Anne Weber
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Annette, ein Heldinnenepos
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Was für ein Leben! Geboren 1923 in der Bretagne, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, schon als Jugendliche Mitglied der kommunistischen Résistance, Retterin zweier jüdischer Jugendlicher - wofür sie von Yad Vashem später den Ehrentitel »Gerechte unter den Völkern« erhalten wird -, nach dem Krieg Neurophysiologin in Marseille, 1959 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wegen ihres Engagements auf Seiten der algerischen Unabhängigkeitsbewegung... und noch heute an Schulen ein lebendiges Beispiel für die Wichtigkeit des Ungehorsams. Anne Weber erzählt das unwahrscheinliche Leben d...
Was für ein Leben! Geboren 1923 in der Bretagne, aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, schon als Jugendliche Mitglied der kommunistischen Résistance, Retterin zweier jüdischer Jugendlicher - wofür sie von Yad Vashem später den Ehrentitel »Gerechte unter den Völkern« erhalten wird -, nach dem Krieg Neurophysiologin in Marseille, 1959 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wegen ihres Engagements auf Seiten der algerischen Unabhängigkeitsbewegung... und noch heute an Schulen ein lebendiges Beispiel für die Wichtigkeit des Ungehorsams. Anne Weber erzählt das unwahrscheinliche Leben der Anne Beaumanoir in einem brillanten biografischen Heldinnenepos. Die mit großer Sprachkraft geschilderten Szenen werfen viele Fragen auf: Was treibt jemanden in den Widerstand? Was opfert er dafür? Wie weit darf er gehen? Was kann er erreichen? Annette, ein Heldinnenepos erzählt von einer wahren Heldin, die uns etwas angeht.
"Die Kraft von Anne Webers Erzählung kann sich mit der Kraft ihrerHeldin messen: Es ist atemberaubend, wie frisch hier die alte Form des Epos klingt und mit welcher Leichtigkeit Weber die Lebensgeschichte der französischen Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir zu einem Roman über Mut, Widerstandskraft und den Kampf um Freiheit verdichtet. "Annette, ein Heldinnenepos" ist eine Geschichte voller Härten, die Weber aber mit souveräner Dezenz und feiner Ironie erzählt. Dabei geht es um nichts weniger als die deutsch-französische Geschichte als eine der Grundlagen unseres heutigen Europas. Wir sind dankbar, dass Anne Weber Annette für uns entdeckt hat und von ihr erzählt." (Jurybegründung Deutscher Buchpreis 2020)
"Die Kraft von Anne Webers Erzählung kann sich mit der Kraft ihrerHeldin messen: Es ist atemberaubend, wie frisch hier die alte Form des Epos klingt und mit welcher Leichtigkeit Weber die Lebensgeschichte der französischen Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir zu einem Roman über Mut, Widerstandskraft und den Kampf um Freiheit verdichtet. "Annette, ein Heldinnenepos" ist eine Geschichte voller Härten, die Weber aber mit souveräner Dezenz und feiner Ironie erzählt. Dabei geht es um nichts weniger als die deutsch-französische Geschichte als eine der Grundlagen unseres heutigen Europas. Wir sind dankbar, dass Anne Weber Annette für uns entdeckt hat und von ihr erzählt." (Jurybegründung Deutscher Buchpreis 2020)
Anne Weber, 1964 in Offenbach geboren, lebt seit 1983 als freie Autorin und Übersetzerin in Paris. Sie hat sowohl aus dem Deutschen ins Französische übersetzt (u. a. Sibylle Lewitscharoff, Wilhelm Genazino) als auch umgekehrt (Pierre Michon, Marguerite Duras). Ihre eigenen Bücher schreibt sie sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache. Ihre Werke wurden u. a. mit dem Heimito von Doderer-Literaturpreis, dem 3sat-Preis, dem Kranichsteiner Literaturpreis, dem Johann-Heinrich-Voß-Preis und dem Solothurner Literaturpreis 2024 ausgezeichnet. 2024 erhielt sie außerdem den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis. Für ihr Buch Annette, ein Heldinnenepos wurde Anne Weber mit dem Deutschen Buchpreis 2020 ausgezeichnet.
Produktdetails
- Verlag: Matthes & Seitz Berlin
- 12. Aufl.
- Seitenzahl: 207
- Erscheinungstermin: März 2020
- Deutsch
- Abmessung: 126mm x 200mm x 22mm
- Gewicht: 310g
- ISBN-13: 9783957578457
- ISBN-10: 3957578450
- Artikelnr.: 58471622
Herstellerkennzeichnung
Matthes & Seitz Verlag
Großbeerenstraße 57A
10965 Berlin
vertrieb@matthes-seitz-berlin.de
Annette aus der Bronx
Der Buchpreis für Anne Weber feiert die Renaissance des Versepos
Als Anne Weber am Montagabend den Deutschen Buchpreis für "Annette, ein Heldinnenepos" erhielt, war das nicht nur die Entscheidung für ein fabelhaftes Werk. Es war auch ein Signal. Die Jury, satzungsgemäß angetreten, um den besten Roman des Jahres zu küren, entschied sich unter 187 eingereichten Titeln ausgerechnet für ein Versepos. Für eine Gattung also, die der des Romans eigentlich schroff gegenüberzustehen scheint - hier Lyrik, dort Prosa, vereinfacht gesagt. Wer mit seiner Entscheidung diesen Graben überbrücken will, muss mit dem Anschein rechnen, in Fragen der epischen Form hinter zweihundert Jahre Literaturgeschichte
Der Buchpreis für Anne Weber feiert die Renaissance des Versepos
Als Anne Weber am Montagabend den Deutschen Buchpreis für "Annette, ein Heldinnenepos" erhielt, war das nicht nur die Entscheidung für ein fabelhaftes Werk. Es war auch ein Signal. Die Jury, satzungsgemäß angetreten, um den besten Roman des Jahres zu küren, entschied sich unter 187 eingereichten Titeln ausgerechnet für ein Versepos. Für eine Gattung also, die der des Romans eigentlich schroff gegenüberzustehen scheint - hier Lyrik, dort Prosa, vereinfacht gesagt. Wer mit seiner Entscheidung diesen Graben überbrücken will, muss mit dem Anschein rechnen, in Fragen der epischen Form hinter zweihundert Jahre Literaturgeschichte
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zurückzugehen. Wenn er sich nicht sogar im Mittelalter wiederfindet.
Denn wer um das Jahr 1200 in Europa episch von fiktiven Dingen erzählte, wer von Helden wie Erec, Iwein, Parzival oder Tristan berichtete, der tat dies in der Regel in gebundener Rede: "Ein ritter sô gelêret was / daz er an den buochen las / swaz er dar an geschriben vant / der was Hartmann genant", so rustikal beginnt etwa der "Arme Heinrich" des mittelhochdeutschen Dichters Hartmann von Aue. Und auch wenn die Versmaße bald ausgefeilter wurden, wenn Dante bald nach 1300 für seine "Göttliche Komödie" die Terzine und Torquato Tasso im 16. Jahrhundert für sein "Befreites Jerusalem" die Ottaverime wählte, löste der in Prosa verfasste Roman im Grunde erst im 19. Jahrhundert das Versepos endgültig als geläufigste Form des fiktionalen Erzählens ab. In der langen Zeit des Übergangs entstanden immer mehr parodistische Epen, die sich von der Stoffgeschichte abgrenzten, aber die Form beibehielten - am schönsten vielleicht Karl Immermanns komisches Heldenepos "Tulifäntchen" (1830), das von einem ebenso winzigen wie tapferen Möchtegern-Ritter erzählt, der - wie die versepische Form - nicht mehr recht in seine biedermeierliche Gegenwart passt, die Immermann hellsichtig mit den ersten Dampfrobotern der Literaturgeschichte bevölkert.
Wer von da an noch Versepen schrieb, zielte entweder auf vergangene Zeiten (wie Tennyson mit seinem Artus-Zyklus) oder dichtete in parodistischer Absicht, als modern galt er jedenfalls nur in seltenen Fällen. Als Thomas Mann mit seinem "Erwählten" seit 1948 den "Gregorius" des Hartmann von Aue neu erzählte, gab er ihm ein Vorwort mit, in dem er sich deutlich von der Versform der Vorlage abwandte, und fragt, ob Verse wie etwa "Es war ein Fürst, nommé Grimald, / der Tannewetzel macht' ihn kalt. / Der ließ zurück zween Kinder klar, / Ahî, war das ein Sünderpaar" tatsächlich eine "strengere Form" wären "als die grammatisch gediegene Prosa, in der ich jetzt sogleich meine Gnadenmär vortragen" werde. Das Versepos, so schien es Mitte des 20. Jahrhunderts, hatte mit der Gegenwartsliteratur so gut wie nichts mehr zu tun. Schon gar nicht als Form für literarische Heldenverehrung.
Ist Anne Webers "Annette" also völlig aus der Zeit gefallen, als Exponent einer seit Jahrzehnten beerdigten Gattung? Irritierenderweise häufen sich spätestens seit der Jahrtausendwende die Beispiele für einen neuen, produktiven Umgang mit der gebundenen Form als Mittel, eine Geschichte zu erzählen. Und dies oft genug als Bericht aus der Gegenwart.
Bereits in den siebziger Jahren erschienen die ersten Bände von Aras Örens türkischen Versromanen aus Deutschland, die jüngst als "Berliner Trilogie" neu erschienen sind. Sie erzählen kalkuliert und nüchtern aus dem Leben von Arbeitsmigranten, die sich in West-Berlin durchschlagen und dabei von Erinnerungen an die alte Heimat überfallen werden: "Am Halleschen Tor stieg er aus der U-Bahn, / ging über den Kanal, / zur Praxis von Dr. Ümit Sayim. / Am Zoogeschäft an der Ecke, / als er die weißen Mäuse sah, / hat er sich erinnert an den Tretmühlgaul, / daheim im Gemüsefeld, die Augen verbunden, / das quietschende Rad mit den Wassereimern, / und er, Sabri San, barfuß, kahlgeschoren, / der mit einem Stock / den Arsch des Gauls peitscht."
Hier wie in anderen modernen Romanen in freien Versen wird die umgebende Welt wie in Schnappschüssen festgehalten, die nebeneinander ein Panorama ergeben. Deutlich wird aber schon hier, dass die lyrische Form auf eine Distanz zwischen dem Dargestellten und dem Leser abzielt, dass man die Eindrücke der Protagonisten wie hinter einem leichten Schleier und jedenfalls nicht als selbstverständlich wahrnimmt. Umgekehrt lässt sich auf diese Weise etwa in Anne Carsons ungleich kunstfertigerem Roman "Rot", erschienen zunächst 1998 und erweitert 2013, auch eine mythologische Figur, hier der Herakles-Gegner Geryon, in die Gegenwart versetzen und weiterhin als Fremden zeichnen, auch der Roman "Allein das Meer" von Amos Oz, der lyrische Passagen mit Prosa mischt, entwickelt ein panoramatisches Bild aus dem Israel der Romangegenwart, aber wie aus leicht erhöhter Warte heraus betrachtet.
Bücher wie Christoph Ransmayrs Versroman "Der fliegende Berg" von 2006 dagegen stellen ein anderes Element heraus, das ebenfalls mit dieser Form verbunden ist: Es ist die Nähe zur gesprochenen, also vorgetragenen Sprache, die man in dieser Berg- und Brüdergeschichte lesend ständig zu hören meint: "Mein Atem rasselte, aber er reichte / meine Schritte waren langsam, aber unbeirrbar / und konnten mich noch höher (wie ich dachte), / viel höher führen."
Vollends geläufig aber ist die Form des Versromans inzwischen in der Jugendliteratur. Ausgerechnet hier, wo mancher gern vor allem Konvention vermutet, weil er jungen Lesern nur wenig zutraut, finden sich die aufregendsten Beispiele - Sarah Crossans Migrationsroman "Die Sprache des Wassers" etwa, der von einer jungen Schwimmerin erzählt, Ellen Hopkins' Drogenroman "Crank", der voller verstörender Leerstellen ist, Jason Reynolds' "Long Way Down", der Bericht von einer Rache im Gangmilieu, und vor allem Elizabeth Acevedo mit ihrem Roman "Poet X", der seine Form durch seinen Inhalt erklärt: Er stellt den Bericht der jungen Xiomara dar, deren Mutter aus der Dominikanischen Republik stammt und ihre Tochter im Sündenpfuhl New York mit harter Hand vor allem Übel bewahren will. Im Spoken Word Poetry Club in der Schule entdeckt sie schließlich ihre eigene Stimme, und das vorliegende Buch ist der auf diese Weise verfasste Bericht dieser Befreiung.
Auch dies ein Heldinnenepos, und in manchem vergleichbar mit Anne Webers "Annette". Zum Beispiel darin, dass eine solche Form einer schweren Geschichte Leichtigkeit und Würde zugleich verleihen, Unmittelbarkeit des Erlebens und Distanz zum Augenblick hervorbringen kann. Mag sein, dass diese Auszeichnung für Anne Weber den Blick auch dafür schärfen kann.
TILMAN SPRECKELSEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Denn wer um das Jahr 1200 in Europa episch von fiktiven Dingen erzählte, wer von Helden wie Erec, Iwein, Parzival oder Tristan berichtete, der tat dies in der Regel in gebundener Rede: "Ein ritter sô gelêret was / daz er an den buochen las / swaz er dar an geschriben vant / der was Hartmann genant", so rustikal beginnt etwa der "Arme Heinrich" des mittelhochdeutschen Dichters Hartmann von Aue. Und auch wenn die Versmaße bald ausgefeilter wurden, wenn Dante bald nach 1300 für seine "Göttliche Komödie" die Terzine und Torquato Tasso im 16. Jahrhundert für sein "Befreites Jerusalem" die Ottaverime wählte, löste der in Prosa verfasste Roman im Grunde erst im 19. Jahrhundert das Versepos endgültig als geläufigste Form des fiktionalen Erzählens ab. In der langen Zeit des Übergangs entstanden immer mehr parodistische Epen, die sich von der Stoffgeschichte abgrenzten, aber die Form beibehielten - am schönsten vielleicht Karl Immermanns komisches Heldenepos "Tulifäntchen" (1830), das von einem ebenso winzigen wie tapferen Möchtegern-Ritter erzählt, der - wie die versepische Form - nicht mehr recht in seine biedermeierliche Gegenwart passt, die Immermann hellsichtig mit den ersten Dampfrobotern der Literaturgeschichte bevölkert.
Wer von da an noch Versepen schrieb, zielte entweder auf vergangene Zeiten (wie Tennyson mit seinem Artus-Zyklus) oder dichtete in parodistischer Absicht, als modern galt er jedenfalls nur in seltenen Fällen. Als Thomas Mann mit seinem "Erwählten" seit 1948 den "Gregorius" des Hartmann von Aue neu erzählte, gab er ihm ein Vorwort mit, in dem er sich deutlich von der Versform der Vorlage abwandte, und fragt, ob Verse wie etwa "Es war ein Fürst, nommé Grimald, / der Tannewetzel macht' ihn kalt. / Der ließ zurück zween Kinder klar, / Ahî, war das ein Sünderpaar" tatsächlich eine "strengere Form" wären "als die grammatisch gediegene Prosa, in der ich jetzt sogleich meine Gnadenmär vortragen" werde. Das Versepos, so schien es Mitte des 20. Jahrhunderts, hatte mit der Gegenwartsliteratur so gut wie nichts mehr zu tun. Schon gar nicht als Form für literarische Heldenverehrung.
Ist Anne Webers "Annette" also völlig aus der Zeit gefallen, als Exponent einer seit Jahrzehnten beerdigten Gattung? Irritierenderweise häufen sich spätestens seit der Jahrtausendwende die Beispiele für einen neuen, produktiven Umgang mit der gebundenen Form als Mittel, eine Geschichte zu erzählen. Und dies oft genug als Bericht aus der Gegenwart.
Bereits in den siebziger Jahren erschienen die ersten Bände von Aras Örens türkischen Versromanen aus Deutschland, die jüngst als "Berliner Trilogie" neu erschienen sind. Sie erzählen kalkuliert und nüchtern aus dem Leben von Arbeitsmigranten, die sich in West-Berlin durchschlagen und dabei von Erinnerungen an die alte Heimat überfallen werden: "Am Halleschen Tor stieg er aus der U-Bahn, / ging über den Kanal, / zur Praxis von Dr. Ümit Sayim. / Am Zoogeschäft an der Ecke, / als er die weißen Mäuse sah, / hat er sich erinnert an den Tretmühlgaul, / daheim im Gemüsefeld, die Augen verbunden, / das quietschende Rad mit den Wassereimern, / und er, Sabri San, barfuß, kahlgeschoren, / der mit einem Stock / den Arsch des Gauls peitscht."
Hier wie in anderen modernen Romanen in freien Versen wird die umgebende Welt wie in Schnappschüssen festgehalten, die nebeneinander ein Panorama ergeben. Deutlich wird aber schon hier, dass die lyrische Form auf eine Distanz zwischen dem Dargestellten und dem Leser abzielt, dass man die Eindrücke der Protagonisten wie hinter einem leichten Schleier und jedenfalls nicht als selbstverständlich wahrnimmt. Umgekehrt lässt sich auf diese Weise etwa in Anne Carsons ungleich kunstfertigerem Roman "Rot", erschienen zunächst 1998 und erweitert 2013, auch eine mythologische Figur, hier der Herakles-Gegner Geryon, in die Gegenwart versetzen und weiterhin als Fremden zeichnen, auch der Roman "Allein das Meer" von Amos Oz, der lyrische Passagen mit Prosa mischt, entwickelt ein panoramatisches Bild aus dem Israel der Romangegenwart, aber wie aus leicht erhöhter Warte heraus betrachtet.
Bücher wie Christoph Ransmayrs Versroman "Der fliegende Berg" von 2006 dagegen stellen ein anderes Element heraus, das ebenfalls mit dieser Form verbunden ist: Es ist die Nähe zur gesprochenen, also vorgetragenen Sprache, die man in dieser Berg- und Brüdergeschichte lesend ständig zu hören meint: "Mein Atem rasselte, aber er reichte / meine Schritte waren langsam, aber unbeirrbar / und konnten mich noch höher (wie ich dachte), / viel höher führen."
Vollends geläufig aber ist die Form des Versromans inzwischen in der Jugendliteratur. Ausgerechnet hier, wo mancher gern vor allem Konvention vermutet, weil er jungen Lesern nur wenig zutraut, finden sich die aufregendsten Beispiele - Sarah Crossans Migrationsroman "Die Sprache des Wassers" etwa, der von einer jungen Schwimmerin erzählt, Ellen Hopkins' Drogenroman "Crank", der voller verstörender Leerstellen ist, Jason Reynolds' "Long Way Down", der Bericht von einer Rache im Gangmilieu, und vor allem Elizabeth Acevedo mit ihrem Roman "Poet X", der seine Form durch seinen Inhalt erklärt: Er stellt den Bericht der jungen Xiomara dar, deren Mutter aus der Dominikanischen Republik stammt und ihre Tochter im Sündenpfuhl New York mit harter Hand vor allem Übel bewahren will. Im Spoken Word Poetry Club in der Schule entdeckt sie schließlich ihre eigene Stimme, und das vorliegende Buch ist der auf diese Weise verfasste Bericht dieser Befreiung.
Auch dies ein Heldinnenepos, und in manchem vergleichbar mit Anne Webers "Annette". Zum Beispiel darin, dass eine solche Form einer schweren Geschichte Leichtigkeit und Würde zugleich verleihen, Unmittelbarkeit des Erlebens und Distanz zum Augenblick hervorbringen kann. Mag sein, dass diese Auszeichnung für Anne Weber den Blick auch dafür schärfen kann.
TILMAN SPRECKELSEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Für Rezensent Alexander Cammann ist Anne Webers Versepos über die Résistance-Heldin Anne Beaumanoir ein Hoffnungsschimmer am Horizont und Triumph des Kunstwillens. So wandlungsfähig Cammann die Autorin, so außergewöhnlich der Stoff und so experimentell ihm das Buch erscheint, so abenteuerlich und "hochspannend" gestaltet sich für ihn die Lektüre. Dass die Verse sich auch noch leicht lesen lassen und Beaumanoir ganz ohne Verklärung als postheroische Heldin aus diesem Gesang aufersteht, hält Cammann für groß.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Das Epos, eine in erzählenden Versen verdichtete Biografie, ist genau die richtige Form der Hommage an eine Frau, die sich konsequent für das ihr richtig erscheinende entschieden hat. (...) Für alles das gebietet Anne Weber über eine Sprache und über Stilmittel, die bezaubern, überzeugen und der Heldin dieses modernen Epos so gerecht werden, wie es Worte überhaupt können. Harald Loch Die Rheinpfalz 20200612
verdienter Buchpreis
Über das Leben der in der Bretagne geborenen Widerstandskämpferin in der Resistance gegen die Nazis und dann für die algerische Unabhängigkeit sowie über den Stil als Versepos ist schon genug gesagt worden.
Ich möchte deswegen darauf …
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verdienter Buchpreis
Über das Leben der in der Bretagne geborenen Widerstandskämpferin in der Resistance gegen die Nazis und dann für die algerische Unabhängigkeit sowie über den Stil als Versepos ist schon genug gesagt worden.
Ich möchte deswegen darauf hinweisen, dass mir der Stil ohne Verse an Annie Ernaux erinnerte, die ihr Leben in ähnlicher Weise beschreibt. Weiter erinnert mich das Buch an „Die fabelhafte Welt der Amelie.“
Trotz des traurigen Themas behält das Buch seinen Witz, wenn von ihrer Großmutter etwa die Rede ist, dass sie „reich ist nicht an Gütern und gebildet nicht durch Lektüren.“ (8) Auch gefällt mir, dass die Autorin uns erklärt, dass mit PC weder ein Computer noch korrekte Ausdrucksweise, sondern ihre Partei gemeint ist (27). Kurz vor Kriegsende sei sie „von den Marxisten zu den Leichtsinnixten“ übergewechselt (66). Und schließlich meint sie, dass in der algerischen Unabhängigkeitsbewegung von Anfang an der Wurm drin war und fragt: „Gibt es denn Revolutionen, Staatsgründungen, Neuanfänge ohne Wurm? Wohl kaum.“ (170)
Zum Buchpreis möchte ich anmerken, dass wir im Gegensatz zu 2016 und 2018 eine würdige Preisträgerin haben. Erstmals habe ich auch die gesamte Shortlist gelesen. Bis auf die „Zuckerfabrik“ handelt sich um gute und sehr gute Bücher. Aus ihnen einen einen Preisträger zu ermitteln, erscheint mir schon fast unfair. Aber so ist das Publikum. Es will Sieger sehen. 5 Sterne
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Ein ungewöhnliches Leben in Versform
Das Buch wurde viel besungen und eingeordnet unter anderem als Beitrag zur deutsch-französischen Geschichte. Dennoch sprang bei mir kein Funke über beim Lesen. Ich kann diese Lektüre jedoch neben geschichtlich Interessierten auch jenen …
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Ein ungewöhnliches Leben in Versform
Das Buch wurde viel besungen und eingeordnet unter anderem als Beitrag zur deutsch-französischen Geschichte. Dennoch sprang bei mir kein Funke über beim Lesen. Ich kann diese Lektüre jedoch neben geschichtlich Interessierten auch jenen empfehlen, die sich mehr Mut wünschen und selbst gerne aufbegehren würden, wenn sie mit Ungerechtigkeit konfrontiert werden.
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Mit allen gelesenen Rezensionen stimme ich darin überein, daß Anne Weber über ein spannendes und unbedingt berichtenswertes Leben, gerne auch Heldenleben, schreibt – aber damit hat es sich auch schon. Wo/was ist da ein "Vers-Opus" ?: Bloß weil ein Text im …
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Mit allen gelesenen Rezensionen stimme ich darin überein, daß Anne Weber über ein spannendes und unbedingt berichtenswertes Leben, gerne auch Heldenleben, schreibt – aber damit hat es sich auch schon. Wo/was ist da ein "Vers-Opus" ?: Bloß weil ein Text im Flattersatz geschrieben und gedruckt (und damit eher schwerer lesbar) wird, ist er noch keine Lyrik. Wo sind hier Wort- und Sprachgewalt, wo ein besonderer Rhytmus, wo anregende, womöglich neue, Bilder, wo Witz und Ironie ? Ich fand nur eine durchschnittliche – und nicht einmal sehr gut lektorierte – Erzählung. Die Wahl der Jury zwischen den Preis-Nominierten kann ich leider nicht nachvollziehen. Also, wem das Buch, gemessen an Seiten- und Wortzahl, nicht zu teuer ist, der kann es mit (Erkenntnis-)Nutzen lesen, aber er könnte auch enttäuscht sein, wenn er sich vom Jury- und Rezensenten-Lob hat beeindrucken lassen.
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Leserherz, was willst du mehr?
Mit «Annette, ein Heldinnenepos» setzt Anne Weber der französischen Rebellin Anne Beaumanoir schon zu Lebzeiten ein Denkmal. Die 1923 geborene Ärztin engagiert sich bis heute auf Vorträgen gegen Unheil stiftenden Nationalismus ebenso wie …
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Leserherz, was willst du mehr?
Mit «Annette, ein Heldinnenepos» setzt Anne Weber der französischen Rebellin Anne Beaumanoir schon zu Lebzeiten ein Denkmal. Die 1923 geborene Ärztin engagiert sich bis heute auf Vorträgen gegen Unheil stiftenden Nationalismus ebenso wie gegen rassistischen und religiösen Fanatismus. Bei einem solchen Vortrag hat die Autorin sie persönlich kennengelernt, ihre Gespräche mit der betagten Dame sowie deren jüngst auf Deutsch erschienene Autobiografie dienten ihr als Vorlage. Für ihr Engagement während der Judenverfolgungen im besetzten Frankreich erhielt die Widerstandskämpferin den von der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem verliehenen Ehrentitel «Gerechte unter den Völkern». Dieses Sujet nun wird narrativ in der nicht gerade alltäglichen Form eines Prosagedichtes umgesetzt, was aber, anders als befürchtet, den Lesefluss in keiner Weise stört. Vielmehr wird dadurch ganz subtil das Heldische ihrer Geschichte betont.
Schon als Jugendliche engagiert sich Annette in der kommunistischen Gruppe der Résistance und wird mit allerlei Botendiensten betraut. Bei einer von ihr allein durchgeführten, spontanen Aktion kann sie zwei Juden in letzter Sekunde vor den Nazis retten. Von ihrer Organisation aber wird sie gerügt, weil sie bei ihrem unkoordinierten Alleingang gegen die strengen Sicherheitsregeln für die Untergrundarbeit verstoßen hat. Nach dem Krieg studiert sie, heiratet einen Arzt, mit dem sie drei Kinder hat, und arbeitet als Professorin für Neurologie. Bis sie schließlich Mitte der fünfziger Jahre während des Algerienkriegs Partei ergreift für die von Ben Bella gegründete FLN und erneut in den Untergrund geht. Die hehren Werte der ‹Grande Nation›, liberté-egalité-fraternité, werden damals geradezu mit Füßen getreten, sie unterstützt deshalb ohne Rücksicht auf private und familiäre Interessen den Freiheitskampf. Mutmaßlich durch Verrat fliegt sie irgendwann auf, wird verhaftet und zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, kann aber vor Haftantritt nach Tunesien fliehen. Von dort aus ist sie wieder eingebunden in die Befreiungs-Bewegung und nimmt nach Ausrufung der nationalen Unabhängigkeit einen hohen Posten ein im Gesundheitswesen des neuen Staates Algerien. Bis 1965 schließlich durch einen Militärputsch Boumedienne die Macht übernimmt und Annette erneut fliehen muss. Da sie in Frankreich per Haftbefehl gesucht wird, geht sie in die Schweiz, wo sie in Genf bis ins Rentenalter als Leiterin einer neurophysiologischen Klinik arbeitet. Nach der lang erwarteten Amnestie siedelt sie sich schließlich in Dieulefit an, einem kleinen Ort im Südosten Frankreichs, wo sie heute noch lebt.
Annette ist rückblickend im Zweifel, ob sich ihr Einsatz, all ihre Entbehrungen denn wirklich gelohnt haben. Was ihr Engagement für die Résistance anbelangt hat sie keine Zweifel, was aber aus Algerien geworden ist nach der Befreiung, das sieht sie mit Sorge. Und es gibt dort politisch ja auch bis heute keinen Lichtblick, ‹Arabischer Frühling› hin oder her! Am Ende wird Camus zitiert, der die Sache weise zurechtrückt: «Der Kampf, das andauernde Plagen und Bemühen hin zu großen Höhen, reicht aus, ein Menschenherz zu füllen. Weshalb wir uns Sisyphos am besten glücklich vorstellen».
«Es ist atemberaubend, wie frisch hier die alte Form des Epos klingt», schreibt die Jury des Deutschen Buchpreises 2020 in ihrer Begründung zur Preisverleihung. Und in der Tat stellt die Sprache die größte Überraschung dar in diesem untypischen Epos so ganz ohne strahlende Heldin. Ohne Verklärung, aber auch ohne Ironie wird hier locker erzählt, wobei die Erzählerstimme sogar den Klappentext mit einbezieht und amüsante Abschweifungen einstreut: «Kaum ist der Indochinakrieg zu Ende und Frankreich (ohne Annettes Zutun) um eine Kolonie kleiner…» Durch historische Einblicke bereichert, durch eine spannende Geschichte gut unterhalten, durch eine virtuose Sprache höchst erfreut, stellt sich hier die literarische Urfrage: Leserherz, was willst du mehr?
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Anspruchsvoller Hörgenuss
Im Hörbuch „Annette, ein Heldinnenepos“ erzählt die Autorin Anne Weber die außergewöhnliche Lebensgeschichte der Französin Anne Beaumanoir. Und ein Epos ist ihr damit wahrlich gelungen. Die Sprache ist dichterisch, sprüht …
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Anspruchsvoller Hörgenuss
Im Hörbuch „Annette, ein Heldinnenepos“ erzählt die Autorin Anne Weber die außergewöhnliche Lebensgeschichte der Französin Anne Beaumanoir. Und ein Epos ist ihr damit wahrlich gelungen. Die Sprache ist dichterisch, sprüht aber auch vor Witz und schreckt auch nicht davor zurück, die Zuhörer*innen direkt anzusprechen. Die Erzählung ist allerdings stellenweise ziemlich kompliziert und so ist es nicht immer einfach alle Zusammenhänge zu erfassen. Hier ist konzentriertes Zuhören gefragt. Trotzdem war es für mich sehr spannend so viel über das Leben und Wirken einer beeindruckenden Frau zu erfahren, welche sich sowohl in der kommunistischen Résistance als auch in der algerischen Unabhängigkeitsbewegung engagierte. Meiner Meinung nach wurde das Buch zurecht mit dem deutschen Buchpreis 2020 ausgezeichnet und ist ein Muss für alle Buchbegeisterten! Aufgrund der etwas anspruchsvolleren Sprache, welche volle Konzentration erfordert, vergebe ich 4 von 5 Sternen und empfehle das Hörbuch gerne weiter.
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Klappentext:
Es gibt also noch wirkliche Heldinnen, ganz ohne Anführungszeichen, denen man auf der Straße begegnen, mit denen man reden, die man kennenlernen kann? In Südfrankreich lebt Anne Beaumanoir, genannt Annette, eine lebhafte Frau mit lichtblauen Augen. Mitglied der …
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Klappentext:
Es gibt also noch wirkliche Heldinnen, ganz ohne Anführungszeichen, denen man auf der Straße begegnen, mit denen man reden, die man kennenlernen kann? In Südfrankreich lebt Anne Beaumanoir, genannt Annette, eine lebhafte Frau mit lichtblauen Augen. Mitglied der kommunistischen Résistance, »Gerechte unter den Völkern «, Neurologin, engagiert auf der Seite der algerischen Unabhängigkeitsbewegung, verurteilt zu zehn Jahren Haft, nach einer abenteuerlichen Flucht beteiligt am Aufbau des algerischen Gesundheitssystems … und heute 96 Jahre alt. So ihr Leben in ein paar Worten. Wie aber von Annettes Sehnen und Trachten, von ihren Zweifeln und Heldentaten erzählen? Müssten diese nicht besser gesungen werden?
Cover:
Das Cover ist sehr einfach gehalten und zeigt gelblich schraffiert eine skizzenhaften Zeichnung eines Gesichtes. Der restliche Hintergrund ist komplett rot. Daher tritt die Zeichnung auch nicht sehr deutlich hervor und das Cover hat mich ehrlich gesagt, nicht ganz überzeugt.
Meinung:
Ein Hörbuch, dass es in sich hat. Hier wird die Geschichte bzw. das Leben von Anne Beaumanoir, auch genannt Annette, erzählt, die schon in jungen Jahren ein kleiner Rebell war und sich für andere eingesetzt hat. Sie war Mitglied der kommunistischen Résistance und setzte sich für die algerische Unabhängigkeitsbewegung ein. Ein sehr bewegendes und beeindruckendes Leben führte Annette, welches in diesem Epos aufgezeigt wurde.
Die Geschichte und die Hintergründe an sich, haben mir sehr gut gefallen und mich auch sehr bewegt und beeindruckt, jedoch kam ich mit der epischen Form der Darstellung nicht immer ganz klar und schweifte immer wider ab, so dass ich manche Absätze mehrfach erneut hören musste und mich sehr konzentrieren musste, um bei der Sache zu bleiben. Auch konnte ich mich nicht ganz 100% auf Annette einlassen, diese konnte ich nicht immer ganz greifen. Mir fehlten da ab und an die Emotionen. Es war mir zeitweise zu sachlich und zu wenig Gefühle dabei, so dass ich nicht ganz mit der Erzählung verschmelzen konnte.
Die Sprecherin hat ihre Sache sehr gut gemacht. Sie hat eine sehr angenehm Stimme und auch die Stimmmelodie hat mir sehr gut gefallen.
Ein Hörbuch mit einer sehr besonderen und ergreifenden Geschichte, von der man so einiges Lernen kann und die auch sehr zum Nachdenken und selbst philosophieren einlädt. Eine Geschichte, die es in sich hat und dessen Hintergrund mich sehr bewegt hat, aber das Hörbuch an sich, mich leider nicht ganz überzeugen konnte.
Fazit:
Ein Hörbuch mit einer sehr besonderen und ergreifenden Geschichte, die es in sich hat. Jedoch konnte es mich als Gesamtes nicht ganz überzeugen.
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Anne Weber erzählt die Geschichte der Anne Beaumanoir, die als Mitglied der kommunistischen Résistance im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Besatzung kämpft. Nach Kriegsende, inzwischen Ärztin, unterstützt sie die algerische Befreiungsfront FLN. Daher wird sie zu zehn …
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Anne Weber erzählt die Geschichte der Anne Beaumanoir, die als Mitglied der kommunistischen Résistance im Zweiten Weltkrieg gegen die deutsche Besatzung kämpft. Nach Kriegsende, inzwischen Ärztin, unterstützt sie die algerische Befreiungsfront FLN. Daher wird sie zu zehn Jahren Haft verurteilt. Nach ihrer abenteuerlichen Flucht und der Ausrufung der nationalen Unabhängigkeit ist sie maßgeblich am Aufbau des algerischen Gesundheitssystems beteiligt. Nach dem Militärputsch von 1965 muss sie erneut fliehen. Zunächst lebt sie in der Schweiz und nach der Amnestie siedelt sie nach Südfrankreich, wo sie heute noch mit 96 Jahren lebt.
Die Autorin hatte durch Zufall Anne Beaumanoir kennengelernt. Ohne diese Begegnung, bekennt Weber, wäre dieses Buch nicht zustande gekommen. Die „Helden“-Biografie in wird dabei in einer Mischung aus Prosa und Lyrik erzählt. Im AUDIOBUCH Verlag ist eine ungekürzte Lesung dieses bemerkenswerten Titels erschienen. Der Sprecherin Christina Puciata gelingt es, sowohl den ermutigenden Lebenslauf wie auch den außergewöhnlichen Text hörbar zu machen.
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eBook, ePUB
„Ich heiße Niemand“
Zitat aus dem Buch: „Nichts ist es wert auf dieser Welt, mit Menschenblut erkauft zu werden“. (Stammt von Rousseau)
Wer „als Gerechte unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt wird, der hat Großes vollbracht. Annette, die …
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„Ich heiße Niemand“
Zitat aus dem Buch: „Nichts ist es wert auf dieser Welt, mit Menschenblut erkauft zu werden“. (Stammt von Rousseau)
Wer „als Gerechte unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt wird, der hat Großes vollbracht. Annette, die Hauptperson im Buch der Gewinnerin des dbp20, zählt dazu. Und nicht nur beim Verstecken jüdischer Mitbürger zeigte sie Mut. Nach dem Zweiten Weltkrieg kämpfte sie erneut für eine Minderheit und schloss sich einer Gruppe an, die für die Unabhängigkeit Algeriens eintrat. Sie wurde denunziert und kam ins Gefängnis. 10 Jahre Haft sollten es werden. Sie flüchtete nach Algerien.
In Frankreich geboren, wird sie heute als Heldin verehrt und Anne Beaumanoir ist häufig Thema beim Unterricht in französischen Schulen. Schon als Jugendliche wurde sie denunziert, ihre Freunde getötet und häufig stand sie alleine da. Sie lebte in den Armenvierteln Algeriens und erkannte schon sehr früh, dass sich dort etwas „Böses“ zusammenbraut. Das lag daran, dass auf „Egalité“ kaum wert gelegt wurde und viele Franzosen sich als „Herrenmenschen“ gegenüber den Bewohnern ihrer Kolonie fühlten. Wer macht das auf Dauer mit? Sie war es auch, die darauf aufmerksam machte, dass Charles de Gaulle einen Atombombenversuch in der Wüste machte. Dabei starben so viele Menschen und kaum jemand nahm Notiz davon. Jaja, ich höre auf, sonst spoiler ich noch.
Die Sprache der Autorin Anne Weber ist unüblich. Sie ist von großer Kraft und äußerst abwechslungsreich. Wiederholungen gibt es kaum. Die Ereignisse wurden in logischer Reihenfolge geschrieben und ich konnte ihnen sehr gut folgen. Ob ich persönlich die „Annette“ als Heldin sehe, wenn ich ihr Verhalten gegenüber ihrer Familie betrachte, das steht auf einem anderen Blatt. Das Buch gefiel mir sehr gut, auch wegen die vielen Bilder, die in meinem Kopf entstanden. Volle fünf Sterne und eine Leseempfehlung für Freund gehobener Literatur. Und nein, nicht weil sie den ersten Preis beim dbp20 bekam. Hervorzuheben ist auch die sehr umfangreiche Recherche zu dem Buch. Die Autorin hielt sich nicht mit Mutmaßungen auf. Sie schuf Fakten.
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Annette hatte Prinzipien, deren Imperative wurden ihr zum Antrieb und es stellt sich die Frage: Wann und wie leisten wir Widerstand?
Es ging ihr ums Prinzip. Oder auch Prinzipien.
Ein intensives Buch, das meiner Meinung den Deutschen Buchpreis 2021 würdig gewonnen hat. Neben der sensiblen …
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Annette hatte Prinzipien, deren Imperative wurden ihr zum Antrieb und es stellt sich die Frage: Wann und wie leisten wir Widerstand?
Es ging ihr ums Prinzip. Oder auch Prinzipien.
Ein intensives Buch, das meiner Meinung den Deutschen Buchpreis 2021 würdig gewonnen hat. Neben der sensiblen Auseinandersetzung mit einem realen Person sticht besonders die Form hervor, die Anne Weber wählt: Ein Heldinnenepos ist nämlich nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch im formalen Sinne richtig. Wobei sie durchaus das Held:innen-Bild bricht. Oft ist es neben den Prinzipien nämlich der Zufall, der Annette an die entscheidenden Wendepunkte bringt.
Aber genau darum habe ich das Buch ja auch so gerne gehört: Annette ist so oft heldenhaft, riskiert ihr Leben, aber mit Marvel-Superheld:innen hat sie dennoch wenig zu tun. Weber schildert Annette als Mensch aus Fleisch und Blut. Viele ihrer Taten können wir bewundern, manchmal wundern wir uns vielleicht, aber ich fand sie immer nachvollziehbar. Und auch, wenn wir Vorbilder brauchen, es ist gut, dass wir heute, anders als bei früheren Epen so oft geschehen mit harten Männern häufig, niemand auf einen Sockel gestellt bekommen. Weber macht den Fehler nun eben NICHT bei einer Frau, sondern fühlt sich ein und macht ihre Heldin nahbar.
Gerade als Hörbuch hat die epische Form bei mir hervorragend funktioniert. Das ist insbesondere auch Sprecherin Christina Puciata zu verdanken. Den feinen Humor, die Selbstironie und -erkenntnis, die sich auf Protagonistin wie Autorin und Erzählhaltung, die das Buch ausmachen, verstärkt die Sprecherin auf den Punkt. Es ist zwar das erste, aber sicherlich nicht das letzte Buch, dass ich von Piciata hören werde.
Schon auf Anfang wird der Bogen zum Ende gespannt, auch auf der Metaphernebene. Eine kundige Finesse, von denen Weber so einige in Petto hat, die dieses Buch gleichzeitig zu einem intellektuellen Genuss machen.
„Geboren wird Annette in einer Sackgasse. Und das nicht bloß im übertragnen Sinne, wie wir alle.“
Annette suchte immer wieder Wege aus diesen Sackgassen hinaus. Nicht so sehr für sich, sondern für andere. Und so wurde sie zunächst schon in ganz jungen Jahren eine Kämpferin in der Resistance für die Kommunist:innen. Und später setzte sie sich für eine freies Algerien ein. Während die meisten wohl den Kampf gegen Nazis als legitim werten werden, könnte es bei Bomben gegen Kolonisatoren vielleicht schon eng werden. Auch, wenn sie die nicht legt, sondern nur als Fahrerin tätig wird und später als Ärztin und in der ersten algerischen Regierung. Die Frage, was wir als gerechtfertigt sehen, schwingt immer mit. Und Weber stellt gekonnt diese Frage immer wieder und macht Bezüge auf, wie Unterdrückung auf vielfältige Weise wirkt.
Durch die Form bekommt die Geschichte etwas märchenhaftes. Das hilft es auch, die harten Fakten zu ertragen, die immer nur am Rande skizziert werden.
Eine Content Note in Bezug auf Shoah, Folter und Morde ist dennoch angebracht, auch, wenn hier nichts drastisch geschildert wird. Aber in der Skizzierung durchaus sehr emotional. Es ist eher der Fakt, DASS es passiert, denn wie genau es passiert ist. Zudem wird in einer historischen Einordnung das Z-Wort und in einem Zitat das N-Wort benannt.
Letzteres Zitat ist recht heftig. Aber hier werden wie häufig im Buch die Bezüge zwischen verschiedenen Diskriminierungen und Rassismen aufgemacht. Ich bin wirklich froh, dass es Menschen wie Annette immer wieder gab und gibt.
„Es ging ihr ums Prinzip. Oder auch Prinzipien.“
Die Fragen, wann etwas zu tun geboten ist, wird bei mir noch eine Zeitlang nachwirken.
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