Hanya Yanagihara
Gebundenes Buch
Zum Paradies
Der Nummer 1 Bestseller aus UK & USA von der Autorin von "Ein wenig Leben"
Übersetzung: Kleiner, Stephan
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»Tiefgründig, sensibel, spannend.« Juli Zeh, BörsenblattDrei Jahrhunderte, drei Versionen des amerikanischen Experiments: In ihrem kühnen neuen Roman - dem ersten seit Ein wenig Leben - erzählt Hanya Yanagihara von Liebenden, von Familie, vom Verlust und den trügerischen Versprechen gesellschaftlicher Utopien.1893, in einem Amerika, das anders ist, als wir es aus den Geschichtsbüchern kennen: New York gehört zu den Free States, in denen die Menschen so leben und so lieben, wie sie es möchten - so jedenfalls scheint es. Ein junger Mann, Spross einer der angesehensten und wohlhabendste...
»Tiefgründig, sensibel, spannend.« Juli Zeh, Börsenblatt
Drei Jahrhunderte, drei Versionen des amerikanischen Experiments: In ihrem kühnen neuen Roman - dem ersten seit Ein wenig Leben - erzählt Hanya Yanagihara von Liebenden, von Familie, vom Verlust und den trügerischen Versprechen gesellschaftlicher Utopien.
1893, in einem Amerika, das anders ist, als wir es aus den Geschichtsbüchern kennen: New York gehört zu den Free States, in denen die Menschen so leben und so lieben, wie sie es möchten - so jedenfalls scheint es. Ein junger Mann, Spross einer der angesehensten und wohlhabendsten Familien, entzieht sich der Verlobung mit einem standesgemäßen Verehrer und folgt einem charmanten, mittellosen Musiklehrer.
1993, in einem Manhattan im Bann der AIDS-Epidemie: Ein junger Hawaiianer teilt sein Leben mit einem deutlich älteren, reichen Mann, doch er verschweigt ihm die Erschütterungen seiner Kindheit und das Schicksal seines Vaters.
2093, in einer von Seuchen zerrissenen, autoritär kontrollierten Welt: Die durch eine Medikation versehrte Enkelin eines mächtigen Wissenschaftlers versucht ohne ihn ihr Leben zu bewältigen - und herauszufinden, wohin ihr Ehemann regelmäßig an einem Abend in jeder Woche verschwindet.
Drei Teile, die sich zu einer aufwühlenden, einzigartigen Symphonie verbinden, deren Themen und Motive wiederkehren, nachhallen, einander vertiefen und verdeutlichen: Ein Town House am Washington Square. Krankheiten, Therapien und deren Kosten. Reichtum und Elend. Schwache und starke Menschen. Die gefährliche Selbstgerechtigkeit von Mächtigen und von Revolutionären. Die Sehnsucht nach dem irdischen Paradies - und die Erkenntnis, dass es nicht existiert. Und all das, was uns zu Menschen macht: Angst. Liebe. Scham. Bedürfnis. Einsamkeit.
Zum Paradies ist ein Wunderwerk literarischer Erfindungskraft und ein Kunstwerk menschlicher Gefühle. Seine außergewöhnliche Wirkung gründet in seinem Wissen um den Wunsch,jene zu beschützen, die wir lieben: Partner, Liebhaber, Kinder, Freunde - unsere Mitmenschen. Und den Schmerz, der nach uns greift, wenn wir das nicht können.
Drei Jahrhunderte, drei Versionen des amerikanischen Experiments: In ihrem kühnen neuen Roman - dem ersten seit Ein wenig Leben - erzählt Hanya Yanagihara von Liebenden, von Familie, vom Verlust und den trügerischen Versprechen gesellschaftlicher Utopien.
1893, in einem Amerika, das anders ist, als wir es aus den Geschichtsbüchern kennen: New York gehört zu den Free States, in denen die Menschen so leben und so lieben, wie sie es möchten - so jedenfalls scheint es. Ein junger Mann, Spross einer der angesehensten und wohlhabendsten Familien, entzieht sich der Verlobung mit einem standesgemäßen Verehrer und folgt einem charmanten, mittellosen Musiklehrer.
1993, in einem Manhattan im Bann der AIDS-Epidemie: Ein junger Hawaiianer teilt sein Leben mit einem deutlich älteren, reichen Mann, doch er verschweigt ihm die Erschütterungen seiner Kindheit und das Schicksal seines Vaters.
2093, in einer von Seuchen zerrissenen, autoritär kontrollierten Welt: Die durch eine Medikation versehrte Enkelin eines mächtigen Wissenschaftlers versucht ohne ihn ihr Leben zu bewältigen - und herauszufinden, wohin ihr Ehemann regelmäßig an einem Abend in jeder Woche verschwindet.
Drei Teile, die sich zu einer aufwühlenden, einzigartigen Symphonie verbinden, deren Themen und Motive wiederkehren, nachhallen, einander vertiefen und verdeutlichen: Ein Town House am Washington Square. Krankheiten, Therapien und deren Kosten. Reichtum und Elend. Schwache und starke Menschen. Die gefährliche Selbstgerechtigkeit von Mächtigen und von Revolutionären. Die Sehnsucht nach dem irdischen Paradies - und die Erkenntnis, dass es nicht existiert. Und all das, was uns zu Menschen macht: Angst. Liebe. Scham. Bedürfnis. Einsamkeit.
Zum Paradies ist ein Wunderwerk literarischer Erfindungskraft und ein Kunstwerk menschlicher Gefühle. Seine außergewöhnliche Wirkung gründet in seinem Wissen um den Wunsch,jene zu beschützen, die wir lieben: Partner, Liebhaber, Kinder, Freunde - unsere Mitmenschen. Und den Schmerz, der nach uns greift, wenn wir das nicht können.
Hanya Yanagihara wurde 1974 in Los Angeles geboren und wuchs unter anderem in Hawaii auf. Ihr zweiter Roman Ein wenig Leben war für den Man Booker Prize und den National Book Award nominiert. Ihr erster Roman Das Volk der Bäume wurde 2019 ins Deutsche übersetzt. Hanya Yanagihara lebt in New York.
Produktbeschreibung
- Verlag: Claassen Verlag
- Originaltitel: To Paradise
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 896
- Erscheinungstermin: 11. Januar 2022
- Deutsch
- Abmessung: 222mm x 150mm x 50mm
- Gewicht: 875g
- ISBN-13: 9783546100519
- ISBN-10: 3546100514
- Artikelnr.: 61469351
Herstellerkennzeichnung
Claassen-Verlag
Friedrichstraße 126
10117 Berlin
Info@Ullstein-Buchverlage.de
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Rezensentin Cornelia Geißler beginnt ihre Lektüre erwartungsvoll, beendet sie jedoch enttäuscht. Der erste der drei Teile dieses Romans beginnt Ende des 19. Jahrhunderts im New Yorker Viertel Greenwich. Aufbau und Handlung erinnern an einen klassischen Gesellschaftsroman, mit cleverem Twist: die gleichgeschlechtliche Ehe ist in Yanagiharas Welt eine Selbstverständlichkeit, lesen wir. Die psychologische Stimmigkeit und Sensibilität, mit der Yanagihara über Beziehungen, Heimlichkeiten und Familienehre schreibt, machen den Reiz dieses Abschnitts aus, so Geißler. Bis hier hin besteht ihr Figurenensemble ausschließlich aus Männern, deren Namens-, teils auch tatsächlichen Vettern hundert Jahre
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später im zweiten Teil erneut auftauchen. Diesmal ist es vor allem die Krankheit AIDS, die für jene Unsicherheit sorgt, welche das verbindende Glied zwischen den drei Teilen sowie den Männer verschiedener Generationen bildet, erklärt die Rezensentin, die zwar einige Redundanzen bemerkt, der Handlung jedoch weiterhin gerne folgt. Dies ändert sich mit dem dritten Teil, in dem eine von verschiedensten Pandemien gebeutelte Gesellschaft geschildert wird. Umso so bedauerlicher ist das, da entgegengesetzt zum sinkendem Lesevergnügen nicht nur der Umfang ansteigt, sondern auch der Aufwand, den die Leserin aufbringen muss, um zwischen zahlreichen Zeitsprüngen, und einem aufwendigen, dennoch nicht sonderlich einfallsreichen Science-Fiction-Vokabular nicht den Faden zu verlieren. Die ermüdend hohe Katastrophen-Dichte sowie die Tatsache, dass man sich beim Lesen immer wieder an allzu bekannte Verschwörungsmythen erinnert fühlt, laugen die Rezensentin vollends aus.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Das Paradies ist anderswo
Vor fünf Jahren machte sie mit "Ein wenig Leben" international Furore. Der Roman spaltete wegen seiner Drastik das Publikum. Jetzt spannt Hanya Yanagihara mit ihrem neuen Amerika-Roman auf wieder fast neunhundert Seiten einen Bogen über drei Jahrhunderte - und uns auf die Folter.
Was hat dieses neunhundertseitige Buch, das den Titel "Zum Paradies" trägt, damit zu tun? Ein Leseparadies ist es schon mal nicht, eher eine bisweilen endlos scheinende Textsteppe gewundener Sätze mit verschachtelten Untergliederungen, die einen oft den Faden verlieren lassen. Eine Parodie des psychologischen Romans, wie bereits vermutet wurde? Auch das würde die Lektüre nicht angenehmer machen.
Oder soll
Vor fünf Jahren machte sie mit "Ein wenig Leben" international Furore. Der Roman spaltete wegen seiner Drastik das Publikum. Jetzt spannt Hanya Yanagihara mit ihrem neuen Amerika-Roman auf wieder fast neunhundert Seiten einen Bogen über drei Jahrhunderte - und uns auf die Folter.
Was hat dieses neunhundertseitige Buch, das den Titel "Zum Paradies" trägt, damit zu tun? Ein Leseparadies ist es schon mal nicht, eher eine bisweilen endlos scheinende Textsteppe gewundener Sätze mit verschachtelten Untergliederungen, die einen oft den Faden verlieren lassen. Eine Parodie des psychologischen Romans, wie bereits vermutet wurde? Auch das würde die Lektüre nicht angenehmer machen.
Oder soll
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der Ort, an dem die drei Romane spielen, die unter dem Dach dieses Buches zusammengezimmert sind, paradiesisch sein? Sie spielen alle am Washington Square in New York, mithin an einem Ort mit Symbolgeschichte. Hier haben die Vereinigten Staaten zur Selbstfeier ihre Version des Triumphbogens gebaut, hier versammelte sich einst die progressive Folkszene und fand so manche bedeutende Kundgebung oder Protestaktion statt. Zudem gab der Washington Square einem Roman von Henry James seinen Titel und einigen Filmen den Schauplatz, an dem sich etwa Jane Fonda und Robert Redford neckten oder Marvel-Comic-Helden prügelten. Aber im Jahr 2077, so erfahren wir im letzten Teil des Buches von Hanya Yanagihara, kommen Bulldozer und machen die Reste der Bebauung des Washington Square platt, reißen die letzten Bäume aus, und "im übrigen Park gießen Arbeiter den ganzen Tag Bereiche mit Zement aus, die einmal mit Gras bewachsen waren". Kein Paradies also.
Und doch endet jeder der drei Teile programmatisch mit den Worten "Zum Paradies". Dieses Strukturelement unterstreicht, dass Yanagihara drei Varianten einer Geschichte erzählt - nur zu verschiedenen Zeiten: am Ende des neunzehnten Jahrhunderts im ersten Teil, am Ende des zwanzigsten im zweiten und am Ende des einundzwanzigsten im dritten. Auf ihre Weise sind diese Geschichten Märchen, wenn auch sehr lang geratene.
Das erste Märchen, mit dem Titel "Washington Square", ist eines der Liebe und spielt um 1893 in einem New York der kontrafaktischen Geschichtsfiktion: In den sogenannten "Free States" sind gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt und ganz normal. Diese Normalität tritt in Kontrast zur ansonsten konventionellen, ja fast überkandidelt antiquierten Erzählung, in der es "nach Möbelwachs und Lilien" duftet, "nach Earl Grey und Feuer". Aber das Feuer der Liebe lodert dennoch zwischen den Falschen: Denn der wohlhabende Jüngling David Bingham möchte nicht den ihm zugedachten Edelmann Charles heiraten, sondern einen armen Einwanderer namens Edward. Das gefällt dem Großvater nicht, der David zu enterben droht. Am Ende steht der mit gepackten Koffern vor dem "ersten Schritt in ein neues Leben": Er wird mit Edward nach Kalifornien ausbüxen.
Das zweite Märchen, mit dem Titel "Lipo-Wao-Nahele", ist eines der Herkunft und handelt auch von einem David, aber diesmal ist er mit Charles zusammen, dem älteren, reiferen Mann, der 1993 einen Butler hat und mit HIV infiziert ist. Sie leben in einem Männerzirkel voller Luxus und mit einem echten Jasper Johns über dem Sofa, aber das erfüllt David dann doch nicht, der sich immer mehr für seine Vorfahren auf Hawaii interessiert. Dann erzählt über eine sehr lange Strecke Davids im Koma liegender Großvater, den die Romanfiguren nicht hören können, dem die Leser aber zuhören müssen, ein eigenes Märchen von Hawaii.
Erst danach beginnt das dritte Märchen, mit dem Titel "Zone Acht". Es ist das des Abstiegs und noch einmal doppelt so lang wie die beiden davor. In wilden Zeitsprüngen und teils in Form seitenlanger Briefe der Figuren durchmisst es ein weiteres Jahrhundert bis 2094. Dieses Säkulum ist voller Pandemien, voll schlimmer Folgen des Klimawandels, die Welt ist unterteilt in Zonen für Privilegierte und Internierungslager für Kranke und Schwache. Bürger werden überwacht und drangsaliert, alle Grünlandschaft ist Nutzfläche, und die Idee eines "Parks", der zur Erholung dient, in dieser Zukunft gar nicht mehr nachvollziehbar. Die Eichhörnchen hat es schon dahingerafft, die Menschen strampeln noch: Sie geraten hier in die Zwickmühle zwischen Wissenschaft und Humanismus, zwischen Nächstenliebe und Selbsterhaltungstrieb. Das Märchen endet mit dem Brief eines zum Tode Verurteilten, der sich wegwünscht aus einem "verrotteten" New York in ein Paradies namens Neu-Britannien.
Das Paradies ist also immer anderswo: Hanya Yanagihara, die 1974 als Tochter eines Hawaiianers und einer Südkoreanerin in Los Angeles geboren wurde und heute Magazinredakteurin der "New York Times" ist, zielt mit dieser wenig überraschenden Erkenntnis offenbar dezidiert auf die amerikanischen Versprechen, die für viele unverwirklicht geblieben sind. Das ist bei den beschriebenen Einzelthemen ihres Romans durchaus interessant, aber wie sie hier alle zusammengeführt werden, hat doch etwas arg Willkürliches.
Es gibt an Yanagiharas Erzählmittelpunkt auch ein aufschlussreiches Moment der Selbstreferenzialität: In der düsteren Zukunft treten am Washington Square "Geschichtenerzähler" auf, die für Geld unterhalten und belehren sollen. "Verschiedene Geschichtenerzähler erzählten verschiedene Arten von Geschichten. Man ging zu einem, wenn man Liebesgeschichten mochte, und zu einem anderen, wenn man Märchen mochte, und wieder zu einem anderen, wenn man Tiergeschichten mochte, und wieder zu einem anderen, wenn man sich für Geschichte interessierte." Hanya Yanagiharas Anspruch ist offenbar, all dies auf einmal zu leisten. Aber mit ihrer Multifunktionserzählung über Queerness, Kolonialismus und Gesundheitsdiktatur übernimmt sie sich.
Stilistisch ist der Roman wenig reizvoll, es mangelt an sprachlicher Präzision. Ständig werden rhetorische Fragen beantwortet, werden Dinge wiederholt, wird Belangloses episch ausgebreitet. Dann wieder gibt es, wie der folgende Mammutsatz illustrieren mag, auch einen Überschuss an Stil, bei dem man sich aber fragt, zu welchem Zweck eigentlich. Bitte anschnallen: "Und so begann er, Edward mit aufrichtiger Sehnsucht zu befragen, danach, wer er war und wie er dazu gekommen war, dieses Leben zu leben, und als Edward sprach, so natürlich und fließend, als hätte er Jahre darauf gewartet, dass David in sein Leben trat und ihn befragte, wurde David sich, noch während er Edward interessiert zuhörte, bewusst, dass er einen neuen und unangenehmen Stolz empfand - darauf, dass er an diesem unwahrscheinlichen Ort war und dass er mit einem fremden und unwahrscheinlichen Mann sprach und dass er, auch wenn er sehen konnte, dass hinter dem nebelverschmierten Fenster der Himmel schwarz wurde, und auch wenn sein Großvater sich daher zum Abendessen niederlassen und sich fragen würde, wo er war, keine Anstalten machte, sich zu empfehlen, keine Anstalten zu gehen."
Ein interpretatorischer Reiz mag allenfalls darin bestehen, herauszufinden, wer gerade spricht (was oft maximal verunklart wird) oder ob und wie die Figuren der verschiedenen Romanteile miteinander verwandt sind - aber was das eigentlich Literarische angeht, also emotionale Schattierungen, Ambivalenzen oder gar Ironie, ist diese Prosa erstaunlich arm. Von Humor ganz zu schweigen.
Bei Yanagiharas viel gepriesenem und umstrittenem Roman "Ein wenig Leben" (F.A.Z. vom 28. Januar 2017), der ausführlichst vom körperlichen und seelischen Missbrauch an seinem Protagonisten erzählt, hat die Autorin, wie etwa im "Guardian" berichtet wurde, Debatten mit ihrem Lektor darüber geführt, "wie viel ein Leser ertragen kann". Die Frage stellt sich auch angesichts des neuen Buches - hier jedoch nicht in Bezug auf Drastik, sondern nur auf die schiere Länge und frappierende Umständlichkeit der Erzählung. JAN WIELE
Hanya Yanagihara: "Zum Paradies". Roman.
Aus dem Englischen von Stephan Kleiner. Claassen Verlag, Berlin 2022. 896 S., geb., 30,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Und doch endet jeder der drei Teile programmatisch mit den Worten "Zum Paradies". Dieses Strukturelement unterstreicht, dass Yanagihara drei Varianten einer Geschichte erzählt - nur zu verschiedenen Zeiten: am Ende des neunzehnten Jahrhunderts im ersten Teil, am Ende des zwanzigsten im zweiten und am Ende des einundzwanzigsten im dritten. Auf ihre Weise sind diese Geschichten Märchen, wenn auch sehr lang geratene.
Das erste Märchen, mit dem Titel "Washington Square", ist eines der Liebe und spielt um 1893 in einem New York der kontrafaktischen Geschichtsfiktion: In den sogenannten "Free States" sind gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt und ganz normal. Diese Normalität tritt in Kontrast zur ansonsten konventionellen, ja fast überkandidelt antiquierten Erzählung, in der es "nach Möbelwachs und Lilien" duftet, "nach Earl Grey und Feuer". Aber das Feuer der Liebe lodert dennoch zwischen den Falschen: Denn der wohlhabende Jüngling David Bingham möchte nicht den ihm zugedachten Edelmann Charles heiraten, sondern einen armen Einwanderer namens Edward. Das gefällt dem Großvater nicht, der David zu enterben droht. Am Ende steht der mit gepackten Koffern vor dem "ersten Schritt in ein neues Leben": Er wird mit Edward nach Kalifornien ausbüxen.
Das zweite Märchen, mit dem Titel "Lipo-Wao-Nahele", ist eines der Herkunft und handelt auch von einem David, aber diesmal ist er mit Charles zusammen, dem älteren, reiferen Mann, der 1993 einen Butler hat und mit HIV infiziert ist. Sie leben in einem Männerzirkel voller Luxus und mit einem echten Jasper Johns über dem Sofa, aber das erfüllt David dann doch nicht, der sich immer mehr für seine Vorfahren auf Hawaii interessiert. Dann erzählt über eine sehr lange Strecke Davids im Koma liegender Großvater, den die Romanfiguren nicht hören können, dem die Leser aber zuhören müssen, ein eigenes Märchen von Hawaii.
Erst danach beginnt das dritte Märchen, mit dem Titel "Zone Acht". Es ist das des Abstiegs und noch einmal doppelt so lang wie die beiden davor. In wilden Zeitsprüngen und teils in Form seitenlanger Briefe der Figuren durchmisst es ein weiteres Jahrhundert bis 2094. Dieses Säkulum ist voller Pandemien, voll schlimmer Folgen des Klimawandels, die Welt ist unterteilt in Zonen für Privilegierte und Internierungslager für Kranke und Schwache. Bürger werden überwacht und drangsaliert, alle Grünlandschaft ist Nutzfläche, und die Idee eines "Parks", der zur Erholung dient, in dieser Zukunft gar nicht mehr nachvollziehbar. Die Eichhörnchen hat es schon dahingerafft, die Menschen strampeln noch: Sie geraten hier in die Zwickmühle zwischen Wissenschaft und Humanismus, zwischen Nächstenliebe und Selbsterhaltungstrieb. Das Märchen endet mit dem Brief eines zum Tode Verurteilten, der sich wegwünscht aus einem "verrotteten" New York in ein Paradies namens Neu-Britannien.
Das Paradies ist also immer anderswo: Hanya Yanagihara, die 1974 als Tochter eines Hawaiianers und einer Südkoreanerin in Los Angeles geboren wurde und heute Magazinredakteurin der "New York Times" ist, zielt mit dieser wenig überraschenden Erkenntnis offenbar dezidiert auf die amerikanischen Versprechen, die für viele unverwirklicht geblieben sind. Das ist bei den beschriebenen Einzelthemen ihres Romans durchaus interessant, aber wie sie hier alle zusammengeführt werden, hat doch etwas arg Willkürliches.
Es gibt an Yanagiharas Erzählmittelpunkt auch ein aufschlussreiches Moment der Selbstreferenzialität: In der düsteren Zukunft treten am Washington Square "Geschichtenerzähler" auf, die für Geld unterhalten und belehren sollen. "Verschiedene Geschichtenerzähler erzählten verschiedene Arten von Geschichten. Man ging zu einem, wenn man Liebesgeschichten mochte, und zu einem anderen, wenn man Märchen mochte, und wieder zu einem anderen, wenn man Tiergeschichten mochte, und wieder zu einem anderen, wenn man sich für Geschichte interessierte." Hanya Yanagiharas Anspruch ist offenbar, all dies auf einmal zu leisten. Aber mit ihrer Multifunktionserzählung über Queerness, Kolonialismus und Gesundheitsdiktatur übernimmt sie sich.
Stilistisch ist der Roman wenig reizvoll, es mangelt an sprachlicher Präzision. Ständig werden rhetorische Fragen beantwortet, werden Dinge wiederholt, wird Belangloses episch ausgebreitet. Dann wieder gibt es, wie der folgende Mammutsatz illustrieren mag, auch einen Überschuss an Stil, bei dem man sich aber fragt, zu welchem Zweck eigentlich. Bitte anschnallen: "Und so begann er, Edward mit aufrichtiger Sehnsucht zu befragen, danach, wer er war und wie er dazu gekommen war, dieses Leben zu leben, und als Edward sprach, so natürlich und fließend, als hätte er Jahre darauf gewartet, dass David in sein Leben trat und ihn befragte, wurde David sich, noch während er Edward interessiert zuhörte, bewusst, dass er einen neuen und unangenehmen Stolz empfand - darauf, dass er an diesem unwahrscheinlichen Ort war und dass er mit einem fremden und unwahrscheinlichen Mann sprach und dass er, auch wenn er sehen konnte, dass hinter dem nebelverschmierten Fenster der Himmel schwarz wurde, und auch wenn sein Großvater sich daher zum Abendessen niederlassen und sich fragen würde, wo er war, keine Anstalten machte, sich zu empfehlen, keine Anstalten zu gehen."
Ein interpretatorischer Reiz mag allenfalls darin bestehen, herauszufinden, wer gerade spricht (was oft maximal verunklart wird) oder ob und wie die Figuren der verschiedenen Romanteile miteinander verwandt sind - aber was das eigentlich Literarische angeht, also emotionale Schattierungen, Ambivalenzen oder gar Ironie, ist diese Prosa erstaunlich arm. Von Humor ganz zu schweigen.
Bei Yanagiharas viel gepriesenem und umstrittenem Roman "Ein wenig Leben" (F.A.Z. vom 28. Januar 2017), der ausführlichst vom körperlichen und seelischen Missbrauch an seinem Protagonisten erzählt, hat die Autorin, wie etwa im "Guardian" berichtet wurde, Debatten mit ihrem Lektor darüber geführt, "wie viel ein Leser ertragen kann". Die Frage stellt sich auch angesichts des neuen Buches - hier jedoch nicht in Bezug auf Drastik, sondern nur auf die schiere Länge und frappierende Umständlichkeit der Erzählung. JAN WIELE
Hanya Yanagihara: "Zum Paradies". Roman.
Aus dem Englischen von Stephan Kleiner. Claassen Verlag, Berlin 2022. 896 S., geb., 30,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein verstörend großartiges Buch - bedingungslos klug und bestechend unausweichlich.« Jutta Duhm-Heitzmann WDR3 Lesestoff 20220112
Hanya Yanagihara versteht ihr Geschäft, das muss Rezensentin Miryam Schellbach zugeben. Kaum jemand schaffe es, seine Leserinnen und Leser emotional dermaßen zu überwältigen wie die New Yorker Autorin und Stil-Redakteurin, die auch in ihrem neuen Roman von den schweren Schicksalen schwuler Protagonisten erzählt. Wie sie dabei über zweihundert Jahre alternative Geschichte und soziale Dystopien rund um ihre Figuren am Washington Square kombiniert, sozusagen Henry James und "Bridgerton", überzeugt die Rezensentin allerdings nicht. Diese permanente "psychophysische Erregung", die Yanagihara durchaus gekonnt erzeugt, zehrt an Schellbachs Nerven. Und Yanagiharas alternative Geschichten bleiben ihr viel zu nah an der Realität, um intellektuelle Neugier zu wecken, meint sie: Derart fantasiearme Gegenentwürfe grenzten ans Revisionistische.
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Mein erstes Buch der Autorin war „Ein wenig Leben“ und dieses gehört für mich zu den besten Büchern, die ich in den letzten Jahren, sogar Jahrzehnten gelesen habe. Das Folgebuch, das zeitlich gesehen davor erschienen, hier aber erst später veröffentlicht wurde, …
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Mein erstes Buch der Autorin war „Ein wenig Leben“ und dieses gehört für mich zu den besten Büchern, die ich in den letzten Jahren, sogar Jahrzehnten gelesen habe. Das Folgebuch, das zeitlich gesehen davor erschienen, hier aber erst später veröffentlicht wurde, war nach Anfangsschwierigkeiten ebenfalls ein Highlight, wenn es mich auch nicht so lange beschäftigt hat wie „Ein wenig Leben“, über das ich noch viele Monate später nachgedacht habe. Entsprechend groß war meine Freude, als ein neues Buch angekündigt wurde, aber noch größer natürlich die Erwartung.
Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt, die ersten beiden Teile machen etwa die Hälfte des Werks aus, die dritte Erzählung ist die längste. Im ersten Teil, das im Jahr 1893 spielt, hat die Autorin ein Szenario erschaffen, das unglaublich, phantastisch und ungewöhnlich ist. Sie hat die Welt aufgeteilt und eine Fiktion erschaffen, die sie zwar nie vollständig erklärt, von der sie aber ausreichend erzählt hat, damit ich mir ein Bild davon machen konnte. Viel zu früh war dieser Abschnitt zu Ende.
Der zweite Teil ist im Jahr 1993 angesiedelt und fängt vielversprechend an, um dann kontinuierlich nachzulassen. Ich empfand diesen Teil als langatmig und uninteressant, die Seiten zogen sich und so richtig Freude hatte ich an dieser Erzählung nicht. Als in der zweiten Hälfte ein Brief vom Vater des Protagonisten abgedruckt wird, verlor sich die Autorin dermaßen in Belanglosigkeiten, dass ich nicht glauben konnte, dass diese Seiten von der gleichen Person verfasst wurden, von der der erste Teil stammt. Ich war erleichtert, als diese Erzählung abgeschlossen war.
Enttäuscht, aber mit großer Hoffnung machte ich mich an die zweite Hälfte des Buches, freute mich auf die dritte Story, die im Jahre 2093 spielt. Wieder war ich anfangs voller Neugier und Freude, war gefesselt von der Phantasie der Autorin. Die Hauptstory gefiel mir sehr gut, aber auch hier war es ein Briefverkehr, der die Erzählung immer wieder unterbrach, und der dazu führte, dass ich kurz davor war, das Buch abzubrechen und endgültig wegzulegen. Und da geschah es; das Buch nahm mich gefangen, die Worte, die Sätze, ganze Abschnitte lang war ich gefesselt und in die Geschichte vertieft.
Die Autorin ist eine begnadete Geschichtenerzählerin. Ausschweifend, aber niemals langweilig oder langatmig sind ihre Ausführungen. Der Fantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt und ich verlor mich so oft in ihren Sätzen, habe ganze Absätze wiederholt, einfach weil es mir so viel Spaß gemacht hat, diese zu lesen. Der dritte Teil ist eine Dystopie, die erschreckend nah an unserer jetzigen Realität angesiedelt ist. Die Erzählung war bedrückend, erschreckend und beängstigend, dieses Szenario muss man schon aushalten können. Es war keine fröhliche Story, eher traurig und oft fast deprimierend, aber über allem schwebt die Aussage, dass Menschlichkeit, Liebe und Hoffnung das sind, was uns ausmacht.
Wieder einmal hat die Autorin mich überrascht und überwältigt, der dritte Teil des Buches gehört zum besten, das ich dieses Jahr gelesen habe. Grandios! Ein Meisterwerk! Ich komme aus dem Schwärmen nicht mehr raus und vergebe eine Leseempfehlung, empfehle aber unbedingt, ins Buch reinzulesen. Von mir gibt es zehn von fünf Sternen. Ein Highlight.
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Beeindruckendes und außergewöhnliches Buch
Mit ihrem neuen, fast 900 Seiten umfassenden Werk hat Hanya Yanagihara einen Roman geschrieben, der sicherlich für viele Diskussionen sorgen wird.
Das Buch besteht aus drei unterschiedlichen Büchern, die sich auf eine Zeitspanne …
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Beeindruckendes und außergewöhnliches Buch
Mit ihrem neuen, fast 900 Seiten umfassenden Werk hat Hanya Yanagihara einen Roman geschrieben, der sicherlich für viele Diskussionen sorgen wird.
Das Buch besteht aus drei unterschiedlichen Büchern, die sich auf eine Zeitspanne zwischen 1893 und 2093 erstrecken.
"Washington Square"
Im ersten Buch wird die 220 Seiten umfassende, im Jahre 1893 in den Freien Staaten spielende Geschichte von David Bingham erzählt, der bei seinem Großvater Nathaniel in New York lebt. Dieser hatte nach dem Tod der Eltern die Kinder David, John und Eden aufgenommen. Mittlerweile ist John mit Peter verheiratet, Eden mit Eliza, beide haben ihre eigenen Haushalte und Kinder.
Auf Veranlassung des Großvaters soll der 28jährige David mit Charles Griffith, einem 41jährigen wohlhabenden Geschäftsmann, verheiratet werden. Charles ist Witwer eines Lehrers, der 9 Jahre zuvor an Krebs starb.
David ist Vorsitzender der wohltätigen Stiftung des Finanzinstitutes seines Großvaters und unterrichtet ehrenamtlich Kunst in einem Waisenhaus. Dort lernt er den neuen Musiklehrer Edward Bishop, der in sehr ärmlichen Verhältnissen lebt, kennen und verliebt sich in ihn. Während einer längeren Abwesenheit von Edward - dieser lässt trotz seiner Ankündigung nichts von sich hören - trifft David sich häufiger mit Charles, der aus seinem Interesse für ihn keinen Hehl macht.
Nach Edwards Rückkehr berichtet dieser David von einem lukrativen Angebot in Kalifornien und bittet David, ihn dorthin zu begleiten. Davids Großvater hat in der Zwischenzeit Erkundigungen über Edward eingezogen und konfrontiert seinen Enkel mit dessen Vergangenheit.
"Lipo-wao-nahele"
Dieses Buch umfasst 228 Seiten und ist in zwei Teile gegliedert.
Im ersten Teil erzählt die Autorin die Geschichte des 25jährigen Rechtsanwaltsgehilfen David Bingham, der heimlich mit dem 30 Jahre älteren Charles Griffith liiert ist, einem New Yorker Anwalt. Wir schreiben das Jahr 1993, und Charles ist damit beschäftigt, für seinen krebskranken Freund Peter ein Abschiedsessen zu organisieren. David unterstützt ihn bei den Vorbereitungen und erinnert sich dabei an die Zeit, als er Charles kennenlernte und an ihr bisheriges gemeinsames Leben. Ihr Leben ist geprägt von Aids, sie müssen viele Freunde beerdigen, und auch Charles hatte ihm kurz nach der ersten Begegnung eröffnet, dass er HIV-positiv ist.
Im zweiten Teil des Buches steht Davids Vater Wika im Mittelpunkt. Er ist sehr krank, lebt in einem Pflegeheim und erzählt in der Ich-Form von seiner Kindheit auf Hawaii, den dortigen politischen Verhältnissen, der komplizierten Familiengeschichte und seinem Freund Edward, der sein Leben immer wieder kreuzte.
"Zone Acht"
Dieses Buch, das fast 450 Seiten umfasst, schildert die Erlebnisse der jungen Charlie im Jahr 2093. Sie lebt in einer durch ihren Großvater arrangierten Scheinehe mit einem Homosexuellen. Charlie lernt anlässlich ihrer wöchentlichen Besuche bei einem Geschichtenerzähler den geheimnisvollen David kennen, der ihr eines Tages erzählt, weshalb er den Kontakt zu ihr suchte.
Die Schilderungen über Charlies Leben werden unterbrochen durch Emails, die ihr Großvater Charles an seinen Freund Peter schrieb, der in Neubritannien lebt. In diesen Emails schilderte er ausführlich sein Leben mit seinem Ehemann Nathaniel, seinem Sohn David und der Enkelin Charlie während einer Zeitspanne von 2043 bis zu seinem Tod.
In diesem dritten Buch leben die Menschen in einem Überwachungsstaat. Ziel ist es, die Pandemien zu bekämpfen, die alle paar Jahre neu auftreten. Es gibt kaum Bücher, kein Fernsehen, kein Internet, niemand darf das Land verlassen, ständige Kontrollen erschweren den Alltag. Die Lebensmittel sind rationiert, ebenso das Wasser, es gibt Coupons, mit denen Lebensmittel gekauft werden können. Gegen die Hitzeperioden schützen die Menschen sich mit speziellen Kälteanzügen.
Das anspruchsvolle Buch ist außergewöhnlich und hat mich sehr beein
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Drei Jahrhunderte, drei Geschichten, ein Roman. Alles miteinander verbunden durch ein Haus am Washington Square, aber auch durch die immer gleichen Namen, die für die Personen verwendet werden, die im Zentrum des jeweiligen Abschnitts stehen. Das lässt zwar auf den ersten Blick eine …
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Drei Jahrhunderte, drei Geschichten, ein Roman. Alles miteinander verbunden durch ein Haus am Washington Square, aber auch durch die immer gleichen Namen, die für die Personen verwendet werden, die im Zentrum des jeweiligen Abschnitts stehen. Das lässt zwar auf den ersten Blick eine Kontinuität vermuten, aber weder ähneln sich ihre Lebensumstände noch die Art und Weise, wie sie die Schwierigkeiten und Herausforderungen des Lebens anpacken. Dreimal „Was wäre, wenn“, dreimal die Vereinigten Staaten als Rahmen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einer Gesellschaft.
Der Roman hat mich gefordert, und das lag weniger an dem Umfang als vielmehr an der Vielfalt der Themen, die die Autorin verarbeitet. Über allem steht das Sehnen nach Liebe, nach dem persönlichen Paradies. Der Weg dahin, oftmals beschwerlich und mit Hindernissen gespickt.
Hoffnung, Realität, Vision. Scheint im ersten Teil noch alles möglich, werden die Freiheiten in Teil 2 durch das Auftreten und die Verbreitung der stigmatisierenden „Krankheit“ schon merklich eingeschränkt, zumindest für Teile der Bevölkerung. Im dritten Teil, angesiedelt in einer Zukunft, die keine/r von uns so je erleben möchte, hat ein totalitaristisches System die Kontrolle übernommen. Überwachung und engmaschige Vorschriften bestimmen den Alltag, der freie Wille gehört der Vergangenheit an, die Menschen scheinen die Fähigkeit zu lieben verloren zu haben.
„Zum Paradies“ konfrontiert uns nicht nur mit utopischen Aussagen, sondern greift gesellschaftliche Strömungen und Veränderungen auf, die wir in ihren Ansätzen bereits jetzt beobachten können. Yanagihara gibt uns jede Menge Denkanstöße mit auf den Weg. Sie appelliert an uns, die Verhältnisse zu hinterfragen, Privilegien und Ausgrenzung nicht zu akzeptieren, und schlussendlich dafür Sorge zu tragen, dass jedem Menschen der Zutritt zum Paradies gewährt wird.
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„Zum Paradies“ von Hanya Yanagihara ist ein über 900 Seiten langes, in drei Abschnitte gegliedertes Werk.
Der erste Abschnitt spielt in der Vergangenheit im Jahr 1893 und handelt von David, einem jungen Mann aus einer sehr angesehenen und wohlhabenden Bankiers-Familie, der sich …
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„Zum Paradies“ von Hanya Yanagihara ist ein über 900 Seiten langes, in drei Abschnitte gegliedertes Werk.
Der erste Abschnitt spielt in der Vergangenheit im Jahr 1893 und handelt von David, einem jungen Mann aus einer sehr angesehenen und wohlhabenden Bankiers-Familie, der sich nicht standesgemäß verliebt. Er spielt in New York, das zu den Free States gehört, und wo, im Gegensatz zu den Kolonien, gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt sind. Dieser Teil des Buches hat mir am besten gefallen.
Der mittlere Abschnitt ist in sich wieder in zwei Teile getrennt. Ein Teil spielt in New York zu Zeiten der AIDS-Epidemie, der andere auf Hawaii. Die Hauptperson, erneut David genannt, lebt in Manhattan mit einem deutlich älteren Mann zusammen, verschweigt ihm aber das Schicksal seines Vaters und seine Kindheit.
Der längste, letzte Teil spielt in der Zukunft im Jahr 2093 mit vielen Rückblenden in die vorausgehenden Jahrzehnte und wird abwechselnd in Briefform aus Sicht des Großvaters Charles und mittels Ich-Erzähler aus Sicht der Enkelin Charlie erzählt. Der letzte Abschnitt ist eine Dystopie und spielt in einem Zeitalter der Pandemien sowie autoritär kontrollierten Welt.
Die Geschichten sind untereinander dadurch verknüpft, dass sie teilweise am gleichen Ort, in New York und hier vornehmlich am Washington Square, spielen. Außerdem sind unterschiedliche Charaktere in den drei Teilen immer wieder gleich benannt. Auch verschiedene Motive und Themen wie Freiheit, Selbstbestimmung, Rassismus und sämtliche Gefühle der menschlichen Gefühlswelt kehren immer wieder. Die Autorin versteht es, den Leser durch ihren Schreibstil sofort in das jeweilige Zeitalter zu versetzen. Der Ausgang aller drei Geschichten wird in gewissen Teilen offengehalten, was ich nach einem so langen Buch als unbefriedigend empfunden habe. Leider wurden die großen Erwartungen, die ich an das Buch hatte, nicht gänzlich erfüllt. Stellenweise waren mir die Erzählungen viel zu langatmig. Die Erzählungen sind zum Teil (bewusst?) sehr verwirrend, dadurch irritierend, verschiedene Namen kehren immer wieder, ohne dass man unter den einzelnen Charakteren Gemeinsamkeiten ausmachen kann. Obwohl ich viel darüber nachgedacht habe, hatte ich am Ende das Gefühl, das große Ganze nicht verstanden zu haben. Es ist meiner Meinung nach auch nach langem Nachdenken ein ungewöhnliches, schwierig zu bewertendes Buch. Letztendlich habe ich es aber in weiten Teilen doch gerne gelesen.
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Großartig, genial und einfach beeindruckend!!!
Nun ist es soweit, das neue Buch der Autorin Hanya Yanagihara, mit dem Titel "Zum Paradies" ist nun erschienen. Wer ihren Roman "Ein wenig Leben" kennt und nun denkt, dass, nach diesem gewaltigen Werk, ihre Produktivität …
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Großartig, genial und einfach beeindruckend!!!
Nun ist es soweit, das neue Buch der Autorin Hanya Yanagihara, mit dem Titel "Zum Paradies" ist nun erschienen. Wer ihren Roman "Ein wenig Leben" kennt und nun denkt, dass, nach diesem gewaltigen Werk, ihre Produktivität ausgeschöpft sei, liegt ziemlich falsch. Dass die Autorin noch viel mehr kann und in den kommenden Jahren auch noch einiges von ihr zu erwarten ist, beweist sie hier, in ihrem neuesten Roman.
Wie von ihr zu erwarten, spiegeln sich auch in diesem Roman sehr viele Emotionen und lassen den Leser mitleiden, sich mitfreuen und eine regelrechte Achterbahn der Gefühle durchleben.
Es werden zudem höchst präzise und teilweise heikle Themen behandelt und in bester Art und Weise stilistisch umgesetzt.
Zu viel möchte ich jedoch nicht erzählen, da ich sonst eindeutig zu viel über das Buch verraten würde.
Passend zu dem Buch ist auch das großartige Cover!
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Sicherlich ist jedem Leser bereits das große Werk von Hanya Yanagihara, "Ein wenig Leben" ein Begriff. Ich habe großen Respekt vor der emotionalen Wucht des Werks und habe dafür den neuesten, lang ersehnten Roman der Autorin "Zum Paradies" als meinen Versuch der …
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Sicherlich ist jedem Leser bereits das große Werk von Hanya Yanagihara, "Ein wenig Leben" ein Begriff. Ich habe großen Respekt vor der emotionalen Wucht des Werks und habe dafür den neuesten, lang ersehnten Roman der Autorin "Zum Paradies" als meinen Versuch der Annäherung an Hanya Yanagihara auserkoren, zumal der Plot wirklich außergewöhnlich klang.
Die Autorin nimmt den Leser mit auf ein außergewöhnliches Leseabenteuer. Sie verknüpft hier eine alternative Vergangenheit mit einer alternativen Gegenwart und einer möglichen, erschreckend realistischen Zukunftsvision, wobei verknüpfendes Element ein besonderes Haus in New York ist, das eine Familie durch die Gezeiten zu begleiten scheint.
Trotz der massiven Seitenzahl findet man schnell in die Erzählung hinein, was unter anderem daran liegt, dass die Charaktere von Hanya Yanagihara durchweg überzeugen können. Sie sind einnehmend, sodass man sie gerne durchs Buch begleitet und verfügen gleichzeitig über eine derartige Tiefe, dass man sie in manchen Momenten kaum gänzlich greifen kann.
Worauf sich die Autorin ganz fantastisch versteht, ist den Leser bei der Stange zu halten. Dadurch, dass das Buch komplex und nicht stringend erzählt aufgebaut ist, ergeben sich einige Zusammenhänge erst durch Denkanstrengung und Aufmerksamkeit des Lesers. Dieses Buch kann man nicht nebenbei lesen, man muss sich komplett einlassen, um es auch vollständig erfassen zu können. Und ich muss sagen, dass das sicherlich nicht schwer fällt und sich sehr lohnt.
Beeindruckend ist der vielfache Weltentwurf von "Zum Paradies". Er ist durchdacht, vielschichtig und divers und greift so viele gesellschaftliche Themen mühelos auf - dieses Buch lädt einfach zum Reflektieren ein. Im Mittelteil hatte das Buch für mich ein paar Längen zuviel, hier hat sich die Autorin für meinen Geschmack zu sehr vertieft. Dies tut dem Gesamteindruck aber keinen Abbruch.
Vor allem der letzte Abschnitt ist gerade im Hinblick auf die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen mehr als eindrücklich und hat mich sehr nachdenklich zurückgelassen. Ich möchte hier nicht zu sehr vorgreifen, aber das Buch passt einfach perfekt in die heutige Zeit und die Autorin hat hier ein perfektes Mahnmal verschriftlicht. Ein Buch des Jahres und für mich der Beweis, dass diese Autorin einfach gelesen werden muss!
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Es ist kompliziert ...
In ihrem fast 900 Seiten langen Werk „Zum Paradies“ zeigt Hanya Yanagihara, dass das Leben des Einzelnen immer kompliziert ist, wenn es aus dem gesellschaftlich anerkannten Rahmen fällt. Das eigene Leben im Einklang mit den inneren Bedürfnissen zu leben, …
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Es ist kompliziert ...
In ihrem fast 900 Seiten langen Werk „Zum Paradies“ zeigt Hanya Yanagihara, dass das Leben des Einzelnen immer kompliziert ist, wenn es aus dem gesellschaftlich anerkannten Rahmen fällt. Das eigene Leben im Einklang mit den inneren Bedürfnissen zu leben, erfordert Mut, lässt sich aber aufgrund äußerer Umstände oftmals nur eingeschränkt verwirklichen. „Zum Paradies“ erzählt drei unterschiedliche Geschichten, die lose durch einen gemeinsamen Ort - den Washington Square in New York, sowie einige weitere Merkmale verbunden sind. Der erste Teil spielt im 19. Jahrhundert und entwirft eine alternative gesellschaftliche Realität, in der Homosexualität gleichwertig zu heterosexuellen Verbindungen anerkannt und in ihrer Normalität nicht weiter der Rede Wert ist. Trotzdem erlebt David die Grenzen seiner Freiheit als er sich unstandesgemäß verliebt. Die Höllenqualen und Selbstzweifel, die Sehnsüchte und Unsicherheiten, die der Protagonist durchlebt, weil ihm sein Großvater klar spiegelt, dass er eine solche Verbindung nicht billigen kann sowie die Gräben, die sich aufgrund unterschiedlicher Sozialisation zwischen den Liebenden im Alltagsleben auftun, hat die Autorin sehr eindrücklich beschrieben. Dieser erste Teil hat mir persönlich am besten gefallen.
100 Jahre später im zweiten Teil rückt die Aids Problematik des 20. Jahrhunderts in den Mittelpunkt. Hanya Yanagihara fokussiert darüber hinaus in diesem Abschnitt Identität, Herkunft und Zugehörigkeitsgefühl. Eine schwierige Vater-Sohn Beziehung wird mit der Kolonialgeschichte Hawais verknüpft. Hier hat mich der Roman das erste Mal verloren. Die Rückblicke, die das Leben des Vaters (und auch des Sohnes) auf Hawai beschreiben, empfand ich als zäh, viel zu lang und ausufernd. Es fiel mir in diesem Abschnitt schwer gedanklich dabeizubleiben, eine emotionale Bindung zu den Protagonist:innen und ihren Erlebnissen aufzubauen. Da meine Gedanken beim Lesen immer wieder abschweiften, wäre mir fast entgangen wie differenziert Yanagiharas Blick auf die Themen Kolonialismus, Kulturalismus, kulturelle Aneignung, Identität und Zugehörigkeit ist.
Mit dem dritten und längsten Teil, der in einer dystopischen Zukunftswelt spielt, bin ich wieder besser zurecht gekommen. Aber auch hier empfand ich die Geschichte, die sich zu großen Teilen in Form von Briefen entfaltet, als schleppend. Es fehlte mir - wie im zweiten Teil - an erzählerischer Tiefe und auch die Protagonist:innen blieben blass. Emotional konnte mich diese Geschichte vor allem deshalb erreichen, weil sie in einer Welt spielt, die durch Klimawandel und Pandemien gezeichnet ist. Die aufgezeigten Entwicklungen und gesellschaftlichen Einschränkungen gingen mir nah, weil Ansätze davon bereits heute diskutiert werden und aufgezeigt wird, welches Zerstörungspotential Pandemien haben können. Die Szenarien entwerfen eine beängstigende Zukunftsvision, die durchaus vorstellbar ist. Alle drei Geschichten erzählen von Vätern, die sich nicht um ihre Kinder kümmern konnten und Großväter, die diese Rolle einnehmen. Die Namensgleichheit der Protagonist:innen in allen drei Geschichten verweist auf wiederkehrende Probleme in verändertem Gewand; sie irritierte mich aber mehr als dass sie mir beim Eintauchen in die jeweilige Geschichte geholfen hätte. Auch für mich war dieser Roman kompliziert: Er hat das Potential zu großer Literatur. Immer wieder gab es sehr bewegende, überzeugende Abschnitte. Letztendlich waren diese jedoch in der Minderzahl; die einzelnen Geschichten wurden für mich nicht überzeugend miteinander verbunden und ich musste mich durch große Teile regelrecht durchkämpfen. Aber der Weg zum Paradies ist ja bekanntlich nicht einfach ..…
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"Zum Paradies" teilt sich in drei Teile.
Im 19. Jahrhundert im freien New York, wo jeder lieben und heiraten kann, wen er will, scheint die Freiheit groß. Als ein junger Mann einflussreicher Herkunft sich in einen einfachen Musiklehrer verliebt, statt wie vorgesehen in einen Mann …
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"Zum Paradies" teilt sich in drei Teile.
Im 19. Jahrhundert im freien New York, wo jeder lieben und heiraten kann, wen er will, scheint die Freiheit groß. Als ein junger Mann einflussreicher Herkunft sich in einen einfachen Musiklehrer verliebt, statt wie vorgesehen in einen Mann ähnlichen Standes zu heiraten, sorgt dies jedoch für Unruhe.
Im 20. Jahrhundert begleiten wir ein ungleiches Paar inmitten einer Zeit geprägt von AIDS. Beide Männer könnten eigentlich nicht unterschiedlicher sein. Über seine Vergangenheit schweigt einer der beiden Männer.
Das 21. Jahrhundert ist geprägt von Pandemien, ein Leben wie wir es kennen undenkbar. Strenge Rationierungen und Schutz vor heftigen Umwelteinflüssen sind an der Tagesordnung. Eine junge Frau lebt in einer unerfüllten arrangierten Ehe und hat sowohl mit Auswirkungen einer Krankheit als auch der Trauer um ihren Großvater zu kämpfen.
In ihrem fast 900 Seiten starken Roman eröffnet Hanya Yanahigara Türen zu einer anderen Welt. Dabei schafft sie es, dass der Leser vollständig in die gerade beschriebene Zeit eintaucht. Manch einen würde die Länge des Buches vielleicht abschrecken, aber ich kann nur empfehlen sich darauf einzulassen. Die Autorin hat sich Zeit genommen, eine Geschichte zu erzählen. Sie hat Rückblicken und Gedanken Raum gegeben, die der Geschichte und den Charakteren eine enorme Vielschichtigkeit schenken.
Wie Hanya Yanahigara es schafft, in jedem Teil des Buches so authentisch und passend zur Zeit und dem Charakter zu schreiben, finde ich wirklich bewundernswert.
Für mich ist "Zum Paradies" ein absolut lesenswerter, außergewöhnlicher, vielschichtiger Roman.
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„Zum Paradies“ habe ich mich aufgemacht und dabei festgestellt, dass es unerreichbar ist, der Mensch auf seinem Weg dorthin zum Scheitern verurteilt ist und in seiner Erkenntnis dieser Tatsache und seines trotzigen anhaltenden Strebens nach Glückseligkeit vielleicht das eigentliche …
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„Zum Paradies“ habe ich mich aufgemacht und dabei festgestellt, dass es unerreichbar ist, der Mensch auf seinem Weg dorthin zum Scheitern verurteilt ist und in seiner Erkenntnis dieser Tatsache und seines trotzigen anhaltenden Strebens nach Glückseligkeit vielleicht das eigentliche irdische Paradies liegt. Dass der Weg „Zum Paradies“ ein steiniger ist, macht Hanya Yanagihara in ihrem wuchtigen, komplexen und fast 900 bibeldünne (übrigens ein schöner haptischer Verweis auf die möglichen Bezüge des Romans zur Religion) Seiten umfassenden Werk deutlich. In drei Büchern, die jeweils 1893, 1993 und 2043/2093 spielen, verfolgt sie das Leben von David, Charles/Charlie und Edward. Nicht nur die Protagonisten teilen sich auf den verschiedenen Zeitebenen die Namen, auch die Nebenfiguren erhalten immer wieder dieselben Bezeichnungen, sind aber mitnichten identisch. Jeder David, jeder Charles ist eine distinkte Figur, die lediglich durch eine vage durchscheinende Schicksalsverbindung oder Überschneidung in der Figurenkonzeption miteinander verbunden sind. Hier liegt eine Stärke und Schwäche des Romans, der lose Zusammenschluss der einzelnen Bücher und der Figuren lässt Raum für unzählige Lesarten und komplexe Interpretationsmöglichkeiten, allerdings sind die Vernetzungen zeitweise so vage, dass man sich doch auch einen etwas stärkeren roten Faden, eine höhere Belastbarkeit der Hinweise gewünscht hätte. So taumelt man manchmal durch die Komplexität der Geschichte und rätselt über nebulöse Bezüge, die eventuell keine sind.
Die Figuren sind sehr komplex, mit viel Innenschau und Tiefe ausgestattet, ausufernden Backstories und vielen Wünschen und Hoffnungen. Anstrengend und auf die Dauer zermürbend ist allerdings die sehr stark ausgeprägte Passivität und Unentschlossenheit der jeweiligen Hauptfigur eines Abschnitts. Sicher stellt diese mangelnde Aktivität ein wesentliches Bindeglied zwischen den einzelnen Büchern da, aber zu viel Prokrastination und Abwarten kann auf Dauer sehr ermüdend, wenn nicht gar aufreibend sein. Eigentlich geschieht dem jeweiligen Protagonisten nur etwas, echte, unabhängige Aktion sucht man fast vergeblich.
Von den drei Zeitebenen hat mich die erste am meisten beeindruckt. Sie ist nicht nur richtig gut geschrieben, sondern auch in sich ausgezeichnet konzipiert. Während der Lektüre geht einem nach und nach auf, dass man es mit einer alternativen Wirklichkeit des Jahres 1893 zu tun hat. Die Freistaaten, ein unabhängiger Teil der USA, im Nordosten der USA, erlaubt und fördert konsequente Gleichberechtigung und gleichgeschlechtliche Ehen bei gleichzeitiger Durchsetzung einer äußerst rigiden Klassengesellschaft. Es ist eine Herausforderung und Freude, sich in diese neue Version eines späten 19. Jahrhunderts einzufinden, beim Lesen die Konventionen, Regeln und die Geschichte dieser neuen Welt herauszufiltern.
Das zweite Buch zeichnet sich leider durch sehr viel Langatmigkeit, überflüssige Ausführungen und Passivität aus. Besonders der Teil der auf Hawai’i spielt, hätte um mindestens die Hälfte gekürzt werden können. Die gesamte Innovation, der Fortschritt und die Experimentierfreudigkeit des ersten Buches versinken in diesem Teil in ausgedehnten Innensichten, die trotz alledem zu nicht wirklich nachvollziehbaren psychologischen Verfasstheiten führen, in einer Geschichte, die irgendwie bieder und uninspiriert wirkt. Das dritte Buch beschert dem Lesevergnügen wieder einigen Aufwind. 2043/2093 bietet viel Fläche für Fantasie und Zukunftsvision und vor allem Spannung. Allerdings haben mich auch hier einige Dinge gestört. So ist die Erzählweise, selbst bei Berücksichtigung der eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten der Erzählinstanz in diesem Teil etwas holprig. Die Rahmenbedingungen eines Lebens im Manhattan der Zukunft lesen sich schulreferatsmäßig und haben den Charme eines Wikipedia-Eintrags, während die Briefe aus den Jahren rund um 2043 einmal mehr viel zu lang sind und die Geduld des Lesers auf die Probe stellen. Dar
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Ich kann zum Glück sagen, dass ich an dieses Buch recht unvoreingenommen herantreten konnte, schließlich kenne ich bis auf meine Erwartungshaltung gegenüber den Vorgängerromanen noch nichts von der Autorin und bin daher auch weniger enttäuscht, denn was sich auf dem Weg zum …
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Ich kann zum Glück sagen, dass ich an dieses Buch recht unvoreingenommen herantreten konnte, schließlich kenne ich bis auf meine Erwartungshaltung gegenüber den Vorgängerromanen noch nichts von der Autorin und bin daher auch weniger enttäuscht, denn was sich auf dem Weg zum Paradies für ein Schauspiel bot… Oha. Die erste Geschichte rund um die Liebe eines jungen Mannes, fand ich ja anfangs noch ganz nett. Ich stieß mich zwar hier und da an so zeitlichen Gegebenheiten (zumindest kann ich mir es nicht vorstellen, dass damals in Freistaaten die Ehe zwischen zwei Männern akzeptiert wurde und so häufig vorkam), aber das war noch okay, bis sich der wohlhabende David dann plötzlich in den mittellosen Musiklehrer verliebte, es natürlich gleich das große Glück werden sollte, nur die Familie sich dagegenstellt und ihm dann sein Erbe entziehen will. Klischeekitsch hoch zehn… kann man mögen, will man aber eigentlich nicht. In der zweiten Geschichte geht es dann um einen reichen, älteren Mann und einen jungen Hawaiianer, einen Freund, eine Aids-Leidensgeschichte und ein Geheimnis. Ja… lass ich so stehen, das habe ich Großteils überflogen, denn das Mimimi, dieses tiefe Leiden, dieses erneute Reich-Arm-Ding, das war mir alles zu viel, zu nervig, zu nichtssagend. Und dann gibt es da natürlich noch die große, neue Welt mit einer Gesellschaft, die durch die ständigen Pandemien sehr gespalten wurde, eine Ehe zwischen einer Frau und einem homosexuellen Mann, eine weitere homosexuelle Liebe, die sich auch wieder weiteren Herausforderungen stellen muss und viel Pandemie- und Verschwörungskram – so als bräuchte man gerade in dieser Zeit noch mehr davon. Im Vergleich ist dies wahrscheinlich die stärkste Geschichte und doch war ich zunehmend genervter. Die zwei Handlungsstränge, die sich im Laufe der Zeit aufeinander zu bewegen und am Ende sehr vieles erklären sollen… Das war dann auch der einzige Grund warum ich überhaupt dran geblieben bin und doch habe ich In diesem Abschnitt ganze 200 Seiten übersprungen und hatte nicht das Gefühl irgendetwas verpasst zu haben und das abschließende Ende? Nun ja.
Keine der Protagonist*innen (ja, es gibt auch zwei Protagonistinnen und noch so ein paar weitere Randfiguren) hat mich berührt, in seine/ihre Gedankenwelt eintauchen lassen, alles blieb sehr klischeehaft und oberflächlich oder echte Emotionen wurden vom Gejammere übertüncht, interessante Dinge sehr kurz gehalten und dass die Protagonist*innen in jeder Geschichte die gleichen Namen trugen, sorgte für ein großes Verwirrspiel. Und so bleibt am Ende dann auch einzig die Idee des Stadthauses, die wiederkehrenden Motive in verschiedensten Ausprägungen, offene Enden über die man ewig diskutieren könnte und die schon sehr tolle historische Atmosphäre im ersten Teil als ‘schöne Elemente’ übrig. Vom angepriesenen “Der neue Roman von Hanya Yanaghara ist eine Aufforderung, eine Zumutung, ein Meisterwerk menschlicher Gefühle.” leider keine Spur, wobei doch, eine Zumutung ist es dann schon… leider.
Ob ich nun die Vorgängerromane demnächst noch lesen werde oder sie weiterhin vor mir herschiebe, bis ich dieses hier alles vergessen habe… ich weiß es nicht, aber eins steht fest Zum Paradies möchte ich nicht.
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