Eine Gesellschaft - so krank wie eine alte Kiefer
Denis und Delphine sind zu Reichtum gekommen und haben sich mit den Jahren auseinander gelebt. In der Normandie besitzen sie ein gemütliches Haus, in dem sie seit Jahren mit Freunden und ihren zwei Kindern im Schatten einer alten Kiefer, die alle
lieben, das Wochenende zum 14. Juli verbringen. Der Ablauf dieses Wochenendes ist stets geprägt von…mehrEine Gesellschaft - so krank wie eine alte Kiefer
Denis und Delphine sind zu Reichtum gekommen und haben sich mit den Jahren auseinander gelebt. In der Normandie besitzen sie ein gemütliches Haus, in dem sie seit Jahren mit Freunden und ihren zwei Kindern im Schatten einer alten Kiefer, die alle lieben, das Wochenende zum 14. Juli verbringen. Der Ablauf dieses Wochenendes ist stets geprägt von bestimmten Ritualen, die ein Garant für das Gelingen eines gemütlichen fröhlichen Zusammenseins sind. Es soll so sein wie immer, das ist der Wunsch aller. Doch obgleich die Rituale die gleichen bleiben, haben sich die Teilnehmer dieser Gesellschaft verändert. Da sind zum einen die erwachsenen Kinder Alex und Jeanne, die dieses Mal mit je einem Freund anreisen, dann das sich verliebt gebende Ehepaar Marie und Niclas sowie die bindungsunfähige Lola, die regelmäßig mit einem neuen Liebhaber zu diesem Treffen anreist. Sie alle haben Probleme, die sie hier an diesem Wochenende vergessen wollen. Niclas leidet unter Depressionen, über deren Ursache er mit Marie nicht spricht. Marie, eine alternde Schauspielerin, kämpft gegen das Alter und die Pfunde. Lola, die Bindungsunwillige, trägt schwer an ihrer Vergangenheit und Samuel, ihr Begleiter, möchte unbedingt dazugehören. Als in diese Runde Dimitri tritt, ein junger Mann, der Jeanne Avancen macht, gerät das Gefüge aus der Balance. Nichts wird an und nach diesem Wochenende sein, wie es immer war. Der Titel des Buches von Véronique Olmi „In diesem Sommer“ lässt auf eine leichte Sommerlektüre schließen. Während sie eine Idylle mit Meeresrauschen und gemütlichem Beisammensein im Garten unter der alten, Schatten spendenden Kiefer zeichnet, lässt die Autorin den Leser hinter die Fassade der Protagonisten blicken und erkennen, dass diese nichts als Probleme haben.. Delphine, die zu Beginn des Romans mein Mitgefühl weckte, entpuppt sich als eine kalte, frustrierte, egoistische Ehefrau und Mutter. Voller Vorurteile lehnt sie Dimitri und auch Jeannes Freundin Rose schon bei der ersten Begegnung ab. Einfühlsam bringt die Autorin dem Leser Denis nahe, der trotz seines finanziellen Erfolges ungeliebt und unglücklich ist. Wie eine Art Katalysator wirkt Dimitri in dieser Gesellschaft. Dieser junge Mann bleibt uns fast unbekannt, aber seine Funktion erfüllt er, bevor er wieder verschwindet, indem er Bewegung in dieses ohne ihn starre Gefüge von Ritual, Kompromiss und Verdrängung bringt. Lola vertraut ihm ihr innigstes Geheimnis an, Niclas stellt sich durch ihn seinen Schuldgefühlen und Jeanne gibt sich ihm hin. Obgleich dieser Roman unterhaltsam ist, ist er nicht als leichte Sommerlektüre zu empfehlen. Er verdeutlicht neben der beschriebenen Einsamkeit ein in unserer Gesellschaft weit verbreitetes Phänomen: das der Sprachlosigkeit. Würden Denis und Delphine die richtigen Worte finden, hätte ihre Ehe vielleicht eine Chance. Der Roman könnte auch dazu anregen, über eigene Beziehungsmuster nachzudenken. weiterlesen