Barbara Kingsolver
Gebundenes Buch
Demon Copperhead
Roman Pulitzer-Preis & Women's Prize for Fiction 'Ebenso klug wie wortmächtig. Ein Buch, das einen die USA mit neuen Augen sehen lässt.' Denis Scheck
Übersetzung: Gunsteren, Dirk van
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»Ja, es gibt Drogen, die glücklich machen und nicht den Verstand kosten. Dieses Buch ist eine davon.« Stuttgarter Zeitung#1 New York Times Readers' Choice: 100 Best Books of the 21st Century»Vielleicht der beste Roman des Jahres.« Washington PostEin Triumph und ein großes Lesevergnügen: Der Millionenbestseller aus den USA, über ein Leben gegen alle Widerstände.Ein Trailer in den Wäldern Virginias, dem Land der Tabakfarmer und Schwarzbrenner, der Hillbilly-Cadillac-Stoßstangenaufkleber an rostigen Pickups. Hier kommt Demon Copperhead zur Welt - die Mutter ist noch ein Teenie und fris...
»Ja, es gibt Drogen, die glücklich machen und nicht den Verstand kosten. Dieses Buch ist eine davon.« Stuttgarter Zeitung
#1 New York Times Readers' Choice: 100 Best Books of the 21st Century
»Vielleicht der beste Roman des Jahres.« Washington Post
Ein Triumph und ein großes Lesevergnügen: Der Millionenbestseller aus den USA, über ein Leben gegen alle Widerstände.
Ein Trailer in den Wäldern Virginias, dem Land der Tabakfarmer und Schwarzbrenner, der Hillbilly-Cadillac-Stoßstangenaufkleber an rostigen Pickups. Hier kommt Demon Copperhead zur Welt - die Mutter ist noch ein Teenie und frisch auf Entzug, der Vater tot. Ein Junge mit kupferroten Haaren, großer Klappe und einem zähen Überlebenswillen, bei allem, was das Leben für ihn bereithält: Armut, Pflegefamilien, Drogensucht, erste Liebe und unermesslichen Verlust. Es ist seine Geschichte, erzählt in seinen Worten, unbekümmert, vorwitzig, von übersprudelnder Lebenskraft.
Ein mitreißender Roman über ein Leben auf Messers Schneide, in dem in jedem Moment Hoffnung aufscheint.
»Eine der großen virtuosen Sprachperfomances. Eine Meisterklasse.« Richard Powers
»Erzählkunst at its best.« Stephen King
»Selten habe ich so sehr mit einem Helden mitgefiebert, ihm die Daumen gedrückt, seinetwegen nachts wachgelegen.« Anika Decker
#1 New York Times Readers' Choice: 100 Best Books of the 21st Century
»Vielleicht der beste Roman des Jahres.« Washington Post
Ein Triumph und ein großes Lesevergnügen: Der Millionenbestseller aus den USA, über ein Leben gegen alle Widerstände.
Ein Trailer in den Wäldern Virginias, dem Land der Tabakfarmer und Schwarzbrenner, der Hillbilly-Cadillac-Stoßstangenaufkleber an rostigen Pickups. Hier kommt Demon Copperhead zur Welt - die Mutter ist noch ein Teenie und frisch auf Entzug, der Vater tot. Ein Junge mit kupferroten Haaren, großer Klappe und einem zähen Überlebenswillen, bei allem, was das Leben für ihn bereithält: Armut, Pflegefamilien, Drogensucht, erste Liebe und unermesslichen Verlust. Es ist seine Geschichte, erzählt in seinen Worten, unbekümmert, vorwitzig, von übersprudelnder Lebenskraft.
Ein mitreißender Roman über ein Leben auf Messers Schneide, in dem in jedem Moment Hoffnung aufscheint.
»Eine der großen virtuosen Sprachperfomances. Eine Meisterklasse.« Richard Powers
»Erzählkunst at its best.« Stephen King
»Selten habe ich so sehr mit einem Helden mitgefiebert, ihm die Daumen gedrückt, seinetwegen nachts wachgelegen.« Anika Decker
Barbara Kingsolver,1955 geboren, hat Romane, Gedichte, Essays und ein Memoir verfasst, die in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet wurden, u. a. mit dem Pen/Faulkner Award, dem Orange Prize for Fiction, dem Women's Prize for Fiction und dem Pulitzer-Preis. Sie wurde mit der National Medal of Humanities geehrt und ist Mitglied der American Academy of Arts and Letters. Aufgewachsen in Kentucky, lebt sie heute mit ihrer Familie auf einer Farm in Virginia.
Produktdetails
- Verlag: DTV
- Originaltitel: Demon Copperhead
- 5. Aufl.
- Seitenzahl: 864
- Erscheinungstermin: 15. Februar 2024
- Deutsch
- Abmessung: 204mm x 133mm x 56mm
- Gewicht: 770g
- ISBN-13: 9783423283960
- ISBN-10: 3423283963
- Artikelnr.: 69190021
Herstellerkennzeichnung
dtv Verlagsgesellschaft
Tumblingerstraße 21
80337 München
produktsicherheit@dtv.de
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Harald Hordych zeigt sich sehr beeindruckt von Barbara Kingsolvers neuem Roman. Auf 800 Seiten entfaltet die Autorin, so Hordych, ein Panorama des Aufwachsens im US-amerikanischen Unterschichtenmilieu, genauer: in einem Trailerpark in einer Kleinstadt in Virginia. Die Parallelen zum Vorbild "David Copperfield" sind, so der Rezensent, dabei leicht zu erkennen: Auch Kingsolvers Protagonist ist ein Waisenkind, denn sein Vater ist tot und seine selbst noch junge Mutter stirbt, als er elf ist, an einer Überdosis. Über die deprimierende Chancenlosigkeit, die am Beispiel von Demons ihn immer wieder in die Armut zurückstoßenden Schicksal verhandelt wird, ist Hordych zufolge nur auszuhalten, weil die Autorin mit Leichtigkeit, pointiert und doch einfühlsam, erzählt. Zugleich rutscht der Roman ihm zufolge, auch wo er Mut und Hoffnung aufblitzen lässt, nicht ins Sozialkitschige. Und so macht die Lektüre dieses von Dirk van Gunsteren ins Deutsche übertragenen Textes, schließt der Rezensent, trotz aller Sozialkritik großen Spaß.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Vom zeitweiligen Leben in einem alten Chevrolet
Mit "Demon Copperhead" stellt sich Barbara Kingsolver in die Tradition von Dickens und Grass. Aber ist dieses Werk wirklich der große Roman über die Appalachen, den sie zu schreiben vorhatte?
Der Roman ist, soweit die Kategorie überhaupt noch irgendeine Aussagekraft hat, eine Sache des Bürgertums. Für die Lektüre, um vom Schreiben noch gar nicht zu sprechen, braucht es Zeit und Geld, die Möglichkeit des Rückzugs, innere und äußere Ruhe, ja, überhaupt eine Wertschätzung fürs Erzählen und die Sprache. Und das umso mehr, als der Griff zum Smartphone, unserem aufmerksamkeitsheischenden Dauerbegleiter, einen viel unmittelbareren Kick verspricht. Ohne eine gewisse
Mit "Demon Copperhead" stellt sich Barbara Kingsolver in die Tradition von Dickens und Grass. Aber ist dieses Werk wirklich der große Roman über die Appalachen, den sie zu schreiben vorhatte?
Der Roman ist, soweit die Kategorie überhaupt noch irgendeine Aussagekraft hat, eine Sache des Bürgertums. Für die Lektüre, um vom Schreiben noch gar nicht zu sprechen, braucht es Zeit und Geld, die Möglichkeit des Rückzugs, innere und äußere Ruhe, ja, überhaupt eine Wertschätzung fürs Erzählen und die Sprache. Und das umso mehr, als der Griff zum Smartphone, unserem aufmerksamkeitsheischenden Dauerbegleiter, einen viel unmittelbareren Kick verspricht. Ohne eine gewisse
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Disziplin kann die Lektüre eines längeren Prosawerks, wenn es denn überhaupt zu ihr kommt, zu einer unangenehm zähen Angelegenheit werden.
Die Tatsache, dass sich die Gegenwartsliteratur in den vergangenen Jahren mit besonderer Intensität der westlichen Abstiegsgesellschaft zugewendet hat, wirft vor diesem Hintergrund Fragen auf. Sie betreffen nicht die Herkunft der Autoren, also inwiefern sie mit ihrer eigenen Vergangenheit "beglaubigen" können, was sie in ihren Büchern schildern. Dieser Logik sollte man sich, wenn man sich nicht über sie lustig machen will wie jüngst die großartige Filmposse "American Fiction", am besten ohnehin verweigern. Fraglich ist vielmehr das poetische Verfahren, der bemerkenswert ungebrochene Realismus dieser Bücher, die oft ganz oben auf den Listen der Literaturpreisjurys stehen: Seht, wie diese armen Leute hausen und leben, den Schmutz, die Ausweglosigkeit! Die soziale Distanz wird dadurch nicht verringert, im Gegenteil, man badet entweder in wohligem Mitgefühl oder in der behaglichen Gewissheit, den "Marginalisierten" endlich "eine Stimme" zu geben. Beides ist unangenehm.
Barbara Kingsolver zählt in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten zu den prominentesten Autorinnen, während sie im deutschsprachigen Raum noch relativ unbekannt ist. Sie erzählt in ihrem Roman "Demon Copperhead", für den sie den Pulitzerpreis erhielt, von einer Jugend in den Neunziger- und frühen Zweitausenderjahren im südwestlichen Virginia. Hier, in den Appalachen, gab es früher einmal Bergbau, der für einen gewissen Wohlstand sorgte, bevor mit seiner Stilllegung der soziale Niedergang einsetzte. Soziales Elend, dysfunktionale Familien, Kriminalität und Drogen prägen seither das Leben. In der Presse, aus der im Roman zitiert wird, ist vom einem "Schandfleck" die Rede, einem "Schmutzstreifen", dessen Bewohner als "Hinterwäldler", als "Rednecks" bezeichnet werden.
In dieser Gegend wird Demon, Kingsolvers Held, in ein Dasein hineingeboren, dessen Stationen von Anfang an vorgezeichnet sind: eine Kindheit in Gewalt und Armut, der frühe Tod der "Junkie-Mom", wechselnde Sorgeberechtigte und Pflegefamilien, die den Jungen auf je eigene Weise ausbeuten, ja sogar körperlich an den Existenzrand bringen. Auf eine längere Phase relativer Stabilität, in der der Junge zum Star des Footballteams an seiner Highschool wird, folgt schließlich, nach einer heftigen Sportverletzung, der Totalabsturz. Demon beginnt, Tabletten zu schlucken, insbesondere das mit krimineller Energie vermarktete Schmerzmittel Oxycontin, und wird dadurch zu einem frühen Opfer der amerikanischen Opioid-Krise, deren reale katastrophale Folgen bis in unsere Gegenwart reichen, mit 100.000 Toten allein in den Jahren 2021/22.
Nur ganz langsam fängt sich Demon wieder, nach dem traurigen Krepieren der Freundin an einer Überdosis Morphin, der Verstrickung in beschaffungskriminelle Machenschaften und der zeitweisen Verlagerung des Wohnsitzes in einen heruntergekommenen Chevrolet Impala. Dabei hilft ihm nicht nur eine Reha-Maßnahme, sondern mehr noch sein Talent als Comiczeichner, dem er zunächst als Amateur im Netz nachgeht, bevor es ihm einen Buchvertrag und am Ende auch einigen Erfolg einbringt. So endet die Geschichte unerwartet optimistisch.
Erzählerisch tragen soll den Roman eine schlichte Schafft-er's-schafft-er's-nicht-Dynamik. Über 300 oder 400 Seiten hinweg mag das hinreichen, auf mehr als 800 verliert sie aber irgendwann an Wirkung. In seiner Sprache folgt das Buch einem beinharten Realismus, den Dirk van Gunsteren in ein überzeugendes Deutsch gebracht hat, gepaart mit einer kritischen Gesellschaftsanalyse, die man gerade in ihren (regional-)historischen Herleitungen, bis hin zur sogenannten Whiskey-Rebellion von 1774, mit Interesse liest. Alles in allem folgt Kingsolvers Buch gängigen Verfahren der internationalen Gegenwartsliteratur, wie sie beispielsweise in den viel gelesenen Romanen des schottisch-amerikanischen Schriftstellers Douglas Stuart, besonders in seinem mit dem Booker-Preis ausgezeichneten Debüt "Shuggie Bain" (F.A.Z. vom 24. November 2021), umgesetzt sind.
Der Gefahr, einen Wohlfühlroman für die Mittelklasse geschrieben zu haben, die sich durch einen mitleidig-schaudernden Blick in den sozialen Abgrund der eigenen, zwar angefochtenen, aber immer noch erheblichen Privilegien vergewissert - dieser Gefahr ist die erfahrene Autorin Barbara Kingsolver allerdings entgangen. So weist sie ihre Erzählung gleich zweifach als Erzählung aus und stellt ihren Realismus dadurch unter Vorbehalt: zum einen, indem sie ihren Roman als eine Charles-Dickens-Adaption ausgibt und ihren Protagonisten an einer Stelle sogar ausdrücklich von "David Copperfield" sprechen lässt; und zum anderen, indem sie die Geschichte auf einen therapeutischen Erzählakt zurückführt, auf eine literarische Hausaufgabe, die Demon von einer Psychologin in seiner Entzugseinrichtung gestellt worden ist. Ob Kingsolver Grass' "Blechtrommel" zur Kenntnis genommen hat? Realität und Fiktion, intertextuelle Beziehungen und überformende Erinnerung bilden in diesem Roman ein unauflösliches Ganzes.
Der "große Roman von Appalachia", den Kingsolver mit ihrem Buch vorlegen wollte, wie sie in einem Interview erklärte - er ist ein Roman im starken Wortsinne. Die Möglichkeit, ihn allzu rasch mit der Wirklichkeit kurzzuschließen, bietet er nicht, trotz der rauen, der Realität abgehörten Sprache des Ich-Erzählers. Dass ihr Buch in stilistischer, formaler und narrativer Hinsicht so reizlos ist, verwundert dabei nur auf den ersten Blick. Auch das ist wohl Teil des allgegenwärtigen "Midcults" (F.A.Z. vom 25. November 2022): die Leser im Gefühl zu wähnen, an der literarischen Hochkultur teilzuhaben (Dickens! Zitat! Selbstreflexivität!), ohne daraus irgendwelche, gar herausfordernde Konsequenzen abzuleiten. So demokratisch dieser Ansatz sein mag, so uncouragiert ist er zugleich. Dass es solche Romane geben darf und soll, sei gar nicht bestritten. Aber muss man sie gleich mit den allerhöchsten Ehrungen versehen? KAI SINA
Barbara Kingsolver: "Demon Copperhead". Roman.
Aus dem Englischen
von Dirk van Gunsteren. dtv, München 2024.
832 S., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Die Tatsache, dass sich die Gegenwartsliteratur in den vergangenen Jahren mit besonderer Intensität der westlichen Abstiegsgesellschaft zugewendet hat, wirft vor diesem Hintergrund Fragen auf. Sie betreffen nicht die Herkunft der Autoren, also inwiefern sie mit ihrer eigenen Vergangenheit "beglaubigen" können, was sie in ihren Büchern schildern. Dieser Logik sollte man sich, wenn man sich nicht über sie lustig machen will wie jüngst die großartige Filmposse "American Fiction", am besten ohnehin verweigern. Fraglich ist vielmehr das poetische Verfahren, der bemerkenswert ungebrochene Realismus dieser Bücher, die oft ganz oben auf den Listen der Literaturpreisjurys stehen: Seht, wie diese armen Leute hausen und leben, den Schmutz, die Ausweglosigkeit! Die soziale Distanz wird dadurch nicht verringert, im Gegenteil, man badet entweder in wohligem Mitgefühl oder in der behaglichen Gewissheit, den "Marginalisierten" endlich "eine Stimme" zu geben. Beides ist unangenehm.
Barbara Kingsolver zählt in den Vereinigten Staaten seit Jahrzehnten zu den prominentesten Autorinnen, während sie im deutschsprachigen Raum noch relativ unbekannt ist. Sie erzählt in ihrem Roman "Demon Copperhead", für den sie den Pulitzerpreis erhielt, von einer Jugend in den Neunziger- und frühen Zweitausenderjahren im südwestlichen Virginia. Hier, in den Appalachen, gab es früher einmal Bergbau, der für einen gewissen Wohlstand sorgte, bevor mit seiner Stilllegung der soziale Niedergang einsetzte. Soziales Elend, dysfunktionale Familien, Kriminalität und Drogen prägen seither das Leben. In der Presse, aus der im Roman zitiert wird, ist vom einem "Schandfleck" die Rede, einem "Schmutzstreifen", dessen Bewohner als "Hinterwäldler", als "Rednecks" bezeichnet werden.
In dieser Gegend wird Demon, Kingsolvers Held, in ein Dasein hineingeboren, dessen Stationen von Anfang an vorgezeichnet sind: eine Kindheit in Gewalt und Armut, der frühe Tod der "Junkie-Mom", wechselnde Sorgeberechtigte und Pflegefamilien, die den Jungen auf je eigene Weise ausbeuten, ja sogar körperlich an den Existenzrand bringen. Auf eine längere Phase relativer Stabilität, in der der Junge zum Star des Footballteams an seiner Highschool wird, folgt schließlich, nach einer heftigen Sportverletzung, der Totalabsturz. Demon beginnt, Tabletten zu schlucken, insbesondere das mit krimineller Energie vermarktete Schmerzmittel Oxycontin, und wird dadurch zu einem frühen Opfer der amerikanischen Opioid-Krise, deren reale katastrophale Folgen bis in unsere Gegenwart reichen, mit 100.000 Toten allein in den Jahren 2021/22.
Nur ganz langsam fängt sich Demon wieder, nach dem traurigen Krepieren der Freundin an einer Überdosis Morphin, der Verstrickung in beschaffungskriminelle Machenschaften und der zeitweisen Verlagerung des Wohnsitzes in einen heruntergekommenen Chevrolet Impala. Dabei hilft ihm nicht nur eine Reha-Maßnahme, sondern mehr noch sein Talent als Comiczeichner, dem er zunächst als Amateur im Netz nachgeht, bevor es ihm einen Buchvertrag und am Ende auch einigen Erfolg einbringt. So endet die Geschichte unerwartet optimistisch.
Erzählerisch tragen soll den Roman eine schlichte Schafft-er's-schafft-er's-nicht-Dynamik. Über 300 oder 400 Seiten hinweg mag das hinreichen, auf mehr als 800 verliert sie aber irgendwann an Wirkung. In seiner Sprache folgt das Buch einem beinharten Realismus, den Dirk van Gunsteren in ein überzeugendes Deutsch gebracht hat, gepaart mit einer kritischen Gesellschaftsanalyse, die man gerade in ihren (regional-)historischen Herleitungen, bis hin zur sogenannten Whiskey-Rebellion von 1774, mit Interesse liest. Alles in allem folgt Kingsolvers Buch gängigen Verfahren der internationalen Gegenwartsliteratur, wie sie beispielsweise in den viel gelesenen Romanen des schottisch-amerikanischen Schriftstellers Douglas Stuart, besonders in seinem mit dem Booker-Preis ausgezeichneten Debüt "Shuggie Bain" (F.A.Z. vom 24. November 2021), umgesetzt sind.
Der Gefahr, einen Wohlfühlroman für die Mittelklasse geschrieben zu haben, die sich durch einen mitleidig-schaudernden Blick in den sozialen Abgrund der eigenen, zwar angefochtenen, aber immer noch erheblichen Privilegien vergewissert - dieser Gefahr ist die erfahrene Autorin Barbara Kingsolver allerdings entgangen. So weist sie ihre Erzählung gleich zweifach als Erzählung aus und stellt ihren Realismus dadurch unter Vorbehalt: zum einen, indem sie ihren Roman als eine Charles-Dickens-Adaption ausgibt und ihren Protagonisten an einer Stelle sogar ausdrücklich von "David Copperfield" sprechen lässt; und zum anderen, indem sie die Geschichte auf einen therapeutischen Erzählakt zurückführt, auf eine literarische Hausaufgabe, die Demon von einer Psychologin in seiner Entzugseinrichtung gestellt worden ist. Ob Kingsolver Grass' "Blechtrommel" zur Kenntnis genommen hat? Realität und Fiktion, intertextuelle Beziehungen und überformende Erinnerung bilden in diesem Roman ein unauflösliches Ganzes.
Der "große Roman von Appalachia", den Kingsolver mit ihrem Buch vorlegen wollte, wie sie in einem Interview erklärte - er ist ein Roman im starken Wortsinne. Die Möglichkeit, ihn allzu rasch mit der Wirklichkeit kurzzuschließen, bietet er nicht, trotz der rauen, der Realität abgehörten Sprache des Ich-Erzählers. Dass ihr Buch in stilistischer, formaler und narrativer Hinsicht so reizlos ist, verwundert dabei nur auf den ersten Blick. Auch das ist wohl Teil des allgegenwärtigen "Midcults" (F.A.Z. vom 25. November 2022): die Leser im Gefühl zu wähnen, an der literarischen Hochkultur teilzuhaben (Dickens! Zitat! Selbstreflexivität!), ohne daraus irgendwelche, gar herausfordernde Konsequenzen abzuleiten. So demokratisch dieser Ansatz sein mag, so uncouragiert ist er zugleich. Dass es solche Romane geben darf und soll, sei gar nicht bestritten. Aber muss man sie gleich mit den allerhöchsten Ehrungen versehen? KAI SINA
Barbara Kingsolver: "Demon Copperhead". Roman.
Aus dem Englischen
von Dirk van Gunsteren. dtv, München 2024.
832 S., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
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Demon Copperhead ist ein praller, von Dirk van Gunsteren großartig übersetzter Roman, der vom unverschuldeten Elend und vom Überlebenswillen erzählt, ein Roman über Freundschaft, Verrat, Hochstapelei, Rassismus und nicht zuletzt die Liebe. Rainer Moritz Deutschlandfunk Kultur, Studio 9 20240215
»Fabian Busch liest mit entspannter, angenehmer und jugendlicher Stimme und lässt den Hörer als unsichtbaren Zuschauer an den unglaublich einfachen Verhältnissen der Helden teilhaben. Besser geht's nicht.« Hildegard Lorenz Münchner Merkur 20250405
Demon Copperhead kommt in einem Trailer in den Wäldern Virginias zur Welt, seine Mutter ist frisch auf Entzug, der Vater tot. Die Vermieter wohnen nebenan, die Peggots sind wie eine Ersatzfamilie für den kleinen Jungen mit der großen Klappe und dem guten Herz. Als Demons Mutter …
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Demon Copperhead kommt in einem Trailer in den Wäldern Virginias zur Welt, seine Mutter ist frisch auf Entzug, der Vater tot. Die Vermieter wohnen nebenan, die Peggots sind wie eine Ersatzfamilie für den kleinen Jungen mit der großen Klappe und dem guten Herz. Als Demons Mutter stirbt, beginnt eine Odyssee für das Kind, das von einer Pflegefamilie zur anderen weitergereicht wird, immer wieder vergessen von einem System, das versagt, wo es eigentlich helfen soll. Letztendlich nimmt Demon es selbst in die Hand und macht sich auf die Suche nach seinem Glück, ohne zu ahnen, was das Schicksal noch alles für ihn bereithält.
„Er fragte mich nach meiner Bürde, und ich sagte: elf Jahre alt und keinen Cent in der Tasche, abgehauen von einem Ort, wo sich keiner einen Schei..dreck um mich kümmert, und jetzt gings zu einem anderen Ort, wo mich wahrscheinlich noch mehr davon erwartete.“ (Seite 302)
Angelehnt an die berühmte Geschichte David Copperfield von Charles Dickens folgte ich den Erzählungen von Demon, der keinen leichten Start ins Leben hatte, angefangen mit der Geburt auf dem Boden eines Trailers als Kind einer Junkiebraut. Der Ich-Erzähler hatte mich bereits auf den ersten Seiten für sich eingenommen, nüchtern und ungeschönt schilderte er die Einzelheiten seiner Kindheit, war sarkastisch, ironisch, aber nie verbittert, sondern immer voller Hoffnung, dass es anders sein könnte. Natürlich kam es anders, das Leben ist schließlich kein Ponyhof, allerdings hätte ich nicht damit gerechnet, wie schlimm es wirklich wurde.
„Wo beginnt der Weg in den Untergang? Das ist der ganze Sinn davon, das alles aufzuschreiben, hat man mir gesagt. Damit du dich mit einer Entscheidung auseinandersetzen kannst, die du mal getroffen hast. Oder die andere für dich getroffen haben. Die brutalen Kerle, die dein unschuldiges Herz verdorben haben, oder die vor ihnen, die deren unschuldige Herzen verdorben haben.“ (Seite 527)
Die erste Hälfte war dramatisch, traurig und erschütternd, es war kaum auszuhalten, was dem Kind geschah. Ich musste zwischendurch pausieren, weil es so schwer war, dem zu folgen, ohne eingreifen zu können. Als es einen Lichtblick gab, konnte ich es nicht glauben, habe genauso wie Demon gezweifelt, war skeptisch und auf der Hut. Mir brach das Herz, als ich las, wie schwer er es sich machte, weil er überzeugt davon war, kein Glück zu verdienen, wie er die nächste Grausamkeit erwartete, obwohl es gut war, wie es war. Ich habe mitgelitten, gebangt, gehofft und geweint, wollte so gerne, dass er rausfindet aus dem Sumpf der Armut, der Drogen und der Perspektivlosigkeit, die sie alle umgab. Dieser Weg war nicht einfach, aber ich bin ihn mitgegangen und darüber sehr froh, selten ging mir eine Figur so nah.
Ein großartiger Roman über Familie und Freundschaft, Liebe und Hass, aber auch über die Hoffnung auf eine bessere Welt. Große Leseempfehlung!
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Ein entlarvender Blick auf das „Land of the Free and Home of the Brave“: In den Appalachen gibt es mittlerweile “zwischen 15 und 35 Prozent Kinder, die nicht von ihren Eltern großgezogen werden, weil sie abhängig, im Knast oder tot sind“, so Barbara Kingsolver in …
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Ein entlarvender Blick auf das „Land of the Free and Home of the Brave“: In den Appalachen gibt es mittlerweile “zwischen 15 und 35 Prozent Kinder, die nicht von ihren Eltern großgezogen werden, weil sie abhängig, im Knast oder tot sind“, so Barbara Kingsolver in einem Interview im Juli 2023. Kinder ohne Zukunft, die von Geburt an chancenlos sind, von staatlichen Institutionen auf ihrer Reise durch das amerikanische Pflegesystem verwaltet werden. Ihnen gibt Barbara Kingsolver eine Stimme in ihrem mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten neuen Meisterwerk „Demon Copperhead“, in dem sie, inspiriert von Charles Dickens‘ David Copperfield, einerseits scharfe Kritik an diesem herzlosen System einer gespaltenen Gesellschaft übt, andererseits aber auch mit den strukturschwachen Appalachen eine Region in den Fokus rückt, deren Bewohner geringschätzig wahlweise als Hinterwäldler oder Hillbillys bezeichnet werden. Auch für diese Menschen und ihre Lebensweise bricht die Autorin eine Lanze, ist sie doch im ländlichen Kentucky an den Ausläufern der Appalachen aufgewachsen.
Demon aka Damon Fields hat keine guten Startbedinungen. Geboren von einer achtzehnjährigen Drogenabhängigen in einem Trailer in Lee County, West Virginia, eine Region, die Schaden genommen hat, durch den Wegzug der Kohleindustrie wirtschaftlich am Boden liegt. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, aber die Zahl der Suchtkranken ist um ein Vielfaches höher. Keine Perspektive für niemanden, insbesondere für die Kinder und Juegendlichen. Was allerdings noch immer funktioniert, ist der Zusammenhalt, ein Verdienst der älteren Generation, die ihre Heimat lieben und die alten Werte der Appalachen bewahrt haben. Die sich kümmern und einspringen, wenn sonst niemand mehr da ist. Aber auch das bewahrt Demon nicht vor den schmerzhaften Erfahrungen, die der Elfjährige nach dem Tod seiner Mutter nach einer Überdosis machen muss und auch bei ihm schließlich in die Sucht münden.
Das alles beschreibt Kingsolver in beeindruckender Weise und weckt damit Verständnis für ihre ehemalige Heimat. Aber sie lässt uns auch ihre unbändige Wut über das systemische Versagen der Regierung in allen Bereichen spüren, klagt im gleichen Atemzug die Gier und Rücksichtslosigkeit der Pharmaindustrie an, die skrupellos mit Opioiden ihre Profite auf dem Rücken der Ärmsten macht und ganze Regionen in den Abgrund zieht.
Jetzt schon mein Highlight des Jahres, dem ich viele Leser wünsche!
Nachtrag: Zur Vertiefung des Themas empfehle ich in gedruckter Form „Hillbilly-Elegie“ von J.D. Vance und „Dopesick“ von Beth Macy. Beide Bücher auch verfilmt und unter den gleichen Titeln bei Streamingdiensten abrufbar. Ebenfalls einen ungeschönten Eindruck vom Leben im ländlichen Kentucky (hier Harlan County) vermittelt Elmore Leonards „Raylan“, als mehrteilige Minisierie unter dem Titel „Justified“ verfilmt.
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Demon Copperhead von Barbara Kingsolver , 832 Seiten
Zum Inhalt :
Der Protagonist des Romans von Barbara Kingsolver, Damon Fields, ist der Sohn einer drogenabhängigen alleinerziehenden Mutter, die in einem Anhänger in Lee County, Virginia, lebt. Bald heißt er nur noch Demon …
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Demon Copperhead von Barbara Kingsolver , 832 Seiten
Zum Inhalt :
Der Protagonist des Romans von Barbara Kingsolver, Damon Fields, ist der Sohn einer drogenabhängigen alleinerziehenden Mutter, die in einem Anhänger in Lee County, Virginia, lebt. Bald heißt er nur noch Demon bzw. erhält den Spitznamen Copperhead für sein rotes Haar, Lee County ist eine benachteiligte Gegend, aber selbst hier sind sie noch ganz unten, weil sie mittellos in Nähe eines Kohlelager leben. Einen Teil der Erziehung übernimmt die Peggot-Familie, da seine Mutter oft in der Reha ist. Danach kommt eine mit der Erziehung überforderte Frau McCobbs ins Spiel.
Dann geht es aber zu dem Football-Coach Winfield und seiner schrägen Tochter Agnes, die nur Angus genant wird und auch werden will „nach dem Rind“. Hier entwickelt sich Demon zu einem angehenden Footballspieler , bis das Unheil in Form einer Verletzung beginnt. Er rutscht in eine Opioid-Abhängigkeit .
Eine spannend erzählte Entwicklungsgeschichte aus einer Welt, die dem europäischem Leser in anderer Form und aus einer vergangenen Zeit vorkommt, der „Guardian“ sieht hier eine Nacherzählung von Charles Dickens „ David Copperfield“.
Das sei dahin gestellt , aber ein flott geschriebenes, mit Humor dem Elend trotzendes Buch ist es allemal , vielleicht ein wenig zu lang.
Noch eine Anmerkung zur Übersetzeung ins Deutsche: „Der Genetiv ist dem Dativ sein Tod“ scheint hier das Motto zu sein.
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Um dieses Buch wurde ja schon viel Wirbel gemacht... verdient? OH JA!
Was für eine Geschichte! Ich hab ja generell keine Angst vor dicken Büchern, bei dem war ich ab der Mitte schon traurig, dass ich mich dem Ende nähere, ich hätte kein Problem damit gehabt, noch weitere 900 …
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Um dieses Buch wurde ja schon viel Wirbel gemacht... verdient? OH JA!
Was für eine Geschichte! Ich hab ja generell keine Angst vor dicken Büchern, bei dem war ich ab der Mitte schon traurig, dass ich mich dem Ende nähere, ich hätte kein Problem damit gehabt, noch weitere 900 Seiten zu lesen.
Dieses Buch ist auf so vielen Ebenen großartig, dass ich gar nicht weiß womit ich beginnen soll.
Allgemein bekannt dürfte ja mittlerweile sein, dass es sich um eine Art "David Copperfield" in der Jetztzeit handelt. Die Autorin hat sich von Charles Dickens inspirieren lassen. Wie gut die Adaption im Vergleich ist, kann ich nicht beurteilen, da ich "David Copperfield" nie gelesen habe (allerdings werde ich das jetzt wohl nachholen).
Die Thematik ist schwer, denn es geht um Drogen- und Alkoholmissbrauch, um Armut, um misshandelte und vernachlässigte Kinder und um den Umgang mit Waisenkindern und dem fragwürdigen System der Pflegeplätze.
Kingsolver übt massiv Kritik aus an dem (un)sozialen System der USA, wenn es um Kinder in Armut geht. Aber auch der Umgang mit legalen Drogen, die Ärzte unbedacht und in Mengen verschreiben. Wie schwer es ist, sich aus diesem Sumpf zu befreien, wenn es weit und breit keinerlei Hilfe gibt.
All diese Themen wären absolut schwer zu verdauen beim Lesen, aber da ist dieser wunderbar homorvolle, lockere und sarkastische Schreibstil, der so enorm unterhaltsam ist.
Die vielen Charaktere sind vielschichtig und wunderbar authentisch beschrieben. Ich hatte jeden einzelnen Protagonisten deutlich vor Augen, so als hätte ich einen Film gesehen.
Für mich eines der besten Bücher, die ich dieses Jahr gelesen habe - großartig übersetzt von Dirk van Gunsteren.
Lest es unbedingt!
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Damon Fields wird in einem Trailer in den Wäldern West Virginias geboren. Im Lee County, das zu den ärmsten Provinzen der USA gehört. Schon der Start ins Leben war für den Jungen nicht einfach, seine drogensüchtige Teenie-Mutter war - wie er selbst es nennt - „nicht …
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Damon Fields wird in einem Trailer in den Wäldern West Virginias geboren. Im Lee County, das zu den ärmsten Provinzen der USA gehört. Schon der Start ins Leben war für den Jungen nicht einfach, seine drogensüchtige Teenie-Mutter war - wie er selbst es nennt - „nicht ganz da“, sein Vater schon einige Zeit tot. Eine aufmerksame Nachbarin ist zum Glück zur rechten Zeit am rechten Ort.
Der Lebensweg, den Barbara Kingsolver für ihren Protagonisten vorgesehen hat, besteht eigentlich nur aus Hindernissen und ist von Schicksalsschlägen geprägt. Der Junge, der wegen seiner kupferroten Haare Demon Copperhead genannt wird, erlebt all das, was ein Heranwachsender eigentlich nicht erleben sollte: Armut, eine Odyssee durch Pflegefamilien, Drogen, Ausbeutung, Vernachlässigung und Gewalt. Man sollte meinen, dass jemand, der wie Damon eigentlich keine Perspektive hat, an seinem Schicksal zerbricht, doch Damon ist ein Stehaufmännchen. Kraft dafür schöpft er sowohl aus der tiefen Verbundenheit mit seiner Heimat, seinen Leuten und der Natur wie auch aus seinem Talent als Comiczeichner, so dass es egal scheint, wie tief und finster das Tal ist, das er gerade durchschreiten muss, da ist immer ein Hoffnungsschimmer, dass es irgendwie weitergeht…
Barbara Kingsolver lässt Damon seine Geschichte selbst erzählen. Mit Worten, die oft sehr direkt und auch derb sind, aber eben auch zu ihm passen. Worte, die mich trotz aller Tragik gut unterhalten haben. Ich habe mich beim Lesen immer wieder gefragt, wie man eine so traurige, herzzerreißende Geschichte mit so viel Witz in der Stimme erzählen kann. Ich habe diesem klugen Jungen gerne zugehört. Man spürt, dass er die raue Welt, in die er hineingeboren wurde, verstanden hat.
Barbara Kingsolver wollte eine Geschichte über ihre Heimat schreiben und damit die appalachische Lebenswelt verständlich machen. Sie wollte sowohl die positiven wie die negativen Seiten der Gemeinschaft in Appalachia aufzeigen, vor allen Dingen aber auf die zahlreichen Missstände aufmerksam machen und damit denen Gehör verschaffen, die selbst nicht dazu in der Lage sind. Das ist ihr in beeindruckender Weise gelungen. Damons Geschichte zu lesen hat sich für mich angefühlt, als hätte er mich an die Hand genommen und gesagt: „Komm, ich zeige dir mal, was in meiner wunderbaren Heimat los ist, was hier verdammt noch mal alles nicht richtig läuft.“ Und es läuft vieles nicht richtig.
Demon Copperhead steht als Sinnbild für eine Generation, der von Anfang an nur Steine in den Weg gelegt wurden - verwaiste Kinder und Jugendliche, die von den verheerenden Auswirkungen der Opioidkrise niedergedrückt und von Armut und dem Stigma Hillbilly ausgebremst werden, die mit mangelnder Schulbildung und einem miserablen Pflege- und Gesundheitssystem zu kämpfen haben, die sich nur selten aus eigener Kraft aufrappeln können und so oft nicht in der Lage sind, dem Unbill des Lebens die Stirn bieten. Eine ewige Abwärtsspirale.
Barbara Kingsolver hat sich von Charles Dickens und seinen leidenschaftlichen Romanen inspirieren lassen. David Copperfield stand Pate für Demon Copperhead. Die Autorin hat trotz aller Parallelen mit ihrer Geschichte allerdings etwas geschaffen, das durchaus für sich allein stehen kann.
„Demon Copperhead“ hat mir sehr gut gefallen - ein Roman, der mich realitätsnah miterleben lassen hat, was es heißt, ein Leben zwischen Albtraum und Chancen zu leben. Eine fesselnd erzählte, berührende Geschichte, die lange nachklingt. Absolute Leseempfehlung!
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Wow! Gleich zwei Preise hat Barbara Kingsolver mit diesem Roman abgeräumt! Den Pulitzer Prize und den Women’s Prize for Fiction. Das sind schon mal zwei Auszeichnungen, die meine Erwartungshaltung sehr hochgehängt haben. Und sie hat mich überzeugt. Was macht das Buch so gut, um …
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Wow! Gleich zwei Preise hat Barbara Kingsolver mit diesem Roman abgeräumt! Den Pulitzer Prize und den Women’s Prize for Fiction. Das sind schon mal zwei Auszeichnungen, die meine Erwartungshaltung sehr hochgehängt haben. Und sie hat mich überzeugt. Was macht das Buch so gut, um mal gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Das Innenleben darzustellen wie es bei einem Heranwachsenden aussieht, der auf so vielen Ebene eine suboptimale Startposition bekommen hat. Barbara Kingsolver schafft es sehr differenziert hier unsere Wahrnehmung für Randfiguren unserer Gesellschaft zu beleuchten und denen eine Stimme zu geben. Natürlich ist der Roman auch voll von Obszönitäten und es gibt Textstellen, die fernab meiner eigenen Lebensrealität sind. Aber genau darum geht es aus meiner Sicht, dass was die Welt alles bereit hält zu reflektieren und anzuerkennen!
Es geht um den titelgebenden Junge, Damien, den alle nur Demon (Teufel) nenne. Schon hier eine unfassbare Tiefe, die sich wie ein roter Faden durch den Roman zieht. White Trash mit roten Haaren, Copperhead. Er selbst Sohn einer drogensüchtigen Teenie-Mutter, Vater schon bei der Geburt nicht mehr unter den Lebenden wächst in einem Trailerpark in Virginia auf. Als die Mutter auch stirbt, gibt es nur noch den uninteressierten Stiefvater.
Wir begleiten Demon auf seinem Lebens- und Leidensweg und mit diesem erzählt Barbara Kingsolver noch die großen strukturellen Problemfelder der USA in diesem Milieu. Diese hat mit struktureller Armut zu tun und hängt mit der Opioid-Epidemie zusammen, was natürlich auch dann Auswirkungen zeigt bei Pflegefamilien und dem ganzen Thema Kinderschutz.
Als ich die letzte Seite gelesen hatte, wunderte ich mich ein wenig, dass die schiere dicke des Kloppers mich nicht mental erschlagen hat. Mit Nichten, ich fand es hatte den richtigen Umfang und das sag ich nicht oft zu solch Seitengewaltige Werke! Immerhin über 800 Seiten!
Der große Vergleich zu Dickens Roman David Copperfield, finde ich ganz persönlich etwas schwierig, aber das mag auch an mir liegen. Ich finde, dass Demon Copperhead diese Parallele nicht braucht, auch wenn beide Romane im Kern einen jungen Mann im Fokus haben, der am Rande seiner Familie und der Gesellschaft lebt.
Ich hoffe nun, dass andere Bücher von Barbara Kingsolver wieder aufgelegt werden in Deutschland, wie die „Giftbibel“, auch wenn sie thematisch sehr anders sind.
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Wir lernen Demon Copperhead - sein ihm(fast) lebenslang anhaftender Spitzname in einer Gegend, in der so gut wie jeder einen abbekommt - schon vor beziehungsweise während seiner Geburt kennen und wissen so gleich von Beginn an, dass er keiner ist, der das Glück gepachtet hat.
Nein, …
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Wir lernen Demon Copperhead - sein ihm(fast) lebenslang anhaftender Spitzname in einer Gegend, in der so gut wie jeder einen abbekommt - schon vor beziehungsweise während seiner Geburt kennen und wissen so gleich von Beginn an, dass er keiner ist, der das Glück gepachtet hat.
Nein, ganz im Gegenteil, er steht von Beginn an auf der Verliererseite als Sohn einer minderjährigen Junkiebraut, sein Vater bereits vor seiner Geburt verstorben.
Kein schönes Leben, dafür eines, das uns bis zu seiner Volljährigkeit bis ins kleinste Detail beschrieben wird und zwar von ihm selbst in einer Sprache, die zu einem Jungen seiner Herkunft passt, authentisch erscheint, für mich jedoch eine große Herausforderung bedeutete.
Auch wenn vieles darunter manche Charaktere, eindrucksvoll und eindringlich zugleich dargestellt sind - für mich wäre hier weniger mehr gewesen und es hat sich ab etwa der Hälfte dann doch sehr gezogen. Und es ist eben auch so, dass mir bestimmte Informationen bzw. auch Tiefen, fehlen. Auch wenn ich keine Mühe hatte, die mehr als 800 Seiten hinter mich zu bringen, war die Handlung für mich nicht so richtig schlüssig und rund - auch ein Pulitzer-Preisträger ist halt nicht für jeden geschrieben!
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Dieses Buch hat mich mitgenommen. Wortwörtlich. Ein unfassbar berührendes Buch, das mir teilweise Tränen in die Augen trieb. Das ist natürlich nicht nur der Geschichte, sondern auch diesem sehr gutem Schreibstil zu verdanken. Ich habe mitgelebt, mitgefühlt und konnte das …
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Dieses Buch hat mich mitgenommen. Wortwörtlich. Ein unfassbar berührendes Buch, das mir teilweise Tränen in die Augen trieb. Das ist natürlich nicht nur der Geschichte, sondern auch diesem sehr gutem Schreibstil zu verdanken. Ich habe mitgelebt, mitgefühlt und konnte das Buch nicht mehr zur Seite legen. Die Charaktere sind sehr eindrucksvoll und sehr gut beschrieben. Der gesamte Roman schafft es zu fesseln. Ich hatte am Anfang gedacht: Oh je, ganz schön dick, das schaffst Du nie durchzulesen. Aber, ich habe es geschafft, und ich habe es mit sehr großem Vergnügen gelesen. Für mich persönlich ist es der beste Roman, den ich in den kompletten letzten zwölf Monaten gelesen habe. Allerdings sollte man nicht zu zart besaitet sein, dieser Junge hat ein hartes Leben und wenn wir ehrlich sind, kennen wir ähnliche Geschichten. Ein sehr menschlicher Roman, indem auch viel Liebe zu finden ist.
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Meine Meinung:
In diesem wirklich außergewöhnlichen fantastisch erzählten und sicher zu einem der großartigsten Bücher der letzten Jahre zählenden Romane, geht es um die Lebensgeschichte von Demon Copperhead. Doch eigentlich geht es dabei um so viel mehr, um ein …
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Meine Meinung:
In diesem wirklich außergewöhnlichen fantastisch erzählten und sicher zu einem der großartigsten Bücher der letzten Jahre zählenden Romane, geht es um die Lebensgeschichte von Demon Copperhead. Doch eigentlich geht es dabei um so viel mehr, um ein Abbild der Gesellschaft der USA in den ärmlichsten Verhältnissen Virginias. Denn diesen, denn wir von seiner Geburt an begleiten, wächst in solch grauenvoll ärmlichen Verhältnissen auf, zwischen Armut, Drogensucht und Gewalt, versucht er seinen Weg im Leben zu finden, seine Hoffnung und Menschen, die so anders sind, als die Welt, die er kennt.
Dies war und ist in meinen Augen ein literarisch schlicht brillantes Buch !
Die Autorin versteht es auf bemerkenswerte Art und Weise eine Geschichte zu erzählen, die so viele Schicksale aufzeigt und dabei den Leser zu rühren weiß, dies aber nicht als Ziel und den Fokus ihrer Geschichte ansieht. Denn eines ist dieser Roman nie: kitschig, oder gewollt rührselig.
In meinen Augen liegt dies in der unheimlichen Stärke der Autorin das Leben zu skizzieren in all seinen Facetten, seinen unterschiedlichen Tönen und dabei ist sie schonungslos ehrlich, zeigt uns Lesern Emotionen, den Weg den das Leben vorgibt und dessen Auswirkungen und all dies in kleinen Szenen, im Alltag und in so ruhigen Momenten, die uns Lesern zeigen, was wir sind und wer wir durch das Leben geworden sind. Und vor dieser intimen Art des authentischen Erzählens ziehe ich meinen Hut.
Den Protagonisten, sowie alle Charaktere entwickeln sich, sind plastisch und wirken mit all ihren Ecken und Kanten, wie realisierbare Persönlichkeiten, mit denen man einen Weg geht, der manchmal schmerzlich, und zugleich doch hoffnungsvoll ist.
Ein wahrlich beeindruckendes und brillantes Buch!
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Stimme einer verlorenen Generation
Es scheint, als haben einige Menschen von Beginn an ihres Lebens, ein schwereres Los als andere.
Einer dieser Menschen ist ein Junge namens Damon Fields, von allen nur Demon Copperhead genannt.
Damon selbst tritt hier als Ich-Erzähler auf und erzählt …
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Stimme einer verlorenen Generation
Es scheint, als haben einige Menschen von Beginn an ihres Lebens, ein schwereres Los als andere.
Einer dieser Menschen ist ein Junge namens Damon Fields, von allen nur Demon Copperhead genannt.
Damon selbst tritt hier als Ich-Erzähler auf und erzählt uns ungeschönt seine Lebensgeschichte. Er scheint bereits am Ende der Geschichte zu stehen und versucht den Auslöser für das Fallen nachzuvollziehen. Dabei bemerkt er, dass es nicht nur ein konkretes Ereignis war, sondern die Summe seines Lebens. Schon seine Geburt war ein reiner Kampf, der sich durch sein ganzes Leben ziehen sollte. Dabei war aber nicht alles immer nur schlecht. Auch wenn die ersten Jahre seiner Kindheit entbehrungsreich zu sein schienen, so waren sie doch relativ glücklich. Seine Mutter war zwar nicht immer in der Lage sich vollumfänglich um ihn zu kümmern, doch schufen die Freiheit der Umgebung und die Fürsorge der Nachbarsfamilie einen guten Ausgleich.
Durch eine Reihe unglücklicher Umstände gerät Damon ins Pflegesystem und lernt nicht unbedingt dessen positive Seite kennen. Durch die Erfahrungen in dieser Zeit entwickelte sich ein unglaublicher Hunger in ihm. Dabei rede ich nicht nur vom körperlichen Empfinden. Seine Seele hungert förmlich nach Sicherheit, Anerkennung und Zugehörigkeit. Dies führte zu einer Vielzahl von ungünstigen Entscheidungen und Co-Abhängigkeiten. Zwischenzeitlich scheint sich das Blatt für Damon zum Guten zu wenden, doch wer hochsteigt, kann auch tief fallen. Und in seinem Fall ist es die Medikamentenabhängigkeit. Wieder aufzustehen fällt schwerer, als wieder liegenzubleiben.
Durch Damon als Erzähler ist der Sprachstil sehr flüssig zu lesen und durch die Umgangssprache sehr authentisch. Damons Gedankengänge und Ausdrucksweise gingen mir sehr nahe, da sie schonungslos ehrlich und direkt war. Und trotz all der Tragik gibt es dennoch einiges zum Schmunzeln.
Der Name Demon Copperhead hat in meinen Augen einen sehr symbolischen Charakter. Zum einen erinnert er natürlich an die Romanvorlage David Copperfield. Demon deutet an, dass sein Schicksal ihm schon vorherbestimmt zu sein scheint. Und Copperhead scheint sich nicht nur auf seine markante Haarfarbe zu beziehen, sondern auch auf die gefährlichen Giftschlangen der Region. Von der er nie eine zu Gesicht bekommen hat. Man hört immer nur von den Verlierern des Systems aber man sieht sie meist nie oder erst, wenn es zu spät ist. Neben dem Hunger hat auch das Meer eine ganz große Bedeutung für Damon. Trotz vieler Versuche hatte er nie die Möglichkeit es hautnah zu erleben. Für mich drückt diese Suche seine Sehnsucht nach Freiheit aus und seine Sorgen einfach fortzuspülen.
Ich glaube, dass Damons Leben ganz anders ausgegangen wäre, wenn nicht derart viele Resilienzfaktoren vorhanden gewesen wären. Er hat die Fähigkeit in seinen Zeichnungen Dinge zu verarbeiten und eine Handvoll Menschen, die immer an seiner Seite waren.
Barbara Kingsolver hat mit Demon Copperhead aber nicht nur einen Roman geschaffen, der von einer verkorksten Kindheit erzählt. Es geht nicht nur um Damon allein, sondern auch um die Menschen um ihn herum und gar eine ganze Region im vergessenen Herzen Amerikas.
Eine ganze Generation und die nachfolgende wurden, egal ob wissentlich oder unwissentlich, kaputtgemacht und im Stich gelassen. Das besondere Lebensgefühl der Menschen Appalachiens wird hier auf ganz besondere Weise zum Ausdruck gebracht. Sie mögen zwar nicht so fortschrittlich sein, wodurch lange auf sie herab geblickt wurde, doch ist ihr Gemeinschaftssinn ihr größtes Gut. Nicht umsonst käme dort niemand auf die Idee sein Haus oder Auto abzuschließen. Umso schlimmer ist es, wie diese Menschen behandelt wurden. Neben Ausbeutung und Perspektivlosigkeit, herrscht ein Mangel Schulbildung und das desaströse Gesundheitswesen ebnete der Profitgier der Pharmaindustrie den Weg, um eine wahre Opioidepidemie auszulösen. Eine Kettenreaktion, für die sich niemand mehr verantwortlich fühlt, obwohl sie dafür sorgte, dass 15-35% der Kinder nicht bei ihren Eltern aufwachsen konnten und vergessen wurden.
Das relativ offene Ende lässt den Leser selbst entscheiden, welche Abfahrt Demons Leben letztendlich nehmen könnte.
Dass Barbara Kingsolver selbst aus Appalachien stammt, macht diese ganze Geschichte für mich noch authentischer. Für mich ist dieser Roman eine längst überfällige Aufarbeitung der Geschehnisse in Appalachien und er gibt den Menschen eine Stimme, die lange überhört wurden.
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