Erschreckend echt und mitreißend entwirft Jessamine Chan in ihrem Debütroman "Institut für gute Mütter", aus dem Englischen von Friederike Hofert, ein dystopisches Setting, das nachdenklich stimmen lässt. Im Mittelpunkt der Handlung steht Frida: Als Tochter chinesischer Immigranten wurde sie schon
seit ihrer Kindheit mit Rassismus konfrontiert, wurde gemobbt, ausgegrenzt, und auch Jahre später…mehrErschreckend echt und mitreißend entwirft Jessamine Chan in ihrem Debütroman "Institut für gute Mütter", aus dem Englischen von Friederike Hofert, ein dystopisches Setting, das nachdenklich stimmen lässt. Im Mittelpunkt der Handlung steht Frida: Als Tochter chinesischer Immigranten wurde sie schon seit ihrer Kindheit mit Rassismus konfrontiert, wurde gemobbt, ausgegrenzt, und auch Jahre später noch, als Mutter eines anderthalbjährigen Kindes, erwachsene Frau, Akademikerin, wird sie aufgrund ihres Äußeren bewertet – und damit auch ihre Fähigkeiten als Mutter. Bewusst spielt Chan mit gängigen Klischees, überspitzt sie und verstärkt so noch die dystopische Atmosphäre. Alleine die Vorstellung, rund um die Uhr von Kameras gefilmt zu werden, ständig in Angst, etwas Falsches zu tun, zu sagen, das hat schon etwas von Affen im Zoo, oder einem kruden Forschungsexperiment. Oder einer geheimen Sekte: Es ist den Frauen verboten, jemals über das zu sprechen, was am Institut passierte, ansonsten werden sie niemals wieder Fuß fassen, ein normales Leben führen können. Und: kinderlos bleiben.
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"Nicht jede von ihnen kam als gewalttätige Frau in die Schule, aber jetzt, nach sieben Monaten, wären sie alle dazu fähig jemanden zu erstechen." (S. 289)
Die Geschichte um Frida und das Institut hat mich von der ersten Seite an gefesselt und die moralischen und ethischen Konflikte sowie die immer wieder anklingende Kritik an der patriarchal geprägten Gesellschaft, die Mutterschaft noch immer eindimensional und heterogen sieht, und die Rolle des Frau auf die der Mutter reduziert, nachhaltig beschäftigt. Teilweise zog sich die Handlung ein bisschen, fand dann am Ende für meinen Geschmack zu übereilt zum Ende, ein wenig unbefriedigend vielleicht auch, aber das hat meinen positiven Eindruck nur minimal beeinträchtigt. Das dystopische, gameshowartige Setting, die teilweise stark überzeichneten, simplen Dialoge und Handlungen und das Spiel mit verschiedensten Klischees verleihen der Thematik eine gewisse Lebendigkeit und Brisanz. Ein eindringliches, lange nachhallendes Buch. Große Empfehlung!
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