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Die wunderbare Welt des Salvador
Salvador ist der gute Geist des Flughafens. Dreißig Jahre schon fegt er tagaus, tagein die Flughafenhalle, tröstet diejenigen, die nicht von ihren Liebsten abgeholt werden, macht Späße und vertreibt den Wartenden die Zeit bis zum nächsten Flug mit Geschichten, die er gehört und gesehen hat. Geschichten, die das Leben schrieb, wie die vom Club der unerhörten Wünsche. Wer sich dort als Mitglied einschreibt, erhält als Beitrittsprämie einen Lebenspartner frei Haus. Oder die Geschichte von dem Mädchen, das sein Gedächtnis verloren hat und von einem plötzlich…mehr

Produktbeschreibung
Die wunderbare Welt des Salvador

Salvador ist der gute Geist des Flughafens. Dreißig Jahre schon fegt er tagaus, tagein die Flughafenhalle, tröstet diejenigen, die nicht von ihren Liebsten abgeholt werden, macht Späße und vertreibt den Wartenden die Zeit bis zum nächsten Flug mit Geschichten, die er gehört und gesehen hat. Geschichten, die das Leben schrieb, wie die vom Club der unerhörten Wünsche. Wer sich dort als Mitglied einschreibt, erhält als Beitrittsprämie einen Lebenspartner frei Haus. Oder die Geschichte von dem Mädchen, das sein Gedächtnis verloren hat und von einem plötzlich auftauchenden jungen Mann eine makellose Vergangenheit geschenkt bekommt. Ein liebenswürdiger Erzähler ist Salvador, charmant und schalkhaft, und jedem schenkt er einen Augenblick des Glücks.

Amüsant und voller Lebensweisheit ? ein bezauberndes Buch, das die Welt neu erfindet.
Autorenporträt
Alberto Torres Blandina, 1976 in Valencia geboren, arbeitet als Schriftsteller, Musiker, Drehbuchautor und Journalist, hauptberuflich unterrichtet er spanische Literatur. 2007 erhielt er den prestigeträchtigen Literaturpreis Las Dos Orillas für 'Salvador und der Club der unerhörten Wünsche', seinen ersten Roman. Seine beiden nachfolgenden Romane wurden ebenfalls für Literaturpreise nominiert.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2010

Der alte Mann mit dem Besen

Der Flughafen erweist sich als idealer Ort, um fremde Menschen aller Schichten und Länder zusammenzuführen. Der spanische Autor Alberto Torres Blandina blickt in seinem vergnüglichen Roman auf diese Schnittstelle unterschiedlichster Lebensläufe und Schicksale.

Unter den möglichen Varianten ist die Realität immer nur eine von vielen. Und nicht unbedingt die beste", lautet eine der philosophischen Einsichten, die der spanische Autor Alberto Torres Blandina ausgerechnet einer Reinigungskraft am Flughafen in den Mund legt. Der Protagonist seines Romans "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" ist mehr als nur ein Fachmann für Sauberkeit. Er ist gewissermaßen ein Experte für Grenzbereiche der Realität. "Sie können sich gar nicht vorstellen, wie anders die Wirklichkeit an einem Ort ist, wo sich niemand zu verstellen braucht, weil keiner den anderen kennt", sagt Salvador. Zumindest in seinen Geschichten wird der zeitlose und auswechselbare Raum zwischen Duty-free-Shops und Info-Monitoren zu einem Ort der unbegrenzten Möglichkeiten.

Der Flughafen, den Torres Blandina zum einzigen Handlungsort seines Debütromans macht, hat als literarischer Schauplatz längst keinen Seltenheitswert mehr. Es ist wohl der Zustand des Übergangs, in dem sich die Menschen hier befinden, der so unterschiedliche Autoren wie jüngst Angelika Overath oder Alain de Botton an ihm reizt. Als Endpunkt oder Anfang einer Reise oder eines neuen Lebensabschnitts, Schnittstelle unterschiedlichster Lebensläufe und Schicksale erweist sich der Flughafen als ideal, um fremde Menschen aller Schichten und Länder zusammenzuführen. Touristen in Bermudashorts treffen hier auf Business-Nomaden.

Dem Philosophen Alain de Botton, der als "writer in residence" im vergangenen Jahr eine Woche lang in London-Heathrow verbrachte und darüber ein Buch schrieb, gilt der Flughafen als Symbol der vernetzten, globalisierten Welt. Man kann ihn aber wohl ebenso sehr als einen Ort betrachten, an dem der beschleunigte Mensch durch Warteschlangen und lange Zwischenaufenthalte zum Innehalten gezwungen wird. Ein verspäteter Flug hat so manch einem bereits unverhofft Zeit geschenkt. Zeit, mit der man in den endlosen stahlgrauen Gängen oft nichts anzufangen weiß. In Torres Blandinas einfallsreichem Roman ist es der Putzmann Salvador, der diese Lücke mit kurzweiligen und lebensklugen Geschichten füllt.

"Haben Sie fünf Minuten?" - Hinter der Frage, die uns in der Abflughalle sonst von lauernden Bank- oder Mobilfunkvertretern gestellt wird, versteckt sich hier die Einladung, in eine ganz phantastische Welt einzutauchen. Den verdutzten Fluggästen präsentiert Salvador aus einem nahezu unerschöpflichen Fundus die zur jeweiligen Lebenslage des Gegenübers passende Anekdote. Er kennt die Menschen, insbesondere die Reisenden - schließlich beobachtet er sie seit mehr als dreißig Jahren -, und sieht ihnen ihr Ziel schon an Gepäck und Kleidung an. Der alte Mann mit dem Besen weiß, ob sie auf der Flucht vor einer gescheiterten Beziehung, auf einer Geschäftsreise oder auf dem Sprung in ein neues Leben sind. Er beobachtet Liebende beim Abschied, enttäuschte Ankömmlinge, die von niemandem erwartet werden, Menschen, die ein Doppelleben führen. Und so gibt er Lebenshilfe, spendet Trost und verzaubert seinen unwirtlichen Arbeitsort, indem er banale Alltagsbeobachtungen mit kraftvoller Poesie auflädt. Er, der immer am Boden bleibt, hat dort vielleicht einen größeren Erfahrungsschatz gesammelt als manch routinierter Fernreisender unterwegs.

Mit seinem liebevoll gezeichneten, menschenfreundlichen Protagonisten hat Torres Blandina eine Erzählerfigur nach dem Vorbild der irischen oder arabischen Geschichtenerzähler geschaffen. Das Buch ist ein Monolog, der nicht verbergen kann, dass er für die Theaterbühne konzipiert wurde. Torres Blandina, der in Spanien als Theaterautor längst kein Unbekannter mehr ist, hat die Vorlage für "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" 2002 für das Teatro de Bolsilla von Valencia entwickelt. Das Konstruktionsmuster des Romans ist leicht durchschaubar, doch tut dies dem Lesegenuss keinen Abbruch. Im Gegenteil: Das szenische Denken des Autors und die klare Strukturierung kommen ihm zugute. Man spaziert über die Seiten, durch eine Geschichte, die nicht auf ein Ziel oder einen Höhepunkt zuläuft, sondern sich aus einzelnen Episoden zusammensetzt. Lediglich die Figur des Salvador hält die kleinen poetischen Erzählungen, Anekdoten, Fragmente zusammen. Über Salvadors Zuhörer und Gesprächspartner erfährt der Leser nur dann etwas, wenn der alte Mann direkt Bezug auf sie nimmt; über ihn weiß man lediglich, dass er verwitwet ist und kurz vor der Pensionierung steht. Die Abwesenheit eines Erzählers und klarer Identifikationsfiguren befremdet zunächst, doch ist der Bruch mit vertrauten Lesegewohnheiten vermutlich intendiert und durchaus effektvoll.

Ein Schauplatz, ein Sprecher - solch radikale Reduktion ist ein Wagnis. Doch vor dem Hintergrund seiner Biographie kann es kaum verwundern, dass Torres Blandina schon in seinem Debütroman die Konventionen in Frage stellt. Der vierunddreißigjährige Valencianer gründete 2007 das Künstlerkollektiv "Hotel Postmoderno", das - vor allem durch einen im Internet entwickelten und 2009 in Buchform veröffentlichten Roman - seither viel Aufsehen erregt. Man kann Torres Blandina wohl, ohne zu übertreiben, als Multitalent bezeichnen: Er hat Kurzfilmpreise erhalten, zahlreiche Theaterstücke und Drehbücher sowie Film- und Theatermusik geschrieben, stand selbst als Schauspieler auf der Bühne und wurde für seine Reisereportagen ausgezeichnet. Nicht zuletzt ist er Herausgeber einer Zeitschrift und hauptberuflich Lehrer. Einem großen Publikum bekannt wurde er allerdings als Musiker. Mit seinen Bands ella está muerta und niñamala bewegt er sich ebenfalls außerhalb der Genre-Schablonen. In allen Disziplinen legt der Tausendsassa eine Leichtigkeit an den Tag, die ihresgleichen sucht. Auch als Romanautor, dem jüngsten Feld, das er sich erschlossen hat, ist er von Anbeginn an hochproduktiv und mit Erfolg gesegnet. Bereits sein Debütroman "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" wurde 2007 in Spanien mit dem prestigeträchtigen Literaturpreis "Las Dos Orillas" ausgezeichnet. Die zwei nachfolgenden Romane wurden ebenfalls für Preise nominiert.

Dass das in "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" gewagte Experiment gelingt, liegt vor allem an der poetischen, beschwingten Sprache und an dem Einfallsreichtum des Autors. "Ich mag Geschichten über ganz normale Leute. Gespenster, Außerirdische und so finde ich langweilig", sagt Salvador über sich selbst. Ganz normal sind die Menschen und Lebensläufe, von denen er berichtet, allerdings nicht: Da ist sein Alter Ego, der Dichter und Flughafenkehrer Pau, der unter einem finnischen Pseudonym Gedichtbände herausgibt und der im Transitraum, seiner spirituellen Heimat, den Tod seiner Kunstfigur inszeniert. Mysteriös sind die Mitglieder eines geheimen Clubs, der mit Glücksverheißungen lockt und gegen viel Geld alle erdenklichen Wünsche erfüllt. Grotesk mutet Salvadors Beweisführung dafür an, dass es Japan gar nicht gebe, fotografierende Gruppen und Sushi ein Werbegag seien.

Teilweise sind die Ideen etwas abgeschmackt: Das Wedeln mit dem Buch sei in bestimmten Kreisen eine Aufforderung zum Sex auf der Toilette, erzählt Salvador einer jungen Dame, die sich mit ihrer Reiselektüre Luft zufächelt. Nicht jede Geschichte wird zu Ende gebracht. Manches wird nur angerissen, lässt Raum für Deutung. Salvador unterbricht sich häufig, wenn er sich seiner Arbeit zuwendet oder die Zuhörer ihre Flüge erreichen müssen. Kehren diese zurück, so knüpft er dort an, wo er aufgehört hat. Dadurch wird er zum festen Bezugspunkt an diesem Ort der ständigen Bewegung.

Mit "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" hat der Globetrotter Torres Blandina eine Hommage an den Flughafen, die Heimat des Heimwehs, aber auch eine Liebeserklärung an die Menschen vorgelegt. Die Sicht auf die Welt kann die unterhaltsame Lektüre wohl nicht verändern, vielleicht aber die auf Flughäfen. Womöglich genießt man es bei der nächsten Fernreise, für ein, zwei Stunden aus allen Kontexten herausgelöst, befreit von täglichen Gewohnheiten und somit offen für ungewöhnliche Begegnungen zu sein. In jedem Fall ist das Buch ein Ticket zu einem vergnüglichen literarischen Schwebeflug.

ANNIKA MÜLLER

Alberto Torres Blandina: "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche". Roman. Aus dem Spanischen von Petra Zickmann. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2010. 224 S., geb, 16,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als Einladung zu einem literarischen Flug der besonderen Art begreift Annika Müller den nun bei uns erhältlichen Debütroman des spanischen Multitalents Alberto Torres Blandina. Menschen auf Flughäfen, diese Konstellation sollte den Leser schon interessieren, gibt Müller zu verstehen. Dann aber, das versichert die Rezensentin gleichermaßen, hat er mit Blandinas Roman ein Buch zur Hand, das nicht nur geeignet ist, Verspätungen im Sessel am Gate zu verschönern. Er bekommt auch einen Erzähler zur Seite, der Trost und Weisheit spendet, indem er die Passagiere (im Roman wieder) mit Anekdoten unterhält. So gewagt Müller die monologische Anlage und die teils fragmentarischen Geschichten auch findet, so unterhaltsam erscheint ihr der Text insgesamt. Zu verdanken ist dies laut Müller der poetisch leichten Sprache, dem Einfallsreichtum und der Liebe des Autors zu den Menschen.

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