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Colson Whiteheads Bestseller über eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte Amerikas - ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis 2017 und ab 14. Mai bei Amazon Prime unter der Regie von Academy-Award-Gewinner Barry Jenkins Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht - doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben,...
Colson Whiteheads Bestseller über eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte Amerikas - ausgezeichnet mit dem Pulitzer Preis 2017 und ab 14. Mai bei Amazon Prime unter der Regie von Academy-Award-Gewinner Barry Jenkins Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht - doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben, Kopfgeldjägern, obskuren Ärzten, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit? Colson Whiteheads Roman ist eine virtuose Abrechnung damit, was es bedeutete und immer noch bedeutet, schwarz zu sein in Amerika.
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Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper's und Granta. Whitehead erhielt den Whiting Writers Award (2000) und den Young Lion's Fiction Award (2002) und war Stipendiat des MacArthur "Genius" Fellowship. Für seinen Roman "Underground Railraod" wurde er mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer-Preis 2017 ausgezeichnet. Für seinen Roman "Die Nickel Boys" erhielt er 2020 erneut den Pulitzer-Preis. Bei Hanser erschienen bisher "John Henry Days" (Roman, 2004), "Der Koloß von New York" (Eine Stadt in dreizehn Teilen, 2005), "Apex" (Roman, 2007), "Der letzte Sommer auf Long Island" (Roman, 2011), "Zone One" (Roman, 2014), "Underground Railroad" (Roman, 2017), "Die Nickel Boys" (Roman, 2019), "Harlem Shuffle" (Roman, 2021) und "Die Regeln des Spiels" (Roman, 2023). Der Autor lebt in Manhattan.
Produktdetails
- Verlag: Carl Hanser Verlag
- Seitenzahl: 352
- Erscheinungstermin: 21. August 2017
- Deutsch
- ISBN-13: 9783446257740
- Artikelnr.: 48954795
Amerikas Erbe
In seinem überwältigenden Roman "Underground Railroad" erzählt Colson Whitehead, warum die Geschichte der Sklaverei nicht abgeschlossen ist. Ihre Folgen durchziehen bis heute den amerikanischen Alltag
Cora ist eine Sklavin.
Das ist ein ungeheuerlicher Satz. Was er sagt, ist in dem metaphorischen Gebrauch des Worts untergegangen. Hier ist er wörtlich zu nehmen. Was der Satz bedeutet, ist dies: Cora ist vor dem Gesetz kein Mensch. Sie ist ein Ding im rechtmäßigen Besitz eines anderen, eines Plantagenbesitzers, für den sie Baumwolle pflückt. Er hatte ihre Großmutter gekauft, bevor Coras Mutter geboren war, das einzige der fünf Kinder, das älter wurde als zehn. Randall hieß der Plantagenbesitzer,
In seinem überwältigenden Roman "Underground Railroad" erzählt Colson Whitehead, warum die Geschichte der Sklaverei nicht abgeschlossen ist. Ihre Folgen durchziehen bis heute den amerikanischen Alltag
Cora ist eine Sklavin.
Das ist ein ungeheuerlicher Satz. Was er sagt, ist in dem metaphorischen Gebrauch des Worts untergegangen. Hier ist er wörtlich zu nehmen. Was der Satz bedeutet, ist dies: Cora ist vor dem Gesetz kein Mensch. Sie ist ein Ding im rechtmäßigen Besitz eines anderen, eines Plantagenbesitzers, für den sie Baumwolle pflückt. Er hatte ihre Großmutter gekauft, bevor Coras Mutter geboren war, das einzige der fünf Kinder, das älter wurde als zehn. Randall hieß der Plantagenbesitzer,
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und auch Cora gehörte ihm, schon ehe sie den ersten Atemzug tat. Ein Ding im Besitz eines anderen zu sein vererbt sich über die Mütter, denn wer weiß schon, wer die Väter sind und ob sie vielleicht Freie waren und weiß, vielleicht der Besitzer oder der Vorbesitzer selbst. Als Sklavin hat Cora nicht mehr Rechte als der Rechen im Schuppen, hinter dem sie vergewaltigt wird. Auf einem winzig kleinen Stück Land, zwischen ihrer Hütte und der nächsten, so groß wie ein Schritt im Quadrat, pflanzt sie Sauerampfer und Yam. Als ein Stärkerer kommt, der einen Hund hat und sie vertreiben will, greift sie zur Axt. Wie alle Sklaven denkt sie nur an eines, an die Flucht. Wie die meisten wagt sie kaum, sie sich vorzustellen.
Cora ist die Heldin in Colson Whiteheads Roman "Underground Railroad", eine Heldin, existentiell und kreatürlich, die tötet, wenn es sein muss, und zutritt, weil es ihr guttut. Das Buch erzählt die Geschichte ihrer Flucht in einer furiosen Genremischung: Da Cora sich als Halbwüchsige auf den Weg macht, ist es ein Entwicklungsroman, auch wenn die Geschichte nicht psychologisch angelegt ist. Da sie das Land von Süden nach Norden durchquert, eine Reisegeschichte, da sie verfolgt wird, ein Thriller, und weil die Underground Railroad im Titel hier tatsächlich eine unterirdische Eisenbahn ist, haben der Thriller und die Reisegeschichte einen phantastischen Überbau.
Im Kern aber ist das Ganze der literarische Aufriss der wahren Geschichte Amerikas. Daran ändert nichts, dass Whitehead Cora erfunden hat wie auch die Reiseroute, die Gesetze einiger Staaten, die anderen Figuren und auch die Underground Railroad, die im neunzehnten Jahrhundert eine Metapher für Fluchthilfe war, aber keine Eisenbahn. Auch die Staaten, die Cora auf ihrer Flucht durchquert, sind Erfindungen, obwohl sie so heißen, wie sie auf der Landkarte stehen - Georgia, South Carolina, North Carolina, Tennessee, Indiana und "der Norden". Aber jeder dieser Staaten steht für einen bestimmten Aspekt, eine besondere Ausprägung des amerikanischen Rassismus durch die Zeiten hindurch.
Der Roman spielt um 1850, also vor dem Bürgerkrieg, der von 1861 bis 1865 dauerte. Doch Whitehead nimmt vorweg, was im und nach dem Bürgerkrieg geschah. Das Lynchen vermeintlich freier Bürger. Medizinische Experimente an schwarzen Körpern. Phantasien vom rein weißen Amerika durch Deportation aller Schwarzen zurück nach Afrika. Die "große Wanderung" nach Norden in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Jim-Crow-Gesetze, die zum Beispiel in "Whites Only"-Schildern in Bussen oder Restaurants rassistische Segregation festschrieben. Und in Ridgeway, dem Sklavenjäger, der Cora verfolgt, ist ein nicht sehr ferner Verwandter jener Polizisten zu erkennen, die heute unbewaffnete Afroamerikaner erschießen. Gleichzeitig wird in dieser Figur eine der zentralen Paradoxien der Idee von "White Supremacy" greifbar. Denn die fanatische Gewalt, mit der Ridgeway hinter Cora her ist, bindet ihn mit immenser Kraft an sie, über der er doch haushoch zu stehen behauptet. Die Sklaverei zeichnet die Sklaven ebenso wie alle, die Sklaverei betreiben.
Underground Railroad" ist daher nicht die Geschichte des schwarzen Amerikas. Nicht die Geschichte der Afroamerikaner, sondern die Geschichte des ganzen Landes. Bisher sind wir gewohnt, die Geschichte der Vereinigten Staaten als Landnahme- und Besiedlungsgeschichte zu lesen, als Erzählung vom immer weiter nach Westen vorrückenden Grenzland. Im Western geschieht das gern auch unter dem Schutz ehemaliger Kämpfer für die "verlorene Sache" der Südstaaten, die nach dem Krieg mit der Kavallerie dem Pazifik entgegenritten.
Mit "Underground Railroad" hat sich diese sentimentale Sicht endgültig erledigt. Whitehead ist sich dessen bewusst. Sein Amerika ist von Anfang an auf Verbrechen und Gewalt gegründet: "Falls es irgendwo Gerechtigkeit gibt auf dieser Welt, dürfte diese Nation nicht existieren, denn sie beruht auf Mord, Diebstahl und Grausamkeit." Weder die Enteignung und weitgehende Ausrottung der Ureinwohner noch das Institut der Sklaverei sind Nebenzweige auf dem Weg des Landes vom frühen siebzehnten Jahrhundert bis heute. Sie sind die Geschichte, und Whitehead rückt sie aus den Fußnoten der Geschichtsbücher, in denen sie gemeinhin stehen, und von den Rändern, an die sie gedrängt wurden, ins Zentrum. Seht her, sagt er mit diesem Buch, Coras Geschichte und die derer, denen sie begegnet - ihrer Peiniger so gut wie ihrer Helfer, ihrer Begleiter so gut wie ihrer Verfolger -, das ist euer Erbe. Da kommt ihr her. Das ist die Vorgeschichte für alles, was heute in eurem, unserem Land geschieht. Der "amerikanische Imperativ", den Ridgeway einmal zitiert, klingt nicht wie aus fernen Zeiten: "Wenn du es behalten kannst, ist es deins. Dein Besitz. Sklave oder Kontinent." Man muss auch das wörtlich nehmen.
Gerade die populäre Kultur und da insbesondere der Western haben die Legende genährt, im Bürgerkrieg sei mit der Sklaverei, zu der sich kaum einer nach Kriegsende noch offen bekennen mochte, auch etwas untergegangen, dessen Verlust zu betrauern sei. Ein Süden, in dem nicht alle Sklavenhalter schlecht waren, in dem die Gemeinschaft - wenn auch nur die der Weißen, Reichen - etwas zählte, in dem die Menschen unentfremdet mit der Natur lebten und die Städte keine der Laster der Großstadtmoloche des Nordens beherbergten. Viele der Statuen von den Helden dieser Legenden, zu denen auch General Robert E. Lee gehört, wurden nicht etwa nach dem Bürgerkrieg, sondern ungefähr zur selben Zeit errichtet, in der die Filme (wie die Kavallerietrilogie von John Ford etwa, oder auch "The Searchers") solchen Männern der Vergangenheit im Kino ein Denkmal setzten. Man braucht in ihnen keine Verherrlichung der Sklaverei zu sehen, die in ihnen auch gar keine Rolle spielt.
Aber dass sie in ihrer Verklärung des Südens, wie er einmal gewesen sei, eine Legende erzählen, die nicht von der Versöhnung einstiger Sklaven und ihrer Besitzer handelt, sondern einzig von der Versöhnung der Weißen mit ihrer Vergangenheit als Sklavenhalter, löst heute diese Wut aus und das Bedürfnis, solche Denkmäler zu stürzen. Ein Ort des Verbrechens übrigens wie der Auktionsblock, auf dem in Charlottesville nicht weit von General Robert E. Lees Standbild Sklaven versteigert wurden, ist dort nur mit einer kleinen Plakette im Bürgersteig gekennzeichnet. Es gibt keinen verlorenen Süden, um den es sich zu trauern lohnte, außer für die, in deren Händen er einmal war. Auch das zeigt dieses Buch, das im vergangenen Jahr in Amerika erschien und weder von Donald Trump noch vom Erstarken der "White Supremacists" etwas wissen konnte.
Cora ist ungefähr acht, vielleicht auch zehn, als ihre Mutter Mabel eines Nachts verschwindet und nicht wiederkommt. Ridgeway und andere Sklavenjäger sind hinter ihr her, ein Kopfgeld wird ausgesetzt, aber niemand findet sie. Mabel, so wird erzählt, ist die Einzige, der jemals die Flucht von der Plantage in Georgia gelang. Die Einzige, die nicht wieder eingefangen wurde. Cora ist wütend auf ihre Mutter, die sie verlassen hat, so dass sie allein zurückblieb, und die ihr fehlt. Aber sie ist auch stolz auf diese Frau, die sich offenbar die Freiheit erkämpfte und sie sich nicht wieder nehmen ließ. Als Cora sich entschließt, dem Vorschlag Caesars, eines Sklaven auf derselben Plantage, zu folgen und gemeinsam zu verschwinden, denken sie beide daran, dass es Mabel vor ihnen geschafft hat. Sechs Jahre ist das her. Caesar will Cora dabeihaben, damit ihm Mabels Tochter Glück bringt. Erst sagt Cora Nein. Doch nachdem sie einen Jungen beschützte - "ehe die Sklavin in ihr den Menschen in ihr einholte" - und zur Strafe schwer misshandelt wurde, sagt sie Ja. Und das, obwohl sie mitangesehen hat, was Big Anthony angetan wurde, der auf seiner Flucht immerhin 26 Meilen weit gekommen war, bevor er wieder eingefangen wurde.
Den schwarzen Körper zur Belustigung und Unterhaltung der Weißen zu quälen, auszustellen, begaffen zu lassen - das war weitverbreitete Praxis bis in die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts hinein und ist bis heute ein Topos in den Beziehungen zwischen Afroamerikanern und Weißen (wie zuletzt die Auseinandersetzung um Dana Schutz' Gemälde "Open Casket" zeigte). Whitehead schildert diese Art des Entertainments so: "Randalls Besucher schlürften gewürzten Rum, während Big Anthony mit Öl übergossen und geröstet wurde. Den Zeugen blieben seine Schreie erspart, weil man ihm schon am ersten Tag sein Geschlecht abgeschnitten, es ihm in den Mund gestopft und diesen zugenäht hatte. Der Block qualmte, verkohlte und brannte." Am nächsten Abend ziehen Cora und Caesar los.
Die Stationen der Underground Railroad, von der Caesar gehört hat und von denen aus sie nach Norden gelangen würden, erreichen sie durch Falltüren in Häusern von hilfreichen Menschen oder über Treppenabgänge in Höhlen, die in den Untergrund führen. Die Stationen sind in unterschiedlichem Zustand, manche prächtig, manche verfallen und voller Ungeziefer, manche Streckenabschnitte sind bereits wieder geschlossen, andere von vornherein ein Gerücht. Es ist ein phantastischer literarischer Trick von Whitehead, die Underground Railroad in eine tatsächliche unterirdische Bahn zu verwandeln. Er nimmt den Namen wörtlich, wie es der Tradition oraler Überlieferung entspricht. Denn eigentlich war Underground Railroad nur die metaphorische Bezeichnung für jene organisatorisch lose verbundenen Männer und Frauen, die in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts Fluchthilfe leisteten, und für die "safehouses" entlang der Fluchtrouten. Es waren freie Afroamerikaner oder ihrerseits Geflohene und auch aufgeklärte Weiße aus der Abolitionsbewegung, die entkommene Sklaven von den Plantagen im Süden aufnahmen und ihnen den Weg in den Norden, wo die Sklaverei zum Teil bereits abgeschafft war, erleichterten beziehungsweise überhaupt erst ermöglichten.
Die Helfer trugen Tarnbezeichnungen wie "Schaffner" oder "Stationsvorsteher", und die Menschen, denen sie halfen, waren "Lieferungen" oder "Pakete". William Still zum Beispiel, der minutiös die Erzählungen von Geflohenen gesammelt und 1872 veröffentlicht hat ("The Underground Railroad Authentic Narratives and First-Hand Accounts"), war "Schaffner". Obwohl hier wie in anderen Zeugnissen der Bewegung das Gegenteil dokumentiert ist, herrschte lange die Auffassung, die geflohenen Sklaven hätten sich vor allem dank weißer Retter in Sicherheit bringen können, und selbst der Ruhm von Harriet Tubman, der ihrerseits die Flucht in den Norden geglückt war und die vielen Hundert Sklaven zu entkommen half, konnte an der Geschichte vom "white savior" nicht viel ändern. Auch Quentin Tarantino hat sie in "Django Unchained" wieder aufgewärmt.
Die Helfer in Whiteheads Roman sind schwarz und weiß, und ihr Schicksal, wenn sie gefasst werden, ist von besonderer Grausamkeit. Cora begegnet ihnen auf ihrem Weg durch eine historisch elastische Landschaft, in der Whitehead wesentliche Motive und Ereignisse der Geschichte, die zeitlich weit auseinanderliegen, geographisch festschreibt, ein Manöver phantastischen Schreibens, das hier ebenso blendend funktioniert wie sein Auslegen falscher Fährten (etwa in der Geschichte um Mabels Flucht) und anderer Plottechniken, die in einem Sklavenroman eher ungewöhnlich sind. In South Carolina, wo Cora sich zunächst aufgehoben und umfassend betreut fühlt, wird schwarzen Frauen die Sterilisierung nahegelegt, und eine Klinik führt Experimente durch, die an die Syphilis-Studie erinnern, in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts infizierte Schwarze zu Forschungszwecken unbehandelt blieben.
In South Carolina ist es auch, dass Cora kostümiert und grimassierend Teil einer Ausstellung wird, eines Dioramas im "Museum der Naturwunder", das eine sentimental verklärte Version des Plantagenlebens in die Erinnerungskultur überführt. In North Carolina überlebt Cora wie einst Harriet Ann Jacobs auf dem Dachboden eines Ehepaars, das aus unterschiedlichen Motiven hilft: Martin, der Mann, weil er die Arbeit seines Vaters fortführt. Ethel, seine Frau, weil sie immer schon "eine Wilde" ihr "Eigentum nennen" wollte. Durchs Fenster beobachtet Cora, was draußen vor sich geht: öffentliche Lynchmorde als Wochenendschauspiel für die Dorfgemeinschaft. Sie wird verraten, gefasst, flieht erneut. In Tennessee trifft sie endlich auf eine Gemeinschaft anderer, die es geschafft haben. Ein Utopia, das nicht lange bestehen bleibt. Und so unterläuft Whitehead den erhebenden Effekt, der Geschichten geflohener Sklaven innewohnt. Cora entkommt immer nur vorübergehend.
Dreißig Jahre ist es her, dass Toni Morrisons großer Roman "Beloved" herauskam, ein Buch, von dem man dachte, mit ihm sei literarisch das endgültige Wort zur Sklaverei gesprochen. Doch seither türmen sich weitere Romane, Sachbücher, Filme, Fernsehserien zum Thema. Whitehead hat das zur Kenntnis genommen und dennoch etwas ganz Neues geschaffen. Sein Roman steht einerseits in der Tradition von "Beloved" als fiktiver Geschichte eines Sklavenlebens, und im ersten kurzen Kapitel über Coras Großmutter Ajarry kann man fast ein Echo von Toni Morrisons Stimme hören, wenn Ajarry sich an ihre Kinder erinnert, die gestorben sind: "Wenigstens sind sie nie verkauft worden." Doch dann geht Whitehead noch ein Stück weiter und macht die Geschichte, die er erfindet, als all American history kenntlich, die gerade nicht so funktioniert, wie es all American stories gern tun. Dem Kampf um die Freiheit folgt in diesem Fall nicht der Lohn.
Die Geschichte der Sklaverei ist nicht abgeschlossen. Ihre Folgen durchziehen bis heute den amerikanischen Alltag. So muss man dieses Buch lesen, das Erzählungen, Erfahrungen und Erinnerungen aus dreieinhalb Jahrhunderten in sich aufgenommen hat und als neue, alle Spuren berührende und zusammenführende Geschichte vor uns steht, als The Great American Novel.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Cora ist die Heldin in Colson Whiteheads Roman "Underground Railroad", eine Heldin, existentiell und kreatürlich, die tötet, wenn es sein muss, und zutritt, weil es ihr guttut. Das Buch erzählt die Geschichte ihrer Flucht in einer furiosen Genremischung: Da Cora sich als Halbwüchsige auf den Weg macht, ist es ein Entwicklungsroman, auch wenn die Geschichte nicht psychologisch angelegt ist. Da sie das Land von Süden nach Norden durchquert, eine Reisegeschichte, da sie verfolgt wird, ein Thriller, und weil die Underground Railroad im Titel hier tatsächlich eine unterirdische Eisenbahn ist, haben der Thriller und die Reisegeschichte einen phantastischen Überbau.
Im Kern aber ist das Ganze der literarische Aufriss der wahren Geschichte Amerikas. Daran ändert nichts, dass Whitehead Cora erfunden hat wie auch die Reiseroute, die Gesetze einiger Staaten, die anderen Figuren und auch die Underground Railroad, die im neunzehnten Jahrhundert eine Metapher für Fluchthilfe war, aber keine Eisenbahn. Auch die Staaten, die Cora auf ihrer Flucht durchquert, sind Erfindungen, obwohl sie so heißen, wie sie auf der Landkarte stehen - Georgia, South Carolina, North Carolina, Tennessee, Indiana und "der Norden". Aber jeder dieser Staaten steht für einen bestimmten Aspekt, eine besondere Ausprägung des amerikanischen Rassismus durch die Zeiten hindurch.
Der Roman spielt um 1850, also vor dem Bürgerkrieg, der von 1861 bis 1865 dauerte. Doch Whitehead nimmt vorweg, was im und nach dem Bürgerkrieg geschah. Das Lynchen vermeintlich freier Bürger. Medizinische Experimente an schwarzen Körpern. Phantasien vom rein weißen Amerika durch Deportation aller Schwarzen zurück nach Afrika. Die "große Wanderung" nach Norden in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Jim-Crow-Gesetze, die zum Beispiel in "Whites Only"-Schildern in Bussen oder Restaurants rassistische Segregation festschrieben. Und in Ridgeway, dem Sklavenjäger, der Cora verfolgt, ist ein nicht sehr ferner Verwandter jener Polizisten zu erkennen, die heute unbewaffnete Afroamerikaner erschießen. Gleichzeitig wird in dieser Figur eine der zentralen Paradoxien der Idee von "White Supremacy" greifbar. Denn die fanatische Gewalt, mit der Ridgeway hinter Cora her ist, bindet ihn mit immenser Kraft an sie, über der er doch haushoch zu stehen behauptet. Die Sklaverei zeichnet die Sklaven ebenso wie alle, die Sklaverei betreiben.
Underground Railroad" ist daher nicht die Geschichte des schwarzen Amerikas. Nicht die Geschichte der Afroamerikaner, sondern die Geschichte des ganzen Landes. Bisher sind wir gewohnt, die Geschichte der Vereinigten Staaten als Landnahme- und Besiedlungsgeschichte zu lesen, als Erzählung vom immer weiter nach Westen vorrückenden Grenzland. Im Western geschieht das gern auch unter dem Schutz ehemaliger Kämpfer für die "verlorene Sache" der Südstaaten, die nach dem Krieg mit der Kavallerie dem Pazifik entgegenritten.
Mit "Underground Railroad" hat sich diese sentimentale Sicht endgültig erledigt. Whitehead ist sich dessen bewusst. Sein Amerika ist von Anfang an auf Verbrechen und Gewalt gegründet: "Falls es irgendwo Gerechtigkeit gibt auf dieser Welt, dürfte diese Nation nicht existieren, denn sie beruht auf Mord, Diebstahl und Grausamkeit." Weder die Enteignung und weitgehende Ausrottung der Ureinwohner noch das Institut der Sklaverei sind Nebenzweige auf dem Weg des Landes vom frühen siebzehnten Jahrhundert bis heute. Sie sind die Geschichte, und Whitehead rückt sie aus den Fußnoten der Geschichtsbücher, in denen sie gemeinhin stehen, und von den Rändern, an die sie gedrängt wurden, ins Zentrum. Seht her, sagt er mit diesem Buch, Coras Geschichte und die derer, denen sie begegnet - ihrer Peiniger so gut wie ihrer Helfer, ihrer Begleiter so gut wie ihrer Verfolger -, das ist euer Erbe. Da kommt ihr her. Das ist die Vorgeschichte für alles, was heute in eurem, unserem Land geschieht. Der "amerikanische Imperativ", den Ridgeway einmal zitiert, klingt nicht wie aus fernen Zeiten: "Wenn du es behalten kannst, ist es deins. Dein Besitz. Sklave oder Kontinent." Man muss auch das wörtlich nehmen.
Gerade die populäre Kultur und da insbesondere der Western haben die Legende genährt, im Bürgerkrieg sei mit der Sklaverei, zu der sich kaum einer nach Kriegsende noch offen bekennen mochte, auch etwas untergegangen, dessen Verlust zu betrauern sei. Ein Süden, in dem nicht alle Sklavenhalter schlecht waren, in dem die Gemeinschaft - wenn auch nur die der Weißen, Reichen - etwas zählte, in dem die Menschen unentfremdet mit der Natur lebten und die Städte keine der Laster der Großstadtmoloche des Nordens beherbergten. Viele der Statuen von den Helden dieser Legenden, zu denen auch General Robert E. Lee gehört, wurden nicht etwa nach dem Bürgerkrieg, sondern ungefähr zur selben Zeit errichtet, in der die Filme (wie die Kavallerietrilogie von John Ford etwa, oder auch "The Searchers") solchen Männern der Vergangenheit im Kino ein Denkmal setzten. Man braucht in ihnen keine Verherrlichung der Sklaverei zu sehen, die in ihnen auch gar keine Rolle spielt.
Aber dass sie in ihrer Verklärung des Südens, wie er einmal gewesen sei, eine Legende erzählen, die nicht von der Versöhnung einstiger Sklaven und ihrer Besitzer handelt, sondern einzig von der Versöhnung der Weißen mit ihrer Vergangenheit als Sklavenhalter, löst heute diese Wut aus und das Bedürfnis, solche Denkmäler zu stürzen. Ein Ort des Verbrechens übrigens wie der Auktionsblock, auf dem in Charlottesville nicht weit von General Robert E. Lees Standbild Sklaven versteigert wurden, ist dort nur mit einer kleinen Plakette im Bürgersteig gekennzeichnet. Es gibt keinen verlorenen Süden, um den es sich zu trauern lohnte, außer für die, in deren Händen er einmal war. Auch das zeigt dieses Buch, das im vergangenen Jahr in Amerika erschien und weder von Donald Trump noch vom Erstarken der "White Supremacists" etwas wissen konnte.
Cora ist ungefähr acht, vielleicht auch zehn, als ihre Mutter Mabel eines Nachts verschwindet und nicht wiederkommt. Ridgeway und andere Sklavenjäger sind hinter ihr her, ein Kopfgeld wird ausgesetzt, aber niemand findet sie. Mabel, so wird erzählt, ist die Einzige, der jemals die Flucht von der Plantage in Georgia gelang. Die Einzige, die nicht wieder eingefangen wurde. Cora ist wütend auf ihre Mutter, die sie verlassen hat, so dass sie allein zurückblieb, und die ihr fehlt. Aber sie ist auch stolz auf diese Frau, die sich offenbar die Freiheit erkämpfte und sie sich nicht wieder nehmen ließ. Als Cora sich entschließt, dem Vorschlag Caesars, eines Sklaven auf derselben Plantage, zu folgen und gemeinsam zu verschwinden, denken sie beide daran, dass es Mabel vor ihnen geschafft hat. Sechs Jahre ist das her. Caesar will Cora dabeihaben, damit ihm Mabels Tochter Glück bringt. Erst sagt Cora Nein. Doch nachdem sie einen Jungen beschützte - "ehe die Sklavin in ihr den Menschen in ihr einholte" - und zur Strafe schwer misshandelt wurde, sagt sie Ja. Und das, obwohl sie mitangesehen hat, was Big Anthony angetan wurde, der auf seiner Flucht immerhin 26 Meilen weit gekommen war, bevor er wieder eingefangen wurde.
Den schwarzen Körper zur Belustigung und Unterhaltung der Weißen zu quälen, auszustellen, begaffen zu lassen - das war weitverbreitete Praxis bis in die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts hinein und ist bis heute ein Topos in den Beziehungen zwischen Afroamerikanern und Weißen (wie zuletzt die Auseinandersetzung um Dana Schutz' Gemälde "Open Casket" zeigte). Whitehead schildert diese Art des Entertainments so: "Randalls Besucher schlürften gewürzten Rum, während Big Anthony mit Öl übergossen und geröstet wurde. Den Zeugen blieben seine Schreie erspart, weil man ihm schon am ersten Tag sein Geschlecht abgeschnitten, es ihm in den Mund gestopft und diesen zugenäht hatte. Der Block qualmte, verkohlte und brannte." Am nächsten Abend ziehen Cora und Caesar los.
Die Stationen der Underground Railroad, von der Caesar gehört hat und von denen aus sie nach Norden gelangen würden, erreichen sie durch Falltüren in Häusern von hilfreichen Menschen oder über Treppenabgänge in Höhlen, die in den Untergrund führen. Die Stationen sind in unterschiedlichem Zustand, manche prächtig, manche verfallen und voller Ungeziefer, manche Streckenabschnitte sind bereits wieder geschlossen, andere von vornherein ein Gerücht. Es ist ein phantastischer literarischer Trick von Whitehead, die Underground Railroad in eine tatsächliche unterirdische Bahn zu verwandeln. Er nimmt den Namen wörtlich, wie es der Tradition oraler Überlieferung entspricht. Denn eigentlich war Underground Railroad nur die metaphorische Bezeichnung für jene organisatorisch lose verbundenen Männer und Frauen, die in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts Fluchthilfe leisteten, und für die "safehouses" entlang der Fluchtrouten. Es waren freie Afroamerikaner oder ihrerseits Geflohene und auch aufgeklärte Weiße aus der Abolitionsbewegung, die entkommene Sklaven von den Plantagen im Süden aufnahmen und ihnen den Weg in den Norden, wo die Sklaverei zum Teil bereits abgeschafft war, erleichterten beziehungsweise überhaupt erst ermöglichten.
Die Helfer trugen Tarnbezeichnungen wie "Schaffner" oder "Stationsvorsteher", und die Menschen, denen sie halfen, waren "Lieferungen" oder "Pakete". William Still zum Beispiel, der minutiös die Erzählungen von Geflohenen gesammelt und 1872 veröffentlicht hat ("The Underground Railroad Authentic Narratives and First-Hand Accounts"), war "Schaffner". Obwohl hier wie in anderen Zeugnissen der Bewegung das Gegenteil dokumentiert ist, herrschte lange die Auffassung, die geflohenen Sklaven hätten sich vor allem dank weißer Retter in Sicherheit bringen können, und selbst der Ruhm von Harriet Tubman, der ihrerseits die Flucht in den Norden geglückt war und die vielen Hundert Sklaven zu entkommen half, konnte an der Geschichte vom "white savior" nicht viel ändern. Auch Quentin Tarantino hat sie in "Django Unchained" wieder aufgewärmt.
Die Helfer in Whiteheads Roman sind schwarz und weiß, und ihr Schicksal, wenn sie gefasst werden, ist von besonderer Grausamkeit. Cora begegnet ihnen auf ihrem Weg durch eine historisch elastische Landschaft, in der Whitehead wesentliche Motive und Ereignisse der Geschichte, die zeitlich weit auseinanderliegen, geographisch festschreibt, ein Manöver phantastischen Schreibens, das hier ebenso blendend funktioniert wie sein Auslegen falscher Fährten (etwa in der Geschichte um Mabels Flucht) und anderer Plottechniken, die in einem Sklavenroman eher ungewöhnlich sind. In South Carolina, wo Cora sich zunächst aufgehoben und umfassend betreut fühlt, wird schwarzen Frauen die Sterilisierung nahegelegt, und eine Klinik führt Experimente durch, die an die Syphilis-Studie erinnern, in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts infizierte Schwarze zu Forschungszwecken unbehandelt blieben.
In South Carolina ist es auch, dass Cora kostümiert und grimassierend Teil einer Ausstellung wird, eines Dioramas im "Museum der Naturwunder", das eine sentimental verklärte Version des Plantagenlebens in die Erinnerungskultur überführt. In North Carolina überlebt Cora wie einst Harriet Ann Jacobs auf dem Dachboden eines Ehepaars, das aus unterschiedlichen Motiven hilft: Martin, der Mann, weil er die Arbeit seines Vaters fortführt. Ethel, seine Frau, weil sie immer schon "eine Wilde" ihr "Eigentum nennen" wollte. Durchs Fenster beobachtet Cora, was draußen vor sich geht: öffentliche Lynchmorde als Wochenendschauspiel für die Dorfgemeinschaft. Sie wird verraten, gefasst, flieht erneut. In Tennessee trifft sie endlich auf eine Gemeinschaft anderer, die es geschafft haben. Ein Utopia, das nicht lange bestehen bleibt. Und so unterläuft Whitehead den erhebenden Effekt, der Geschichten geflohener Sklaven innewohnt. Cora entkommt immer nur vorübergehend.
Dreißig Jahre ist es her, dass Toni Morrisons großer Roman "Beloved" herauskam, ein Buch, von dem man dachte, mit ihm sei literarisch das endgültige Wort zur Sklaverei gesprochen. Doch seither türmen sich weitere Romane, Sachbücher, Filme, Fernsehserien zum Thema. Whitehead hat das zur Kenntnis genommen und dennoch etwas ganz Neues geschaffen. Sein Roman steht einerseits in der Tradition von "Beloved" als fiktiver Geschichte eines Sklavenlebens, und im ersten kurzen Kapitel über Coras Großmutter Ajarry kann man fast ein Echo von Toni Morrisons Stimme hören, wenn Ajarry sich an ihre Kinder erinnert, die gestorben sind: "Wenigstens sind sie nie verkauft worden." Doch dann geht Whitehead noch ein Stück weiter und macht die Geschichte, die er erfindet, als all American history kenntlich, die gerade nicht so funktioniert, wie es all American stories gern tun. Dem Kampf um die Freiheit folgt in diesem Fall nicht der Lohn.
Die Geschichte der Sklaverei ist nicht abgeschlossen. Ihre Folgen durchziehen bis heute den amerikanischen Alltag. So muss man dieses Buch lesen, das Erzählungen, Erfahrungen und Erinnerungen aus dreieinhalb Jahrhunderten in sich aufgenommen hat und als neue, alle Spuren berührende und zusammenführende Geschichte vor uns steht, als The Great American Novel.
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Ein wichtiges Buch und ein verstörendes Buch! Nur mit Erholungspausen zu ertragen. Diese menschenverachtende Einstellung scheint auf eine VORLÄUFERIDEOLOGIE des Nationalsozialismus zu sein! Die Rasseneinstellung ,die Unwerteinstellung usw.
Wichtig an diesem Buch ist der Spiegel , der …
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Ein wichtiges Buch und ein verstörendes Buch! Nur mit Erholungspausen zu ertragen. Diese menschenverachtende Einstellung scheint auf eine VORLÄUFERIDEOLOGIE des Nationalsozialismus zu sein! Die Rasseneinstellung ,die Unwerteinstellung usw.
Wichtig an diesem Buch ist der Spiegel , der nicht nur den USA sondern allen Menschen auch uns heute vorgehalten wird.
Auch wenn das Buch "schwere Kost " ist es sollte in den Schulen behandelt werden.
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"Die Menschen tragen Ketten und sind Sklaven; aber sie sind nicht geboren, es zu sein, und haben die Hoffnung nicht verloren, wieder frei zu sein." (Matthias Claudius)
Cora arbeitet ebenso wie ihre Großmutter auf der Randall Farm, für sie gab es nie etwas anderes, als Sklavin …
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"Die Menschen tragen Ketten und sind Sklaven; aber sie sind nicht geboren, es zu sein, und haben die Hoffnung nicht verloren, wieder frei zu sein." (Matthias Claudius)
Cora arbeitet ebenso wie ihre Großmutter auf der Randall Farm, für sie gab es nie etwas anderes, als Sklavin sich auf Plantagen zu schinden. Eines Nachts flüchtet dann Coras Mutter von der Farm und lässt ihre Tochter alleine bei ihrer Mutter zurück. Cora kann nicht nachvollziehen, warum sie, sie ganz alleine gelassen und nicht mitgenommen hat. Nach dem Tod des alten Plantagenbesitzer Randall wird die Farm an seine Söhne vermacht, die diese genauso herzlos weiterführen. Unter unerträglichen Bedingungen müssen die Sklaven der Randalls Bauwolle säen und ernten. Doch eines Tages tritt Caesar an Cora heran und offenbart ihr das er flöhe und sie mitnehmen möchte. Erst verneint Cora diesen Vorschlag, den selten ist einem Sklaven so eine Flucht gelungen und wenn man sie gefasst hätte, wäre dies ihr Todesurteil gewesen. Ein paar Tage später wusste Cora das, wenn sie jetzt nicht flieht, dies ihr Leben lang bereuen würde. Zusammen wollen sie mit der Underground Railroad in ein neues Leben fliehen. Dabei wird Ridgehead einer der berüchtigten Sklaveneintreiber, die beiden unerbittlich verfolgen, um sie an Randall auszuliefern, den dieser hat ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Es beginnt eine abenteuerliche Reise bei denen sie heldenhafte Bahnhofswärter, Kopfgeldjäger und Leichendieben begegnen und überall lauern Gefahren. Werden sie ihre Freiheit wirklich finden?
Meine Meinung:
Mit Colson Whitehead ist hier ein fiktiver Roman erschienen, der die qualvolle Wirklichkeit der Sklaven in den USA widerspiegelt. Zur Vorlage nahm sich der Autor mehrere Slave narrative Vorlagen und gestalte damit einen fiktiven Roman, den es so nicht gab. Aber wenn man dieses Buch gelesen hat, kann man sich gut vorstellen, das es so gewesen sein könnte. Das Netzwerk der Underground Railroad gab es in Wirklichkeit, mit dieser wurden tatsächlich in der Mitte des 19. Jahrhunderts Sklaven zur Flucht verholfen. Der Schreibstil ist sehr gut, schade nur das dem Buch ein wenig die Emotionen fehlen, trotzdem hat es mich zu tiefst bewegt. Entsetzt hat mich auch, das ab dem Jahr 1776, 460 000 Sklaven in die USA verschleppt und als billige Arbeitskräfte gehalten wurden. Ich denke dabei immer an eine damalige Fernsehserie Roots bei denen dies auch drastisch geschildert wurde. Selbst heute noch muss die schwarze Bevölkerung mit vielen Benachteiligungen in der ganzen Welt, vor allem aber in den USA leben. Deshalb auch stellvertretend dieses Buch, für alle jene Sklaven, die bisher ihr Leben lassen mussten. Ausgezeichnet wurde es mit dem National Book Award 2016 und dem Pulitzer Preis 2017. Ein Buch, das man gelesen haben sollte und von mir 5 von 5 Sterne bekommt.
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Ein sehr beeindruckendes Werk!
Cora ist Sklavin in dritter Generation auf einer Baumwollplantage in Georgia. Ihre Mutter konnte fliehen, als Cora 10 Jahre alt war - sie wurde von ihr zurück gelassen. Das Leben auf einer solchen Plantage war von täglichen Entbehrungen und Qualen …
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Ein sehr beeindruckendes Werk!
Cora ist Sklavin in dritter Generation auf einer Baumwollplantage in Georgia. Ihre Mutter konnte fliehen, als Cora 10 Jahre alt war - sie wurde von ihr zurück gelassen. Das Leben auf einer solchen Plantage war von täglichen Entbehrungen und Qualen begleitet. Es brauchte keine Zäune, um die Sklaven einzusperren. Täglich wurde ihnen eingebläut, dass es ihr Verderben wäre, wenn sie versuchen zu flüchten. Die Strafen der wieder Eingefangenen waren mehr als drastisch und endeten in der Regel mit dem Tod. Schon ein falscher Blick zog Schläge nach sich und der Versuch lesen zu lernen konnte mit dem Verlust beider Augen enden.
Als Cora 17 ist macht ihr ein Mitsklave das Angebot, mit ihm zusammen zu fliehen. Ihre anfängliche Weigerung ändert sich erst, nachdem sie bei einer Züchtigung halb tot geschlagen wird. Gemeinsam begeben sie sich auf die Flucht mithilfe der Underground Railroad (URR).
URR war der Deckname einer Fluchthilfebewegung, die sich über die USA erstreckte, bis in die tiefsten Südstaaten, in denen Sklaverei zum guten Ton gehörte. In dem vorliegenden Roman, der immerhin den Pulitzerpreis 2017 erhielt, wurde aus diesem Netzwerk eine wirkliche Untergrundbahn, die sich durch Tunnelsysteme von Station zu Station fortbewegte und ihre verzweifelte Fracht in Sicherheit bringen sollte.
So reist Cora durch mehrere US-Staaten um in Freiheit zu leben. Leider ist dies ein steiniger Weg, der sie so manches Mal an die Grenzen ihrer Existenz bringt.
Wer sich auf dieses Buch einlässt, der muss einiges miterleben. Grausamkeiten, wie ich sie mir wirklich nicht vorstellen konnte. Manchmal stockte mir der Atem, was Menschen sich alles einfallen lassen, wenn sie von Hass erfüllt sind und vor allem: die entsprechende Macht und Legitimation besitzen. Besonders erschreckte mich, was ganz "normale" Menschen für einen Spaß haben können, wenn andere gequält und getötet werden. Das Wort Gnade oder Mitgefühl scheint für viele Menschen ein Fremdwort zu sein. Denn eines steht fest: Auch wenn es sich hier um eine fiktive Geschichte, eben einen Roman, handelt, so sind die dort beschriebenen Lebensumstände und Gräueltaten definitiv der Historie entnommen, also wirklich passiert und erduldet - nur an einem womöglich anderen Ort und zu einer abweichenden Zeit sowie anderen Personen. Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass sein Buch keinerlei Anspruch auf historische Genauigkeit erhebt.
Erschreckend deutlich wird im Verlaufe des Buches, dass es zu jener Zeit eigentlich keinen wirklich sicheren Raum für Farbige in den USA gab. Es handelte sich immer nur um eine Verschnaufpause auf Zeit und leider zeigte sich mehr als einmal, wie trügerisch die scheinbar erlangte Freiheit war.
Dieser Roman hat mich wirklich gefesselt und auch tief bewegt. Colson Whitehead bietet eine Geschichte in einem mitreißenden Schreibstil, die ich kaum aus der Hand legen konnte. Der Roman ist gegliedert in längere Kapitel unter den jeweiligen US-Staaten-Namen und in dazwischen liegende kürzere Kapitel, in denen er den Leser etwas über andere wichtige Personen des Buches erfahren lässt. Sie machen einen Blick außerhalb von Coras Blickfeld möglich und schaffen vor allem die Möglichkeit, auch nicht unmittelbar mit ihrem Schicksal verbundene und dennoch für den Autor wichtige Begebenheiten einfließen zu lassen. Ein für mich perfekter Aufbau!
Underground Railroad bietet dem Leser die Möglichkeit, ein wichtiges und dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte zu erlesen. Dazu gehören natürlich nicht nur die Sklavenhalter und -treiber, sondern auch die Menschen, die ein Netzwerk wie URR erst möglich machten. Sie riskierten für jeden Flüchtling ihr Leben - auch das ihrer Familie. Unwillkürlich hofft man, dass solche Menschen doch bitte heute in der Überzahl sein mögen.
Ich kann dieses Buch nur wärmstens jedem empfehlen, der sich an etwas anspruchsvollerer Literatur versuchen mag.
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Broschiertes Buch
Leider enttäuschend
Cora ist Sklavin in dritter Generation. Einst wurde ihre Großmutter von Männern aus ihrem Dorf verschleppt und dann mehrmals verkauft. Sie kennt kein anderes Leben und dennoch sehnt sie sich danach. Denn auf der Plantage, auf der sie Leben muss, gibt es weder …
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Leider enttäuschend
Cora ist Sklavin in dritter Generation. Einst wurde ihre Großmutter von Männern aus ihrem Dorf verschleppt und dann mehrmals verkauft. Sie kennt kein anderes Leben und dennoch sehnt sie sich danach. Denn auf der Plantage, auf der sie Leben muss, gibt es weder Gerechtigkeit noch eine Chance auf ein friedliches Dasein. Brutale Gewalt ist an der Tagesordnung, ausgeübt nicht nur von den weißen Besitzern, sondern auch durch andere Sklaven, Vergewaltigungen sind an der Tagesordnung und es gibt nichts, was sie dagegen tun kann, die Willkür regiert und sie hat nur die Wahl es zu ertragen, oder ihrem Leben ein Ende zu setzen, wie es so viele andere tun und getan haben. Cora aber findet noch eine dritte Möglichkeit: die Flucht.
Die Schilderungen, in welch schrecklichen Verhältnissen die Sklaven lebten, sind teilweise kaum zu ertragen. Vor allem, dass auch untereinander Gewalttaten in dem Maße verübt wurden, ist erschreckend.
Ich finde es allerdings sehr schade, dass es sich hierbei nicht um die Schilderung einer möglichen realen Flucht handelt, sondern um reine Fiktion. Die Underground Railroad, die so vielen Sklaven die Möglichkeit zur Flucht bot, wird hier umgedichtet in einen echten Zug. In Wirklichkeit war es aber kein Zug, der die Menschen in die Freiheit fuhr, sondern ein beschwerlicher Weg von Unterschlupf zu Unterschlupf. Fluchthelfer waren häufig Quäker, der richtige Weg markiert verbreitet durch Mundpropaganda. Ich hätte es schöner gefunden, wenn dieses Buch, das die Lebensumstände der Sklaven so realistisch widergibt, sich mehr an die historischen Tatsachen gehalten hätte.
Ja, hier dient diese Eisenbahn als Metapher, aber ich finde diese Uminterpretation der Geschichte schadet dem Buch enorm. Dadurch wird sie unglaublich unrealistisch, wo sie sich doch gerade am Anfang dadurch ausgezeichnet hat.
Der Autor hat für dieses Buch den Pulitzer Preis gewonnen, das hätte mich eigentlich schon misstrauisch stimmen müssen, denn nur selten hat mich ein mit einem solchen Preis bedachtes Buch wirklich überzeugt. „Die Asche meiner Mutter“ bildet hier die absolute Ausnahme, da das Buch bis heute zu meinen Lieblingen zählt, aber darum geht es nicht.
Dieses Buch wird damit beworben, dass es einem vor Augen führt, was es bedeutet in Amerika schwarz zu sein, aber durch die Herangehensweise im weiteren Verlauf der Handlung verliert es in meinen Augen diesen Anspruch.
Der Anfang ist total schockierend. Eine Grausamkeit jagt die nächste, von zwei unterschiedlichen Seiten begangen, die sich nicht mehr voneinander unterscheiden könnten. Doch indem das historisch sichere Terrain verlassen wird, wird in meinen Augen kein Denkmal gesetzt, sondern die Geschichte mit Füßen getreten. Das ist einfach schade!
Zudem ist der Schreibstil nicht meins. Es wird sich hier um Neutralität bemüht, Emotionen sucht man vergeblich. Da erzählt die Protagonistin von ihrer eigenen Vergewaltigung aber tut das als normal ab, als hätte es keinerlei emotionale Auswirkungen auf sie. Sie wird ausgepeitscht und – ja nichts weiter. Als Leser wird man total auf Abstand gehalten.
Leider ist das Buch auch immer wieder ziemlich zäh und langweilig, was auch an den fehlenden Emotionen liegen könnte. Es springt einfach der Funke nicht über. Die Protagonistin ist absolut austauschbar – was ja auch als Stilmittel fungieren könnte, doch dann sollten zumindest ein paar Gefühle beim Leser ankommen, selbst wenn es darum geht zu zeigen, dass dies eine Geschichte von vielen ist, dass es hunderte oder tausende Coras gab, aber wenn man eben kein bisschen mitfühlen kann, weil der Eindruck erweckt wird, die Protagonistin habe gar keine Gefühle, dann ist das einfach schade.
Fazit: Für mich war das Buch leider nichts. Es konnte mich nicht packen und wurde meiner Meinung nach nicht dem gerecht, was der Anfang versprach. Mich hat die Umdichtung der Geschichte extrem gestört, ebenso, wie das Fehlen der Emotionen. Mich konnte das Buch nicht erreichen.
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Düster und grausam
„Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist ein Roman über ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte, der mich sehr bewegt hat.
Schauplatz ist eine Baumwollplantage im tiefen Süden, in Georgia. Die Geschichte spielt vor der …
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Düster und grausam
„Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist ein Roman über ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte, der mich sehr bewegt hat.
Schauplatz ist eine Baumwollplantage im tiefen Süden, in Georgia. Die Geschichte spielt vor der Sklavenbefreiung, also vor mehr als 150 Jahren. Erzählt wird das Schicksal der 17-jährigen Cora. Aber auch das ihrer Großmutter und Mutter, die ebenfalls auf der Plantage gearbeitet haben.
Eines Tages wird Cora gefragt, ob sie Caesar auf seiner Flucht in den Norden begleiten möchte. Eine aufregende Zeitreise beginnt…
Colson Whitehead hat den Überlebenskampf der Sklaven in den Südstaaten spannend in Szene gesetzt. Ab und zu sind echte Steckbriefe eingestreut. Auch die Emotionen kommen nicht zu kurz. „Underground Railroad“ beinhaltet grausame Szenen, die schwer auszuhalten sind:
„Die Leichen hingen wie verrotteter Schmuck in den Bäumen. Manche waren nackt, andere teilweise bekleidet...“
Dieses geheime Netzwerk, das es wirklich gegeben hat, als unterirdische Eisenbahn darzustellen, finde ich genial. Denn ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. South und North Carolina, Tennessee, Indiana. Immer, wenn Cora an einer Station aussteigt, findet sie ein anderes Amerika.
Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Cora ist mir sofort ans Herz gewachsen. Sie ist eine starke Frau, die viele Rückschläge zu verkraften hat. Gekonnt seziert der Autor ihre Gedanken und Gefühle. Und so fiebert man mit ihr mit, ob am Ende tatsächlich die Freiheit wartet.
Fazit: Ein anspruchsvoller Roman, der ambivalente Gefühle auslöst. Gut geschrieben, ohne Frage. Eine Lektüre, die einen klüger macht und nachhallt.
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Broschiertes Buch
Das Buch hat die vielen Auszeichnungen verdient, da es das wichtige Thema der Sklaverei in der amerikanischen Geschichte aufgreift und zum Teil schonungslos erzählt. Die literarische Leistung sei daher auch nicht abgewertet oder geschmählert. Das ist eine Seite des Buches. Die andere Seite …
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Das Buch hat die vielen Auszeichnungen verdient, da es das wichtige Thema der Sklaverei in der amerikanischen Geschichte aufgreift und zum Teil schonungslos erzählt. Die literarische Leistung sei daher auch nicht abgewertet oder geschmählert. Das ist eine Seite des Buches. Die andere Seite ist der Leser/-in, der sich das Buch mit all den Auszeichnungen liest. Es blieb doch eine gewisse Verwirrung zurück, zwischen den hohen Auszeichnungen und der Geschichte selbst. Das Buch schwangt zwischen harter Beschreibung realisitscher Szenen und Fantasie Eisenbahnen a la Harry Potter. Zwischen geschichtlich korrekt widergegebenen Zusammenhänge und unrealistischen Handlungssträngen. Als Leser ist man bemüht, eine Haltung zu entwickelt und strauchelt ständig zwischen Betroffenheit bei realistischen Szenen und belächeln bei Fantasie Spuk. Dies zieht sich im gesamten Buch durch und macht es dem Leser/-in schwer, daraus ein richtig gutes Buch werden zu lassen. Kein überwältigender Roman aber man kann es lesen.
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Aufwühlender Roman
Bei dem Roman „Underground Railroad“ von Colson Whitehead habe ich mich für die Hörbuchfassung, gelesen von Helene Grass, entschieden und ein paar wirklich spannende und aufreibende Stunden damit zugebracht, mir Coras Geschichte anzuhören.
Zum …
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Aufwühlender Roman
Bei dem Roman „Underground Railroad“ von Colson Whitehead habe ich mich für die Hörbuchfassung, gelesen von Helene Grass, entschieden und ein paar wirklich spannende und aufreibende Stunden damit zugebracht, mir Coras Geschichte anzuhören.
Zum Inhalt
Die Geschichte beginnt eigentlich mit Coras Großmutter, die auf einem Sklavenschiff nach Amerika gebracht wird und dort als Sklavin ihr Leben auf einer der zahlreichen Baumwollplantagen verbringt. Dort wird ihre Tochter geboren, die wiederum ihre eigene Tochter, Cora, dort zur Welt bringt. Das Leben auf der Plantage ist hart, bestimmt von der Willkür und Brutalität der Plantagenbesitzer und der Aufseher. Als ihr von Caesar, der ebenfalls als Sklave auf der Baumwollplantage lebt, vorgeschlagen wird, mit Hilfe der Underground Railroad zu fliehen, ergreift Cora diese Chance.
Meine Meinung
Bevor ich das Buch gelesen bzw. gehört habe, war mir zwar das Thema der Sklavenarbeit in den Südstaaten von Amerika bekannt, allerdings hatte ich noch nie etwas von der Underground Railroad gehört. In Colson Whiteheads Roman ist die Underground Railroad tatsächlich ein unterirdisches Schienennetz, die geflohenen Sklaven werden von unterirdischen Zügen von einem Ort zum nächsten gebracht. Ein wenig Recherche hat ergeben, dass es sich bei der tatsächlichen Underground Railroad eher um ein informelles Netzwerk von Gegnern der Sklavenhaltung handelte, die die Begriffe rund um die Zugfahrt dazu nutzten, um miteinander zu kommunizieren.
Colson Whiteheads Variante von den unterirdisch fahrenden Zügen und den verschiedenen Zugstationen, in denen sich Cora und zum Teil ihr Begleiter Caesar wiederfinden, hat mir jedoch auch sehr gut gefallen. Die Stationsvorsteher und Helfer der Underground Railroad sind ein Lichtschimmer in der ansonsten sehr bedrückenden Handlung des Romans. Cora macht sich auf die Suche nach der Freiheit, die man ihr, von Geburt an, vorenthalten hat. Schonungslos wird dem Leser vor Augen geführt, was es bedeutet hat, zur damaligen Zeit ein Sklave zu sein. Man schöpft mit Cora Hoffnung, um diese wieder zerschlagen zu sehen, drückt ihr die Daumen, dass ihre Reise doch noch ein gutes Ende nehmen wird. Das Buch ist definitiv keine leichte Kost, das Thema berührt und wühlt einen auf und damit ist es Colson Whitehead meiner Meinung nach gelungen, einen starken, aussagekräftigen Roman zu schreiben, der ein trauriges Kapitel in der Geschichte beleuchtet.
Helene Grass hat mir als Sprecherin für diese Geschichte zudem außerordentlich gut gefallen. Sie hat eine angenehme Stimme und ich hatte, obwohl die Geschichte nicht aus der Ich-Perspektive erzählt wird, das Gefühl, dass es Cora ist, die diese Geschichte erzählt.
Von mir erhält „Underground Railroad“ fünf von fünf Sternen und eine absolute Leseempfehlung bzw. Hörempfehlung!
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Thematisch packend, Schreibstil sehr enttäuschend..
Ich war auf dieses Buch unglaublich gespannt, immerhin hat Colson Whitehead mit seinem Roman "Underground Railroade" den Pulitzer Preis 2017 gewonnen. Immer wieder las man, dass der Autor der schreckliche Geschichte Amerikas, bzw. …
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Thematisch packend, Schreibstil sehr enttäuschend..
Ich war auf dieses Buch unglaublich gespannt, immerhin hat Colson Whitehead mit seinem Roman "Underground Railroade" den Pulitzer Preis 2017 gewonnen. Immer wieder las man, dass der Autor der schreckliche Geschichte Amerikas, bzw. der Geschichte der Sklavenhaltung bis ins 19. Jahrhundert auf großartige Art und Weise ein neues Gesicht gegeben hätte. Somit waren meine Erwartungen hoch!
Doch schon auf den ersten Seiten wird dem Leser möglichst deutlich dargelegt, wie man den Inhalt zu verstehen habe - mitsamt ausführlicher Erklärung der geschichtlichen Hintergründe zum "Underground Railroad". Das mag hilfreich sein, mich hat es jedoch bereits sehr gestört. Meiner Meinung nach sollten sich die Inhalte und eine entsprechende Meinung dazu aus den Verläufen selbst ergeben, schließlich ist man ein "mündiger", im besten Fall reflektierender Leser. Somit fand ich persönlich die Erläuterungen und Whitehead's Ausführungen zu Anfang des Buches auch denkbar ungünstig platziert und hätte sie mir (ggf. mit einem Vermerk) eher am Ende des Romans gewünscht.
Zudem muss ich ehrlich gestehen, dass sich meiner Meinung nach die arg erläuternde Art auch im Schreibstil wiederfinden ließ. Für meinen Geschmack gab es zu viele recht plakative Sätze oder Aussagen ("Jeder wusste, dass Nigger keinen Geburtstag hatten."), damit der Leser auch ja den geschichtlichen Hintergrund und die grausamen Zustände zu verstehen weiß. Vielleicht lag es am jeweiligen Kontext, aber ich fand den Stil des Autors eher anstrengend zu lesen. Vielmehr hätte ich gehofft, dass sich die Emotionen aus dem Text und aus den Schilderungen selbst heraus gestalten, statt dass Whitehead immer wieder auf die Gräueltaten der Sklavenhalter und der damaligen Umstände hinweist. Trotz der wirklich vielversprechenden Buch-Besprechungen fand ich die Art und Weise, wie die Zeit und auch die Protagonisten dargestellt waren absolut enttäuschend. Die Figuren waren zwar authentisch dargestellt, der Rest wirkte auf mich extrem erzwungen.
Ich habe das Buch letztlich nicht zu Ende gelesen. Meine Bewertung: 2 Sterne. Sehr schade!
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Ich kann in den Jubel über dieses Buch nicht einstimmen.
Erwartet habe ich ein Buch über die Flucht einer Sklavin. Doch dann wird erst einmal auf 75 Seiten die Verhältnisse der Sklaven in Amerika beschrieben und ich frage mich, was daran neu ist.
Das Fluchtkapitel ist dann …
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Ich kann in den Jubel über dieses Buch nicht einstimmen.
Erwartet habe ich ein Buch über die Flucht einer Sklavin. Doch dann wird erst einmal auf 75 Seiten die Verhältnisse der Sklaven in Amerika beschrieben und ich frage mich, was daran neu ist.
Das Fluchtkapitel ist dann wirklich spannend und auch die Geschehnisse in South Carolina mit der Geburtenkontrolle für Schwarze hat mir gut gefallen. Der Aufenthalt in North Carolina unterm Dach ist ebenfalls bedrückend und spannend.
Doch gerade das zentrale Thema des Buch, die Underground Railroad, ist in der Form als wirkliche Eisenbahn rein fiktiv und kommt wie Harry Potters Hogwardexpress daher. Klar steht diese Railroad für alle Menschen, die gegen Sklaverei kämpfen und auch die moralische Frage, ob wer für den Kampf für die Freiheit einen Menschen erschlägt ein Mörder ist, wird behandelt, aber alles ohne Mehrwert für den Leser.
Da in den Buch auch die Unterschiede in den einzelnen Bundesstaaten behandelt werden, hätte eine Amerikakarte dem Buch gut getan. 3 Sterne.
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Schon allein das Cover hat mich neugierig gemacht. Eine schöne Schriftart auf einem etwas undeutlichen Hintergrund. Dunkle Farben, es wirkt düster und passt damit sehr gut zur Thematik. Bevor man mit dem Buch startet, sollte man sich bewusst machen, dass dies kein historischer …
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Schon allein das Cover hat mich neugierig gemacht. Eine schöne Schriftart auf einem etwas undeutlichen Hintergrund. Dunkle Farben, es wirkt düster und passt damit sehr gut zur Thematik. Bevor man mit dem Buch startet, sollte man sich bewusst machen, dass dies kein historischer Tatsachenroman. Der Autor bedient sich zwar historischer Tatsachen, er spinnt diese aber auf seine ganz eigene Weise in seine Geschichte ein. So gab es die Underground Railroad als informelles Netzwerk, dass Sklaven auf der Flucht half wirklich, aber Whitehead nimmt es wörtlich und erschafft eine richtige Untergrundeisenbahn, die fantastisch auf mich wirkte. Auch die Geschehnisse in den einzelnen Staaten der USA haben vielleicht nicht so stattgefunden, aber im kleineren Maßstab oder als Idee waren sie in der Geschichte präsent.
Obwohl ich schon sehr auf den Roman gefreut hatte, da ich im Moment einiges zu diesem schrecklichen Abschnitt in der Geschichte lese, fiel mir der Anfang vom Buch etwas schwer. Die Protagonistin Cora ist ein Charakter, der einen erst einmal auf Abstand lässt, sie öffnet sich erst nach und nach. Auch der Schreibstil ist etwas emotionslos, besonders wenn von den Schrecken der Sklaverei berichtet wurde. Aber ich gewöhnte mich daran und merkte wie gut der Schreibstil passte, denn nur durch die Emotionslosigkeit war für mich die Beschreibungen zum Teil zu ertragen und anderseits passte es sehr gut zu der Emotionslosigkeit der Sklavenhalter.
Der Autor greift viele verschiedene Unterdrückungsmechanismen auf, die mich zum Teil an die Naziherrschaft und/oder Hexenverfolgung erinnert haben. Gekonnt webt er Fiktion und reale Ereignisse in die Geschichte ein. Was ich persönlich etwas schade fand, dass man allein durch den Roman nicht wusste was nun wirklich so oder so ähnlich geschah. Dazu muss man seine Interviews und andere Quellen mit einbeziehen. Aber trotz, dass die ganze Geschichte nicht immer mit historischen Fakten zu hinterlegen ist, zeigte der Roman für mich das ganze Ausmaß der Sklavereiwirtschaft, den Rassismus und die Fähigkeit der Menschen zur Grausamkeit. Das alles wirkt bis heute auf die amerikanische Gesellschaft, weshalb der Roman auch im Spiegel der aktuellen Ereignisse ein wichtiges Zeugnis ist. Er war nicht immer einfach zu lesen, was Sprachstil und die geschilderte Grausamkeiten und deren Emotionslosigkeit anging. Ich musste immer mal inne halten. Doch mir wurde klar warum der Roman so hoch gelobt wird, er große Literatur, die einen auch viel zum Nachdenken bringt und gleichzeitig richtig gut geschrieben ist.
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