Ferdinand von Schirach
Schirach, Ferdinand vonDer Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm die Spiegel-Bestseller »Die Herzlichkeit der Vernunft«, ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, die Erzählungen »Strafe« sowie sein persönlichstes Buch »Kaffee und Zigaretten«.
Kundenbewertungen
Zu empfehlen gutes Buch etwas Kurz und knackig
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Eine Liebeserklärung an das Leben – an den Regen, literarisch hochwertig.
Als was mögen wir dieses Büchlein bezeichnen? Als Erzählung, fünfzig augenfreundlich gesetzte Zeilen, und ein nochmal so langes Interview mit interessanten Lebenseinblicken des Autors? Oder als Theatermonolog?
Auf jeden Fall ein leicht...
Eine Liebeserklärung an das Leben – an den Regen, literarisch hochwertig.
Als was mögen wir dieses Büchlein bezeichnen? Als Erzählung, fünfzig augenfreundlich gesetzte Zeilen, und ein nochmal so langes Interview mit interessanten Lebenseinblicken des Autors? Oder als Theatermonolog?
Auf jeden Fall ein leicht und locker zu lesendes Werk über das Leben. Über die Melancholie, wie sie es nur der Regen schaffen kann. Dieses stete, leicht rauschende, mal plätschernde Geräusch, das einen einlullen mag in Gedankengänge, die bei Sonnenschein wohl kaum zu Tage kommen. Die Frage nach dem Scheitern, nach einem Verlust, die graue Monotonie, das tun zu müssen, was wir nicht tun wollen. Über den Sinn des Lebens sinieren? Oder einfach nur Alltäglichkeiten vergessen und fortspülen lassen, Raum schaffen für sinnfreilose Banalitäten.
Der Protagonist wird als Schöffe bestellt. Wider seinem Willem. Er erzählt vom Gericht, von den Verhandlungen – in einer markanten Präzision; und dennoch hat man das Gefühl als wäre es eine Nebensächlichkeit, mit einem Winken der Hand abgetan. Aber es geht in die Tiefe. In die Abgründe des Seins. Wer klagt hier wen an und warum? Dürfen wir das überhaupt oder sind wir befangen?
Während all dieser tieferen Gedanken kommen Trivialitäten ans Tageslicht. Von Schirach arbeitet mit Humor und Sarkasmus Ideen aus, die einem normalerweise wohl kaum in den Sinn kommen würden
Zum Beispiel die 80%-Regel. 80% unseres Alltags beschäftigen sich mit „Mist“. Mit unnötigen Dingen, die wir dennoch tun. Egal, ob Erledigungen, oder ein Buch (wie er meint, aber da halte ich dagegen), oder die visuelle Berieselung seitens Film oder TV.
Oder die Geschichte mit den weißen Karibikstränden. Hinterfragt doch mal, woher der schöne weiße Sand kommt. Oder in was wir da tatsächlich im Meer so herumschwimmen … tierisch.
Dieses kleine Schriftstück ist eine herrliche Persiflage auf das Leben an sich, kurz und prägnant erläutert, oft in spartanischen Sätzen, die das riesengroße Allgemeinwissen des Autors und dessen Genius unterstreichen.
Auch das anschließende Interview ist sehr lesenswert und lässt tiefe Einblicke zu.
In Summe sehr gerne gelesen. Leseempfehlung für diesen literarischen Ausflug
Meine Meinung:
Ungewöhnliche Geschichten, mitten aus dem Leben.
Ich hatte mit Nachmittage sehr spannende Lesestunden. Schirachs Geschichten zeigen, welch fatale Folgen Irrtümer haben können. Manchmal konnte ich gar nicht fassen, was in der einen oder anderen Geschichte passiert ist. Erlebnisse aus den verschie...
Meine Meinung:
Ungewöhnliche Geschichten, mitten aus dem Leben.
Ich hatte mit Nachmittage sehr spannende Lesestunden. Schirachs Geschichten zeigen, welch fatale Folgen Irrtümer haben können. Manchmal konnte ich gar nicht fassen, was in der einen oder anderen Geschichte passiert ist. Erlebnisse aus den verschiedensten Ländern haben gezeigt, dass Menschen überall gleich ticken. Da führt ein Mann ein Doppelleben und wird erpresst. Eine Frau verdächtig ihren Mann, ein Exhibitionist zu sein. Auch die anderen Geschichten konnten mich begeistern und stellenweise entsetzen. Jede einzelne Kurzgeschichte hat es in sich. Sie regen zum Nachdenken an. Vereinzelt schwirren sie mir jetzt noch im Kopf herum. Wahre Geschichten über Prominente fand ich besonders interessant. Natürlich geht es auch um Literatur.
Fazit:
Ferdinand von Schirach ist ein guter Beobachter und Schriftsteller. Von mir eine absolute Empfehlung. Danke.
Meine Meinung:
Ein Fest der Sinne
Dieses Büchlein hat mich keineswegs im Regen stehen lassen. Vielmehr habe ich den Regen durchs Fenster beobachtet. Gemütlich auf dem Sofa den Worten von Ferdinand von Schirach gelauscht. Nein, ich habe (noch) nicht das Hörbuch, vielmehr die Printausgabe genossen. Da ich den Au...
Meine Meinung:
Ein Fest der Sinne
Dieses Büchlein hat mich keineswegs im Regen stehen lassen. Vielmehr habe ich den Regen durchs Fenster beobachtet. Gemütlich auf dem Sofa den Worten von Ferdinand von Schirach gelauscht. Nein, ich habe (noch) nicht das Hörbuch, vielmehr die Printausgabe genossen. Da ich den Autor jedoch schon des öfteren im Fernsehen erleben durfte, hatte ich stets seine Stimme im Ohr.
Schöffe wider Willen! Und dann auch noch irgendwie erfolglos. Auf den ersten Blick zumindest. Auf den zweiten Blick erweist sich dieser Misserfolg als großes Glück. Wir Leser dürfen die Gedankengänge von einem einsamen Mann miterleben. Dies in einer Bar, in die er wegen Regenwetter geflüchtet ist. Ein Autor, der seit vielen Jahren eine Schreib Blockade hat. Der seine große Liebe verlor. Dabei kommt die Geschichte nicht mal traurig daher. Ich musste mehr wie einmal schmunzeln. Sehe jetzt Urlaube an Sandstränden mit ganz anderen Augen. Habe das Gefühl, dieser Mann genießt das Alleinsein. Nimmt sich selbst nicht so wichtig. Er geht mit geschärften Sinnen durch die Welt. Dazu muss er sich nicht anstrengen. Er ist einfach so. Wunderschöne Zitate laden dazu ein, sie mehrmals zu lesen. Das Büchlein ist klein. Der Inhalt groß. Das Interview nach der kurzen Geschichte ist von sehr viel Ehrlichkeit geprägt. Wäre mir Ferdinand von Schirach nicht schon vorher sympathisch gewesen, dann spätestens nach diesem Interview.
Fazit:
Ein Buch das zum Nachdenken anregt und in keinem Bücherregal fehlen sollte. Ich werde nun auch das Hörbuch, von Schirach eingelesen, genießen.
Danke Ferdinand von Schirach.
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überraschende Wendungen
26 Kurzgeschichten, ja mitunter nur kleine Anekdoten, die bei mir für gute Stimmung gesorgt haben. Eigentlich wäre dies inhaltlich nicht gerechtfertigt. Denn kurz vor Ende der längeren Geschichten kommt immer noch eine Wendung, die die Leserin nicht erwartet hätte.
So will ich von Ges...
überraschende Wendungen
26 Kurzgeschichten, ja mitunter nur kleine Anekdoten, die bei mir für gute Stimmung gesorgt haben. Eigentlich wäre dies inhaltlich nicht gerechtfertigt. Denn kurz vor Ende der längeren Geschichten kommt immer noch eine Wendung, die die Leserin nicht erwartet hätte.
So will ich von Geschichte fünf erzählen, wo der Ich-Erzähler den Uhrenfabrikant Peter Traub aus dem schwäbischen Tautzingen (wenn es diesen Ort nicht gäbe, so könnte ich mir doch gut vorstellen, wie er am Albtrauf liegt und man weit in die Ferne schauen kann) zufällig in Marrakesch trifft. Nach Jahren der Krise blühte sein geerbtes Familienunternehmen wieder richtig auf. Traub selbst vergnügte sich aber lieber in der Berliner Schwulenszene, bis ihn der Inhaber seiner Lieblingsdiskothek daheim besuchte, um ihn zu erpressen. Und das überraschende Ende verrate ich natürlich nicht.
Andere Geschichten sind deutlich kürzer, etwa wird auf S.88 nur kurz behandelt, wie Thomas Mann mit Kritik umging.
Nicht alle dieser Anekdoten bleiben in Erinnerung. Dies ist aber nicht schlimm, weil kaum Lesezeit verbraten wurde. Deswegen gibt es für mich für die eindrucksvollen Teile volle 5 Sterne. Das daraus nichts folgt, ist für mich belanglos, der Autor will uns unterhalten und das ist gelungen.
Ich habe "Der stille Freund" von Ferdinand von Schirach in einem Zug gelesen und dabei immer wieder innegehalten, weil mich einzelne Sätze regelrecht festgenagelt haben. Vierzehn Geschichten, scheinbar schlicht erzählt, führen von Berlin bis Namibia, von alten Gerichtsakten zu flirrenden Sommermorgen. Doch zwischen ...
Ich habe "Der stille Freund" von Ferdinand von Schirach in einem Zug gelesen und dabei immer wieder innegehalten, weil mich einzelne Sätze regelrecht festgenagelt haben. Vierzehn Geschichten, scheinbar schlicht erzählt, führen von Berlin bis Namibia, von alten Gerichtsakten zu flirrenden Sommermorgen. Doch zwischen den klaren, fast nüchternen Worten öffnet sich eine ungeheure Tiefe.
Mich hat besonders fasziniert, wie von Schirach das große Menschliche in kleinen Gesten aufscheinen lässt: ein zufälliger Blick, eine kurze Begegnung, eine unscheinbare Entscheidung, die ein ganzes Leben wendet. Jede Geschichte wirkt wie ein präziser Schnitt durch das Gewebe der Wirklichkeit – und plötzlich sieht man, wie fragil und zugleich kostbar alles ist.
Der Titel ist Programm: Dieser Band ist für mich selbst zu einem stillen Freund geworden, der begleitet, tröstet und den Blick für das Wesentliche schärft. Selten hat mich ein Buch so leise und gleichzeitig so nachhaltig begeistert.
„Liebst du nicht einfach diese langen regnerischen Nachmittage in New Orleans, wenn eine Stunde nicht nur eine Stunde ist - sondern ein kleines Stück Ewigkeit, dass in deine Hände gefallen ist - und wer weiß, was man damit anfangen soll?“ — Tennessee Williams US-amerikanischer Schriftsteller 1911 - 1983
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„Liebst du nicht einfach diese langen regnerischen Nachmittage in New Orleans, wenn eine Stunde nicht nur eine Stunde ist - sondern ein kleines Stück Ewigkeit, dass in deine Hände gefallen ist - und wer weiß, was man damit anfangen soll?“ — Tennessee Williams US-amerikanischer Schriftsteller 1911 - 1983
Ist mir mit „Nachmittage“ ein kleines Stück Ewigkeit in die Hände gefallen? Draußen regnet es gerade in Strömen. Ich lese und vergesse dabei die Zeit.
Sechsundzwanzig kurze Geschichten, bei denen man oft nicht weiß, wo sie hinführen. Am Ende steht immer ein Aha- Erlebnis.
Ferdinand von Schirach ist ein begnadeter Erzähler. Ich mag seine Gedankenspiele und fiebere jedem neuen Buch entgegen.
Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Strafverteidiger sind die früheren Werk vor allem auf juristische Themen bezogen.
Seit „Kaffee und Zigaretten“ bekommen die Erzählungen autobiographische Züge. Mehr und mehr vermischt der Autor persönliches Erleben mit Alltagsgeschehen und lässt den Leser dichter an sich heran. Das gefällt mir.
In seinem neuen Buch berichtet er vom Reisen und von Begegnungen in Berlin, Tokio, New York, Marrakech, Taipeh, Oslo, Pampola, Wien und Zürich. Es sind Texte, die an den Stil von Doris Dörrie erinnern. Jede einzelne Geschichte hat es in sich und regt zum Nachdenken an. Schirach schreibt über die Einsamkeit der Menschen, von der Flüchtigkeit des Glücks, von Zufällen, falschen Entscheidungen, von Kunst und von der Liebe.
Es sind kurze Essays, die auf das Wesentliche beschränkt sind. Jede Pointe sitzt.
Ich finde es faszinierend, wie man so viel Aussagekraft in so wenigen Zeilen integrieren kann.
Schirach wird aus meiner Sicht literarisch immer ausgefeilter. Purer Lesegenuss!
Das gebundene Buch ist elegant gestaltet und passt zu den vorangegangenen Werken. Wer noch ein Geschenk für liebe Freunde sucht…
Um abschließend meine Leseempfehlung zu untermauern, möchte ich allen Interessierten ein Schmankerl aus dem Buch mit auf den Weg geben.
„…Jetzt, dieser Moment, dieser Nachmittag, der nächste Morgen, der Blütenschimmer im Frühling, der Wind, der durch die Felder geht, die lautlose Schwüle im Hochsommer und dass nasse Laub auf den Straßen im Herbst - das alles bedeutet nichts ohne den anderen Menschen. Wir stehen nackt in dieser Welt, die Erde ist ein kaum sichtbarer blassblauer Punkt im All, die Natur ist kalt und feindlich. Aber wir sind Menschen, wir teilen diese Einsamkeit, sie ist es, die uns verbindet…“ (Auszug aus dem Buch)
Inszenierung zum Nachdenken
Worum geht’s?
Katharina Schlüter ist als Nebenklägerin vor Gericht. Christian Thiede soll sie vergewaltigt haben. Hier steht Wort gegen Wort: Hat er das wirklich getan? Oder will sie sich nur an ihm rächen, weil er sie verlassen hat?
Meine Meinung:
Von Ferdinand von Schirach hab...
Inszenierung zum Nachdenken
Worum geht’s?
Katharina Schlüter ist als Nebenklägerin vor Gericht. Christian Thiede soll sie vergewaltigt haben. Hier steht Wort gegen Wort: Hat er das wirklich getan? Oder will sie sich nur an ihm rächen, weil er sie verlassen hat?
Meine Meinung:
Von Ferdinand von Schirach habe ich schon wirklich viel gehört und der Autor stand ganz oben auf meiner Wunschliste. Wie ihr wisst, kann das dazu führen, dass auch die Erwartungen dementsprechend hoch sind. Und was soll ich sagen? Mit seinem Theaterstück „Sie sagt. Er sagt.“ hat er meine Erwartungen mehr als erfüllt. Der Schreibstil ist – klar, Theaterstück – wie ein Skript aufgebaut. Ich war aber erstaunlich schnell drin und direkt mitten im Gerichtssaal.
Dort haben wir dann die verschiedenen Charaktere, welche auch im Buch kurz in den Rollen aufgelistet sind, kennengelernt. Den meisten Wortteil neben der Vorsitzenden und den Zeugen hatten Rechtsanwalt Biegel und die Staatsanwältin sowie Katharina Schlüter. Wobei ich gemerkt habe, dass meine Sympathien sich im Laufe des Prozesses, den wir hier verfolgen durften, mehrmals verschoben haben, je mehr ich über den Fall erfahren durfte.
Der Fall an sich war wirklich spannend. Ein bisschen #MeToo. Eine unglückliche Liebe. Zerbrochene Ehen. Zerbrochene Herzen und mögliche Rachemotive. Ein Fall, wie er direkt aus dem Leben stammen könnte. Ich fand es spannend, wie die Anwälte hier agiert haben. Wie taktiert wurde. Und wie die Vorsitzende die Sitzung geleitet hat. Besonders die Plädoyers fand ich sehr interessant, weil sie auch mich nochmals zum nachdenken und überdenken gebracht haben. Hier einen Einblick zu bekommen, war unheimlich spannend. Und obwohl Theaterstück, war es trotzdem so atmosphärisch und lebendig, das hätte ich nie für möglich gehalten! Das Buch ist sehr dünn und daher schnell gelesen, aber es hat unheimlich viel Tiefe und Inhalt, auch zwischen den Zeilen, dass ich auf jeden Fall mehr von dem Autor lesen möchte! Wir haben zwar ein offenes Ende, da die Sitzung wegen neuer Beweise vertagt werden musste, aber das regt umso mehr zum weiter Nachdenken an. Darüber, wie schnell man unschuldig schuldig sein kann. Oder als Opfer verkannt. Ein wirklich spannendes Buch mit Tiefgang, das ich vorbehaltlos empfehlen kann!
Fazit:
Das Theaterstück „Sie sagt. Er sagt.“ von Ferdinand von Schirach hat mich mehr als beeindruckt. Wir erhalten Einblick in die Justiz, in einen Fall einer möglichen Vergewaltigung, bei der alles möglich sein kann. Ich war hin- und hergerissen und wusste am Ende noch nicht, wie ich als Richter urteilen würde. Schuldig? Nicht schuldig? Hier ist wirklich alles möglich und auch zwischen den Zeilen war noch so viel zu lesen. Ich bin wirklich absolut begeistert.
5 Sterne von mir und ich will definitiv mehr Bücher von dem Autor lesen!
Hervorragend inszeniert und spannend wie ein Krimi.
Ferdinand von Schirachs Theaterstück "Sie sagt. Er sagt." erscheint im btb Verlag.
Katharina Schlüter wurde bekannt als erfolgreiche TV-Moderatorin. Sie behauptet, ihr ehemaliger Geliebter habe sie missbraucht. Was zunächst einvernehmlich begann, endete in ein...
Hervorragend inszeniert und spannend wie ein Krimi.
Ferdinand von Schirachs Theaterstück "Sie sagt. Er sagt." erscheint im btb Verlag.
Katharina Schlüter wurde bekannt als erfolgreiche TV-Moderatorin. Sie behauptet, ihr ehemaliger Geliebter habe sie missbraucht. Was zunächst einvernehmlich begann, endete in einer Vergewaltigung. : Der daraus resultierende Strafprozess ist die Handlung dieses Stückes. Es steht Aussage gegen Aussage, was dem Fall eine besondere Dramatik verleiht. Denn es geht hier nicht nur um Schuldzuweisung, sondern auch um das berufliche und private Schicksal zweier Menschen und auch um die Werte, die wir in unserer Gesellschaft anerkennen.
In diesem Stück nimmt man hautnah an der Gerichtverhandlung des (vermeintlichen) Straftatbestandes von sexueller Gewalt eines Mannes gegen eine Frau teil. Der Beschuldigte ist der frühere Geliebte vom Katharina, auch in der Realität gehören die Täter oft zum engeren Personenkreis des Opfers. Bei der Gerichtsverhandlung steht Aussage gegen Aussage, die Frau erklärt in Einzelheiten die Tatvorgänge. Diese Aussagen fallen ihr schwer, doch sie stellt sich dieser Aufgabe, um die Tat zur Anklage zu bringen. Sie berichtet aus ihrem Leben und über die Beziehung zu ihrem Ex-Geliebten. Von ihm erfährt man keinen Kommentar, denn er macht von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, was ihm juristisch zusteht, ihn aber im Laufe der Verhandlung zunehmend verdächtig macht und ihn als Schuldigen darstehen lässt.
Schirach legt seinem Buch den üblichen Ablauf einer Gerichtsverhandlung zugrunde. Der Prozess beginnt mit der Beweisaufnahme, die folgenden Befragungen und Aussagen zu wissenschaftlichen Studien werden durch die Anklage und die Verteidigung zu ihren Gunsten genutzt. Gleichwohl bildet man sich beim Verfolgen der Verhandlung eine eigene Meinung.
Dieses Stück ist aufgrund der Gerichtsverhandlung wirklich spannend zu verfolgen, es ist ein Fall, den viele Frauen ganz sicher anders sehen als Männer. Und über dem Ganzen steht die Frage, wer hier die Wahrheit sagt und ob der Mann triebgesteuert handelte oder ob es eventuell auch ein Racheakt der Frau sein könnte.
Der trockene Befragungsstil wirkt authentisch und wird nur durch die streitbaren Äußerungen von Katharinas Verteidigers unterbrochen und durch neue Fakten, die die Lage in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Wer sich für das Ende ein klärendes Gerichtsurteil erwartet, wird wie im wahren Leben enttäuscht. Das Ende des Stücks lässt den Leser wie im wahren Leben ohne Gerichtsurteil zurück. Vertagung wegen neuer Erkenntnisse aufgrund eines überraschenden Beweismittels, da darf man sich ausmalen, wie es enden könnte. Und es zeigt sich, dass ein Rechtsurteil nicht unbedingt für Gerechtigkeit sorgt, denn die Tat an sich ist ein Verbrechen, das Menschenleben entscheidend beeinflusst und verändert, wenn nicht sogar zerstört.
Ein sehr interessantes, immer wieder aktuelles geschlechtsspezifisches Problem, dass sich spannend und mit emotionaler Anteilnahme lesen lässt. Die Frage nach der Wahrheit steht genauso im Raum, wie die Betroffenheit und die Folgen der Beteiligten.
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NACHMITTAGE
Ferdinand von Schirach
Ferdinand von Schirach, nimmt uns in seinem schmalen Buch, bestehend aus 26 Kurzgeschichten, mit nach Bassano, New York, Taipeh, Tokio, Berlin, Oxford, Hamburg und Neapel.
Er trifft alte Bekannte und Freunde und lässt uns an seinen Gesprächen über das Leben teilhaben. Dabei e...
NACHMITTAGE
Ferdinand von Schirach
Ferdinand von Schirach, nimmt uns in seinem schmalen Buch, bestehend aus 26 Kurzgeschichten, mit nach Bassano, New York, Taipeh, Tokio, Berlin, Oxford, Hamburg und Neapel.
Er trifft alte Bekannte und Freunde und lässt uns an seinen Gesprächen über das Leben teilhaben. Dabei erfahren wir Dinge, die wir teilweise bereits wussten, einiges ist für mich neu, anderes hätte ich lieber nicht erfahren. Freunde und Nichtfreunde wie Scott Fitzgerald, Elton John, Stefan Zweig, Jean Paul Sartre, Thomas Mann und Margaret Thatcher spielen dabei eine Rolle.
Es geht um Vorurteile, Schuld, Schicksale und Momente, die ein ganzes Leben verändern können.
„Dieses neue Leben gehörte mir [ … ] Nur stimmte es nicht, wir müssen immer bezahlen. Jede unserer Handlungen beruht auf längst schon getroffene Entscheidungen, wir entkommen uns nicht, ganz gleich, was wir tun. Aber das wusste ich noch nicht in jenem hellblauen Sommer vor 30 Jahren.“ (S. 62)
Die Sätze und Kapitel sind kurz und prägnant. Eine schlichte Prosa, die dennoch elegant ist.
Nicht alle Kurzgeschichten gefallen mir gleich gut, aber ich halte inne, denke über Parallelen in meiner eigenen Welt nach und schmunzle - gemeinsam mit meinem Mann.
Mein erstes Buch von von Schirach, ganz sicher nicht mein Letztes!
Leseempfehlung
4/ 5