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Prinzessin_Brambilla

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 05.09.2010
Das Wörterbuch der Liebenden
Levithan, David

Das Wörterbuch der Liebenden


gut

Mosaik der Gefühle

„love, n. Liebe, f. Das versuche ich gar nicht erst.“ David Levithan definiert die Liebe nicht. Er hat auch keinen Beziehungsberater für Paare geschrieben, die auf der Suche nach dem Funken sind, der das Feuer ihrer Leidenschaft wieder zum lodern bringt. „Das Wörterbuch der Liebenden“ ist ein Roman mit einem ganz und gar konventionellen Plot: Mann und Frau lernen sich kennen, lieben, beginnen ein gemeinsames Leben, werden ein Spiegel des Glücks, der durch einen Seitensprung einen Sprung bekommt. Lediglich die Darstellung der Geschichte scheint auf den ersten Blick außergewöhnlich: kurze, fragmenthafte Szenen reihen sich aneinander, nicht einmal chronologisch geordnet.

Dennoch gelingt es dem Autor innerhalb der kurzen Passagen mit nur wenigen Sätzen all das zu beschrieben, was die Liebe ausmacht. Atemberaubende Momente des Glücks weichen Augenblicken der Unsicherheit und Zweifel, die Vollkommenheit des Zusammenseins folgt verletzenden Streiteren, die wie aus dem Nichts beschworen wurden. Vielleicht ist es gerade die Sparsamkeit an Worten, die die Gefühle so lebendig werden lässt. Nahezu beschämend ist es für den Leser, sich in so vielen Szenen des Romans selbst zu entdecken, ganz als ob jemand die eigenen, geheimen Gedanken heraus schreien würde, die man nicht im Traum auszusprechen wagt.

„Das Wörterbuch der Liebenden“ ist daher, wie der Titel ankündigt, ein Buch für all jene, die sich in einer Beziehung befinden. Die eigentliche Geschichte gerät mehr und mehr in den Hintergrund, wenn man sich darauf einlässt, sein eigenes Verhalten in alltäglichen Situationen, die den Schilderungen des Romans gleichen, zu reflektieren, vielleicht auch zu überdenken. Es ist daher nicht unbedingt die Art von Lektüre, die man in einem Zug durchliest. Oft reichen schon einige Zeilen, bis man das Buch wieder aus der Hand legt und das Gelesene auf sich wirken lässt.

Schade und auch ein wenig störend ist der widerholt auftretende Bruch der Romanidylle, wenn der Erzähler die abstrakte Ebene, die zwischen dem Lemma und dem Artikel steht, verlässt, und sich bewusst mit dem Wort oder einem Buchstaben beschäftigt („x, n. Kommt es dir nicht merkwürdig vor, dass wir einen Buchstaben im Alphabet haben, den keiner benutzt?“). Derartige Passagen führen dazu, dass der Leser die Geschichte verlässt. Aber vielleicht ist das gar nicht so schlimm – noch schöner, als über die Liebe zu lesen ist es schließlich, sie wirklich zu erleben...

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.06.2010
Johannisbeersommer
Israel, Andrea;Garfinkel, Nancy

Johannisbeersommer


gut

Süß wie „Herzplätzchen mit Schokoladenüberzug“ und zugleich ein wenig bitter wie „Wenn dir etwas fehlt – Ginger Ale“: Andrea Israel und Nancy Garfinkel erzählen in „Johannisbeersommer“ die Geschichte einer langjährigen Freundschaft mit all ihren Höhen und Tiefen und beweisen einmal mehr, dass Liebe durch den Magen geht.

Dabei glänzt der Roman vor allem durch die verschiedenen Perspektiven, die dem Leser einen facettenreichen Einblick auf das Geschehene ermöglichen. Im ersten Teil des Buches nehmen die Protagonistinnen Val und Lilly nach mehr als zwei Jahrzehnten via E-Mail Kontakt zueinander auf und versuchen sich nach einem schwerwiegenden Streit wieder anzunähern. Die Mails wirken warmherzig und sehnsüchtig, jedoch gleichzeitig sehr gewollt und aufgesetzt, was ihnen zunächst einen unnatürlichen Charakter verleiht. Der Eindruck verfliegt allerdings im zweiten Teil des Buches mit einem Zeitsprung in die Vergangenheit. Darin kann in Form von Briefen nachvollzogen werden, wie Val und Lilly von Mädchen zu Frauen heranwachsen, in welch unterschiedliche Richtungen sie sich entwickeln, aber trotzdem immer wieder zueinander finden – bis ein vermeintlicher Verrat die Freundinnen für viele Jahre entzweit. Dieser Bruch erklärt, weshalb der Ton, den die beiden 26 Jahre später anschlagen, so bemüht wirkt. Ein weiterer Zeitsprung trägt den Leser schließlich ins Jahr 2002, die Gegenwart des Romans, in der Val und Lilly nach einem erneuten Abbruch des Kontakts ihre tiefe Freundschaft schließlich wieder besiegeln, und die Vergangenheit endgültig hinter sich lassen können.

Zwischen dem gelungenen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Brief- und Prosaform, stellen die Rezepte – wie bei der Freundschaft der Frauen – das verbindende Element und den roten Faden dar. Bei den größtenteils einfachen Gerichten handelt es sich meist um Süßspeisen oder vegetarische Mahlzeiten, die, passend zur jeweiligen Situation und Gefühlslage, entsprechend benannt wurden.

Was leider nicht passt, ist der Titel des Buches. So ansprechend „Johannisbeersommer“ auch klingt, steht er in keiner Weise im Bezug zum Inhalt. Weder lässt sich ein Rezept mit Johannisbeeren finden, noch ist der Sommer Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Dennoch ist die Gestaltung des Covers sehr ansprechend und macht Appetit auf die Lektüre.

Insgesamt ist der Roman eine leichte Lesekost, die Spaß macht, und mit der gewissen Würze für Kurzweil sorgt – ideal für diese Jahreszeit.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2010
Salvador und der Club der unerhörten Wünsche
Torres Blandina, Alberto

Salvador und der Club der unerhörten Wünsche


ausgezeichnet

"Würden Sie mal kurz die Füße heben, damit ich hier kehren kann?" Selten hat mich bereits der erste Satz von der Qualität eines gesamten Buches überzeugt. Es kitzelt in den Zehen, man möchte die Beine tatsächlich in die Luft strecken - und befindet sich sogleich mitten in der Geschichte, auf einem Flughafen, wo wildes Treiben herrscht, ein ständiges Kommen und Gehen. In diesem Gewühl und Getümmel trifft man auf die einzige Konstante, den Ruhepol des Flughafens: Salvador Fuensanta.

Salvador ist ein Erzähler, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Den Leser erwartet ein einziger Dialog in wörtlicher Rede, von dem aber nur die Worte des alten Putzmannes verfolgt werden können. Dies mag anfangs etwas ungewohnt sein, jedoch schlüpft man schnell in die Rolle der wartenden Fluggäste, die sich von Salvadors Geschichten verzaubern lassen, die so fesselnd und faszinierend sind, dass man sie am liebsten glauben würde. Dabei entpuppt sich die Reinigungskraft als eine sehr kluge und belesene Figur, die für die Reisenden oft wertvolle Ratschäge und kleine Weisheiten parat hat ("Auszeiten sind wichtig im Leben, zum Nachdenken, Lesen, oder um mit fremden Leuten über das Wetter zu reden. Vor lauter Stress vergessen wir, ein paar Minuten dem Nichtstun zu widmen. Es wäre schon eigenartig, wenn man in seinen Kalender schriebe Dienstag 15 bis 16 Uhr: nichts tun."). Salvador hat Freude an seinem Beruf und strahlt, obwohl er schon einige Verluste in seinem Leben verbüßen musste, einen unermüdlichen Optimismus aus. Je mehr man von seinen Geschichten liest, desto wahrscheinlicher kommt es einem vor, dass die Welt genau so ist, wie er sie sieht. Plötzlich erscheint es auch seltsam, dass sich in anderen Büchern die Seitenzahlen unten befinden - gehören sie doch wie bei "Salvador und der Club der unerhörten Wünsche" an die Seitenränder.

Das Romandebüt von Alberto Torres Blandina ist ein wahrer literarischer Leckerbissen. Man kann ihn verschlingen, oder in kleinen Häppchen zu sich nehmen. In jedem Fall ist es ein wahrer Genuss!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.