„Aller Anfang ist Apulien“ ist der erste Roman von Kirsten Wulf, die selbst in Süditalien lebt und bisher als Journalistin arbeitete. Wie der Buchtitel schon verrät, ist der Ort der Handlung Apulien im Süden Italiens, genauer Lecce, eine Stadt mit knapp 100000 Einwohnern. Dazu ist das Cover sehr
passend gewählt. Es zeigt einen etwas baufälligen, aber typischen Palazzo mit wilder…mehr„Aller Anfang ist Apulien“ ist der erste Roman von Kirsten Wulf, die selbst in Süditalien lebt und bisher als Journalistin arbeitete. Wie der Buchtitel schon verrät, ist der Ort der Handlung Apulien im Süden Italiens, genauer Lecce, eine Stadt mit knapp 100000 Einwohnern. Dazu ist das Cover sehr passend gewählt. Es zeigt einen etwas baufälligen, aber typischen Palazzo mit wilder Blumenpracht.
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Ausgangssituation der Geschichte ist, dass die vierzigjährige Hamburger Journalistin Elena, eine Halbitalienerin, herausfindet, dass ihr Mann sie mit seiner Sekretärin betrügt, nachdem sie ihr früheres Leben als Fotojournalistin wegen des gemeinsamen kleinen Sohnes Ben aufgegeben hat. Sie beschließt, sich mit Ben ein Jahr Auszeit in Lecce, der Heimatstadt ihrer Mutter, zu nehmen. Dort kommt sie bei ihrem homosexuellen Onkel Gigi unter, einem Antiquitätenhändler, der in einem noch nicht ganz fertig renovierten alten Palazzo lebt.
Auch der etwa 30-jährige Michele aus Rom landet zufällig zeitgleich in Lecce, nachdem seine Mutter verstorben ist und er dort nach Verwandten und seinem Vater suchen will. Als einzigen Anhaltspunkt hat er eine alte Postkarte an seine Mutter bei sich.
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Nachdem ich den Beginn des Romans und die Kurzinfo gelesen hatte, bin ich davon ausgegangen, dass es sich bei dem Buch hauptsächlich um eine Liebesgeschichte vor der Kulisse Süditaliens mit sympathischen Hauptpersonen, die ein bisschen in der Vergangenheit ihrer Familien stöbern, handelt. Es zeigt sich aber bald, dass auch ein sehr aktuelles Thema recht viel Platz im Buch einnimmt, nämlich das Schicksal afrikanischer Frauen, die als Bootsflüchtlinge im Süden Italiens landen. Verbunden ist das Ganze mit einem Kriminalfall, was ich zunächst nicht erwartet hätte. Ich finde das eigentlich gut, da es sich so nicht nur um eine seichte Liebesgeschichte handelt, sondern ein wichtiges Problem thematisiert wird, wenn auch natürlich nicht so tiefgreifend, wie in einer Reportage oder einem Sachbuch, aber so, dass man mit den Frauen gut mitfühlen konnte. Und Kritik an den Umständen und der Korruption, sowie auch dem Verhalten der katholischen Kirche ist ebenfalls klar vorhanden. Was mir dadurch aber etwas zu kurz gekommen ist, ist die Liebesgeschichte, die ich eigentlich erwartet hatte. Und die Protagonisten verhalten sich natürlich bei ihren Recherchen auch nicht so professionell, wie es echte Kommissare tun würden, aber es handelt sich hier ja auch nicht um einen Kriminalroman. Auch die von mir zunächst angenommene leichte italienische Sommerstimmung ist weniger vorhanden, da das Buch um die Weihnachtszeit herum spielt. Aber da habe ich mich, unterstützt vom Cover und dem Handlungsort wohl etwas auf eine falsche Fährte locken lassen. Punkten kann der Roman bei mir auf jeden Fall auch durch seine sympathischen und meist etwas ungewöhnlichen Charaktere, wie den liebenswerten Onkel Gigi, den kleinen Ben oder die alternde Hure Cosima und den anschaulichen und gut verständlichen Schreibstil der Autorin, der es einem leicht macht, sich in diese Stadt in Süditalien mit ihren alten Palazzos und engen Gassen zu versetzen.