Während der Industrialisierung, in einer männerdominierten Welt, kämpft eine junge Frau gegen Intrigen und für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.
Die eigensinnige Tochter eines Textilhändlers reist, veranlasst durch den finanziellen Ruin ihrer Eltern, zu ihrem Onkel Ryan nach London, um dort
eine Anstellung zu suchen. Unterkunft findet sie bei der Frau des verstorbenen Geschäftspartners ihres…mehrWährend der Industrialisierung, in einer männerdominierten Welt, kämpft eine junge Frau gegen Intrigen und für Selbstbestimmung und Unabhängigkeit.
Die eigensinnige Tochter eines Textilhändlers reist, veranlasst durch den finanziellen Ruin ihrer Eltern, zu ihrem Onkel Ryan nach London, um dort eine Anstellung zu suchen. Unterkunft findet sie bei der Frau des verstorbenen Geschäftspartners ihres Onkels. Als dieser kurz nach ihrer Ankunft unter merkwürdigen Umständen stirbt, versucht sie die Hintergründe von Ryans Tod zu verstehen. Dadurch gerät sie in ein Netz von Intrigen und wird Opfer einer Verschwörung, als deren Konsequenz sie verurteilt und nach Australien deportiert wird. Doch auch bis in die entfernte Kolonie wird sie von den verbrecherischen Machenschaften verfolgt, denen sie tapfer die Stirn zu bieten versucht…
Das Verhältnis von Einleitung, Hauptteil und Schluss ist etwas aus dem Gleichgewicht, sodass der Beginn langatmig wirkt. Doch sobald die ersten Seiten überwunden sind, geht es spannend weiter und man ist von der Geschichte sehr gefesselt. Dafür ist leider das Ende, im Gegensatz zum Anfang, ziemlich knapp und abrupt.
Rhiannon ist benannt nach einer keltischen Gottheit, deren Schicksal sehr dem von Rhia ähnelt. Ebenso verweist der Name auf ihre Sensibilität und prophetischen Fähigkeiten hin, denn schon Rhias Großmutter sagte, dass ihre Enkelin eine besondere Beziehung zur Anderswelt hätte. Immer wieder treten diese im Roman auf, seien es Träume oder Visionen mit Ratschlägen Verstorbener, Eindrücke von drohender Gefahr oder einfach nur ihre Affinität zu keltischen Mythen, die ihr über schwere und ausweglose Situationen hinweg helfen.
Immer wieder tritt Rhias starke Persönlichkeit hervor, die oft mit dem vorherrschenden Dünkel der Männer kollidiert. Doch im Laufe des Romans wächst die junge Frau an ihrem Schicksal und geht gestärkt daraus hervor. Schnell wird deutlich, dass sie im Zentrum steht und alle anderen Charaktere neben ihr blass aussehen.
Doch nicht nur die Entwicklung, die Rhia vollzieht, ist spannend, auch das Intrigenspiel, das für ihre Deportation verantwortlich ist, bleibt bis fast zum Schluss rätselhaft. Geschickt versteht es die Autorin dem Rezipienten nur Stückchen für Stückchen Hinweise zu geben, die bei der Aufklärung helfen können, und immer großer wird das Netz von Verbrechen und Intrigen. Erst am Schluss lüftet sich das Geheimnis, wer die Fäden gesponnen und in der Hand hatte. Zudem baut sich durch die prophetischen Visionen eine geheimnisvolle und mysteriöse Atmosphäre auf, die sich durch den gesamten Roman zieht.
Ein weiteres Leitmotiv findet man in den Überschriften der einzelnen Kapitel. Dies sind Farben, Stoffe und Pflanzen. Besonders gelungen ist die Verknüpfung jener mit der Stimmung und dem Inhalt des jeweiligen Kapitels. Man erhält die Gelegenheit die Welt durch Rhias Augen zu sehen, für die diese Dinge untrennbar mit ihrem Leben verknüpft sind.
Doch ein großes Manko habe ich gefunden: Der Klappen Text weckt Erwartungen, die nicht erfüllt werden. Besonders die beiden letzten Sätze lassen auf eine große Liebesgeschichte schließen, doch diese spielt kaum eine Rolle und ist untergeordnet und wird ziemlich schnell und beiläufig abgehandelt. Vielmehr geht es um eine Frau, die trotz harter Schicksalsschläge, die dicht aufeinander folgen, über sich hinauswächst und zu sich selbst und damit einer inneren Stärke findet, aus der sie schöpfen kann, um sich in der vorurteilsbelasteten Welt erfolgreich behaupten zu können. Doch für den Klappentext kann der Roman ja nichts.
„Am Horizont das rote Land“ ist ein gut recherchierter historischer Roman, der sich ebenso in das 19. Jahrhundert einfindet. Wer die ersten Seiten durchhält, wird mit einem spannungsgeladenen und rätselhaften Verlauf belohnt, an dessen Ende eine starke und selbstbewusste Frau steht.