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Ein aufwühlendes Debütvon einer starken Stimme1930: Der unehelich geborene Josef ist eine Schande für seinen Großvater und bekommt dies täglich zu spüren. Seine Kindheit ist geprägt von Angst und fehlender Nähe. Erst nach einem Umzug erfährt er in einer neuen Nachbarsfamilie Anerkennung und Zuneigung. Da ist vor allem Wilhelm, der ihn fördert und schützt, und Josefs Leben scheint sich endlich zum Guten zu wenden. Aber der arglose Junge ahnt nicht, dass hinter Wilhelms Freundlichkeit mehr steckt. Der aufstrebende SA-Mann formt Josef zu seinem ergebenen Helfer und benutzt ihn dazu, di...
Ein aufwühlendes Debütvon einer starken Stimme
1930: Der unehelich geborene Josef ist eine Schande für seinen Großvater und bekommt dies täglich zu spüren. Seine Kindheit ist geprägt von Angst und fehlender Nähe. Erst nach einem Umzug erfährt er in einer neuen Nachbarsfamilie Anerkennung und Zuneigung. Da ist vor allem Wilhelm, der ihn fördert und schützt, und Josefs Leben scheint sich endlich zum Guten zu wenden. Aber der arglose Junge ahnt nicht, dass hinter Wilhelms Freundlichkeit mehr steckt. Der aufstrebende SA-Mann formt Josef zu seinem ergebenen Helfer und benutzt ihn dazu, die Bewohner des Ortes auszuspionieren. Josef geht voller Stolz in dieser Mission auf. Doch dann erfährt er etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt.
1930: Der unehelich geborene Josef ist eine Schande für seinen Großvater und bekommt dies täglich zu spüren. Seine Kindheit ist geprägt von Angst und fehlender Nähe. Erst nach einem Umzug erfährt er in einer neuen Nachbarsfamilie Anerkennung und Zuneigung. Da ist vor allem Wilhelm, der ihn fördert und schützt, und Josefs Leben scheint sich endlich zum Guten zu wenden. Aber der arglose Junge ahnt nicht, dass hinter Wilhelms Freundlichkeit mehr steckt. Der aufstrebende SA-Mann formt Josef zu seinem ergebenen Helfer und benutzt ihn dazu, die Bewohner des Ortes auszuspionieren. Josef geht voller Stolz in dieser Mission auf. Doch dann erfährt er etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt.
Angelika Rehse wurde in Sande¿/¿Kreis Friesland geboren und wohnt heute mit ihrer Familie in Bad Salzuflen. Sie wuchs in einem Umfeld von Heimatvertriebenen auf. Unter dem Eindruck der erzählten und lang verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer Eltern, hat sie in einer späten Lebensphase mit "Josses Tal" einen poetisch kraftvollen und politisch hellsichtigen Roman geschrieben.
Produktdetails
- Verlag: Pendragon Verlag
- Seitenzahl: 400
- Erscheinungstermin: 8. März 2023
- Deutsch
- Abmessung: 207mm x 139mm x 38mm
- Gewicht: 593g
- ISBN-13: 9783865328311
- ISBN-10: 3865328318
- Artikelnr.: 66209718
Herstellerkennzeichnung
Pendragon Verlag
Stapenhorststraße 15
33615 Bielefeld
"Angelika Rehse hat mich auf eine intensive Zeitreise geschickt. Ich habe den kleinen Josef beschützen wollen, mit dem jungen Josef gefürchtet, gelitten und gehasst und hätte den alten Josef gern in den Arm genommen. Seine Geschichte beweist wieder einmal, dass fehlende Liebe und Wertschätzung der Nährboden sein kann für falschen Stolz und Gewalt und dass Gut und Böse oft nah beieinanderliegen." Enja Jans MOKA Das Büchermagazin
Als der fünfjährige Josef Tomulka im Juli 1930 mit seiner Mutter und den Großeltern umzieht, hofft er darauf, dass nun alles besser wird. Denn der kleine Junge wird lieblos erzogen. Seine Mutter scheint sich nicht besonders für ihn zu interessieren, sein Großvater …
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Als der fünfjährige Josef Tomulka im Juli 1930 mit seiner Mutter und den Großeltern umzieht, hofft er darauf, dass nun alles besser wird. Denn der kleine Junge wird lieblos erzogen. Seine Mutter scheint sich nicht besonders für ihn zu interessieren, sein Großvater schlägt ihn und die Oma grantelt ständig herum. In seiner neuen Nachbarschaft lernt er den jungen SA-Mann Wilhelm Reckzügel kennen, der sich des Kindes fürsorglich annimmt und ihn nicht nur vor dem Großvater schützt. Doch schnell wird klar, dass dieser Einsatz alles andere als selbstlos ist, denn Wilhelm erzieht Josef mehr und mehr zu seinem willfährigen Handlanger. Erst als der Junge von seiner Mutter nähere Details zu seinem für ihn unbekannten Vater erfährt, beginnt er, Schritt für Schritt an Wilhelms guten Absichten zu zweifeln...
"Josses Tal" ist der kürzlich erschienene Debütroman der 74-jährigen Angelika Rehse, die laut Klappentext des Pendragon Verlags in einem Umfeld von Heimatvertriebenen aufwuchs und zu ihrem Roman von den "erzählten und lang verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer Eltern" inspiriert wurde. Dieser persönliche Bezug der Autorin, der auch im Nachwort noch einmal deutlich wird, ist das große Plus des Buches, denn Rehse begleitet ihre Figuren mit Empathie und Gewissenhaftigkeit.
Der Haupthandlungsstrang des Romans befasst sich mit der Zeit zwischen 1930 und 1943. Umfasst wird sie von einer Rahmenhandlung im Juli 2004, die gleichzeitig Ausgangssituation für das weitere Geschehen ist. In ihr reist eine Frau namens Helen in einen norwegischen Nationalpark, um dort Klarheit über den Tod ihrer Urgroßmutter Else zu erhalten. Denn für diesen ist offenbar Josef Tomulka verantwortlich, der in Norwegen mittlerweile Josse genannt wird und dort ein Eremitendasein pflegt. Mit der Begegnung der beiden beginnt nicht nur der Roman, sondern auch dessen größtes Problem: die Figurenzeichnung. Denn nach einem kurzen Abtasten verfällt Helen sofort in das familiäre "Josse", dabei ist der Mann, der ihr gegenübersitzt, doch vermeintlich Mitschuld am Tod Elses.
Auch der Rest der Figuren ist - mit Ausnahme von Josefs Mutter Helene - eindimensional und eher holzschnittartig gezeichnet. Da gibt es den schlagenden Großvater, die grantige Großmutter, den smarten, aber bösen SA-Mann, seinen liebenswerten hinkenden Bruder Werner als Gegengewicht und den qua seines Alters naiven Josef, der alles aufsaugt, was Wilhelm ihm vorbetet. Die Mutterfigur ist hingegen als einzige wohltuend ambivalent. Sie ist mit der Erziehung ihres Sohnes überfordert, schwach und zeigt selten einmal Liebe. Doch dann gibt es plötzlich Szenen, in denen sie förmlich ausbricht, einem Pfarrer in aller Öffentlichkeit ihre Meinung geigt und wehmütig von einer besseren Zukunft träumt. Bedauerlich ist, dass diese Figur nach den ersten etwa 100 Seiten mit einer Ausnahme kaum noch eine Rolle spielt. Denn Josefs Familie findet eigentlich nicht mehr statt, seitdem er Tag für Tag bei den Reckzügels verbringt.
Ein weiteres Problem ist, dass sich der Roman nicht ausreichend Zeit für die Opfer der Geschichte nimmt, sich für sie nicht wirklich interessiert. Protagonist Josef ist zwar anfangs auch ein Opfer des manipuliativen Nazis, entwickelt sich aber mit zunehmender Dauer zu einem Täter, denn Josef belauscht und denunziert Gegner der Nationalsozialisten mit Hingabe, so dass meine Empathie für den Jungen immer stärker abnahm.
Die Täterperspektive der Nationalsozialisten und HJ wird hingegend detailliert ausgeleuchtet. Hierbei gelingen Angelika Rehse allerdings Szenen unheimlicher Intensität, insbesondere bei der Bücherverbrennung in Berlin im Mai 1933. Der gerade einmal achtjährige Josef partizipiert aktiv an ihr und als Leser:in meint man fast, den Qualm riechen zu können. Ohnehin ist es der Schreibstil, mit dem Rehse überzeugt. Denn "Josses Tal" liest sich überwiegend flüssig, spannend und unterhaltsam, so dass einem die 400 Seiten viel kürzer vorkommen. Vorausgesetzt, man stört sich nicht an den zahlreichen Dialogen.
Nachteilig ist in diesem Zusammenhang allerdings die pausenlose Ausformulierung der Gedanken der Figuren. Durch die vielen Dialoge gibt es eigentlich schon genug Satzzeichen, doch die mit je einem Anführungszeichen eingeleiteten Gedanken stören den Lesefluss doch das ein oder andere Mal. Hinzu kommt, dass Angelika Rehse hier durchaus mehr Vertrauen in die Leserschaft hätte haben können, denn es macht ja gerade den Reiz eines Romans aus, selbst in die Figuren zu blicken und nicht ständig gesagt zu bekommen, was diese nun gerade denken und fühlen.
So ist "Josses Tal" ingesamt ein zwar unterhaltsamer, aber auch etwas ärgerlicher Roman geworden. Nicht abzusprechen ist ihm der gute Wille, die auch für die Kinder schreckliche NS-Zeit wieder ins Gedächtnis zu rufen, und ein Aktualitätsbezug, denn auch heute sehen sich Menschen jeden Alters Manipulationen jeder Art ausgesetzt. Die Umsetzung kam mir allerdings durch die blasse Charakterisierung und Eindimensionalität der Figuren zu didaktisch vor.
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Es war eher Zufall, dass ich dieses Buch gelesen habe, denn aufgrund des Covers hätte ich es wahrscheinlich gar nicht in die Hand genommen. Neugierig gemacht hat mich der Klappentext.
Es geht um Josef, ein unehelich geborenes Kind, das aufgrund dieser Tatsache in seiner Familie keine Liebe …
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Es war eher Zufall, dass ich dieses Buch gelesen habe, denn aufgrund des Covers hätte ich es wahrscheinlich gar nicht in die Hand genommen. Neugierig gemacht hat mich der Klappentext.
Es geht um Josef, ein unehelich geborenes Kind, das aufgrund dieser Tatsache in seiner Familie keine Liebe erfährt. Im Gegenteil, er wird sogar regelmäßig von seinem Großvater verprügelt und bekommt auch dabei keinen Schutz von seiner Mutter. Diesen erhält er erst, als die Familie umzieht und ein junger Mann, Wilhelm Reckzügel, dazwischengeht, als der Großvater mal wieder zuschlägt. Zu diesem Zeitpunkt ist Josef 5 Jahre alt. Die Familie Reckzügel nimmt ihn unter ihre Fittiche, er darf dort viel Zeit verbringen, und vor allem Wilhelm wird für ihn zu so etwas wie einem Gönner, einem Beschützer und Vorbild.
Doch Wilhelm ist Medizinstudent und überzeugter Nazi, und schon bald nutzt er Josefs Verletzlichkeit, um ihn zu manipulieren und ihn als Spitzel für sich einzusetzen. Josef wächst in die Nazigesinnung hinein, bekommt im Laufe der Zeit eine wichtige Position in der HJ und meldet Wilhelm regelmäßig, wer im Dorf gegen den Führer spricht und handelt. Doch als Josef ein Teenager ist, erfährt er etwas, das sein ganzes Leben verändert. Und er beginnt zu hinterfragen, was Wilhelm und der Führer eigentlich wirklich wollen...
Ich finde dieses Buch wirklich klasse. Es ist spannend zu lesen, wie die Kinder während der Nazizeit von klein auf für die Zwecke des Führers herangezogen wurden, mit welchen Mitteln sie zu gefügigen Mitläufern gemacht wurden. Ein Buch, das deutlich macht, wie nah gut und böse beieinanderliegen können und wie fruchtbar ein Nährboden ohne Liebe und Schutz für Manipulation und Indoktrination sein kann. Für mich war Josefs Entwicklung absolut nachvollziehbar und authentisch und die Geschichte gibt auch eine mögliche Antwort auf die Frage, warum die Menschen in Deutschland das damals mitgemacht haben.
Ich bin sehr beeindruckt von diesem Debütroman und hoffe, von der Autorin bald noch mehr lesen zu können.
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Ich lese wahnsinnig viel zu der furchtbaren, grausamen Zeit der Nationalsozialisten, einfach, weil es in meinen Augen so wichtig ist sich immer wieder mit diesem Schrecken auseinanderzusetzen, damit die Erinnerung an die entsetzlichen Taten und das Gedenken an die Opfer wach bleiben. Auf …
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Ich lese wahnsinnig viel zu der furchtbaren, grausamen Zeit der Nationalsozialisten, einfach, weil es in meinen Augen so wichtig ist sich immer wieder mit diesem Schrecken auseinanderzusetzen, damit die Erinnerung an die entsetzlichen Taten und das Gedenken an die Opfer wach bleiben. Auf „Josses Tal“ bin ich durch eine Rezensionsseite aufmerksam geworden und relativ ohne Erwartungen in das Buch gegangen.
1930: Josef Tomulka ist ein Außenseiter. Von seinem Vater verlassen, von seiner Mutter vernachlässigt und von seinem Großvater geschlagen, stellt er nach seinem Umzug nach Reichenbach leichtes Opfer für den jungen Mann Wilhelm dar, der den Jungen schnell für sich und die Ideologie der Nationalsozialisten einnimmt. Endlich in etwas angenommen, integriert und gut zu sein, lässt Josef zu einem effektiven und zuverlässigen Spitzel werden. Doch alles ändert sich, als seine Mutter stirbt und neue Details zu seiner Kindheit ans Licht kommen.
Zu Beginn des Buches war ich gefesselt. Gemeinsam mit der Deutschen Helen, die einer Postkarte folgend nach Reichenbach reist um dort Josse/Josef zu treffen, begegnen wir Josef Tomulka der von seiner Kindheit in der NS-Zeit erzählt. Zuerst erfahren wir von den Misshandlungen durch seinen Großvater und dann relativ schnell von den ersten Begegnungen mit Wilhelm.
Das Buch fokussiert sich wirklich sehr stark auf Josef, seine Geschichte und die tatsächlich geschehenen Ereignisse in Reichenbach. Dadurch erlebt man die Jahre zwischen 1932-1945 hauptsächlich aus der Perspektive eines Jungen, der in der Ideologie aufgeht, nur wenige Informationen bekommt und über die Menschen in seinem Dorf, sowie über seinen Gönner Wilhelm spricht. Auf der einen Seite war das sehr interessant, denn in vielen Büchern, die ich bisher zu dem Thema gelesen hatte, ging es hauptsächlich um den Widerstand, um die unvorstellbaren Taten in den KZs, um das Schicksal von Opfern und um die Biographien von Tätern, sowie die Nachwirkungen und die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland. Hier erleben wir stattdessen im Detail aufbauend auf Erlebnisberichten, die die Autorin gesammelt hat, den Alltag in Reichenbach. Es geht mehr um die alltäglichen Entwicklungen, Schrecken und Einflüsse des Nationalsozialismus. Nur wenige der „großen Ereignisse“ oder beispielweise der Verlauf des Krieges werden angesprochen. Während des Lesens bin ich geschwankt zwischen „Wieder eine ganz neue Perspektive, wirklich interessant“ und „Das zieht sich etwas, diese detaillierten Beschreibungen des Dorflebens, die irgendwie gleichzeitig sehr schwammig sind“.
Zum Ende wurde es dann nochmal fesselnder, was nicht nur an einigen Wendungen lag, sondern auch an den nachdenklich machenden Gesprächen zwischen Helen und Josse in der Gegenwart, die einige wichtige Fragen stellt und das ganze nochmal mehr in einen größeren Zusammenhang stellt bzw. einige Ereignisse erklärt.
FAZIT:
Insgesamt war „Josses Tal“ ein Buch, dass mich gleichermaßen nachdenklich und traurig gemacht hat. Die Autorin fokussiert sich auf die Einflüsse des Nationalsozialismus im alltäglichen Leben und die Zeit in der HJ. Für mich hatte das Buch einige Längen und es ist in meinen Augen wichtig, zuvor vielleicht andere, detaillierte, mehr erklärende Werke/Bücher zu der Zeit des Nationalsozialismus gesehen/gelesen zu haben, um diesen Roman wirklich zu verstehen.
3,5 von 5 Sternen
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In ihrem beeindruckenden Debüt „Josses Tal“ schildert die Autorin Angelika Rehse, eine Geschichte über das fiktive Schicksal des unehelich geborenen Josefs, während des Nazi-Regimes und über dessen Zerrissenheit zwischen Schuld und der Sehnsucht nach …
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In ihrem beeindruckenden Debüt „Josses Tal“ schildert die Autorin Angelika Rehse, eine Geschichte über das fiktive Schicksal des unehelich geborenen Josefs, während des Nazi-Regimes und über dessen Zerrissenheit zwischen Schuld und der Sehnsucht nach Vergebung.
Inhalt:
1930: Josef ist ein uneheliches Kind und eine Schande für seinen Großvater, der ihn seine Enttäuschung mit Schlägen täglich spüren lässt. Mit seiner Mutter im Haus der Großeltern erlebt Josef eine Kindheit, die geprägt ist von Angst und Schuld, fehlender Nähe und Geborgenheit. Als er seinen Nachbarn Wilhelm kennenlernt, erfährt er zum ersten Mal in seinem Leben Freundschaft und Zuneigung. Wilhelm beschützt und fördert Josef – und nutzt dessen Arglosigkeit aus, um für ihn, der Hitler treu ergeben ist, die Bewohner im Ort auszuspionieren. Stolz auf diese Aufgabe und seine neue Uniform wird er zu einem folgsamen Gehilfen, doch dann erfährt Josef etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt …
Meine Meinung:
Die Autorin Angelika Rehse ist im Umfeld von Heimatvertriebenen, ausgewachsen. Unter dem Eindruck der erzählten und verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer aus Schlesien stammenden Eltern, wurde sie zu der Lebensgeschichte des unehelich geborenen Josefs, inspiriert.
Im Jahr 2004: Helen löst eine vergilbte Ansichtskarte aus der Familienchronik, die am 20. September 1945 in Lillehammer an den Bürgermeister im schlesischen Reichenbach, dem Geburtsort ihrer Großmutter, abgestempelt wurde. Auf der Karte stand: „Habe den Krieg überlebt. Den Kummer, den ich im Kreis verursacht habe, bedaure ich zutiefst. J. T.“ Helen hat Mühe Josef ausfindig zu machen, der in einem abgelegenen Tal ein Eremitendasein führt. Sie fährt zu ihm und will mehr über den Tod ihrer Urgroßmutter erfahren.
Josef ist offen und bereit, sich vor Helen zu öffnen und erzählt ihr seine Lebensgeschichte.
Als uneheliches Kind wird er 1925 geboren, von seinem Großvater aufs schändlichste misshandelt und von den Dorfkindern, verspottet und gehänselt. Als die Familie der Schande wegen 1930 ins dörfliche Dorotheenthal umzieht, wird die Lage für Josef nicht besser. Er wächst in ständiger Angst und mit Schuldgefühlen auf, bis er Wilhelm Reckzügel einen Medizinstudenten, kennenlernt. Wilhelm kann gerade mal wieder eine Prügelattacke gegen Josef abwenden und nimmt ihn kurzerhand mit zu seinen Eltern. Wilhelm lenkt seine Aufmerksamkeit voll auf Josef, fördert ihn und hat ein leichtes Spiel, ihn für die Hitlerjugend zu begeistern. Zum ersten Mal in seinem Leben, wird Josef wahrgenommen und lässt sich von Wilhelm, immer mehr manipulieren!
Josefs Mutter liegt im Sterben und erzählt endlich von seinem Vater, doch er weicht entsetzt zurück, will das nicht hören und stürmt wutentbrannt aus dem Haus. Erst bei Wilhelms Familie, kommt er zur Ruhe und seiner Vergangenheit geht er schlicht aus dem Weg. In einer schicken Uniform als Pimpf und seinem Aufstieg zum Fähnleins Führer, wird er plötzlich auch von den Dorfkindern, wahrgenommen und akzeptiert. Wilhelm, der SS Mann fordert Josef auf, die Dorfbewohner zu bespitzeln und zu denunzieren. Für Josef, mit dem Verkauf seiner Kaninchen ein leichtes Spiel, denn er kann arglos von Haus zu Haus ziehen ohne dass ein Verdacht auf ihn fällt. Mit der Zeit missfallen ihm aber Wilhelms Ansichten und seine Beobachtungen, äußert er ihm gegenüber nicht mehr ganz so offen.
Der Tag der Abrechnung von Wilhelm kommt und nimmt eine unerwartete tragische Wendung für Josef, mit der ich so nicht gerechnet hätte.
Fazit:
Der Autorin ist es mit ihrem flüssigen Schreibstil hervorragend gelungen, mich für ihre historische Zeitreise, die geschickt in fiktiven Handlungen eingebettet ist, zu begeistern. Weniger gefiel mit, dass im Laufe der Geschichte, immer wieder Fragen auftauchten, die bis zum Schluss nicht zur Sprache kamen und damit offen bleiben. Ob gewollt oder nicht, kann ich hier nicht beurteilen!
Von mir 4 von 5 Sternen!
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„Josses Tal“ ist der Debütroman der Autorin Angelika Rehse, den sie mit 74 Jahren veröffentlicht hat. Es ist eine bedrückende Geschichte über (Familien)Ehre und toxische Freundschaften zwischen 1930 und 1943, über Mitläufertum, falsche Vorbilder, politische …
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„Josses Tal“ ist der Debütroman der Autorin Angelika Rehse, den sie mit 74 Jahren veröffentlicht hat. Es ist eine bedrückende Geschichte über (Familien)Ehre und toxische Freundschaften zwischen 1930 und 1943, über Mitläufertum, falsche Vorbilder, politische Puppenspieler, Schuld und Reue. Es handelt von der Geschichte von Josef Tomulka, genannt Josse, der 1925 als uneheliches Kind geboren wurde, was vor allem aus Sicht seines Großvaters eine Schande für die Familie war. In dem Entwicklungsroman, bei dem die Entwicklung in eine gefährliche Richtung geht, erzählt der in der norwegischen Einöde lebende Protagonist seine Geschichte in Rückblenden und nimmt die Leserschaft mit in seien Kindheit und Jugend im damaligen Schlesien. Ein gut erzähltes, ansprechend geschriebenes und nachdenklich machendes Buch.
Aber von vorn.
„Also die Leinwand, auf der mein Leben gemalt ist, war von vornherein nicht weiß. Sie war vergilbt und rissig und wurde im Laufe der Zeit mit hässlichen Brauntönen bemalt.“ So beginnt Josse seine Lebensgeschichte. Seine Kindheit ist geprägt von den Schlägen des Großvaters, der Unterwürfigkeit der Großmutter und der Verzweiflung der Mutter. Er ist ein uneheliches Kind, die Mutter hat die Identität seines Vaters nie preisgegeben. Dafür, dass die Mutter ein „rumgewischtes Frauenzimmer“ ist, lässt der Großvater den Jungen leiden. Für einen Neuanfang zieht die Familie um und schon am ersten Tag trifft Josse auf Wilhelm, den Sohn der neuen Nachbarn. Der junge Medizinstudent beschützt ihn vor den Schlägen des Großvaters und wird fortan ein Idol für den kleinen Jungen, der sich nichts sehnlicher wünscht, als dem Vorbild zu gefallen und irgendwann auch eine braune SA-Uniform zu tragen. Lange lässt sich Josse von dem Älteren leiten, der ihn ein „Prachtkind“ nennt und fortwährend lobt und nach und nach wächst er in die nationalsozialistischen Strukturen hinein. Dienste bei den Pimpfen und der HJ begeistern ihn, endlich findet er etwas, bei dem er glänzen kann und ein Gefühl der Dazugehörigkeit erlebt. Ohne nachzudenken, bespitzelt er Nachbarn und Bekannte. Seine Mutter stirbt an Diphtherie, Bücher werden verbrannt, jüdische Mitbürger werden deportiert, der Krieg bricht aus – und mittendrin ist Josse, dem die Mutter auf dem Totenbett ein Geheimnis anvertraut hat, das ihn in riesige innere Konflikte bringt und ihm die Augen öffnet, als es schon fast zu spät ist.
Was für ein Buch! Angelika Rehse hat einen Entwicklungsroman geschrieben, der das Heranwachsen eines jungen Menschen zur Zeit der Nationalsozialisten beschreibt. Es war die Zeit, in der meine Großeltern aufgewachsen sind, die Zeit, in der Rattenfänger wie Wilhelm beeinflussbaren Kinder und junge Menschen mit ihrem Gedankengut indoktrinierten und sie alles in allem so manipulierten, bis ihr moralischer Kompass nicht mehr verlässlich funktionierte. Gar nicht so weit weg von dem, was wir momentan wieder erleben, umso wichtiger sind solche Bücher, um die Anfänge zu erkennen und dagegen anzugehen. Damals wie heute „ernähren“ sich die radikalen Strömungen (nicht nur in der Politik, sondern auch in der Religion) von unsicheren, unzufriedenen und „abgehängten“ Menschen, die Bestätigung und Anerkennung suchen.
Trotz der angenehmen und leichten Sprache ist das Buch keine leichte Kost. Die Atmosphäre ist fast durchgehend bedrückend und gewaltbeladen, Josses Unsicherheit und seine inneren Konflikte sind spürbar. Wieso er Wilhelm so verehrte, ist nachvollziehbar – er suchte eine Vaterfigur, einen Freund und ein männliches Vorbild, so etwas hatte vorher in seinem Leben gefehlt. Angelika Rehse hat damit ein fulminantes Debut vorgelegt, das Lust auf mehr macht und einen zum Nachdenken bringt. Ein beeindruckendes Wert, von mir fünf Sterne dafür.
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Josse ist unehelich geboren, in der damaligen Zeit eine große Schande. Er wird gehänselt und verspottet, selbst von der Mutter und den Großeltern erfährt er keine Zuneigung. Sein Leben wird erträglicher als sie in einen anderen Ort ziehen. Er findet in dem Medizinstudenten …
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Josse ist unehelich geboren, in der damaligen Zeit eine große Schande. Er wird gehänselt und verspottet, selbst von der Mutter und den Großeltern erfährt er keine Zuneigung. Sein Leben wird erträglicher als sie in einen anderen Ort ziehen. Er findet in dem Medizinstudenten Wilhelm einen " Beschützer, auch Wilhelms Familie kümmert sich.
Wilhelm ist überzeugter Nazi und nimmt Josse mit nach Berlin, hier kann er der Hitlerjugend beitreten und gehört jetzt endlich dazu!
Wilhelm inzwischen in der SS will aus seinem Dorf einen Vorzeigeort machen und Josse wird sein bester Spitzel. Erst als Josse älter wird merkt er das er als Handlanger missbraucht wird, er versucht sich aus Wilhelm Fängen zu lösen, aber das ist einfacher gesagt als getan!
Das Buch zeigt, das gerade junge haltlose Menschen leicht zu manipulieren sind.
Sollten heutzutage mehr Menschen mal lesen!!!
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In dem Debutroman „Josses Tal“ von Angelika Rhese geht es um Schuld und Vergangenheitsbewältigung, um die Zeit während der Nazi-Diktatur und die Un-/Möglichkeiten des einzelnen, im Einklang mit seinem Gewissen überleben zu können.
In der Rahmenhandlung begegnet …
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In dem Debutroman „Josses Tal“ von Angelika Rhese geht es um Schuld und Vergangenheitsbewältigung, um die Zeit während der Nazi-Diktatur und die Un-/Möglichkeiten des einzelnen, im Einklang mit seinem Gewissen überleben zu können.
In der Rahmenhandlung begegnet uns Helen, eine junge Frau, die sich auf Spurensuche auf den Weg zu dem Einsiedler Josse macht, welcher in Norwegen lebt und für den Tod ihrer Großmutter angeblich mitverantwortlich ist. Gemeinsam tauchen beide in die furchtbaren Geschehnisse längst vergangener Zeiten ein und über Stunden hinweg erzählt ihr der fast 80-jährige alte Mann von seinem Leben, seinem Aufwachsen bei den ungeliebten Großeltern, seiner schwachen Mutter, die ihn nicht vor der Wut und der Gewalt des Großvaters schützen konnte, von seinen Verstrickungen in die Zeit des Nationalsozialismus`. Der Leser erlebt den schwachen, klugen Josef, hat Mitleid mit dem geschundenen und wenig geliebten Kind und kann die grausame Umwelt nicht verstehen. Und dann erzählt Josse ungeschönt und erstaunlich detailliert von seiner Kindheit und Jugend während der Zeit der Nationalsozialisten, von seiner Freundschaft zu einem SS-Mann, von seiner eigenen Beteiligung bei den Pimpfen und seinem Aufstieg zum Fähnleinsführer. Erzählt wird von Bespitzelungen, Bücherverbrennungen, Aufmärschen und Gedichten für den Führer, von Deportationen, Arbeitslagern und Zwangsarbeit. Und Joseph gesteht Helen von seiner eigenen Verstrickung und seiner Schuld, die Verblendung eines Kindes und Jugendlichen, die freiwillige Unterstützung des Regimes, von seiner Mitverantwortung am Tod ihrer Großmutter.
Der Roman „Josses Tal“ von Angelika Rhese liest sich sehr flüssig und spannend und die Normalität des Alltags in der NS-Zeit wird deutlich erkennbar. Aber die Figuren bleiben eindimensional, sie alle haben ihre Rollen, sind gut oder böse und durchlaufen keine Entwicklung, ausgenommen Josef, der sich vom kindlichen Opfer zum jugendlichen Mitläufer und Täter entwickelt, der sich letztendlich zwar befreien, aber seine Schuld nicht einfach ablegen kann.
Für mich bleiben viele Fragen offen, die nicht klar beantwortet werden und die der Logik der Geschehnisse widersprechen. Die Zufälle häufen sich, die Figuren agieren nicht nachvollziehbar und unklug, die Charaktere leiden z.T. unter ihrer eigenen Borniertheit, Unvorsichtigkeit oder Menschenverachtung. Es gibt nur wenige Protagonisten, mit denen ich mitfühlen und deren Motivation ich nachvollziehen kann.
Sicherlich ist dies ein Roman, der über die erschreckenden und schrecklichen Zustände im dritten Reich detailliert berichten kann, für mich aber keiner, der nachvollziehbar die Verstrickungen von Schuld, Reue, Mitläufertum, Lüge, persönlicher Verantwortung und Vergangenheitsbewältigung thematisiert.
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Beeindruckender und bewegender Roman
Der Pendragon Verlag hat "Josses Tal", den Debütroman von Angelika Rehse, veröffentlicht.
Wir schreiben das Jahr 1930. Der kleine Josef ist 5 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter Helene bei ihren Eltern Fritz und Frieda Tomulka. Helene war …
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Beeindruckender und bewegender Roman
Der Pendragon Verlag hat "Josses Tal", den Debütroman von Angelika Rehse, veröffentlicht.
Wir schreiben das Jahr 1930. Der kleine Josef ist 5 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter Helene bei ihren Eltern Fritz und Frieda Tomulka. Helene war der ganze Stolz ihres Vaters - bis sie mit 20 Jahren schwanger aus Breslau zurück in ihr Heimatdorf kam. Für Fritz ist das unehelich geborene Kind eine Schande. Er züchtigt den Kleinen häufig, auch von der Großmutter erfährt Josef keine Zuneigung. Lediglich Helene, die als ledige Mutter vom eigenen Vater verachtet und gedemütigt wird, schenkt sie ihm heimlich in kurzen und seltenen Momenten.
Nach dem Umzug nach Dorotheenthal begegnet Josef dem jungen Medizinstudenten Wilhelm Reckzügel, der im Nachbarhaus wohnt und ihm Freundschaft entgegenbringt. Josef genießt die Zuneigung des Älteren und fühlt sich wohl und beschützt in seiner Gegenwart. Wilhelm, Mitglied der SA, kümmert sich um den Jungen und formt ihn im Laufe der Jahre zu einem Gehilfen, der im Alter von 10 Jahren feierlich in die Hitlerjugend aufgenommen wird und nun im Auftrag Wilhelms die Bewohner des Ortes ausspioniert. Seine Ergebnisse hält er schriftlich fest und gibt sie an Wilhelm weiter. Josef hat keine Skrupel deswegen, er tut es schließlich für Wilhelm und den Führer. Als ihm ein lang gehütetes Geheimnis offenbart wird, bricht seine Welt zusammen ...
Der Roman ist auf zwei Zeitebenen erzählt. Auf der ersten begleiten wir Josef von seinem fünften bis zum 18. Lebensjahr. Die zweite Zeitebene führt uns ins Jahr 2004, als Helen nach Lillehammer in Norwegen reist. Die junge Frau erhofft sich durch Gespräche mit Josef, der in dem abgeschiedenen Jossetal lebt, das nach ihm benannt ist, Klarheit über das Schicksal ihrer Urgroßmutter Else.
"Josses Tal" hat mir sehr gut gefallen. Ich habe mit dem kleinen Josef mitgelitten, für ihn gehofft, mich gefreut, als er liebevoll von der Familie Reckzügel aufgenommen wurde und es sehr bedauert, dass er sich im Laufe der Jahre unter Wilhelms Einfluss so stark veränderte und zu dessen treu ergebenem Gehilfen wurde. Es war für mich erschreckend zu lesen, wie leicht es für Wilhelm war, den von seiner Familie vernachlässigten Jungen zu manipulieren und ihn immer mehr an die nationalsozialistische Ideologie heranzuführen.
Das beeindruckende Buch über ein Thema, das wir niemals vergessen dürfen, ist in klarer und kraftvoller Sprache geschrieben. Der Autorin ist es gelungen, nicht nur die Hauptcharaktere, sondern auch die Nebenfiguren sehr bildhaft und authentisch zu zeichnen. Die Geschichte hat mich von der ersten Seite an gefesselt, gleichzeitig aber auch tief berührt und wird mich noch lange beschäftigen.
Absolute Leseempfehlung von mir für dieses großartige und aufwühlende Werk, das ich mir sehr gut als künftige Schullektüre vorstellen könnte!
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Ein Debut mit 74 Jahren der Autorin Angelika Rehse welches sich wohltuend von so manch anderem Buch über die Zeit des Nationalsozialismus abhebt.
Josse, der Protagonist wurde 1925 als uneheliches Kind, also als Schande für die gesamte Familie geboren- ein mehr als schlechter Start ins …
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Ein Debut mit 74 Jahren der Autorin Angelika Rehse welches sich wohltuend von so manch anderem Buch über die Zeit des Nationalsozialismus abhebt.
Josse, der Protagonist wurde 1925 als uneheliches Kind, also als Schande für die gesamte Familie geboren- ein mehr als schlechter Start ins Erdenleben. Das Familienbild dieser bedrückenden Zeit wird von der Autorin eindrucksvoll geschildert und hat viele beklemmende Elemente. Josse erzählt seine Geschichte in Rückblenden aus der Einsamkeit Norwegens heraus.
Der kleine Josse vom Großvater verachtet und geschlagen, eine schwache Großmutter und eine Mutter die mehr als verloren wirkt ebnen dem jungen Medizinstudenten Wilhelm den Weg in Josses kleines Kinderherz. Josse blüht auf, ist da doch endlich ein Mensch, der ihn mag, ihn fördert und schätzt. Für mich als Leser sehr schlimm, dass durch die Familiensituation Josse ungeschützt in den Nazionalsozialismus rutscht. Ist doch bei den Pimpfen und der HJ ein Zusammengehörigkeitsgefühl, wie sonst nirgends in seinem Leben.
Seine Geschichte rüttelt auf und macht klar, wie schnell die falschen Werte an Kinder vermittelt werden können.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr gut lesbar, flüssig und Akzente sind genau an den reichtigen Stellen gesetzt.
Für mich ein Buch, was bis jetzt leider zu wenig Beachtung erfährt.
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Kindheit im Dritten Reich
Angelika Rehse hat mit über 70 Jahren ihren Debutroman vorgelegt „ Josses Tal“. Die Eltern der Autorin stammen aus Schlesien und sie selbst wuchs zwischen Heimatvertriebenen auf. Von ihnen hörte sie Geschichten von der alten Heimat und dort in …
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Kindheit im Dritten Reich
Angelika Rehse hat mit über 70 Jahren ihren Debutroman vorgelegt „ Josses Tal“. Die Eltern der Autorin stammen aus Schlesien und sie selbst wuchs zwischen Heimatvertriebenen auf. Von ihnen hörte sie Geschichten von der alten Heimat und dort in Schlesien hat sie auch ihren Roman angesiedelt. Eine intensive Recherche vor Ort, in Archiven und Bibliotheken ging dem Schreiben voraus.
Die Rahmenhandlung setzt ein im Jahr 2004. Helen ist ins norwegische Lillehammer gereist, um Näheres über den Tod ihrer Urgroßmutter zu erfahren. Ein Hinweis lieferte eine Postkarte vom September 1945, geschrieben von Josef Tomulka. Dieser Josef, genannt Josse, lebt seit langem als Einzelgänger in diesem abgeschiedenen Tal in Norwegen und aus dessen Perspektive wird uns sein Leben
geschildert.
„Also die Leinwand, auf der mein Leben gemalt ist, war von vornherein nicht weiß. Sie war vergilbt und rissig und wurde im Laufe der Zeit mit häuslichen Brauntönen bemalt.“
Josse kommt als uneheliches Kind zur Welt. Im Dorf wird er gehänselt und für seinen Großvater ist die Tatsache eine unverzeihliche Schande, die er den Jungen täglich spüren lässt. Auch von der Mutter und der Großmutter gibt es keine Zuwendung, keine liebevolle Geste. Im Jahr 1930 zieht der fünfjährige Josse mit seiner Mutter und den Großeltern in das kleine Dorf Dorotheenthal in Niederschlesien. Am neuen Wohnort lässt sich der Makel des unehelichen Kindes vielleicht leichter verheimlichen.
Und hier findet der Junge in Wilhelm Reckzügel, einem Medizinstudenten, einen Beschützer und Fürsprecher. Josse fühlt sich zum ersten Mal in seinem Leben geschätzt und geliebt. Auch Wilhelms Familie kümmert sich um den vernachlässigten Jungen und nach dem Tod seiner Mutter nehmen sie ihn bei sich auf.
Wilhelm ist schon früh überzeugter Nazi, marschiert in SA- Uniform durchs Dorf und versucht Josse parteikonform zu beeinflussen. Er nimmt den Jungen mit nach Berlin, wo dieser stark beeindruckt ist vom Spektakel der Bücherverbrennung. Und als Hitlerjunge mit seiner Kluft fühlt sich Josse endlich respektiert und dazugehörig. „ Ab heute würde ihn keiner mehr spöttisch ansehen,…Ab heute würde er einer von ihnen sein.“
Wilhelm, mittlerweile aufgestiegen in der NS- Hierarchie - kein einfacher SA- Mann mehr, sondern Hitlers Schutzstaffel, der SS, zugehörig - will aus seinem Dorf ein Vorzeigeort machen, frei von etwaigen Feinden des Reiches. Dabei soll ihm Josse helfen. Der Junge wird bereitwillig zum Spitzel, belauscht Nachbarn und Bekannte und meldet jede kritische Äußerung, jedes fehlende Hitlerbild, jedes auffallende Verhalten. Skrupel hat er anfangs keine. Wie gern macht er alles, was Wilhelm, sein großer Freund und Wohltäter, von ihm verlangt.
Doch bei seinen Spitzelaktionen bekommt er vieles zu hören und zu sehen , was ihm zu denken gibt. Und mit zunehmenden Alter sieht er auch Wilhelm kritischer, fühlt sich missbraucht als „ Handlanger“. Doch es wird nicht leicht, sich aus Wilhelms Machtbereich zu lösen.
Der Roman zeigt eindrucksvoll, wie leicht Menschen zu manipulieren sind. Gerade bei jungen, noch ungefestigten Menschen ist es ein Leichtes, ihr Vertrauen zu gewinnen und sie in bestimmte Richtungen zu führen und zu lenken. In diesem speziellen Fall ist es umso perfider, weil Josse ein Kind war, das aufgrund seiner lieblosen Umgebung umso dankbarer auf jede Freundlichkeit reagiert hat.
Doch die Autorin will das nicht als Rechtfertigung verstanden wissen. Josse erkennt, spät erst zwar, dass sein Tun falsch war und zieht die Konsequenzen. Noch im Alter trägt er schwer an der Schuld, die er auf sich geladen hat.
Der Roman liest sich leicht und bringt uns trotzdem sehr eindringlich die gesellschaftliche Entwicklung in Nazi- Deutschland nahe. Anders als in der Großstadt bekommen die Menschen in Dorotheental die aktuellen Geschehnisse nur von weitem mit. Doch die schleichenden Veränderungen sind auch im Dorf spürbar. Die Kinder machen begeistert bei der Hitler- Jugend mit. In der Schule gilt ein anderer Lehrplan und im Dorf bestimmt der Ortsgruppenleiter. Wer sich dagegen stellt, wird zum Außenseiter und gerät ins Visier der örtlichen Nazis.
Das Buch packt den Leser von Anfang an. Gebannt und voller Empathie verfolgt man das Schicksal dieses Jungen, erlebt seine Entwicklung vom Kind zum Jugendlichen. Mögen manche Wendungen auf den ersten Blick etwas zu konstruiert sein, werden sie doch glaubhaft und nachvollziehbar geschildert.
„ Josses Tal“ ist ein lesenswertes und wichtiges Buch, das ich gerne, auch jungen Lesern, empfehle.
Dem Roman ist ein Zitat von Hannah Arendt vorangestellt: „ Die traurige Wahrheit ist, dass das Schlimmste von den Menschen begangen wird, die sich niemals dazu entscheiden, gut oder böse zu sein.“
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