Mithu Sanyal
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Antichristie (MP3-Download)
Ungekürzte Lesung. 1030 Min.
Sprecher: Foroutan, Melika; Sanyal, Mithu
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London 2022, die Königin ist tot! An den Trauernden vorbei rennt Durga: internationale Drehbuchautorin, Tochter eines Inders und einer Deutschen, und voller Appetit auf Rebellion und Halluzinationen. Durga soll an einer Verfilmung der überbritischen Agatha-Christie-Krimis mitarbeiten. Doch auf einmal ist es 1906, und sie trifft indische Revolutionäre, die keineswegs gewaltfrei wie Gandhi kämpfen. Und dann explodiert die erste Bombe. Was wäre richtiger Widerstand in einer falschen Welt? "Antichristie" fragt nach dem Kolonialismus und der Gewalt in uns allen.
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Mithu Sanyal wurde 1971 in Düsseldorf geboren und ist Kulturwissenschaftlerin, Autorin, Journalistin und Kritikerin. 2009 erschien ihr Sachbuch "Vulva. Das unsichtbare Geschlecht", 2016 "Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens". 2021 erschien bei Hanser ihr erster Roman "Identitti", der auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises war und mit dem Literaturpreis Ruhr und dem Ernst-Bloch-Preis 2021 ausgezeichnet wurde.
Produktdetails
- Verlag: speak low
- Erscheinungstermin: 25. Oktober 2024
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9783948674953
- Artikelnr.: 71964168
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Viel Interessantes und Anregendes, gelegentlich aber auch ein bisschen zu viel von allem enthält Mithu Sanyals neuer Roman laut Stefan Michalzik. Auf der einen Seite folgt er der in Deutschland geborenen Halbinderin Durga, die Teil eines Filmteams ist, das eine der Diversität verpflichtete Agatha-Christie-Adaption dreht; auf der anderen verwandelt sich Durga in einen Mann, und zwar in Sanjeev, der in einem Boarding House für Studenten in London im Jahr 1906 indischen Revolutionären begegnet, unter anderem Ghandi, aber auch dem deutlich rabiateren Vinayak Damodar Savarkar, ideologischer Urahn der heutigen islamfeindlichen Hindu-Nationalisten. Ambivalenz ist dabei laut Michalzik das Gebot der Stunde, etwa wenn Gandhis Rassismus thematisiert wird. Die Handlung springt zwischen beiden Ebenen hin und her, wobei Sanyal noch einiges mehr zwischen die Buchdeckel packt, eine Krimihandlung zum Beispiel oder Gedanken zur deutschen Nationalbewegung vor 1848. Sehr viel also, und gelegentlich wird das alles für den Geschmack des Rezensenten zu detailliert und dramaturgisch verschachtelt dargestellt. Gut recherchiert und klug ist das Buch dennoch - und als Serie verfilmt kann sich Michalzik den Roman auch gut vorstellen. Und: Es ist nicht anti-woke, Sanyal wendet sich einfach nur gegen Dogmatismus, schließt er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Ein vergleichbares postkoloniales Roman-Schwergewicht mit Dutzenden realhistorischen, hierzulande kaum bekannten, aber unablässig redenden und streitenden Besserwissern hat es in der deutschen Literatur noch nicht gegeben." Iris Radisch, Die Zeit, 12.9.24 "Wie Mithu Sanyal Gandhi hier als gar nicht so sympathische Figur zeichnet, wie sie an die Wurzel von Freiheitskampf und Terrorismus geht, ist elektrisierend. Durgas Zeitreise im Körper eines Mannes ist erotisch, witzig und gleichzeitig von Trauer durchsetzt.... Brillant." Peter Helling, NDR Kultur, 16.09.24 "Sanyal sprudelt über vor Erzähllaune und wartet mit turbulenten Dialogen auf ... Ein Zeitreiseroman, der die Debatten unserer Tage mit einer gescheiten Geschichte über den
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Widerstandsgeist von heute und gestern kurzschließt." Shirin Sojitrawalla, taz, 21.09.24 "Antichristie" möchte im Regal offenkundig eher neben Salman Rushdies die Vorgeschichte der Unabhängigkeitserklärung Indiens magisch umreißendem Roman "Mitternachtskinder" und Zadie Smiths "Betrug" ... stehen als bei der viel braveren deutschsprachigen Prosa." Marie Schmidt, Süddeutsche Zeitung, 28.9.24 ",Antichristie' ist wild. Faszinierend, lustig und tragisch. So anspielungsreich, dass einem der Kopf rauscht, und ungeheuer informativ." Silvia Feist, Emotion, November 2024 "Mithu Sanyals Roman 'Antichristie' spielt mit Zeitreisen, thematisiert Kolonialismus, irischen Freiheitskampf, Rassismus, Sexismus und Frauenrecht und ist gleichzeitig witzig." Karin S. Wozoning, Die Presse, 14.09.24 "´Antichristie` bereichert das Sprechen über Herkunft fernab von weißer, biodeutscher Identität, weil nicht nur Gefühle wie Verlust und Trauer verhandelt werden, sondern die Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit dieser Identitäten." Marlen Hobrack, Der Freitag, 11.10.24 "Man kann sich mit 'Antichristie' auf ein wildes Abenteuer freuen, in dem scheinbar alles möglich ist. Zumindest fast alles." Michaela Pichler, ORF, FM4, 06.11.24 »Ein großes Vergnügen. Ein Roman, der auf allen Ebenen eine wirkliche literarische Erfahrung bietet. Für alle, die gerne vielschichtige Romane lesen und sich für den Kolonialismus interessieren.« Denis Scheck, WDR2, 10.11.24 »Niemand kann Debatten und Ideologien so herrlich in lebendige Erzählungen verwandeln wie Mithu Sanyal.« Volker Weidermann, ZEIT, 21.11.24 »Ein Pageturner, der zeigt, wie gegenwärtig Geschichte sein kann.« Franziska Hirsbrunner, SRF, BuchZeichen, 19.11.24
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Mithu Sanyal kennt Rezensentin Shirin Sojitrawalla als Expertin für postkoloniale Fragen, das zeigt sich ihr auch ganz deutlich im zweiten Roman der Autorin: Im Zentrum steht eine Sanyal sehr ähnliche Deutsch-Inderin, die 2022 in London an einer antirassistischen Agatha-Christie-Verfilmung arbeitet, als mit Queen Elizabeth die letzte Vertreterin des britischen Empire stirbt. Die Protagonistin kann aber auch Zeitreisen und uns ins Jahr 1906 inmitten von Kreisen hinduistischer Nationalisten und in ihre eigene Jugend der 1990er-Jahre mitnehmen, was Sojitrawalla zufolge ein wenig überladen wirkt und die Geschichte manchmal "so abrupt wie ein Auffahrunfall" die Erzählrichtung ändert. Zwischen indischem Widerstand und Genrekonventionen des Kriminalromans lernt die Kritikerin eine Menge en passant. Ein Roman, so komplex wie die Realität und mit "überbordendem Witz" erzählt, versichert die Rezensentin.
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Gebundenes Buch
Puh, das war mühsam. Nicht dass das Buch schwierig zu lesen wäre; es ist durchaus amüsant geschrieben. Und die Geschichte ist voller witziger Einfälle. Aber was einem bei dieser Lektüre auf über 530 Seiten um die Ohren gehauen wird, ist eine derartige Fülle von …
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Puh, das war mühsam. Nicht dass das Buch schwierig zu lesen wäre; es ist durchaus amüsant geschrieben. Und die Geschichte ist voller witziger Einfälle. Aber was einem bei dieser Lektüre auf über 530 Seiten um die Ohren gehauen wird, ist eine derartige Fülle von zumeist schrecklichen Informationen, die einen schier erschlägt. Doch der Reihe nach.
Durga, 50 Jahre alt, erfolgreiche Drehbuchautorin, Tochter einer Deutschen und eines Inders, fährt kurz nach dem Tod ihrer Mutter zu einem Workshop in London, wo in einer multikulturellen, diversen Gruppe an einer kritischen Verfilmung von Agatha Christies Werken gearbeitet werden soll. Als sie in der Stadt unterwegs ist, findet sie sich plötzlich im London von 1906 als junger Mann wieder und kommt in Kontakt mit indischen Nationalisten. Junge Männer, die ihr wohlbekannt sind durch ihre Mutter, die eine glühende Kämpferin für das unabhängige Indien war. Durga, jetzt ein junger indischer Mann namens Sanjeev, wird wohlwollend von der Gruppe aufgenommen, die im India House lebt, einem Studentenwohnheim für indische Studierende, das sich zur Basis der Revolutionäre entwickelt, die für die Unabhängigkeit Indiens kämpfen. Sanjeev, die sich als Durga stets für Gewaltfreiheit einsetzte und eine große Bewunderin Ghandis war, lernt nun eine Realität kennen, die viele seiner/ihrer Überzeugungen in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Parallel dazu ist Durga weiterhin Teilnehmerin des Workshops, der von heftigen Demonstrationen gegen die Neuverfilmung sowie lebhaften Diskussionen in der Gruppe über Kolonialismus, Rassismus, Unterdrückung usw. begleitet wird und muss gleichzeitig versuchen, mit ihrer Trauer über den Tod ihrer Mutter klar zu kommen.
Die Geschichte wird wirklich amüsant erzählt, aber man wird in recht kurzer Zeit derart mit Information zugeschüttet, dass man am Ende kaum noch weiß, wann wer wo was gemacht hat. Die kolonialen Verbrechen Englands (und das sind nicht wenige), über die kein Mensch redet und die dadurch kaum bekannt sind; die Lebenswege bekannter Persönlichkeiten wie beispielsweise Ghandi, der gegenüber Moslems ein Rassist ohnegleichen war; das ständige Springen in verschiedene Zeitebenen - und nicht nur die beiden von Durga; die vielen für zumindest mich ungewohnten Namen; der Wechsel zwischen realen und komplett erfundenen Geschehnissen wie auch Themen: Kolonialismus, Filmdrehbuch, Rassismus, Tod der Königin, Diskriminierung, Tod der Mutter. Zeitweise war es mir einfach zu viel und ich habe das Buch zur Seite gelegt, sodass es vergleichsweise lange dauerte, bis ich es durch hatte. Etwas weniger von Allem, weniger Themen, weniger Personen, weniger Zeitsprünge, weniger Zeitebenen - vermutlich hätte ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen. So war es leider eher eine mittlere Quälerei.
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Gebundenes Buch
Verrückt, interessant, anstrengend und auch etwas verwirrend
Eigentlich wollte ich „Antichristie“ von Mithu Sanyals nicht lesen, habe es dann aber über ein Buchabo bekommen und bin im Nachhinein froh, dass ich dadurch „gezwungen“ wurde. Ja, es hat es wie erwartet …
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Verrückt, interessant, anstrengend und auch etwas verwirrend
Eigentlich wollte ich „Antichristie“ von Mithu Sanyals nicht lesen, habe es dann aber über ein Buchabo bekommen und bin im Nachhinein froh, dass ich dadurch „gezwungen“ wurde. Ja, es hat es wie erwartet in sich, aber ich habe viele Denkanstöße mitgenommen und wurde gut unterhalten. Es hat sich also am Ende gelohnt.
Durga kommt aus Köln und arbeitet 2002 in London in einem Writer’s Room, dort will sie mit ihren Kolleginnen Agatha Christie politisch korrekt überarbeiten. Sie hat es gerade nicht leicht, da ihre Mutter, zu der sie keine einfache Beziehung hatte, vor kurzem verstorben ist. Und dann findet sich Durga plötzlich auch noch 1906 wieder, als Mann. Dort verschlägt es sie oder ihn :D ins India House, wo er in die indische Unabhängigkeitsbewegung verwickelt wird.
Die Geschichte ist wirklich nicht leicht zu lesen ist, was zum einen an den vielen Zeitsprüngen liegt und zudem wusste ich fast gar nichts über die indische Unabhängigkeitsbewegung und war dadurch manchmal von den Figuren und ihren Beziehungen überfordert. Zwischendurch habe ich dann im Internet ein wenig über die Hintergründe recherchiert, dann ging es wieder besser und das ausführliche Personenverzeichnis am Ende des Buches hilft auch. Wahrscheinlich muss man es mehrmals lesen, um alles zu erfassen.
Die Themen in diesem Buch sind vielfältig. Es geht um Kolonialismus und seine Folgen, die wir bis heute spüren, aber beispielsweise auch um die Suche nach der eigenen Identität und um Agatha Christie, Dr. Who und Sherlock Holmes. Sanyal bringt auf engem Raum sehr viele Informationen unter, die einen zwar manchmal überfordern, dann aber auch wieder unglaublich gute Denkanstöße bringen und einen zum Reflektieren anregen.
Ihr Schreibstil ist total humorvoll. Außerdem lotet sie die Grenzen des Schreibens aus und spielt ganz viel mit dem Text und der Erzählstruktur. Das hat mir richtig gut gefallen und hat die teilweise schwere Kost aufgelockert.
Fazit: Ein Buch, das einen herausfordert, aber auch sehr bereichernd und unterhaltsam ist.
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Gebundenes Buch
Skurril, faszinierend und anstrengend
Direkt nach der Beerdigung ihrer Mutter Lila, zu der sie ein schwieriges Verhältnis hatte, geht es für die 50-jährige Drehbuchautorin Durga für einen Writer-Workshop für die Neuverfilmung eines Agatha Christie Romans nach London. Das …
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Skurril, faszinierend und anstrengend
Direkt nach der Beerdigung ihrer Mutter Lila, zu der sie ein schwieriges Verhältnis hatte, geht es für die 50-jährige Drehbuchautorin Durga für einen Writer-Workshop für die Neuverfilmung eines Agatha Christie Romans nach London. Das divers besetzte Autorenteam soll eine „moderne“ Version der Romane schaffen - so divers und woke wie möglich. Begleitet wird der Workshop von wütenden Protestierenden, denen das alles zu weit geht, ebenso wie dem Tod der Queen. Doch dann fällt Durga auf einmal durch die Zeit und landet als Mann im London des Jahres 1906 – mitten im India-House, unter Revolutionäre, die für die indische Unabhängigkeit kämpfen…
„Anti-Christie“ ist vieles: skurril, bunt, durchaus verwirrend und kompliziert. Die Geschichte spielt abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit, wobei die verschiedenen Zeitstränge für mich nicht immer einfach auseinander zu halten waren.
Und wie in ihrem Vorgänger „Identitti“ spielt die Autorin mit stilistische Mitteln wie eingeflochtenen Szenebeschreibungen, Zitaten und (pop-)kulturellen Bezügen: Von Sherlock Holmes zu Doctor Who finden sich hier so einige bekannte (fiktive) Figuren wieder.
Trotz aller absurden und wilden Ideen geht es in „Anti-Christie“ vor allem um ernste Themen. Im Mittelpunkt steht der indische Freiheitskampf. Von Ghandi haben die meisten hierzulande durchaus schon mal etwas gehört, doch viele andere Namen wie Savarkar waren mir völlig unbekannt. Genauso wie die meisten anderen Hintergründe. Sanyal spricht und thematisiert aber noch viel mehr Themen wie zum Beispiel (De-)Kolonisierung, Widerstand, Cancel Culture, Zugehörigkeit und Identitätsdebatten…die Liste ist lang.
Auch wenn der Roman teilweise überfrachtet auf mich gewirkt hat, habe ich viel gelernt und so einige Denkanstöße mitgenommen
Fazit: „Anti-Christie“ ist provokativ, einzigartig und voll schwarzer Humor – er schlägt an der ein oder anderen Stelle über das Ziel hinaus und hat mich dennoch unterhalten und zum Nachdenken gebracht.
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Gebundenes Buch
Interessant, aber... Und das Wörtchen ABER gehört eigentlich groß geschrieben. Man könnte meinen, das neue Werk von Mithu Sanyal - "Antichriestie" - sei unter dem Einfluss psychedelischer Substanzen entstanden, wenn es denn stimmt, dass die Einnahme derartiger Mittel …
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Interessant, aber... Und das Wörtchen ABER gehört eigentlich groß geschrieben. Man könnte meinen, das neue Werk von Mithu Sanyal - "Antichriestie" - sei unter dem Einfluss psychedelischer Substanzen entstanden, wenn es denn stimmt, dass die Einnahme derartiger Mittel zu Weitschweifigkeit und Erzähllust, zu verrückten Ideen und nachdenkenswerten Gedanken führt, zu einer wilden Mischung aus Historiendetails und Humor. So war ich während des Leseprozesses hin und her gerissen zwischen Leselust und Lesequal. Schon allein die Story fordert den Lesenden einiges ab - man muss sich einlassen können auf das Phänomen 'Zeitreise'. In der Gegenwartsebene planen Durga und ein 'Kreativteam' die Verfilmung eines Agatha-Christie-Krimis... und was dabei alles zu berücksichtigen ist - bespielsweise welche Hautfarbe Hercule Poirot haben soll... Durga, weiblich mit indischen Wurzeln, entschwindet plötzlich ins England des Jahres 1906, hat einen Penis und findet sich wieder in einer Gruppe indischer Rebellen, die Attentate planen. Über diese Schiene werden die Themen Kolonialismus und Gewalt angerissen. Und Durga switcht immer wieder zwischen beiden Zeitebenen hin und her... und hat nicht nur sich, sondern auch mich dabei ganz schön verwirrt. Aber zwischendrin gibt es auch Großes zu entdecken: "Sie wollte Zeit nicht als verrinnende Masse, sondern als eine Ansammlung von Innehalten. Zwischen den Minuten nistete die Unendlichkeit." Oder auch: "Wenn man sich einmal vom Anker des gesellschaftlichen Konsenses gelöst hatte, trieb man unaufhaltsam hinaus in das Meer der alternativen Realitäten." Also viel Vergnügen auf der Entdeckungsreise.
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Gebundenes Buch
Spannend und informativ
Nachdem Mithu Sanyal in "Identitti" die Themen von Identität und Identitätspolitik sowie die diesbezüglich geführten Debatten eingefangen und auf den Kopf gedreht hat, widmet sie sich in "Antichristie" nun dem Thema des Kolonialismus. …
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Spannend und informativ
Nachdem Mithu Sanyal in "Identitti" die Themen von Identität und Identitätspolitik sowie die diesbezüglich geführten Debatten eingefangen und auf den Kopf gedreht hat, widmet sie sich in "Antichristie" nun dem Thema des Kolonialismus. In diesem Roman sprengt sie dabei nicht nur die Genregrenzen, sondern auch die Grenzen der Zeit. Die Titelfigur Durga findet satt im Jahr 2022 plötzlich im 1906, also zur Zeit des indischen Unabhängigkeitskampfes gegen die britische Kolonialherrschaft, wieder. Diese Prämisse nutzt Sanyal geschickt aus um auf zwei Zeitebenen sowohl die damaligen als auch heutigen Auswirkungen des 1906 aktuellen und heute ehemaligen Kolonialismus auszuloten. Gekonnt gelingt es Sanyal den blinden Fleck aufzuzeigen, den der Kolonialismus im heutigen europäischen Geschichtsbild darstellt. Sanyals Schreibstil ist gewohnt pointiert und scharf. Insgesamt handelt es sich um einen sehr informativen Roman, der zum Nachdenken anregt.
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Gebundenes Buch
Rasant
Dieser Roman ist definitiv nicht geeignet für Leser:innen, die ein Buch suchen, in dem man gemütlich schmökern kann. Er ist aber geeignet für alle, die sich auf einen wirklich rasanten Ritt durch die britisch-englisch-deutsche-globale Geschichte wagen wollen, …
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Rasant
Dieser Roman ist definitiv nicht geeignet für Leser:innen, die ein Buch suchen, in dem man gemütlich schmökern kann. Er ist aber geeignet für alle, die sich auf einen wirklich rasanten Ritt durch die britisch-englisch-deutsche-globale Geschichte wagen wollen, bei dem man nebenbei fast ebenso viel in Wikipedia nachliest wie im Roman selbst liest. Man muss sich auf die Prämisse der verwirrenden Zeitsprünge einlassen und die ungewöhnlichen Einsprengsel von Kameraeinstellungen und Zitaten, aber wenn man das macht, erwartet einen ein ungewöhnlicher und ungewöhnlich weiterbildender Roman.
Beim Lesen erfährt man unglaublich viel Neues über die komplexe Geschichte des indischen Kampfes gegen die britische Kolonialmacht und wie Geschichte gemacht wird von Menschen und Umständen. Ein bisschen Doctor Who und am Ende auch Sherlock Holmes dazu, und alles in einem atemlosen Schreibstil. Herausfordernd, aber gut.
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Gebundenes Buch
Das Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Im Klappentext steht aberwitzig und das trifft es auch gut. Immer wenn ich dachte, jetzt leg ich es weg, ich breche es ab, dann fesselte mich der nächste Absatz und ich blieb dran. Man lernt enorm viel über Kolonialismus, besonders den des …
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Das Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Im Klappentext steht aberwitzig und das trifft es auch gut. Immer wenn ich dachte, jetzt leg ich es weg, ich breche es ab, dann fesselte mich der nächste Absatz und ich blieb dran. Man lernt enorm viel über Kolonialismus, besonders den des Englischen Empires aber auch über weltweiten Kolonialismus und das auf eine charmante Weise. Alles in diesem Buch versucht witzig zu sein, was manchmal echt nervt. Rasant folgt eine Story der nächsten und ich bin als Leser hin-und hergerissen zwischen all den witzigen Einfällen über alle politischen Korrektheiten und Unkorrektheiten. Der Schreibstil ist super modern und macht Spaß, das Lachen blieb mir manchmal im Hals stecken und Mithu Sanyal öffnet mir die Augen für alltäglichen Rassismus. Ab und zu ging sie mir auf den Geist, ich fühlte mich belehrt. Und immer dann hatte ich keine Lust weiterzulesen, aber diese Momente macht sie mit ihrer rasanten Erzählkunst wett.
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Gebundenes Buch
Drehbuchschreiberin Durga fällt in London durch die Zeit und findet sich 1906 als Sanjeev in India House wieder – in einer WG voller Revolutionäre, die diskutieren, ob der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt ist, um Indien von seiner Kolonialmacht zu befreien. Während Durga und …
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Drehbuchschreiberin Durga fällt in London durch die Zeit und findet sich 1906 als Sanjeev in India House wieder – in einer WG voller Revolutionäre, die diskutieren, ob der Einsatz von Gewalt gerechtfertigt ist, um Indien von seiner Kolonialmacht zu befreien. Während Durga und ihre Zeitreise natürlich eine rein fiktive ist (die Idee dahinter ist grandios!), hat es India House und ihre Bewohner tatsächlich gegeben.
Mithu Sanyal versteht es, hier ein Kapitel unbekannte Geschichte freizulegen und für unsere mitteleuropäische Horizonte zugänglich zu machen, indem sie es mit der Familiengeschichte einer Halb-Deutsch-halb-Inderin und den woken Versuchen der Entkolonialisierung einer Schriftsteller-Gruppe in der Gegenwart verbindet.
Allerdings wird das anfänglich hohe Erzähltempo nach der ersten Zeitreise (Dr. Who grüßt durch die Seiten) extrem gedrosselt. Die Autorin konzentriert sich über (viel zu) viele Seiten darauf, in sprunghaften Dialogen, gespickt mit wikipediaartigen Erklär-Einwürfen, die politischen und ideellen Ansichten der einzelnen Persönlichkeiten darzulegen.
Dieses Name-und-Ereignis-Dropping wirkt sowohl überfordernd, als auch extrem ermüdend. Dazu entgleitet einem bei der hohen Zahl an Figuren irgendwann der Überblick, wer jetzt wer ist, zumal keine von ihnen wirklich Charakter zeigen kann, sondern mehr als Stichwortgeber funktionieren muss.
Erst im letzten Drittel kommt dann – mit einem „richtigen“ Locked-Room-Kriminalfall – noch etwas Schwung in die Story, kann die extremen Längen im Mittelteil aber nicht mehr wett machen. Denn es bleibt beim Eindruck, dass die Fragestellungen und Verknüpfungen zwar interessant zu verfolgen wären, aber mehr oder weniger nur angesprochen werden, um dann wieder in der Versenkung eines überstilisierten Textes unterzugehen.
Fazit: tolle Grundidee, hinter der viel Recherchearbeit steckt und einige witzige Seitenhiebe, aber hohle Figurenzeichnung, zu wenig Tiefe und zu viele unwichtige Nebenschauplätze.
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Gebundenes Buch
Die Geschichte des indischen Freiheitskampfes und mehr.
An einer Agatha Christie Neuverfilmung rund um die Rolle des belgischen, weißen Detektivs Poirot nimmt eine mehrköpfige Crew der Firma Florin Court Films über zwölf Tage teil, analog zu den offiziellen Trauertagen zum Tod …
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Die Geschichte des indischen Freiheitskampfes und mehr.
An einer Agatha Christie Neuverfilmung rund um die Rolle des belgischen, weißen Detektivs Poirot nimmt eine mehrköpfige Crew der Firma Florin Court Films über zwölf Tage teil, analog zu den offiziellen Trauertagen zum Tod von Queen Elizabeth II. Die Hauptperson Durga, Autorin für Science Fiction, nimmt an dem Drehbuch mit politischer Verschwörung als Locked-Room-Mystery teil. Nur leider entpuppt sich dieses Anti-Christie-Filmprojekt als verwirrendes Werk voller Fakten zu den Unabhängigkeitsbestrebungen Indiens und Fiktion in Form von Zeitreisen wie bei Doktor Who. Thematisiert wird Widerstand mit oder ohne Gewalt, weltweiter Kolonialismus, Rassismus und Diskriminierungserfahrungen - vor allem im britischen Empire. Die Geschichte des indischen Freiheitskampfes, verbunden mit Namen wie Savarkar, aber auch Gandhi, Madan, Shyamji, ist interessant. Jedoch ist der Zeitenwechsel auf den verschiedenen Erzählsträngen zwischen London 2022 und 1906 mittels der Doctor WHOs Tardis-Zeitmaschine verwirrend zu verarbeiten und stört den Lesefluss. Auch ist die Personenliste insgesamt sehr lang. Der Schreibstil ist punktuell humorvoll. Die Charaktere sind originell, z.B. Durgas pseudorevolutionäre Mutter Lila. Insgesamt bringen Fakt und Fiktion hier zu viel Verwirrung.
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Gebundenes Buch
Nominiert für den Deutschen Buchpreis
„Schließlich hatte ich mich danach immer gesehnt: einer Vergangenheit, in der Leute wie ich vorkamen, und zwar HIER und nicht DORT.“
Mithu Sanyals Debutroman „Identitti“ gefiel mir so gut, dass ich nach der Lektüre …
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Nominiert für den Deutschen Buchpreis
„Schließlich hatte ich mich danach immer gesehnt: einer Vergangenheit, in der Leute wie ich vorkamen, und zwar HIER und nicht DORT.“
Mithu Sanyals Debutroman „Identitti“ gefiel mir so gut, dass ich nach der Lektüre (obwohl ich als Leserin mit den meisten Thesen überhaupt nicht konform gehe) auch das Audiobook angehört habe, und das als absoluter Hörbuchmuffel! Die Schwächen bestimmter Konzepte wurden entlarvt und oft dachte ich beim Lesen „dito!“, etwa beim unsäglichen Begriff „Dönermorde“, der in der story zu Recht kritisiert wurde. Die Autorin war mir sympathisch, da sie für einen Dialog plädierte. Gute Literatur fordert heraus.
Daher habe ich „Antichristie“ noch vor dem Erscheinungstermin auf meine Wunschliste gesetzt.
Worum geht’s?
Der Roman behandelt diverse Themen. Im Zentrum steht die 50jährige Ich-Erzählerin Durga Chatterjee (eine Drehbuchautorin). Zu Beginn der Geschichte geht es um Trauerbewältigung, da die deutsche Mutter Durgas (ihr indischer/bengalischer Vater taucht mit seiner neuen Frau auf) verstorben ist. Zu den Eltern hat die Romanheldin ein eher schwieriges Verhältnis, da der Vater trotz Anwesenheit nicht greifbar war, arbeitete sie sich an der (nicht grundlos) zu Verschwörungstheorien neigenden Mutter ab. Die Figur einer Hippiemutter, die den Nachwuchs verlässt, um sich selbst zu verwirklichen, ist ein wandelndes Klischee, welches man auch bei Houllebecq findet. Die Erzählerin bemüht sich, alle Positionen eines Diskurses abzubilden, wobei sie natürlich zu manchen Theorien eher tendiert. (Es wird im Roman aber nicht durchweg eine dogmatische, „woke“ Haltung eingenommen, das Konzept der cultural appropriation etwa wird im Spiegel des zeitlichen Wandels reflektiert, Colourism wird kritisiert, überhaupt gibt es Raum für Ambivalenzen, für ambiguity, wie es so schön heißt. Andererseits muss man sagen, dass eben nicht alles relativ ist).
Durga ist mit einem Schotten verheiratet und Mutter eines Sohnes im Teenageralter. Da sie bereits Folgen für die britische Kultserie „Dr WHO“ verfasst hat, wird sie engagiert, um gemeinsam mit anderen (ethnisch diversen) Autoren eine zeitgemäße, zeitgeistige Version der ITV – Serie „Poirot“ zu erschaffen, ganz im Stil von „Bridgerton“ (ich halte die Adaption eines Unterhaltungsromans für schlimmen Kitsch). Agatha Christies Hercule Poirot als PoC? Belgien hatte schließlich Kolonien.
Das Fernsehspiel mit David Suchet liebe ich, daher habe ich mich über das Auftauchen im Roman sehr gefreut. Als das Drehbuchautorenkollektiv in einem Artikel polemisch „Let’s kill the Queen [Agatha Christie]“ fordert (im übertragenen Sinne, als Dekonstruktion) und Königin Elizabeth II. im Jahr 2002 tatsächlich stirbt, ist die Aufregung groß – die Demonstranten, die sich „ihre“ Geschichte(n) nicht nehmen lassen wollen, werden als treudoof-trottelige Gestalten porträtiert, die als „Christs for Christie“ oder als „Mums for Miss Marple“ („Twilight Moms“, anyone?) Namen wie „Melone“ oder „Sarah Ferguson“(!) tragen, und sogar teils als Dozenten arbeiten, aber eben nur an der „Open University“ und nicht etwa in Oxford. Von der Erzählstimme werden ihnen ein paar valide Argumente jedoch zugestanden.
Man könnte sagen, dass die Kolonialismuskritik das Hauptthema des Romans ist, es geht aber auch um (gesellschaftliche) Diskurse & Narrative, um Erinnerungskultur, Geschichtsbilder, Politik, Poststrukturalismus, um den sog. antimuslimischen Rassismus, um nation building und Nationalismus, (um „Die Erfindung der Nation“, wenn man so will) um Identitätspolitik & Genderkonzepte, um die Frauenbewegung, um Frauenfreundschaft und um Sozialismus (ein Eric-Hobsbawm-Zitat ist insofern ein Muss).
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