trennen. Satzanfänge müssen nicht mit Großschreibung beginnen. Einzelne, hervorgehobene Worte bekommen so mehr Nachdruck.
Was zunächst hinderlich beim Lesen erscheint, erzeugt vielmehr eine fast schon sogartige Wirkung, die die Seiten nur so dahin fliegen lässt - man hat das Gefühl bei einigen Dialogen fast (körperlich) anwesend zu sein.
Herausragend sind auch die vielen kleinen, mal mehr oder weniger versteckten Andeutungen der Autorin auf andere feministische Werke sowie Anspielungen auf verschiedene zeitaktuelle Geschehnisse. Die handelnden Personen verwickeln sich in gegenwärtige Diskussionen zu Rassismus, Opfer-Debatten und inwieweit die aktuellen Medien die jeweiligen Entwicklungen beeinflussen können.
Die einzelnen Erzählstränge sind vielschichtig und komplex, mit (fast) jeder Frau und deren Geschichte könnte man einen eigenen Roman füllen, gerne wäre ich bei einigen länger verweilt.
Besonders in dieser Hülle und Fülle liegt der Reiz. Diese Multidimensionalität lässt geneigte*n Leser*innen noch länger darüber nachdenken.
Allerdings wirkten einige Geschichten etwas übertrieben konstruiert, immer schaffen sie es aus den größten Niederlagen heraus. Für mich beißt sich hier die Härte des Lebens mit dem Versuch jede Geschichte mit einem glücklichen Ende zu versehen.
Nichtsdestotrotz ist es ein Roman, der gelesen und diskutiert werden will!
Dieses Buch braucht einen großen Rahmen, in dem es öffentlich beredet werden sollte. Denn nur so entfaltet es das volle Potenti
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Gebundenes Buch
Über dieses Buch hatte ich im Vorfeld sehr viel Positives gelesen und gehört. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen.
Und ich muss sagen, dass auch mir dieses Buch wirklich gut gefallen hat.
Im Prinzip erzählt die Autorin "nur" die Lebensgeschichte von 12 Frauen in …
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Über dieses Buch hatte ich im Vorfeld sehr viel Positives gelesen und gehört. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen.
Und ich muss sagen, dass auch mir dieses Buch wirklich gut gefallen hat.
Im Prinzip erzählt die Autorin "nur" die Lebensgeschichte von 12 Frauen in Großbritannien. Aber diese Frauen sind wirklich sehr verschieden. Zwar sind alle people of color, haben aber unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Träume, Werte, Lebensentwürfe usw. Dadurch wirft man einen Blick auf völlig verschiedene und interessante Frauen.
Das ist aber noch nicht das Besondere an diesem Buch. Besonders finde ich, wie großartig die Autorin die Leben der Frauen miteinander verknüpft hat. Mal ist die Verbindung sehr deutlich (z.B. Mutter und Tochter oder beste Freundinnen), mal berühren sich ihre Leben kaum.
Aber der Autorin ist es gelungen, alle Geschichten sinnvoll und gelungen ineinander fließen zu lassen. Das hat mich absolut beeindruckt!
Seltsam finde ich die fehlende Interpunktion. Es gibt quasi keine Punkte am Ende der Sätze und dementsprechend auch keine Großschreibung am Satzanfang. Das stört nicht wirklich beim Lesen, weil die Autorin jeden neuen Satz in einer neuen Zeile beginnen lässt. Aber ich habe mich das ganze Buch über gefragt, wozu das gut sein soll?!
Natürlich ist mir klar, dass es ein bewusst gewähltes Stilmittel ist, und ich vermute, dass dies zusätzlich das Ineinanderfließen der einzelnen Frauenleben unterstreichen soll, aber mir gefällt es nicht.
Für mich ist das Buch so gut, dass es dieses Stilmittel absolut nicht gebraucht hätte. Die Frauen stehen für sich.
Die fehlende Interpunktion wirkt auf mich too much, als habe die Autorin dieses Stilmittel gewählt, um sich selbst als besonders künstlerisch darzustellen. Und das wäre nicht nötig gewesen.
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Gebundenes Buch
Mein Flop des Jahres 2021
Bernardine Evaristo erzählt die Geschichten und Lebensläufe zwölf schwarzer Frauen, es geht um Herkunft und Identität, um Feminismus, Rassismus, Lebenswünsche und Ausgrenzung.
Auf dieses Buch habe ich versucht, mich einzulassen, ich brauchte …
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Mein Flop des Jahres 2021
Bernardine Evaristo erzählt die Geschichten und Lebensläufe zwölf schwarzer Frauen, es geht um Herkunft und Identität, um Feminismus, Rassismus, Lebenswünsche und Ausgrenzung.
Auf dieses Buch habe ich versucht, mich einzulassen, ich brauchte Ewigkeiten dafür und das ist auch ein Grund für die geringe Bewertung. Denn wenn ich beim Lesen ins Stocken gerate und nur genervt lese, ist es kein mitreißendes Buch. Das kann man hier nicht ganz so sagen, weil die Schicksale der farbigen Frauen wirklich nicht ohne sind. Aber im Grunde hat das Buch schon von Anfang an damit verloren, das mich die merkwürdige Schreibweise mit fehlenden Satzzeichen und die ständige Kleinschreibung doch gewaltig genervt hat. So etwas geht für mich leider gar nicht und hat in Büchern nichts zu suchen. Meine Rezension habe ich ein halbes Jahr lang vor mir hergeschoben, die Stichworte habe ich nun einfach wieder aufgenommen, denn auch für diesen Flop muss eine Besprechung sein.
Dieses Buch polarisiert und macht nachdenklich. Geschichte um Geschichte wechseln sich hier viele interessante und berührende Schicksale und Geschichten von über 12 Frauen ab, die teilweise miteinander verwoben sind und sich daher in einigen Geschichten wiederfinden. Es sind alles besondere Einzelschicksale, schwarze Frauen, die in London leben und nach ihrer Identität suchen. Charaktere aller Faszetten, von selbstbewusst, frech, modern bis bodenständig. Ich baue gerne zu den Figuren eine Beziehung auf, aufgrund der recht hohen Personenzahl und der von Charakter zu Charakter springenden Erzählweise war mir das hier leider nicht möglich. Ich empfand es als sehr unübersichtlich. Mit weniger Charakteren hätte ich mich eher befasst und mich auf sie eingelassen. So war das einfach nur schwierig und sie blieben für mich unnahbar und sehr theoretisch im Raum stehen.
Evaristo zeigt rassistische Klischees und führt ihren Leserinnen vor Augen, wie der Rassismus im Alltag für die farbigen Frauen aussieht. Es wird deutlich, dass sie jeden Tag für ihre Rechte kämpfen müssen und auch Anfeindungen ausgesetzt sind. Ihr Leben ist nicht erfüllt von Gleichberechtigung und dem Freiheitsgeist, den sie sich wünschen. Ihnen wird häufig eine diskriminierende Grenze gesetzt und zwar von weißen Menschen.
Eine Frauenfigur überträgt ihre eigenen Erfahrungenen an ihre Tochter und möchte ihr diese Dinge ersparen, doch sie lässt dabei die Identität außer Acht. Eine Frau flieht vor der männlichen Welt und hat am Ende unter der Unterdrückung einer Frau zu leiden. Am interessantesten fand ich die Frau, die für ihre Karriere fast ihre Identität geopfert hat, bei ihr konnte ich gut mitfühlen. Im Großen und Ganzen war mir die Aneinanderreihung der Geschichten jedoch zuviel und zusätzlich nervte die Kleinschreibung.
Für mich der Flop des Jahres 2021, hier wurde zuviel gewollt und in zuviele Charaktere verpackt. Ich kann die Auszeichnung nicht nachvollziehen!
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Gebundenes Buch
Bernardine Evaristo skizziert 12 Portraits britischer Frauen, die mehr oder weniger farbig sind. Inklusive ihres Umfelds. Diese 12 Menschen bilden keine homogene Gruppe. Sie sind lesbisch, trans, queer, jung, alt, ambitioniert, erfolgreich, gescheitert, links, konservativ, progressiv, traditionell, …
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Bernardine Evaristo skizziert 12 Portraits britischer Frauen, die mehr oder weniger farbig sind. Inklusive ihres Umfelds. Diese 12 Menschen bilden keine homogene Gruppe. Sie sind lesbisch, trans, queer, jung, alt, ambitioniert, erfolgreich, gescheitert, links, konservativ, progressiv, traditionell, kreativ, langweilig, stark und sensibel. Sie haben verschiedene Wurzeln, Schicksale, schlagen ganz unterschiedliche Wege ein und doch finden sich Gemeinsamkeiten in ihren Biografien. Sie kämpfen gegen Rassismus, Unterdrückung und Vorurteile, während manche von ihnen gleichzeitig ihre eigenen Vorurteile in anderen Kategorien ausleben. Dieses Buch zeigt die bunte Vielfalt dieser Frauen und macht deutlich, dass sie nicht über einen Kamm geschert werden können. Dass jede Generation ihre eigenen Kämpfe zu kämpfen hat. Dass Identitätsfindung ein schwieriger Prozess sein kann. Was es zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten bedeutet eine Frau zu sein und mit welchen Erwartungen frau konfrontiert wird oder wurde.
Ich habe das Buch sehr genossen. In jedem Kapitel werden drei Figuren vorgestellt, die miteinander in Beziehung stehen. Auch über die Kapitel hinweg gibt es Verbindungen, die manchmal nur am Rande erwähnt werden. Einige Biografien haben mich tief berührt. Ich habe beim Lesen Einblicke gewinnen können für die ich sehr dankbar bin.
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Gebundenes Buch
Mädchen, Frau ETC.
Bernadine Evaristo,
aus dem Englischen von Tanja Handels
Da war ich wohl die Letzte, die dieses Buch gelesen hat, oder?
Es lag lange auf meinem #stapelungelesenerbücher und ich ahne auch warum - ich mag ja gar keine Kurzgeschichten. Zu wenig Inhalt und kaum hat es …
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Mädchen, Frau ETC.
Bernadine Evaristo,
aus dem Englischen von Tanja Handels
Da war ich wohl die Letzte, die dieses Buch gelesen hat, oder?
Es lag lange auf meinem #stapelungelesenerbücher und ich ahne auch warum - ich mag ja gar keine Kurzgeschichten. Zu wenig Inhalt und kaum hat es begonnen, so endet es auch schon wieder.
Vielleicht werde ich aber überrascht?!
Evaristo lässt viele, meist schwarze Frauen zu Wort kommen. Alle erzählen ihre Geschichten: Von ihren Vorfahren, deren Flucht, Umsiedlung, vom Rassismus und ihrem jetzigen Leben mit allen Höhen und Tiefen.
Das besondere an diesem Buch ist, dass die meisten Frauen sich kennen oder verwandt sind. Deshalb erzählt auch mal eine Frau in einem anderen Kapitel das Geheimnis einer vorherigen Protagonistin.
Mir gefiel das Buch sehr! Es hat überhaupt nicht diesen typischen Kurzgeschichten-Charakter. Lediglich die ersten zwei Geschichten konnten mich nicht überzeugen.
Der ungewöhnliche Schreibstil ohne Punkt und Großbuchstabe zu Beginn eines Satzes, hat mich überhaupt nicht gestört.
Ein sehr gutes bis hervorragendes Buch!
4½ Sterne und eine klare Leseempfehlung von mir.
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Der britische Man Booker Prize wird seit 1969 verliehen, und Bernadine Evaristo war die erste schwarze Autorin, die ihn 2019 erhalten hat. Allerdings musste sie ihn sich mit Margaret Atwood teilen. Bereits das zeigt, wie wichtig ihr Roman „Mädchen, Frau etc.“, in welchem sie die …
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Der britische Man Booker Prize wird seit 1969 verliehen, und Bernadine Evaristo war die erste schwarze Autorin, die ihn 2019 erhalten hat. Allerdings musste sie ihn sich mit Margaret Atwood teilen. Bereits das zeigt, wie wichtig ihr Roman „Mädchen, Frau etc.“, in welchem sie die Lebenswirklichkeit schwarzer Frauen in der britischen Gesellschaft beschreibt.
Auf über 500 Seiten kommen 12 Frauen zwischen 19 und 93 zu Wort und erzählen ihre Geschichten. Sie kennen sich, ihre Leben sind miteinander verknüpft, sie haben Ziele, Wünsche, Träume. Suchen nach Orientierung, nach Akzeptanz und Liebe, wollen Selbstbestimmung, Gender und Feminismus leben, Rassismus und Unterdrückung hinter sich lassen. Sie sind so verschieden wie ihre Lebensentwürfe. Aber sie haben eines gemeinsam, und das ist ihre Hautfarbe und daraus resultierend die kollektiven Erfahrungen, die sie unabhängig von Herkunft, Bildung, persönlichem und gesellschaftspolitischem Hintergrund während ihres Lebens gemacht haben. Dennoch ist diese Sammlung nicht exemplarisch, bildet keinen Querschnitt ab, sondern zeigt nur einen kleinen Ausschnitt des variantenreichen Lebens schwarzer Frauen in Großbritannien.
Der Stil ist locker, leicht lesbar, die Geschichten fließen ineinander, sind nur durch Absätze getrennt. Satzzeichen werden nur spärlich eingesetzt, Zeilenumbrüche ersetzen den Punkt, den es nur am Ende des jeweiligen Kapitels gibt. Man könnte vermuten, dass das auf Kosten der Lesbarkeit geht, aber dem ist nicht so. Es wird nie unübersichtlich, im Gegenteil, dadurch nehmen die Schilderungen Tempo auf, zwingen förmlich zum Weiterlesen, aber auch zum Zurückblättern, wenn ein Name auftaucht, den man schon einmal in anderem Zusammenhang gelesen hat.
Ich bin ein Fan von Episodenromanen, mag die verschiedenen Stimmen, die Vielfältigkeit und die daraus resultierende Abwechslung, die geboten wird. Und wenn mich dann noch eine Autorin an die Hand nimmt und in diverse Lebenswirklichkeiten hineinschnuppern lässt, ist das umso besser. So viele Leben, so viele Denkanstöße. Lesen!
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This is a man´s world, Feminismus, Homophobie, Rassismus – wichtige und aktuelle Themen, leider überfrachtet und dennoch oberflächlich
Hier sind die Portraits von insgesamt 12 Frauen niedergeschrieben:
Amma hat ist schwarz, lesbisch, politisch engagiert, rebellisch und …
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This is a man´s world, Feminismus, Homophobie, Rassismus – wichtige und aktuelle Themen, leider überfrachtet und dennoch oberflächlich
Hier sind die Portraits von insgesamt 12 Frauen niedergeschrieben:
Amma hat ist schwarz, lesbisch, politisch engagiert, rebellisch und Künstlerin.
Ihre Tochter Yazz ist das Produkt einer Samenspende von Amma´s langjährigem schwulen Freund Roland und wie ich finde, eine verzogene Göre.
Carole hat es, nachdem sie in der Schulzeit ein sehr traumatisches Ereignis hatte, im Bankengeschäft zu ordentlich Erfolg gebracht.
Bummi hat sich trotz aller Widrigkeiten selbstständig gemacht
Dominique, Amma´s beste Freundin, gerät in eine gewalttätige lesbische Beziehung
Megan/Morgan fühlt sich im falschen Körper auf die Welt gekommen
Hattie, Megan´s Oma, hat als Jugendliche ein Baby bekommen, welches ihr Vater ihr weggenommen hat und so weiter.
Ich muss gestehen, dass ich von einigen schon gar nicht mehr weiß, was genau dahintersteckte. Und da kommen wir auch schon zum Knackpunkt dieses Buches: zu viel ist einfach zu viel. Die 12 Frauenschicksale werden in einer sehr gewöhnungsbedürftigen Art und Weise „abgevespert“. So gibt es in dem Buch keine Punkte, keine Großschreibung am Satzbeginn, keine durch „“ gekennzeichnete wörtliche Rede und teilweise recht künstlerisch angehauchte Absatzgestaltungen, um es mal so auszudrücken. Das macht das Lesen nicht gerade leichter, obwohl man sich irgendwann daran gewöhnt.
Ein paar der Portraits sind wirklich interessant, andere eher oberflächlich. Alle haben jedoch einen Nenner: die Welt ist frauenfeindlich, rassistisch und homophob. An und für sich ja völlig okay für ein gesellschaftskritisches Buch, doch für meinen Geschmack wird es hier zu extrem in den Vordergrund gerückt. Dahinter gehen die Einzelschicksale eher unter, werden vom überall spürbaren Feminismus erdrückt. Das ist schade und hätte sicher anders gelöst werden können. Nicht falsch verstehen: diese Themen sind wichtig und gehören natürlich angesprochen. Doch hier wurde für mein Empfinden das Maß aus den Augen verloren, alles ist überzeichnet und einfach to much. Lieber weniger Frauenportraits und die dafür nicht so im Hau-Ruck-Verfahren in ein Kapitel quetschen, sondern sich Zeit für Ausführlichkeit und Tiefe nehmen. Das fehlte mir hier einfach. So fühlte es sich wie ein Vorbeirauschen von nur stichprobenartigen Aufzählungen von Schicksalen an. Schade. Da mir das eine oder andere Schicksal sehr gut gefiel, vergebe ich 3 gute Sterne. Für mehr reicht es m.M.n. nicht.
Aber zum Glück sind die Geschmäcker ja unterschiedlich - schließlich hat dieses Buch den Booker Prize 2019 gewonnen.
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Krass, bunt, aber …zu viel…
Ich muss gestehen, mit dem Einstieg in dieses Buch hatte ich Schwierigkeiten. Ich dachte schon: „Auweia, nicht mein Fall.“ Nach ca. 30 Seiten hatte ich mich jedoch festgelesen und fand die Geschichten der Frauen total interessant und …
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Krass, bunt, aber …zu viel…
Ich muss gestehen, mit dem Einstieg in dieses Buch hatte ich Schwierigkeiten. Ich dachte schon: „Auweia, nicht mein Fall.“ Nach ca. 30 Seiten hatte ich mich jedoch festgelesen und fand die Geschichten der Frauen total interessant und packend.
Die Schreibweise, mit den fehlenden Satzzeichen ist tatsächlich etwas gewöhnungsbedürftig. Aber auch dies empfindet man nach einigen Seiten nicht mehr als störend. Der Inhalt fesselt, ja er ist sogar extrem spannend. Selbstbewusste, starke Frauen erkämpfen sich ihren persönlichen Weg. Es ist faszinierend, aus den einzelnen Perspektiven in eine für mich fremde Welt einzutauchen.
Jede einzelne Frau hat etwas, was mich ungemein anspricht. Da ist Ama, anarchistische, lesbische Feministin, Jazz, ihre Tochter, Carol und ihre Mutter Bummi, Shirley, die Lehrerin und noch viele andere beeindruckende Frauen.
Spannend fand ich Dominiques Geschichte, die in einer toxischen lesbischen Beziehung zu der Voodooqueen Nzinga gefangen ist. Nzinga, ihre angebliche Seelenverwandte, vereinnahmt sie, bewacht sie eifersüchtig, bestimmt ihr Leben und wird am Ende sogar gewalttätig.
Leider erschlägt einem gerade diese Vielfalt an Frauen und Schicksalen im Laufe der Geschichte vollends. Die Autorin hat einfach zu viel in diesen Roman gepackt. So spannend ich die Lebenswege der einzelnen Protagonistinnen auch finde, irgendwann wird es einem einfach zu viel. Es ist wie mit einer leckeren Torte, das erste Stück schmeckt himmlisch, das zweite ist noch immer gut, aber spätestens beim dritten Stück, bekommt man es über. Genauso erging es mir mit diesem Buch.
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Dreadlocks etc.
Mit «Mädchen, Frau etc.» hat Bernardine Evaristo 2019 den Booker Prize gewonnen, ihr Roman erschien Anfang dieses Jahres als erstes ihrer Werke auch in deutscher Übersetzung. Die Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters war die erste …
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Dreadlocks etc.
Mit «Mädchen, Frau etc.» hat Bernardine Evaristo 2019 den Booker Prize gewonnen, ihr Roman erschien Anfang dieses Jahres als erstes ihrer Werke auch in deutscher Übersetzung. Die Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters war die erste farbige Schriftstellerin, die diesen begehrten britischen Buchpreis bekommen hat. Wie bereits der Titel andeutet, stehen Frauen aller Altersstufen im Blickpunkt, hier natürlich Farbige in sämtlichen Schattierungen. Und ebenso variantenreich ist deren sexuelle Ausprägung. Also vor allem lesbisch, aber auch bisexuell, nichtbinär, trans, queer, schwul - und nur ausnahmsweise auch mal heterosexuell.
In vier Kapiteln stehen abschnittsweise jeweils drei dieser Frauen im Zentrum, allesamt auf verschiedene Weise diskriminiert und deshalb nicht nur wütend, sondern auch sozial und politisch unangepasst. Der Reigen beginnt mit Amma, die als knapp fünfzigjährige Dramatikerin mit ihrer ersten Inszenierung «Die letzte Amazone von Dahomey» am National Theatre Premiere hat. Als ‹frauenmordende›, für Polyamorie schwärmende Lesbe hat sie schon weit über hundert Liebhaberinnen unglücklich gemacht, denn nach wenigen Liebesnächten ist sie ihrer überdrüssig und serviert sie kaltlächelnd ab. Ihre durch die Samenspende eines schwulen Mannes gezeugte Tochter Yazz gehört der «Matchen-Liken-Chatten-Daten-Ficken-Generation» an. Da sie noch nicht den Richtigen gefunden hat, betrachtet sie einen amerikanischen Doktoranden übergangsweise als ihren «Fuck-Buddy». Als kritische Denkerin hat sie bereits erste journalistische Erfolge aufzuweisen und bildet zusammen mit drei ebenfalls unangepassten Kommilitoninnen den Kreis der «Unverarschbaren». Die Lebenswege verschiedenster Frauen unterschiedlichster Herkunft im Alter zwischen 19 und 93 werden in diesem Roman über drei Generationen hinweg kunstvoll ineinander verwoben. Die soziale Stellung reicht dabei von der Putzfrau oder Bäuerin bis zur gefeierten Regisseurin oder erfolgreichen Investment-Bankerin, von bitterer Armut bis zu märchenhaftem Reichtum. «Diese Charaktere repräsentieren für mich die Bandbreite, wer wir sind in dieser Gesellschaft» hat die Autorin erklärt.
Sie verfolge keine didaktischen Absichten, hat Bernardine Evariso betont, ihr Roman behandele das zutiefst Menschliche, Liebesbeziehungen vor allem. Aber auch Familienbande sowie die Gefühlswelt als solche seien ihr Thema. Davon zeugt der Epilog, in dem lebensklug von der späten Liebesgeschichte der siebzigjährigen Penelope mit Jeremy erzählt wird. Sie hat durch einen genetischen Herkunftstest ihre leibliche Mutter ausfindig gemacht und liest auf der Zugfahrt eine «überschwängliche Rezension eines Stücks über afrikanische Amazonen», womit sich der erzählerische Rahmen dieses Romans gekonnt schließt.
Für die narrative Umsetzung ihres Figuren-Reigens hat die Autorin den Begriff ‹fusion fiction› geprägt, «Optisch sieht der Text fast aus wie Dichtung, aber ich verstehe ihn eher als experimentelle Prosa», hat sie dazu angemerkt. Und so mutet dieser Stilmix, - Verzicht auf grammatikalisch korrekte Sätze, kleingeschriebene Satzanfänge, Ersatz von Punkten durch Zeilenumbrüche, Fehlen von Anführungszeichen, - beim Lesen zunächst etwas störend an. Man gewöhnt sich aber erstaunlich schnell daran und merkt schon bald, dass genau dadurch der Lesefluss geschmeidig an die Thematik und den modernistischen Yuppie-Slang angepasst wird. Temporeich wird in diesem Roman vom Anderssein These auf These aneinander gereiht, werden auf gerade mal dreißig/vierzig Seiten ganze Lebensgeschichten erzählt. Weniger überzeugend sind dabei die eher hölzernen Dialoge, denen die Eleganz der Erzählung selbst oft fehlt. Die britische Historie wird hier aus dem ungewohnten Blickwinkel der Diskriminierten und Erniedrigten erzählt, wobei die Autorin mit ihren Dreadlocks in ihrer auktorial erzählten Geschichte mit kreativen Wortschöpfungen humorvoll zuweilen sogar sich selbst persifliert.
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