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Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.
Shelly Kupferberg, geboren 1974 in Tel Aviv, ist in Westberlin aufgewachsen und hat Publizistik, Theater- und Musikwissenschaften studiert. Sie ist Journalistin und moderiert für ¿Deutschlandfunk Kultur¿ und ¿RBB Kultur¿ diverse Sendungen zu Kultur und Gesellschaft. Shelly Kupferberg lebt mit ihrer Familie in Berlin.
Produktdetails
- Verlag: Diogenes
- Originaltitel: Isidor
- Artikelnr. des Verlages: 562/07206
- 02. Aufl.
- Seitenzahl: 256
- Erscheinungstermin: 24. August 2022
- Deutsch
- Abmessung: 184mm x 121mm x 22mm
- Gewicht: 290g
- ISBN-13: 9783257072068
- ISBN-10: 3257072066
- Artikelnr.: 63727502
Herstellerkennzeichnung
Arvato Media GmbH
Reinhard-Mohn-Straße 100
33333 Gütersloh
vva-handelsbetreuung@vva-arvato.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Rezensentin Rose-Maria Gropp applaudiert Shelly Kupferberg für ein berührendes Buch über ihre eigene Familiengeschichte: Kupferbergs Urgroßonkel kam aus der tiefsten jüdischen Provinz, änderte seinen Namen von Israel zu Isidor und legte dann einen erstaunlichen und nahezu kometenhaften Aufstieg in der Wiener Haute Volée hin. Beeindruckt erzählt Gropp von der aufopferungsvollen Art, mit der sich der Kommerzienrat um seine Familie kümmerte: So zahlte er zum Beispiel dem Großvater der Autorin, Walter, sein Studium. Dieser hat ihr Isidors Lebensgeschichte erzählt und sie letztendlich motiviert, dieses Buch auch mithilfe von Archivmaterialien zu schreiben. Der Lebemann, einst geschätzt, beliebt und wohlhabend, wird Opfer der Nazis, er muss seinen ganzen Besitz aufgeben, wird gefoltert und stirbt schließlich entkräftet, bevor er die Flucht hätte antreten können, lernt die Kritikerin beinahe atemlos. Besonders erschüttert ist sie über eine Episode, die sich für Walter nach Kriegsende abspielt: Er kommt zum ersten Mal wieder nach Wien, die Nachbarn, die einige Möbelstücke der Familie haben, schlagen ihm, dem "Jud'", die Tür vor der Nase zu. Eine große Geschichte, die den ihr gebührenden Platz in der Holocaust-Literatur finden wird, schließt Gropp.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Einer mehr, der es nicht wahrhaben wollte
Kein Roman, sondern ein literarisch gefasster Bericht: Shelly Kupferberg berichtet in "Isidor" über ein jüdisches Leben in Wien, das die Nationalsozialisten vernichteten
"Mein Urgroßonkel war ein Dandy. Sein Name war Isidor. Oder Innozenz. Oder Ignaz. Eigentlich aber hieß er Israel. Doch dieser Name war zu verräterisch. Also Isidor oder Innozenz oder Ignaz. Er war ein Emporkömmling, exzentrisch, ein Parvenü, ein Multimillionär, hier und da ein Hochstapler, ein Mann der Tat und von Welt, er war eigensinnig und voller Stolz. Wie sonst lässt sich sein Aufstieg aus dem hinterletzten ärmlichen Winkel Ostgaliziens bis in die K.-u.-k.-Metropole Wien zum Kommerzienrat und
Kein Roman, sondern ein literarisch gefasster Bericht: Shelly Kupferberg berichtet in "Isidor" über ein jüdisches Leben in Wien, das die Nationalsozialisten vernichteten
"Mein Urgroßonkel war ein Dandy. Sein Name war Isidor. Oder Innozenz. Oder Ignaz. Eigentlich aber hieß er Israel. Doch dieser Name war zu verräterisch. Also Isidor oder Innozenz oder Ignaz. Er war ein Emporkömmling, exzentrisch, ein Parvenü, ein Multimillionär, hier und da ein Hochstapler, ein Mann der Tat und von Welt, er war eigensinnig und voller Stolz. Wie sonst lässt sich sein Aufstieg aus dem hinterletzten ärmlichen Winkel Ostgaliziens bis in die K.-u.-k.-Metropole Wien zum Kommerzienrat und
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wirtschaftlichen Berater des österreichischen Staates erklären?" So beginnt Shelly Kupferberg ihr Buch "Isidor - Ein jüdisches Leben".
Der "hinterletzte Winkel", in dem Isidor Ende des neunzehnten Jahrhunderts geboren wurde, heißt Lokutni in der Nähe von Lemberg, das heute Lwiw heißt und in der Westukraine liegt. Der Vater war ein Talmudgelehrter, die Mutter brachte mit ihrer Arbeit die Familie mit fünf Kindern durch, die auch ihren Nachnamen Geller trugen, weil kein Standesamt bei einer orthodoxen Ehe infrage kam. Drei von ihnen werden es später aus der Enge des Schtetl nach Wien schaffen: Israel, eben Isidor, sein Bruder Rubin, fortan Rudolf, und die Schwester Fejge, die sich Franziska nennt. Ihr Sohn Walter, den dessen Onkel Isidor unter seine Fittiche nahm, war Shelly Kupferbergs Großvater, seinen Berichten verdankt sie viel für ihre aufwühlende Geschichte.
Shelly Kupferberg ist Journalistin, sie wollte wissen, wer dieser Urgroßonkel war, der keine eigenen Nachkommen hatte, und sie hat recherchiert, auch in Österreichs Archiven, die sich ihr hilfreich öffneten. Sie wollte sein Schicksal erkunden und auch herausfinden, wo die Kunstschätze und Antiquitäten, der wertvolle Besitz Isidors hingekommen sein könnten, der ein großes Haus in der Canovagasse, im 1. Bezirk von Wien, führte, in einem Rothschild-Palais. Dafür arbeitete sie mit Rekonstruktion und Imagination - ein "Puzzle" nennt sie das selbst, dessen Teile sie klug verschränkt zu einem Gesamtbild, das so auch über Isidor Gellers individuelle Vita hinausreicht. Die ihr anvertrauten Erinnerungen aus der Familie, die Belege aus den Dokumenten wechseln ab mit erzählerischen Passagen ohne jede Larmoyanz, zugleich mit der Schärfe, die der Katastrophe der Schoa angemessen ist. Deshalb ist "Isidor" kein Roman, sondern eine bewegende Studie von literarischem Rang.
Die Kupferberg leitende Frage heißt: Warum wollte ihr Urgroßonkel übersehen, was sich längst angekündigt hatte in Wien, eigentlich schon, als er dort Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ankam, noch vor dem "Anschluss" Österreichs 1938 durch die Nationalsozialisten? Sie erkundet die Wege seines Aufstiegs seit dem Ersten Weltkrieg, wo er aufgrund seiner Begabungen und seines kaufmännischen Geschicks zum Direktor in der Lederwarenbranche avancierte, als "Leiter eines Unternehmens, das die Rohstoffe für die Ausrüstung des Militärs herstellte", was ihn von der Front befreite. Sie sieht, dass er sein Vermögen nicht ohne gelegentliche Nebengeschäfte ansammeln konnte. Eine Ehe Isidors zerbricht da: "Doch nun war er frei, steinreich, und es begann der fröhliche Teil seines Lebens. Isidor war ein gemachter Mann, und das wollte er jedem zeigen, der es wissen wollte - oder auch nicht!" Vor allem aber sieht Kupferberg, dass Isidor die gefährliche Lage verkannte. Denn er hätte ahnen müssen, was ihm dann spätestens nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten drohte, zumal der Antisemitismus auch in Österreich längst nicht mehr zu übersehen war, und er hätte wohl die Mittel und Möglichkeiten gehabt, rechtzeitig zu fliehen.
Seine hohen Ambitionen und seine Begeisterung für die schönen Künste, allen voran die Oper, reißen ihn aber weiter mit im gesellschaftlichen Leben Wiens, weg von der Realität. Er gibt in seiner geräumigen Wohnung begehrte Dinner für die Hautevolee der Stadt, ist als Lebemann bekannt und fördert seine attraktive Geliebte Ilona Hajmássy, die aus einer verarmten ungarischen Familie kommt und als Sängerin dilettiert. Sie verlässt allerdings schon 1937 Wien Richtung Hollywood. Dort hat sie, nun als Ilona Massey, sogar einigen Erfolg, so wird sie 1949, mehr als zehn Jahre nach Isidors Tod, in dem Film "Love Happy" (deutsch: "Die Marx Brothers im Theater") mitspielen, in dem auch Marilyn Monroe einen kleinen Auftritt hatte.
Ihrem Großvater Walter, zu dem Isidor eine enge Beziehung aufbaute und dessen Studium er finanzierte, gibt Kupferberg die Rolle des jugendlichen Beobachters, der ihn auch zu warnen versuchte, als die Nationalsozialisten ihren Terror gegen die jüdische Bevölkerung von Wien begannen. Doch der Onkel blieb zu lange in seiner Verkennung oder Verdrängung der Lage verfangen, bis er 1938 von der Gestapo verhaftet wurde. In einem Schulgebäude, das als provisorisches Gefängnis diente, wurde er über Monate mit anderen Glaubensgenossen gequält und geprügelt, bis er schließlich die Übergabe seiner Wertpapiere unterschrieb. Seine eigenen jahrelangen Bediensteten hatten Isidor Geller zuvor denunziert. Shelly Kupferberg schildert das Geschehen in ruhigen Sätzen, die doch vor Abscheu vibrieren.
Er konnte in die Canovagasse zurückkehren, zu Tode entkräftet. Die Schwester Franziska blieb bei ihm, um ihn zu pflegen, auch sein Neffe Walter war bis zu dessen eigener Emigration nach Palästina an seiner Seite, während die Schergen des neuen Regimes die Bestände in der Wohnung, vom wertvollen Mobiliar bis hin zu "2 Sportpelzen (einer kurz, einer lang)" auf Listen katalogisierten. Alles wurde konfisziert, Isidor hätte es zurücklassen müssen, wenn er seinen nun doch gefassten Plan, Wien zu verlassen, noch hätte verwirklichen können. Was ihm verblieben war, wollte er an seine einstige Geliebte nach Hollywood verschicken, dazu kam es nicht mehr. Isidor Geller starb am 17. November 1938.
Shelly Kupferbergs Großvater war der Historiker Walter Grab, der 1971 das Institut für Deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv gründete und bis zu seiner Emeritierung 1986 leitete. Als er 1956 erstmals wieder nach Wien reiste, so berichtet sie gleich am Anfang, ging er zur elterlichen Wohnung am Bauernfeldplatz. Er fand den Namen des einstigen Hausbesorgerpaars, nun in einer höheren Etage, und klingelte. Als ihm die Frau an der Wohnungstür öffnete und ihn erkannte, rief sie: "Der Jud' is wieda doa!" und schlug die Tür zu. Im Hintergrund konnte Walter Möbel seiner Eltern ausmachen. Er blieb daraufhin im 1948 gegründeten Staat Israel, wo auch Kupferberg 1974 geboren wurde, die in Westberlin aufwuchs und heute noch lebt.
Im Buch erwähnt die Autorin die Fotoalben ihrer Großeltern, auf denen ihre Verwandten zu sehen sind, die sie - wie auch andere Gefährten des Urgroßonkels - in Nebensträngen einprägsam porträtiert. Man kann bedauern, dass keine Fotografien im Buch abgebildet sind, man hätte gern in diese Gesichter geschaut. Aber vielleicht wollte Shelly Kupferberg genau diese Einfühlung in ein Einzelschicksal vermeiden, um die Gültigkeit ihrer Geschichte darüber hinaus einzuschreiben ins Gedächtnis des Holocausts. Das ist ihr gelungen, auf ergreifende Weise. ROSE-MARIA GROPP
Shelly Kupferberg: "Isidor". Ein jüdisches Leben.
Diogenes Verlag, Zürich 2022. 247 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der "hinterletzte Winkel", in dem Isidor Ende des neunzehnten Jahrhunderts geboren wurde, heißt Lokutni in der Nähe von Lemberg, das heute Lwiw heißt und in der Westukraine liegt. Der Vater war ein Talmudgelehrter, die Mutter brachte mit ihrer Arbeit die Familie mit fünf Kindern durch, die auch ihren Nachnamen Geller trugen, weil kein Standesamt bei einer orthodoxen Ehe infrage kam. Drei von ihnen werden es später aus der Enge des Schtetl nach Wien schaffen: Israel, eben Isidor, sein Bruder Rubin, fortan Rudolf, und die Schwester Fejge, die sich Franziska nennt. Ihr Sohn Walter, den dessen Onkel Isidor unter seine Fittiche nahm, war Shelly Kupferbergs Großvater, seinen Berichten verdankt sie viel für ihre aufwühlende Geschichte.
Shelly Kupferberg ist Journalistin, sie wollte wissen, wer dieser Urgroßonkel war, der keine eigenen Nachkommen hatte, und sie hat recherchiert, auch in Österreichs Archiven, die sich ihr hilfreich öffneten. Sie wollte sein Schicksal erkunden und auch herausfinden, wo die Kunstschätze und Antiquitäten, der wertvolle Besitz Isidors hingekommen sein könnten, der ein großes Haus in der Canovagasse, im 1. Bezirk von Wien, führte, in einem Rothschild-Palais. Dafür arbeitete sie mit Rekonstruktion und Imagination - ein "Puzzle" nennt sie das selbst, dessen Teile sie klug verschränkt zu einem Gesamtbild, das so auch über Isidor Gellers individuelle Vita hinausreicht. Die ihr anvertrauten Erinnerungen aus der Familie, die Belege aus den Dokumenten wechseln ab mit erzählerischen Passagen ohne jede Larmoyanz, zugleich mit der Schärfe, die der Katastrophe der Schoa angemessen ist. Deshalb ist "Isidor" kein Roman, sondern eine bewegende Studie von literarischem Rang.
Die Kupferberg leitende Frage heißt: Warum wollte ihr Urgroßonkel übersehen, was sich längst angekündigt hatte in Wien, eigentlich schon, als er dort Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts ankam, noch vor dem "Anschluss" Österreichs 1938 durch die Nationalsozialisten? Sie erkundet die Wege seines Aufstiegs seit dem Ersten Weltkrieg, wo er aufgrund seiner Begabungen und seines kaufmännischen Geschicks zum Direktor in der Lederwarenbranche avancierte, als "Leiter eines Unternehmens, das die Rohstoffe für die Ausrüstung des Militärs herstellte", was ihn von der Front befreite. Sie sieht, dass er sein Vermögen nicht ohne gelegentliche Nebengeschäfte ansammeln konnte. Eine Ehe Isidors zerbricht da: "Doch nun war er frei, steinreich, und es begann der fröhliche Teil seines Lebens. Isidor war ein gemachter Mann, und das wollte er jedem zeigen, der es wissen wollte - oder auch nicht!" Vor allem aber sieht Kupferberg, dass Isidor die gefährliche Lage verkannte. Denn er hätte ahnen müssen, was ihm dann spätestens nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten drohte, zumal der Antisemitismus auch in Österreich längst nicht mehr zu übersehen war, und er hätte wohl die Mittel und Möglichkeiten gehabt, rechtzeitig zu fliehen.
Seine hohen Ambitionen und seine Begeisterung für die schönen Künste, allen voran die Oper, reißen ihn aber weiter mit im gesellschaftlichen Leben Wiens, weg von der Realität. Er gibt in seiner geräumigen Wohnung begehrte Dinner für die Hautevolee der Stadt, ist als Lebemann bekannt und fördert seine attraktive Geliebte Ilona Hajmássy, die aus einer verarmten ungarischen Familie kommt und als Sängerin dilettiert. Sie verlässt allerdings schon 1937 Wien Richtung Hollywood. Dort hat sie, nun als Ilona Massey, sogar einigen Erfolg, so wird sie 1949, mehr als zehn Jahre nach Isidors Tod, in dem Film "Love Happy" (deutsch: "Die Marx Brothers im Theater") mitspielen, in dem auch Marilyn Monroe einen kleinen Auftritt hatte.
Ihrem Großvater Walter, zu dem Isidor eine enge Beziehung aufbaute und dessen Studium er finanzierte, gibt Kupferberg die Rolle des jugendlichen Beobachters, der ihn auch zu warnen versuchte, als die Nationalsozialisten ihren Terror gegen die jüdische Bevölkerung von Wien begannen. Doch der Onkel blieb zu lange in seiner Verkennung oder Verdrängung der Lage verfangen, bis er 1938 von der Gestapo verhaftet wurde. In einem Schulgebäude, das als provisorisches Gefängnis diente, wurde er über Monate mit anderen Glaubensgenossen gequält und geprügelt, bis er schließlich die Übergabe seiner Wertpapiere unterschrieb. Seine eigenen jahrelangen Bediensteten hatten Isidor Geller zuvor denunziert. Shelly Kupferberg schildert das Geschehen in ruhigen Sätzen, die doch vor Abscheu vibrieren.
Er konnte in die Canovagasse zurückkehren, zu Tode entkräftet. Die Schwester Franziska blieb bei ihm, um ihn zu pflegen, auch sein Neffe Walter war bis zu dessen eigener Emigration nach Palästina an seiner Seite, während die Schergen des neuen Regimes die Bestände in der Wohnung, vom wertvollen Mobiliar bis hin zu "2 Sportpelzen (einer kurz, einer lang)" auf Listen katalogisierten. Alles wurde konfisziert, Isidor hätte es zurücklassen müssen, wenn er seinen nun doch gefassten Plan, Wien zu verlassen, noch hätte verwirklichen können. Was ihm verblieben war, wollte er an seine einstige Geliebte nach Hollywood verschicken, dazu kam es nicht mehr. Isidor Geller starb am 17. November 1938.
Shelly Kupferbergs Großvater war der Historiker Walter Grab, der 1971 das Institut für Deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv gründete und bis zu seiner Emeritierung 1986 leitete. Als er 1956 erstmals wieder nach Wien reiste, so berichtet sie gleich am Anfang, ging er zur elterlichen Wohnung am Bauernfeldplatz. Er fand den Namen des einstigen Hausbesorgerpaars, nun in einer höheren Etage, und klingelte. Als ihm die Frau an der Wohnungstür öffnete und ihn erkannte, rief sie: "Der Jud' is wieda doa!" und schlug die Tür zu. Im Hintergrund konnte Walter Möbel seiner Eltern ausmachen. Er blieb daraufhin im 1948 gegründeten Staat Israel, wo auch Kupferberg 1974 geboren wurde, die in Westberlin aufwuchs und heute noch lebt.
Im Buch erwähnt die Autorin die Fotoalben ihrer Großeltern, auf denen ihre Verwandten zu sehen sind, die sie - wie auch andere Gefährten des Urgroßonkels - in Nebensträngen einprägsam porträtiert. Man kann bedauern, dass keine Fotografien im Buch abgebildet sind, man hätte gern in diese Gesichter geschaut. Aber vielleicht wollte Shelly Kupferberg genau diese Einfühlung in ein Einzelschicksal vermeiden, um die Gültigkeit ihrer Geschichte darüber hinaus einzuschreiben ins Gedächtnis des Holocausts. Das ist ihr gelungen, auf ergreifende Weise. ROSE-MARIA GROPP
Shelly Kupferberg: "Isidor". Ein jüdisches Leben.
Diogenes Verlag, Zürich 2022. 247 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Behutsam tasted sich Shelly Kupferberg an Isidors Schicksal heran, erzählt nicht nur von ihm, sondern auch von den Menschen um ihn herum.« Bettina Baltschev / MDR Kultur MDR Kultur
Nathan Sznaider
Soziologe
Eine gut geschriebene Geschichte hat die Fähigkeit, die finstere Nacht zu erhellen. Und es ist besser, gute Geschichten zu erzählen, als mit mahnenden Stimmen und ernster Miene bei Gedenkveranstaltungen zu konstatieren, dass Antisemitismus in Deutschland keinen Platz hat. Denn Antisemitismus, das Ressentiment gegen Juden, hat ja nie den Platz geräumt. Mein Buch des Jahres ist deshalb „Isidor. Ein jüdisches Leben“ (Diogenes, Zürich 2022, 256 Seiten, 24 Euro) von Shelly Kupferberg. „Isidor“ ist nicht nur die Geschichte eines jüdischen Kaufmanns in Wien, sondern auch jüdische Literatur par excellence. Es geht um Einwanderung, Tradition und Moderne, Vergangenheit und Gegenwart, den Verlust der Würde, allgemeine und jüdische Themen, die Shelly Kupferberg durch Leben und Tod ihres Urgroßonkels aufrichtig beschreibt.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Soziologe
Eine gut geschriebene Geschichte hat die Fähigkeit, die finstere Nacht zu erhellen. Und es ist besser, gute Geschichten zu erzählen, als mit mahnenden Stimmen und ernster Miene bei Gedenkveranstaltungen zu konstatieren, dass Antisemitismus in Deutschland keinen Platz hat. Denn Antisemitismus, das Ressentiment gegen Juden, hat ja nie den Platz geräumt. Mein Buch des Jahres ist deshalb „Isidor. Ein jüdisches Leben“ (Diogenes, Zürich 2022, 256 Seiten, 24 Euro) von Shelly Kupferberg. „Isidor“ ist nicht nur die Geschichte eines jüdischen Kaufmanns in Wien, sondern auch jüdische Literatur par excellence. Es geht um Einwanderung, Tradition und Moderne, Vergangenheit und Gegenwart, den Verlust der Würde, allgemeine und jüdische Themen, die Shelly Kupferberg durch Leben und Tod ihres Urgroßonkels aufrichtig beschreibt.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Rezensentin Rose-Maria Gropp applaudiert Shelly Kupferberg für ein berührendes Buch über ihre eigene Familiengeschichte: Kupferbergs Urgroßonkel kam aus der tiefsten jüdischen Provinz, änderte seinen Namen von Israel zu Isidor und legte dann einen erstaunlichen und nahezu kometenhaften Aufstieg in der Wiener Haute Volée hin. Beeindruckt erzählt Gropp von der aufopferungsvollen Art, mit der sich der Kommerzienrat um seine Familie kümmerte: So zahlte er zum Beispiel dem Großvater der Autorin, Walter, sein Studium. Dieser hat ihr Isidors Lebensgeschichte erzählt und sie letztendlich motiviert, dieses Buch auch mithilfe von Archivmaterialien zu schreiben. Der Lebemann, einst geschätzt, beliebt und wohlhabend, wird Opfer der Nazis, er muss seinen ganzen Besitz aufgeben, wird gefoltert und stirbt schließlich entkräftet, bevor er die Flucht hätte antreten können, lernt die Kritikerin beinahe atemlos. Besonders erschüttert ist sie über eine Episode, die sich für Walter nach Kriegsende abspielt: Er kommt zum ersten Mal wieder nach Wien, die Nachbarn, die einige Möbelstücke der Familie haben, schlagen ihm, dem "Jud'", die Tür vor der Nase zu. Eine große Geschichte, die den ihr gebührenden Platz in der Holocaust-Literatur finden wird, schließt Gropp.
© Perlentaucher Medien GmbH
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In diesem Buch erzählt die in Tel Aviv geborene Journalistin Shelly Kupferberg die Geschichte ihres Urgroßonkels Israel Isidor Geller, der im Jahre 1938 von den in Österreich einmarschierten Nazis in den Tod getrieben wurde. Sie erzählt von seiner Kindheit in ärmlichen …
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In diesem Buch erzählt die in Tel Aviv geborene Journalistin Shelly Kupferberg die Geschichte ihres Urgroßonkels Israel Isidor Geller, der im Jahre 1938 von den in Österreich einmarschierten Nazis in den Tod getrieben wurde. Sie erzählt von seiner Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, von seinen Eltern und Geschwistern, von seinen Träumen und Wünschen, dieser Welt zu entfliehen. Mit Ehrgeiz und Fleiß schafft es Isidor in die oberen Kreise, wird Kommerzialrat, Beraters des österreichischen Staates und Multimillionär. Er liebt die schönen Künste und die Frauen, Bescheidenheit ist ihm fremd. Als die Anzeichen sich mehren, dass ein Auswandern sicherer wäre als zu bleiben, schlägt Isidor alle Warnungen in den Wind, schließlich ist er Jemand und von seiner Stellung in der Gesellschaft überzeugt. Dies erweist sich als Fehler.
Die Art und Weise der Erzählung hat mir sehr gefallen, denn die Autorin konzentriert sich nicht nur auf Isidor, sondern bezieht seine Familie, Freunde, Weggefährten und viele andere Personen in die Geschichte mit ein. Ihre penibel recherchierten Ergebnisse teilt sie mit uns und dies tut sie auf solch interessante Weise, dass es mir schwergefallen ist, das Buch aus der Hand zu legen. Der Roman ist nicht chronologisch geordnet und dies machte einen großen Reiz für mich aus, den oft dachte ich, dass da eine interessante Person war, über die ich gerne mehr erfahren würde, und schon ging es mit dieser im nächsten Kapitel weiter. Was sich chaotisch anhört, war das Gegenteil davon, denn die eingefügten Geschichten ergänzten die Erzählung so wunderbar, dass jede Frage sich erübrigte und ein Gesamtbild entstand.
Vieles wusste ich aus dieser Zeit, einiges war mir aber auch neu. Es gab mehrere Stellen im Buch, an denen ich vor Emotionen überfloss und nicht wusste, wohin mit meinen Gefühlen. Ich kann mir nicht mal annähernd vorstellen, wie dies für Shelly Kupferberg gewesen sein muss, deren Familiengeschichte dies ist. Ein grandioses Debüt und ein Buch, das mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung.
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Ich kannte die Autorin vorher nicht und war aber, nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, umso gespannter auf dieses schmale Büchlein vom Diogenes Verlag.
Das Schicksal von Dr. Isidor Geller ist eines von vielen jüdischen Bürgern, die auch das gleiche erlitten haben. Dadurch, dass …
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Ich kannte die Autorin vorher nicht und war aber, nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, umso gespannter auf dieses schmale Büchlein vom Diogenes Verlag.
Das Schicksal von Dr. Isidor Geller ist eines von vielen jüdischen Bürgern, die auch das gleiche erlitten haben. Dadurch, dass es anhand eines Einzelschicksals erzählt wird, ist es um so eindringlicher und erschreckender.
Stück für Stück musste ich miterleben, wie Isidor systhematisch von den Nazis zugrunde gerichtet wird und alles verliert. Toll finde ich auch das Interview am Ende des Buches mit der Autorin, das alles noch einmal intensiver macht.
Fazit: Ein großartiges Buch, dass mich gefesselt hat und das ich nur zu gerne weiter empfehlen kann. Es hat mir wieder einmal bewusst gemacht, wie grauenvoll die Taten waren, die die Nazis begangen haben. Aber leider sind solche Schicksale, in Kriegsgebieten immer noch an der Tagesordnung. Die Menschheit hat leider nichts dazu gelernt.
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Isidor. eigentlich ist sein Geburtsname Israel, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Lemberg geboren. Klug, ehrgeizig und eloquent macht er Karriere in Wien. Als Kommerzienrat Dr. Isidor Geller ist er bekannt, beliebt und lebt aus dem Vollen, vermögend genug ist er. Bis März 1938 …
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Isidor. eigentlich ist sein Geburtsname Israel, in einem kleinen Dorf in der Nähe von Lemberg geboren. Klug, ehrgeizig und eloquent macht er Karriere in Wien. Als Kommerzienrat Dr. Isidor Geller ist er bekannt, beliebt und lebt aus dem Vollen, vermögend genug ist er. Bis März 1938 dann kommt der Anschluss von Österreich an das nationalsozialistische Deutschland. Als Jude ist er allen erdenklichen Repressalien ausgesetzt. Sein Vermögen wird gestohlen, er wird gefoltert am Ende ermordet. Ein Neffe von ihm schafft es nach Palästina und ist der Großvater der Autorin.
Als Journalistin ist sie mit Recherche und Berichterstattung vertraut. Sie gibt Isidor sein Leben, seine Geschichte zurück. Anhand von alten Fotos, Briefen und vor allem den Berichten und Dokumenten der akribischen Bürokratie der Nationalsozialisten konnte sie das Leben und den Untergang ihres Urgroßonkels rekonstruieren.
Alle Details kann ich als Leserin nachverfolgen. Die Begeisterung von 97% der österreichischen Bevölkerung, das Drangsalieren der jüdischen Bevölkerung. Die Sorgfalt und Genauigkeit beim bürokratischen Erfassen der Vermögenswerte und allem Eigentums der Juden, ist mit sehr vielen Dokumenten belegt.
Die Autorin erzählt auch wie ihr Großvater 1956 zurück nach Wien in seine Heimatstadt geht. Wie er Menschen trifft, die seine Familie verraten haben, er trifft Menschen in deren Wohnung er Möbel seiner Eltern erkennt.
Der Schock das sich diese Menschen immer noch keiner Schuld bewusst sind, trifft nicht nur ihn sondern auch mich als Leserin.
Dieses Buch ist einerseits eine Biographie und auf der anderen Seite, eine in meinen Augen hervorragende journalistische Arbeit. Die Autorin liefert Tatsachen, der Protagonist hat real gelebt und gelitten. Sie beschreibt seinen Aufstieg, sein erfolgreiches Leben und den Absturz den er nicht selber verschuldet hat.
Ein Buch das niemanden unberührt und auch nicht wieder los lässt.
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Dr. Isidor Geller hat es hautnah miterlebt. Die steigende Macht Hitlers und die enormen Auswirkungen dieser Macht auf, unter anderem, das jüdische Volk.
Aus seiner Heimat Galiziens nach Wien gezogen, erhofft er sich hier ein angenehmes Leben in den gehobenen Kreisen der Gesellschaft. Doch …
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Dr. Isidor Geller hat es hautnah miterlebt. Die steigende Macht Hitlers und die enormen Auswirkungen dieser Macht auf, unter anderem, das jüdische Volk.
Aus seiner Heimat Galiziens nach Wien gezogen, erhofft er sich hier ein angenehmes Leben in den gehobenen Kreisen der Gesellschaft. Doch sowie er dies erreicht, ändert der politische Umsturz das Leben unter anderem seiner Familie.
Zu Beginn des Buches musste ich mir erst einmal mit den vorkommenden Namen zurechtfinden, was sich nicht ganz so einfach gestaltet hat. Ganz hinten im Buch ist ein Stammbaum zu finden, welcher hierbei sicherlich nützlich gewesen wäre!
Als ich die Namen in meinem Kopf schlussendlich zuordnen konnte fand ich diese Familiengeschichte sehr mitreißend.
Ohne sich in Details zu verlaufen hat es die Autorin geschafft dem Leser bzw. der Leserin den Ernst der damaligen Zeit darzustellen.
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Eine ungewöhnliche Karriere.
Shelley Kupferberg hat mit viel Recherchearbeit und Fleiß das Leben ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller nachverfolgt und zu Papier gebracht.
Damit setzt sie ihm ein Denkmal und eine Mahnung für die Welt nach ihm. Ein jüdisches Leben, das …
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Eine ungewöhnliche Karriere.
Shelley Kupferberg hat mit viel Recherchearbeit und Fleiß das Leben ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller nachverfolgt und zu Papier gebracht.
Damit setzt sie ihm ein Denkmal und eine Mahnung für die Welt nach ihm. Ein jüdisches Leben, das so, wahrscheinlich einmalig war und in den Strudel des Nationalsozialismus geriet.
Aufregend, spannend, humorvoll und tragisch schildert sie seine Zeit. Lässt ihn für die Leser noch einmal lebendig werden und gibt ihm eine Stimme. Auch wenn er seinen Namen Israel ablegte und seinem Glauben den Rücken kehrte, traf auch ihn, der sich als Österreicher sah, dass Schicksal von Millionen Juden.
Die Autorin hat hier eine Geschichte verfasst, die mich total gefesselt hat. Ich fand es unglaublich interessant mitzuerleben, wie unaufhaltsam und grausam der Antisemitismus voranschritt und die Menschen ins Unglück stürzte.
Ein Buch das auch Mahnung ist für nachfolgende Generationen.
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ISIDOR - Ein jüdisches Leben
Shelly Kupferberg
"Sein Name war Isidor. Oder Innozenz. Oder Ignaz. Eigentlich aber hiesst er Israel. Doch dieser Name war zu verräterisch […].“ (S.7)
Shelly Kupferberg erzählt uns nicht nur die Geschichte ihres Großonkels …
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ISIDOR - Ein jüdisches Leben
Shelly Kupferberg
"Sein Name war Isidor. Oder Innozenz. Oder Ignaz. Eigentlich aber hiesst er Israel. Doch dieser Name war zu verräterisch […].“ (S.7)
Shelly Kupferberg erzählt uns nicht nur die Geschichte ihres Großonkels Isidor, dem jüdischen, sturen und eigensinnigen Lebemann, dem Dandy, Kunstliebhaber, Emporkömmling, Exzentriker, dem Multimillionär, der von Zeit zu Zeit ein Hochstapler war, sondern auch von Isidors Familie; seinen Geschwistern, Brüdern, Schwestern, Neffen und Nichten. Er war der Mann, der die Familienmitglieder unterstützte. Er war überhaupt eine Stütze der Wiener Gesellschaft.
Niemals hätte er gedacht, dass die Nazis ihm, bei seinem Reichtum, Wohlstand und Stellung, etwas anhaben könnten. Doch er hatte sich geirrt.
Ein jüdisches Leben, eine weitere traurige Geschichte.
Shelly Kupferberg hat ohne Zweifel gut recherchiert. Sachlich, nüchtern und chronologisch ist ihr Schreibstil. Doch irgendwas fehlte mir - trotz des grausigen Schauplatzes, vermag es die Autorin nicht, mich emotional zu berühren. Vielleicht, weil mir Isidor bis zum Schluss fremd blieb oder hatte ich zu große Erwartungen an das Buch, das hier hoch gelobt wurde? Oder war es doch der sachliche Stil? Wie dem auch sei, eine gute und interessante Unterhaltung war es allemal.
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Das Cover ist typisch für den Verlag - Diogenes - und am Ende des Buches hat sich mir erschlossen, warum dies Cover gewählt wurde.
Der Titel des Buches lautet zwar 'Isidor' doch erzählt die Autorin eigentlich die Geschichte ihrer ganzen Familie in Rückblicken und Vorgriffen. …
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Das Cover ist typisch für den Verlag - Diogenes - und am Ende des Buches hat sich mir erschlossen, warum dies Cover gewählt wurde.
Der Titel des Buches lautet zwar 'Isidor' doch erzählt die Autorin eigentlich die Geschichte ihrer ganzen Familie in Rückblicken und Vorgriffen. Manchmal war es schwierig, dem zu folgen, da man bei den Kapiteln immer erst schauen musste, um wen es gerade geht. Doch das macht auch den Reiz des Buches aus, denn es wird nicht nur ein Charakter beleuchtet, sondern auch viele Nebenfiguren, die zu dem damaligen Leben im Wien der zwanziger und dreißiger Jahre dazu gehörten. Man erfährt viel über die gesellschaftlichen Verflechtungen des Wiener Bürgertums, den Verbindungen der jüdischen Bevölkerung untereinander und in die alte Heimat. Fast ein wenig gruselig deucht mich manches Mal das Nichtsehenwollen oder Wegignorieren der Gefahr, nur weil man 'gut situiert und anerkannt?' war. Aber das mag meiner späten Geburt geschuldet sein, die in solch einer Zeit nicht lebte. Schön auch der Stammbaum der Familie im Anhang zum besseren Verständnis.
Für mich ist ein eindringliches Buch der leisen Töne, aber es sollte unbedingt gelesen werden!
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Definitiv mein Highlight aus dem Bücherjahr 2022! Bereits das sehr treffende und ansprechende Cover zieht einen in der Buchhandlung regelrecht in den Bann. Eines der wenigen Bücher, die man am Stück durchliest, weil man es nicht weglegen kann.
Das Buch erzählt von dem Leben des …
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Definitiv mein Highlight aus dem Bücherjahr 2022! Bereits das sehr treffende und ansprechende Cover zieht einen in der Buchhandlung regelrecht in den Bann. Eines der wenigen Bücher, die man am Stück durchliest, weil man es nicht weglegen kann.
Das Buch erzählt von dem Leben des Urgroßonkels der Autorin in Wien und basiert auf deren Recherchen in Archiven. Geschildert wird der gesellschaftliche Aufstieg in die oberen Kreise Wiens und der spätere gesellschaftliche Sturz in der Zeit des Einmarsches Hitlers in Österreich. In spannender und zugleich tragischer Weise wird dargestellt, wie jüdische Familien grundlos gedemütigt wurden und wer konnte, Österreich verlassen hatte. Ein bewegendes Buch, das gelesen werden will.
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Den Anfang von „Isidor“ fand ich noch etwas schleppend, denn nicht nur, dass man Isidor zunächst eher als Nebenfigur erlebt, nein, im nächsten Moment bekommt man eine komplette Familie vorgestellt und der erste Satz lautet zwar „Mein Urgroßonkel war ein …
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Den Anfang von „Isidor“ fand ich noch etwas schleppend, denn nicht nur, dass man Isidor zunächst eher als Nebenfigur erlebt, nein, im nächsten Moment bekommt man eine komplette Familie vorgestellt und der erste Satz lautet zwar „Mein Urgroßonkel war ein Dandy.“, aber ohne jegliche Hintergrundinfos war es meines Erachtens da doch noch schwer nachzuvollziehen, ob die Autorin tatsächlich mit der Erzählerin identisch wäre, denn eingangs wirkte die gesamte Schilderung für mich noch sehr distanziert. Das verlor sich im weiteren Verlauf aber sehr: Persönlich hatte ich letztlich den Eindruck, dass die Autorin über „Fremde“ zu recherchieren begonnen hatte und in diesen letztlich doch ihre Familie und deren Geschichte erkannt hat, und sich diese anfängliche Kühle auch im Beginn dieser Biografie widerspiegelte.
Ich hatte zudem erwartet, dass sich das Buch sehr viel mehr um Isidor drehen würde; stattdessen kam er mir wie ein zentraler (und im Vergleich sehr schillernder) Fixpunkt vor, um den alles und jeder drumherum ermittelt wurde; ich habe „Isidor“ sehr viel mehr als „Eine jüdische Familie“ anstelle „eines jüdischen Lebens“ empfunden. Da hatte ich mir angesichts des Klappentexts, der für mich zudem gar eher nach Belletristik und weniger nach Sachbuch klingt, definitiv einen etwas anderen Inhalt vorgestellt.
Die Recherchearbeit, die Shelly Kupferberg geleistet haben muss, muss definitiv enorm gewesen sein: das Buch beleuchtet vor Allem die Zeit des Nationalsozialismus noch vor dem endgültigen Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und was ich hier besonders interessant fand, war die Schilderung der nötigen Voraussetzungen, um emigrieren zu können. Sehr viele Bücher bzgl. jener Zeit konzentrieren sich doch auf die Umstände des Holocausts bzw. erwähnen zwar mal Menschen, „die noch zeitig fliehen konnten“ bzw. „die noch vor Ausbruch des 2. Weltkriegs nach Israel, in die USA… übersiedeln konnten“, aber mir war weitgehend unbekannt, welche Unterlagen da doch auch dem nationalsozialistischen Regime noch vorgelegt und welche „Gebühren“ gezahlt werden mussten etc., und ich fand es spannend, dass die Autorin sich schließlich sogar auf die Suche nach dem (benennen wir es ganz ehrlich) geraubten Eigentum ihrer Vorfahren machte und dabei tatsächlich auf, noch bestehende, Spuren ihrer Familie stieß.
Da war „Isidor“ nun deutlich aufschlussreicher als andere Werke, in denen zwar erwähnt wird, dass und was die Nazis ihren Opfern genommen haben, in denen aber offen bleibt, was genau mit diesen Dingen passiert ist.
Das Buch ist sehr sachlich gehalten, auch wenn man dem Text meiner Meinung nach mehr und mehr eben den persönlichen Bezug der Autorin zu den beschriebenen Personen anmerkt, journalistisch-fundiert und was mich letztlich auch sehr begeistert hat, ist das Cover, was mich auf der einen Seite zwar sofort total angesprochen hatte, aber auf der anderen Seite ohne jeglichen Bezug zum Roman wirkte. Aber zum Schluss findet sich hier noch ein Interview mit der Autorin, in dem sie einen eigenen Besuch an Isidors Grab schildert, und da wird es plötzlich absolut offensichtlich, was es mit ausgerechnet diesem Reh vom Cover auf sich hat. Tatsächlich hat „Isidor“ da eines der zum Inhalt passendsten Covermotive, die ich seit Langem, wenn nicht überhaupt, gesehen habe.
Nun hatte ich zwar eine eindeutigere Fokussierung auf den titelgebenden Isidor erwartet, aber insgesamt hat mich dann doch begeistert, dass hier mehr oder weniger ein vollständiges Konstrukt aus Verwandten und Bekannten um ihn herum beleuchtet wurde, da das Ganze so sehr vielschichtiger, und in gewisser Weise auch bedrückender, wurde, da man sehr deutlich gemacht bekam, wie die Geschehnisse damals auch Familien entfremdeten und wie sehr sich selbst in derselben Blase die persönlichen Eindrücke und Befürchtungen teils voneinander unterschieden. Da ist es der Autorin sehr gut gelungen, den Personen ein eigenes Gesicht zu geben und sie nicht in einer homogenen Gruppe miteinander verschwimm
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Die Autorin Shelly Kupferberg begibt sich in die Vergangenheit ihrer Vorfahren und erzählt die Geschichte ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller sowie seiner Verwandten und Freunde.
Isidor Geller ist jüdischer Herkunft und wächst in ärmlichen Verhältnissen in Galizien …
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Die Autorin Shelly Kupferberg begibt sich in die Vergangenheit ihrer Vorfahren und erzählt die Geschichte ihres Urgroßonkels Dr. Isidor Geller sowie seiner Verwandten und Freunde.
Isidor Geller ist jüdischer Herkunft und wächst in ärmlichen Verhältnissen in Galizien (Israel) auf. Nach seiner Gymnasien Ausbildung verschlägt es ihn, wie auch seine Geschwister, nach Wien und erhofft sich in der Stadt Karriere zu machen.
Diese lässt auch nicht allzu lange auf sich warten. In einer Lederfabrik arbeitet er sich in kürzester Zeit bis zum Direktor empor und macht im 1. Weltkrieg Millionen. Viele Jahre lebt er im Reichtum und als Teil in der gehobenen Gesellschaft Wien´s. Bis sich mit der Machtübernahme der Nazi´s und Anschluss ans Deutsche Reich alles ändern sollte.
Frau Shelly Kupferberg hat die Lebensgeschichte ihrer Familie ausführlich recherchiert. Sie bezieht sich auf Erzählungen sowie Unterlagen, Fotos, Briefe aus der Wohnung ihres Großvaters in Tel-Aviv. In vielen öffentlichen Archiven wurde sie ebenso überraschend umfangreich fündig.
Gut hat mir gefallen, dass sich am Ende des Buches ein Stammbaum der Familie befindet, der das Lesen und erkennen der Zusammenhänge sehr erleichtert.
So ist ihr eine authentische Biografie der so vielen tragischen Schicksalen im 2. Weltkrieg und damit verbundenen Holocaust gelungen.
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