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Erscheint vorauss. 24. September 2025
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Jedes Jahr im August nimmt Ana Magdalena Bach die Fähre zu einer Karibikinsel, um das Grab ihrer Mutter zu besuchen. Sie legt einen Gladiolenstrauß nieder, bezieht ein Zimmer in einem Touristenhotel und bestellt sich einen Käse-Schinken-Toast an der Bar. Aber dieses Jahr wird sie von einem Mann zu einem Drink eingeladen. Sie vergisst ihre Prinzipien und die eheliche Treue, als sie auf die Avancen eingeht und den Unbekannten mit auf ihr Zimmer nimmt. Ein Jahr später kehrt sie erwartungsvoll auf die Insel zurück. Mit »Wir sehen uns im August« hat der Weltautor Gabriel García Márquez ein...
Jedes Jahr im August nimmt Ana Magdalena Bach die Fähre zu einer Karibikinsel, um das Grab ihrer Mutter zu besuchen. Sie legt einen Gladiolenstrauß nieder, bezieht ein Zimmer in einem Touristenhotel und bestellt sich einen Käse-Schinken-Toast an der Bar. Aber dieses Jahr wird sie von einem Mann zu einem Drink eingeladen. Sie vergisst ihre Prinzipien und die eheliche Treue, als sie auf die Avancen eingeht und den Unbekannten mit auf ihr Zimmer nimmt. Ein Jahr später kehrt sie erwartungsvoll auf die Insel zurück.
Mit »Wir sehen uns im August« hat der Weltautor Gabriel García Márquez ein kleines Kunstwerk hinterlassen, das nicht nur die treue Leserschaft dieses Autors begeistern wird. Die kunstvolle Figurenzeichnung, der heitere Ton, die große Musikalität seiner Sprache laden zur Neuentdeckung dieses grandiosen Autors ein.
Mit »Wir sehen uns im August« hat der Weltautor Gabriel García Márquez ein kleines Kunstwerk hinterlassen, das nicht nur die treue Leserschaft dieses Autors begeistern wird. Die kunstvolle Figurenzeichnung, der heitere Ton, die große Musikalität seiner Sprache laden zur Neuentdeckung dieses grandiosen Autors ein.
Gabriel García Márquez, geboren 1927 in Aracataca, Kolumbien, gilt als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Schriftsteller der Welt. 1982 erhielt er den Nobelpreis für Literatur für seine Werke, 'in denen sich das Phantastische und das Realistische [...] vereinen, die Leben und Konflikt eines Kontinents widerspiegeln'. Gabriel García Márquez hat ein umfangreiches erzählerisches und journalistisches Werk vorgelegt. Er starb am 17. April 2014 in Mexiko City. Das Werk von Gabriel García Márquez ist bei Kiepenheuer & Witsch und im Fischer Taschenbuch lieferbar. Dagmar Ploetz, geboren 1946 in Herrsching, lebt als Übersetzerin aus dem Spanischen in München. Sie ist durch ihre Übersetzungen von Isabel Allende, Rafael Chirbes, Juan Marsé und vor allem Gabriel García Márquez bekannt, über den sie 2010 eine Biographie veröffentlich hat.

© Caleb Bach
Produktdetails
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- Originaltitel: En agosto nos vemos
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 144
- Erscheinungstermin: 24. September 2025
- Deutsch
- Abmessung: 190mm x 125mm
- ISBN-13: 9783596711949
- ISBN-10: 3596711940
- Artikelnr.: 71907749
Herstellerkennzeichnung
FISCHER Taschenbuch
Hedderichstr. 114
60596 Frankfurt
produktsicherheit@fischerverlage.de
Perlentaucher-Notiz zur FAS-Rezension
Zum zehnten Todestag von Gabriel García Márquez erscheinen zwei Bände, die sich Rezensent Hernán Caro vornimmt: die Erinnerungen von Sohn Rodrigo García "Abschied von Gabo und Mercedes" sowie "Wir sehen uns im August", das letzte Romanfragment des kolumbianischen Literaturnobelpreisträgers. Es sollte eigentlich unter Verschluss bleiben, er war mit dem Werk selbst nicht zufrieden, zu sehr hatte ihn die Demenz schon beeinträchtigt, doch seine Söhne haben sich dennoch zur Veröffentlichung entschlossen, erfahren wir. Ausgangspunkt ist die Protagonistin Ana Magdalena Bach, die alljährlich Blumen auf dem Grab ihrer Mutter auf einer karibischen Insel ablegt und eines Tages anfängt, an diesem Tag im Jahr mit einem fremden Mann zu schlafen, erklärt Caro, der die Prämisse zwar eigentlich interessant finden, den die platten Figuren, die Wiederholungen und der fehlende Márquezsche Humor aber denken lassen, es wäre doch besser gewesen, das Buch nicht zu veröffentlichen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Akt der Liebe und des Verrats
Zum zehnten Todestag des großen kolumbianischen Schriftstellers Gabriel García Márquez erscheinen zwei neue Bücher: eines von ihm und eines über ihn. Welches soll man lesen?
Von Hernán D. Caro
Bereits Monate bevor der Roman "Wir sehen uns im August" des vor zehn Jahren verstorbenen kolumbianischen Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez jetzt postum erschienen ist, hatte sich eine kleine Debatte entfacht. Denn wie die beiden Söhne des Schriftstellers, Rodrigo und Gonzalo García Barcha, im Vorwort des Buches eingestehen, sagte ihr Vater einst über den Roman: "Dieses Buch taugt nichts. Es muss vernichtet werden."
Darf man ein Werk, das ein Schriftsteller verstoßen hat,
Zum zehnten Todestag des großen kolumbianischen Schriftstellers Gabriel García Márquez erscheinen zwei neue Bücher: eines von ihm und eines über ihn. Welches soll man lesen?
Von Hernán D. Caro
Bereits Monate bevor der Roman "Wir sehen uns im August" des vor zehn Jahren verstorbenen kolumbianischen Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez jetzt postum erschienen ist, hatte sich eine kleine Debatte entfacht. Denn wie die beiden Söhne des Schriftstellers, Rodrigo und Gonzalo García Barcha, im Vorwort des Buches eingestehen, sagte ihr Vater einst über den Roman: "Dieses Buch taugt nichts. Es muss vernichtet werden."
Darf man ein Werk, das ein Schriftsteller verstoßen hat,
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nach dessen Tod doch herausbringen? Die Antworten auf diese ewige Frage, diesmal von der spanischsprachigen Zeitschrift "WMagazín" gestellt, waren - wie zu erwarten - widersprüchlich. "Es liegt ein Funken Eitelkeit darin, von einem anderen zu verlangen, das zu zerstören, was man geschaffen hat", sinnierte ein Autor. "Man weiß, dass der andere es nicht tun wird." Eine Buchhändlerin nannte die Veröffentlichung des Romans "das gute Recht" der Erben - und freute sich über das Geschäft. Ein anderer Buchhändler prangerte "diese Praxis" an, "den Autor als Ware zu fetischisieren". Franz Kafka und Max Brod wurden erwähnt. Und jemand verwies auf einen Spruch, der von Henry James stammen soll: "Es ist unmoralisch, die Taschen und Schubladen eines Toten zu durchsuchen."
Jetzt, da der Roman also erschienen ist, sind die Meinungen über seine Qualität ebenso gespalten. Während die spanische Zeitung "La Vanguardia" das Buch für ein "weiteres Meisterwerk des Autors von 'Hundert Jahre Einsamkeit'" hält, hätte man sich laut der "New York Times" einen "unbefriedigenderen Abschied" von García Márquez "kaum vorstellen können".
"Wir sehen uns im August" erzählt die Geschichte von Ana Magdalena Bach, einer Frau mittleren Alters, die jeden August von Neuem auf eine karibische Insel fährt, um am dortigen Friedhof einen Strauß Gladiolen auf das Grab ihrer Mutter zu legen. Ana Magdalena liebt Bücher und Musik, hat von der Mutter "das Leuchten der goldenen Augen", die "Tugend der wenigen Worte und die Klugheit, ihr Temperament zu zügeln", geerbt und ist seit vielen Jahren glücklich verheiratet.
Bei einem ihrer Inselbesuche lernt die Frau einen eleganten Ausländer kennen. Sie trinken ein Glas zusammen, führen ein "banales Gespräch" - der Mann ist weder besonders kultiviert noch besonders lustig, er hat aber "ein gutes und zaghaftes Herz" - und schließlich schlafen sie miteinander, wobei der Mann sich als "vortrefflicher Liebhaber" offenbart, der Ana Magdalena "ohne Eile zum Siedepunkt führte".
Als die Frau am nächsten Tag erwacht, ist der schneidige Fremde weg. Ihr bleiben nur das kränkende Geschenk eines Zwanzigdollarscheines, die "brutale Erkenntnis", zum ersten Mal in ihrem Leben "mit einem Mann, der nicht der ihre war, gevögelt" zu haben, und das brennende und verwirrende Verlangen danach, diese Nacht zu wiederholen. Und so endet das erste der insgesamt sechs kurzen Kapitel des Romans.
Dieses Kapitel hatte García Márquez im Jahr 1999 bei einem literarischen Treffen in Madrid vorgelesen. Damals sprach er von der ersten Kurzgeschichte eines geplanten Erzählbands. Stattdessen erschien dann aber 2002 García Márquez' hervorragende Autobiographie "Leben, um davon zu erzählen" und zwei Jahre später der Kurzroman "Erinnerung an meine traurigen Huren", den viele aus gutem Grund problematisch, wenn nicht anstößig fanden: Es geht darin um einen Neunzigjährigen, der gern mit einer vierzehnjährigen Prostituierten schlafen würde. Dieses Werk galt bisher als das letzte des Autors.
Wie man nun aber weiß, arbeitete García Márquez an "Wir sehen uns im August" weiter - und aus der Erzählung wurde ein Roman. Allerdings war diese Arbeit, wie seine Söhne berichten, äußerst beschwerlich. Denn García Márquez litt in seinen letzten Jahren an Demenz. "Die Erinnerung ist zugleich mein Rohstoff und mein Werkzeug", soll er gesagt haben. "Ohne sie ist alles dahin." Die Krankheit habe es für ihn unmöglich gemacht, den Roman zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. So fällte er irgendwann das oben zitierte vernichtende Urteil über sein eigenes Buch.
Trotzdem haben die Söhne entschieden, es zu veröffentlichen. Nach einer erneuten Lektüre des Romans hätten sie ihn "sehr viel besser" als noch zuvor gefunden. Und sie vermuten in ihrem Vorwort, dass "eben die eingeschränkten Fähigkeiten", die García Márquez nicht mehr erlaubten, mit der "gewohnten Sorgfalt" zu schreiben, ihn womöglich auch daran gehindert haben, zu erfassen, wie gut der Roman "ungeachtet seiner kleinen Mängel" sei.
Die erzählerische Prämisse, die im ersten Kapitel von "Wir sehen uns im August" gesetzt wird, ist spannend - wenn auch nicht besonders originell. Eine Frau, in deren Alltag Liebe, Zufriedenheit und Struktur herrschen, wird plötzlich von der Erfahrung der leichtsinnigen Lust überwältigt. Die bringt sie aus dem Gleichgewicht, erfüllt sie aber auch mit Neugier und Lebensdrang. So entscheidet Ana Magdalena, ihr eigenes Schicksal zu gestalten - und sei es nur für eine Nacht im Jahr. Bei ihren nächsten Inselfahrten wird sie jenen Fremden zwar nicht mehr finden können, dafür aber andere Liebhaber und dadurch auch einigermaßen sich selbst.
Es gibt in "Wir sehen uns im August" Momente, die an bekannte und beliebte narrative Stärken des Autors erinnern. Die erste Szene des Romans, in der Ana Magdalena auf der namenlosen Insel ankommt, beispielsweise: Die Ortschaft, durch die sie auf dem Weg zu ihrem Hotel - dem "ältesten und schäbigsten" - vorbeifährt, ist von jener besonderen Widersprüchlichkeit, die viele der Schauplätze von García Márquez' Werken kennzeichnet: Sie sind arm, heiß, abgelegen - aber auch auf mysteriöse Weise bezaubernd: "Der Chauffeur", lesen wir, "fuhr sie holpernd durch den ärmlichen Ort mit seinen Häusern aus Rohr und Lehm, den mit Palmwedeln gedeckten Dächern und dem glühenden Sand der Straßen vor einem Meer in Flammen."
Auch später treffen wir auf manche jener Motive, die viele Leserinnen und Leser an García Márquez am meisten schätzen, wie etwa die unverschämte und dabei oft berührende Freiheit, mit der er das Begehren verlorener Seelen schildert; die Beschreibung der so zärtlichen wie leidenschaftlichen Intimität, die - ausgerechnet! - Eheleute verbinden kann; oder die melancholische Erkenntnis - zu der in García Márquez' Büchern weniger die Protagonisten als die Leser selbst gelangen -, große Liebe und große Einsamkeit seien unzertrennlich.
Doch sehr bald werden die Probleme von "Wir sehen uns im August" immer deutlicher. Den Figuren des Romans fehlt es an Tiefe. García Márquez beobachtet vor allem ihre Handlungen, ihr Innenleben bleibt im Großen und Ganzen unangetastet. Dadurch erscheinen die Figuren wie Marionetten - und der Roman selbst wirkt eher wie ein Entwurf als eine lebendige Geschichte.
Oft öffnet García Márquez Erzählstränge, die ins Nichts führen. Oft wiederholen sich Beschreibungen und Informationen. Zweimal bestellt Ana Magdalena Gin mit Eis und Soda, zweimal erfahren wir, dieses sei "das einzige alkoholische Getränk, das sie gut vertrug". Die Szenen, in denen sich die Frau und die Männer, die sie auf der Insel kennenlernt, annähern, sind fast identisch - Hotelbar, altmodische, süßliche Livemusik, aufreizender Tanz. Die Männer selbst sind immer rätselhaft, "vornehm" gekleidet und unglaublich gut im Bett.
Vor allem aber vermisst man im neuen Roman schmerzhaft den Sinn für Humor, eine gewisse ironische Distanz, mit der García Márquez die überschwänglichen, dramatischen, tragischen, wunderschönen Liebesgeschichten von "Hundert Jahre Einsamkeit" oder "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" kontrastierte. An einer Stelle von "Wir sehen uns im August" heißt es: "Dann sah sie ihn über die Schulter hinweg an, und ihr blieb die Luft weg. 'Pardon', sagte sie verblüfft, 'aber ich bin nicht passend gekleidet.' Seine Erwiderung kam sofort: 'Sie kleiden das Kleid.' Der Satz beeindruckte sie. . . . Dann schaute sie erneut über die Schulter, nun nicht mehr, um den Besitzer der Stimme kennenzulernen, sondern um ihn mit den schönsten Augen, die er je sehen sollte, in Besitz zu nehmen. 'Sie sind sehr liebenswürdig', sagte sie charmant, 'es gibt keine Männer mehr, die so etwas sagen.'" Diese und andere ähnliche Stellen sind einfach kitschig.
Das mögen harte Worte sein. Doch gelten sie einem Schriftsteller, der einige der besten literarischen Werke des 20. Jahrhunderts geschrieben hat, dessen Romane und Erzählungen von einzigartiger Phantasie und Beobachtungsgabe, stilistischer Genauigkeit und emotionalem Reichtum sind, der faszinierende, komplexe Welten und Protagonisten schuf - und der in dem Bewusstsein, dass seine kreativen Kräfte am Ende seines Lebens nachgelassen hatten, jenes Buch, bei dem diese Kräfte vermisst werden, nicht veröffentlichen wollte. Gerade deswegen ist die Lektüre von "Wir sehen uns im August" frustrierend - und die Veröffentlichung des Romans eine unglückliche Entscheidung. Die Söhne des Schriftstellers lügen nicht, wenn sie ihre Entscheidung - irritierenderweise - selbst einen "Akt des Verrats" nennen.
Und so könnte die Affäre hier enden. Aber vielleicht gibt es in dieser Geschichte wenn auch keine gute Wendung, so doch so etwas wie eine kuriose und schöne Coda.
Parallel zur Veröffentlichung von "Wir sehen uns im August" erscheint auf Deutsch auch ein schmaler Band mit dem Titel "Abschied von Gabo und Mercedes". Autor ist der in Los Angeles lebende Fernseh- und Filmregisseur Rodrigo García: derselbe Sohn von García Márquez also, der mit seinem Bruder, trotz des Verbots des Vaters und der "kleinen Mängel" im Manuskript von "Wir sehen uns im August", seine Finger nicht davon lassen konnte - und der noch dazu gerade "Hundert Jahre Einsamkeit" als Serie für Netflix adaptiert, auch wenn der Nobelpreisträger die Verfilmung des Romans immer abgelehnt hat.
Und doch hat dieser Sohn ein liebevolles, ergreifendes und ja respektvolles Buch geschrieben, das die eigentlich besondere Neuerscheinung zum zehnten Todestag des Autors ist. Die Wege der Liebe, wie die Leser von García Márquez es wissen, sind eben unergründlich.
Rodrigo García erzählt von der Krankheit und dem Tod seines Vaters im April 2014 und auch vom Tod seiner Mutter Mercedes Barcha, der langjährigen Ehefrau von García Márquez, sechs Jahre später. Er schreibt von der eisernen Disziplin des Schriftstellers bei der Arbeit, aber auch von seiner Wärme, seinem Witz und seinem hartnäckigen Optimismus. Wir erfahren von García Márquez' Verzweiflung angesichts seines zunehmenden geistigen Verfalls und auch von seinen Versuchen, diesen Verfall mit Humor zu nehmen: "Ich verliere das Gedächtnis, aber zum Glück vergesse ich, dass ich es verliere", pflegte der Schriftsteller zu sagen. Oder auch: "Alle behandeln mich wie ein Kind. Wie gut, dass ich das mag."
Einmal geht es in "Abschied von Gabo und Mercedes" um García Márquez' Zustand kurz vor seinem Tod. "Vor einigen Monaten fragte mich eine Freundin, wie es meinem Vater mit seinem Gedächtnisverlust gehe", schreibt der Sohn. "Ich antwortete, er lebe ausschließlich in der Gegenwart, unbelastet von der Vergangenheit, frei von Erwartungen an die Zukunft . . . 'Er weiß also nicht, dass er sterblich ist', schloss sie. 'Der Glückliche.'" Vielleicht ist dies der würdige letzte Blick auf den großen Erzähler.
Gabriel García Márquez, "Wir sehen uns im August". Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz. 144 Seiten, 23 Euro. Rodrigo García: "Abschied von Gabo und Mercedes". Aus dem Englischen von Elke Link. 176 Seiten, 22 Euro. Beide sind im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jetzt, da der Roman also erschienen ist, sind die Meinungen über seine Qualität ebenso gespalten. Während die spanische Zeitung "La Vanguardia" das Buch für ein "weiteres Meisterwerk des Autors von 'Hundert Jahre Einsamkeit'" hält, hätte man sich laut der "New York Times" einen "unbefriedigenderen Abschied" von García Márquez "kaum vorstellen können".
"Wir sehen uns im August" erzählt die Geschichte von Ana Magdalena Bach, einer Frau mittleren Alters, die jeden August von Neuem auf eine karibische Insel fährt, um am dortigen Friedhof einen Strauß Gladiolen auf das Grab ihrer Mutter zu legen. Ana Magdalena liebt Bücher und Musik, hat von der Mutter "das Leuchten der goldenen Augen", die "Tugend der wenigen Worte und die Klugheit, ihr Temperament zu zügeln", geerbt und ist seit vielen Jahren glücklich verheiratet.
Bei einem ihrer Inselbesuche lernt die Frau einen eleganten Ausländer kennen. Sie trinken ein Glas zusammen, führen ein "banales Gespräch" - der Mann ist weder besonders kultiviert noch besonders lustig, er hat aber "ein gutes und zaghaftes Herz" - und schließlich schlafen sie miteinander, wobei der Mann sich als "vortrefflicher Liebhaber" offenbart, der Ana Magdalena "ohne Eile zum Siedepunkt führte".
Als die Frau am nächsten Tag erwacht, ist der schneidige Fremde weg. Ihr bleiben nur das kränkende Geschenk eines Zwanzigdollarscheines, die "brutale Erkenntnis", zum ersten Mal in ihrem Leben "mit einem Mann, der nicht der ihre war, gevögelt" zu haben, und das brennende und verwirrende Verlangen danach, diese Nacht zu wiederholen. Und so endet das erste der insgesamt sechs kurzen Kapitel des Romans.
Dieses Kapitel hatte García Márquez im Jahr 1999 bei einem literarischen Treffen in Madrid vorgelesen. Damals sprach er von der ersten Kurzgeschichte eines geplanten Erzählbands. Stattdessen erschien dann aber 2002 García Márquez' hervorragende Autobiographie "Leben, um davon zu erzählen" und zwei Jahre später der Kurzroman "Erinnerung an meine traurigen Huren", den viele aus gutem Grund problematisch, wenn nicht anstößig fanden: Es geht darin um einen Neunzigjährigen, der gern mit einer vierzehnjährigen Prostituierten schlafen würde. Dieses Werk galt bisher als das letzte des Autors.
Wie man nun aber weiß, arbeitete García Márquez an "Wir sehen uns im August" weiter - und aus der Erzählung wurde ein Roman. Allerdings war diese Arbeit, wie seine Söhne berichten, äußerst beschwerlich. Denn García Márquez litt in seinen letzten Jahren an Demenz. "Die Erinnerung ist zugleich mein Rohstoff und mein Werkzeug", soll er gesagt haben. "Ohne sie ist alles dahin." Die Krankheit habe es für ihn unmöglich gemacht, den Roman zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. So fällte er irgendwann das oben zitierte vernichtende Urteil über sein eigenes Buch.
Trotzdem haben die Söhne entschieden, es zu veröffentlichen. Nach einer erneuten Lektüre des Romans hätten sie ihn "sehr viel besser" als noch zuvor gefunden. Und sie vermuten in ihrem Vorwort, dass "eben die eingeschränkten Fähigkeiten", die García Márquez nicht mehr erlaubten, mit der "gewohnten Sorgfalt" zu schreiben, ihn womöglich auch daran gehindert haben, zu erfassen, wie gut der Roman "ungeachtet seiner kleinen Mängel" sei.
Die erzählerische Prämisse, die im ersten Kapitel von "Wir sehen uns im August" gesetzt wird, ist spannend - wenn auch nicht besonders originell. Eine Frau, in deren Alltag Liebe, Zufriedenheit und Struktur herrschen, wird plötzlich von der Erfahrung der leichtsinnigen Lust überwältigt. Die bringt sie aus dem Gleichgewicht, erfüllt sie aber auch mit Neugier und Lebensdrang. So entscheidet Ana Magdalena, ihr eigenes Schicksal zu gestalten - und sei es nur für eine Nacht im Jahr. Bei ihren nächsten Inselfahrten wird sie jenen Fremden zwar nicht mehr finden können, dafür aber andere Liebhaber und dadurch auch einigermaßen sich selbst.
Es gibt in "Wir sehen uns im August" Momente, die an bekannte und beliebte narrative Stärken des Autors erinnern. Die erste Szene des Romans, in der Ana Magdalena auf der namenlosen Insel ankommt, beispielsweise: Die Ortschaft, durch die sie auf dem Weg zu ihrem Hotel - dem "ältesten und schäbigsten" - vorbeifährt, ist von jener besonderen Widersprüchlichkeit, die viele der Schauplätze von García Márquez' Werken kennzeichnet: Sie sind arm, heiß, abgelegen - aber auch auf mysteriöse Weise bezaubernd: "Der Chauffeur", lesen wir, "fuhr sie holpernd durch den ärmlichen Ort mit seinen Häusern aus Rohr und Lehm, den mit Palmwedeln gedeckten Dächern und dem glühenden Sand der Straßen vor einem Meer in Flammen."
Auch später treffen wir auf manche jener Motive, die viele Leserinnen und Leser an García Márquez am meisten schätzen, wie etwa die unverschämte und dabei oft berührende Freiheit, mit der er das Begehren verlorener Seelen schildert; die Beschreibung der so zärtlichen wie leidenschaftlichen Intimität, die - ausgerechnet! - Eheleute verbinden kann; oder die melancholische Erkenntnis - zu der in García Márquez' Büchern weniger die Protagonisten als die Leser selbst gelangen -, große Liebe und große Einsamkeit seien unzertrennlich.
Doch sehr bald werden die Probleme von "Wir sehen uns im August" immer deutlicher. Den Figuren des Romans fehlt es an Tiefe. García Márquez beobachtet vor allem ihre Handlungen, ihr Innenleben bleibt im Großen und Ganzen unangetastet. Dadurch erscheinen die Figuren wie Marionetten - und der Roman selbst wirkt eher wie ein Entwurf als eine lebendige Geschichte.
Oft öffnet García Márquez Erzählstränge, die ins Nichts führen. Oft wiederholen sich Beschreibungen und Informationen. Zweimal bestellt Ana Magdalena Gin mit Eis und Soda, zweimal erfahren wir, dieses sei "das einzige alkoholische Getränk, das sie gut vertrug". Die Szenen, in denen sich die Frau und die Männer, die sie auf der Insel kennenlernt, annähern, sind fast identisch - Hotelbar, altmodische, süßliche Livemusik, aufreizender Tanz. Die Männer selbst sind immer rätselhaft, "vornehm" gekleidet und unglaublich gut im Bett.
Vor allem aber vermisst man im neuen Roman schmerzhaft den Sinn für Humor, eine gewisse ironische Distanz, mit der García Márquez die überschwänglichen, dramatischen, tragischen, wunderschönen Liebesgeschichten von "Hundert Jahre Einsamkeit" oder "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" kontrastierte. An einer Stelle von "Wir sehen uns im August" heißt es: "Dann sah sie ihn über die Schulter hinweg an, und ihr blieb die Luft weg. 'Pardon', sagte sie verblüfft, 'aber ich bin nicht passend gekleidet.' Seine Erwiderung kam sofort: 'Sie kleiden das Kleid.' Der Satz beeindruckte sie. . . . Dann schaute sie erneut über die Schulter, nun nicht mehr, um den Besitzer der Stimme kennenzulernen, sondern um ihn mit den schönsten Augen, die er je sehen sollte, in Besitz zu nehmen. 'Sie sind sehr liebenswürdig', sagte sie charmant, 'es gibt keine Männer mehr, die so etwas sagen.'" Diese und andere ähnliche Stellen sind einfach kitschig.
Das mögen harte Worte sein. Doch gelten sie einem Schriftsteller, der einige der besten literarischen Werke des 20. Jahrhunderts geschrieben hat, dessen Romane und Erzählungen von einzigartiger Phantasie und Beobachtungsgabe, stilistischer Genauigkeit und emotionalem Reichtum sind, der faszinierende, komplexe Welten und Protagonisten schuf - und der in dem Bewusstsein, dass seine kreativen Kräfte am Ende seines Lebens nachgelassen hatten, jenes Buch, bei dem diese Kräfte vermisst werden, nicht veröffentlichen wollte. Gerade deswegen ist die Lektüre von "Wir sehen uns im August" frustrierend - und die Veröffentlichung des Romans eine unglückliche Entscheidung. Die Söhne des Schriftstellers lügen nicht, wenn sie ihre Entscheidung - irritierenderweise - selbst einen "Akt des Verrats" nennen.
Und so könnte die Affäre hier enden. Aber vielleicht gibt es in dieser Geschichte wenn auch keine gute Wendung, so doch so etwas wie eine kuriose und schöne Coda.
Parallel zur Veröffentlichung von "Wir sehen uns im August" erscheint auf Deutsch auch ein schmaler Band mit dem Titel "Abschied von Gabo und Mercedes". Autor ist der in Los Angeles lebende Fernseh- und Filmregisseur Rodrigo García: derselbe Sohn von García Márquez also, der mit seinem Bruder, trotz des Verbots des Vaters und der "kleinen Mängel" im Manuskript von "Wir sehen uns im August", seine Finger nicht davon lassen konnte - und der noch dazu gerade "Hundert Jahre Einsamkeit" als Serie für Netflix adaptiert, auch wenn der Nobelpreisträger die Verfilmung des Romans immer abgelehnt hat.
Und doch hat dieser Sohn ein liebevolles, ergreifendes und ja respektvolles Buch geschrieben, das die eigentlich besondere Neuerscheinung zum zehnten Todestag des Autors ist. Die Wege der Liebe, wie die Leser von García Márquez es wissen, sind eben unergründlich.
Rodrigo García erzählt von der Krankheit und dem Tod seines Vaters im April 2014 und auch vom Tod seiner Mutter Mercedes Barcha, der langjährigen Ehefrau von García Márquez, sechs Jahre später. Er schreibt von der eisernen Disziplin des Schriftstellers bei der Arbeit, aber auch von seiner Wärme, seinem Witz und seinem hartnäckigen Optimismus. Wir erfahren von García Márquez' Verzweiflung angesichts seines zunehmenden geistigen Verfalls und auch von seinen Versuchen, diesen Verfall mit Humor zu nehmen: "Ich verliere das Gedächtnis, aber zum Glück vergesse ich, dass ich es verliere", pflegte der Schriftsteller zu sagen. Oder auch: "Alle behandeln mich wie ein Kind. Wie gut, dass ich das mag."
Einmal geht es in "Abschied von Gabo und Mercedes" um García Márquez' Zustand kurz vor seinem Tod. "Vor einigen Monaten fragte mich eine Freundin, wie es meinem Vater mit seinem Gedächtnisverlust gehe", schreibt der Sohn. "Ich antwortete, er lebe ausschließlich in der Gegenwart, unbelastet von der Vergangenheit, frei von Erwartungen an die Zukunft . . . 'Er weiß also nicht, dass er sterblich ist', schloss sie. 'Der Glückliche.'" Vielleicht ist dies der würdige letzte Blick auf den großen Erzähler.
Gabriel García Márquez, "Wir sehen uns im August". Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz. 144 Seiten, 23 Euro. Rodrigo García: "Abschied von Gabo und Mercedes". Aus dem Englischen von Elke Link. 176 Seiten, 22 Euro. Beide sind im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.
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»Auf gut 140 Seiten findet sich all das wieder, was den Schriftsteller Márquez auszeichnet: die feine poetische Sprache, seine große Vorstellungskraft, die Zuneigung, die er seinen Figuren und ihrem Unglück entgegenbringt.« Christine Westermann WDR 2 Lesen 20240505
Dieser mit viel Hype auf den Markt geworfene letzte Roman von Gabriel Garcia Marquez verdient das Prädikat Roman eigentlich nicht. Es gibt keine Endversion, Garcia Marquez hat seine Entwürfe angesichts seiner fortschreitenden Demenz verworfen. Der Herausgeber hat dann aus dem Material einen "Roman" zusammengestellt, erzählt Rezensentin Sigrid Löffler, die sich wünschte, wie schon der Autor, das Buch wäre nie erschienen. Gewiss, das Thema ist originell, gibt sie zu. Die Geschichte dreht sich um eine ältere Frau, die plötzlich den Sex entdeckt und einmal im Jahr, auf der Reise zum Grab ihrer Mutter, nach Herzenslust auslebt. Aber sprachlich reichte es nur noch für Platitüden, bedauert die Kritikerin, die sich die Lektüre dieses "Dokument des Ruins" gern erspart hätte.
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Gebundenes Buch
Vor acht Jahren starb die Mutter von Ana Magdalena Bach und wurde gemäß ihrem letzten Wunsch auf einer Karibikinsel begraben. An jedem 16. August fährt die Tochter dahin, besucht das Grab und legt einen Strauß Gladiolen darauf. Sie bleibt über Nacht und fährt am …
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Vor acht Jahren starb die Mutter von Ana Magdalena Bach und wurde gemäß ihrem letzten Wunsch auf einer Karibikinsel begraben. An jedem 16. August fährt die Tochter dahin, besucht das Grab und legt einen Strauß Gladiolen darauf. Sie bleibt über Nacht und fährt am nächsten Tag zu Mann und Kindern zurück. In diesem Jahr ist da ein Mann, der sie auf einen Drink einlädt, sie umgarnt, bis eines zum anderen führt und Ana Magdalena ihn mit auf ihr Zimmer nimmt.
Liebe im reifen Alter, diese Überschrift könnte die Erzählung tragen, würde der Geschichte damit aber nicht gerecht. Eine Situation wird ausgenutzt, Verlangen entsteht und das prickelnde Gefühl von etwas Verbotenem liegt in der Luft. Innerhalb von Minuten entscheidet sich Ana Magdalena, etwas zu tun, was sie nie gereizt hat, und sie kommt auf den Geschmack, zumindest bis am nächsten Morgen eine bestimmte Tat den schalen Nachgeschmack einer Erniedrigung hinterlässt. Die folgenden Jahre reduziert der Autor auf die Besuche der Karibikinsel und ich bin fasziniert vom Gefühlschaos, das dieses Erlebnis bei der auf die Fünfzig zugehenden Frau hinterlässt.
Das bisher unveröffentlichte Werk aus dem Nachlass des Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez wollte dieser zu Lebzeiten nicht veröffentlichen, dessen Erben entschieden sich Jahre später dafür und erläutern dies im Vorwort. Für mich war es die erste Begegnung mit einem seiner Bücher, aber sicherlich nicht die letzte, das kann ich versprechen, nachdem ich fertig geworden bin. Ich freue mich darauf.
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Gebundenes Buch
Gabriel García Márquez‘ letztes Werk, das seinem Willen zufolge nicht mehr veröffentlicht werden sollte. Seine beiden Söhne haben sich nach reiflicher Überlegung über diesen Wunsch hinweggesetzt und uns Leserinnen und Leser mit einem letzten literarischen …
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Gabriel García Márquez‘ letztes Werk, das seinem Willen zufolge nicht mehr veröffentlicht werden sollte. Seine beiden Söhne haben sich nach reiflicher Überlegung über diesen Wunsch hinweggesetzt und uns Leserinnen und Leser mit einem letzten literarischen Geschenk bedacht.
Besonders bewundernswert war für mich einmal mehr Márquez‘ Gefühl für Sprache und seine Fähigkeit, mit wenigen Worten intensive, atmosphärische und lebendige Bilder zu erzeugen. Vieles bleibt in diesem Kurzroman nur angedeutet (zB der Eintritt der Tochter ins Kloster, der Sohn), und es ist mir unklar, ob dies so beabsichtigt war oder dem Umstand geschuldet ist, dass Márquez diesem nicht mehr selbst den letzten Schliff geben konnte. Auch der Schluss wirkt auf mich etwas unrund. Die Geschichte von Ana Magdalena, die - zunächst spontan, später geplant - die jährlichen Besuche am Grab ihrer Mutter auf einer abgelegenen Insel nutzt, um aus ihrer konventionellen Eheroutine auszubrechen, ist ungewöhnlich und sehr erfrischend. Ich habe dieses Buch sehr genossen, und freue mich, dass dieses Spätwerk – meines Wissens sein einziges mit einer weiblichen Hauptfigur – noch erscheinen durfte.
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Gebundenes Buch
Klappentext:
„…Jedes Jahr fährt Ana Magdalena Bach im August mit der Fähre zu einer Karibikinsel, um dort auf das Grab ihrer Mutter einen Gladiolenstrauß zu legen. Jedes Jahr geht sie danach in ein Touristenhotel und isst abends allein an der Bar ein …
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Klappentext:
„…Jedes Jahr fährt Ana Magdalena Bach im August mit der Fähre zu einer Karibikinsel, um dort auf das Grab ihrer Mutter einen Gladiolenstrauß zu legen. Jedes Jahr geht sie danach in ein Touristenhotel und isst abends allein an der Bar ein Käse-Schinken-Toast. Dieses Mal jedoch wird sie von einem Mann zu einem Drink eingeladen. Es entspricht weder ihrer Herkunft oder Erziehung noch ihrer Vorstellung von ehelicher Treue, doch geht sie dennoch auf seine Avancen ein und nimmt den Unbekannten mit auf ihr Zimmer.
Das Erlebnis hat sie und ihr Leben verändert. Und so fährt sie im August des kommenden Jahres wieder erwartungsvoll auf die Insel, um nicht nur das Grab ihrer Mutter zu besuchen.….“
Da wird nun Jahre nach dem Tot des genialen Autors eine „neue“, seine letzte, Geschichte auf dem Buchmarkt präsentiert. Das kann gut gehen aber eben auch genau das Gegenteil sein. So nun hier, zumindest für meine Begriffe. Erstens hat Gabriel García Márquez damals schon über diese unvollendete Geschichte gesagt, sie tauge nichts und müsse vernichtet werden. Und da stellt sich doch bei mir als Leser die große Frage, warum denn nun die Erben diese Geschichte über den Willen des Autors hinweg nun doch veröffentlich haben?! Zumal die Geschichte erst vor einiger Zeit von fremden Schreibern in Márquez‘ Stil beendet wurde. Muss so etwas sein? Márquez wird schon gewusst haben warum er diese Geschichte so nicht auf den Markt bringen wollte! Egal wie krank er zu diesem Zeitpunkt war! Und Zweitens: die Geschichte liest sich einfach recht langweilig. Sie hat einen anderen Stil als den, den Márquez stets selbst gewählt hat. Das hängt auch nicht damit zusammen das er erstmals hier aus der Sicht einer Frau geschrieben hat. Das hatte aber auch Gründe wenn man die Lebensgeschichte und das Wirken Márquez verfolgt hat! Warum auch nicht mal so schreiben, gut, aber zu wissen, dass das Ende nicht aus seiner Feder stammt und eben nicht aus seiner Gedankenwelt entstammte, verfremdet die Geschichte und das Flair dazu für meine Begriffe komplett ebenso das er es selbst nie mochte. Das Vor- und Nachwort dazu gibt zu allem einen gewissen Aufschluss aber danach krausten sich meine Haare noch mehr. Da wurden also aus verschiedensten Rohfassungen und Fantasien irgendein Ende hier zusammen geschustert - anders kann man das nicht ausdrücken. Nochmal: Márquez wird schon seine Gründe dafür gehabt haben eben diese Geschichte nicht ans Tageslicht zu bringen! Dem sollte man einfach nachgehen und es respektieren. Daraus dann aber doch noch Profit zu schlagen ist schon wirklich unverschämt. Warum ich aber nun dieses Buch gelesen habe? Die Neugier war zu groß, das gebe ich unumwunden zu. Ich bin ein großer Fan von Márquez‘ Werken und ja, warum nicht, hätte dieser so hochgelobte „letzte“ Roman nicht doch ein Knaller werden können? Ich gab ihm diese Chance aber es war einfach nur eine Enttäuschung. Die Geschichte um unsere Protagonistin Ana Magdalena wirkt wie eine Reise durch die Midlife-Crisis. Eine Reise durch ein komplettes Gefühlschaos, wo sie sich einem One-Night-Stand nach dem anderen hingibt und einen ganz bestimmten Liebhaber Jahre später wieder antrifft. Als dann das Geheimnis ihrer verstorbenen Mutter aufgelöst wurde, endet dieser Roman in völligem Kitsch und Klamauk aus meiner Sicht.
Fazit: Márquez hatte seine Gründe diesen Roman niemals öffentlich zu machen. Das dies nun so übergangen wurde, ist ihm gegenüber komplett unwürdig. Der Autor würde sich im Grabe herumdrehen. 1 Stern hierfür!
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Kafka wollte auch seinen Nachlass vernichtet sehen. Wie gut ist es, dass wir sein geniales Werk heute lesen können - entgegen seinen Absichten.
Gebundenes Buch
Schöne Kurzgeschichte;
Diese Kurzgeschichte wird von einem Vorwort der Söhne des Autors und einer Anmerkung des Herausgebers flankiert. Beides fand ich interessant und wichtig, um die Entstehungsgeschichte dieser Geschichte zu verstehen. Der Schreibstil ist genauso, wie man ihn von …
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Schöne Kurzgeschichte;
Diese Kurzgeschichte wird von einem Vorwort der Söhne des Autors und einer Anmerkung des Herausgebers flankiert. Beides fand ich interessant und wichtig, um die Entstehungsgeschichte dieser Geschichte zu verstehen. Der Schreibstil ist genauso, wie man ihn von Gabriel Garcia Marquez kennt: sprachlich virtuos und ausgewogen. Die Handlung gefällt mir gut, die weibliche Hauptfigur in mittleren Jahren finde ich sehr interessant und ihre Handlungen ungewöhnlich, aber nachvollziehbar. Nach und nach entwickelt sich ein anderes Bild ihrer Lebenssituation und auch sie verändert sich im Laufe der Jahre, über die sich die Handlung erstreckt. Die Geschichte ist zart, leicht, hat ihren ganz eigenen Charme und ist für mich eine gelungene Komposition. Das Ende ist überraschend, dennoch glaubhaft und für mich steht es den anderen Werken des Autors in nichts nach.
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WIR SEHEN UNS IM AUGUST
Gabriel García Márquez
1975:
Jedes Jahr im August, an dem Todestag ihrer Mutter, fährt Ana Magdalena auf die karibische Insel, um an ihrem Grab einen Strauß Blumen niederzulegen.
Erst waren die Überfahrten zu der Insel beschwerlich, doch …
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WIR SEHEN UNS IM AUGUST
Gabriel García Márquez
1975:
Jedes Jahr im August, an dem Todestag ihrer Mutter, fährt Ana Magdalena auf die karibische Insel, um an ihrem Grab einen Strauß Blumen niederzulegen.
Erst waren die Überfahrten zu der Insel beschwerlich, doch mittlerweile ist die Insel zunehmend touristischer geworden und mit dieser Veränderung kamen die neuen modernen Fähren.
Sie übernachtet jedes Jahr in demselben Hotel.
Dieses Jahr besucht sie ihre Mutter zum achten Mal. Nachdem sie ihren Strauß Blumen am Grab abgelegt hat, macht sie sich zum Abendessen fertig. Nach dem Essen geht sie in eine Bar; nicht wissend, das dieser Besuch ihr Leben verändern wird, denn dort wird sie von einem Mann angesprochen und noch viel später werden sie gemeinsam diese Hotelbar verlassen …
Es ist die Geschichte einer Frau, die einmal im Jahr versucht, aus der für sie festgelegten Konvention der Ehe auszubrechen. Es geht um Eifersucht, Treue und Enttäuschung.
Vor 10 Jahren ist der kolumbianische Nobelpreisträger Gabriel García Márquez verstorben. Diese Geschichte stammt aus seiner Hinterlassenschaft.
Der Schreibstil, der mich in die 50er-Jahre katapultierte, ist für mich brillant und deshalb dominiert und kaschiert er einige ungeschliffene, holprige Passagen des Buches, die der Autor sicherlich vor der Veröffentlichung bearbeitet hätte.
Das kleine Büchlein mit dem eleganten und realistischen Schreibstil hat mich auf weitere Bücher des Autors neugierig gemacht.
Könnt ihr mir eins empfehlen?
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unterhaltsame Novelle
Dieses Bändchen kannst du an einem Tag lesen und du hast an einem Tag Vergnügen. Denn unsere Hauptperson Ana (den Rest des Namens habe ich vergessen) vergnügt sich auch.
Eigentlich will sie auf einer namenlosen Insel am Todestag der Mutter nur das Grab …
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unterhaltsame Novelle
Dieses Bändchen kannst du an einem Tag lesen und du hast an einem Tag Vergnügen. Denn unsere Hauptperson Ana (den Rest des Namens habe ich vergessen) vergnügt sich auch.
Eigentlich will sie auf einer namenlosen Insel am Todestag der Mutter nur das Grab ihrer Mutter besuchen, doch während der Reise lernt sie jedes Jahr einen neuen Mann kennen und das obwohl sie sonst eine treue Seele ist.
Wer nicht den Anspruch hat, ein Meisterwerk eines Nobelträgers zu lesen, der wird gut bedient und von mir gibt es deswegen seit langem endlich wieder 5 Sterne.
Zitat: Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, griff sie prüfend nach ihren Brüsten, die trotz der beiden Geburten rund und hoheitsvoll waren. (13)
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Eigentlich stellt die Veröffentlichung dieses kurzen Romans einen Verrat dar. Der Autor selber war der Meinung: „Dieses Buch taugt nichts“, und das Buch blieb daher als unveröffentlichtes Fragment im Nachlass. Die beiden Söhne entschieden sich dennoch für eine …
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Eigentlich stellt die Veröffentlichung dieses kurzen Romans einen Verrat dar. Der Autor selber war der Meinung: „Dieses Buch taugt nichts“, und das Buch blieb daher als unveröffentlichtes Fragment im Nachlass. Die beiden Söhne entschieden sich dennoch für eine Veröffentlichung und ließen das Fragment aus mehreren verschiedenen Textfassungen von Cristobal Pera rekonstruieren, der im Nachwort einen interessanten Einblick in seine Arbeit gibt.
Ob es sich gelohnt hat, muss nun der Leser entscheiden! Ich finde: UNBEDINGT!
An jedem 16. August, dem Todestag ihrer Mutter, fährt Ana Magdalena Bach – auch sie ist Ehefrau eines Musikers - zum Grab ihrer Mutter auf einer kleinen Karibikinsel. Sie ist 46 Jahre alt und glücklich mit einem attraktiven und erfolgreichen Mann verheiratet. Die Blumenfrau bindet ihr schon vorausschauend den alljährlichen Gladiolenstrauß, den sie zum Grab der Mutter bringt und dort ihrer Mutter die familiären Neuigkeiten mitteilt, um dann wieder mit der Fähre nach Hause zu fahren.
Bis sie in einem August den Einfall hat, aus dem alljährlichen Ritual auszubrechen. Mit einer Zufallsbekanntschaft verbringt sie die Nacht, und sie findet diese Änderung so erfrischend, dass sie diesen alljährlichen Ehebruch als neues Ritual etabliert. Sie verändert sich, genießt die Nächte mit ihrer exzessiven Lust und bekommt einen neuen Blick auf ihre Ehe und die damit verbundenen Konventionen.
Man merkt dem Text an, dass er nicht ausgefeilt ist und Lücken aufweist, wenn z. B. gegen Ende eine Person unmotiviert auftaucht. Aber Marquez erzählt einfach wunderbar. Mit einigen wenigen Strichen lässt er die Schauplätze vor dem inneren Auge seiner Leser sichtbar werden, und genauso leichthändig verleiht er seinen Figuren Konturen und Leben.
Das überraschende und zugleich so vielschichtige Ende der Geschichte macht den Leser sprachlos. Trotz seiner fortschreitenden Demenz erkennt man ihn hier wieder: den begnadeten Erzähler Marquez und seine unglaubliche Freude am Fabulieren.
Lesenswert!
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