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Für seinen Roman "Shuggie Bain" wurde Douglas Stuart mit dem Booker Preis 2020 ausgezeichnet. "Das beste Debüt, das ich in den letzten Jahren gelesen habe." (Karl Ove Knausgård) "Dieses Buch werdet ihr nicht mehr vergessen." (Stefanie de Velasco)Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der 80er-Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über alles stellt. Shuggies Herz gehört der Mutter, Agnes, die ihn versteht und der grauen Welt energisch ihre Schönheit entgegensetzt, Haltung mit makellosem Make-...
Für seinen Roman "Shuggie Bain" wurde Douglas Stuart mit dem Booker Preis 2020 ausgezeichnet. "Das beste Debüt, das ich in den letzten Jahren gelesen habe." (Karl Ove Knausgård) "Dieses Buch werdet ihr nicht mehr vergessen." (Stefanie de Velasco)Shuggie ist anders, zart, fantasievoll und feminin, und das ausgerechnet in der Tristesse und Armut einer Arbeiterfamilie im Glasgow der 80er-Jahre, mit einem Vater, der virile Potenz über alles stellt. Shuggies Herz gehört der Mutter, Agnes, die ihn versteht und der grauen Welt energisch ihre Schönheit entgegensetzt, Haltung mit makellosem Make-up, strahlend weißen Kunstzähnen und glamouröser Kleidung zeigt - und doch Trost immer mehr im Alkohol sucht. Sie zu retten ist Shuggies Mission, eine Aufgabe, die er mit absoluter Hingabe und unerschütterlicher Liebe Jahr um Jahr erfüllt, bis er schließlich daran scheitern muss. Ein großer Roman über das Elend der Armut und die Beharrlichkeit der Liebe, tieftraurig und zugleich von ergreifender Zärtlichkeit.
Douglas Stuart, geboren und aufgewachsen in Glasgow, studierte am Royal College of Art in London. Nach seinem Abschluss zog er nach New York, wo er als Modedesigner arbeitete. Für seinen ersten Roman, Shuggie Bain, der in 40 Ländern erschien und zum Weltbestseller wurde, erhielt er den Booker Preis 2020. Young Mungo (2023) ist sein zweiter Roman.
Produktdetails
- Verlag: Hanser Berlin
- Originaltitel: Shuggie Bain
- Artikelnr. des Verlages: 516/27108
- 4. Aufl.
- Seitenzahl: 496
- Erscheinungstermin: 23. August 2021
- Deutsch
- Abmessung: 218mm x 152mm x 43mm
- Gewicht: 675g
- ISBN-13: 9783446271081
- ISBN-10: 3446271082
- Artikelnr.: 61362022
Herstellerkennzeichnung
Hanser Berlin
Lehrter Straße 57 Haus 4
10557 Berlin
info@hanser.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Gerrit Bartels kann nur darüber staunen, wie es Douglas Stuart gelingt, die Geschichte von Shuggie Bain bei all der Grausamkeit und Gewalt glitzern zu lassen. Der schottische Schriftsteller erzählt ihm in diesem autobiografisch grundierten Roman vom schwulen Shuggie, der in den Neunzigern in einer Arbeitersiedlung am Rande Glasgows bei seiner alleinerziehenden, alkoholsüchtigen Mutter in Armut aufwächst. Das Milieu kennt der Kritiker zwar bereits aus anderen Romanen und Filmen, "Trainspotting" etwa. Aber trister und zugleich genauer und funkelnder als Stuart hat es bisher kaum jemand gezeichnet, meint Bartels. Und auch wenn den Kritiker kleinere, nicht ganz stimmige Details stören, erliegt er sofort der Sogkraft von Stuarts Sprache. Und wie Sophie Zeitz den schottischen Dialekt und Slang im Deutschen zu einer eigenen "Kunstsprache" macht, ringt dem Rezensenten größte Anerkennung ab.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Es steckte einfach in ihm
Böse feixen die Kinder: Douglas Stuarts preisgekrönter Roman "Shuggie Bain" verliert die literarische Ästhetik aus dem Blick
Die Szene könnte ans Herz gehen. Wie der ganze Roman spielt sie in der Trostlosigkeit eines Arbeiter- oder vielmehr Arbeitslosenviertels im Glasgow der Achtzigerjahre, mitten in der Thatcher-Ära. Der siebenjährige Shuggie, gepeinigt von seinen Mitschülern, weil er lieber mit seiner Puppe als mit dem Fußball spielt, flüchtet sich hinter ein Wirtshaus. Dort entdeckt er zwischen Bierlachen eine benzinverschmutzte Pfütze, auf der "bunte Regenbögen" schimmern. Was treibt nun der Junge? "Shuggie kniete sich hin und tauchte Daphnes blondes Haar" - Daphne ist der Name
Böse feixen die Kinder: Douglas Stuarts preisgekrönter Roman "Shuggie Bain" verliert die literarische Ästhetik aus dem Blick
Die Szene könnte ans Herz gehen. Wie der ganze Roman spielt sie in der Trostlosigkeit eines Arbeiter- oder vielmehr Arbeitslosenviertels im Glasgow der Achtzigerjahre, mitten in der Thatcher-Ära. Der siebenjährige Shuggie, gepeinigt von seinen Mitschülern, weil er lieber mit seiner Puppe als mit dem Fußball spielt, flüchtet sich hinter ein Wirtshaus. Dort entdeckt er zwischen Bierlachen eine benzinverschmutzte Pfütze, auf der "bunte Regenbögen" schimmern. Was treibt nun der Junge? "Shuggie kniete sich hin und tauchte Daphnes blondes Haar" - Daphne ist der Name
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seiner Puppe - "in die schillernde Pfütze." Aber: "Als er sie wieder herauszog, hatte ihr glänzendes gelbes Haar die Farbe der Nacht, und er schnalzte mit der Zunge. Wo waren die schönen Regenbogenfarben jetzt?" Der Junge, die Puppe, die Regenbogenfarben, umgeben von einer feindlichen Umwelt, die alle Schönheit und jede Hoffnung zunichtemacht: Angesichts dieser leider allzu dick aufgetragenen Schlüsselszene stellt sich die Frage, ob der Roman trotz oder gerade ihretwegen im letzten Jahr mit dem Booker-Preis ausgezeichnet worden ist.
Zu vermuten ist jedenfalls, dass vordringlich moralische Gründe für die Juroren ausschlaggebend waren. "Shuggie Bain" erzählt von einem zarten, sensiblen Jungen in einer chauvinistischen, von Armut, Gewalt und Alkohol geprägten Wirklichkeit. Das gibt Lesern zwar die Möglichkeit zur Identifikation: "Shuggie - ach, Shuggie!", mit diesem Gefühlsausruf des Kritikers und Schriftstellers Daniel Schreiber bewirbt der Hanser Verlag den Roman nicht ohne Grund. Literarisch reizvoll ist diese Gegensatzwelt aber deswegen noch lange nicht. Wie ermahnt der grobschlächtige, kaltherzige Sportlehrer jenen Schüler, der Shuggie soeben mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat? Natürlich mit den Worten: "Du sollst keine Mädchen schlagen!" Und selbstverständlich bricht daraufhin die ganze Klasse "in Gelächter aus". Über das gedankliche und darstellerische Niveau eines mittelguten Jugendromans reicht "Shuggie Bain" in solchen Passagen nicht hinaus.
Aber auch dort, wo Stuart ganz bewusst Zitate in seinen Roman einfügt, ergibt sich daraus kaum erzählerischer Mehrwert. Tanzend im Wohnzimmer, dabei "schrille, feminine" Schreie ausstoßend, bemerkt Shuggie, dass ihn einige Kinder aus der Nachbarschaft durchs Fenster beobachten. Sie feixen böse. In diesem Moment tritt die Mutter ins Zimmer, und es entspannt sich ein charakteristischer Dialog: "Wenn ich du wäre, würde ich weitermachen." - "Ich kann nicht." - "Du weißt, dass sie nur gewinnen, wenn du sie gewinnen lässt." - "Ich kann nicht." - "Gib ihnen die Genugtuung nicht." - "Mammy, hilf mir. Ich kann nicht." - "Doch. Du. Kannst." Und schließlich: "Kopf hoch, und gib Gas." Dann heißt es: "Im ersten Moment war es schwer, wieder in Bewegung zu kommen, die Musik zu spüren, zu dem anderen Ort im Kopf zurückzufinden, wo er Selbstbewusstsein hatte. Aber es steckte einfach in ihm, und als es aus ihm herausbrach, stellte er fest, dass er es nicht aufhalten konnte."
Der Verweis auf Stephen Daldrys Kinoerfolg "Billy Elliot - I Will Dance" und die überkuratiert wirkende Dialogführung sind das eine. Das andere ist das ominöse "Es", von dem am Ende der Passage die Rede ist: Es steckte in ihm, er konnte es nicht aufhalten, es brach aus ihm heraus. Wovon ist die Rede? Wohl doch vom triebhaften "Es" im Sinne Freuds, das sich in der geschilderten Szene gegen die Kontrolle durch das rationalistische "Ich" zur Wehr setzt und schließlich heldenhaft siegt. Feinfühlig geht anders, zumal das Reflektierte des Vorgangs ("er stellte fest, dass er es nicht aufhalten konnte") wohl eher der Wahrnehmung eines Erwachsenen als der eines Kindes entspricht.
Und doch macht die Tanzszene eines unmissverständlich klar: dass Shuggie ohne seine Mutter Agnes verloren wäre. Sie lebt ihm vor, wie man wieder aufsteht: "Wenn sie sich im Suff blamiert hatte, war sie am nächsten Tag aufgestanden, hatte ihren besten Mantel angezogen und war der Welt entgegengetreten." Was für den Sohn gilt, gilt aber auch für den Roman, weil einzig Agnes ihm einen sporadischen Plot verleiht: Über Hunderte von Seiten hinweg beobachtet man sie dabei, wie sie auf schmalem Grat mit ihrem Leben klarzukommen versucht.
Die Position, in die man als Leser dadurch gebracht wird, ist unangenehm: Wie lange hält Agnes dieses traurige, erbärmliche Leben, das ein ständiger Wechsel von Agonie, Exzess und Gewalt ist, noch durch? Wann wird sie endgültig stürzen? Der Leser wird so in die Rolle eines Voyeurs gebracht, der zwar mitfühlend, aber mit unaufhebbarer Distanz auf Agnes, ihren Sohn und das sie umgebende Milieu hinunterblickt. Stuart will ganz sicher auf das Gegenteil hinaus, nämlich die gesellschaftliche Empathie befördern, aber es ist die Konstruktion seines Romans, die eine klassistische Lektürehaltung provoziert. Das Buch ist ein Feel-Good Read für die Mittelklasse.
Erzählerisch reflektiert wird dieser bedenkliche Sozialrealismus an keiner Stelle. In der deutschen Übersetzung kommt allerdings, und ebenfalls unbeabsichtigt, eine Brechung ins Spiel, nämlich durch die sozio- und dialektische Figurenrede: "'Schulding Sie?', sagte er aus den Gedanken gerissen. 'Ich habse durche Scheibe nich gehört.'"
Die Übersetzerin Sophie Zeitz lässt ein leicht affektiertes Hochdeutsch auf eine Mischung aus schnoddrigem Berlinerisch, kolloquialem Nord- und proletarischem Ruhrpottdeutsch treffen. Die Grenzen der Übersetzbarkeit treten an solchen Stellen deutlich zutage, was aber gerade vorteilhaft ist, weil dadurch Stuarts auf Identifikation zielender Realismus beständig unterlaufen wird. Tatsächlich nimmt die Übersetzung dem englischsprachigen Original nichts, sondern erweitert es um eine wichtige Reflexionsebene.
"Shuggie Bain" ist Douglas Stuarts Debütroman, der Mann hat bereits eine Karriere als Modedesigner hinter sich, was sicher auch erklärt, warum er ein so starkes, noch kleinste Details berücksichtigendes Augenmerk auf Agnes' Kleidung und überhaupt auf ihr Äußeres legt. Das ist nachvollziehbar und auch überzeugend, denn hiervon hängt ja nichts Geringeres als ihr Selbsterhalt ab und die Bewunderung durch ihren Sohn. Dem Roman liegt ein emphatischer Modebegriff zugrunde. Kaum Interesse zeigt Stuart hingegen an Aspekten der literarischen Form. Sein Roman erliegt damit ebenjenem Irrtum, den der Literaturwissenschaftler Moritz Baßler in seinem viel diskutierten Essay über den "Neuen Midcult" in der Gegenwartsliteratur beschrieben hat; dem Irrtum nämlich, "dass Leiden und Probleme, wie relevant auch immer, ohne formale Durcharbeitung identifikatorisch mit Kunstanspruch dargeboten, zu etwas anderem führen würden als - Kitsch".
Nun geht es überhaupt nicht darum, Romanen wie "Shuggie Bain" ihre Daseinsberechtigung abzusprechen, im Gegenteil, es stimmt wohl, dass solche Geschichten und Erfahrungen in der Vergangenheit zu selten erzählt worden sind. Aus dieser Sicht ist das Buch nur zu begrüßen. Zu Missverständnissen sollte es aber nicht kommen: Wer einen solchen Roman zu den herausragendsten Leistungen der Gegenwartsliteratur zählt, der hat die Frage nach der literarischen Ästhetik, nach der Angemessenheit des literarischen Ausdrucks im Verhältnis zum erzählten Inhalt, stillschweigend als irrelevant abgetan. Eine Verarmung dessen, wozu Literatur in der Lage ist, bedeutet dies ohne Frage. KAI SINA
Douglas Stuart: "Shuggie Bain". Roman.
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Hanser Berlin Verlag, Berlin 2021. 496 S., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zu vermuten ist jedenfalls, dass vordringlich moralische Gründe für die Juroren ausschlaggebend waren. "Shuggie Bain" erzählt von einem zarten, sensiblen Jungen in einer chauvinistischen, von Armut, Gewalt und Alkohol geprägten Wirklichkeit. Das gibt Lesern zwar die Möglichkeit zur Identifikation: "Shuggie - ach, Shuggie!", mit diesem Gefühlsausruf des Kritikers und Schriftstellers Daniel Schreiber bewirbt der Hanser Verlag den Roman nicht ohne Grund. Literarisch reizvoll ist diese Gegensatzwelt aber deswegen noch lange nicht. Wie ermahnt der grobschlächtige, kaltherzige Sportlehrer jenen Schüler, der Shuggie soeben mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat? Natürlich mit den Worten: "Du sollst keine Mädchen schlagen!" Und selbstverständlich bricht daraufhin die ganze Klasse "in Gelächter aus". Über das gedankliche und darstellerische Niveau eines mittelguten Jugendromans reicht "Shuggie Bain" in solchen Passagen nicht hinaus.
Aber auch dort, wo Stuart ganz bewusst Zitate in seinen Roman einfügt, ergibt sich daraus kaum erzählerischer Mehrwert. Tanzend im Wohnzimmer, dabei "schrille, feminine" Schreie ausstoßend, bemerkt Shuggie, dass ihn einige Kinder aus der Nachbarschaft durchs Fenster beobachten. Sie feixen böse. In diesem Moment tritt die Mutter ins Zimmer, und es entspannt sich ein charakteristischer Dialog: "Wenn ich du wäre, würde ich weitermachen." - "Ich kann nicht." - "Du weißt, dass sie nur gewinnen, wenn du sie gewinnen lässt." - "Ich kann nicht." - "Gib ihnen die Genugtuung nicht." - "Mammy, hilf mir. Ich kann nicht." - "Doch. Du. Kannst." Und schließlich: "Kopf hoch, und gib Gas." Dann heißt es: "Im ersten Moment war es schwer, wieder in Bewegung zu kommen, die Musik zu spüren, zu dem anderen Ort im Kopf zurückzufinden, wo er Selbstbewusstsein hatte. Aber es steckte einfach in ihm, und als es aus ihm herausbrach, stellte er fest, dass er es nicht aufhalten konnte."
Der Verweis auf Stephen Daldrys Kinoerfolg "Billy Elliot - I Will Dance" und die überkuratiert wirkende Dialogführung sind das eine. Das andere ist das ominöse "Es", von dem am Ende der Passage die Rede ist: Es steckte in ihm, er konnte es nicht aufhalten, es brach aus ihm heraus. Wovon ist die Rede? Wohl doch vom triebhaften "Es" im Sinne Freuds, das sich in der geschilderten Szene gegen die Kontrolle durch das rationalistische "Ich" zur Wehr setzt und schließlich heldenhaft siegt. Feinfühlig geht anders, zumal das Reflektierte des Vorgangs ("er stellte fest, dass er es nicht aufhalten konnte") wohl eher der Wahrnehmung eines Erwachsenen als der eines Kindes entspricht.
Und doch macht die Tanzszene eines unmissverständlich klar: dass Shuggie ohne seine Mutter Agnes verloren wäre. Sie lebt ihm vor, wie man wieder aufsteht: "Wenn sie sich im Suff blamiert hatte, war sie am nächsten Tag aufgestanden, hatte ihren besten Mantel angezogen und war der Welt entgegengetreten." Was für den Sohn gilt, gilt aber auch für den Roman, weil einzig Agnes ihm einen sporadischen Plot verleiht: Über Hunderte von Seiten hinweg beobachtet man sie dabei, wie sie auf schmalem Grat mit ihrem Leben klarzukommen versucht.
Die Position, in die man als Leser dadurch gebracht wird, ist unangenehm: Wie lange hält Agnes dieses traurige, erbärmliche Leben, das ein ständiger Wechsel von Agonie, Exzess und Gewalt ist, noch durch? Wann wird sie endgültig stürzen? Der Leser wird so in die Rolle eines Voyeurs gebracht, der zwar mitfühlend, aber mit unaufhebbarer Distanz auf Agnes, ihren Sohn und das sie umgebende Milieu hinunterblickt. Stuart will ganz sicher auf das Gegenteil hinaus, nämlich die gesellschaftliche Empathie befördern, aber es ist die Konstruktion seines Romans, die eine klassistische Lektürehaltung provoziert. Das Buch ist ein Feel-Good Read für die Mittelklasse.
Erzählerisch reflektiert wird dieser bedenkliche Sozialrealismus an keiner Stelle. In der deutschen Übersetzung kommt allerdings, und ebenfalls unbeabsichtigt, eine Brechung ins Spiel, nämlich durch die sozio- und dialektische Figurenrede: "'Schulding Sie?', sagte er aus den Gedanken gerissen. 'Ich habse durche Scheibe nich gehört.'"
Die Übersetzerin Sophie Zeitz lässt ein leicht affektiertes Hochdeutsch auf eine Mischung aus schnoddrigem Berlinerisch, kolloquialem Nord- und proletarischem Ruhrpottdeutsch treffen. Die Grenzen der Übersetzbarkeit treten an solchen Stellen deutlich zutage, was aber gerade vorteilhaft ist, weil dadurch Stuarts auf Identifikation zielender Realismus beständig unterlaufen wird. Tatsächlich nimmt die Übersetzung dem englischsprachigen Original nichts, sondern erweitert es um eine wichtige Reflexionsebene.
"Shuggie Bain" ist Douglas Stuarts Debütroman, der Mann hat bereits eine Karriere als Modedesigner hinter sich, was sicher auch erklärt, warum er ein so starkes, noch kleinste Details berücksichtigendes Augenmerk auf Agnes' Kleidung und überhaupt auf ihr Äußeres legt. Das ist nachvollziehbar und auch überzeugend, denn hiervon hängt ja nichts Geringeres als ihr Selbsterhalt ab und die Bewunderung durch ihren Sohn. Dem Roman liegt ein emphatischer Modebegriff zugrunde. Kaum Interesse zeigt Stuart hingegen an Aspekten der literarischen Form. Sein Roman erliegt damit ebenjenem Irrtum, den der Literaturwissenschaftler Moritz Baßler in seinem viel diskutierten Essay über den "Neuen Midcult" in der Gegenwartsliteratur beschrieben hat; dem Irrtum nämlich, "dass Leiden und Probleme, wie relevant auch immer, ohne formale Durcharbeitung identifikatorisch mit Kunstanspruch dargeboten, zu etwas anderem führen würden als - Kitsch".
Nun geht es überhaupt nicht darum, Romanen wie "Shuggie Bain" ihre Daseinsberechtigung abzusprechen, im Gegenteil, es stimmt wohl, dass solche Geschichten und Erfahrungen in der Vergangenheit zu selten erzählt worden sind. Aus dieser Sicht ist das Buch nur zu begrüßen. Zu Missverständnissen sollte es aber nicht kommen: Wer einen solchen Roman zu den herausragendsten Leistungen der Gegenwartsliteratur zählt, der hat die Frage nach der literarischen Ästhetik, nach der Angemessenheit des literarischen Ausdrucks im Verhältnis zum erzählten Inhalt, stillschweigend als irrelevant abgetan. Eine Verarmung dessen, wozu Literatur in der Lage ist, bedeutet dies ohne Frage. KAI SINA
Douglas Stuart: "Shuggie Bain". Roman.
Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Hanser Berlin Verlag, Berlin 2021. 496 S., geb., 26,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Hat das Zeug zum künftigen Literaturklassiker" Renzo Wellinger/Janina Widhammer-Zintl, Esquire, 20.11.24 "Ein berührendes Sozialdrama ... Die krasse Kontrastierung von Schönheit und Hässlichkeit, von kindlicher Unschuld und abgrundtiefer Bösartigkeit gehört zum Bauprinzip des Romans." Holger Heimann, SWR2 'Lesenswert Kritik', 21.12.21 "Douglas Stuart hat einen Ton gefunden, der kein einziges Mal um Mitgefühl bettelt. Das passiert "einfach" (und danach drehen sich die Gedanken)." Peter Pisa, Kurier, 06.11.21 "Ein grandioser, fadengrader Debütroman... Douglas Stuart ... ist selbst aus Glasgow, seine Mutter trank ... Doch für einmal ist dieser Erstling keine autobiografische Selbstbemitleidung, dafür weiß Stuart zu genau, wovon er erzählt.
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Das Buch stößt Tür um Tür in die Armut auf. Der Niedergang reißt alles mit. Nur die Liebe bleibt, sie hält alles aus, bis sie loslassen muss." Manuel Müller, Neue Zürcher Zeitung, 25.10.21 "Ich fand das Buch tröstlich ... Ich finde das Buch deshalb so hinreißend, weil diese Liebe vom Kind zu seiner Mutter ... nie infrage gestellt wird ... Die Erzählperspektive ist eine liebende ... Das Kind hat diese große Fähigkeit zu lieben und das hat die Erzählung auch. Und das finde ich fantastisch." Barbara Vinken, 3sat 'Buchzeit', 24.10.21 "Das Buch zeigt sehr gelungen, was Armut, Arbeitslosigkeit, Hoffnungslosigkeit mit Menschen macht." Sandra Kegel, 3sat 'Buchzeit', 24.10.21 "Nicht zuletzt wegen seiner ebenso liebevoll wie präzise ausgestatteten Szenen und Settings ist 'Shuggie Bain' ein, wenn nicht der Roman des Jahres." Klaus Nüchtern, Falter, 22.10.21 "Atmosphärisch dicht, ausstaffiert mit allerhand Sozio- und Dialekten sowie einem Gespür für habituelle Besonderheiten, schildert der Roman Shuggies Welt und emotionales Elend." Die Tageszeitung, 06.10.21 "Ein ganz großer Wurf ... Nichts an diesem Buch ähnelt einem Debütroman, sondern das ist gleich ein Roman, der in sich geschlossen perfekt wirkt ... Das ist ein hartes Buch. Ein Buch, das einen wirklich mitreißt, das einen wachrüttelt, manchmal muss man sich zwingen, weiterzulesen. Aber großartig erzählt und von Sophie Zeitz großartig übersetzt ... Ein aufwühlendes Sozialdrama, aber trotz der tristen Themen ein Buch, das man nicht mehr loslassen kann." Rainer Moritz, NDR Kultur 'Gemischtes Doppel', 05.10.21 "Ohne Beschönigung und in aller Detailtreue erzählt der Autor von den Abgründen einer Existenz am Rande der Gesellschaft ... Douglas Stuart beschreibt die Szenen und Schauplätze in einer opulenten Sprache, die es dem Leser ermöglicht, tief in das Geschehen und das deprimierende Seelenleben der Charaktere einzutauchen ... Ein Roman, der wie ein Mahnmal fungiert." Till Köppel, Ö1 'Ex libris', 03.10.21 "Ein zärtliches Porträt einer Frau, die nicht anders kann, als am Leben zu scheitern." ORF Bestenliste im Oktober 2021 "Ein ergreifender Roman. Aus der Perspektive eines doppelten Außenseiters beschreibt Douglas Stuart ein prekäres Milieu - mit der Genauigkeit eines Soziologen ... Die vielen anschaulichen und auch liebevollen Personen-Porträts sind eine Stärke des Romans." Claudio Campagna, NDR Kultur, 30.09.21 "Unglaublich anrührend zu lesen ...Erschütternd, aber auch unglaublich emotional ... Es hat mich sehr begeistert." Jan Ehlert, NDR Kultur 'eat.READ.repeat',. 24.09.21 "Dieses Buch der Tristesse, aber auch der Liebe, zeigt in voller Härte und zugleich poetisch das Schicksal einer Trinkerin aus der Perspektive ihres jüngsten Kindes." Norbert Mayer, Die Presse, 18.09.21 "Stuart bewahrt sich einen angesichts der brutalen Verhältnisse unerwartet lockeren Tonfall, hat eine Hand für feinen Humor und einen Hang zu frivolen, schillernden Details." Michael Wurmitzer, Der Standard, 16.09.21 "Douglas Stuart verfällt weder in Selbstmitleid, noch ist das Buch eine Kampfansage gegen die politischen Verhältnisse ... Er findet seine ganz eigene Form, das Leid und die Not zu schildern ... Die Brutalität, die sich aus sozialer Not ergibt, ist auf jeder Seite des Buches spürbar. Eine Milieustudie, die unter die Haut geht." ZDF aspekte, 03.09.21 "Eine tragische Liebesgeschichte einer ambivalenten Mutter-Sohn-Beziehung, die zart und bedrückend, ergreifend und schmerzlich zugleich ist. Ein durch und durch starker berührender Debütroman, der das Schöne im Hässlichen aufzeigt." Süddeutsche Zeitung "Bücher des Monats", 31.08.21 "Douglas Stuart hat keinen politischen Roman geschrieben, die Bösartigkeit seiner Figuren hat etwas Intrinsisches, Absolutes, Märchenhaftes ... Die Besonderheit des Romans besteht darin, dass er diese depravierte Lebensweise, die sich permanent am Rande des Tierischen, Kreatürlichen bewegt, sprachlich kontrastiert mit opernhaften, opulenten Bildern und einem eisernen Willen zur Schönheit." Felix Stephan, Süddeutsche Zeitung, 21.08.21 "Präzise und funkelnd bis in jedes noch so kleine Detail, erzählt der schottische Schriftsteller Douglas Stuart in diesem autobiografisch grundierten Roman von seiner Kindheit und Jugend. ... Dem 45-jährigen Stuart ist mit diesem 500-Seiten-Roman ein in jeder Hinsicht stilistischer Hochseilakt gelungen." Angela Delonge, Aachener Zeitung, 07.02.2022 "Dieser Roman erzählt so intim von seinem Helden, dass man die Welt durch Shuggies Augen sieht ... Atemberaubend!" Brigitte, 18.08.21 "Es ist wirklich ein ganz besonderer Roman, der über diese unglaublich zarte und schwierige Liebesbeziehung zwischen Mutter und Sohn berichtet." Zoë Beck, Deutschlandfunk Kultur, 20.11.20 "Ein ganz wunderbarer Roman, der verblüffend leichtfüßig über die Liebe eines Jungen zu seiner alkoholkranken Mutter im verarmten Glasgow erzählt ... Sprachlich ganz herrlich dicht geschrieben und trotzdem eine rasche Lektüre." Anna Auguscik, Deutschlandfunk Büchermarkt, 20.11.20
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"Shuggie Bain" ist ein berührender Debütroman, der die Geschichte eines Jungen erzählt, der im Arbeitermilieu im Glasgow der 80er Jahre aufwächst. Shuggies Mutter ist eine Alkoholikerin, gefangen in der Widersprüchkeit, nach Höherem zu streben und sich dann …
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"Shuggie Bain" ist ein berührender Debütroman, der die Geschichte eines Jungen erzählt, der im Arbeitermilieu im Glasgow der 80er Jahre aufwächst. Shuggies Mutter ist eine Alkoholikerin, gefangen in der Widersprüchkeit, nach Höherem zu streben und sich dann wieder der Alkoholsucht hinzugeben.
Shuggie lernt Armut kennen, früh muss er Verantwortung übernehmen, mit dem wenigen Geld haushalten. Es sind traurige und erschütternde Szenen, die der Autor Douglas Stuart authentisch beschreibt. Immer wieder wird der Leser mit dem schweren Schicksal von Shuggie konfrontiert. Er ist ein Kind und doch nie unbeschwert und selten fröhlich. Shuggie ist anders, hat femine Züge, ist feinfühlig, oft wird er zum Opfer im harten Arbeitermilieu. Der Zeitgeist mit all seinen Problemen wie Arbeitslosigkeit, Armut und Gewalt wurde realistisch eingefangen und glaubwürdig geschildert.
"Shuggie Bain" ist ein beklemmender Roman, der hervorragend geschrieben ist und zu Recht mit dem Booker Preis ausgezeichnet wurde.
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Auf den ersten Blick schon ein wundervoll gestaltetes Buch, auch wenn ich sonst normalerweise keine Menschen auf Covern gut finde. Shuggie Bain ist ein lyrisches und umwerfend geschriebenes Buch und wahrscheinlich das Buch, von dem ich mir am meisten erhofft hatte, dass es auch ins deutsche …
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Auf den ersten Blick schon ein wundervoll gestaltetes Buch, auch wenn ich sonst normalerweise keine Menschen auf Covern gut finde. Shuggie Bain ist ein lyrisches und umwerfend geschriebenes Buch und wahrscheinlich das Buch, von dem ich mir am meisten erhofft hatte, dass es auch ins deutsche übersetzt wird. Stuarts Sätze sind außergewöhnlich gut und vor allem methaphorisch verfasst. Es ist, als hätte er jedes Werk so ausgewählt, dass es eine maximale emotionale Wirkung hat. Diese Beherrschung von Sparsamkeit und Eloquenz führt dazu, dass jeder Absatz ein Kunstwerk ist. Mir gefällt auch der angedeutete Naturalismus der Erzählung und der Einblick in das Leben von Shuggie und Agnes. Ich glaube nicht, dass es etwas Außergewöhnliches in der Erzählung und ihren Auswirkungen gibt, aber Stuarts Schreiben regt zum Pathos und zum Nachdenken an, und seine Arbeit ist es absolut wert, weiter beachtet zu werden.
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Im Glasgow der 1980er-Jahre wächst der kleine Shuggie Bain in einer Arbeitersiedlung auf, in die er nicht hineinpasst. Er hasst Fußball, liebt das Tanzen - und seine Mutter Agnes, die dem Alkohol verfallen ist. Mit unbändigem Willen versucht er, sie zu retten und scheitert doch immer …
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Im Glasgow der 1980er-Jahre wächst der kleine Shuggie Bain in einer Arbeitersiedlung auf, in die er nicht hineinpasst. Er hasst Fußball, liebt das Tanzen - und seine Mutter Agnes, die dem Alkohol verfallen ist. Mit unbändigem Willen versucht er, sie zu retten und scheitert doch immer wieder. Erst nach und nach wird ihm klar, dass offenbar alle Mühe umsonst ist...
"Shuggie Bain" ist der Debütroman von Douglas Stuart, der dafür im Jahr 2020 den Bookerpreis gewann. Es ist ein in allen Belangen unbequemer, stark autobiografisch geprägter Roman. Die Leser:innen begleiten Shuggie auf dem Weg zum Erwachsenwerden und müssen dabei einiges erdulden. Doch wie mag es erst dem kleinen Jungen dabei ergehen? Von den Kindern seiner Siedlung als "Schwuchtel" angefeindet, von der trinkenden Mutter vernachlässigt, vom abwesenden Vater ignoriert - Shuggie ist nahezu auf sich allein gestellt, würde es nicht noch seinen älteren Bruder Leek geben, der ihm zumindest zeitweise eine Stütze ist.
Dennoch liegt die Hauptlast beim kleinen Bruder. Shuggie macht es sich zur Lebensaufgabe, die Mutter vor dem Alkohol und allem Bösen zu retten und verliert dabei vor allem sich selbst und seine Kindheit. Es ist eine einseitige und schmerzhafte Liebe. Während der Junge alles investiert, ist Agnes nur in äußerst seltenen Momenten ein Rückhalt für ihn. Ansonsten liebt sie vor allem sich und den Alkohol und manchmal noch Männer, die sich jedoch allesamt als gnadenlose Enttäuschung für Agnes und die Leser:innen entpuppen.
Mit zunehmender Romandauer verlässt sich Stuart immer stärker auf die Perspektive des titelgebenden kleinen Helden. Während gerade zu Beginn Agnes doch sehr im Mittelpunkt steht, verlagert sich dieses Gewicht fast unmerklich in Richtung des Kindes. "Shuggie Bain" macht es einem nicht leicht, gemocht zu werden. Die Erwachsenenfiguren sind grausam, gemein und nahezu unerträglich. Die Kinder sind mit wenigen Ausnahmen kaum besser. Einzig Shuggie selbst bringt den Roman immer wieder zum Leuchten. Und ein paar vereinzelte komische Momente.
Dennoch herrscht über weite Strecken eine große Trostlosigkeit vor. Die Ereignisse, die Shuggie erlebt, sind dabei so schrecklich und traurig, dass ich mich von ihrer Fülle zeitweise fast erschlagen fühlte und sich dadurch eine gewisse Abstumpfung bei mir entwickelte. Ich haderte mit mir selbst, konnte diese "ergreifende Zärtlichkeit", die der Klappentext verspricht, gar nicht entdecken. Auch der - mit Sicherheit schwer zu übersetzende - schottische Arbeiterslang trug dazu bei, dessen Lektüre gerade zu Beginn des Buches doch eine ganz schöne Herausforderung ist. Zwischenzeitlich sehnte ich sogar das Ende des Romans herbei.
Nur um nach der letzten Seite des Buches eine plötzliche Leere zu spüren und eine Traurigkeit, die mir sagte, dass der gemeinsame Weg mit Shuggie nun tatsächlich beendet ist. Einen großen Anteil daran hatten die letzten beiden Teile des Romans, die voller bewegender Momente sind und einen Shuggie noch stärker ins Herz schließen lassen. Daran erkannte ich, dass Douglas Stuart doch nicht so viel falsch gemacht haben kann. Denn so unbequem, trostlos und schrecklich "Shuggie Bain" zwischenzeitlich ist - es ist ein Roman, den man genauso wenig vergisst wie die Figur Shuggie selbst.
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Shuggie Bain von Douglas Stuart
Dieses Buch führt einen durch die 80er und 90er Jahre in Glasgow. Dort lebt die Familie Bain in einer Arbeitersiedlung. Nachdem Agnes Ehemann Shug das ganze Geld verprasst hat, haut er ab und lässt die Mutter mit ihren Kindern allein. Nach außen …
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Shuggie Bain von Douglas Stuart
Dieses Buch führt einen durch die 80er und 90er Jahre in Glasgow. Dort lebt die Familie Bain in einer Arbeitersiedlung. Nachdem Agnes Ehemann Shug das ganze Geld verprasst hat, haut er ab und lässt die Mutter mit ihren Kindern allein. Nach außen immer einen guten Eindruck machend, lässt sich Agnes zum Alkohol hinreißen und stürzt völlig ab. Shuggie, ihr Jüngster versucht ihr aus dieser Sucht zu helfen und weiß schon bevor er die Haustür öffnet, wie seine Mutter gelaunt ist. Er hilft ihr nachdem sie sich volllaufen lassen hat und kümmert sich liebevoll. Dass das bei einem kleinen Jungen Spuren hinterlässt ist völlig klar und somit bleibt seine unbeschwerte Kindheit auf der Strecke. Ein Kind sein, das kann Shuggie nicht.
Shuggie ist ein femininer Junge in einer männerorientierten Welt und wird durch seine Art von der Gesellschaft ausgegrenzt und verstoßen. Halt gibt ihm nur seine Mutter und sein Bruder Leek, die auch als Außenseiter gelten.
Dieses Buch hat zurecht den Booker Preis 2020 gewonnen!
Shuggie berührt das Herz und geht an einem nicht spurlos vorbei.
Douglas Stuarts beherrscht einen Schreibstil, der zwischen Tränenausbrüchen und Lachkrämpfen alles beinhaltet und sehr nahe geht.
Nachdem ich dieses Buch zu Ende gelesen hatte, drehten sich meine Gedanken noch lange um Shuggie. Um all die Opfer, die er für seine Familie brachte. Um all das, das er in seinem Leben aushalten hat müssen. Shuggies Leben berührt einfach und ich bin stolz dieses Buch lesen haben zu dürfen.
Klare Empfehlung!!
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Ein Junge glaubt an das Schöne im Leben, er muss nur weiterkämpfen
Glasgow, die Arbeiterstadt, das fällt einem bei deren Erwähnung als erstes ein. Hier verbringt Shuggie Bain seine Kindheit, ein zarter Junge, sehr sensibel und geprägt von dem Willen, alles richtig zu …
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Ein Junge glaubt an das Schöne im Leben, er muss nur weiterkämpfen
Glasgow, die Arbeiterstadt, das fällt einem bei deren Erwähnung als erstes ein. Hier verbringt Shuggie Bain seine Kindheit, ein zarter Junge, sehr sensibel und geprägt von dem Willen, alles richtig zu machen, nicht aufzufallen und seiner über alles geliebter Mutter über das hinwegzuhelfen, was nun mal ihr Leben ist. Agnes, so heißt sie, hat ihren ersten Mann verlassen, um mit seinem Vater, einem Taxifahrer, zusammenzuleben. Dieser trinkt, hat Frauengeschichten und verlässt die Familie schließlich. Seine Mutter versucht aus den prekären Verhältnissen, in denen sie leben müssen, das Beste zu machen und ihren intelligenten fantasievollen Sohn zumindest glückliche Momente erleben zu lassen. Doch die Dinge werden nicht besser, die Stärke und mit ihr das ganze Wesen der Mutter verglüht und wandelt sich in Depression und der Ausflucht in den Alkohol.
Shuggie Bain, das ist der Titel dieses autobiographisch geprägten Romans und Shuggie Bain ist auch der Held dieser Geschichte, zumindest mein Held. Deine Tapferkeit, das Beharren auf dem Versuch, Schönes zu empfinden und trotz der tiefen Hoffnungslosigkeit, dass sich etwas an den desaströsen Verhältnissen der kleinen Gemeinschaft ändert, der Junge gibt nicht auf, nicht für sich und vor allem auch nicht für seine Mutter, denn die tiefe Liebe zu ihr macht ihn innerlich stark.
Dies ist ein absolut wunderbares Buch, auch wenn dieser Begriff vielleicht nicht so richtig zu den Gegebenheiten passt oder dann eben doch. Denn diese Geschichte, seine literarische Umsetzung, das reißt einen als Leser einfach mit, Seite für Seite, so trostlos und tieftraurig, aber auch unendlich berührend, dieses Werk auch ist.
Dieser Roman ist ein absolutes Leseerlebnis und hallt in den Gedanken noch lange nach. Und für den Booker Prize 2020 ausgewählt worden zu sein, niemand hätte es mehr verdient.
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Mir war schon klar, dass das keine "leichte Kost" wird - aber ich war sehr neugierig auf das Buch. Es hat mich total mitgerissen und man hat sich so sehr in den armen Jungen reinfühlen können - was teilweise wirklich weh tat.
Die Handlung könnte sich genauso jeden Tag …
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Mir war schon klar, dass das keine "leichte Kost" wird - aber ich war sehr neugierig auf das Buch. Es hat mich total mitgerissen und man hat sich so sehr in den armen Jungen reinfühlen können - was teilweise wirklich weh tat.
Die Handlung könnte sich genauso jeden Tag aufs Neue abspielen, Zerrüttete Familie - Gewalt und Alkohol spielen eine große Rolle. Die beiden älteren Geschwister sind aus dem Haus, der Vater weg und Shuggie muss bei der Mutter, die alkoholkrank ist, leider die Hölle auf Erden erleben.
Man möchte den Kleinen eigentlich irgendwie aufnehmen und beschützen - wievielen Kindern es wohl tagtäglich so ergehen muss, in Armut, Gewalt usw. aufzuwachsen - wirklich ein mitreissendes Buch. Manchmal lag es mir tatsächlich ziemlich schwer im Magen, aber ich konnte mich auch nicht davon lösen - Tolles Buch, toller Autor, sehr zu empfehlen.
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Wenn die eigene Mutter alkoholabhängig ist
Der Roman "Shuggie Bain" hat es wirklich in sich. Relativ harmlos fängt die Geschichte an und "steigert" sich von einem Tiefpunkt zum nächsten, wenn man das überhaupt so sagen kann.
Shuggie Bain ist …
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Wenn die eigene Mutter alkoholabhängig ist
Der Roman "Shuggie Bain" hat es wirklich in sich. Relativ harmlos fängt die Geschichte an und "steigert" sich von einem Tiefpunkt zum nächsten, wenn man das überhaupt so sagen kann.
Shuggie Bain ist jüngster Spross von drei Geschwistern, allesamt Kinder von Agnes Bain, aber nur Shuggie ist auch Sohn von "Big Shug", Ehemann Nr. 2 im Leben seiner Mutter.
Die schöne und anspruchsvolle Agnes langweilt sich in ihrem Leben und sie trinkt wie eigentlich alle in ihrem Umfeld. Ihr Mann, ein Taxifahrer, geht fremd, ihre Kinder gehen ihre eigenen Wege - bis auf ihren Jüngsten, der an seiner Mutter hängt und sich größte Mühe gibt, auf diese aufzupassen.
Doch Shuggie hat genug mit sich selbst zu tun, denn seine Art eckt bei den anderen Kindern an. Shuggie spricht wohl artikuliert und nicht den groben Glasgower Slang - großartig übersetzt von Sophie Zeitz. Er mag keinen Fußball und er tanzt, wenn ihm keiner außer Agnes dabei zusieht. Schnell wird er als "Schwuchtel" betitelt und von den anderen schikaniert.
Nach einem Streit mit ihren Eltern, bei denen Agnes mit Kind und Ehemann bisher wohnte, zieht die Familie raus nach Pithead, eine alte Bergmannssiedlung, geprägt von Armut, Trostlosigkeit und Alkoholismus. Nachdem Big Shug seine Familie dort abgeladen hat, verlässt er sie für immer, um mit einer anderen Frau zusammenzuleben.
Für Agnes beginnt eine Abwärtsspirale, die sie immer tiefer in die Alkoholabhängigkeit zieht. Das alles ist bei all dem damit verbundenen Schrecken, großartig geschildert von Douglas Stuart, der in dem Buch seine eigenen Kindheit verarbeitet hat.
Es gibt Szenen und Sätze in dem Roman, die man nicht mehr vergisst, wie etwa die Stelle, wo Shuggie seine Mutter nach verzweifelter Suche schließlich auf einer Party mit zerrissenem Kleid unter einem Stapel abgelegter Mäntel findet.
Der Roman schildert eine Lebensrealität, die man sich nur schwer vorstellen kann, die aber durch den Autor großartig zum Leben erweckt wird. Den Booker Preis hat er mit diesem Debüt meiner Meinung nach zu Recht gewonnen. Man kann auf weitere Romane gespannt sein!
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Douglas Stuard beschreibt in seinem Roman >Shuggie Bain< eine Familie aus einer Arbeiterfamilie in Glasgow.
Shuggie ein zart besaiteter Jung möchte seine Mutter, die er über alles liebt , von der Alkoholsucht befreien. Sein Vater ein Spieler, verlässt die Familie. Ein Junge der …
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Douglas Stuard beschreibt in seinem Roman >Shuggie Bain< eine Familie aus einer Arbeiterfamilie in Glasgow.
Shuggie ein zart besaiteter Jung möchte seine Mutter, die er über alles liebt , von der Alkoholsucht befreien. Sein Vater ein Spieler, verlässt die Familie. Ein Junge der einfach nur glücklich sein möchte und von anderen Kindern gedemütigt wird.
Der Autor lässt einen in dieser Geschichte durch alle Phasen des schlechten Lebens gehen. Niemand wünscht einem Kind so aufzuwachsen. Mich hat das Buch emotional sehr berührt.
Die Protagonisten sind authentisch und kommen glaubhaft rüber. Immer wieder strahlt der Schreibstil eine tiefe Wärme aus und man hofft, das Blatt wendet sich doch noch. Unterstrichen aber auch mit schwarzem Humor, sodass man nicht gleich in Depressionen verfällt.
Dieses Buch hat zurecht den Booker Preis 2020 verdient und erhält von mir volle Punktzahl.
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Glasgow, Anfang der 80er. Der fünfjährige Shuggie Bain lebt mit seinen Eltern und seinen beiden Halbgeschwistern bei den Großeltern in deren 3-Zimmer-Wohnung. Sein Vater Shug, ein stadtbekannter Schürzenjäger, fährt Nachts Taxi, seine geliebte schöne Mutter Agnes …
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Glasgow, Anfang der 80er. Der fünfjährige Shuggie Bain lebt mit seinen Eltern und seinen beiden Halbgeschwistern bei den Großeltern in deren 3-Zimmer-Wohnung. Sein Vater Shug, ein stadtbekannter Schürzenjäger, fährt Nachts Taxi, seine geliebte schöne Mutter Agnes ertränkt ihren Frust in Alkohol. Als Shug seine Familie in eine Wohnung in einer Bergarbeitersiedlung außerhalb von Glasgow einquartiert und danach verschwindet, scheint Agnes‘ Abstieg nichts mehr aufzuhalten.
Zehn Jahre umfasst der erzählte Zeitraum, in dem Shuggie zu einem jungen Mann heranwächst. Sein Leben ist bestimmt vom Alkohol, dem seine Mutter immer mehr verfällt und der ihn bereits als Kind mit acht, neun Jahren zu ihrem Beschützer und Betreuer werden lässt. Seine älteren Geschwister versuchen Abstand zu nehmen und mit 14 Jahren ist Shuggie allein mit Agnes, die das Kindergeld vom Dienstag meist schon am gleichen Tag für Alkohol wieder ausgegeben hat.
Es ist eine deprimierende Zeit, nicht nur in dieser Familie. Die 80er Jahre sind geprägt durch Thatchers Reformen, die ganze Stadtteile in die Arbeitslosigkeit stürzten, worauf der Alkohol- und Drogenmissbrauch so um sich griff, dass er im ganzen Stadtbild sichtbar wurde und das Schlechte im Menschen zum Vorschein brachte: Überfälle, Vergewaltigungen, Missbrauch, Mord. Shuggie und Agnes bekommen das am eigenen Leib zu spüren: Jeder ist sich selbst der Nächste und der so wenig männliche Junge ist als Opfer ebenso prädestiniert wie seine schöne, fast immer betrunkene Mutter. Dennoch versucht er sie stets voller Liebe und Hingabe zu beschützen und zu versorgen, was ihm angesichts seines jungen Alters vergleichsweise gut gelingt.
Es ist eine traurige und düstere Geschichte, die nur wenige Lichtblicke aufweist und drastisch vor Augen führt, was Alkoholismus nicht nur bei Abhängigen, sondern insbesondere bei deren Kindern anrichtet. Und trotzdem ist es immer wieder auch eine Lektüre voller Wärme und Mitgefühl, die man nur ungern aus der Hand legt, was an Douglas Stuarts außergewöhnlicher Sprache liegt. Er schafft bemerkenswerte Bilder, die auch das Grauen in Schönheit verwandeln.
"…, aber als sie jetzt neben Leek stand, ließ sie die bernsteinfarbene Süße des Starkbiers in ihr Herz laufen." Seite 229
"Agnes packte ihn am Pulloverkragen. Shug griff nach seinem Geldgürtel und küsste sie energisch mit der Zunge. Er musste die kleinen Knochen ihrer Hand zerquetschen, damit sie losließ. Sie hatte ihn geliebt, und er hatte sie vollkommen brechen müssen, bevor er sie endgültig verließ. Agnes Bain war ein zu kostbares Exemplar, um sie der Liebe eines anderen zu überlassen. Er durfte nicht mal Scherben übrig lassen, die ein anderer später einsammeln und kleben könnte." Seite 131
Ein beeindruckendes Buch, das zu Recht den Booker Preis 2020 erhalten hat.
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Berührend
Der Debütroman "Shuggie Bain" von Douglas Stuart wurde im vergangenen Jahr mit dem Booker Preis ausgezeichnet, eine Ehrung, die wirklich gerechtfertigt ist.
Der Roman mit stark autobiographischen Zügen spiegelt den sozialen Brennpunkt Glasgow …
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Berührend
Der Debütroman "Shuggie Bain" von Douglas Stuart wurde im vergangenen Jahr mit dem Booker Preis ausgezeichnet, eine Ehrung, die wirklich gerechtfertigt ist.
Der Roman mit stark autobiographischen Zügen spiegelt den sozialen Brennpunkt Glasgow während der Thatcher-Ära wieder.
Shuggie ist der jüngste Sohn von Agnes und Shug Bain. Das Familienleben leidet besonders unter dem Alkoholismus von Agnes, die durch ihre Sucht ihr Leben, ihre zweite Ehe und das Leben ihrer 3 Kinder nachhaltig belastet und zerstört.
Der Vater, Shug Bain, ist Taxifahrer und somit nicht arbeitslos. Das vollkommen ungezügelte und unkontrollierbare Leben seiner Frau macht ihn zunächst gewalttätig ihr gegenüber und führt schließlich dazu, dass er Agnes ganz verlässt. Ab diesem Moment ist Agnes völlig dem Alkohol ausgeliefert. Sie und die Kinder leben von der Stütze. Agnes lebt sehr isoliert, seit die Familie bei Agnes Eltern ausgezogen ist. Die beiden älteren Kinder finden früh einen Weg aus dem zerrütteten Heim, während der kleine Shuggie alles versucht, um seine Mutter zu beschützen, was ihm jedoch nicht gelingen kann.
Im Text sind die prekären Verhältnisse und die Problematik der einzelnen Familienmitglieder sehr gut nachvollziehbar beschrieben. Mit psychologischem Feingefühl geht der Autor daran, die seelischen Abgründe der einzelnen Personen auszuloten. Das führt zu einem starken Mitfühlen und Verständnis für alle Beteiligten.
Der Buchtitel mit dem Schwarzweiß-Foto von Mutter und Sohn in inniger Umarmung wirkt sehr liebevoll und passt gut zum Inhalt des Buches.
Ein überwiegend trauriges und ergreifendes Buch - jedoch unbedingt empfehlenswert.
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