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easymarkt3
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Insgesamt 654 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2024
Wasserballetttage
Mattera, Julia

Wasserballetttage


gut

Eine warmherzige Lektüre mit elsässischem Charm
Der Buchtitel Wasserballetttage ist etwas irreführend, weil man innerhalb der 269 Buchseiten mehr über dieses Ereignis der Wasserballett-Aufführung der Senioren im hauseigenen Schwimmbad lesen würde. Inhaltlich geht es aber um eine Vielzahl anderer Themen wie z.B. Leben und Lieben im Alter, Tod, Homosexualität, Einsamkeit, elsässische Küche, Geschwisterliebe etc.. Viele Dialoge handeln vom Kochen, Backen und Essen. Im Wechsel der Perspektiven zwischen den Hauptfiguren Oscar Klein und der Köchin Mauricette treten ihre Charakterfacetten hervor. Der einstige Schwimm-Champion Oscar fühlt sich bei seinen Selbstanalysen wie ein einsamer Versager in familiärer Hinsicht, voller Selbstvorwürfe der geschiedenen Ehefrau und seinem Sohn gegenüber. Die Köchin im Seniorenheim dagegen ist warmherzig, lustiger und offener, scheut jedoch auch in Sachen missglückter Liebe sehr lange für einen Neustart zurück. Die Wichtigkeit von Familie, positiver Kindheitserinnerungen und Vertrauen untereinander wird betont. Die Problematik von Altersheimen mit ihrem Mangel an Kontaktmöglichkeiten und der Unterhaltung wird erwähnt. Es sollte nicht nur ein Ort des Wartens auf den Tod sein. Die Erwartungen hinsichtlich des Wasserballetts wurden nicht ausreichend getroffen bei angenehmem Schreibstil.

Bewertung vom 24.04.2024
Mein erstaunlicher Hang zu Fehltritten (eBook, ePUB)
Zannoni, Bernardo

Mein erstaunlicher Hang zu Fehltritten (eBook, ePUB)


weniger gut

Anklänge einer modernen Fabel
Das Cover zeigt die Hauptperson, einen Steinmarder namens Archie, vermenschlicht wie weitere Tiere mit eindeutig menschlichen Fähigkeiten in teils menschlichem Wohnambiente in jeweils tierischer Behausung. Sein Leben erzählt von Verlusten, Entbehrungen, Ängsten, Liebe und Lebensweisheiten. Besonders das Zusammenleben mit dem alten Fuchs Fedor, seinem Gottesglauben und mit dem wichtigen Buch lassen nach dem Sinn der Handlung fragen. Die Angst vor dem Tod, das Paradies wird thematisiert, aber zwiespältig ist die Diskrepanz zwischen tierischen Instinkten und unserer Moral – denke man nur an NIEMAND, in letzter Minute vor seinem Exodus bewahrt. Die eigentliche Kernaussage ist nicht klar greifbar. Geht es um die knallharte, teils kriminelle Realität des Überlebens unter den Menschen mit all ihrer vorgeschobenen Religiosität? Die hier ausgewählten Tierarten wie ein gerissener Fuchs, wendiger Steinmarder, Jagdhund, Luchs etc. sollen sicher gewisse menschliche Eigenschaften wie in bekannten Fabeln verkörpern. Ein Geschichte mit Fragezeichen!

Bewertung vom 24.04.2024
Gewässer im Ziplock
Vowinckel, Dana

Gewässer im Ziplock


gut

Jüdisches Leben zwischen Berlin, Chicago und Jerusalem
Eine jüdische Familiengeschichte zwischen drei Generationen in verschiedenen Settings: Deutschland, die USA und Israel. Im Zentrum des Romans stehen jüdisches Leben, ihre Kultur und Traditionen, die Suche nach Heimat und Sicherheit. Für die junge, sehr trotzköpfige Margarita wird es mit ihren 15 Jahren zu einer Suche nach Identität als Jüdin und Deutsche, besonders auf ihrer unerfreulichen Reise durch Israel. Die Beschreibung des Zusammenlebens mit ihrem Vater Avi, Kantor in einer Berliner Synagoge, ist gelungen, auch wenn jüdische Fachbegriffe trotz des Glossars zu Langatmigkeit führen. Avis Gedanken, Gefühle bzgl. seiner Tochter Margarita und seiner Frau Marsha lassen ihn schwach, ernst und unsicher erscheinen, dabei immer tief verwurzelt in seine religiöse Tätigkeit, was das Lesen in seinen Parts etwas sperrig macht für Ungläubige. Die Problematik der Mutter tritt klar hervor. Kleine und große Geheimnisse in der Familie und Sorge um die Großeltern schaffen im 2. Teil mehr Spannung. Die derzeitige Problematik als deutscher Jude sowohl in Deutschland als auch in Israel wird nur knapp angesprochen. Eine eher dysfunktionale Familie findet etwas mehr zueinander.

Bewertung vom 22.04.2024
Der Flug des Feuervogels
Heine, Ernst W.

Der Flug des Feuervogels


ausgezeichnet

Ein interessantes Zeitgemälde
Ein sehr spannender historischer Roman, der hauptsächlich die Stadt Rothenburg ob der Tauber am Ende des 14. Jahrhunderts zum Schauplatz hat. Nebenschauplätze sind Nürnberg, Bozen und Venedig zurzeit des Karnevals und der Pest. Neben den Hauptfiguren Judith Süßkind, Jüdin und Attila Toppler, Christ als Verliebte spielt der Franziskaner Bruder Barnabas eine wichtige Rolle als Brandaufklärer. Thematisiert werden religiöse Fragestellungen zum jüdischen und christlichen Glauben sowie das wachsende Interesse an naturwissenschaftlichen und medizinischen Vorgängen. Die Inquisition in Saragossa und Nürnberg spielen ebenso eine teuflische Rolle wie die Machtverhältnisse zwischen dem Bürgermeister einer freien Stadt, der katholischen Kirche, dem Adel und König Wenzel. Das Leben innerhalb Rothenburgs Stadtmauern mit seinem stinkenden Borstenvieh wird in deftigem Sprachstil anschaulich, sehr lebendig beschrieben. Die lateinischen Textstellen, meist Bibelsprüche der katholischen Geistlichkeit und des reichen Juden Süßkind, sorgen mit ihrer deutschen Übersetzung in den Dialogen für Interpretationsbedarf zwischen betroffenen Religionen. Neben Naphta (sehr gut brennbares Rohbenzin) sorgt die verbotene Liebesgeschichte zwischen der ehrgeizigen, schönen Judith und dem eher zurückhaltenden Attila für reichlich Spannung. Die Charaktere, ob jung ob alt, sind in ihrer Diversität überzeugend gezeichnet. Die detailliert beschriebene Handlung wird insgesamt mit vielen interessanten Fakten dieser Zeit geschickt untermauert. Ein Lesegenuss!

Bewertung vom 20.04.2024
Die Herrin der Farben
Dempf, Peter

Die Herrin der Farben


gut

Die „Fuggerstadt“ Augsburg und sein Textilhandel
Das Cover, in Gold und Brauntönen gehalten mit einem Ausschnitt einer mittelalterlichen Stadt am Fluss, gefällt als Hinführung zu diesem historischen Roman. Im Augsburg des 18. Jahrhunderts mit ihrer bedeutenden Weber-, Färber- und Kattundruckindustrie wächst eine intelligente Frau, Anna Barbara Koppmair, auf, die viele Konventionen bricht, angefangen mit ihrem Wunsch der freien Gattenwahl statt vom Vater bestimmt. Als verheiratete Anna Barbara Gignoux kämpft sie gegen die Widerstände der Männerbünde im Stadtrat und in den Weberzünften an. Ihre unternehmerischen Tätigkeiten mit den Finanzen bilden hauptsächlich den Schwerpunkt des Romans statt die Farbenherstellung und Drucktechniken. Die fiktive Figur des Vorarbeiters Hallbacher, Annas Gewissen und Korrektor, wirkt am positivsten, während die Hauptperson Anna von ehrgeiziger, liebender Ehefrau mutiert zu einer durchhaltefähigen, cleveren, aber auch menschlich arroganten, hartherzigen Unternehmerin, weil das Schicksal es nicht gut mit ihr gemeint hat. Eine nachvollziehbare Wandlung! Der Tagebuch ähnliche Schreibstil mit unregelmäßigen Zeitsprüngen lassen einen straffen roten Faden vermissen, immer nur einen schnell verfliegenden Spannungsbogen. Interessante Informationen zur Handwerkskunst der Drucker, Färber, Modelschneider mit ihren Druckergerechtigkeiten im unflexiblen Zunftwesen sind gekoppelt mit den Anfängen der Industrialisierung. Auch wie ein Scheidungsverfahren auf Antrag einer Frau betrieben wurde, ist aufschlussreich. Weitere historische Moden und Ereignisse wie z.B. Soirées, die Revolution in Frankreich oder die Erfindung des Luftballons mit einem Durchmesser von10 Schuhen des Herrn Mongolfier geben diesem Jahrhundert mehr Couleur neben dem überwiegenden Hunger und Elend der Arbeiter. Etwas langatmig!

Bewertung vom 17.04.2024
Gussie
Wortberg, Christoph

Gussie


ausgezeichnet

Was für eine beeindruckende Persönlichkeit!
Das Cover zeigt einen Ausschnitt aus einem Gemälde von Gussie, der zweiten Ehefrau von Dr. Konrad Adenauer, im Nachtrag als Vollbild angehängt. Auf zwei Zeitebenen wird rund um diese Hauptfigur das Leben der Familie Adenauer in einem Zeitraum ab 1915 bis 1948 beleuchtet. Zwischen Kapiteln mit der sterbenden Gussie im Krankenhausbett, mit schmerzhaften Szenen im Verlauf ihres stillen Sterbens erfolgt ein Rückblick auf ihr bewegtes Leben voller Verantwortung, Angst und Unsicherheit. Jedem Kapitel ist ein kurzer Briefausschnitt meist zwischen Gussie und ihrem Vater vorgelagert, hilfreich bei der zeitlichen Orientierung und der emotionalen Atmosphäre der jeweiligen Zeitspanne. Die sehr gegensätzlichen Charaktere des Ehepaars Adenauer werden wortgewandt dargestellt. Der hervorragende, teils philosophische Schreibstil und die Wortgewandtheit Christoph Wortbergs erschaffen ausgezeichnet das atmosphärisch bedrückende Klima besonders während der Nazidiktatur, aber auch neben der großen Trauer, Schuldgefühlen und Schwermut die tiefe Liebe des Ehepaars füreinander. Entstanden ist ein berührendes Porträt einer politisch und sozial engagierten, starken Frau mit viel Durchhaltevermögen für ihren Ehemann und ihre Kinder. Berührend und informativ zugleich!

Bewertung vom 16.04.2024
Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1
Koppelstätter, Lenz

Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1


sehr gut

Ein spannender Auftakt einer neuen Krimireihe am Gardasee.
Der Gardasee und seine Umgebung werden vorgestellt als Schauplatz eines überregional tätigen Geheimbundes, touristisch auch interessant. Mit der jungen Gianna Pitti, Polizeireporterin der Lokalzeitung Messaggero di Riva, sowie mit ihrem Vater, dem legendären Investigativ-Journalisten Arnaldo, der vor einem Jahr spurlos verschwand und ihrem schrulligen, vergesslichen Onkel Francesco Marchese Pitti-Sanbaldi, italienischer Alt-Adel, wird ein ungeklärtes Familiendrama aufgearbeitet. Die Rollen der Chefredakteurin Elvira Sondrini und von Giorgio Foscolo, dem Staatsanwalt aus Trient, sind ebenso gewichtig im Ermittlungsprozess. Italienisches kulturelles Flair kommt auf durch den Schriftsteller Gabriele D’Annunzio, seine ehemalige Residenz, dem prunkvollen Anwesen, das heute ein Museum ist, in dem geheimnisvolle Feste ausgerichtet werden, bei denen es nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint. Der Sänger Vasco Rossi findet in Gianna einen treuen Fan. Innerhalb von drei langen, turbulenten Tagen erfolgt nachvollziehbare Aufklärung über den Goldenen Fisch, die Jünger D’Annunzios und die Rilke-Villa. Interessante Informationen über die Freimaurer und geheimnisvolle Bruderschaften, verpackt in spannendem Schreibstil mit charaktervollen Figuren.

Bewertung vom 14.04.2024
Zuckerbrot
Balli, Kaur Jaswal

Zuckerbrot


gut

Ein komplexes Familiendrama
Das Cover zeigt dunkelhäutige, zueinander gewandte Gesichter von Mutter und Tochter. Der Titel ZUCKERBROT nimmt Bezug auf ein im Buch beschriebenes Rezept. Beide Indikatoren führen angenehm zum Roman hin, dessen erste Entwürfe bereits während der Schulzeit der Autorin entstanden sind. In zwei Zeitebenen, in vier Teilen wird das religiös gestaltete, multikulturelle Miteinander einer indischen Sikh-Familie in Singapur beschrieben. Die Hauptfigur Parveen, also die Tochter Pin, erzählt zunächst von ihrem Schul-und Alltagsleben als Punjabi in Singapurs` engen Blockwohnungen in den Jahren 1990 und 1991. Abwechselnd rückblickend dazu eingeflochten wird über die Jahre 1967 und 1970 die belastete Kindheit und Jugendzeit von Jini, der Mutter der Hauptfigur Pin beschrieben. Dieser Vielvölkerstadtstaat mit vielen Gerüchen, Religionen und Sprachen propagiert Toleranz. Doch das Zusammenleben zwischen Moderne und Tradition – z.B. Singvogelwettbewerbe - selbst in dieser indischen Gemeinde ist schmerzhaft. Die Sozialgeschichte Singapurs wird kurz angesprochen, angehängt ist ein hilfreiches, übersichtliches Glossar. Erwähnungen von Geheimnissen aus der Vergangenheit der Familie bis zur schmerzhaften Aufklärung durch die Mutter sorgen für Spannung. Thematisiert werden auch Freundschaft und die Zwiesprache mit Gott aus jugendlicher Sicht.

Bewertung vom 13.04.2024
Die Tote am Kai / WaPo Cuxhaven Bd.2
Storm, Bente

Die Tote am Kai / WaPo Cuxhaven Bd.2


gut

Ein kompliziertes Gefüge.
Die Szenerie spielt in Cuxhaven. Involviert sind sowohl die Wasserschutzpolizei mit Agatha Christensen als auch die Kriminalpolizei mit Kommissar Victor Carvalho. Die Ermittlungen um Agathas angeschossenen Kollegen Ingmar Ulvaeus kreuzen sich mit der Aufklärung eines Frauenmordes in einem Fischcontainer am Kai. Informationen über den Krabbentransport durch halb Europa und über Menschenschmuggel sind interessant. Innerhalb von sechs Tagen wird zumindest ein Fall nachvollziehbar geklärt, während die Verwicklungen Ingmars in illegalen Menschenschmuggel und die endgültige Mordaufklärung in Sachen Karima Berrada noch ausstehen. Der Praktikant Torge sorgt schließlich nicht nur für einen Cliffhanger, sondern offenbart auch typisch jugendliche, sehr menschliche Charakterzüge – gut charakterisiert. Die effektive Teamarbeit rund um Kommissar Victor Carvalho kommt zu wenig zur Geltung. Der Spannungsbogen ist wie der Schreibstil nicht optimal stramm genug gezogen, da zu viele Beteiligte ermitteln.

Bewertung vom 11.04.2024
25 letzte Sommer
Schäfer, Stephan

25 letzte Sommer


sehr gut

Viele Weisheiten sprachlich bildlich vorgestellt.
Das Cover ist ein Landschaftsbild in Wasserfarbentechnik, sommerlich leicht in Blau- und Grüntönen großer Bandbreite – vielleicht ein ansprechenden Exemplar aus Karls Pinsel. Zwei sehr gegensätzliche Charaktere in ihrer besonderen Lebensphase, beide wohl im fortgeschrittenen Alter. Während Karl, der Kartoffelbauer, weiß zu genießen und in sich ruht, überdenkt der Ich-Erzähler sein eigenes hektisches Leben mit Terminen und Punkten auf der ToDo-Liste. Diese sich entwickelnde Männer-Freundschaft präsentiert vor allem Lebensweisheiten durch den regen Austausch von Schlüsselerlebnissen, aber auch leckeren Dessert-Rezepten. Sie philosophieren über das Leben und darüber, was wirklich wichtig ist, dass das Sammeln von Glücksmomenten keinesfalls materieller Natur sein muss. Angeregt zum Nachdenken wird man bei der Frage nach Glück und Zufriedenheit im eigenen Leben. Über den Ich-Erzähler könnte sich jeder leicht von der Geschichte angesprochen fühlen oder sich da und dort auch selbst wiedererkennen. Das Buch bringt einige Impulse für die Gestaltung des eigenen Alltags mit, auch wenn der Fokus auf eine männliche und mittelalte Sichtweise auf das Leben eingestellt ist. Die beiden Hauptpersonen sind auf Anhieb sehr sympathisch. Der Sprachstil ist sehr bildhaft, teils poetisch und wohltuend geruhsam. Auch die Naturbeschreibungen gefallen.
Die Essenz des Lebens und die Bestandsaufnahme zweier Erwachsener – ein tiefgründiges Thema.

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