PAYBACK Punkte
0 °P sammeln!
Dilek und Tekin sind ein junges Paar in Istanbul. Nicht erst seit dem Juli 2016 hat sich auch für sie die Stadt verändert. Als Dilek Jahre später in ein Flugzeug steigt, weiß ihr Freund nichts davon, niemand soll wissen, dass sie, die online »Kangal« heißt, bald in Frankfurt landet. Ayla ist überrascht, als ihre Cousine Dilek sich bei ihr meldet, die gemeinsamen Sommer sind lange her. Und während sich Tekin in Istanbul auf die Suche macht, fragt sich Ayla: Wer ist Dilek heute? Sie will ihr glauben, aber ist das, was Dilek fürchtet, auch wahr?Anna Yeliz Schentke erzählt furchtlos und...
Dilek und Tekin sind ein junges Paar in Istanbul. Nicht erst seit dem Juli 2016 hat sich auch für sie die Stadt verändert. Als Dilek Jahre später in ein Flugzeug steigt, weiß ihr Freund nichts davon, niemand soll wissen, dass sie, die online »Kangal« heißt, bald in Frankfurt landet. Ayla ist überrascht, als ihre Cousine Dilek sich bei ihr meldet, die gemeinsamen Sommer sind lange her. Und während sich Tekin in Istanbul auf die Suche macht, fragt sich Ayla: Wer ist Dilek heute? Sie will ihr glauben, aber ist das, was Dilek fürchtet, auch wahr?
Anna Yeliz Schentke erzählt furchtlos und aufrichtig von der Freundschaft in instabilen Zeiten. »Kangal« ist ein atemloser Roman über aktuelle Unterdrückung und über eine Generation, die auf der Suche ist: nach einer gemeinsamen Sprache, nach Sicherheit und Zugehörigkeit.
Longlist des Deutschen Buchpreises 2022
Anna Yeliz Schentke erzählt furchtlos und aufrichtig von der Freundschaft in instabilen Zeiten. »Kangal« ist ein atemloser Roman über aktuelle Unterdrückung und über eine Generation, die auf der Suche ist: nach einer gemeinsamen Sprache, nach Sicherheit und Zugehörigkeit.
Longlist des Deutschen Buchpreises 2022
Anna Yeliz Schentke ist 1990 in Frankfurt geboren, aufgewachsen und lebt auch heute dort. Das letzte Mal in Istanbul war sie Ende 2015. Im Frühjahr 2020 nahm sie an der Schreibwerkstatt der Jürgen Ponto-Stiftung teil und stand im Herbst 2020 auf der Shortlist des Wortmeldungen-Förderpreises. Ihr Debütroman 'Kangal' (2022) stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2022 und wurde mit dem Förderpreis des Friedrich-Hölderlin-Preises der Stadt Bad Homburg 2023 ausgezeichnet.
Produktbeschreibung
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 205
- Erscheinungstermin: 27. März 2024
- Deutsch
- Abmessung: 189mm x 124mm x 17mm
- Gewicht: 187g
- ISBN-13: 9783596710225
- ISBN-10: 3596710227
- Artikelnr.: 69164416
Herstellerkennzeichnung
FISCHER Taschenbuch
Hedderichstr. 114
60596 Frankfurt
produktsicherheit@fischerverlage.de
Auf herausragende Weise gelingt es Schentke, die politische Gegenwart anhand dreier individueller und miteinander verflochtener Beziehungen zu fassen, ohne das Private gegen das Politische auszuspielen. Frankfurter Allgemeine Zeitung 20230719
Kritisch und aktuell
„Wir mussten andere werden, um sagen zu können, war wir dachten. Lieber eine andere sein, als keine Stimme zu haben. Als Kangal wurde ich nicht als ich und nicht als Frau erkannt.“ (Zitat Pos. 106)
Inhalt
Dilek hat mit Freundin Sinai Geografie studiert. …
Mehr
Kritisch und aktuell
„Wir mussten andere werden, um sagen zu können, war wir dachten. Lieber eine andere sein, als keine Stimme zu haben. Als Kangal wurde ich nicht als ich und nicht als Frau erkannt.“ (Zitat Pos. 106)
Inhalt
Dilek hat mit Freundin Sinai Geografie studiert. Als Sinais Freund Baran verhaftet wird, fürchtet Dilek, dass ihre Identität aufgedeckt wird, unter der sie kritische Artikel im Netz veröffentlicht. Heimlich fliegt sie nach Frankfurt, nicht einmal ihren Freund Tekin hat sie eingeweiht. Dileks Cousine Ayla lebt mit ihrer Familie in Frankfurt, doch nach einem Streit der beiden Mütter vor vielen Jahren wurde der Kontakt bewusst abgebrochen. Dilek meldet sich bei Ayla, doch sie ist misstrauisch geworden und weiß nicht, ob sie ihr trauen kann. In Istanbul ist Tekin immer noch überzeugt, dass sie vorsichtig genug waren, um nicht entdeckt zu werden, und dass Dilek es bereuen wird, nach Deutschland gegangen zu sein.
Thema und Genre
Ein Thema ist die politische Situation in der Türkei, denn die Politik der letzten Jahre wird auch in Deutschland beobachtet, und die Meinung dazu entzweit die Menschen dort wie hier bis in die Familien. Doch es geht vor allem um eine junge Generation, die nach ihrer Identität und Zukunft sucht, um mutige junge Frauen, die ihren eigenen Weg gehen wollen, notfalls über Umwege. Auch die Bedeutung der Familie und der Familienstrukturen zwischen traditionell und modern sind ein Thema.
Charaktere
Es sind drei Hauptfiguren, Dilek, Ayla und Tekin, die abwechselnd ihre Sicht der Dinge schildern. Ayla will einerseits die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen, doch ihre eigenen Pläne für ihre Zukunft gibt sie nicht auf. Tekin ist im Netz gegen die Einschränkungen der persönlichen und der Meinungsfreiheit aktiv, er ist wachsam und vorsichtig, aber er unterscheidet zwischen Furcht und Angst und trifft keine voreiligen Entscheidungen. Dilek flieht nach Deutschland, weil sie Angst hat, verhaftet zu werden, doch sie fühlt sich auch in Deutschland nicht sicher und fragt sich, ob es richtig war, nach Frankfurt zu kommen. „Heute denke ich, ich hatte keine Wahl, morgen frage ich mich, ob ich nicht ein Feigling bin und es mir einfach mache, jetzt und hier.“ (Zitat Pos. 283)
Handlung und Schreibstil
„Seien sie sich bewusst, dass regierungskritische Äußerungen in sozialen Medien, auch wenn sie länger zurückliegen, aber auch das Teilen oder Liken eines fremden Beitrages Anlass für strafrechtliche Maßnahmen der türkischen Sicherheitsbehörden sein können.“ (Zitat Pos. 44) Diese Aussage bringt uns mitten in die Ereignisse. Die Handlung spielt in einem kurzen Zeitraum in der Gegenwart. Ergänzt wird sie durch Rückblicke, jede der Hauptfiguren erinnert sich an prägende persönliche Erfahrungen. Die Autorin erzählt die Geschichte in kurzen Kapiteln, im raschen Wechsel zwischen den drei Hauptfiguren. Die in der Überschrift des Kapitels genannte Figur wird im jeweiligen Kapitel zur Ich-Erzählerin, zum Ich-Erzähler. Ähnlich schnörkellos wie dieser straffe Aufbau ist auch die Sprache, während die Themen und Problematiken breit gefächert sind. Spannung entsteht durch die Entscheidungen und die vielen damit verbundenen Konflikte und Fragen.
Fazit
Kangal ist einerseits ein politischer Roman, es ist jedoch auch ein präziser Blick auf die aktuellen Themen unserer Gesellschaft, besonders die Situation der jungen Menschen zwischen Familientradition und Aufbruch, zwischen Türkei und Deutschland. In dieser Geschichte sind es vor allem die jungen Frauen, die selbstbewusst ihren eigenen Weg gehen wollen.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
"Morgen beginnt der Sprachkurs. Was, wenn dort Türken sind? Von Deutschland aus wählen sie die Parteien, die mein Land zu einem gemacht haben, in dem man nicht mehr bleiben kann." (S.53)
Es ist ein schmales Buch, aber eine Geschichte, die nachdenklich macht. Wer die …
Mehr
"Morgen beginnt der Sprachkurs. Was, wenn dort Türken sind? Von Deutschland aus wählen sie die Parteien, die mein Land zu einem gemacht haben, in dem man nicht mehr bleiben kann." (S.53)
Es ist ein schmales Buch, aber eine Geschichte, die nachdenklich macht. Wer die Nachrichten verfolgt hat, weiß, wovon die Autorin schreibt. Nur wirkt es hier sehr viel näher, viel greifbarer und somit auch beunruhigender.
Wie gläsern sind wir? Wer sammelt alles Informationen über uns und wer legt Akten an? Wem können welche Aussagen schaden? Mit dieser ständigen Angst muss Dilek zurecht kommen. Sie hat sich im Netz positioniert und demonstriert. Gegen den Staatsmann. Sie hat Angst, denn immer mehr Menschen werden abgeholt und verhört. Wird man sie auch finden oder wird sie verraten durch Freunde?
Sie flieht nach Frankfurt. Doch ihrer Angst kann sie nicht entkommen. Wird sie Ayla trauen können? Was denkt Ayla über die türkische Politik? Ayla lebt in Deutschland und sieht nur aus der Ferne, was in der Türkei passiert. Kann sie die Umstände richtig einschätzen oder wird sie Dilek vielleicht verraten?
Kurze knappe Kapitel, die die Geschichte sehr schnell erzählen. Es kommen mehrere Charaktere zu Wort, die teilweise zynisch von ihrer Situation erzählen. Nüchtern, schnörkellos und mit hohem Tempo. Man wird in den Gedankenstrudel hineingezogen und nach der Lektüre sieht man manches klarer, aber einfacher wird es dadurch nicht.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Neuer Blickwinkel;
Für mich als Deutsche hat das Buch eine neue Sichtweise auf die Türkei aufgemacht. Die Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne, das spannungsgeladene Leben hier lebender Türken wird sehr gut beschrieben. Die Situation in der Türkei und das Nichtwissen, …
Mehr
Neuer Blickwinkel;
Für mich als Deutsche hat das Buch eine neue Sichtweise auf die Türkei aufgemacht. Die Zerrissenheit zwischen Tradition und Moderne, das spannungsgeladene Leben hier lebender Türken wird sehr gut beschrieben. Die Situation in der Türkei und das Nichtwissen, wem man vertrauen kann, hat mich sehr an die deutsch-deutsche Geschichte erinnert. Die Erzählweise mit den wechselnden Perspektiven hat mir gut gefallen. Dennoch wirkt die Erzählweise etwas roh und unfertig, weil manche Dinge nicht ausgesprochen oder erklärt werden und einige türkische Wörter vorkommen, die ich nicht verstanden habe und die auch nicht erläutert wurden. Das Ende ist ziemlich abrupt und ich hätte mir insgesamt mehr Länge und mehr Rahmen gewünscht. Insgesamt ein sehr interessantes Buch.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Dilek ist nach Deutschland geflüchtet, doch sie weiß noch nicht genau, ob sie bleiben möchte. Auch hier fühlt sie sich nicht sicher.
Seit dem Putsch 2016 müssen Systemkritiker um ihre Freiheit fürchten. Ihre Möglichkeiten sind stark begrenzt. Doch Dilek und …
Mehr
Dilek ist nach Deutschland geflüchtet, doch sie weiß noch nicht genau, ob sie bleiben möchte. Auch hier fühlt sie sich nicht sicher.
Seit dem Putsch 2016 müssen Systemkritiker um ihre Freiheit fürchten. Ihre Möglichkeiten sind stark begrenzt. Doch Dilek und ihre Freunde lassen sich den Mund nicht verbieten. Als Kangal1210 veröffentlicht sich ihren Widerstand im Internet. Doch eine unterschwellige Bedrohung ist immer zu spüren und immer mehr Menschen verschwinden hinter den Mauern aus Stein.
Eine Freundin wurde bereits verhaftet, ein weitere Freund wartet auf seinen Prozess. Dilek hat Angst und haut ab.
Doch auch in Deutschland kann sie sich nicht sicher fühlen, denn 63% der Türken hier haben für ein System gestimmt, in dem sie ganz bestimmt nicht leben möchten!
In kurzen Kapiteln erzählt uns Dilek ihre Geschichte, ihre Ängste und Sorgen, aber auch ihre Vergangenheit. Es kommen außerdem ihre Cousine und ihre Lebensgefährte zu Wort, die alle einen anderen Blick auf die Situation haben.
Die Autorin spielt mit den Zweifeln der Protagonist*innen und der Leser*innen. Wer ist im Recht, wer reagiert über und wer nimmt die Realität nicht wahr? Wem können wir glauben?
Die unterschwellige Bedrohung ist in jeder Zeile zu spüren. Als Leserin wird mir da Ausmaß der Tragödie noch viel stärker bewusst und ich fühle mich mit Dilek auf der Flucht.
Für mich ist es kaum vorstellbar, seiner freien Meinung beraubt zu sein. Ich finde, Anna Yelitz Schentke hat hier ein wichtiges Buch geschrieben, dass uns zeigt, dass dieser Konflikt auch vor unserer Haustüre lauert.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Dilek hält es nicht mehr aus. Seit dem Putschversuch der Armee im Juli 2016 ist es in Istanbul für Kritiker des Regimes noch unsicherer geworden, als zuvor. Deswegen war Dilke bisher vor allem in der Anonymität des Internets tätig. Als Kangal1210 hat sie ihre Meinungen …
Mehr
Dilek hält es nicht mehr aus. Seit dem Putschversuch der Armee im Juli 2016 ist es in Istanbul für Kritiker des Regimes noch unsicherer geworden, als zuvor. Deswegen war Dilke bisher vor allem in der Anonymität des Internets tätig. Als Kangal1210 hat sie ihre Meinungen verbreitet, aber als einer aus ihrer Gruppe verhaftet wird, packt sie ihre Sachen und fliegt nach Deutschland. Ohne ihren Freunden oder ihrem Lebenspartner Tekin ein Wort zu verraten. In Deutschland ist Dileks Cousine Ayla. Aber in Deutschland ist auch die Erkenntnis, dass ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen keine Frage des Aufenthaltsortes ist.
Aus vier Perspektiven erzählt Anna Yeliz Schentke in ihrem Debüt „Kangal“ über das Lebensgefühl junger Türken in unseren Zeiten. Zum einen ist da Dilek, die, von der Angst getrieben, die Frage danach, wem man vertrauen, wem man sich öffnen kann, auf die eigene Familie ausweiten muss. Die ihre Grenzen kennt und lieber geht, bevor die Polizei sie holt. Ihr fast diametral gegenüber steht ihr Freund Tekin, für den Flucht keine Option ist, egal, wie gefährlich es wird. Ayla schließlich lebt zwar in Deutschland, fühlt sich aber durchaus auch als Türkin. Durch ihr Leben außerhalb der Türkei fehlt es ihr aber an einem echten Zugang zu der dortigen Lebensrealität. Und dann sind da noch die namenlosen Stimmen, in einer anderen Schriftart gedruckt, die man nicht genau zuordnen kann. Gehört eine davon Dilek? Dem Freund im Gefängnis? Unbekannten, die mit ihren Worten das Puzzle vervollständigen sollen?
Alles in allem hat mir „Kangal“ gut gefallen, weil es mir einen Teil türkischer Geschichte und wohl auch Lebensrealität näher gebracht hat, den ich nur noch dunkel in Erinnerung hatte, und über dessen Auswirkungen bis in unsere Zeit ich gar nichts wusste. Man neigt schnell dazu, Gruppen von außen als eine glatte Einheit zu erfassen, ohne die Kluften, die durch diese Gruppe geht, Familien und Freundschaften zerstören kann, wahrzunehmen. „Kangal“ deckt diesen Fehler auf, erinnert einen daran, dass eine Gesellschaft nicht nur vielschichtig ist, sondern auch von tiefen Klüften durchzogen sein kann, die ein Zusammenleben schwer bis fast unmöglich machen.
Schade fand ich, dass bei Schentke alle Stimmen gleich klingen. Die kurzen Kapitel sind mit dem betreffenden Namen überschrieben, aber ohne den hätte ich nicht sagen können, in wessen Gedanken wir uns gerade befinden. Dadurch haben die Charaktere für mich an eigener Dynamik und Tiefe viel verloren, eine Verbindung, ein echtes Interesse an ihren Schicksalen, ist bei mir nicht entstanden.
„Kangal“ ist dieses Jahr auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Ich hätte es dort nicht gesehen, denn obwohl ich es als ein recht gutes Buch bezeichnen würde, hat mir der Wow-Effekt gefehlt. Trotzdem würde ich es weiterempfehlen, weil es mir neue Aspekte und Stoff zum Nachdenken geliefert hat. Ein Kriterium, das ich hoch schätze. Und weil ich finde, dass es ein mutiges Buch ist. Darum gibt es eine leicht verhaltene Leseempfehlung.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Schauplätze des kurzen Romans sind Istanbul und Frankfurt.
In der Türkei ist das Leben nach dem Putschversuch für die Oppositionellen gefährlich geworden. Verhaftungen drohen schon bei nur der Äußerung von Kritik.
Anna Yeliz Schentke schafft für ihren …
Mehr
Schauplätze des kurzen Romans sind Istanbul und Frankfurt.
In der Türkei ist das Leben nach dem Putschversuch für die Oppositionellen gefährlich geworden. Verhaftungen drohen schon bei nur der Äußerung von Kritik.
Anna Yeliz Schentke schafft für ihren Debütroman drei Erzähler, die sich kapitelweise abwechseln.
Es sind die Türkin Dilek, die sich im Internet Kangal nennt und die Türkei verlässt, dann ihr Freund Tekin, der in Istanbul bleibt und schließlich Dileks Cousine Ayla, die in Frankfurt lebt.
Es ist der Autorin gelungen, ihren Figuren individuelle Stimmen zu geben.
Während bei Dilek ihre durch die politische Sitaution entstandene Getriebenheit spürbar ist, sind in den Tekin Passagen sogar fast poetische Stellen in den Beschreibungen Istanbuls.
Ayla hingegen hat als deutsche Türkin das Problem den Erwartungen ihrer konservativen Eltern nicht gerecht zu werden. Sie realisiert ihren Traum zu studieren und hat sich von ihrem Verlobten Yusuf getrennt, da er sie geschlagen hatte.
Die Kapitel sind kurz, dadurch wird der Roman umso dichter.
Ein bezwingend geschriebener Debütroman, der voll überzeugt.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Bewegende Geschichte unserer Zeit
Dilek und Tekin können die Nacht des Putsches im Juli 2016 nicht vergessen. Trotz der Niederlage wollen sie Widerstand leisten und weiterkämpfen. Aber seitdem leben sie in Angst und Unsicherheit. Bis Dilek heimlich nach Deutschland fliegt, und sogar ihr …
Mehr
Bewegende Geschichte unserer Zeit
Dilek und Tekin können die Nacht des Putsches im Juli 2016 nicht vergessen. Trotz der Niederlage wollen sie Widerstand leisten und weiterkämpfen. Aber seitdem leben sie in Angst und Unsicherheit. Bis Dilek heimlich nach Deutschland fliegt, und sogar ihr Freund Tekin sie nicht mehr erreichen kann. Auch Kangal1210, die vor dem Putsch in einer online Frauenaktion dem Staatspräsidenten den Rücken gezeigt hat, ist plötzlich verstummt. Man findet online keine Infos mehr über sie.
In ihrem Debüt-Roman schreibt Anna Yeliz Schentke über jungen Menschen türkischer Abstammung, die in verschiedenen Welten leben. Je nachdem ob sie in der Türkei oder in Deutschland wohnen, vertreten sie unterschiedliche politischen und kulturellen Ansichten.
Während die Clique um Dilek und Tekin in Istanbul ständig wachsam bleiben muss, genießt Ayla, Dileks Cousine, ihr Leben mit ihren Eltern in Frankfurt. Sie erlaubt sich sogar die Verlobung mit ihrem türkischen Freund aufzulösen und geht unbeschwert mit ihrer Freundin in die Disco.
Ayla weiß nicht wem sie glauben sollte. Ist es wahr, was ihre Cousine Dilek erzählt oder hat ihre Freundin Melek recht? Es gibt Misstrauen auf beiden Seiten, denn auch Dilek fühlt sich bei ihrer Cousine unsicher. Wem kann sie trauen? Wer sagt die Wahrheit? Und Tekin, Dileks Freund sagt:
„Die Luft, die wir atmen, ist schwer vom Misstrauen, das sich über die Jahre in ihr festgesetzt hat.“ (20)
Zugehörigkeit, Freundschaft, Sicherheit und Vertrauen sind wichtige Themen dieses Romans. In einem schnörkellosen, neutralen Stil erzählt die Autorin diese aktuelle Geschichte, die berührt und zum Nachdenken bewegt.
Es ist eine Geschichte, die man unbedingt lesen muss!
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
„Kangal“ ist nur ein Name, jemand nennt sich online so. Kangal ist definiert als ein Hirtenhund, der seinen Ursprung in der Türkei hat.
Genau das ist gut gewählt.
Einen Ursprung in der Türkei haben die jungen Leute, die in Anna Yeliz Schentkes Buch zu Wort kommen auch. …
Mehr
„Kangal“ ist nur ein Name, jemand nennt sich online so. Kangal ist definiert als ein Hirtenhund, der seinen Ursprung in der Türkei hat.
Genau das ist gut gewählt.
Einen Ursprung in der Türkei haben die jungen Leute, die in Anna Yeliz Schentkes Buch zu Wort kommen auch. Sie haben Vorstellungen von der Zukunft und feste Meinungen zu dem, was „gerade in der Türkei passiert“.
Das Leben dort wird für sie gefährlicher und man weiß nicht, wem man (noch) trauen kann.
Leute „verschwinden“. So auch Dilek, aber sie steigt dazu in ein Flugzeug und fliegt nach Frankfurt zu ihrer Cousine Ayla. Beide fragen sich, wer sie heute noch sind, und genau davon handelt das Buch. Wer sind wir, angesichts dessen, was „gerade passiert“?
„Kangal“ ist ein aktuelles, ein begeisterndes Buch, in dem die Lesenden erfahren, wie es Menschen geht, die ganz nahe bei Ereignissen sind, die viel zu Viele mit Distanz nur aus dem Fernsehen kennen.
Ein absolut zu empfehlendes Buch.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Kangal - wie der starke bissige Hirtenhund, das ist das Pseudonym, unter dem Dilek online zu finden ist. Unter diesem schreibt sie, was man in der Türkei seit 2016 nicht mehr öffentlich sagen kann, weil sonst Gefängnis oder Schlimmeres droht. Doch nach Befragungen und Verhaftungen in …
Mehr
Kangal - wie der starke bissige Hirtenhund, das ist das Pseudonym, unter dem Dilek online zu finden ist. Unter diesem schreibt sie, was man in der Türkei seit 2016 nicht mehr öffentlich sagen kann, weil sonst Gefängnis oder Schlimmeres droht. Doch nach Befragungen und Verhaftungen in ihrem Bekanntenkreis wird die Luft dünner, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis man sie identifiziert. Dilek beschließt zu fliehen, weiht nicht einmal ihren Freund ein. In Deutschland hofft sie in Sicherheit zu sein, nur zu ihrer Cousine Ayla traut sie sich Kontakt aufzunehmen, denn bevor ihre Mütter sich im Streit entzweiten, waren sie unzertrennbare Verbündete, fast wie Schwestern, obwohl sie in zwei verschiedenen Ländern aufwuchsen.
Anna Yeliz Schentke greift in ihrem Debütroman ein aktuelles Thema auf. Dass sich die Lage nach dem Putschversuch für alle, die nicht auf Linie des Präsidenten sind, dramatisch verschlechtert hat, ist weitgehend bekannt. „Kangal“ schildert eindrücklich die Angst, die vor allem junge, nach Freiheit strebende Menschen begleitet, und die Schwierigkeit, ihren Landsleuten hier in Deutschland die Situation begreiflich zu machen, während diese im zweiwöchigen Sommerurlaub an den Stränden das Dasein genießen und nichts von den alltäglichen Repressalien des Mannes erfahren, dem sie aus der Ferne zujubeln.
Dileks Angst wird in der Geschichte zunehmend greifbarer. Quasi minütlich könnte sie entlarvt und ihr Pass gesperrt werden. Was genau sie online gepostet hat, bleibt dabei im Dunkeln, spielt aber auch keine Rolle in einem Staat, wo es Rechte und Rechtsstaatlichkeit nur noch auf dem Papier zu geben scheint. Auch in der Ferne kann sie sich nicht von der Angst befreien und fürchtet bei jedem Türken, dass dieser zum Verräter werden und sie auffliegen lassen könnte.
Ihre Cousine kennt die Türkei nur als Urlaubsland, hat natürlich die Nachrichten verfolgt, kann sich aber kaum vorstellen, dass Dilek sich ernsthaft in Gefahr befindet. An ihrer Figur wird das zweite große Thema des Romans angerissen: wie konservativ ist die türkische Gemeinschaft hierzulande, können sich gerade junge Frauen überhaupt frei entfalten und wie kommt es, dass viele der sogenannten Gastarbeiter sich trotz anderer Pläne ihr Leben letztlich in Deutschland eingerichtet und die Rückkehrpläne aufgegeben haben. Vor allem für Frauen scheinen sich die großen Versprechungen und Erwartungen nicht erfüllt zu haben – Grund genug, diese auch den Töchtern vorzuenthalten?
Ein kurzer Einblick in das türkische Leben dort wie hier, in dem sich vieles im Schatten oder Verborgenen abspielt, sei es wegen der gesellschaftlichen oder familiären Normen oder wegen staatlicher Drohung, die auch aus der Ferne wirkt. Interessant fand ich dabei, dass Dilek weitaus moderner und aufgeklärter wirkte als Ayla, die sich letztlich doch dem familiären Korsett fügt und nur sehr begrenzt ihre eigenen Vorstellungen von einem Leben verfolgt.
Das Ungesagte, Verschwiegene nimmt einen wichtigen Platz mit ganz unterschiedlichen Funktionen ein. In der Türkei bietet dies Schutz vor der staatlichen Gewalt, in der Familie von Dilek und Ayla steht es zwischen ihnen, die Mädchen wissen nicht, was zwischen den Müttern gesagt und vorgefallen war und trauen sich nach Jahren auch kaum die Frage danach zu stellen, sondern beginnen selbst zu schweigen. So wird das Schweigen von einer auf die nächste Generation übertragen, ohne dass diese wüsste, warum.
Ein interessanter Roman, der viel zu schnell endet, denn die Geschichte der beiden jungen Frauen ist für mich noch nicht zu Ende erzählt, zu viel Potenzial steckt noch in Anna Yeliz Schentkes Figuren.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Aktuell, brisant, beklemmend
Dilek und Tekin gehören zu derjenigen jungen türkischen Generation, die bereits 2013 in Istanbul für ihre Freiheitsrechte demonstrierte.
Der gescheiterte Putschversuch 2016 stellte eine Zäsur dar. Erdoğan konnte seine Macht kontinuierlich ausbauen, …
Mehr
Aktuell, brisant, beklemmend
Dilek und Tekin gehören zu derjenigen jungen türkischen Generation, die bereits 2013 in Istanbul für ihre Freiheitsrechte demonstrierte.
Der gescheiterte Putschversuch 2016 stellte eine Zäsur dar. Erdoğan konnte seine Macht kontinuierlich ausbauen, staatliche Repressionen nahmen zu. Seither ist es gefährlich geworden, das autoritäre politische System zu kritisieren oder ein Leben zu führen, in dem Allah keine Bedeutung hat.
Menschen verschwinden, werden verhaftet, Cafés, Bars und Treffpunkte geschlossen, wenn der Staat dort „unmoralisches“ Handeln oder einen Treffpunkt von Regimekritiker:innen vermutet.
Bereits seit einigen Jahren veröffentlicht Dilek unter dem Namen Kangal1210 kritische Artikel im Netz. Als eine Freundin verhaftet und ein weiterer Freund zu Verhören geladen wird, wächst in Dilek die Furcht, ihre Identität könnte auffliegen, sie die nächste sein, die im Gefängnis landet. Hals über Kopf reist sie, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen, nach Frankfurt. Sie nimmt Kontakt zu ihrer Cousine Ayla auf, mit der sie als Kind häufig die Ferien verbrachte. Ein Zerwürfnis der Mütter, dessen Ursache vermutlich auch in unterschiedlichen politischen Einstellungen zu suchen war, führte zu einem Kontaktabbruch. Kann Dilek Ayla und ihrer Familie nach all den Jahren trauen? Schließlich wurde Erdoğan von 63% der in Deutschland lebenden Türk:innen begeistert gewählt. Auch eine regierungstreue „Denunzierungsapp“ wurde massenweise heruntergeladen und ist schnell bedient; nie war es leichter Mitmenschen an den Staat zu melden.
Anna Yeliz Schentkes Debütroman erzeugte eine starke Beklemmung bei mir. Im schnellen Wechsel lässt die Autorin Tekin, Dilek und Ayla zu Wort kommen. Wem kann man trauen? Schwebt Dilek wirklich in Gefahr? Wird der zum Verhör geladene Freund die Identität von Kangal1210 preisgeben, um sich selbst zu schützen? Hat der Staat Dilek bereits im Visier? Oder ist Dilek einfach nur paranoid? Melek, eine Freundin von Ayla, die in Deutschland lebt, glaubt nicht an willkürliche Verhaftungen oder an Verhaftungen aus nichtigen Gründen. Schließlich kennt sie genügend Türk:innen, die regelmäßig den Urlaub in der alten „Heimat“ verbringen und auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Niemandem wurde der Pass abgenommen, alle konnten zurück nach Deutschland fahren. Dilek hat diesbezüglich ihre ganz eigene Meinung, im übrigen auch darüber was der touristische Aufenthalt ihrer Landsleute in der Türkei anrichtet.
Die kurzen Monologe sind manchmal nur eine Seite lang, bringen aber viele Themen und auch die ambivalenten Befindlichkeiten der Figuren sehr nuanciert auf den Punkt. Die unterschwellige Bedrohung, der Regimekritiker:innen nicht nur in der Türkei, sondern auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen ausgesetzt sind, vermittelt sich unmittelbar und sehr eindringlich beim Lesen dieses kurzen Romans. Politisch hoch brisant gewährt die Autorin Einblicke in die realen Ängste von Regimekritiker:innen und zeigt pointiert wie sich Stimmung und Lebensrealität seit dem Putschversuch verändert haben. Mir hat der Text in seiner Klarheit und seinen Zweifeln, die er sät, unheimlich gut gefallen. Zu Recht stand "Kangal" auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2022.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für