Jasmin Schreiber
Gebundenes Buch
Marianengraben
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»Ein Buch, das Geborgenheit bietet und Hoffnung schenkt« Yasmina BanaszczukPaula braucht nicht viel zum Leben: ihre Wohnung, ein bisschen Geld für Essen und ihren kleinen Bruder Tim, den sie mehr liebt als alles auf der Welt. Doch dann geschieht ein schrecklicher Unfall, der sie in eine tiefe Depression stürzt. Erst die Begegnung mit Helmut, einem schrulligen alten Herrn, erweckt wieder Lebenswillen in ihr. Und schließlich begibt Paula sich zusammen mit Helmut auf eine abenteuerliche Reise, die sie beide zu sich selbst zurückbringt - auf die eine oder andere Weise.
Jasmin Schreiber, 1988 in Frankfurt/Main geboren, ist Biologin, Schriftstellerin und Wissenschaftsjournalistin. Wenn sie nicht gerade Expeditionen zu Farn und Gliederfüßern macht, schreibt sie sich auf die Bestsellerliste und erzählt Geschichten aus Wissenschaft und Natur im Podcast Bugtales.fm. Bei Eichborn erschienen die Romane MARIANENGRABEN und DER MAUERSEGLER. Auf Instagram findet man sie unter @lavievagabonde, ihre Natur-Kolumne gibt es per Mail auf schreibersnaturarium.de.
Produktdetails
- Verlag: Eichborn
- Originaltitel: Marianengraben
- Artikelnr. des Verlages: 0042
- 6. Aufl.
- Seitenzahl: 252
- Altersempfehlung: ab 16 Jahren
- Erscheinungstermin: 28. Februar 2020
- Deutsch
- Abmessung: 142mm x 213mm x 26mm
- Gewicht: 385g
- ISBN-13: 9783847900429
- ISBN-10: 3847900420
- Artikelnr.: 57971342
Herstellerkennzeichnung
Eichborn Verlag
Schanzenstraße 6-20
51063 Köln
telefonmarketing@luebbe.de
Willkommen im Dschungel
Sie lebt mit Schnecken und Asseln, macht das Internet zu einem besseren Ort und ist Expertin für Nähe und Distanz: Warum Jasmin Schreiber die Schriftstellerin der Stunde ist.
Von Jörg Thomann
Wer noch immer nicht kapiert hat, wie das mit dem Social Distancing so läuft, mit dem rücksichtsvollen Abstandhalten in einer verängstigten Gesellschaft, dem würde Chloé gewiss weiterhelfen. Chloé ist die Schäferhündin von Jasmin Schreiber, und sie mag keine fremden Männer. Will man also vermeiden, misstrauisch angeknurrt oder angebellt zu werden, dann hält man im Zweifelsfall noch etwas mehr Distanz als die allseits empfohlenen anderthalb bis zwei Meter, wenn man Chloés Frauchen interviewt.
Sie lebt mit Schnecken und Asseln, macht das Internet zu einem besseren Ort und ist Expertin für Nähe und Distanz: Warum Jasmin Schreiber die Schriftstellerin der Stunde ist.
Von Jörg Thomann
Wer noch immer nicht kapiert hat, wie das mit dem Social Distancing so läuft, mit dem rücksichtsvollen Abstandhalten in einer verängstigten Gesellschaft, dem würde Chloé gewiss weiterhelfen. Chloé ist die Schäferhündin von Jasmin Schreiber, und sie mag keine fremden Männer. Will man also vermeiden, misstrauisch angeknurrt oder angebellt zu werden, dann hält man im Zweifelsfall noch etwas mehr Distanz als die allseits empfohlenen anderthalb bis zwei Meter, wenn man Chloés Frauchen interviewt.
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Schreiber ist das nur recht, sie zählt zur Corona-Risikogruppe und ist jetzt besonders auf der Hut. Also treffen wir uns nicht irgendwo auf einen Kaffee, sondern zu einem zwar entspannten, doch sozial distanzierten Spaziergang durch Schreibers Frankfurter Wohnviertel. Nur ab und an kommt es zwischen uns zu einem kleinen Ausweichmanöver, wenn Chloé einen verlockenden Duft auf der anderen Gehwegseite erspürt.
Erstaunlich zahlreich sind die Menschen, die an diesem Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein und Vogelgezwitscher im Kiez unterwegs sind. Wären sie dies auch bei Twitter, dann wüssten sie wahrscheinlich, dass es sich bei der Frau mit den dunklen Locken, dem grauen Mantel, den Leggings und dem Hund an der Leine um die Schriftstellerin der Stunde handelt.
Jasmin Schreibers Debütroman "Marianengraben" steht in der vierten Woche in der Bestsellerliste. Es geht viel um den Tod in dem Buch, aber noch mehr um das Leben und wie man es sich zurückerobert. Über der Trauer um ihren geliebten kleinen Bruder ist die Protagonistin Paula in einer Depression versunken, metaphorisch bis zum Grund des elf Kilometer tiefen Marianengrabens. Durch Zufall gerät sie an einen knorrigen Rentner und dessen verhaltensauffälligen Hund, und wie dieses unwahrscheinliche Dreiergespann alsbald zusammenwächst, das kommt für die Leser weniger überraschend als für Paula selbst, die mit der Balance von "Nähe und Distanz" ein Problem hat: "Ich hasse Menschen nicht, so ist das nicht. Ich interessiere mich sogar sehr für sie, allerdings nicht unbedingt aus der Nähe", sinniert sie. Wie Mikroorganismen würde sie, die Biologin, ihre Mitmenschen "lieber aus der Ferne und mit Deckglas dazwischen" beobachten.
Schreiber konnte nicht ahnen, dass ihre Buchpremiere in eine Zeit fallen würde, in der fast alle Menschen einander gezwungenermaßen aus der liebsten Perspektive Paulas betrachten: aus der Ferne, wie mit einem Deckglas dazwischen, einem Smartphone- oder Computerbildschirm. Und dass die Fragen nach Nähe und Distanz, nach Leben und Tod sich noch einmal in viel größerer Dringlichkeit stellen würden als noch Wochen zuvor.
Für Schreiber als Schriftstellerin bedeutet dies, wie für viele Kollegen, dass sich ihre Tage nun völlig anders gestalten als erträumt. Drei Lesungen hat sie noch machen können, dann war's vorbei mit dem direkten Publikumskontakt und den Honoraren. Und auch mit der netten, auf Twitter dokumentierten Idee der Autorin, in einige ihrer Bücher, die in Frankfurter Buchläden auslagen, Zettelchen mit persönlichen Botschaften oder Zeichnungen zu schmuggeln. Keine große Sache, doch Schreiber widmete sich ihr mit der für sie typischen Hingabe, Kreativität und nahezu kindlichen Freude. Cleveres Marketing - Schreiber hat in Teilzeit einen PR-Job - war es außerdem: Die zu Glückskeksen umgewidmeten Bücher waren rasch weg.
"Mein erstes Buch, und die Promo-Phase säuft in einer Pandemie ab. Wenn es läuft, dann läuft es", twitterte Schreiber vor ein paar Wochen. Zum Erstaunen manches altgedienten Angestellten des Kulturbetriebs soff das Buch selbst überhaupt nicht ab: Die 10 000 Exemplare der Erstauflage - eine ungewöhnlich hohe Zahl für einen Debütroman - waren zwei Wochen, bevor das Buch überhaupt herauskam, bereits komplett verkauft. Schreibers Buch "kommt ohne Feuilletonkritik aus, ohne Zeitschriftartikel, ohne klassisches Marketing", stellte der Deutschlandfunk leicht pikiert fest und verortete den Erfolg gewiss nicht zu Unrecht im Internet, wo Jasmin Schreiber seit langem viele Leute kennen - zumindest aus der Ferne, mit einem Deckglas dazwischen. 33 000 Menschen folgen ihr allein auf Twitter.
Schreiber, 1988 in Frankfurt geboren, ist einer jener schlauen, engagierten, wortgewandten, witzigen, oft jungen und oft weiblichen Menschen, die das mitunter verschreckende Medium Twitter mit einem Leben füllen, das mit dem sogenannten echten locker mithalten kann. Zu dieser digitalen gesellschaftlichen Avantgarde, die untereinander gut vernetzt ist, zählen große Namen wie Igor Levit und Sasa Stanisic ebenso wie solche, die sich hinter kuriosen Pseudonymen verstecken; Schreiber etwa agierte lange nur unter dem Namen "Seeräuberbatman".
Mit ihren Twitter- und Instagram-Accounts deckt sie ein verblüffend breites Spektrum ab: Alltagsphilosophin, verschrobene Einsiedlerin, Entertainerin, Anwältin der Entrechteten, Illustratorin, Telekolleg-Dozentin (Schwerpunkt Zoologie), Feministin, selbstredend, sowie - aus der Sicht wohl nicht weniger ihrer Follower - allerbeste Freundin.
"Ich hätte es gern, dass ich ein bisschen geordneter twittern würde, jetzt, wo mir zum Beispiel auch die ganzen Kulturredakteure folgen", erzählt Schreiber. "Dann reiße ich mich einen Tag zusammen - und am nächsten Morgen twittere ich, dass mein Hund seine Kotze gefressen hat." Just mit solchen Einblicken in ihr privates, unvollkommenes Dasein jedoch hat sich Schreiber so viel Sympathie erarbeitet, dass ihr auch die momentan recht hochtourige Eigen-PR für ihren Roman niemand übelnehmen kann. "Ich denke immer: Jasmin, nicht so viel über dein Buch twittern. Aber dann finde ich doch wieder was und denke: Oh, ist das aufregend. Und dann geht's wieder los", sagt Schreiber. Zum Beispiel, wenn wieder eine bewegte Buchhändlerin ihrer Kundschaft Schreibers Buch ans Herz gelegt hat: "Ich bin da wie ein verrückter Welpe, der einen Quietschball sieht. Es ist immer der gleiche Quietschball, aber er rastet jedes Mal wieder aus."
Tatsächlich führt Jasmin Schreiber allen gerade verzweifelnden Kulturschaffenden vor, wie das geht: seine Werke in Zeiten von Corona zu verkaufen. Emotional, digital, direkt. Als jemand, der im Netz praktisch aufgewachsen ist, hat Schreiber einen unschlagbaren Startvorteil: Ihre Familie war in den Neunzigern ein Testhaushalt für Kabel-Internet und konnte frühzeitig Filme streamen - ein Angebot, das sich bei den anderen Testfamilien, wie Schreiber berichtet, nicht recht durchsetzte. Bei ihr persönlich aber schon. Seit 2012 ist sie bei Twitter, hat dort auf ihrem Erst- und Zweit-Account 90 000 Tweets verfasst, hinzu kommen Instagram-Posts und Blog-Artikel. Wer ins digitale Schaffen Schreibers eintauchen will, könnte sich tage-, ja wochenlang darin verlieren.
Die gut 250 Seiten von "Marianengraben" hingegen lassen sich problemlos in zwei, drei Stunden lesen. Es ist eine tragikomische Buddy Story, ein Coming-of-Age-Roman und literarischer Roadtrip, das Ganze wirkt überaus verfilmbar; erste Verhandlungen über die Rechte laufen. Dass hinter ihrer Protagonistin Paula sie sich selbst verberge, weist Schreiber von sich. Ihr eigener kleiner Bruder ist ja auch quicklebendig, und dass diese Information manchen Journalisten, mit dem sie in den vergangenen Wochen sprach, augenscheinlich irritierte, irritierte wiederum Schreiber, die sich dann dachte: "Bist du gerade enttäuscht, weil mein Bruder noch lebt?" Gewisse Parallelen sind gleichwohl unverkennbar: Jasmin und Paula sind ungefähr im gleichen Alter, sie sind Biologinnen mit Vorliebe für Insekten, sie leben in Frankfurt und kämpfen beide mit einer Depression.
Über ihre Erkrankung spricht Schreiber sehr offen, gerade erst gemeinsam mit dem Kollegen Benjamin Maack bei einer der Video-Lesungen, die sie seit kurzem organisiert: im Stream übertragen aus den Wohnungen der Autoren, die stets - wieder trifft Spaß auf PR - im Pyjama antreten, die Erlöse gingen an die Depressionshilfe. Schreiber erzählte, dass sie sich in schlechten Phasen inmitten gutgelaunter Menschenmassen wie ein Alien fühle und dass sie ihre Depression als schlafendes Monster betrachte, das bei jedem unbedachten Schritt erwachen könne. Als wegen Corona ihre Lesungen gecancelt wurden, wandte sie sich an ihre Follower mit der Bitte, trotzdem ihr Buch zu kaufen: "Ich kann nix außer Schreiben und Depression, und das Letztere macht keinen Spaß (und sichert auch keinen Lebensunterhalt)."
Das ist natürlich pure Koketterie bei einer so vielfältig talentierten und engagierten Person wie Schreiber. Sie hat - als Journalistenschülerin, die sie auch einmal war - mit der Tarnidentität der Hausfrau Melanie in rechtsextremen Netzwerken recherchiert. Sie hat mit Flüchtlingen gearbeitet, und regelmäßig fotografiert sie sogenannte Sternenkinder, totgeborene Babies, deren Eltern sie so eine Erinnerung verschafft. 2018 wurde sie als Bloggerin des Jahres ausgezeichnet. Versucht sie sich an einem Roman, dann gelingt ihr auch dies. Beim Eichborn-Verlag setzte sie durch, ihr Buch ohne Plastik und Folienveredelung herauszubringen; der Verlag will nun grundsätzlich auf Klebeetiketten verzichten und den Preis auf die Einbände seiner Bücher drucken. Wieder die Welt ein klein wenig besser gemacht.
Als sie Ende 2019 von einer Followerin gefragt wurde, wie man das alles, als Depressive, nur schaffen könne, fühlte sich Jasmin Schreiber zu einer Klarstellung verpflichtet: Sie bekomme zwar vieles hin, doch ebenso vieles, für die Außenwelt unsichtbar, auch nicht, darunter alltäglichste Verrichtungen. Und wenn sie das Gefühl habe, "zu einem depressiven Popstar stilisiert zu werden", dann wolle sie nur rufen: "Leute, ich habe seit drei Tagen nicht geduscht." Depression, sagt sie im Gespräch, "ist nicht so, dass man in einem schönen Oversize-Pulli traurig am Fenster sitzt und Tee trinkt. Es ist eher so: Du liegst inmitten von Pizzakartons und isst Senf mit Joghurt, weil du dich nicht in den Supermarkt traust."
Mit solchen Bekenntnissen macht sie anderen Mut, sich selbst jedoch in gewissem Grade schutzlos. Doch sie sagt: "Über diese Sachen mag ich erzählen, weil ich weiß, dass es für Betroffene wichtig ist, sie zu hören. Und weil ich selbst oft in einer Situation war, wo ich gesagt habe: Da würde ich gern mal mehr wissen." Bei aller Offenheit beharrt Schreiber darauf, dass selbst langjährige Twitter-Anhänger sie nicht wirklich kennen; von einer "Scheinnähe" spricht sie, dank der sie Distanz wahren könne. "Wenn man so viele Follower hat, ist es wichtig, eine Art Vexierspiel zu spielen. Zu oszillieren zwischen Realität und Fiktion. Ich muss mich selbst schützen und dafür sorgen, dass das Bild von mir als Person nicht zu scharf wird", sagt sie. So lüge sie zum Beispiel "prinzipiell über meinen Beziehungsstand: Ich erzähle von Dates, die ein Jahr zurückliegen, und sage, ich bin Single, wenn ich's nicht bin."
An einer Sache aber besteht kein Zweifel, auch bei Schreiber selbst nicht mehr: Ihr Beruf ist jetzt Schriftstellerin. "Ich habe jahrelang viele Dinge ausprobiert und bin immer wieder beim Schreiben gelandet. Es ist auch das Einzige, wo ich stillsitzen kann", sagt sie, bei der neben einer Hochbegabung auch ADHS diagnostiziert wurde. "Nicht mal beim Serienschauen kann ich das." Im Frühjahr nächsten Jahres kommt ihr erstes Sachbuch heraus, der Vertrag für den zweiten Roman ist ebenfalls schon unterschrieben. Vor kurzem ist Schreiber bei einer Anfrage an ihre Agentin zum ersten Mal als "Prominente" bezeichnet worden, was sie belustigt hat. Tatsächlich, sagt sie, würde sie es gern vermeiden, "gesichtsbekannt" zu werden. Ein Plan, der schon angesichts der vielen von ihr persönlich im Netz veröffentlichten Selbstporträts freilich wenig aussichtsreich scheint.
Der Seeräuberbatman jedenfalls wird seine treuen Follower auch weiterhin in sein Wohnzimmer laden, welches mit etlichen Pflanzen und Terrarien zum kleinen Großstadtdschungel geworden ist. Gottesanbeterin Athene ist leider gerade eines natürlichen Todes gestorben, dafür haben sich zu den mehr als tausend Asseln, den Schnecken und dem anderen Getier zahlreiche neue Mitbewohner gesellt. Die per Post angereisten afrikanischen Riesentausendfüßer dürfen sich mit ihren schwarzglänzenden Leibern zur Faszination oder zum Entsetzen ihrer Zuschauer in kurzen Videos auf Schreibers Hand kringeln.
Ihr privates Tropenparadies ist für Schreiber jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zu ihrem großen Ziel, das wiederum mit Distanz zu tun hat. "Meine Idealvorstellung vom Leben", sagt sie, bevor sie sich mit Chloé wieder aufmacht in ihre Home-Office-Räuberhöhle, "ist ein Häuschen im Wald. Wo ich schreiben und niemand mich erreichen kann, von dem ich es nicht will." W-Lan sollte die Hütte aber schon haben.
Jasmin Schreiber, "Marianengraben", Eichborn, 257 Seiten, 20 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erstaunlich zahlreich sind die Menschen, die an diesem Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein und Vogelgezwitscher im Kiez unterwegs sind. Wären sie dies auch bei Twitter, dann wüssten sie wahrscheinlich, dass es sich bei der Frau mit den dunklen Locken, dem grauen Mantel, den Leggings und dem Hund an der Leine um die Schriftstellerin der Stunde handelt.
Jasmin Schreibers Debütroman "Marianengraben" steht in der vierten Woche in der Bestsellerliste. Es geht viel um den Tod in dem Buch, aber noch mehr um das Leben und wie man es sich zurückerobert. Über der Trauer um ihren geliebten kleinen Bruder ist die Protagonistin Paula in einer Depression versunken, metaphorisch bis zum Grund des elf Kilometer tiefen Marianengrabens. Durch Zufall gerät sie an einen knorrigen Rentner und dessen verhaltensauffälligen Hund, und wie dieses unwahrscheinliche Dreiergespann alsbald zusammenwächst, das kommt für die Leser weniger überraschend als für Paula selbst, die mit der Balance von "Nähe und Distanz" ein Problem hat: "Ich hasse Menschen nicht, so ist das nicht. Ich interessiere mich sogar sehr für sie, allerdings nicht unbedingt aus der Nähe", sinniert sie. Wie Mikroorganismen würde sie, die Biologin, ihre Mitmenschen "lieber aus der Ferne und mit Deckglas dazwischen" beobachten.
Schreiber konnte nicht ahnen, dass ihre Buchpremiere in eine Zeit fallen würde, in der fast alle Menschen einander gezwungenermaßen aus der liebsten Perspektive Paulas betrachten: aus der Ferne, wie mit einem Deckglas dazwischen, einem Smartphone- oder Computerbildschirm. Und dass die Fragen nach Nähe und Distanz, nach Leben und Tod sich noch einmal in viel größerer Dringlichkeit stellen würden als noch Wochen zuvor.
Für Schreiber als Schriftstellerin bedeutet dies, wie für viele Kollegen, dass sich ihre Tage nun völlig anders gestalten als erträumt. Drei Lesungen hat sie noch machen können, dann war's vorbei mit dem direkten Publikumskontakt und den Honoraren. Und auch mit der netten, auf Twitter dokumentierten Idee der Autorin, in einige ihrer Bücher, die in Frankfurter Buchläden auslagen, Zettelchen mit persönlichen Botschaften oder Zeichnungen zu schmuggeln. Keine große Sache, doch Schreiber widmete sich ihr mit der für sie typischen Hingabe, Kreativität und nahezu kindlichen Freude. Cleveres Marketing - Schreiber hat in Teilzeit einen PR-Job - war es außerdem: Die zu Glückskeksen umgewidmeten Bücher waren rasch weg.
"Mein erstes Buch, und die Promo-Phase säuft in einer Pandemie ab. Wenn es läuft, dann läuft es", twitterte Schreiber vor ein paar Wochen. Zum Erstaunen manches altgedienten Angestellten des Kulturbetriebs soff das Buch selbst überhaupt nicht ab: Die 10 000 Exemplare der Erstauflage - eine ungewöhnlich hohe Zahl für einen Debütroman - waren zwei Wochen, bevor das Buch überhaupt herauskam, bereits komplett verkauft. Schreibers Buch "kommt ohne Feuilletonkritik aus, ohne Zeitschriftartikel, ohne klassisches Marketing", stellte der Deutschlandfunk leicht pikiert fest und verortete den Erfolg gewiss nicht zu Unrecht im Internet, wo Jasmin Schreiber seit langem viele Leute kennen - zumindest aus der Ferne, mit einem Deckglas dazwischen. 33 000 Menschen folgen ihr allein auf Twitter.
Schreiber, 1988 in Frankfurt geboren, ist einer jener schlauen, engagierten, wortgewandten, witzigen, oft jungen und oft weiblichen Menschen, die das mitunter verschreckende Medium Twitter mit einem Leben füllen, das mit dem sogenannten echten locker mithalten kann. Zu dieser digitalen gesellschaftlichen Avantgarde, die untereinander gut vernetzt ist, zählen große Namen wie Igor Levit und Sasa Stanisic ebenso wie solche, die sich hinter kuriosen Pseudonymen verstecken; Schreiber etwa agierte lange nur unter dem Namen "Seeräuberbatman".
Mit ihren Twitter- und Instagram-Accounts deckt sie ein verblüffend breites Spektrum ab: Alltagsphilosophin, verschrobene Einsiedlerin, Entertainerin, Anwältin der Entrechteten, Illustratorin, Telekolleg-Dozentin (Schwerpunkt Zoologie), Feministin, selbstredend, sowie - aus der Sicht wohl nicht weniger ihrer Follower - allerbeste Freundin.
"Ich hätte es gern, dass ich ein bisschen geordneter twittern würde, jetzt, wo mir zum Beispiel auch die ganzen Kulturredakteure folgen", erzählt Schreiber. "Dann reiße ich mich einen Tag zusammen - und am nächsten Morgen twittere ich, dass mein Hund seine Kotze gefressen hat." Just mit solchen Einblicken in ihr privates, unvollkommenes Dasein jedoch hat sich Schreiber so viel Sympathie erarbeitet, dass ihr auch die momentan recht hochtourige Eigen-PR für ihren Roman niemand übelnehmen kann. "Ich denke immer: Jasmin, nicht so viel über dein Buch twittern. Aber dann finde ich doch wieder was und denke: Oh, ist das aufregend. Und dann geht's wieder los", sagt Schreiber. Zum Beispiel, wenn wieder eine bewegte Buchhändlerin ihrer Kundschaft Schreibers Buch ans Herz gelegt hat: "Ich bin da wie ein verrückter Welpe, der einen Quietschball sieht. Es ist immer der gleiche Quietschball, aber er rastet jedes Mal wieder aus."
Tatsächlich führt Jasmin Schreiber allen gerade verzweifelnden Kulturschaffenden vor, wie das geht: seine Werke in Zeiten von Corona zu verkaufen. Emotional, digital, direkt. Als jemand, der im Netz praktisch aufgewachsen ist, hat Schreiber einen unschlagbaren Startvorteil: Ihre Familie war in den Neunzigern ein Testhaushalt für Kabel-Internet und konnte frühzeitig Filme streamen - ein Angebot, das sich bei den anderen Testfamilien, wie Schreiber berichtet, nicht recht durchsetzte. Bei ihr persönlich aber schon. Seit 2012 ist sie bei Twitter, hat dort auf ihrem Erst- und Zweit-Account 90 000 Tweets verfasst, hinzu kommen Instagram-Posts und Blog-Artikel. Wer ins digitale Schaffen Schreibers eintauchen will, könnte sich tage-, ja wochenlang darin verlieren.
Die gut 250 Seiten von "Marianengraben" hingegen lassen sich problemlos in zwei, drei Stunden lesen. Es ist eine tragikomische Buddy Story, ein Coming-of-Age-Roman und literarischer Roadtrip, das Ganze wirkt überaus verfilmbar; erste Verhandlungen über die Rechte laufen. Dass hinter ihrer Protagonistin Paula sie sich selbst verberge, weist Schreiber von sich. Ihr eigener kleiner Bruder ist ja auch quicklebendig, und dass diese Information manchen Journalisten, mit dem sie in den vergangenen Wochen sprach, augenscheinlich irritierte, irritierte wiederum Schreiber, die sich dann dachte: "Bist du gerade enttäuscht, weil mein Bruder noch lebt?" Gewisse Parallelen sind gleichwohl unverkennbar: Jasmin und Paula sind ungefähr im gleichen Alter, sie sind Biologinnen mit Vorliebe für Insekten, sie leben in Frankfurt und kämpfen beide mit einer Depression.
Über ihre Erkrankung spricht Schreiber sehr offen, gerade erst gemeinsam mit dem Kollegen Benjamin Maack bei einer der Video-Lesungen, die sie seit kurzem organisiert: im Stream übertragen aus den Wohnungen der Autoren, die stets - wieder trifft Spaß auf PR - im Pyjama antreten, die Erlöse gingen an die Depressionshilfe. Schreiber erzählte, dass sie sich in schlechten Phasen inmitten gutgelaunter Menschenmassen wie ein Alien fühle und dass sie ihre Depression als schlafendes Monster betrachte, das bei jedem unbedachten Schritt erwachen könne. Als wegen Corona ihre Lesungen gecancelt wurden, wandte sie sich an ihre Follower mit der Bitte, trotzdem ihr Buch zu kaufen: "Ich kann nix außer Schreiben und Depression, und das Letztere macht keinen Spaß (und sichert auch keinen Lebensunterhalt)."
Das ist natürlich pure Koketterie bei einer so vielfältig talentierten und engagierten Person wie Schreiber. Sie hat - als Journalistenschülerin, die sie auch einmal war - mit der Tarnidentität der Hausfrau Melanie in rechtsextremen Netzwerken recherchiert. Sie hat mit Flüchtlingen gearbeitet, und regelmäßig fotografiert sie sogenannte Sternenkinder, totgeborene Babies, deren Eltern sie so eine Erinnerung verschafft. 2018 wurde sie als Bloggerin des Jahres ausgezeichnet. Versucht sie sich an einem Roman, dann gelingt ihr auch dies. Beim Eichborn-Verlag setzte sie durch, ihr Buch ohne Plastik und Folienveredelung herauszubringen; der Verlag will nun grundsätzlich auf Klebeetiketten verzichten und den Preis auf die Einbände seiner Bücher drucken. Wieder die Welt ein klein wenig besser gemacht.
Als sie Ende 2019 von einer Followerin gefragt wurde, wie man das alles, als Depressive, nur schaffen könne, fühlte sich Jasmin Schreiber zu einer Klarstellung verpflichtet: Sie bekomme zwar vieles hin, doch ebenso vieles, für die Außenwelt unsichtbar, auch nicht, darunter alltäglichste Verrichtungen. Und wenn sie das Gefühl habe, "zu einem depressiven Popstar stilisiert zu werden", dann wolle sie nur rufen: "Leute, ich habe seit drei Tagen nicht geduscht." Depression, sagt sie im Gespräch, "ist nicht so, dass man in einem schönen Oversize-Pulli traurig am Fenster sitzt und Tee trinkt. Es ist eher so: Du liegst inmitten von Pizzakartons und isst Senf mit Joghurt, weil du dich nicht in den Supermarkt traust."
Mit solchen Bekenntnissen macht sie anderen Mut, sich selbst jedoch in gewissem Grade schutzlos. Doch sie sagt: "Über diese Sachen mag ich erzählen, weil ich weiß, dass es für Betroffene wichtig ist, sie zu hören. Und weil ich selbst oft in einer Situation war, wo ich gesagt habe: Da würde ich gern mal mehr wissen." Bei aller Offenheit beharrt Schreiber darauf, dass selbst langjährige Twitter-Anhänger sie nicht wirklich kennen; von einer "Scheinnähe" spricht sie, dank der sie Distanz wahren könne. "Wenn man so viele Follower hat, ist es wichtig, eine Art Vexierspiel zu spielen. Zu oszillieren zwischen Realität und Fiktion. Ich muss mich selbst schützen und dafür sorgen, dass das Bild von mir als Person nicht zu scharf wird", sagt sie. So lüge sie zum Beispiel "prinzipiell über meinen Beziehungsstand: Ich erzähle von Dates, die ein Jahr zurückliegen, und sage, ich bin Single, wenn ich's nicht bin."
An einer Sache aber besteht kein Zweifel, auch bei Schreiber selbst nicht mehr: Ihr Beruf ist jetzt Schriftstellerin. "Ich habe jahrelang viele Dinge ausprobiert und bin immer wieder beim Schreiben gelandet. Es ist auch das Einzige, wo ich stillsitzen kann", sagt sie, bei der neben einer Hochbegabung auch ADHS diagnostiziert wurde. "Nicht mal beim Serienschauen kann ich das." Im Frühjahr nächsten Jahres kommt ihr erstes Sachbuch heraus, der Vertrag für den zweiten Roman ist ebenfalls schon unterschrieben. Vor kurzem ist Schreiber bei einer Anfrage an ihre Agentin zum ersten Mal als "Prominente" bezeichnet worden, was sie belustigt hat. Tatsächlich, sagt sie, würde sie es gern vermeiden, "gesichtsbekannt" zu werden. Ein Plan, der schon angesichts der vielen von ihr persönlich im Netz veröffentlichten Selbstporträts freilich wenig aussichtsreich scheint.
Der Seeräuberbatman jedenfalls wird seine treuen Follower auch weiterhin in sein Wohnzimmer laden, welches mit etlichen Pflanzen und Terrarien zum kleinen Großstadtdschungel geworden ist. Gottesanbeterin Athene ist leider gerade eines natürlichen Todes gestorben, dafür haben sich zu den mehr als tausend Asseln, den Schnecken und dem anderen Getier zahlreiche neue Mitbewohner gesellt. Die per Post angereisten afrikanischen Riesentausendfüßer dürfen sich mit ihren schwarzglänzenden Leibern zur Faszination oder zum Entsetzen ihrer Zuschauer in kurzen Videos auf Schreibers Hand kringeln.
Ihr privates Tropenparadies ist für Schreiber jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg zu ihrem großen Ziel, das wiederum mit Distanz zu tun hat. "Meine Idealvorstellung vom Leben", sagt sie, bevor sie sich mit Chloé wieder aufmacht in ihre Home-Office-Räuberhöhle, "ist ein Häuschen im Wald. Wo ich schreiben und niemand mich erreichen kann, von dem ich es nicht will." W-Lan sollte die Hütte aber schon haben.
Jasmin Schreiber, "Marianengraben", Eichborn, 257 Seiten, 20 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein Buch, das Geborgenheit bietet und Hoffnung schenkt." Yasmina Banaszczuk "Helmut ist ab sofort (neben der Queen) mein Rolemodel fürs Altsein. Ich liebe seine nonchalante Renitenz - und wie zärtlich unsentimental wir ihn hier kennenlernen dürfen." Anja Rützel "Eigentlich kann man gar kein Buch schreiben, das vom Sterben handelt, gleichzeitig sehr lustig und tieftraurig ist, sich aber anfühlt wie ein Roadmovie. Wie gesagt: eigentlich!" Sascha Lobo
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensentin Manuela Reichart ist total berührt von diesem Debütroman der Bloggerin und Sterbebegleiterin Jasmin Schreiber, die darin von Schmerz und Verlust erzählt: Eine junge Frau hat ihren Bruder verloren, ein älterer Mann seine Frau, beide tun sich zusammen und fahren nach Südtirol, um alte Versprechen einzulösen und neue Hoffnung zu schöpfen. Reichart zitiert viel in ihrer kurzen Rezension, beteuert aber, dass Schreiber etwas ganz Ungewöhnliches gelinge, nämlich über Schweres leicht zu erzählen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Paula steckt in einer tiefen Depression als sie den schrulligen Helmut auf kuriose Weise kennenlernt. Zusammen begeben sie sich auf eine Reise in die Berge und erleben auf ihrem Weg so allerhand. Und vielleicht hilft Paula diese Reise, endlich mit den vergangenen Ereignissen …
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Paula steckt in einer tiefen Depression als sie den schrulligen Helmut auf kuriose Weise kennenlernt. Zusammen begeben sie sich auf eine Reise in die Berge und erleben auf ihrem Weg so allerhand. Und vielleicht hilft Paula diese Reise, endlich mit den vergangenen Ereignissen abzuschließen.
Ich war von der Leseprobe begeistert; vom Inhalt, der Erzählweise der Autorin und den Charakteren. Und fangen wir gleich mit den Charakteren an. Paula ist ganz sicher kein Stereotyp. Sie ist alles andere als perfekt und hat mit ihren Depressionen zu kämpfen und ihr Leben fast schon aufgegeben. Für ihr Alter und die Erfahrungen, die sie bereits machen musste, verhält sie sich aber sehr naiv und ich konnte es auch nicht mir ihr in Verbindung bringen, dass sie eine Doktorarbeit schreibt. Sie wirkte stellenweise nicht besonders reif.
Helmut vertritt hier schon eher ein Stereotyp. Der griesgrämige alte Mann, der Paula nur langsam an sich heran lässt und eigentlich herzensgut ist. Ohne zu viel zu verraten, packt er während der Reise ein paar Klischees aus.
Der Verlauf der Geschichte war anfangs recht rasant, aber nach Beginn der Reise wird es immer gemächlicher und es geht mehr um die Charaktere, ihre Vergangenheit und ihre Gefühlswelt. Man erfährt viel aus Helmuts bewegten Leben und da es aus Paulas Sicht geschrieben ist, bekommt man ihre Gefühle mit.
Es ist klar ein Buch auf emotionaler Ebene, aber obwohl der Anfang mir wirklich zugesagt hat, konnte es mich im Verlauf nicht mehr sonderlich berühren und einfangen. Ich habe richtig gemerkt, wie ich beim Lesen immer wieder gedanklich abgeschweift bin und mich nicht auf die Geschichte konzentrieren konnte. Vielleicht war es gerade einfach kein guter Zeitpunkt für ein gefühlsstarkes Buch, denn es ist keineswegs schlecht.
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Trauerbewältigung
„Marianengraben“ ist der Debütroman von Jasmin Schreiber. Sie widmet sich in ihm einem durchaus schwierigen Thema: Trauer und Depression. Aber der Autorin gelingt es, durch eine leicht verständliche Sprache und einer sehr genauen Wortwahl, Paulas …
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Trauerbewältigung
„Marianengraben“ ist der Debütroman von Jasmin Schreiber. Sie widmet sich in ihm einem durchaus schwierigen Thema: Trauer und Depression. Aber der Autorin gelingt es, durch eine leicht verständliche Sprache und einer sehr genauen Wortwahl, Paulas Geschichte zu erzählen, die um ihren Bruder trauert und dabei in eine tiefe Depression verfällt. Der Leser bekommt dabei die ganze emotionale Bandbreite von Paulas Schmerz und Verzweiflung „hautnah“ ab. Es kommt alles sehr lebensecht beim Leser an, man durchlebt faktisch ein Wechselbad der Gefühle. Das Ganze ist so tiefgründig erzählt, dass ich ab und an innehalten und erst einmal tief durchatmen musste. Damit aber der Leser nicht auch wie Paula in eine Krise gerät, hat die Autorin Helmut auf den Plan gerufen, der mittels seiner schrulligen Natur für Paula „das Licht am Ende des Tunnels“ bedeutet und ihr somit zu einer großen Stütze wird. Dies ist vielleicht keine alltägliche Romankost die hier erzählt wird, aber durch die gekonnten humorigen Einlassung mittels Helmut, ist hier ein Roman entstanden, der trotz aller Trauer auch die Hoffnung zum Leben beschreibt. Für mich ein absolut lesenswertes Debüt. Ich vergebe volle 5 Sterne.
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Leider nicht meins...
Ich hatte mich so sehr auf dieses Buch gefreut.... Der Klappentext war verheißungsvoll, aber leider hat es mich überhaupt nicht gepackt. Das Thema ist wichtig und schwierig, die ganze Geschichte fühlt sich aber ab, wie schon tausendmal gehört und …
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Leider nicht meins...
Ich hatte mich so sehr auf dieses Buch gefreut.... Der Klappentext war verheißungsvoll, aber leider hat es mich überhaupt nicht gepackt. Das Thema ist wichtig und schwierig, die ganze Geschichte fühlt sich aber ab, wie schon tausendmal gehört und ich habe leider nicht den Einstieg gefunden. Trotz der Problematik Tod, Trauer, Depression fand ich die gezeichneten Charaktere nicht fesselnd, so dass die leider vorhersehbare Handlung vor sich hin dümpelt. Schade, ich hatte mir wesentlich mehr erhofft. Es gab mehrfach interessante Abschnitte. Es gibt aber viele Bücher, die dieses Format für meine Begriffe besser füllen. Über den Schreibstil lässt sich glücklicherweise streiten... Mich hat das Buch leider nicht begeistern können.
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Die ersten beiden Kapitel des Buches haben mich wahnsinnig tief berührt. Der intensive Stil der Autorin hat mich sofort für sich eingenommen. Sie verwendet wundervolle Metaphern, formt Wörter zu fast schon poetischen Sätzen und reißt mit ihrer Intensität und …
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Die ersten beiden Kapitel des Buches haben mich wahnsinnig tief berührt. Der intensive Stil der Autorin hat mich sofort für sich eingenommen. Sie verwendet wundervolle Metaphern, formt Wörter zu fast schon poetischen Sätzen und reißt mit ihrer Intensität und Feinfühligkeit mit. Ab dem dritten Kapitel kommt die Handlung des Buches so richtig in Gang, als die beiden Protagonisten aufeinander treffen. Das Buch wird nun lebendiger, lebhafter, etwas verrückt, situations-komisch und abenteuerlustig, gleichzeitig melancholisch und auch ein bisschen traurig. Wahrhaftig ein Wechselbad der Gefühle. Teilweise war mir die Handlung etwas zu skurril. Und ich hätte gern noch mehr berührende und intensive Sätze gelesen, das hat mir ab Kapitel 3 etwas gefehlt. Insgesamt hat mich das Buch aber sehr berührt und eine Geschichte wie diese habe ich vorher nicht gelesen.
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In einer ausdrucksstarken, bildreichen Sprache erzählt Jasmin Schreiber die Geschichte von Paula, deren Leben zwei Jahre nach dem tragischen Unfalltod ihres Bruders immer noch stillsteht. Durch eine verrückte Zufallsbegegnung nachts auf dem Friedhof trifft sie den kauzigen Herbert und …
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In einer ausdrucksstarken, bildreichen Sprache erzählt Jasmin Schreiber die Geschichte von Paula, deren Leben zwei Jahre nach dem tragischen Unfalltod ihres Bruders immer noch stillsteht. Durch eine verrückte Zufallsbegegnung nachts auf dem Friedhof trifft sie den kauzigen Herbert und unternimmt schließlich mit ihm und diversen Haustieren einen Roadtrip, bei dem sie sich ihren Gefühlen stellen muss.
Das Buch zeichnet sich durch seinen sensiblen Umgang mit Depressionen, Trauer und Schuld aus, ohne dabei selbstmitleidig-kitschig zu werden. Neben den traurigen, bewegenden Szenen gibt es immer wieder skurrile Schmunzelmomente, sodass die Geschichte eine wirkliche Achterbahn der Gefühle auslöst. Sehr berührend und überraschend lebensbejahend!
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Tieftraurig und wunderschön
Mit ihrem Debüt "Marianengraben" ist es der Autorin Jasmin Schreiber gelungen die Themen Verlust, Tod und Trauer so locker und mit einer guten Portion Humor niederzuschreiben, dass es mich zutiefst berühret und gleichzeitig großartig …
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Tieftraurig und wunderschön
Mit ihrem Debüt "Marianengraben" ist es der Autorin Jasmin Schreiber gelungen die Themen Verlust, Tod und Trauer so locker und mit einer guten Portion Humor niederzuschreiben, dass es mich zutiefst berühret und gleichzeitig großartig unterhalten hat.
Die Geschichte wird aus der Perspektive von Paula erzählt. Nachdem Paulas kleiner Bruder Tim, den sie über alles geliebt hat, bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, fällt Paula in eine tiefe Depression. Um ihre Trauer zu verarbeiten, rät ihr Therapeut ihr, Tims Grab zu besuchen. Da sie niemanden begegnen möchte, geht sie in der Nacht zum Friedhof. Dort trifft sie auf Helmut, einen etwas schrulligen alten Herrn, der gerade dabei ist die Urne seiner Frau Helga auszugraben. Er möchte mit der Asche seiner Helga in die Berge, um sie dort, wie versprochen, zu verstreuen. Kurz entschlossen begibt sich Paula mit ihm und seinem Wohnmobil auf die Reise und damit beginnt ein ungewöhnlicher und regelrecht absurder Roadtrip.
Der Schreibstil der Autorin ist ruhig und eindringlich. Die Emotionen der Protagonistin werden intensiv und authentisch geschildert. Gleichzeitig ist die Handlung so ungewöhnlich, fast schon skurril, dass man einfach lachen muss. Die unterschiedlichsten Emotionen liegen hier nah beieinander und ich habe mehrfach gestaunt, wie es Jasmin Schreiber gelungen ist Tragik und Humor miteinander zu verbinden.
Meiner Meinung nach ist dies ein großartiger Debütroman der mich gespannt auf weitere Werke der Autorin warten lässt.
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Paula liebt ihren Bruder über alles. Sie ist überzeugt davon, dass er sie zu einem besseren Menschen macht. Paula ist eher menschenscheu, ihr kleiner Bruder Tim das genaue Gegenteil von ihr. Neugierig, aufgeweckt und überaus wissbegierig ist Tim. Er liebt alle Tiere, besonders aber …
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Paula liebt ihren Bruder über alles. Sie ist überzeugt davon, dass er sie zu einem besseren Menschen macht. Paula ist eher menschenscheu, ihr kleiner Bruder Tim das genaue Gegenteil von ihr. Neugierig, aufgeweckt und überaus wissbegierig ist Tim. Er liebt alle Tiere, besonders aber das Meer und die Meeresbewohner, da trifft es sich gut, dass die große Schwester Biologin ist und die Tiefsee erforschen will. Als ein schrecklicher Unfall passiert, erfährt Paula am Telefon davon. Danach ist nichts mehr so, wie es vorher war.
„An meinem Kühlschrank hängt bis heute ein Graph, auf dem man sieht, wie ein menschliches Herz zerbricht.“ (Seite 20)
Paula wird mit dem Tod ihres Bruders nicht fertig. Sie zieht sich zurück, wird depressiv, verzweifelt am Leben. Als sie bei einem nächtlichen Besuch auf dem Friedhof Helmut, einen über 80jährigen, schrulligen alten Herren trifft, ist dies der Beginn eines außergewöhnlichen Trips, der beider Leben, insbesondere aber das von Paula, verändert.
Paula wendet sich in diesem Buch nicht an uns, sondern an Tim, ihren Bruder. Während sie ihre abenteuerliche Reise mit Helmut schildert, erinnert sie sich an Situationen mit ihm, an seine Fragen, seine Ängste, seine Eigenheiten. Dieses Buch handelt vom Sterben und vom Neuanfang. Vom Leben und vom Tod. Es ist traurig, es ist herzzerreißend, gleichzeitig aber auch lustig und erfrischend. Diesen Spagat zu schaffen, ist eine Kunst, und diese beherrscht Jasmin Schreiber wunderbar.
Lange habe ich mich gesträubt, dieses Buch zu lesen. Ich hatte Angst, dass es mich zu traurig macht. Meine beste Freundin hat mir vor vielen Jahren gesagt, solange ich keinen echten Verlust erleiden würde, wüsste ich gar nicht, was Trauer ist. Sie war sehr klug, meine Freundin, und sie war in ihrem Leben auf viel zu vielen Beerdigungen. Ich nicht. Als sie selbst vor ein paar Jahren unerwartet und viel zu jung aus dem Leben gerissen wurde, verstand ich, was sie meint. Auf grausame Weise wurde mir klargemacht, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich konnte monatelang nicht über sie sprechen, ohne in Tränen auszubrechen. Das ist heute, viele Jahre später, manchmal immer noch so. Sie fehlt mir.
Dieses kleine Buch ließ mich schmunzeln, weinen und lachen. Manche Sätze hätte ich mir am liebsten angestrichen, ausgedruckt und aufgehängt. Die beiden Charaktere sind so wunderbar, so außergewöhnlich gut gezeichnet, dass ich mir gewünscht hätte, die Reise dauert länger. Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.
Triggerwarnung: Tod, Depression, suizidale Gedanken.
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Es mag wie ein Widerspruch klingen: eine tieftraurige Geschichte mit vielen witzigen Ideen über die Trauer um einen kleinen Bruder. Und doch ist es der Autorin gelungen, genau so ein Buch zu schreiben, das sich wunderschön liest.
Paulas geliebter kleiner Bruder Tim ist mit nur zehn Jahren …
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Es mag wie ein Widerspruch klingen: eine tieftraurige Geschichte mit vielen witzigen Ideen über die Trauer um einen kleinen Bruder. Und doch ist es der Autorin gelungen, genau so ein Buch zu schreiben, das sich wunderschön liest.
Paulas geliebter kleiner Bruder Tim ist mit nur zehn Jahren plötzlich gestorben. Die Ich-Erzählerin versinkt in eine schwere Depression, die ihr auch nach mehr als einem Jahr jeden Lebensmut und -freude nimmt. Doch als sie auf sehr ungewöhnliche Weise Helmut kennenlernt, einen 83jährigen grantigen alten Herrn, geschehen Dinge, die ihr Leben durcheinanderbringen.
Das Besondere an diesem Buch ist der stete Wechsel von Witz und Trauer, Ernst und Fröhlichkeit. Paulas Gedanken an ihren kleinen Bruder sind voller Schmerz und Leid und an manchen Stellen ging es nicht anders - mir stiegen die Tränen in die Augen. "Du warst immer da, egal, was ich tat, du warst die Nuss und ich die schützende Schale, und seit du fort bist, fühle ich mich aufgebrochen, ausgehöhlt und beraubt." Oder "Wie soll man auch weinen, wenn in einem nur das Nichts ist?"
Doch dann kommen Szenen, die so schräg sind, dass ich mit Kloss im Hals loslachen musste. Die nackte Seniorengruppe auf der Lichtung oder die Überlegung, ob es schon Kannibalismus ist, wenn man die Asche einer Verstorbenen vom Finger leckt. Was allein schon auf den ersten 40 Seiten passiert, erlebt man in anderen Büchern nicht auf 200.
Zudem besitzt Jasmin Schreiber einen sehr bildhaften und ausdrucksstarken Schreibstil, egal, ob witzig oder voller Kummer. Zwar empfand ich gelegentlich einige Darstellungen etwas übertrieben ("... um uns herum brüllten die Rapsfelder mit ihren gelben Blüten die Stäbchen und Zapfen unserer Netzhäute an."), doch die meisten gefielen mir richtig gut ("Aber erst jetzt verstand ich, dass man nur wirklich einsam ist, wenn man zurückbleibt, wenn man übrig ist.").
Auch wenn es ein Buch über ein im Grunde todtrauriges Thema ist (der Verlust eines geliebten Menschen), ist es nicht im Geringsten deprimierend - ganz im Gegenteil. Vielleicht können Lesende mit einem solchen Schmerz sogar einen Trost aus dieser Lektüre ziehen. Für alle Anderen bietet es auf jeden Fall schöne Lesestunden!
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Trauer und Hoffnung
Obwohl es im Buch um Verlust und Trauer geht, gibt es auch eine gewisse Situationskomik und es gibt Hoffnung durch die Begegnung der zwei Protagonisten, der 83jährige Helmut und die Studentin Paula, die Icherzählerin ist.
Sie begegnen sich Nachts auf einem Friedhof, …
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Trauer und Hoffnung
Obwohl es im Buch um Verlust und Trauer geht, gibt es auch eine gewisse Situationskomik und es gibt Hoffnung durch die Begegnung der zwei Protagonisten, der 83jährige Helmut und die Studentin Paula, die Icherzählerin ist.
Sie begegnen sich Nachts auf einem Friedhof, auf dem sie ihren verstorbenen kleinen Bruder besucht und wo Helmut die Urne seiner Freundin ausgräbt. Eine skurrile Begegnung, die dann auch zu einer gemeinsamen Reise zusammen mit Hund und Huhn führt. Die Dialoge zwischen ihnen geben dem Buch den besonderen Touch, manchmal ist Paula aber gedanklich bei den Erinnerungen an ihren Bruder Tim.
Tragisch, das Helmut krank ist und vermutlich nicht mehr lange leben wird, aber für die junge Paula geht es darum, ob sie wieder richtig leben kann. Dazu muss sie ein Stück mit der Trauer abschließen. Wie Helmut und Paula sich gegenseitig helfen, besonders durch die Gespräche ist berührend.
Die Autorin Jasmin Schreiber hat sich gut in den Stoff eingefühlt.
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Vor zwei Jahren ist Paulas damals zehnjähriger Bruder Tim gestorben. Ertrunken im Sommerurlaub auf Mallorca, er der eigentlich Tiefseeforscher werden und die Fische im Marianengraben erforschen wollte. Seither führt Paula ein Schattendasein zwischen Schuldgefühlen und Depression, …
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Vor zwei Jahren ist Paulas damals zehnjähriger Bruder Tim gestorben. Ertrunken im Sommerurlaub auf Mallorca, er der eigentlich Tiefseeforscher werden und die Fische im Marianengraben erforschen wollte. Seither führt Paula ein Schattendasein zwischen Schuldgefühlen und Depression, gefangen in ihrem ganz persönlichen Marinanengraben. Auf Vorschlag ihres Therapeuten, das Grab ihres Bruders, von dem sie sich bisher fern gehalten hat, einfach außerhalb der „Friedhofsstoßzeiten“ zu besuchen, bricht Paula nachts in den Friedhof ein. Doch da ist sie nicht die einzige: auf dem nächtlichen Friedhof trifft sie Helmut, einen alten Mann, der dort seine Freundin Helga „abholt“, um sein Versprechen einzulösen, mir ihr zurück in die Alpen zu fahren. Am nächsten Tag bricht das ungleiche Paar mit der eingeäscherten Helga und der eigensinnigen Hündin Judy zu einer besonderen Reise auf.
Jasmin Schreiber ist mit Marianengraben ein ganz besonderes Buch gelungen. Ihr Schreibstil ist über große Teile der Geschichte wundervoll poetisch. Oftmals verknüpft die Autorin Bilder und sprachliche Konstrukte, die mich beim Lesen öfters haben innehalten, den Satze ein zweites Mal lesen und zumindest für ein
Überschrieben sind die einzelnen Kapitel mit Zahlen zwischen 11000 und 0, die uns im Verlauf des Buches daran teilhaben lassen, wie Paula langsam aus den Tiefen des Marianengrabens aufsteigt und zurück ins Leben findet.
Empfehlen kann ich dieses Buch eigentlichen allen. Allen, die Paula und Helmut auf ihre Reise in den Alpen und in Vergangenheit und Zukunft begleiten wollen, allen die einfach mal wieder ein unglaublich schön geschriebenes Buch lesen wollen und natürlich allen aspirierenden Tiefseeforschern!
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