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Sie wollen das perfekte Paar sein, Kinder und Beruf unter einen Hut bringen, alles irgendwie richtig machen. Und sie finden die ideale Nanny, die ihnen das alles erst möglich macht. Doch wie gut kann man einen fremden Menschen kennen? Und wie sehr kann man ihm vertrauen?Sie haben Glück gehabt, denken sich Myriam und Paul, als sie Louise einstellen - eine Nanny wie aus dem Bilderbuch, die auf ihre beiden kleinen Kinder aufpasst, in der schönen Pariser Altbauwohnung im 10. Arrondissement. Sie ahnen nichts von den Abgründen und von der Verletzlichkeit der Frau, der sie das Kostbarste anvertra...
Sie wollen das perfekte Paar sein, Kinder und Beruf unter einen Hut bringen, alles irgendwie richtig machen. Und sie finden die ideale Nanny, die ihnen das alles erst möglich macht. Doch wie gut kann man einen fremden Menschen kennen? Und wie sehr kann man ihm vertrauen?
Sie haben Glück gehabt, denken sich Myriam und Paul, als sie Louise einstellen - eine Nanny wie aus dem Bilderbuch, die auf ihre beiden kleinen Kinder aufpasst, in der schönen Pariser Altbauwohnung im 10. Arrondissement. Sie ahnen nichts von den Abgründen und von der Verletzlichkeit der Frau, der sie das Kostbarste anvertrauen. Von der tiefen Einsamkeit, in der sich Louise zu verlieren droht. Bis eines Tages die Tragödie über die kleine Familie hereinbricht. Ebenso unaufhaltsam wie schrecklich.
Sie haben Glück gehabt, denken sich Myriam und Paul, als sie Louise einstellen - eine Nanny wie aus dem Bilderbuch, die auf ihre beiden kleinen Kinder aufpasst, in der schönen Pariser Altbauwohnung im 10. Arrondissement. Sie ahnen nichts von den Abgründen und von der Verletzlichkeit der Frau, der sie das Kostbarste anvertrauen. Von der tiefen Einsamkeit, in der sich Louise zu verlieren droht. Bis eines Tages die Tragödie über die kleine Familie hereinbricht. Ebenso unaufhaltsam wie schrecklich.
Leïla Slimani gilt als die aufregendste literarische Stimme Frankreichs. Die französisch-marokkanische Schriftstellerin und Journalistin wurde 1981 in Rabat geboren und kam mit 17 Jahren nach Paris, wo sie an der renommierten Universität Sciences Po studierte. 'Dann schlaf auch du' wurde 2016 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet und erscheint in 42 Sprachen. Ihr ebenfalls preisgekrönter Debütroman 'All das zu verlieren' wird im Frühjahr 2018 auf Deutsch vorliegen. Zuletzt erschien von ihr bei btb der Band "Sex und Lügen" - Gespräche mit Frauen aus der islamischen Welt. Staatspräsident Emmanuel Macron ernannte Leïla Slimani Ende 2017 zur persönlichen Beauftragten zur Pflege des französischen Sprachraums. Sie lebt mit ihrer Familie in Paris.
Produktdetails
- btb 71742
- Verlag: btb
- Originaltitel: Chanson douce
- Seitenzahl: 224
- Erscheinungstermin: 8. Oktober 2018
- Deutsch
- Abmessung: 186mm x 118mm x 20mm
- Gewicht: 186g
- ISBN-13: 9783442717422
- ISBN-10: 3442717426
- Artikelnr.: 52392141
Herstellerkennzeichnung
btb Taschenbuch
Neumarkter Straße 28
81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
»Es ist klar, es ist schmerzhaft, es ist großartig.« Annabelle Hirsch / Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Warnung vor einem Roman
"Dann schlaf auch du", das neue Buch der Französin Leïla Slimani, erzählt von einem mordenden Kindermädchen und mütterlichen Schuldgefühlen. Es ist klar, es ist schmerzhaft, und es ist großartig
Vielleicht muss man vor diesem Buch warnen: Es könnte sein, dass es schockt. Dass es schmerzt. Dass man nach dieser Rezension sagt: "Auf keinen Fall lese ich das!" Das wäre sogar verständlich. Vor manchen Dingen möchte man sich lieber schützen. Trotzdem wäre es schade. Denn Leïla Slimanis neues Buch, das auf Deutsch gerade unter dem nicht ganz so grausamen Titel "Dann schlaf auch du" erschienen ist (im Französischen heißt es "Chanson Douce", wie in dem Lied "Une chanson douce que me chantait ma
"Dann schlaf auch du", das neue Buch der Französin Leïla Slimani, erzählt von einem mordenden Kindermädchen und mütterlichen Schuldgefühlen. Es ist klar, es ist schmerzhaft, und es ist großartig
Vielleicht muss man vor diesem Buch warnen: Es könnte sein, dass es schockt. Dass es schmerzt. Dass man nach dieser Rezension sagt: "Auf keinen Fall lese ich das!" Das wäre sogar verständlich. Vor manchen Dingen möchte man sich lieber schützen. Trotzdem wäre es schade. Denn Leïla Slimanis neues Buch, das auf Deutsch gerade unter dem nicht ganz so grausamen Titel "Dann schlaf auch du" erschienen ist (im Französischen heißt es "Chanson Douce", wie in dem Lied "Une chanson douce que me chantait ma
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maman . . ."), ist wahnsinnig gut. Es geht um eine mordende Nanny, das ist schrecklich, aber der Roman ist großartig. Noch großartiger als Slimanis vorheriger, ihr allererster.
In "Dans le Jardin de l'Ogre" (der auf Deutsch voraussichtlich im kommenden Herbst erscheinen wird) ging es um eine Nymphomanin, eine Frau, die sich durch das zu enge, zu graue Paris wie durch ihr zu enges, zu graues Leben als Ehefrau und Mutter schleppte. Sie erstickte an den Konventionen, den vorgeformten Lebensentwürfen, den vorhersehbaren Gesprächen, an den abstrakten Moralvorstellungen, an der Genügsamkeit, mit der ihre Mitmenschen ihre Existenzen hinnehmen. Adèle war eine Frau, die zerbrach am Dahinplätschern des Alltags und die mit allen Mitteln versuchte, etwas Starkes zu spüren.
In "Dann schlaf auch du" ist alles ein bisschen anders. Erstens geht es nicht um Sex, sondern um Mord. Zweitens ist es hier nicht die Protagonistin, die versucht, sich aus ihrer Taubheit zu befreien, sondern Slimani, die dem Leser eine riesige Ohrfeige gibt. Gleich auf der ersten Seite, als wolle sie ihn wachrütteln, statt sich immer nur selbst weh zu tun. "Das Baby ist tot" lautet der erste Satz des Buches, ein paar Absätze weiter erfahren wir, dass auch seine Schwester, die "wie eine Wilde" (die Übersetzung trifft Slimanis sehr klare Sprache leider nicht immer gut) um ihr Leben gekämpft hat, ihren Verletzungen erliegen wird. Zwei Kinder sterben, erstochen von ihrer Nanny. Das sind die ersten drei Seiten. Danach geht Slimani in der Zeit zurück. Sie erzählt vom sehr normalen Alltag dieser sehr normalen Familie.
Paul und Myriam, die Eltern, sind "Bobos", wie man sie treffender nicht hätte beschreiben können: Sie sind beide Mitte dreißig, Paul ist Musikproduzent, Myriam Juristin, sie leben im 10. Arrondissement von Paris, in einer Wohnung, die eigentlich zu klein ist, aber was soll man tun, Paris eben. Sie haben viele schöne Prinzipien, die sich bisher kaum an der Realität messen mussten, und wenn es um ihre Familie geht, dann schmeißen sie sie auch gerne mal über Bord. Dann ist es nicht frauenfeindlich, sondern nur sinnvoll, dass die Nanny keine Kinder haben soll, weil sie sonst unflexibler ist. Die Familie steht über allem, so muss das sein.
Deshalb entschloss sich Myriam bei der Geburt ihrer Tochter Mila, zu Hause zu bleiben, um nach der Geburt des kleinen Adam festzustellen, dass diese sogenannten "einfachen Freuden" ihr nicht reichen. Die Langsamkeit dieses Daseins erdrückt sie, sie will arbeiten. Also suchen sie eine Nanny. Und finden sie. Louise ist perfekt. Sie kümmert sich um die Kinder (die sie lieben), um den Haushalt (der plötzlich nicht mehr wie ein unbesiegbares Monster erscheint), sie kocht, wäscht, putzt. Sie ist immer da, wenn man sie braucht, aber so diskret, dass sie nie stört. Myriam und Paul leben auf, es scheint, als nehme ihr Leben Fahrt auf, als würde jetzt alles schneller und heller.
Ihnen scheint das so, wir wissen längst, worauf das alles hinausläuft. Manchmal ist es, als würde man einen Horrorfilm schauen, würde sehen, wie die Frau unbekümmert das Zimmer betritt, in dem der Mörder hinter dem Vorhang lauert. Man will den Eltern zurufen: "Schmeißt sie raus!", will, dass sie die Zeichen richtig lesen, die wir als Vorboten erkennen. Aber natürlich kapieren die beiden gar nichts. Es macht sich ein Unwohlsein breit, aber sie verstehen nicht, warum, sie schauen permanent in die falsche Richtung. Sie beschäftigen sich mit Trivialitäten, sind selbstgefällig, machen sich Sorgen darüber, ob sie gute Chefs sind. Sie sind darum bemüht, die soziale Kluft zwischen ihnen und ihren Angestellten zu überdecken, so sehr, dass Myriam sogar ihre neuen Kleider versteckt, weil sie fürchtet, sie könne die Nanny durch ihren eigenen (sehr relativen) Wohlstand demütigen. Wie es wohl für diese Frau ist, den Kindern so viel Liebe zu geben, alles mit ihnen zu teilen und dabei zu wissen, dass sie irgendwann, bald, gehen muss und dann schnell vergessen sein wird - darüber macht sich Myriam keine Gedanken. Louise ist wie einer dieser Schatten, die im Theater zwischen den Akten die Requisiten hin und her schieben: Ohne sie würde es diese Bühnenwelt nicht geben, einen Platz darin, einen im Licht, wird sie trotzdem nie bekommen.
Slimani wechselt immer wieder die Perspektiven und beschreibt sehr eindringlich, wie die vielen Trennungen, dieses seltsame Intermezzo in der Intimsphäre anderer Menschen die Nanny langsam, fast unmerklich zerfressen. Irgendwann denkt Louise: "Ich kann nicht mehr lieben", und danach geht alles sehr schnell. Den Plot für ihren Roman, für den die 35-jährige Slimani im vergangenen Herbst den Prix Goncourt gewonnen hat, fand sie vor ein paar Jahren in einer Zeitung. 2012 erstach eine Nanny in der Upper East Side die beiden Kinder, auf die sie aufpasste. Einfach so, es gab kein Motiv, keinen "Grund". Sie hatte ein paar Geldprobleme und fühlte sich in eine Sackgasse gedrängt.
Leïla Slimani, die schon lange über eine Gouvernante, diese, wie sie sagt, "tragische Figur" schreiben wollte, fand die Geschichte perfekt. Ein bisschen erinnert das Prozedere an Emmanuel Carrère und seinen Non-Fiction-Roman "Amok", in dem ein Mann eines Tages seine gesamte Familie niedermetzelte, nur dass Slimani sich im Gegensatz zu ihrem Kollegen nicht breitbeinig in den Raum stellt, um zu beobachten, was dieser Horror mit ihr macht. Sie nimmt sich raus und beobachtet das Handeln und Fühlen ihrer Figuren. Natürlich tut sie das auch aus ihrer Perspektive, der einer Frau, einer Ehefrau, einer Mutter, einer Schriftstellerin. Leïla Slimanis Thema, das kann man nach zwei Romanen einfach mal behaupten, sind die Frauen. In Frankreich bringt sie gerade auch einen Essay über die weibliche Sexualität in Marokko heraus. Oder besser gesagt: Ihr Thema ist die Frage, wie man als Frau seinen Platz findet, welche Rolle man einnehmen möchte oder sich einzunehmen traut. Wie man mit den Widersprüchen, die diese Rollen ja manchmal in sich tragen, umgeht und inwieweit die (neue) Freiheit zu wählen auch einen Raum für Unzufriedenheit öffnet. Frausein, Muttersein - was bedeutet das eigentlich? Ist das immer so klar?
Für Leïla Slimani, das war auch schon in ihrem ersten Buch zu sehen, ist es das nicht. Es ist mit viel Angst, Scham, Zweifel und viel Schuld verbunden. In "Dann schlaf auch du" kreist sie um diese ewige Schuld der Frau, der Mutter. Vor Gericht heißt es irgendwann, Myriam sei eine egoistische, von Ambitionen getriebene Frau, als wäre der Mord an ihren Kindern nur eine logische Strafe für ihren unerhörten Wunsch nach einem eigenen Leben. Noch vor der Tragödie reden ihr permanent Leute, besonders Frauen, ihre Schwiegermutter, ihre Freundin, die Lehrerin, ein schlechtes Gewissen ein. Natürlich darf sie mehr wollen, scheinen sie zu sagen, gäbe sie sich aber mit weniger zufrieden, dann passierte sicher nie etwas. Nur wäre das, so viel weiß man, wenn man Slimani liest, der größte Horror überhaupt.
ANNABELLE HIRSCH
Leïla Slimani: "Dann schlaf auch du". Roman. Aus dem Französischen von Amelie Thoma. Luchterhand, 224 Seiten, 20 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In "Dans le Jardin de l'Ogre" (der auf Deutsch voraussichtlich im kommenden Herbst erscheinen wird) ging es um eine Nymphomanin, eine Frau, die sich durch das zu enge, zu graue Paris wie durch ihr zu enges, zu graues Leben als Ehefrau und Mutter schleppte. Sie erstickte an den Konventionen, den vorgeformten Lebensentwürfen, den vorhersehbaren Gesprächen, an den abstrakten Moralvorstellungen, an der Genügsamkeit, mit der ihre Mitmenschen ihre Existenzen hinnehmen. Adèle war eine Frau, die zerbrach am Dahinplätschern des Alltags und die mit allen Mitteln versuchte, etwas Starkes zu spüren.
In "Dann schlaf auch du" ist alles ein bisschen anders. Erstens geht es nicht um Sex, sondern um Mord. Zweitens ist es hier nicht die Protagonistin, die versucht, sich aus ihrer Taubheit zu befreien, sondern Slimani, die dem Leser eine riesige Ohrfeige gibt. Gleich auf der ersten Seite, als wolle sie ihn wachrütteln, statt sich immer nur selbst weh zu tun. "Das Baby ist tot" lautet der erste Satz des Buches, ein paar Absätze weiter erfahren wir, dass auch seine Schwester, die "wie eine Wilde" (die Übersetzung trifft Slimanis sehr klare Sprache leider nicht immer gut) um ihr Leben gekämpft hat, ihren Verletzungen erliegen wird. Zwei Kinder sterben, erstochen von ihrer Nanny. Das sind die ersten drei Seiten. Danach geht Slimani in der Zeit zurück. Sie erzählt vom sehr normalen Alltag dieser sehr normalen Familie.
Paul und Myriam, die Eltern, sind "Bobos", wie man sie treffender nicht hätte beschreiben können: Sie sind beide Mitte dreißig, Paul ist Musikproduzent, Myriam Juristin, sie leben im 10. Arrondissement von Paris, in einer Wohnung, die eigentlich zu klein ist, aber was soll man tun, Paris eben. Sie haben viele schöne Prinzipien, die sich bisher kaum an der Realität messen mussten, und wenn es um ihre Familie geht, dann schmeißen sie sie auch gerne mal über Bord. Dann ist es nicht frauenfeindlich, sondern nur sinnvoll, dass die Nanny keine Kinder haben soll, weil sie sonst unflexibler ist. Die Familie steht über allem, so muss das sein.
Deshalb entschloss sich Myriam bei der Geburt ihrer Tochter Mila, zu Hause zu bleiben, um nach der Geburt des kleinen Adam festzustellen, dass diese sogenannten "einfachen Freuden" ihr nicht reichen. Die Langsamkeit dieses Daseins erdrückt sie, sie will arbeiten. Also suchen sie eine Nanny. Und finden sie. Louise ist perfekt. Sie kümmert sich um die Kinder (die sie lieben), um den Haushalt (der plötzlich nicht mehr wie ein unbesiegbares Monster erscheint), sie kocht, wäscht, putzt. Sie ist immer da, wenn man sie braucht, aber so diskret, dass sie nie stört. Myriam und Paul leben auf, es scheint, als nehme ihr Leben Fahrt auf, als würde jetzt alles schneller und heller.
Ihnen scheint das so, wir wissen längst, worauf das alles hinausläuft. Manchmal ist es, als würde man einen Horrorfilm schauen, würde sehen, wie die Frau unbekümmert das Zimmer betritt, in dem der Mörder hinter dem Vorhang lauert. Man will den Eltern zurufen: "Schmeißt sie raus!", will, dass sie die Zeichen richtig lesen, die wir als Vorboten erkennen. Aber natürlich kapieren die beiden gar nichts. Es macht sich ein Unwohlsein breit, aber sie verstehen nicht, warum, sie schauen permanent in die falsche Richtung. Sie beschäftigen sich mit Trivialitäten, sind selbstgefällig, machen sich Sorgen darüber, ob sie gute Chefs sind. Sie sind darum bemüht, die soziale Kluft zwischen ihnen und ihren Angestellten zu überdecken, so sehr, dass Myriam sogar ihre neuen Kleider versteckt, weil sie fürchtet, sie könne die Nanny durch ihren eigenen (sehr relativen) Wohlstand demütigen. Wie es wohl für diese Frau ist, den Kindern so viel Liebe zu geben, alles mit ihnen zu teilen und dabei zu wissen, dass sie irgendwann, bald, gehen muss und dann schnell vergessen sein wird - darüber macht sich Myriam keine Gedanken. Louise ist wie einer dieser Schatten, die im Theater zwischen den Akten die Requisiten hin und her schieben: Ohne sie würde es diese Bühnenwelt nicht geben, einen Platz darin, einen im Licht, wird sie trotzdem nie bekommen.
Slimani wechselt immer wieder die Perspektiven und beschreibt sehr eindringlich, wie die vielen Trennungen, dieses seltsame Intermezzo in der Intimsphäre anderer Menschen die Nanny langsam, fast unmerklich zerfressen. Irgendwann denkt Louise: "Ich kann nicht mehr lieben", und danach geht alles sehr schnell. Den Plot für ihren Roman, für den die 35-jährige Slimani im vergangenen Herbst den Prix Goncourt gewonnen hat, fand sie vor ein paar Jahren in einer Zeitung. 2012 erstach eine Nanny in der Upper East Side die beiden Kinder, auf die sie aufpasste. Einfach so, es gab kein Motiv, keinen "Grund". Sie hatte ein paar Geldprobleme und fühlte sich in eine Sackgasse gedrängt.
Leïla Slimani, die schon lange über eine Gouvernante, diese, wie sie sagt, "tragische Figur" schreiben wollte, fand die Geschichte perfekt. Ein bisschen erinnert das Prozedere an Emmanuel Carrère und seinen Non-Fiction-Roman "Amok", in dem ein Mann eines Tages seine gesamte Familie niedermetzelte, nur dass Slimani sich im Gegensatz zu ihrem Kollegen nicht breitbeinig in den Raum stellt, um zu beobachten, was dieser Horror mit ihr macht. Sie nimmt sich raus und beobachtet das Handeln und Fühlen ihrer Figuren. Natürlich tut sie das auch aus ihrer Perspektive, der einer Frau, einer Ehefrau, einer Mutter, einer Schriftstellerin. Leïla Slimanis Thema, das kann man nach zwei Romanen einfach mal behaupten, sind die Frauen. In Frankreich bringt sie gerade auch einen Essay über die weibliche Sexualität in Marokko heraus. Oder besser gesagt: Ihr Thema ist die Frage, wie man als Frau seinen Platz findet, welche Rolle man einnehmen möchte oder sich einzunehmen traut. Wie man mit den Widersprüchen, die diese Rollen ja manchmal in sich tragen, umgeht und inwieweit die (neue) Freiheit zu wählen auch einen Raum für Unzufriedenheit öffnet. Frausein, Muttersein - was bedeutet das eigentlich? Ist das immer so klar?
Für Leïla Slimani, das war auch schon in ihrem ersten Buch zu sehen, ist es das nicht. Es ist mit viel Angst, Scham, Zweifel und viel Schuld verbunden. In "Dann schlaf auch du" kreist sie um diese ewige Schuld der Frau, der Mutter. Vor Gericht heißt es irgendwann, Myriam sei eine egoistische, von Ambitionen getriebene Frau, als wäre der Mord an ihren Kindern nur eine logische Strafe für ihren unerhörten Wunsch nach einem eigenen Leben. Noch vor der Tragödie reden ihr permanent Leute, besonders Frauen, ihre Schwiegermutter, ihre Freundin, die Lehrerin, ein schlechtes Gewissen ein. Natürlich darf sie mehr wollen, scheinen sie zu sagen, gäbe sie sich aber mit weniger zufrieden, dann passierte sicher nie etwas. Nur wäre das, so viel weiß man, wenn man Slimani liest, der größte Horror überhaupt.
ANNABELLE HIRSCH
Leïla Slimani: "Dann schlaf auch du". Roman. Aus dem Französischen von Amelie Thoma. Luchterhand, 224 Seiten, 20 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Roman Bucheli lässt sich nicht überzeugen von Leïla Slimanis Roman. Auch wenn die Autorin mit erzählerischer Virtuosität glänzt, meint er, geht sie ihrer eigenen Story auf den Leim und bringt nicht mehr als eine simpel gestrickte Gesellschaftskritik zustande, derzufolge der Täter (in diesem Fall eine Kinder mordende Nanny) immer auch das erniedrigte und beleidigte Opfer ist. Aller Sarkasmus, mit dem die Autorin doppelte moralische Standards aufspießt, alle Präzision der Komposition halten Bucheli nicht bei der Stange. Zu genau, meint er, weiß die Autorin von Anbeginn, wo das Gute, wo das Böse zu finden ist. Die "penetrant" ausagierte Unausweichlichkeit der Tat, so Bucheli, degradiert die Figuren zu Marionetten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Bitter
Zum Inhalt:
Myriam und Paul sind beide beruflich erfolgreich – sie als Anwältin, er als Musikproduzent – und gönnen sich für ihre beiden kleinen Kinder den Luxus eines Kindermädchens. Keines mit Migrationshintergrund, sondern Louise, eine Blondine mit guten …
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Bitter
Zum Inhalt:
Myriam und Paul sind beide beruflich erfolgreich – sie als Anwältin, er als Musikproduzent – und gönnen sich für ihre beiden kleinen Kinder den Luxus eines Kindermädchens. Keines mit Migrationshintergrund, sondern Louise, eine Blondine mit guten Referenzen. Doch schleichend beginnt Louise, sich in dem Leben der Familie einzunisten. Als sie bemerkt, dass Myriam und Paul das nicht länger dulden werden, kommt es zur Katastrophe.
Mein Eindruck:
Das Buch beginnt direkt mit dem Paukenschlag des Doppelmordes an zwei kleinen Kindern und dem Selbstmordversuch der Mörderin. Danach gleitet die Geschichte in ein ruhigeres Fahrwasser und Slimani führt ihre Leser ganz behutsam in den Abgrund. Durch die Kenntnis des Schlusses stellt sich gleich zu Beginn ein unbehagliches Gefühl ein, - egal, wie viel Liebe, Zärtlichkeit und Rosenduft Louise versprüht. Als dieses Gefühl irgendwann auch das glückliche Paar erfasst, ist es schon zu spät. Und obwohl Slimani eindringlich schildert, lässt sie viel im Unklaren. Zum Schluss bleibt man genauso fassungslos wie zu Beginn, ungeachtet dessen, dass man meint, eine ganze Menge über Louises Gefühle und ihr Leben mit und abseits der Kinder gelesen zu haben. Doch alles ist an der Oberfläche, in die Tiefe gelangt man nicht und ist trotz der 200 Seiten Text und den Einblicken in die Vergangenheit und die Gedanken der Täterin so fassungslos, wie zu Beginn des Buch. Warum die Verzweiflung Louises an ihrem Dasein in einen erweiterten Suizid mündet, bleibt unklar, - ebenso wie der Verbleib der Menschen, die bis dahin in ihrem Leben eine Rolle spielten. Dass man sich dennoch nicht von der Autorin verschaukelt fühlt, ist die große Kunst Slimanis. Denn wie sie die immer größer werdende dunkle Wolke über dem vermeintlich glücklichen Leben malt, ist meisterhaft.
Mein Fazit:
Unsagbar traurig
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Gebundenes Buch
Beklemmend
Myriam und Paul, stolze Eltern zweier Kinder, führen in Paris ein glückliches, ausgefülltes Leben. Um Beruf bzw. Karriere und Kinder unter einen Hut bringen zu können, engagieren sie die fünfzigjährige Louise als Nanny. Sie scheinen einen wahren …
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Beklemmend
Myriam und Paul, stolze Eltern zweier Kinder, führen in Paris ein glückliches, ausgefülltes Leben. Um Beruf bzw. Karriere und Kinder unter einen Hut bringen zu können, engagieren sie die fünfzigjährige Louise als Nanny. Sie scheinen einen wahren Glücksgriff mit ihr getan zu haben. Die Kinder lieben ihre Nanny und Louise macht sich sehr schnell unentbehrlich. Immer mehr steigert sie sich in ihre Rolle hinein und so schleicht sich still und leise das Unglück ins Haus.
Die Geschichte beginnt mit dem Ende: Die beiden kleinen Kinder wurden von Louise umgebracht. Schon der allererste Satz ist schockierend und ein wenig verstörend: " Das Baby ist tot " . Im Anschluss an die kurze Einleitung wird die ganze Geschichte nach und nach aufgerollt. Es wird erzählt, warum und wie die Eltern eine Kinderfrau suchen, wie sie sie einstellen und wie sich sehr schnell ein Vertrauensverhältnis aufbaut. Man erfährt aber auch Schritt für Schritt mehr über Louises bisheriges Leben und ihre Sorgen und Nöte und erhält schließlich Einblicke in die Abgründe, die in ihr lauern.
Dabei wirkt die Erzählweise in meinen Augen recht distanziert und beinahe schon emotionslos. Daher ist es mir nicht gelungen, für irgendeinen der Protagonisten Sympathie oder Verständnis aufzubringen. Besonders auch die Eltern sind mir seltsam fremd geblieben.
Dennoch entwickelt die Geschichte einen ganz eigenen Sog und sie bleibt bis zum Schluss interessant und auf ihre Art spannend. Als Leser/in möchte man unbedingt verstehen, was diese scheinbar so perfekte Nanny zu ihrer Tat getrieben hat. Allerdings hat mich das Ende nicht wirklich zufrieden gestellt. Zu viele Aspekte sind für mich offen geblieben.
Während der Erzählung selbst springen zeitliche Abläufe und Blickwinkel häufiger hin und her, was in dieser Hinsicht schon ein konzentrierteres Lesen erforderlich macht.
Insgesamt hat mir die Geschichte gut gefallen. Sie sticht meines Erachtens durch ihren Stil und die Erzählweise aus der Menge heraus und macht das Buch dadurch zu etwas Besonderem. Allerdings wirkt die ganze Atmosphäre recht bedrückend und beklemmend.
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Gebundenes Buch
Chronologie eines menschlichen Absturzes
Das Buch beginnt mit der Tötung zweier Kinder durch ihr Kindermädchen. Im weiteren Verlauf wird geschildert, wie sich das Drama entwickeln konnte.
Die Mutter der Kinder bekommt die Chance zum Wiedereinstieg in ihren Beruf als …
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Chronologie eines menschlichen Absturzes
Das Buch beginnt mit der Tötung zweier Kinder durch ihr Kindermädchen. Im weiteren Verlauf wird geschildert, wie sich das Drama entwickeln konnte.
Die Mutter der Kinder bekommt die Chance zum Wiedereinstieg in ihren Beruf als Rechtsanwältin (der Vater arbeitet als Musikproduzent) geboten und ergreift diese. Da beide Eltern berufstätig sein wollen und die Kinder noch sehr klein sind ergibt sich der Wunsch nach einem Kindermädchen. Nach einigen mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen finden sie Louise. Scheinbar ein Traum - zu schön um wahr zu sein! Louise betreut nicht nur die Kinder, sondern wird so etwas wie die gute Seele des Haushalts, während die Eltern sich jeder für sich beruflich "entfalten".
Der Rest des Buchs beschreibt den Weg bis zur Eskalation. Steinchen für Steinchen wird aus der (fast) perfekten Mauer entfernt, die Louise umgibt. Beleuchtet wird dabei nicht nur das frühere Leben von Louise, sondern auch ihr Weg in die absolute Einsamkeit. Wenn man das Buch liest, sind auch im Vorfeld schon deutliche Risse erkennbar, die teils aus Bequemlichkeit, teils aus Unachtsamkeit ihrer Mitmenschen nicht zur Kenntnis genommen werden. Dadurch, dass man schon von Anfang an weiß, worauf es hinausläuft, erkennt man die Zeichen wahrscheinlich wesentlich besser.
Leila Slimani fügt in einem meiner Meinung nach sehr sensiblen und berührenden Schreibstil die einzelnen Schritte bis zu der Tötung der Kinder mosaikartig zusammen. Ein Buch das nachhaltig beeindruckt und m. E. auch so verstanden werden kann, dass mehr Aufmerksamkeit und Mitmenschlichkeit im täglichen Leben durchaus eine gute Idee sind - nicht nur, wenn es solche Taten zu verhindern gilt.
Der Schreibstil ist sehr gut zu lesen, wenn auch nicht herausragend. Aber in dieser Hinsicht bin ich zugegebenermaßen in letzter Zeit etwas verwöhnt worden.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung! Nur einen Krimi oder gar Thriller darf man hier nicht erwarten, nur weil 2 Kinder ermordet wurden.
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Gebundenes Buch
Die Geschichte beginnt mit dem Schlimmsten, was sich Eltern vorstellen können. Die Nanny hat ihre beiden Kinder ermordet. Einfach nur entsetzlich und grausam.
Myriam und Paul sind glückliche Eltern von Mila und Adam. Doch Myriam sehnt sich danach, wieder arbeiten zu gehen, Karriere als …
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Die Geschichte beginnt mit dem Schlimmsten, was sich Eltern vorstellen können. Die Nanny hat ihre beiden Kinder ermordet. Einfach nur entsetzlich und grausam.
Myriam und Paul sind glückliche Eltern von Mila und Adam. Doch Myriam sehnt sich danach, wieder arbeiten zu gehen, Karriere als Anwältin zu machen und wie es der Zufall will, trifft sie zufällig Patrick, einen früheren Kommilitonen wieder, der eine Kanzlei eröffnet hat. Am nächsten Tag ruft er sie an und bietet ihr an, bei ihm zu arbeiten. Myriam ist überglücklich. Doch was soll tagsüber mit ihren beiden Kindern geschehen? Sie suchen eine Nanny und es stellen sich einige Damen vor, von denen Myriam keiner ihre Kinder anvertrauen möchte. Doch dann kommt Louise. Myriam spürt sofort, sie ist perfekt, wie für ihre Familie gemacht. Louise zieht nach und nach die Fäden und macht sich unentbehrlich. Mit ihrer unterwürfigen, perfektionistischen Art kümmert sie sich nicht nur um die Kinder, sondern um den gesamten Haushalt in der schönen Pariser Altbauwohnung im 10. Arrondissement. Sie verbringt auch einen traumhaften Urlaub mit der Familie in Griechenland und möchte am liebsten Tag und Nacht bei ihnen sein.
Es wird im Rückblick von ihrem Ehemann Jaques und ihrer Tochter Stephanié erzählt, Jaques ist gestorben, ihre Tochter verschwunden, sie hat keinen Kontakt mehr zu ihr. Außerdem kommt langsam ans Licht, dass Louise überhaupt nicht mit Geld umgehen kann, keine Steuern zahlt, mit der Miete im Rückstand ist, anscheinend geht es um alte Schulden von Jaques, doch Louise hat keine Ahnung von solchen Dingen und öffnet Umschläge nicht, die per Post an sie gesendet werden. So kommt es, dass sie aus ihrem Einzimmerappartement ausziehen muss und auch ansonsten sich ihr Gesamtzustand verschlechtert. Sie war schon einmal im Hospital wegen affektiver Störungen. Und es scheint, als wenn diese wieder aufkommen. Sie hat wirre Gedanken, kranke Gedanken und driftet immer mehr in negative Empfindungen ab. Sie hat sich wahnhaft in die Idee hineingesteigert, dass Myriam noch ein Baby bekommen soll, damit Louise für sie ganz unentbehrlich wird.
Leila Slimani hat mit ihrem besonderen, ausdrucksstarken und flüssigen Schreibstil mich als Leser sehr beeindruckt. Die Geschichte um Louise ist wirklich schlimm. Eine scheinbar starke Frau, die immer Haltung bewahrt, den Schein wahrt und sich niemals hinter die Fassade blicken lässt. Bis alles zusammenbricht und sie durchdreht. Ein Albtraum für alle Eltern.
Fazit:
Dieser Roman ist mit wunderbarem und ausdrucksstarkem Erzählstil vereint in eine grauenhafte Geschichte einfach nur Bestens umgesetzt. Fesselnd, schockierend, berührend, man kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
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+++Eine Tragödie biblischen Ausmaßes+++
Myriam, Rechtsanwältin und Mutter zweier kleiner Kinder, beschließt, wieder arbeiten zu gehen. Gemeinsam mit ihrem Mann sucht sie nach der perfekten Kinderfrau. Nach langer Suche entscheiden sie sich für Louise, eine zierliche Frau …
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+++Eine Tragödie biblischen Ausmaßes+++
Myriam, Rechtsanwältin und Mutter zweier kleiner Kinder, beschließt, wieder arbeiten zu gehen. Gemeinsam mit ihrem Mann sucht sie nach der perfekten Kinderfrau. Nach langer Suche entscheiden sie sich für Louise, eine zierliche Frau Anfang fünfzig, deren Tochter bereits erwachsen und deren Mann verstorben ist. Louise erobert auf Anhieb die Herzen der Kinder und macht sich schnell unentbehrlich: Sie ist Köchin, Haushaltshilfe, guter Geist. Was sie verheimlicht: ihre Einsamkeit, ihre Geldnot, ihre Verzweiflung. Die gegenseitige Abhängigkeit wird immer größer, bis irgendwann eine Tragödie über die Familie hereinbricht.
Gelesen von Constanze Becker.
(5 CDs, Laufzeit: 5h 26)
Über Leïla Slimani (Autorin)
Die französisch-marokkanische Autorin Leïla Slimani gilt als die aufregendste literarische Stimme Frankreichs. Slimani wurde 1981 in Rabat geboren und wuchs in Marokko auf. Nach dem Studium an der Pariser Eliteuniversität Sciences Po arbeitete sie als Journalistin für die Zeitschrift »Jeune Afrique«. »Dann schlaf auch du« wurde mit dem höchsten Literaturpreis des Landes, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet und erscheint in 32 Ländern. Ihr ebenfalls preisgekröntes literarisches Debüt »Dans le jardin de l’ogre« wird derzeit verfilmt. Leïla Slimani ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Sie lebt in Paris.
Über Constanze Becker (Sprecherin)
Constanze Becker, geboren 1978 in Lübeck, erhielt ihre Ausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Sie spielte in Leipzig, Düsseldorf und am Deutschen Theater Berlin und arbeitete u. a. mit Jürgen Gosch, Michael Thalheimer und Karin Henkel zusammen. 2008 wurde sie von „Theater heute“ zur „Schauspielerin des Jahres“ gewählt. Seit 2009 ist sie Ensemblemitglied am Schauspiel Frankfurt, wo sie u. a. in „Medea“, „Penthesilea“ und „Zwei Uhr nachts“ zu sehen ist. Für ihre Darstellung der Medea erhielt sie den Gertrud-Eysoldt-Ring und den Deutschen Theaterpreis „Der Faust“.
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Gebundenes Buch
Ich habe den Roman vor einer Weile gelesen, und sacken lassen. Aber leider, hat sich meine Einstellung zu dem Buch dadurch nicht geändert. Ich dachte: Da musst du drüber nachdenken, da hast du sicher was falsch verstanden, die Prämisse nicht gefunden. Bei all den Lobeshymnen muss …
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Ich habe den Roman vor einer Weile gelesen, und sacken lassen. Aber leider, hat sich meine Einstellung zu dem Buch dadurch nicht geändert. Ich dachte: Da musst du drüber nachdenken, da hast du sicher was falsch verstanden, die Prämisse nicht gefunden. Bei all den Lobeshymnen muss doch... Nein, es muss nicht und es tat nicht.
Dann schlaf auch du ist ein gut gewählter Titel. Das Cover bedrückend. Dadurch dass der Klappentext schon verrät, was zwangsläufig passieren muss, spiegelt das Cover die perfekten Gefühle wider. Direkt zu Beginn wird einem die ungeschönte Wahrheit an den Kopf geworfen. Was bringt mich also jetzt noch dazu, das Buch zu lesen? Die Frage, nach dem Warum? Was geht in einem Menschen vor, was hat er erlebt, dass er zu so einer Tat fähig ist? Bis heute frage ich mich das, denn die Antwort gab es am Ende nicht. Man erfährt einiges aus dem Leben der Familie, aus Louises Leben, aber nicht genug. Die Geschichte wird aus einigen verschiedenen Perspektiven geschrieben, ist mit ihren damit verbundenen Zeitsprüngen anstrengend zu lesen. Immer wieder denkt man, nun kommt sie, die Lösung. Jetzt erfahren wir, was es mit der Frau auf sich hat. Aber selbst einblicke in andere Familien, in denen sie die Kinder gehütet hat, Rückblenden auf ihr Leben, ihren Mann, ihre Tochter, bringen keinen genauen Aufschluss. Man kann munkeln, wieso sie in einer heruntergekommenen Baracke haust, in ihrem Alter noch arbeiten geht und so unglaublich fit ist. Sie arbeitete ihr Leben lang, der Antrieb dazu wird auch schnell klar, aber wo ist das Geld? Es ist einfach zu unlogisch. Sie zeigt der Familie und den Kindern gegenüber hin und wieder ein Verhalten, das mich gruseln lässt, das mich den Begriff: Psychopathin denken lässt. Aber weder die Kinder wehren sich dagegen, noch die Eltern. Unlogisch! Ich verstehe den Zwiespalt der Familie. Paul und Myriam wollen arbeiten, eigenständig sein, aber wenn ich mitbekomme, dass die Kinder vergammeltes Fleisch essen, damit sich Louise an der Mutter "rächen" kann, dann wird mir ganz schlecht dabei wenn ich sehe, dass nichts getan wird.
Leider kein Buch, das mich begeistert zurück lässt. Eher leer und unbefriedigt.
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Wer ist Louise?
Das Buch beginnt mit dem Satz: „Das Baby ist tot.“ Als ich das gelesen habe, dachte ich, wie soll denn jetzt noch Spannung aufkommen, wenn ich das Ende der Geschichte schon weiß. Doch ich hab schnell gemerkt, dass sich hinter diesem Satz eine unglaubliche Story …
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Wer ist Louise?
Das Buch beginnt mit dem Satz: „Das Baby ist tot.“ Als ich das gelesen habe, dachte ich, wie soll denn jetzt noch Spannung aufkommen, wenn ich das Ende der Geschichte schon weiß. Doch ich hab schnell gemerkt, dass sich hinter diesem Satz eine unglaubliche Story versteckt, die einen nicht mehr loslässt.
Myriam und Paul sind ein typisches Karrierepaar. Sie wollen beide erfolgreich im Beruf sein aber trotzdem nicht auf eine Familie verzichten. Und so beschließen sie eine Nanny für die Kinder einzustellen. Als sie dann Louise einstellen scheint die einem Sechser im Lotto zu gleichen. Nicht nur dass die Kinder sie vergöttern, sie bringt auch den Haushalt auf Vordermann, kocht für Gäste und beschwert sich auch nicht, wenn sie länger arbeiten muss, als ausgemacht. Alle ihre Freunde beneiden das Paar um diese unglaubliche Nanny. Doch langsam aber sicher bekommt die perfekte Fassade kleine Risse. Louise übernimmt die Kontrolle über die Wohnung und die Familie, macht sich aber gleichzeitig unentbehrlich. Kleine Vorkommnisse, die erste Zweifel an Louise wecken müssten, werden ignoriert. Und so nimmt eine Tragödie ihren Lauf, die nicht mehr aufzuhalten ist.
Ein tolles Buch, spannend geschrieben, so dass ich es kaum aus der Hand legen konnte. Als Leser ist man Paul und Myriam zwar um einiges voraus, da man immer wieder Einblicke in das Leben und die Vergangenheit von Louise bekommt, die das Paar nicht hat, aber dennoch gibt es genug Anzeichen, dass mit Louise was nicht stimmt. Aber die beiden genießen viel zu sehr ihre neu gewonnene Freiheit und Bequemlichkeit, was sie nicht gerade sympathisch macht. Bis sie endlich den Entschluss fassen, sich von der Nanny zu trennen ist es längst zu spät. Und dafür bezahlen sie einen hohen Preis.
Louise ist toll dargestellt. Obwohl sie diese unfassbare Tat begeht, tat sie mir irgendwie leid. Sie hat soviel durchgemacht und hat irgendwann die Kontrolle über sich selbst verloren, was keinem aufgefallen ist, weil es eigentlich auch keinen interessiert hat, solange Louise funktioniert hat.
Ein tiefgründiges Buch das zum Nachdenken anregt.
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„Das Baby ist tot. Wenige Sekunden haben genügt. Der Arzt hat versichert, dass es nicht leiden musste. Man hat es in eine graue Hülle gelegt und den Reißverschluss über dem verrenkten Körper zugezogen, der inmitten der Spielzeuge trieb. Die Kleine war dagegen am …
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„Das Baby ist tot. Wenige Sekunden haben genügt. Der Arzt hat versichert, dass es nicht leiden musste. Man hat es in eine graue Hülle gelegt und den Reißverschluss über dem verrenkten Körper zugezogen, der inmitten der Spielzeuge trieb. Die Kleine war dagegen am Leben, als die Sanitäter kamen. Sie hatte sich gewehrt wie eine Wilde.“
Sicher ist die Tötung von Kindern immer noch etwas besonders grausames, aber unzählige Thriller überbieten sich mittlerweile mit blutrünstigen Einstiegen. Außerdem nimmt das Spektakuläre des Romans sehr bald ab, er wird nüchtern und protokollarisch. Ihn einen Thriller zu nennen würde deswegen auch nicht ganz die Wahrheit treffen.
Myriam und Paul Massé sind ein Paar der gehobenen Mittelschicht in Paris, gut ausgebildet, sie Juristin, er Musikproduzent. Zwei Wunschkinder, natürlich ein kleines bezauberndes Mädchen und ein süßer Junge kommen auf die Welt, von den Eltern geliebt und verhätschelt. Doch bald nach der Geburt des zweiten Kindes, beginnt der gutaussehenden und talentierten Mutter die berühmte Decke auf den Kopf zu fallen. Dass der Vater in seinem aufregenden Beruf nicht kürzer treten kann, scheint selbstverständlich. Die Großeltern stehen nicht zur Verfügung, sondern verwirklichen ihre Träume vom Lebensabend auf dem Land. Also ist klar: Eine Nanny muss her, denn eine Krippe oder ein Hort ist nicht aufzutreiben. Eine Situation, mit der sich sehr viele (gerade gut situierte, gut ausgebildete - und häufiger lesende) Eltern identifizieren können. Hier beginnt der Alptraum. Denn die anfangs so perfekte, liebevolle Louise wird am Ende zur Mörderin der Kinder. Aus Bequemlichkeit geben sie immer mehr Zuständigkeiten ab, ignorieren auch zunehmend unheilvolle Zeichen.
Denn Louise ist eine psychisch labile Frau. Diese Labilität verbirgt sie hinter einer äußerlichen Perfektion, die sowohl ihr Äußeres als auch ihre Tätigkeit umfasst und die bald beängstigende Ausmaße erreicht. Während Louise alles über ihre Arbeitgeber weiß, interessieren diese sich überhaupt nicht für ihr Leben, ihre Sorgen, auch nicht, als sie allmählich in eine ausweglose Situation gerät.
Leïla Slimani erzählt von dieser unglücklichen Entwicklung spannend und trifft mit dem Buch einen Nerv. Die Autorin hat mit „Dann schlaf auch du“ einen deutlich soziologisch angelegten Roman verfasst.
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Dieses soziologisch angelegte Buch beginnt schonungslos und ohne jegliche Vorwarnung mit einer schrecklichen Tat. Eine Babysitterin ermordet brutal die beiden Kinder, auf die sie eigentlich Acht geben sollte. Im weiteren Verlauf erfahren wir rückblickend und mit fast chirurgischer …
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Dieses soziologisch angelegte Buch beginnt schonungslos und ohne jegliche Vorwarnung mit einer schrecklichen Tat. Eine Babysitterin ermordet brutal die beiden Kinder, auf die sie eigentlich Acht geben sollte. Im weiteren Verlauf erfahren wir rückblickend und mit fast chirurgischer Präzision, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte. Dass man als Leser bereits weiß, wie das Ganze endet, tut der Spannung absolut keinen Abbruch.
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Leila Slimani erzählt die Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven. So kommen die Eltern, die Babysitterin und Personen aus deren Vergangenheit zu Wort. Die psychologischen Hintergründe werden dabei ebenso gut und intensiv beleuchtet wie die gesellschaftskritischen Aspekte.
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Die Autorin füttert uns mit Details zu den einzelnen Figuren, und zwar so punktgenau, dass man sich mühelos in deren Denkweise und Handlungen hineinversetzen kann. Dadurch entsteht eine Verbindung zu den Protagonisten, die es uns ermöglicht, einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Wenngleich ich mir etwas mehr charakteristische Tiefe gewünscht hätte.
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Man spürt beispielsweise förmlich die Labilität und Einsamkeit, die die Babysitterin seit Langem umgeben. Auch wenn man selbstverständlich nicht gutheißt, wie sie die Situation letztendlich eskalieren ließ, so kann man es doch ansatzweise nachvollziehen. Das typische Muster einer völligen Desozialisation, deren früh erkennbare Anzeichen von der Gesellschaft ignoriert wurden. Und das Bild einer Welt mit deutlich erkennbaren Unterschieden in den gesellschaftlichen Gegebenheiten und deren Schichten. Die trennende Kluft zwischen "oben" und "unten" wird stetig größer.
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Mit der Mutter der beiden Kinder zu sympathisieren, fiel mir mal leicht, mal schwer. Natürlich empfinde ich Mitgefühl auf Grund ihres schmerzlichen Verlustes. Andererseits frage ich mich, ob sie es nicht hätte erkennen müssen, welch tragisches Szenario sich da anbahnt. Mütterlicher Instinkt. Gern würde ich sie packen, durchrütteln und ihr zurufen: "Schau doch endlich mal hin!"
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Der Schreibstil ist äußerst flüssig und angenehm, die Sprache unkompliziert und daher leicht verständlich. Die ohnehin schon wenigen Seiten lesen sich weg wie nichts. Ein Buch, das von der ersten bis zur letzten Seite spannend ist und erschreckend realistisch daherkommt.
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Das Cover ist wirklich nett anzusehen. Es zeigt ein zum Buch passendes Schwarzweiß-Foto von Kindern auf einem Karussell. Der Titelhintergrund ist in einem dezenten Roséton gehalten. Ein insgesamt recht auffälliges Cover.
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Fazit: Ein beeindruckendes Buch über ein sensibles und schockierendes Thema, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass mich ein Buch nach wenigen Seiten so sehr einnimmt. Leila Slimani gewann meiner Meinung nach zu Recht für dieses Buch den Prix Goncourt, den französischen Literaturpreis.
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Demaskierung einer vollkommenen Gesellschaft anhand einer perfekt scheinenden Familie und ihrem ebenso einwandfreien Kindermädchen. So jedenfalls erscheinen Myriam und Paul mit ihren Kindern Mila und Adam sowie auch Louise, die bei ihnen angestellt wird, ganz zu Beginn.
Ganz zu Beginn? Nein, …
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Demaskierung einer vollkommenen Gesellschaft anhand einer perfekt scheinenden Familie und ihrem ebenso einwandfreien Kindermädchen. So jedenfalls erscheinen Myriam und Paul mit ihren Kindern Mila und Adam sowie auch Louise, die bei ihnen angestellt wird, ganz zu Beginn.
Ganz zu Beginn? Nein, stopp, das kann nicht sein, steht doch gleich zu Beginn, an erster Stelle, der Mord an den beiden noch kleinen Kindern. Und es kann eigentlich nur Louise gewesen sein. Aber was steckt dahinter?
Das ist das Wesentliche an diesem Roman, die Enthüllung der Wahrheit, die Demaskierung einer als perfekt erscheinenden Welt: Ein junges Paar mit kleinen Kindern schlägt sich herum mit Luxusproblemen. Wo wohl ist die perfekte Nounou, das perfekte Kindermädchen zu finden. Und: Oh, Wunder, sie finden sie mit Louise. Diese hat nicht nur die Kinder, sondern auch den Haushalt schnell im Griff, so schnell, dass das beruflich erfolgreiche Paar selbst im Urlaub nicht auf sie verzichten will.
Aber es gibt ein Dahinter: bei allen Akteuren, vor allem jedoch bei Louise. Und das hat mit ihrer sozialen Situation, ihrer Stellung in der Gesellschaft zu tun. Falsch, eigentlich mit dem gesamten sozialen Gefüge wie es hier im Roman präsentiert wird: Wer weiß was über wen, wen interessiert was, wer sorgt sich um wen? Welche Rechte hat eine Haushaltsangestellte, also eine Dienstbotin in Bezug auf ihr eigenes Leben, ihre Sorgen und Nöte? Wen darf sie mit so etwas belästigen?
Ein Angriff auf das soziale Gefüge in Frankreich, in Europa eigentlich, wenn auch ein leiser. Aber er erfolgt mit voller Kraft, mit einer solchen Wucht wie ihn ein Roman überhaupt bieten kann.
Ein ungewöhnliches Buch mit einem gewaltigen Nachhall - und eines, das mir dauerhaft Bauchschmerzen bereitet, denn allzuviel Hoffnung transportiert es nicht!
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