Lindsey Fitzharris
Broschiertes Buch
Der Horror der frühen Medizin
Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber & Knochenklempner
Übersetzung: Oldenburg, Volker
Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
Weitere Ausgaben:
Grausig sind die Anfänge der Medizin: Leichenraub, blutige Operationen wie Kirmesspektakel, Arsen, Quecksilber, Heroin als verschriebene Heilmittel. Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Unwissen der Ärzte sagenhaft, wie sie praktizieren, ein einziger Albtraum. Bis ein junger Student aus London mit seinen Entdeckungen alles verändert ... Lindsey Fitzharris erzählt vom Leben dieses Mannes und vom Horror, den ein einfacher Arztbesuch damals bedeutete - schaurig, unterhaltsam, erhellend.Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desast...
Grausig sind die Anfänge der Medizin: Leichenraub, blutige Operationen wie Kirmesspektakel, Arsen, Quecksilber, Heroin als verschriebene Heilmittel. Mitte des 19. Jahrhunderts ist das Unwissen der Ärzte sagenhaft, wie sie praktizieren, ein einziger Albtraum. Bis ein junger Student aus London mit seinen Entdeckungen alles verändert ... Lindsey Fitzharris erzählt vom Leben dieses Mannes und vom Horror, den ein einfacher Arztbesuch damals bedeutete - schaurig, unterhaltsam, erhellend.
Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desaströs: Die Krankenhäuser sind überfüllt und verseucht. Um aufgenommen zu werden, müssen Patienten genug Geld für die eigene Beerdigung mitbringen. In den Operationssälen arbeiten Chirurgen in Straßenklamotten vor schaulustigem Publikum. Warum fast alle Patienten sterben, wie sich Krankheiten ausbreiten, darüber herrscht nicht die geringste Einigkeit, nur hanebüchene Theorien. Joseph Lister wird dann Chirurg, er will ganz praktisch helfen. Und von Neugier und hellem Verstand geleitet, entwickelt er eine Methode, die das Sterben vielleicht beenden kann ...
Als Joseph Lister 1844 sein Studium in London beginnt, ist die medizinische Versorgung der Bevölkerung desaströs: Die Krankenhäuser sind überfüllt und verseucht. Um aufgenommen zu werden, müssen Patienten genug Geld für die eigene Beerdigung mitbringen. In den Operationssälen arbeiten Chirurgen in Straßenklamotten vor schaulustigem Publikum. Warum fast alle Patienten sterben, wie sich Krankheiten ausbreiten, darüber herrscht nicht die geringste Einigkeit, nur hanebüchene Theorien. Joseph Lister wird dann Chirurg, er will ganz praktisch helfen. Und von Neugier und hellem Verstand geleitet, entwickelt er eine Methode, die das Sterben vielleicht beenden kann ...
Fitzharris, Lindsey
Lindsey Fitzharris promovierte in Oxford in Medizingeschichte. Ihre YouTube-Serie Under the Knife über Wissenswertes und Gruseliges aus der Welt der Chirurgie verhalf Fitzharris zu größerer Bekanntheit. Sie schreibt regelmäßig für The Guardian, The Huffington Post, The Lancet und New Scientist und arbeitet an einem neuen Buch über die Anfänge der Schönheitschirurgie.
Lindsey Fitzharris promovierte in Oxford in Medizingeschichte. Ihre YouTube-Serie Under the Knife über Wissenswertes und Gruseliges aus der Welt der Chirurgie verhalf Fitzharris zu größerer Bekanntheit. Sie schreibt regelmäßig für The Guardian, The Huffington Post, The Lancet und New Scientist und arbeitet an einem neuen Buch über die Anfänge der Schönheitschirurgie.
Produktdetails
- suhrkamp taschenbuch 4886
- Verlag: Suhrkamp
- 7. Aufl.
- Seitenzahl: 276
- Erscheinungstermin: 4. Juli 2018
- Deutsch
- Abmessung: 210mm x 132mm x 22mm
- Gewicht: 343g
- ISBN-13: 9783518468869
- ISBN-10: 3518468863
- Artikelnr.: 49454071
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
"Ein faszinierendes, ein schockierendes Buch!"
Kirkus Reviews
Kirkus Reviews
Messerkünste vor neugierigen Zuschauern
Blutige Geschichten: Lindsey Fitzharris erzählt von der Chirurgie des neunzehnten Jahrhunderts und Joseph Listers Kampf für sein antiseptisches System.
Ich bin Medizinhistorikerin, aber eigentlich sehe ich mich als Geschichtenerzählerin." So stellt sich Lindsey Fitzharris in einem Video vor, das der deutsche Verlag ihres Buchs über den "Horror der frühen Medizin" online gestellt hat. Dem Leser leuchtet das gleich ein. Schon der Titel signalisiert, dass man es nicht mit einer nüchternen Abhandlung, sondern einer schillernden Schauerstory zu tun hat. In ihr entfaltet die Autorin zwei Geschichten: jene über die Hygieneverhältnisse in den Krankenhäusern des neunzehnten
Blutige Geschichten: Lindsey Fitzharris erzählt von der Chirurgie des neunzehnten Jahrhunderts und Joseph Listers Kampf für sein antiseptisches System.
Ich bin Medizinhistorikerin, aber eigentlich sehe ich mich als Geschichtenerzählerin." So stellt sich Lindsey Fitzharris in einem Video vor, das der deutsche Verlag ihres Buchs über den "Horror der frühen Medizin" online gestellt hat. Dem Leser leuchtet das gleich ein. Schon der Titel signalisiert, dass man es nicht mit einer nüchternen Abhandlung, sondern einer schillernden Schauerstory zu tun hat. In ihr entfaltet die Autorin zwei Geschichten: jene über die Hygieneverhältnisse in den Krankenhäusern des neunzehnten
Mehr anzeigen
Jahrhunderts und jene über den Mann, der antrat, diese Zustände zu beheben - Joseph Lister.
Die Originalausgabe heißt "The Butchering Art" und bezieht sich auf die Arbeitsweise damaliger Chirurgen. Viele von ihnen hatten ihr Berufswissen in einer Lehre erworben. Sie galten als Handwerker, die anfangs weniger verdienten als die obersten Krankenhaus-Kammerjäger, deren wichtigste Aufgabe es war, Matratzen von Läusen zu befreien. Diese Geringschätzung ließ von 1815 an nach, als in Großbritannien ein einheitliches medizinisches Ausbildungssystem eingeführt wurde.
Chirurgische Eingriffe inszenierte man lange als Spektakel. Im Operationssaal des Londoner University College Hospital etwa wurde der Patient auf einem Tisch fixiert, schaulustige Gäste versammelten sich um ihn herum auf Tribünen, ein Oberlicht diente als einzige Lichtquelle. Der Boden voller Sägespäne, die Luft zum Schneiden dick. Dann kam der Chirurg und zeigte seine Kunst. Einer der populärsten unter ihnen war Robert Liston. Er konnte ein Bein in weniger als dreißig Sekunden amputieren, weiß die Autorin zu berichten, "und damit er bei der Arbeit beide Hände frei hatte, klemmte er sich das blutige Messer mit Vorliebe zwischen die Zähne". Einmal ging er so ungestüm zu Werke, dass er seinem Assistenten versehentlich drei Finger abtrennte.
Wann immer die Dichte solcher Anekdoten zunimmt, wird deutlich, was Fitzharris meint, wenn sie sich als Geschichtenerzählerin bezeichnet. Sie tendiert zu einer etwas schrillen Überrumpelungsprosa. Was sich etwa so liest: "Eifrige Studenten waren mit Skalpellen über das Abdomen hergefallen und hatten die verwesenden Organe achtlos zurück in die klaffende Bauchhöhle gestopft. Die abgesägte Schädeldecke des Verstorbenen lag auf einem Hocker daneben. Das Hirn hatte sich schon vor Tagen zu grauem Brei zersetzt."
Mit derartigen Schilderungen bringt die Autorin einen Ton in Anschlag, der eine gewisse Tradition hat, sobald es darum geht, Sektionsszenen zu beschreiben. Der Komponist und ehemalige Medizinstudent Hector Berlioz fühlte sich vom Ekel geschüttelt angesichts der "grauenhaften menschlichen Fleischkammer, der zerstreuten Glieder, fratzenhaften Köpfe, der halboffenen Hirnschalen". Jean-Jacques Rousseau wusste Ähnliches zu berichten: "Welch eine schaurige Angelegenheit ist doch ein Anatomiesaal! Stinkende Leichname, fahles, feuchtbrandiges Fleisch, Blut, eklige Därme, scheußliche Gerippe, pestilenzartige Dünste!"
Nachdem es Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gelungen war, Patienten für die Dauer eines Eingriffs mit Äther zu betäuben und damit von unerträglichen Schmerzen zu befreien, galt es anschließend, die häufigen postoperativen Entzündungen in den Griff zu kriegen. Und hier kommt Joseph Lister ins Spiel. Der aus einer wohlhabenden Quäkerfamilie stammende Mediziner wurde 1827 in der englischen Grafschaft Essex geboren und gilt heute als Wegbereiter der antiseptischen Chirurgie. Während Wundärzte in ganz Großbritannien darauf verzichteten, Hände und Operationsbesteck zu reinigen, spürte Lister den Ursachen der vier großen Infektionskrankheiten nach, an denen damals unzählige Menschen in Hospitälern starben: Sepsis (Blutvergiftung), Gangrän (Zerfall von Gewebe), Pyämie (eitrige Organabszesse) und Erysipel (bakterielle Infektion der Haut). Die meisten Mediziner waren überzeugt davon, dass schlechte Luft die Infektionen hervorrufe. Eine andere Meinung vertrat der schottische Arzt Alexander Gordon. Er vermutete schon 1795, das Kindbettfieber werde von kranken auf gesunde Personen übertragen. Dieser Ansteckungstheorie schlossen sich gut fünfzig Jahre später der Amerikaner Oliver Wendell Holmes sowie der Ungar Ignaz Semmelweis an. Und Joseph Lister. Nachdem er bei Louis Pasteur gelesen hatte, dass Fäulnis- und Gärungsprozesse von Keimen ausgelöst werden, begann er darüber nachzudenken, ob Mikroorganismen womöglich auch die Ursache von Entzündungen sein könnten.
Als er sich dann noch an einen Artikel erinnerte, in dem zu lesen war, Karbolsäure (Phenol) töte Parasiten, entwickelte Lister sein "antiseptisches System". Er versprühte Phenol in seinen Operationsräumen und benetzte Hände, Instrumente und Wunden mit der ätzenden Substanz. Obwohl er damit etlichen Menschen das Leben rettete und Medizingeschichte schrieb, brauchte es Jahre, bis die neuen Einsichten in Fachkreisen akzeptiert wurden.
Listers Geschichte zeichnet Fitzharris in einem anderen Sprachregister nach. Sobald es um sie geht, nüchtert sich ihre Wortwahl deutlich aus. Die auf Effekte zielende Erzählerin verwandelt sich dann in eine gewissenhaft arbeitende Historikerin - die Endnoten zeugen davon. Listers Vermächtnis ist übrigens sogar beim Einkauf im Drogeriemarkt präsent: Eine bereits 1879 entwickelte antibakterielle Mundspülung heißt immer noch "Listerine".
KAI SPANKE
Lindsey Fitzharris: "Der Horror der frühen Medizin". Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber & Knochenklempner. Aus dem Englischen von Volker Oldenburg. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 276 S., br., 14,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Originalausgabe heißt "The Butchering Art" und bezieht sich auf die Arbeitsweise damaliger Chirurgen. Viele von ihnen hatten ihr Berufswissen in einer Lehre erworben. Sie galten als Handwerker, die anfangs weniger verdienten als die obersten Krankenhaus-Kammerjäger, deren wichtigste Aufgabe es war, Matratzen von Läusen zu befreien. Diese Geringschätzung ließ von 1815 an nach, als in Großbritannien ein einheitliches medizinisches Ausbildungssystem eingeführt wurde.
Chirurgische Eingriffe inszenierte man lange als Spektakel. Im Operationssaal des Londoner University College Hospital etwa wurde der Patient auf einem Tisch fixiert, schaulustige Gäste versammelten sich um ihn herum auf Tribünen, ein Oberlicht diente als einzige Lichtquelle. Der Boden voller Sägespäne, die Luft zum Schneiden dick. Dann kam der Chirurg und zeigte seine Kunst. Einer der populärsten unter ihnen war Robert Liston. Er konnte ein Bein in weniger als dreißig Sekunden amputieren, weiß die Autorin zu berichten, "und damit er bei der Arbeit beide Hände frei hatte, klemmte er sich das blutige Messer mit Vorliebe zwischen die Zähne". Einmal ging er so ungestüm zu Werke, dass er seinem Assistenten versehentlich drei Finger abtrennte.
Wann immer die Dichte solcher Anekdoten zunimmt, wird deutlich, was Fitzharris meint, wenn sie sich als Geschichtenerzählerin bezeichnet. Sie tendiert zu einer etwas schrillen Überrumpelungsprosa. Was sich etwa so liest: "Eifrige Studenten waren mit Skalpellen über das Abdomen hergefallen und hatten die verwesenden Organe achtlos zurück in die klaffende Bauchhöhle gestopft. Die abgesägte Schädeldecke des Verstorbenen lag auf einem Hocker daneben. Das Hirn hatte sich schon vor Tagen zu grauem Brei zersetzt."
Mit derartigen Schilderungen bringt die Autorin einen Ton in Anschlag, der eine gewisse Tradition hat, sobald es darum geht, Sektionsszenen zu beschreiben. Der Komponist und ehemalige Medizinstudent Hector Berlioz fühlte sich vom Ekel geschüttelt angesichts der "grauenhaften menschlichen Fleischkammer, der zerstreuten Glieder, fratzenhaften Köpfe, der halboffenen Hirnschalen". Jean-Jacques Rousseau wusste Ähnliches zu berichten: "Welch eine schaurige Angelegenheit ist doch ein Anatomiesaal! Stinkende Leichname, fahles, feuchtbrandiges Fleisch, Blut, eklige Därme, scheußliche Gerippe, pestilenzartige Dünste!"
Nachdem es Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gelungen war, Patienten für die Dauer eines Eingriffs mit Äther zu betäuben und damit von unerträglichen Schmerzen zu befreien, galt es anschließend, die häufigen postoperativen Entzündungen in den Griff zu kriegen. Und hier kommt Joseph Lister ins Spiel. Der aus einer wohlhabenden Quäkerfamilie stammende Mediziner wurde 1827 in der englischen Grafschaft Essex geboren und gilt heute als Wegbereiter der antiseptischen Chirurgie. Während Wundärzte in ganz Großbritannien darauf verzichteten, Hände und Operationsbesteck zu reinigen, spürte Lister den Ursachen der vier großen Infektionskrankheiten nach, an denen damals unzählige Menschen in Hospitälern starben: Sepsis (Blutvergiftung), Gangrän (Zerfall von Gewebe), Pyämie (eitrige Organabszesse) und Erysipel (bakterielle Infektion der Haut). Die meisten Mediziner waren überzeugt davon, dass schlechte Luft die Infektionen hervorrufe. Eine andere Meinung vertrat der schottische Arzt Alexander Gordon. Er vermutete schon 1795, das Kindbettfieber werde von kranken auf gesunde Personen übertragen. Dieser Ansteckungstheorie schlossen sich gut fünfzig Jahre später der Amerikaner Oliver Wendell Holmes sowie der Ungar Ignaz Semmelweis an. Und Joseph Lister. Nachdem er bei Louis Pasteur gelesen hatte, dass Fäulnis- und Gärungsprozesse von Keimen ausgelöst werden, begann er darüber nachzudenken, ob Mikroorganismen womöglich auch die Ursache von Entzündungen sein könnten.
Als er sich dann noch an einen Artikel erinnerte, in dem zu lesen war, Karbolsäure (Phenol) töte Parasiten, entwickelte Lister sein "antiseptisches System". Er versprühte Phenol in seinen Operationsräumen und benetzte Hände, Instrumente und Wunden mit der ätzenden Substanz. Obwohl er damit etlichen Menschen das Leben rettete und Medizingeschichte schrieb, brauchte es Jahre, bis die neuen Einsichten in Fachkreisen akzeptiert wurden.
Listers Geschichte zeichnet Fitzharris in einem anderen Sprachregister nach. Sobald es um sie geht, nüchtert sich ihre Wortwahl deutlich aus. Die auf Effekte zielende Erzählerin verwandelt sich dann in eine gewissenhaft arbeitende Historikerin - die Endnoten zeugen davon. Listers Vermächtnis ist übrigens sogar beim Einkauf im Drogeriemarkt präsent: Eine bereits 1879 entwickelte antibakterielle Mundspülung heißt immer noch "Listerine".
KAI SPANKE
Lindsey Fitzharris: "Der Horror der frühen Medizin". Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber & Knochenklempner. Aus dem Englischen von Volker Oldenburg. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 276 S., br., 14,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
Gleich vorneweg: für zart besaitete Leser und Leserinnen ist dieses Buch eher nicht geeignet! Denn hier wird schockierend detailgetreu beschrieben, wie brutal und eklig im 19. Jahrhundert Operationen durchgeführt wurden. Dass es hierbei eine hohe Sterblichkeitsrate gab, wird wohl niemanden …
Mehr
Gleich vorneweg: für zart besaitete Leser und Leserinnen ist dieses Buch eher nicht geeignet! Denn hier wird schockierend detailgetreu beschrieben, wie brutal und eklig im 19. Jahrhundert Operationen durchgeführt wurden. Dass es hierbei eine hohe Sterblichkeitsrate gab, wird wohl niemanden verwundern, wenn man von den absolut fehlenden hygienischen Zuständen liest. Da wurde mit ein und demselben Skalpell nacheinander zu operiert, ohne es zu reinigen. Der OP-Tisch starrte vor Blut, Eiter und anderen Ausscheidungen. Der Operateur agierte in einem Kittel, der steif war von Blut und Eiter seiner zu bedauernden Patienten, Noch dazu gab es anfangs noch keine Narkosemittel und das alles geschah bei vollem Bewusstsein. Wer die OP überlebte, hatte große Chancen anschließend an einer Sepsis oder Wundbrand zu sterben. Auch die überfüllten und übel riechenden Krankenhaussäle trugen nicht gerade zur Genesung bei.
So sah es aus, als Joseph Lister 1844 in London sein Studium begann. Er begann zu forschen und zu experimentieren. Sein Ziel war es, die Sterblichkeit der Patienten im Krankenhaus zu senken und das gelang ihm schließlich auch mit Hilfe der Antisepsis. Mit seinen neuen Praktiken stieß er nicht überall auf Verständnis und machte sich auch einige verbitterte Feinde. Doch er war beliebt bei seinen Studenten und seine Methode konnte sich durchsetzen. Sogar Queen VIctoria ließ ihn nach Balmoral kommen, um sich von ihm erfolgreich operieren zu lassen.
Die Biographie dieses genialen Arztes hat mich richtiggehend gefesselt, die Autorin hat es verstanden, seine Lebensgeschichte lebendig und mit einem Schuss morbiden Humor versehen, zu erzählen. Sehr interessant fand ich auch die eingestreuten Anekdoten, die das damalige Leben anschaulich erzählen.
Weniger
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Lehrreich, gruselig und dennoch unterhaltsam
Mitte des 19. Jahrhunderts war alleine die Durchführung von Operationen ohne jegliche Betäubung aus heutiger Sicht haarsträubend. Wen wundert es da, dass ein guter Chirurg hauptsächlich daran gemessen wurde, wie schnell er eine OP …
Mehr
Lehrreich, gruselig und dennoch unterhaltsam
Mitte des 19. Jahrhunderts war alleine die Durchführung von Operationen ohne jegliche Betäubung aus heutiger Sicht haarsträubend. Wen wundert es da, dass ein guter Chirurg hauptsächlich daran gemessen wurde, wie schnell er eine OP durchführen konnte. Damalige Chirurgen konnte man guten Gewissens als Knochenklempner bezeichnen. Eine Amputation unter einer Minute war erstrebenswert in Anbetracht der fürchterlichen Qualen, die die Patienten dabei erleiden mussten. Mit der Entdeckung des Chloroforms hatten diese Zustände zum Glück ein Ende.
Allerdings brachte dies den Nachteil, dass nun umso häufiger zu Messer und Säge gegriffen wurde, da die Eingriffe selbst nicht mehr so furchterregend waren. Meist jedoch kam es einem Todesurteil gleich, wenn man in ein Krankenhaus musste, um sich einer Operation zu unterziehen. Die Kranken lagen eng gedrängt in total überfüllten Sälen, wo sich Keime problemlos und blitzschnell verbreiten konnten. Aus diesem Grund bezeichnete man Krankenhäuser umgangssprachlich auch als Todeshäuser. Wer es sich leisten konnte, bestellte den Operateur nachhause und hatte deutlich bessere Überlebenschancen.
Sind heutzutage die multiresistenten Erreger als sog. Krankenhauskeime überall im Gespräch, so sind sie wirklich ein Klacks im Vergleich zur damaligen Zeit, wo noch nicht einmal bekannt war, was die fürchterlichen Entzündungen nach Gewebeverletzungen auslöste. Nicht selten starb sogar der Operateur nach dem OP, weil er sich dabei eine kleine Verletzung zuzog. Es gab praktisch keinerlei Hygiene - weder im OP noch im Krankenhaus allgemein. Mehrere OPs nacheinander wurden mit dem gleichen Besteck durchgeführt, ohne es auch nur abzuspülen zwischen den Eingriffen. Auch die Reinigung der Hände vor dem OP war nicht gebräuchlich. Als unvermeidbare Nebenerscheinung wurden die zahlreichen Todesfälle von allen Beteiligten hingenommen.
Der junge englische Chirurg Joseph Lister jedoch gibt sich nicht damit zufrieden. Er ist bekennender Anhänger der Mikroskopie und macht sich beständig und hartnäckig auf die Suche nach den Auslösern der unseligen Entzündungen und Blutvergiftungen, die meist zum Tode führten. Er leidet sehr darunter, dass er seine Patienten nicht retten kann, obwohl der OP an sich sehr gut verlaufen ist und große Hoffnungen machte.
Lindsey Fitzharris präsentiert in ihrem Buch nicht nur einen ausgesprochen interessanten und informativen Blick auf die medizinischen Verhältnisse jener zum Glück vergangenen Epoche. Es ist vielmehr eine Biografie des Chirurgen Joseph Lister, den der Leser auf den zahlreichen Wegen seiner beruflichen Laufbahn und der Suche nach den Krankenhauserregern begleiten kann, dem immer klarer wird, dass die hygienischen Verhältnisse Schuld tragen an den hohen Opferzahlen. Während seiner verschiedenen Anstellungen werden ihm auch oft genug Steine in den Weg gelegt, die er jedoch hartnäckig umgeht.
Trotz dieses eigentlich trockenen Stoffes liest sich dieses Buch wie ein spannender Roman. Der Schreibstil ist angenehm locker und auch nicht voyeuristisch, sondern ausgesprochen sachlich. Eine ausgesprochen angenehme Art, sich auch einmal mit etwas Lehrreichem zu unterhalten.
Fazit: Schön, dass die gute alte Zeit längst vorbei ist!
Weniger
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Kurz-Rezension:
Auf dieses Buch, mehr eine Biografie, habe ich mich schon sehr gefreut.
Es geht um die Mediziner des 19. Jahrhunderts und wie sie praktizierten. Ganz explizit um die damaligen Chirurgen. Es war für viele Patienten ein wahrer Albtraum, da es oft nicht mit rechten Dingen …
Mehr
Kurz-Rezension:
Auf dieses Buch, mehr eine Biografie, habe ich mich schon sehr gefreut.
Es geht um die Mediziner des 19. Jahrhunderts und wie sie praktizierten. Ganz explizit um die damaligen Chirurgen. Es war für viele Patienten ein wahrer Albtraum, da es oft nicht mit rechten Dingen zuging. Zu viele Krankheiten, die hätten verhindert werden können. Zu viele ungeklärte Todesfälle, um die sich niemand zu kümmern schien. Bis Joseph Lister, zu der Zeit noch Medizin-Student, sich traute, diese Dinge öffentlich zu benennen und gegen sie anzukämpfen.
In mehreren kurzen Kapiteln werden unterschiedliche Desaströsitäten erläutert, die mich häufig sprachlos machen. Es wird auf die fallbezogenen Charaktere eingegangen und dargelegt, wie es zu dem jeweiligen Umstand kam. Dabei greift die Autorin auf eine präzise und leicht verständliche Sprache zurück, was ich ob der Themen sehr begrüße.
Ich bin sehr gefesselt von den Erzählungen der Entdeckungen Listers.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
»Der fleckige Holztisch in der Mitte war übersät mit den Spuren früherer Schlachtorgien. Sägespäne auf dem Boden sollten das Blut aufsaugen, das in Kürze aus dem abgetrennten Bein strömen würde. Meistens übertönten die grauenhaften …
Mehr
»Der fleckige Holztisch in der Mitte war übersät mit den Spuren früherer Schlachtorgien. Sägespäne auf dem Boden sollten das Blut aufsaugen, das in Kürze aus dem abgetrennten Bein strömen würde. Meistens übertönten die grauenhaften Schmerzensschreie der wehrlosen Patienten die hereindringenden Straßengeräusche: Kinderlachen, Passantengespräche, vorbeirumpelnde Kutschen.«
Krankheiten und Verletzungen sind nie angenehm. Aber wer heutzutage ins Krankenhaus muss, kann es in den meisten Fällen wieder gesund oder zumindest in einer besseren körperlichen Verfassung als zuvor verlassen. Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da war ein Krankenhausaufenthalt eine riskante Angelegenheit, Operationen waren lebensgefährlich und dazu noch unbeschreiblich schmerzhaft, da sie ohne Narkose durchgeführt wurden. Nach Möglichkeit wurden sie daher vermieden. Wer aber doch einen Eingriff durchleiden musste und ihn sogar überlebte, hatte es noch lange nicht geschafft, denn den meisten OPs folgten Infektionen, die enorm häufig zum Tode führten.
In diese grauenhafte Zeit, hier konkret ab den 1840er Jahren, reist der Leser dieses Buchs, das sich mit der Lebensgeschichte von Joseph Lister befasst. Dieser war Chirurg und gilt als Pionier in der Wundbehandlung. Durch ihn wurde die Chirurgie zu einer modernen Wissenschaft, doch bis dahin hatte er einen langen Kampf auszufechten.
Schon als Kind faszinierte Lister der Blick durchs Mikroskop. Der Wunsch, Menschen zu helfen, war entscheidend für die Berufswahl des jungen Quäkers. Lister wurde zu einem sehr begabten und engagierten Chirurgen, doch als er feststellen musste, wie viele seiner Patienten nach eigentlich geglückten OPs starben, fasste er als Ziel ins Auge, diesen schlimmen Zustand zu ändern. Seine Forschungen mit dem Mikroskop brachten ihn auf spektakuläre Gedanken…
Ich habe dieses Buch als zugleich höchst informativ und enorm spannend empfunden. Zu den beschriebenen Zuständen in den damaligen Krankenhäusern passt der Begriff „Horror“ wie kein anderer. So etwas wie Hygiene war nicht vorhanden, eher war das Gegenteil der Fall. Da liefen Chirurgen mit blutigen Kitteln, ungewaschenen Händen und unsauberen Instrumenten von einem Patienten zum anderen. Eiter hielt man für ein normales Zeichen der Heilung und der Gestank von verfaultem Fleisch wurde schlicht als »guter alter Krankenhausmief« bezeichnet. Aus heutiger Sicht wundert man sich da über gar nichts, aber in der Ärzteschaft herrschte damals große Uneinigkeit über das Entstehen von Krankheiten.
Selbst als Lister nach viel Herumexperimentieren mit Verbesserung der Sauberkeit und ersten Desinfektionsmaßnahmen anfing, Erfolge zu erzielen, schlug ihm noch viel Ablehnung entgegen, wurden seine Ideen als Hirngespinste abgetan. Doch Lister kämpfte für seine Ideen, wie wir heute wissen mit Erfolg und zum Glück für die Menschheit.
All das ist faszinierend zu lesen, allerdings wird es oft sehr blutig und grauslich, was für empfindliche Leser unangenehm werden könnte.
Fazit: Sehr blutig, aber faszinierend und sehr informativ. Ein Ausflug in eine wahrhaft düstere Zeit und der beeindruckende Kampf eines engagierten Mannes.
»Da fast jede Wunde übelriechenden Eiter absonderte, hielten wir es damals für ganz selbstverständlich, mit der gründlichen Reinigung von Händen und Instrumenten abzuwarten, bis alle Wunden untersucht und alle Verbände gewechselt waren.«
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
"Der Horror der frühen Medizin" von Lindsey Fitzharris ist eine Mischung aus einem lehrreichem Sachbuch, einer spannenden Roman und einer Biografie.
Sie berichtet, welchen riesigen Wandel die Medizin im Allgemeinen und die Chirurgie im Besonderen im 19. Jahrhundert mitgemacht hat. …
Mehr
"Der Horror der frühen Medizin" von Lindsey Fitzharris ist eine Mischung aus einem lehrreichem Sachbuch, einer spannenden Roman und einer Biografie.
Sie berichtet, welchen riesigen Wandel die Medizin im Allgemeinen und die Chirurgie im Besonderen im 19. Jahrhundert mitgemacht hat. Am Anfang stehen Chirurgen, die weder Lesen noch Schreiben können und ihr Handwerk nur so gut beherrschen wie der Vorgänger von dem Sie es gelernt haben. Am Anfang stehen Chirurgen, die in vollbesetzten Räumen vor Schaulustigen in Straßenkleidung operieren und dabei mit bloßen ungewaschenen Händen in den offenen Wunden herumstochern. Dann kommt ein langsames Umdenken und stetige Verbesserungen, bis am Ende studierte Mediziner als Chirurgen in penibel sauberen Operationsräumen Wunden mit antiseptischen Mitteln behandeln und mit desinfizierten Werkzeugen operieren.
Das meiste von diesem Wandel verdanken wir Joseph Lister, der im 19. Jahrhundert sein Studium zum Mediziner und Chirurgen durchlief, verschiedene Stellen in Großbritannien annahm und dabei seine Techniken immer weiter verbesserte, bis er am Ende sein ganzes Fach revolutionierte.
Lindsey Fitzharris schreibt dabei so spannend und detailliert, dass wir uns sehr gut in die damalige Zeit und besonders in die damaligen Krankenhäuser und Lehrsäle hineindenken können. Sie versäumt es nicht, dabei auch Dinge zu schildern, die nur am Rande mit Listers Geschichte zu tun haben, uns aber helfen die Umstände und Lebenssituation der Menschen damals zu verstehen. Es werden viele wissenschaftliche Fachbegriffe verwendet und die meisten davon auch erklärt. Manche Begriffe, die nicht oder schon an viel früherer Stelle erklärt wurden, habe ich absichtlich nicht nachgesehen um mir das Ganze nicht zu bildlich vorzustellen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Autorin übertrieben dramatisiert oder besonders ekelige Stellen hervorhebt. Die grundlegende Übelkeit beim Lesen ist einfach den damaligen Umständen und besonders der Diskrepanz zwischen den damaligen und den heutigen Praktiken geschuldet.
Ich möchte das Buch allen empfehlen, die ein grundlegendes Interesse am menschlichen Körper und der Behandlung desselben haben. Man lernt durch das Buch erst schätzen, was die Medizin heute, so kurz nach der geschilderten Zeit, alles leisten kann.
Das Buch ist spannend und lehrreich zugleich - man sollte nur nicht zu zart besaitet sein.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Inhalt und meine Meinung:
Mitte des 19. Jahrhunderts steckt die Medizin noch in den Kinderschuhen. Leichenraub, öffentliche Operationen vor hunderten von Zuschauern, die Chirurgen operieren in Straßenkleidung, Hygiene ist damals noch ein Fremdwort. Viele Patienten sterben, weil sich …
Mehr
Inhalt und meine Meinung:
Mitte des 19. Jahrhunderts steckt die Medizin noch in den Kinderschuhen. Leichenraub, öffentliche Operationen vor hunderten von Zuschauern, die Chirurgen operieren in Straßenkleidung, Hygiene ist damals noch ein Fremdwort. Viele Patienten sterben, weil sich Krankheiten rasant ausbreiten oder die mangelnde Hygiene schwere Entzündungen hervorruft. Der Leser begleitet den jungen Londoner Studenten Joseph Lister, der mit allen ihm verfügbaren Mitteln versucht die Sterberate in den Krankenhäusern zu senken. Die Ereignisse sind sehr detailreich und bildhaft beschrieben, ich fühlte mich oftmals als wäre ich als stiller Beobachter bei den Operationen dabei. Zimperlich darf man beim Lesen dieses Romans keinesfalls sein. Der erste Hinweis, dass die Lektüre recht blutig sein könnte, zeigt die rote Schrift auf dem Buchumschlag, dessen Gestaltung richtig gut zum Inhalt passt. Ein interessantes Buch, das ich sehr gerne gelesen habe und auch gerne weiterempfehle an Menschen, die einen Einblick in die Medizin Mitte des 19. Jahrhunderts bekommen wollen.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
INHALT
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts endete fast jede Operation tödlich. Dies lag mitnichten am medizinischen Unvermögen der damaligen Chirurgen, sondern vielmehr an der mangelnden Hygiene. Weder die Ärzte noch die OP-Säle wurden desinfiziert. Kurzum, Keime konnten sich rasant …
Mehr
INHALT
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts endete fast jede Operation tödlich. Dies lag mitnichten am medizinischen Unvermögen der damaligen Chirurgen, sondern vielmehr an der mangelnden Hygiene. Weder die Ärzte noch die OP-Säle wurden desinfiziert. Kurzum, Keime konnten sich rasant ausbreiten. 1860 erreichte die Mortalitätsrate in den britischen Krankenhäusern gar ihren Höchststand. Der vielseitig interessierte Chirurg Joseph Lister (1827-1912) wollte dieses sinnlose Sterben beenden, indem er sich entschieden gegen die allseits bekannte Miasmentheorie aussprach. Der Quäkersohn forschte und beobachte den Verlauf der gängigen Wundinfektionen (wie z. B. Erysipel, Gangrän oder Sepsis) mikroskopisch genau und fand heraus, dass das Krankenhauspersonal als Überträger Nr. 1 fungierte. Lister stützte sich dabei auf Louis Pasteurs Studien und entwickelte diese ehrgeizig neben dem hektischen Klinikbetrieb in Glasgow und London weiter. Was folgte, verblüffte Patienten wie Ärzte und machte Lister zum Begründer der sog. antiseptischen Medizin. Der Hospitalismus konnte gebannt werden, indem man fortan Hände, Kleidung sowie den OP-Bereich gründlich desinfizierte.
MEINUNG
Mit der Biografie „Der Horror der frühen Medizin“ ist der britischen Medizinhistorikerin Lindsey Fritzharris wahrlich eine spannende Lektüre mit krimihaften Zügen gelungen. Ich habe das 276-seitige Buch regelrecht verschlungen. Das lag zum einen daran, dass mich die Thematik brennend interessiert hat und zum anderen an den bildhaften Beschreibungen der Autorin. Fritzharris hat sowohl die Zeitumstände als auch die Rückständigkeit der Chirurgie im 19. Jahrhundert erschreckend realistisch porträtieren können. Dies setzt natürlich eine umfangreiche Recherche voraus. Als Leser staunt man einfach, wenn von alltäglichen Schausektionen und Schlachter ähnlichen Medizinern die Rede ist. Man kann es sich kaum vorstellen, aber damals galten Krankenhäuser als „Todeshäuser“ und wurden nur im äußersten Notfall aufgesucht. Im Privaten sah es nicht besser aus. Dort herrschte Dunkelheit, Dreck und harte Arbeit.
Diese recht bedrückende Stimmung nimmt das Cover auf eindrückliche Weise auf. So ist der Titel in Blutrot gehalten und der schwarze Hintergrund erinnert an den Tod. Die zwei metallischen Operationsgeräte flößen zusätzlich Respekt ein.
Dreh- und Angelpunkt der Lektüre ist Joseph Lister. Er war eine Lichtgestalt der damaligen Zeit. Er lebte 100 Prozent für die Medizin und ordnete dieser alles unter. Sein Forscherdrang, sein Mut zur Veränderung und seine Bescheidenheit haben mir imponiert. Es ist m. E. wichtig, dass man an solch wichtige Persönlichkeiten der Naturwissenschaft erinnert wird. Denn ich kannte Lister vor der Buchlektüre nicht, hatte weder im Biologieunterricht oder irgendwo anders von ihm gehört.
FAZIT
Ein durchweg lesenswertes Kapitel der Medizingeschichte, das flüssig und spannend erzählt wird. Gut, dass sich die Medizin in puncto Asepsis weiterentwickelt hat.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Erzählt wird in diesem Buch die Entwicklung der Medizin, insbesondere der Chirurgie anhand des Lebens- und Forschungsweges von Joseph Lister, der sein Medizinstudium 1844 in London begann.
Ich habe das Buch geschenkt bekommen, weil der Käufer bereits nach wenigen Seiten von den …
Mehr
Erzählt wird in diesem Buch die Entwicklung der Medizin, insbesondere der Chirurgie anhand des Lebens- und Forschungsweges von Joseph Lister, der sein Medizinstudium 1844 in London begann.
Ich habe das Buch geschenkt bekommen, weil der Käufer bereits nach wenigen Seiten von den Beschreibungen der damaligen medizinischen Verhältnisse abgeschreckt war. Ja, als Leser muss man schon etwas hartgesotten sein, da bei den Beschreibungen der damaligen Behandlungsmethoden (anfangs noch ohne Narkose) sofort das Kopfkino anspringt. Dabei geht die Autorin in ihren Darstellungen völlig wertfrei vor. Das gefällt mir gut, denn die damalige Medizin stand ja noch ganz am Anfang und die Ärzte wussten es nicht besser.
Hygiene war ein Fremdwort. Gerade dazu beschreibt Lindsey Fitzharris im Buch die Zustände sehr treffend: „Der Operationssaal war ein Tor zum Tod.“ - wegen der fehlenden Hygiene. So wurde OP-Besteck zwischen mehreren OPs nicht gesäubert, die Ärzte wuschen sich nicht die Hände, vom Wechsel blutverschmierter Kleidung ganz zu schweigen. Überlebten Patienten noch die OP, so erlagen sie meist nach wenigen Tagen den Wundinfektionen. Ich fand das Buch äußerst interessant, erhält man doch neben den medizinischen Einblicken auch noch Einblicke in die sozialen Hintergründe des 19. Jahrhunderts. Die große Bevölkerungsdichte, die fehlende Kanalisation und damit verbunden auch die öffentlichen Keimherde auf den Straßen, auf den Friedhöfen und in den Krankenhäusern werden hier mit aufgezeigt. Völlig überrascht las ich auch, dass in England Ehemänner bei Überdruss die Ehefrau straffrei weiterverkaufen konnten.
Für mich war dieses Buch, wenn es manchmal auch mit seiner offenen Darstellung, schockierend wirkt, ein rundum gelungenes Werk. Es gibt dem Leser einen einzigartigen, anschaulichen Einblick in die Anfänge der Chirurgie. Von mir gibt’s daher 5 Lese-Sterne
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Der Horror der frühen Medizin, Biographie von Lindsey Fitzharris, 276 Seiten, erschienen im Suhrkamp - Verlag.
Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber und Knochenklempner.
Die dunkle Zeit der viktorianischen Medizin. Im frühen 19.Jh. waren Operationen wegen der Folgerisiken …
Mehr
Der Horror der frühen Medizin, Biographie von Lindsey Fitzharris, 276 Seiten, erschienen im Suhrkamp - Verlag.
Joseph Listers Kampf gegen Kurpfuscher, Quacksalber und Knochenklempner.
Die dunkle Zeit der viktorianischen Medizin. Im frühen 19.Jh. waren Operationen wegen der Folgerisiken strikt zu vermeiden. Chirurgische Eingriffe waren eine Seltenheit und wurden von Ärzten im Straßenanzug, ohne Betäubung und wie Jahrmarkttreiben zelebriert. Doch die Zeiten der Qualen fanden durch die Äthernarkose ein Ende. Weitaus schlimmer waren die Komplikationen durch postoperative Infektionen. Die Gründe für Sepsis, Wundbrand und Gangräne waren noch nicht erforscht. Doch Joseph Lister und viele seiner berühmten Kollegen konnten und wollten sich nicht damit abfinden, dass sie selbst durch unsaubere Instrumente, blutverschmierte Kittel und ungewaschene Hände ihren Patienten den Tod brachten. Hier wird die Lebensgeschichte von Joseph Lister und sein Kampf gegen den Hospitalismus eindrucksvoll beschrieben.
Das Buch ist in 11 Kapitel unterteilt, die jeweils mit einer zum Inhalt passenden, in Großbuchstaben gedruckten Überschrift versehen sind. Darunter wurden kursiv geschriebene Zitate in kursiver Schrift gedruckt, die überwiegend von berühmten Ärzten stammen. Lateinische Krankheitsbezeichnungen, Fachausdrücke und Eigennamen sind ebenfalls kursiv dargestellt. Am Anfang ist ein Inhaltsverzeichnis angegeben, welches sehr hilfreich war. Einzelne Textstellen sind mit Anmerkungsziffern versehen, die Fußnoten dazu sind im Anhang vermerkt.
Lindsay Fitzharris hat mich mit ihrem Buch äußerst beeindruckt. Die promovierte Medizinhistorikerin veröffentlich regelmäßig in verschiedenen Zeitungen, auch medizinischen. Bekannt wurde sie durch ihre You Tube-Serie „Under the knife“. Dass die Autorin weiß wovon sie schreibt, merkt man unbedingt. Ich habe das Buch schnell gelesen und zwischendurch fast vergessen zu blinzeln, so spannend hat sich die Lektüre erwiesen. Jederzeit konnte ich der Erzählung folgen, die Charaktere handelten plausibel und nachvollziehbar. Allerdings sollte eine gewisse medizinische Vorbildung vorhanden sein. Fachbegriffe die einem Mediziner geläufig sind, werden nicht näher erläutert. Die hygienischen Zustände im 19. Jh., die infizierten Wunden, die blutigen Eingriffe, der empörende Gestank, auch Leichenhandel werden bis ins kleinste delikate Detail geschildert, deshalb sollte der Leser schon etwas abgebrüht sein. Wer sich für Medizingeschichte interessiert und etwas Fachkenntnisse mitbringt fühlt sich mit dieser Biografie sicher gut unterhalten. Die Person Joseph Lister wurde hervorragend charakterisiert und sympathisch beschrieben. Ihm und anderen Pionieren der Medizin z.B. Pasteur, Semmelweis usw. ist es durch ihre unermüdliche Forschungsarbeit zu verdanken, dass die Gefahr der Ansteckung oder einer postoperativen Infektion nahezu ausgemerzt ist. Ein hervorragendes Sachbuch zu keiner Zeit langweilig oder unverständlich, lebendig geschrieben und sehr unterhaltsam. Dafür von mir volle Punktzahl, 5 Sterne.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Chirurgie im frühen 19. Jahrhundert war grausig. Die Operateure waren eher Handwerker als Ärzte und verwendeten von vorherigen Eingriffen verschmutzte Instrumente. Die Ursachen von Infektionen waren unbekannt, sodass die meisten Patienten starben. Krankenhäuser galten als …
Mehr
Chirurgie im frühen 19. Jahrhundert war grausig. Die Operateure waren eher Handwerker als Ärzte und verwendeten von vorherigen Eingriffen verschmutzte Instrumente. Die Ursachen von Infektionen waren unbekannt, sodass die meisten Patienten starben. Krankenhäuser galten als "Häuser des Todes".
In "Der Horror der frühen Medizin" erzählt die promovierte Medizinhistorikerin Lindsey Fitzharris die Biographie Joseph Listers. Lister gehörte zur ersten Generation von Chirurgen, die Medizin studiert hatten. Im Laufe seines langen Lebens forschte er über die Ursache der Infektionen, die vielen Patienten den Tod brachten. Schließlich entwickelte er eine funktionierende Methode der Wundreinigung, die die Sterblichkeit nach Operationen erheblich senkte. Danach musste er seine Entdeckung gegen die Anfeindungen und die Skepsis seiner Kollegen durchsetzen, was ihm Ende des 19. Jahrhunderts glücklicherweise gelang.
Lindsey Fitzharris erzählt Listers Leben und Wirken so anschaulich, dass ich beim Lesen das Gefühl hatte, dem Pionier der Wundreinigung selbst über die Schulter zu schauen. Ich hatte nie zuvor von Joseph Lister gehört, was mich angesichts seiner großen Verdienste im Nachhinein sehr erstaunt. Die grausigen Zustände in der Operationssälen beschreibt Fitzharris so detailreich, dass man an manchen Stellen darauf verzichten sollen, beim Lesen zu essen. Glücklicherweise verzichtet das Cover auf allzu blutige Zeichnungen, was ich sehr angenehm finde.
Neben Listers Wirken geht das Buch auch kurz auf die Arbeit anderer Chirurgen und Naturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts ein, zum Beispiel Ignaz Semmelweis und Louis Pasteur. Es kommen einige medizinische Fachbegriffe vor, doch entsprechende Vorkenntnisse sind meiner Meinung nach nicht notwendig, um das Buch lesen zu können. Teilweise werden die Begriffe erklärt, in den anderen Fällen sind sie für das grundlegende Verständnis nicht unbedingt notwendig.
Fazit: Anschaulich und fachkundig geschriebene Biographie eines recht unbekannten Pioniers der Wundreinigung - Hochinteressant und sehr lesenswert - 5 Sterne.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für