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Fritz Honka: Für die in den 70er-Jahren aufgewachsenen Deutschen ist er das Schreckgespenst ihrer Kindheit, ein Frauenmörder aus der untersten Unterschicht. Honka rekrutierte seine Opfer aus der Hamburger Absturzkneipe "Zum Goldenen Handschuh". In dieses Milieu taucht Strunk tief ein, leuchtet die infernalische Nachtwelt von Kiez, Kneipe, Abbruchquartier bis in die letzten schäbigen Winkel aus. Ein Hörspiel, das unter die Haut geht, das mit historischer Genauigkeit und ungeheurem Mitgefühl von Täter und Opfern erzählt – und ihrem vergeblichen Ringen um ein Stück vom Glück.
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Der Schriftsteller, Musiker und Schauspieler Heinz Strunkwurde 1962 in Bevensen geboren. Seit seinem ersten Roman Fleisch ist mein Gemüse hat er 14 weitere Bücher veröffentlicht. Der goldene Handschuh stand monatelang auf der Bestsellerliste; die Verfilmung durch Fatih Akin lief im Wettbewerb der Berlinale. 2016 wurde der Autor mit dem Wilhelm Raabe-Literaturpreis geehrt. Seine Romane Es ist immer so schön mit dir und Ein Sommer in Niendorf waren für den Deutschen Buchpreis nominiert. Zuletzt erschien Kein Geld Kein Glück Kein Sprit.

© Philipp Rathmer
Produktbeschreibung
- Verlag: Der Audio Verlag
- Gesamtlaufzeit: 79 Min.
- Erscheinungstermin: 18. April 2019
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783742411884
- Artikelnr.: 56160810
Dieses Buch ist eine Zumutung, eine große und zugleich humane Zumutung. Jedenfalls dann, wenn zu bedeutender Literatur gehört, den Blick von nichts abzuwenden. Jürgen Kaube FAZ.NET
Solange es solche Menschen gibt
Goethe will von keinem Verbrechen gehört haben, zu dem er selbst nicht auch in der Lage gewesen wäre. Heinz Strunk zeigt mit seinem Serienmörder-Roman, wie weit Einfühlung gehen kann.
Darf Literatur trostlos sein? Die Antwort ist leicht: Da sie alles soll, was sie kann, darf sie natürlich auch dies. Dass sie trostlos sein sollte, werden hingegen nicht einmal die behaupten wollen, die in Trost Kitsch wittern und finden, dass Literatur andere Aufgaben hat als Lesevergnügen. Doch wenn man ein Buch in Händen hält, das vollständig, wirklich vollständig trostlos ist, kommt man um die Frage schlecht herum, aus welchen Gründen man es jemandem anderen empfehlen soll. Anders formuliert: Kann
Goethe will von keinem Verbrechen gehört haben, zu dem er selbst nicht auch in der Lage gewesen wäre. Heinz Strunk zeigt mit seinem Serienmörder-Roman, wie weit Einfühlung gehen kann.
Darf Literatur trostlos sein? Die Antwort ist leicht: Da sie alles soll, was sie kann, darf sie natürlich auch dies. Dass sie trostlos sein sollte, werden hingegen nicht einmal die behaupten wollen, die in Trost Kitsch wittern und finden, dass Literatur andere Aufgaben hat als Lesevergnügen. Doch wenn man ein Buch in Händen hält, das vollständig, wirklich vollständig trostlos ist, kommt man um die Frage schlecht herum, aus welchen Gründen man es jemandem anderen empfehlen soll. Anders formuliert: Kann
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Literatur vollkommen trostlos sein und trotzdem bedeutend?
Heinz Strunks kommende Woche bei Rowohlt erscheinender Roman "Der goldene Handschuh" ist ein Testfall auf diese Frage. Er handelt von etwas Furchtbarem, das durch nichts kompensiert werden kann. Nicht durch Spannung, wie sie Kriminalromane und Thriller pflegen; nicht durch den Trost, dass es aufgeklärt wurde; nicht durch eine Moral, die man dem Geschehen entnehmen könnte; nicht einmal durch eine jener sozialpsychologischen Erzählungen, die uns - geteiltes Leid ist halbes Leid - beruhigen, am Entsetzlichen seien irgendwie der Kapitalismus, eine falsche Erziehung oder die bürgerliche Kälte schuld.
Strunk erzählt von einem Verbrechen ohne jeden Bedeutungsüberschuss. Der Stoff seines Romans sind Episoden aus dem Leben des Hilfsarbeiters Fritz Honka, der zwischen Dezember 1970 und Januar 1975 in Hamburg vier Frauen ermordet, anschließend zerlegt und teils weggeworfen, teils in der Abseite seiner Mansardenwohnung verstaut hat. Zu Tage kam das nicht durch Fahnder, sondern durch die Feuerwehr, die bei einem Hausbrand auf Leichenteile stieß. Wer damals ein Kind war, konnte auf den hinteren Seiten von Illustrierten, die beim Zahnarzt lagen, darüber lesen. Honka versorgte Albträume, die mitteilten, dass das Böse nicht weit weg ist, damals mit einem Bild.
In Kriminalromanen verdient man sich mit so etwas seit Längerem schon den Titel "Serienmörder" und die Empathie von irrenärztlich informierten Rätsellösern. Doch Strunk erzählt von einer Tat, die keinen Anhalt bietet für komplizierte Motivkonstruktionen und ein angestrengtes Herumstochern im Inneren eines Täters. Denn wie soll man sich das Innere von jemandem vorstellen, der über die von ihm drangsalierte alte, zahnlose Frau denkt, wenn sie sich sturzbetrunken neben ihm durch das eiskalte Morgengrauen schleppt: "Wenn die hinfällt, lass ich sie einfach liegen." Für den Sex eine Form ist, andere kaputtzumachen. Für den am Willen anderer nur gut ist, dass man ihn brechen kann, und der die Hässlichkeit seiner Frauen hasst und genießt, weil er weiß, dass andere als die ganz Heruntergekommenen für ihn gar nicht erreichbar wären.
Honka, den alle "Fiete" nennen, ist ein kleiner Mann mit eingedrücktem Gesicht, zerschlagen schon in der Kindheit. Er sitzt tag- und nachtein, nachtaus in jener von einem Ex-Boxer geführten Kaschemme "Zum Goldenen Handschuh", die das ganze Jahr und rund um die Uhr offen hat, und trinkt und flucht und bramarbasiert und trinkt. So gut wie alle, die dort sitzen, sind schwer betankt, manche halb ohnmächtig, manche auch schon tot, andere nässen sich gerade ein. Ruinen von Menschen, kriminell, vom Fusel zerfressen. Auf einer der ersten Seiten notiert Strunk über einen solchen Insassen der Hafenkneipe, dass das Wort "sterbliche Überreste" irrigerweise nur auf Verstorbene angewendet wird, und etwas später über die vom Leben Geprügelte: "Ihre Gleichmut erlaubt es ihr, bei lebendigem Leib zu verrotten." Nur Gisela von der Heilsarmee kommt ab und an wie zur Erinnerung vorbei, dass Menschen auch Personen sein können.
Strunk, dem das Stilwunder gelungen ist, ohne Kälte lakonisch zu schreiben, enthält sich jeder Erklärung: ob sie trinken, weil sie leer sind, oder leer sind, weil sie trinken. Wie sollte man es auch herausfinden? Auch zwischen Honkas Geilheit, in die sich das Bedürfnis nach Ruhe mischt, zwischen Sentimentalität - "Es geht eine Träne auf Reisen" - und Sadismus lässt sich nicht unterscheiden, weil all das, die Geilheit wie der Traum vom Schönen, ob der Enttäuschungen, die ihm folgen, seine ekelhaften Gewaltausbrüche anheizt. Am Tiefpunkt seiner Niedertracht lässt Honka eine ihm Ausgelieferte unterschreiben, sie sei mit allem einverstanden, was er mit ihr mache, und werde von nun an keine eigene Meinung mehr äußern. Zehn Seiten später findet er aber, weil sie nicht mehr am Gespräch teilnimmt, so mache das ja auch keinen Spaß. Wille und Bosheit sind in dieser Welt dasselbe, aber Schopenhauer hätte sich nicht träumen lassen, wie es aussieht, wenn seine Philosophie wirklich wird.
Strunk schildert ein Leben diesseits von Gut und Böse. Als Honka überraschend als Wachmann angestellt wird, denkt er, jetzt wende sich alles, so mit Uniform und festen Aufstehzeiten. In der Abseite schmoren währenddessen blaue Plastiksäcke. Sie tun es wie zum Zeichen, dass der Versuch, ein normales Leben zu führen, ja, überhaupt das Leben zu führen und nicht von der unheilvollen Beschäftigung mit sich selbst getrieben zu werden, trotz Hafenfahrt, Betriebsfeier und Zoobesuch vergebens ist. Das Umkippen des Bewusstseins aus der Begleitung solcher alltäglicher Szenen in Kontrollverluste schildert Strunk mit erschreckender Genauigkeit.
Dabei interessieren ihn die Tathergänge selbst nur mittelbar. Die Morde sind an die erzählerische Akte Honka mehr angeheftet; der erste erschließt sich nur aus der Leiche, von den anderen, die im Laufe eines Jahres geschahen, berichtet Strunk im letzten Fünftel des Buches. Es ist, als wollte die Ermittlung sagen, dass schon vorher ausweglos Schreckliches genug geschehen sei, um uns vollkommen ratlos zu machen, noch bevor es zur Tötung im Blutrausch oder aus Verachtung kommt. Heinz Strunk treibt die Empathie mittels erlebter Rede, die er unfassbar präzise einsetzt, bis dahin, wo sonst niemand mehr mitfühlen will. Das ist nicht nur die Leistung eines Erzählers, der den schiefen Blick der missratenen Kreatur aushält. Dadurch fällt seinen tränenlosen Beschreibungen auch ein geradezu filmischer Realismus zu. Von der Ambition des Ausstatters zeugen Wendungen von "nicht ganz schussecht" über den Ausruf "Thööölke!" bis zur "Braunschen Röhre" als Name für eine Cola.
Um aber das naheliegende Missverständnis zu zerstreuen, es werde hier eine Milieutheorie des deformierten Lebens veranschaulicht, wechseln sich die Episoden in Honkas Welt mit - "gleicher Tag, andere Gegend" - Szenen einer absteigenden, verbitterten und zerstrittenen Hamburger Reederfamilie ab. Deren jüngstes Mitglied, ein Siebzehnjähriger, und sein Onkel sind Vergleichspräparate für Honka; ihnen gibt Strunk ebenfalls Lebensschäden mit. Der von Akne zerfurchte und durch eine Erbkrankheit "vermorphte" Knabe, der für eine Mitschülerin entbrennt, denkt genauso wie der adelige Rechtsanwalt, der Theorien über Sexualität als Krankheit ventiliert und selbst nur eine Sekunde von einem sadistischen Frauenmord entfernt ist, bloß an die eigene Lust, die ausbleibt. Für sie alle, die Strunk ebenfalls in den "Goldenen Handschuh" führt, gibt es, wie für Honka, nur sie selbst, ihr Eingesperrtsein in sich und in ihre Phantasien. Die von der Elbchaussee würden es, wie es an einer Stelle heißt, "nur etwas anders ausdrücken" als Honka. Und ihre Gewaltphantasien haben noch andere Objekte als Frauen, sie sind gewissermaßen durch andere Gesichtspunkte (Familie, Konkurrenten, Jungsein, Kranksein) abgelenkt.
Verlangen ist ein Feuer des Bösen, heißt es im Roman, und es ist offen, ob an dieser Stelle der unglückliche und erniedrigte Reederssohn spricht oder der Erzähler, dem man jeden anthropologischen Pessimismus abnimmt. Seinem Buch hat er ein Zitat vorangestellt, das von einem anderen Serienmörder stammt. Darin stellt dieser die Frage: "Warum muss es überhaupt Menschen geben, die so sind?" Heinz Strunk gibt darauf keine Antwort. Seine unglaubliche erzählerische Leistung bezieht sich nur auf einen Teil der Frage, das "so Sein". Wie sind solche Menschen denn? Indem es das zeigt und indem es die Mittel einsetzt, die nötig sind, das zu zeigen - soll man ergänzen: aber auch "nur" diese? -, ist dieses Buch eine Zumutung, eine große und zugleich humane Zumutung. Jedenfalls dann, wenn es zu bedeutender Literatur gehört, den Blick von nichts abzuwenden.
JÜRGEN KAUBE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Heinz Strunks kommende Woche bei Rowohlt erscheinender Roman "Der goldene Handschuh" ist ein Testfall auf diese Frage. Er handelt von etwas Furchtbarem, das durch nichts kompensiert werden kann. Nicht durch Spannung, wie sie Kriminalromane und Thriller pflegen; nicht durch den Trost, dass es aufgeklärt wurde; nicht durch eine Moral, die man dem Geschehen entnehmen könnte; nicht einmal durch eine jener sozialpsychologischen Erzählungen, die uns - geteiltes Leid ist halbes Leid - beruhigen, am Entsetzlichen seien irgendwie der Kapitalismus, eine falsche Erziehung oder die bürgerliche Kälte schuld.
Strunk erzählt von einem Verbrechen ohne jeden Bedeutungsüberschuss. Der Stoff seines Romans sind Episoden aus dem Leben des Hilfsarbeiters Fritz Honka, der zwischen Dezember 1970 und Januar 1975 in Hamburg vier Frauen ermordet, anschließend zerlegt und teils weggeworfen, teils in der Abseite seiner Mansardenwohnung verstaut hat. Zu Tage kam das nicht durch Fahnder, sondern durch die Feuerwehr, die bei einem Hausbrand auf Leichenteile stieß. Wer damals ein Kind war, konnte auf den hinteren Seiten von Illustrierten, die beim Zahnarzt lagen, darüber lesen. Honka versorgte Albträume, die mitteilten, dass das Böse nicht weit weg ist, damals mit einem Bild.
In Kriminalromanen verdient man sich mit so etwas seit Längerem schon den Titel "Serienmörder" und die Empathie von irrenärztlich informierten Rätsellösern. Doch Strunk erzählt von einer Tat, die keinen Anhalt bietet für komplizierte Motivkonstruktionen und ein angestrengtes Herumstochern im Inneren eines Täters. Denn wie soll man sich das Innere von jemandem vorstellen, der über die von ihm drangsalierte alte, zahnlose Frau denkt, wenn sie sich sturzbetrunken neben ihm durch das eiskalte Morgengrauen schleppt: "Wenn die hinfällt, lass ich sie einfach liegen." Für den Sex eine Form ist, andere kaputtzumachen. Für den am Willen anderer nur gut ist, dass man ihn brechen kann, und der die Hässlichkeit seiner Frauen hasst und genießt, weil er weiß, dass andere als die ganz Heruntergekommenen für ihn gar nicht erreichbar wären.
Honka, den alle "Fiete" nennen, ist ein kleiner Mann mit eingedrücktem Gesicht, zerschlagen schon in der Kindheit. Er sitzt tag- und nachtein, nachtaus in jener von einem Ex-Boxer geführten Kaschemme "Zum Goldenen Handschuh", die das ganze Jahr und rund um die Uhr offen hat, und trinkt und flucht und bramarbasiert und trinkt. So gut wie alle, die dort sitzen, sind schwer betankt, manche halb ohnmächtig, manche auch schon tot, andere nässen sich gerade ein. Ruinen von Menschen, kriminell, vom Fusel zerfressen. Auf einer der ersten Seiten notiert Strunk über einen solchen Insassen der Hafenkneipe, dass das Wort "sterbliche Überreste" irrigerweise nur auf Verstorbene angewendet wird, und etwas später über die vom Leben Geprügelte: "Ihre Gleichmut erlaubt es ihr, bei lebendigem Leib zu verrotten." Nur Gisela von der Heilsarmee kommt ab und an wie zur Erinnerung vorbei, dass Menschen auch Personen sein können.
Strunk, dem das Stilwunder gelungen ist, ohne Kälte lakonisch zu schreiben, enthält sich jeder Erklärung: ob sie trinken, weil sie leer sind, oder leer sind, weil sie trinken. Wie sollte man es auch herausfinden? Auch zwischen Honkas Geilheit, in die sich das Bedürfnis nach Ruhe mischt, zwischen Sentimentalität - "Es geht eine Träne auf Reisen" - und Sadismus lässt sich nicht unterscheiden, weil all das, die Geilheit wie der Traum vom Schönen, ob der Enttäuschungen, die ihm folgen, seine ekelhaften Gewaltausbrüche anheizt. Am Tiefpunkt seiner Niedertracht lässt Honka eine ihm Ausgelieferte unterschreiben, sie sei mit allem einverstanden, was er mit ihr mache, und werde von nun an keine eigene Meinung mehr äußern. Zehn Seiten später findet er aber, weil sie nicht mehr am Gespräch teilnimmt, so mache das ja auch keinen Spaß. Wille und Bosheit sind in dieser Welt dasselbe, aber Schopenhauer hätte sich nicht träumen lassen, wie es aussieht, wenn seine Philosophie wirklich wird.
Strunk schildert ein Leben diesseits von Gut und Böse. Als Honka überraschend als Wachmann angestellt wird, denkt er, jetzt wende sich alles, so mit Uniform und festen Aufstehzeiten. In der Abseite schmoren währenddessen blaue Plastiksäcke. Sie tun es wie zum Zeichen, dass der Versuch, ein normales Leben zu führen, ja, überhaupt das Leben zu führen und nicht von der unheilvollen Beschäftigung mit sich selbst getrieben zu werden, trotz Hafenfahrt, Betriebsfeier und Zoobesuch vergebens ist. Das Umkippen des Bewusstseins aus der Begleitung solcher alltäglicher Szenen in Kontrollverluste schildert Strunk mit erschreckender Genauigkeit.
Dabei interessieren ihn die Tathergänge selbst nur mittelbar. Die Morde sind an die erzählerische Akte Honka mehr angeheftet; der erste erschließt sich nur aus der Leiche, von den anderen, die im Laufe eines Jahres geschahen, berichtet Strunk im letzten Fünftel des Buches. Es ist, als wollte die Ermittlung sagen, dass schon vorher ausweglos Schreckliches genug geschehen sei, um uns vollkommen ratlos zu machen, noch bevor es zur Tötung im Blutrausch oder aus Verachtung kommt. Heinz Strunk treibt die Empathie mittels erlebter Rede, die er unfassbar präzise einsetzt, bis dahin, wo sonst niemand mehr mitfühlen will. Das ist nicht nur die Leistung eines Erzählers, der den schiefen Blick der missratenen Kreatur aushält. Dadurch fällt seinen tränenlosen Beschreibungen auch ein geradezu filmischer Realismus zu. Von der Ambition des Ausstatters zeugen Wendungen von "nicht ganz schussecht" über den Ausruf "Thööölke!" bis zur "Braunschen Röhre" als Name für eine Cola.
Um aber das naheliegende Missverständnis zu zerstreuen, es werde hier eine Milieutheorie des deformierten Lebens veranschaulicht, wechseln sich die Episoden in Honkas Welt mit - "gleicher Tag, andere Gegend" - Szenen einer absteigenden, verbitterten und zerstrittenen Hamburger Reederfamilie ab. Deren jüngstes Mitglied, ein Siebzehnjähriger, und sein Onkel sind Vergleichspräparate für Honka; ihnen gibt Strunk ebenfalls Lebensschäden mit. Der von Akne zerfurchte und durch eine Erbkrankheit "vermorphte" Knabe, der für eine Mitschülerin entbrennt, denkt genauso wie der adelige Rechtsanwalt, der Theorien über Sexualität als Krankheit ventiliert und selbst nur eine Sekunde von einem sadistischen Frauenmord entfernt ist, bloß an die eigene Lust, die ausbleibt. Für sie alle, die Strunk ebenfalls in den "Goldenen Handschuh" führt, gibt es, wie für Honka, nur sie selbst, ihr Eingesperrtsein in sich und in ihre Phantasien. Die von der Elbchaussee würden es, wie es an einer Stelle heißt, "nur etwas anders ausdrücken" als Honka. Und ihre Gewaltphantasien haben noch andere Objekte als Frauen, sie sind gewissermaßen durch andere Gesichtspunkte (Familie, Konkurrenten, Jungsein, Kranksein) abgelenkt.
Verlangen ist ein Feuer des Bösen, heißt es im Roman, und es ist offen, ob an dieser Stelle der unglückliche und erniedrigte Reederssohn spricht oder der Erzähler, dem man jeden anthropologischen Pessimismus abnimmt. Seinem Buch hat er ein Zitat vorangestellt, das von einem anderen Serienmörder stammt. Darin stellt dieser die Frage: "Warum muss es überhaupt Menschen geben, die so sind?" Heinz Strunk gibt darauf keine Antwort. Seine unglaubliche erzählerische Leistung bezieht sich nur auf einen Teil der Frage, das "so Sein". Wie sind solche Menschen denn? Indem es das zeigt und indem es die Mittel einsetzt, die nötig sind, das zu zeigen - soll man ergänzen: aber auch "nur" diese? -, ist dieses Buch eine Zumutung, eine große und zugleich humane Zumutung. Jedenfalls dann, wenn es zu bedeutender Literatur gehört, den Blick von nichts abzuwenden.
JÜRGEN KAUBE
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Und das schon im Februar: Mein Buch des Jahres 2016!
Neues von Heinz Strunk! Diesmal befasst sich der Hamburger Autor, der im wahren Leben Mathias Halfpape heißt, nicht mit seiner eigenen Biografie, sondern mit der eines gefürchteten Verbrechers. Obwohl es sich bei dem 256-seitigen …
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Und das schon im Februar: Mein Buch des Jahres 2016!
Neues von Heinz Strunk! Diesmal befasst sich der Hamburger Autor, der im wahren Leben Mathias Halfpape heißt, nicht mit seiner eigenen Biografie, sondern mit der eines gefürchteten Verbrechers. Obwohl es sich bei dem 256-seitigen Buch um einen Roman handelt, basiert es auf Fakten. Heinz Strunk hat dafür die Staubschicht der bislang im Staatsarchiv Hamburg unter Verschluss gehaltenen Akten zum Fall Honka abgetragen und das Leben eines Mannes aufgearbeitet, den nicht wenige für das personifizierte Böse halten: Der vierfache Frauenmörder Fritz Honka, geboren in Leipzig. Sein Lebenslauf ist von einer Tragik, die ihresgleichen sucht. Aufgewachsen in Kinderheimen, floh er 1951 in den Westen. 1956 erlitt er einen Verkehrsunfall, der ihm sein deformiertes Aussehen bescherte. Alkohol und Verwahrlosung bestimmten sein weiteres Leben. Und der “Goldene Handschuh” natürlich, eine recht urige Kneipe im berüchtigten Hamburger Stadtteil St. Pauli. Dort kehrte Honka (Spitzname: “Fiete”) regelmäßig ein, um sich sein Lieblingsgetränk “Fako” zu genehmigen – Orangenlimonade mit Korn. Im “Handschuh” schloss er auch Bekanntschaft mit seinen vier späteren Opfern, allesamt Damen des auf der Reeperbahn einschlägigen Milieus.
Die Sprache des Romans, gleichermaßen bestehend aus niederstem Jargon und apart-kultivierter Diktion, ist genauso gegensätzlich wie die beiden Lebenswelten von Strunks Protagonisten – Fritz Honka als Vertreter des Bodensatzes der Gesellschaft, demgegenüber die adelige Reederfamilie von Dohren. Und doch sind sie sich näher als man denkt. Denn auch unter feinen Häusern verlaufen Abwasserkanäle, wie es im Film “Saw” heißt.
Heinz Strunk versteht es, dem Leser Sympathien für den Trinker Honka zu entlocken, ohne ihn zu glorifizieren. Das ist nicht der einzige Balanceakt, den der 53-jährige Autor spielend meistert. Die Stimmung im Buch nämlich reicht von Ausgelassenheit bis hin zu purer Verzweiflung. “Der goldene Handschuh” deshalb mit dem Etikett “tragikomisch” zu versehen, wäre allerdings Frevel. Diese Bezeichnung ist schlicht und ergreifend zu klein für die aberwitzige literarische Reise, auf die der Hamburger Schriftsteller und Künstler seine Leser mitnimmt. Er beschreibt Momente, die Ekel und Abscheu hervorrufen, Mitleid und Fassungslosigkeit. Aber Heinz Strunk wäre nicht Heinz Strunk, wenn er nicht ebenfalls von Dingen erzählen würde, die den Leser zu wahren Lachsalven hinreißen. Dazu kommen köstliche Dialoge, mitunter verfasst in edelstem Hamburger Schnack.
Wer dieses Buch liest, wird unweigerlich zum Zaungast im “Goldenen Handschuh”. Er schließt Bekanntschaft mit Originalen wie Soldaten-Norbert, Fanta-Rolf und Tampon-Günter, lernt beeindruckende Schimpfwörter, bekommt all die großen und kleinen Tragödien mit, die sich in der Schänke am Hamburger Berg abspielen. Er wird aber auch Zeuge von Honkas Morden, denn die beschreibt Heinz Strunk auf eindringliche Weise.
“Der goldene Handschuh” ist in diesem Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik nominiert. Völlig verdient, wie ich finde, denn dieses Buch ist ganz und gar außergewöhnlich und sucht seinesgleichen. Ich dekoriere es schon jetzt, im noch sehr jungen Lesejahr 2016, mit der Auszeichnung “Mein Lieblingsbuch des Jahres”. Bisher haben es nur sehr, sehr wenige Bücher geschafft, mich derart zu fesseln und sich in mein Gehirn zu brennen wie Heinz Strunks neuer Roman.
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Von Heinz Strunk kannte ich seine tragikomischen Jugenderinnerungen „Fleisch ist mein Gemüse“ als Hörbuch, da hatte ich mich beim Anhören wirklich weggeworfen vor Lachen. Als er im Frühjahr für „Der Goldene Handschuh“ hochgelobt wurde, konnte ich mir …
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Von Heinz Strunk kannte ich seine tragikomischen Jugenderinnerungen „Fleisch ist mein Gemüse“ als Hörbuch, da hatte ich mich beim Anhören wirklich weggeworfen vor Lachen. Als er im Frühjahr für „Der Goldene Handschuh“ hochgelobt wurde, konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass ihm das Porträt über den Frauenmörder Fritz Honka wirklich gut und ohne zu sehr in Slapstick abzudriften gelungen war. Jetzt habe ich das Buch doch gelesen und war davon zutiefst beeindruckt. Natürlich kommt der lakonische Strunksche Humor in den Schilderungen des kaputten Milieus der Hamburger Absteigekneipen nicht zu kurz; aber er macht seine Figuren nie lächerlich, sondern beweist viel Empathie bei der Beschreibung der gescheiterten Existenzen. Ich schwankte beim Lesen stets zwischen Abscheu und Anteilnahme – das war vermutlich auch der gewünschte Effekt. Dem Bodensatz der Gesellschaft sind immer wieder Episoden über Mitglieder einer Reederfamilie entgegengesetzt die zeigen, dass sich auch an der Spitze der Gesellschaft Abgründe auftun. Ein zu Recht viel gepriesener Roman.
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Broschiertes Buch
Der goldene Handschuh ist kein schönes Buch, der goldene Handschuh ist ein gutes Buch.
Strunk romantisiert nicht. Im Gegenteil, er überzeichnet seine Charaktere vielleicht sogar ins Negativere, bewahrt bei all der Brutalität, den sexuellen Ausschweifungen und alkoholischen Exzessen …
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Der goldene Handschuh ist kein schönes Buch, der goldene Handschuh ist ein gutes Buch.
Strunk romantisiert nicht. Im Gegenteil, er überzeichnet seine Charaktere vielleicht sogar ins Negativere, bewahrt bei all der Brutalität, den sexuellen Ausschweifungen und alkoholischen Exzessen aber sein Einfühlungsvermögen und die Leichtigkeit seiner Sprache.
Der goldene Handschuh ist ein sehr gutes Buch.
Faszinierend und absolut lesenswert.
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Wie tief Menschen sinken können, macht sich die/der DurchschnittsbürgerIn meist kaum klar. Ab und zu sieht man solche geschlagenen Existenzen auf der Straße, gelegentlich kreist eine Gruselmeldung durch die Medien, wenn verwahrloste, auch alkoholkranke Menschen aus ihren Wohnungen …
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Wie tief Menschen sinken können, macht sich die/der DurchschnittsbürgerIn meist kaum klar. Ab und zu sieht man solche geschlagenen Existenzen auf der Straße, gelegentlich kreist eine Gruselmeldung durch die Medien, wenn verwahrloste, auch alkoholkranke Menschen aus ihren Wohnungen geholt und in eine Klinik gebracht werden. Man schaudert sich dann wohlig beim Anblick dieser häßlichen, teils abstoßenden Gestalten und ist glücklich über das eigene, im Vergleich dazu doch schöne Leben. Doch was in diesen Menschen vorgeht, wie sie leben und fühlen, bleibt unbekannt, denn wer will schon zu solchen Personen in Beziehung treten?
Heinz Strunk hat es gewagt und das Soziotop der Gaststätte 'Zum goldenen Handschuh' Mitte der Siebziger detailliert beschrieben. Hier finden sich die, die vom Alkohol bereits so zerstört sind, dass ein 'normales' Leben unerreichbar ist. Kriegsveteranen, Verlassene, Behinderte - aber auch Mancher aus der scheinbar so gut situierten Gesellschaft, wo Vieles nur Schall und Rauch ist. Allen gemeinsam ist, dass sie saufen um zu vergessen, um sich besser zu fühlen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Fritz Honka, ein erbarmungswürdiger Mensch, der zeit seines Lebens fast nur grausam misshandelt und verstümmelt wurde. Wenn er nicht arbeitet, säuft er bis knapp zur Bewusstlosigkeit im goldenen Handschuh, sodass es ihm noch gelingt, gelegentlich ein weibliches Wesen abzuschleppen, das noch weiter unten in gesellschaftlichen Skala steht (ja, das geht.) Älter sind sie, häßlich wie die Nacht und bar jeden Selbstvertrauens. Er misshandelt, missbraucht und versklavt sie, um sich selbst eine Stufe höher zu stellen.
Daneben steht die Beschreibung einer alteingesessenen, ehrwürdigen Reedersfamilie, deren Glanz jedoch lange zurückliegt. Mittlerweile herrscht nur noch Gleichgültigkeit und Heuchelei und selbst der materielle Reichtum ist nur noch ein Trugbild. Der Senior ist zerfressen von Hass und Wut und wartet nur noch auf den richtigen Augenblick, um dem Allem Ausdruck zu verleihen. Sein Sohn, in einer gleichgültigen Ehe gefangen, verwaltet in der familieneigenen Reederei nur noch den Mangel und gibt sich im goldenen Handschuh regelmäßig dem Suff hin. Und sein Schwager, ein erfolgreicher lediger Rechtsanwalt, ist ein ebensolcher Alkoholiker wie Fritz Honka, von dem ihn lediglich unterscheidet, dass er ein schöneres Zuhaus und mehr Geld hat und damit besseren Alkohol und schönere Frauen bekommt.
Kein sehr symphatisches Personal, das man in dieser Geschichte vorfindet. Und doch gelingt es Heinz Strunk, Mitgefühl für Fritz und die anderen Stammgäste im goldenen Handschuh zu wecken. Denn letzten Endes wollen sie nichts weiter, als ein bisschen Liebe und Respekt und wären mehr als glücklich, einen Menschen an der Seite zu haben, neben dem sie am Morgen aufwachen könnten. Es ist ein vulgäres, ordinäres und grausames Buch, und trotzdem gibt es immer wieder auch Szenen zum Lachen oder bei denen ich völlig gerührt war.
Auch wenn sich das Ganze liest, als käme es von einem anderen Stern, sollte man sich klarmachen, dass wir sooo weit davon nicht entfernt sind. Wie es sich der Jüngste der Reedersfamilie denkt, als er das erste Mal im goldenen Handschuh ist: 'Wieviel davon steckt auch in mir, in jedem?...Werde ich auch so, wenn ich nur lange genug hier sitze?'
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Hörbuch-Download MP3
Das Hörbuch "Der goldene Handschuh" von Heinz Strunk hat einen Umfang von 6 Stunden 19 Minuten und ist über tacheles! erschienen. Die Hardcoverausgabe hat einen Umfang von 256 Seiten und ist über Rowohltverlag verlegt.
Das Buch ist in Hardcover-, Softcover- und als …
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Das Hörbuch "Der goldene Handschuh" von Heinz Strunk hat einen Umfang von 6 Stunden 19 Minuten und ist über tacheles! erschienen. Die Hardcoverausgabe hat einen Umfang von 256 Seiten und ist über Rowohltverlag verlegt.
Das Buch ist in Hardcover-, Softcover- und als Ebookausgabe und als Hörbuch sowie MP3 Download zu erhalten.
Der Hörbuchsprecher ist Heinz Strunk selbst und er hat eine passende Stimme mit hamburger Dialekt, die perfekt in seine Geschichte passt.
Die Spelunke "Zum goldenen Handschuh" in Hamburg ist eine üble Absteige, die verkommene und gescheiterte Existenzen beherbergt. Dort geht auch der abartig triebhafte Alkoholiker Fritz Honka ein und aus.
Das Buch beruht auf wahrer Begebenheit.
Das Buch ist absolut authentisch wiedergegeben. Es fängt die gescheiterten Existenzen in Aussehen, Charakteristik und Benehmen so gut ein, dass einem immer wieder Schauer über den Rücken beim Lesen laufen. Die derbe Sprache, zerplatzte Träume, raue Umgangsform, die typischen Hamburger Sprüche und das verlotterte Dasein, sowie die Alkoholsucht in all ihrer Ausprägung werden perfekt eingefangen. Es ist unglaublich wie der Autor die Umgebung samt Menschen eingefangen hat. Das Buch ist atmosphärisch, dicht und regt zum Nachdenken an. Aus der Sicht des Fritz Honkas alles zu erleben und in seinem Kopf zu stecken, ist ein besonderes Erlebnis, welches natürlich nicht der Norm entspricht. Das Buch ist derb, hart, wie ein Faustschlag und unerbittlich. Es treibt den Leser in die tiefsten Tiefen der sexuellen Perversion, des Sadismus, der Alkoholsucht und der Auslebung von krankhaften Gedanken und Wünschen. Honka ist skrupellos, für den regulären Leser sicherlich absolut grenzüberschreiten, ekelhaft und pervers. Das Werk kann triggern und sollte nicht von Menschen gelesen werden, die solche Hardcoreliteratur nicht verkraften oder damit nichts anfangen können. Der Kinofilm wurde nicht umsonst mit FSK 18 einkategoriert. Das Buch beflügelt die Fantasie umso mehr.
Fazit: Brutale, verstörende, dichte, authentische, atmosphärische Biographie, die noch lange nachklingt. Triggerwarnung! Absolute Hardcoreliteratur über eine gescheiterte, sexuell krankhafte, alkoholkranke Persönlichkeit. Außerordentliche Leseempfehlung!
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Anfang der 70-er in Hamburg St. Pauli: am Rande der Gesellschaft lebt Fritz Honka, einer vom Leben gezeichneter Mann, in einer völlig heruntergewirtschafteten Wohnung. Seine Stammkneipe „Zum goldenen Handschuh“ wird zu seinem Jagdrevier, denn obwohl bemüht aus dem …
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Anfang der 70-er in Hamburg St. Pauli: am Rande der Gesellschaft lebt Fritz Honka, einer vom Leben gezeichneter Mann, in einer völlig heruntergewirtschafteten Wohnung. Seine Stammkneipe „Zum goldenen Handschuh“ wird zu seinem Jagdrevier, denn obwohl bemüht aus dem Sündenpfuhl zu entkommen, rutscht er immer tiefer hinein. Eigentlich gehört zu diesem Buch eine Alterseinschränkung, denn nicht nur die Sprache selbst ist derb und unverblümt, sondern die Handlung an sich ist nah an der Grenze des guten Geschmacks, mit Sicherheit nichts für empfindliche Gemüter. Aber das muss auch so sein, denn nur so kann der der will am besten in die Geschichte eintauchen und die gesamte Kulisse und Handlung auf sich wirken lassen.
Heinz Strunk gelingt es in diesem Roman die menschlichen Abgründen bildhaft und glaubwürdig zu schildern. Honka selbst wird nicht als blutrünstiges Monster beschrieben, vielmehr kommt es zu seinen grausamen Taten durch die Verkettung mehrerer Zufällen und Gegebenheiten. Zwar kann man sein Handeln nicht entschuldigen oder gar rechtfertigen, doch werden seine Triebe ansatzweise verständlich.
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Fritz Honka, Frauenmörder
Hamburg, in den 1970er Jahren. Fritz Honka, unter anderem als Wachmann tätig, wird zum mehrfachen Frauenmörder. Mit diesem Buch erzählt Heinz Strunk dessen Geschichte – mit Informationen, aus bislang unter Verschluss befindlichen Akten zum Fall …
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Fritz Honka, Frauenmörder
Hamburg, in den 1970er Jahren. Fritz Honka, unter anderem als Wachmann tätig, wird zum mehrfachen Frauenmörder. Mit diesem Buch erzählt Heinz Strunk dessen Geschichte – mit Informationen, aus bislang unter Verschluss befindlichen Akten zum Fall Honka aus dem Staatsarchiv Hamburg.
Das Buch hatte ich schon einige Zeit auf meiner „Leseliste“, bin es aber bislang noch nicht angegangen. Nun aber war es an der Zeit und ich habe es endlich gelesen.
Der Schreibstil von Heinz Strunk ist ein sachlicher, informativer, man erfährt viel und es wirkt doch fast immer ein bisschen kühl, was aber zur Thematik passt. Er schildert Einblicke in das Leben und den Alltag von Fritz Honka aus dessen Sichtweise, ebenso aber aus einem ganz anderen Bereich der Gesellschaft. So erzählt er ebenso über das Leben einer hanseatischen Reederdynastie, die in Elbvororten leben, wo das Geld wohnt.
Das Buch ist inhaltlich gut verständlich aber durchaus harter Stoff. Ich habe mehrmals das Buch lieber mal kurz zur Seite gelegt, um tief durchzuatmen, denn was sich Fritz Honka hier überlegt hat, wie er gehandelt hat, das war schon nicht ohne. Auch ist es so, dass man mit einer gewissen Vorahnung während des Lesens versorgt wird. (Generell, wenn man den Fall Honka kennt, dann weiß man ja schon, um was es wie genau geht.) Für sanfte Gemüter ist dies also definitiv kein Buch. Interessant ist es auch zu sehen, wie Fritz Honka scheinbar nicht wirklich großartig mit seinem Gewissen zu kämpfen hat, denn was er tut, ist ja schon heftig. Im Gegenteil, er versucht sich teilweise noch vertraglich abzusichern, irgendwie verrückt.
Überhaupt waren es krasse Einblicke in eine Zeit, in der es – so klingt es zumindest für mich – heftig am Hamburger Berg zuging. Man wird mit auf die Reise von der Reeperbahn zum Hamburger Berg genommen, landet mit im „Goldenen Handschuh“, gegenüber vom „Elbschlosskeller“. Natürlich gibt es dort ganz eigene Regeln, scheinbar war (bzw. ist?) es aber damals relativ leicht, jemanden mitzunehmen, tendenziell wohl eher Frauen, die nichts hatten, indischer Sand. Überhaupt findet man solche Ausdrücke bzw. Bezeichnungen (ebenso wie „Schmiersuff“) immer mal wieder im Buch – die Sprache passt für mich hier auch so dazu, wie man sich es so vorstellt.
Für mich war dies eine unterhaltsame, interessante und sehr spannende Lektüre. Ich hatte intensive Einblicke in die Art und (Denk- bzw. Handlungs)Weise von Fritz Honka, über den ich bislang schon etwas gelesen hatte, seine ganz eigene und spezielle Sicht aber noch nicht kannte. Auch wenn es teilweise schwerer Stoff war, kann ich dieses Buch echt empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen.
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eBook, ePUB habe das Buch gelesen und war sehr enttäuscht. Der Film war große Klasse im Gegensatz zu dem Buch. Sehr langweilig zum lesen, habe es dann nach ca. 3/4 gelöscht. Schade um das Geld.
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+++Eintauchen in eine infernalische Nachtwelt+++
Dieser phantastisch düstere, grell komische und unendlich traurige Roman ist der erste des Autors, der ohne autobiographische Züge auskommt. Ein Strunkbuch ist es trotzdem ganz und gar. Sein schrecklicher Held heißt Fritz Honka - …
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+++Eintauchen in eine infernalische Nachtwelt+++
Dieser phantastisch düstere, grell komische und unendlich traurige Roman ist der erste des Autors, der ohne autobiographische Züge auskommt. Ein Strunkbuch ist es trotzdem ganz und gar. Sein schrecklicher Held heißt Fritz Honka - für in den siebziger Jahren aufgewachsene Deutsche der schwarze Mann ihrer Kindheit, ein Frauenmörder aus der untersten Unterschicht, der 1976 in einem spektakulären Prozess schaurige Berühmtheit erlangte. Honka, ein Würstchen, wie es im Buche steht, geistig und körperlich gezeichnet durch eine grausame Jugend voller Missbrauch und Gewalt, nahm seine Opfer aus der Hamburger Absturzkneipe "Zum Goldenen Handschuh" mit.
Strunks Roman taucht tief ein in die infernalische Nachtwelt von Kiez, Kneipe, Abbruchquartier, deren Bewohnern das mitleidlose Leben alles Menschliche zu rauben droht. Mit erzählerischem Furor, historischer Genauigkeit und ungeheurem Mitgefühl zeichnet er das Bild einer Welt, in der nicht nur der Täter gerichtsnotorisch war, sondern auch alle seine unglücklichen Opfer. Immer wieder unternimmt der Roman indes Ausflüge in die oberen Etagen der Gesellschaft, zu den Angehörigen einer hanseatischen Reederdynastie mit Sitz in den Elbvororten, wo das Geld wohnt, die Menschlichkeit aber auch nicht unbedingt. Am Ende treffen sich Arm und Reich in der Vierundzwanzigstundenkaschemme am Hamburger Berg, zwischen Alkohol, Sex, Elend und Verbrechen: Menschen allesamt, bis zur letzten Stunde geschlagen mit dem Wunsch nach Glück.
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eBook, ePUB Erinnert vom Stil manchmal ein bisschen an Charles Bukowski. Ein grausiges Thema sehr unterhaltsam aufbereitet. Bitte mehr davon!
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