Kinderbuchtipp AprilSabine Bohlmann, „Wer ist schon normal? / Willkommen bei den Grauses Bd.1“ Was tun, wenn man nicht schlafen kann und mitten im Sommer, vor dem leerstehenden Nachbarhaus, plötzlich Nebelschwaden auftauchen? Mit dem Nebel erscheinen fünf Gestalten, die aus einem klapprigen Auto aussteigen. Halt, da gibt es auch noch einen Schatten und ein weiteres seltsames Wesen, irgendetwas zwischen Wischmopp und Hund. Die kleine Ottilie ist nun hellwach, und ihr ist es auch egal, dass heute Freitag, der Dreizehnte ist. Sie hat neue Nachbarn: die Grauses.
Was? Wie aufregend für Ottilie! Sie hat Ferien, kommt bald in die fünfte Klasse, und nun scheint eine neue Familie ins Nachbarhaus gezogen zu sein. Ins „Geisterhaus“ mit der Nummer 13. Zur Begrüßung hat ihr Vater einen Gugelhupf gebacken, den soll Ottilie den neuen Nachbarn bringen. Gar nicht so leicht. Denn Ottilie ist am liebsten allein und liest. Mit anderen Menschen kann sie nicht so gut. Doch sie springt über ihren Schatten und klingelt. Tja, was sollen wir sagen? Die Grauses wissen gar nicht, was ein Gugelhupf ist, und Puderzucker kennen sie auch nicht. Sie sagen „Pudelzucker“ .... Seltsam.
Doch Ottilies Neugier ist geweckt, und nach und nach schließt sie Freundschaft mit den Kindern der Grauses: Wolfi, Muh und der unsichtbaren Husch. Der Junge, Muh, hat kleine Hörner auf dem Kopf, Wolfi ist ein Werwölfchen und Husch muss noch lernen, sichtbar zu sein. Denn genau das müssen die Grauses lernen: sich unter den Menschen halbwegs normal zu verhalten. Aber was ist schon normal? Genau! Das fragt sich auch Opa Grause. Der ist ein Schrat und deswegen immer mies gelaunt. Doch als er der mürrischen Nachbarin Dörte Gurfinkel-Rübsaat begegnet, trifft es ihn wie der Blitz. Sollte sich der alte Griesgram in eine Menschenfrau verliebt haben?
Wie? Eine herrlich skurrile Geschichte, die Sabine Bohlmann hier erzählt. Und natürlich sehr witzig. Denn die Grauses haben eine schwierige Aufgabe zu meistern: Sie müssen so normal wie möglich leben, obwohl sie „andersartige Wesen“ sind. Wolfi, Muh und Husch – wie auch der Rest der Familie – werden auch noch überwacht von einer Krähe. Daher muss Ottilie lernen, dass sie bestimmte Wörter nicht sagen darf. Zum Beispiel „komisch“, „eigenartig“, „merkwürdig“. Puh, gar nicht so einfach, denn all das sind die Grauses. Aber vielleicht gibt es auch Wörter, die nicht so negativ sind. „Originell“, „außergewöhnlich“, „bemerkenswert“? Geht doch! Zu der lustigen Geschichte hat Daniel Steudtner fantastische Illustrationen von den Grauses und Ottilie gezeichnet. Ein echter Spaß!
Für wen? Kinder ab neun Jahren und alle, die älter sind, dürfen eintauchen in die ungewöhnliche Welt der Grauses. Dass Ottilie als Mensch mit ihnen erlebt, wie seltsam unsere Welt und so manche ihrer Regeln sein können, macht die fast 200 Seiten umfassende Geschichte so spannend und komisch. Apropos komisch: Auch die Eltern von Wolfi, Muh und Husch sind natürlich in Menschenaugen höchst seltsam. Aber das würden die Grauses auch über die Menschenwelt sagen. Wer hier also normal ist und was normal überhaupt sein soll, darüber kann man auch einfach mal neu nachdenken. Die Grauses machen es uns vor.
Von wem? Autorin Sabine Bohlmann ist Kinderbuch-Bestsellerautorin, Schauspielerin und Synchronsprecherin. So hat sie z. B. die „Maulende Myrthe“ in Harry Potter synchronisiert oder „Lisa“ bei den Simpsons. Als Schauspielerin war und ist sie u. a. in den Serien „Marienhof“, „Unser Charly“ oder „Der Alte“ zu sehen. Sabine wurde in München geboren und lebt dort nach wie vor mit ihrem Mann, zwei Kindern und zwei Zwergkaninchen. Lustig, dass sie sogar Stromausfälle liebt. Vermutlich, weil sie Glühwürmchenmomente und Sternschnuppennächte ganz toll findet – und wenn es ganz dunkel ist, sieht man den Himmel und die Glühwürmchen natürlich am besten. Gar nicht leiden kann sie unfreundliche Menschen und Neidhammel. Ach ja, eigentlich wollte sie ja Prinzessin werden, aber als Schauspielerin kann sie nun spielen, was immer sie sich wünscht. Dass sie auch das Schreiben liebt und schon sehr viele Bücher veröffentlicht hat, finden wir natürlich wunderbar. So hat sich Sabine Bohlmann u. a. „Frau Honig“ ausgedacht, „Ein Mädchen namens Willow“ oder „Der kleine Siebenschläfer“.
Illustrator Daniel Steudtner lebt mit seiner Frau, seinem Sohn und einem Hund im Oberbergischen Land. Dass er schon als kleiner Junge die Tapeten seiner Eltern fröhlich mit Farbe und Stiften verschönert hat, deutete vielleicht schon darauf hin, dass Daniel sehr gerne zeichnet. Nun tut er das ab und an in seiner Freizeit, um Kinder- und Jugendbücher zu illustrieren. Toll!
Und wie weiter? Ja, es geht weiter mit den Grauses und Ottilie – wie schön! Band 2 der Reihe erscheint im Frühjahr 2025.
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