Klaus Modick
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Keyserlings Geheimnis
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Eduard von Keyserling - Außenseiter, adeliger Dandy, Dichter von europäischem Rang. Klaus Modick erzählt in seinem neuen Roman von Liebe und Verrat und von einem Schriftsteller, den die Vergangenheit einholt. Im Jahr 1901 lädt der Dramatiker Max Halbe einige seiner Schwabinger Freunde ein, die Sommerfrische am Starnberger See zu verbringen. Keyserling, arriviert beim Publikum und unter den Kollegen beliebt, sitzt dort in jenen Tagen dem Maler Lovis Corinth Modell. Das legendäre Porträt wird den von der Syphilis gezeichneten Autor in geradezu faszinierender Hässlichkeit zeigen. Während ...
Eduard von Keyserling - Außenseiter, adeliger Dandy, Dichter von europäischem Rang. Klaus Modick erzählt in seinem neuen Roman von Liebe und Verrat und von einem Schriftsteller, den die Vergangenheit einholt.
Im Jahr 1901 lädt der Dramatiker Max Halbe einige seiner Schwabinger Freunde ein, die Sommerfrische am Starnberger See zu verbringen. Keyserling, arriviert beim Publikum und unter den Kollegen beliebt, sitzt dort in jenen Tagen dem Maler Lovis Corinth Modell. Das legendäre Porträt wird den von der Syphilis gezeichneten Autor in geradezu faszinierender Hässlichkeit zeigen. Während ihrer Sitzungen erkundigt sich Corinth wiederholt nach der Vergangenheit des baltischen Grafen, nach seiner Jugend und Studentenzeit, um die sich Gerüchte ranken, bekommt jedoch nur ausweichende Antworten. Bei einem Konzertbesuch lauscht Keyserling gemeinsam mit Frank Wedekind einer Sängerin, die ihm trotz des unbekannten Namens merkwürdig vertraut erscheint. Handelt es sich womöglich um jene Frau, die ihn vor mehr als 20 Jahren in den Skandal verwickelte, der ihn zur Flucht nach Wien zwang und in Adelskreisen zur persona non grata werden ließ?
Geistreich, einfühlsam, voller Witz und Verve spürt Klaus Modick den emotionalen und gesellschaftlichen Widersprüchen der Jahrhundertwende nach und erzählt davon, wie ein Außenseiter zu jenem brillanten Schriftsteller wurde, der den Zerfall der eigenen Klasse mit Melancholie und scharfsinniger Ironie beschrieb.
Im Jahr 1901 lädt der Dramatiker Max Halbe einige seiner Schwabinger Freunde ein, die Sommerfrische am Starnberger See zu verbringen. Keyserling, arriviert beim Publikum und unter den Kollegen beliebt, sitzt dort in jenen Tagen dem Maler Lovis Corinth Modell. Das legendäre Porträt wird den von der Syphilis gezeichneten Autor in geradezu faszinierender Hässlichkeit zeigen. Während ihrer Sitzungen erkundigt sich Corinth wiederholt nach der Vergangenheit des baltischen Grafen, nach seiner Jugend und Studentenzeit, um die sich Gerüchte ranken, bekommt jedoch nur ausweichende Antworten. Bei einem Konzertbesuch lauscht Keyserling gemeinsam mit Frank Wedekind einer Sängerin, die ihm trotz des unbekannten Namens merkwürdig vertraut erscheint. Handelt es sich womöglich um jene Frau, die ihn vor mehr als 20 Jahren in den Skandal verwickelte, der ihn zur Flucht nach Wien zwang und in Adelskreisen zur persona non grata werden ließ?
Geistreich, einfühlsam, voller Witz und Verve spürt Klaus Modick den emotionalen und gesellschaftlichen Widersprüchen der Jahrhundertwende nach und erzählt davon, wie ein Außenseiter zu jenem brillanten Schriftsteller wurde, der den Zerfall der eigenen Klasse mit Melancholie und scharfsinniger Ironie beschrieb.
Klaus Modick, geboren 1951, studierte in Hamburg Germanistik, Geschichte und Pädagogik, promovierte mit einer Arbeit über Lion Feuchtwanger. Seit 1984 ist er freier Schriftsteller und Übersetzer und lebt nach diversen Auslandsaufenthalten und Dozenturen wieder in seiner Geburtsstadt Oldenburg. Für sein umfangreiches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Nicolas-Born-Preis, dem Bettina-von-Arnim-Preis, dem Rheingau Literatur Preis und zuletzt dem Hannelore-Greve-Preis. Zudem war er Stipendiat der Villa Massimo sowie der Villa Aurora. Zu seinen erfolgreichsten Romanen zählen 'Der kretische Gast' (2003), 'Sunset' (2011), 'Konzert ohne Dichter' (2015) und 'Keyserlings Geheimnis' (2018). Zuletzt erschien 'Leonard Cohen' (2020) und der Roman 'Fahrtwind' (2021) sowie (mit Bernd Eilert) 'Nachlese. Hundert Bücher - Ein Jahrhundert' (2024).

©Peter Kreier
Produktdetails
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- Artikelnr. des Verlages: 4002464
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 240
- Erscheinungstermin: 8. März 2018
- Deutsch
- Abmessung: 208mm x 135mm x 25mm
- Gewicht: 351g
- ISBN-13: 9783462051568
- ISBN-10: 3462051563
- Artikelnr.: 49602615
Herstellerkennzeichnung
Kiepenheuer & Witsch GmbH
Bahnhofsvorplatz 1
50667 Köln
produktsicherheit@kiwi-verlag.de
© BÜCHERmagazin, Jeanette Stickler
Die Freuden des hässlichen Grafen
Wer den Schriftsteller Eduard von Keyserling noch nicht kennt, wird ihn mit Klaus Modicks federleichtem wunderbaren Roman lieben lernen.
Von Rose-Maria Gropp
Alles geschieht im Sommer des Jahres 1901. Da ist Eduard Graf von Keyserling, geboren 1855 auf Schloss Paddern bei Hasenpoth im Kurland, 46 Jahre alt. Es beginnt mit einem Blick in den Spiegel: "Manchmal fragt er sich, wer eigentlich dieser Untote ist, der ihm da im Spiegel ins Auge blickt und hinter dem seine wahre Person immer unsichtbarer zu werden scheint." Und es beginnt mit einem Stimmungsbild vom Schwabing des Fin de Siècle, der vorvorigen Jahrhundertwende. Mit seinen zwei Schwestern lebt Keyserling dort in
Wer den Schriftsteller Eduard von Keyserling noch nicht kennt, wird ihn mit Klaus Modicks federleichtem wunderbaren Roman lieben lernen.
Von Rose-Maria Gropp
Alles geschieht im Sommer des Jahres 1901. Da ist Eduard Graf von Keyserling, geboren 1855 auf Schloss Paddern bei Hasenpoth im Kurland, 46 Jahre alt. Es beginnt mit einem Blick in den Spiegel: "Manchmal fragt er sich, wer eigentlich dieser Untote ist, der ihm da im Spiegel ins Auge blickt und hinter dem seine wahre Person immer unsichtbarer zu werden scheint." Und es beginnt mit einem Stimmungsbild vom Schwabing des Fin de Siècle, der vorvorigen Jahrhundertwende. Mit seinen zwei Schwestern lebt Keyserling dort in
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einer Wohnung in der Ainmillerstraße. Seine Hauptbeschäftigung ist die des Flaneurs, die ihn auch in die Buchhandlung Goltz führt (die im Jahr 2012 schließen musste). Das Traditionsgeschäft ist nur eine von vielen hübschen Reminiszenzen, die Klaus Modick in seinen Roman "Keyserlings Geheimnis" in die Geschehnisse einflicht.
Bei Goltz liegen Nietzsche, Freud und Paul Bourget, Oscar Wilde, Jens Peter Jacobsen und Ludwig Ganghofer im Schaufenster - und Stefan George, den Franziska zu Reventlow den "Weihenstefan" getauft hat. Auch das eine von Modicks kleinen Anspielungen, mit denen er die spezielle Atmosphäre seiner Geschichte erzeugt. Nur zwei Jahre später wird die wilde Gräfin - "geschrieben hat sie so gut wie nichts", räsoniert Keyserling innerlich (was nicht ganz stimmt) - mit ihrem autobiographischen Roman "Ellen Olestjerne" und wieder zehn Jahre später mit der "Wahnmoching"-Chronik "Herrn Dames Aufzeichnungen" literarisch Furore machen. Der Buchhändler aber empfiehlt Keyserling eine Erzählung mit dem Titel "Der kleine Herr Friedemann" von einem unbekannten Autor, dem "jüngeren Bruder von Heinrich Mann". (Dieser jüngere Bruder wird später zu seinen Verehrern zählen.) Für 2 Mark nimmt er das Büchlein mit und macht sich auf den Weg in die Kneipe "Dichtelei" zu seinen Freunden.
Da ist allen voran der pompöse, aber liebenswürdige Max Halbe - dem grade der Erfolg seines Dramas "Jugend" etwas zu Kopf gestiegen ist - mit seiner Frau Louise. Der Maler Lovis Corinth gehört dazu mit seinem Lieblingsmodell Charlotte Berend, die er bald heiraten wird. Und es erscheint der notorisch exzentrische Frank Wedekind. Halbe lädt zu gemeinsamen Sommertagen in Bernried am Starnberger See, wo er ein Haus gemietet hat. Diese Tage werden für Keyserling zum Sommer der Erinnerung werden. Und Modick macht daraus einen Roman, der Wirklichkeit und Wahrheit wundervoll und wundersam verschmilzt. In 26 Kapiteln gleiten die Gegenwart des Jahres 1901 und Rückblenden in Keyserlings Vergangenheit als junger Mann ineinander, damals im Baltikum und dann das Jahr in Wien. In den Erinnerungen, deren Räume Modick aufschließt, ersteht eine Welt von Gestern - so fern und doch unglaublich nah.
Es gibt tatsächlich einen blinden Fleck in der Jugend des Grafen, der so gar nicht geeignet war zur Verwaltung des adligen Niedergangs im Osten, den stattdessen alles zur Poesie, zur Literatur hinzog. Während seines Studiums der Rechtswissenschaften in Dorpat geriet er in einen Skandal, dessen genaue Umstände bis heute im Dunkeln liegen. Vermutlich hat es sich dabei um den unbotmäßigen Umgang mit Geldern seiner Studentenverbindung gehandelt. Die Affäre machte ihn zum gesellschaftlich Geächteten in der Heimat - und zugleich ihm den Weg frei nach Wien. Dort liegen seine verlorenen Paradiese des freizügigen Eros, die allerdings toxisch für ihn wurden. Die schleichende Syphilis und ihre Medikamentierung werden Keyserling erblinden lassen; er stirbt 1918, im Alter von 63 Jahren, in München.
Der Autor nähert sich dem "Geheimnis" des hässlichen Grafen mit der schönen Seele und dem schönen Geist wie ein sanftmütiger Spürhund. Er vermeidet allzu indiskrete Berührung mit ihm, tritt ihm nicht zu nah, aber geht ihm unter die Haut. Und in diesem Sommer am See kommt es zu einem encounter der besonderen Art. Das hat viel mehr mit Wahrheit zu tun als mit empirischen Fakten. Und Modick setzt dabei eine Erzählkunst ein, die sich nicht zuletzt der Beobachtungsgabe und des Witzes bedient, wie sie eben die Romane und Geschichten aus der Feder seines Helden auszeichnen.
Keyserlings Freunde wissen um seine Krankheit, sie gehört zu ihm wie seine anderen Ticks. Während der Tage in Bernried malt Corinth an seinem Porträt von ihm (heute in der Pinakothek der Moderne in München). Dazu musste Corinth ihn sehr überreden, geschafft hat das am Ende Charlotte Berend, in die Keyserling, auf seine längst entsagende Art, ein bisschen verliebt ist. Corinth malt den Freund ziemlich getreu nach dem Leben, mit den überschminkten syphilitischen Flecken in seinem Gesicht, mit den "Glumbschaugen", die immer trüber und wässriger werden. Als Keyserling das Bild zum ersten Mal sieht, ist das von tragischer Komik: "Es mach ja jut jemalt säin", bringt er in seinem baltischen Singsang heraus, "so aussehn mecht ich aber lieber nich."
Den Frauen in der Gruppe, Louise Halbe und Charlotte Berend - und nicht nur diesen -, verleiht Modick etwas von den Gestalten aus Keyserlings Werken. Zwar haben sie völlig andere Lebensumstände als jene in den Sitten ihres Standes gefesselten Frauen; Louise und Charlotte lassen sich als schon emanzipiert neben ihren Männern bezeichnen. Aber sie sind mit ähnlicher Auffassung und Sensibilität für ihre Umwelt begabt wie die unglücklichen Adligen, die Keyserling Jahre später in den "Wellen" 1911 oder in den "Fürstinnen" 1917 beschreiben wird. Auch dafür macht sich Modick, wie überhaupt immer wieder, die Wahrnehmungsweise Keyserlings gleichsam zu eigen - dessen hohe Kunst der Impressionen, die Perspektivenwechsel, die immer neue Empfindungen ermöglichen.
Als sich dieser Sommer neigt, verlassen wir einen mit seinem Leben versöhnten Eduard von Keyserling, auf einer Bank am Seeufer, eine Zigarette rauchend. "Die Dorpater Affäre, diese verflogene Leidenschaft, war vielleicht der geheime Sinn seines Lebens, weil sie aus ihm einen Dichter gemacht hat." So sinniert der Graf, so will es sein Autor. Keyserlings Geheimnis trägt durch diesen Roman, mit einer Melange aus Melancholie und Leichtigkeit des Seins, mit dessen Intensitäten. "Der Duft, der Dunst, das Licht. Und der Augenblick. Mehr braucht er nicht."
Klaus Modick: "Keyserlings Geheimnis". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018. 240 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bei Goltz liegen Nietzsche, Freud und Paul Bourget, Oscar Wilde, Jens Peter Jacobsen und Ludwig Ganghofer im Schaufenster - und Stefan George, den Franziska zu Reventlow den "Weihenstefan" getauft hat. Auch das eine von Modicks kleinen Anspielungen, mit denen er die spezielle Atmosphäre seiner Geschichte erzeugt. Nur zwei Jahre später wird die wilde Gräfin - "geschrieben hat sie so gut wie nichts", räsoniert Keyserling innerlich (was nicht ganz stimmt) - mit ihrem autobiographischen Roman "Ellen Olestjerne" und wieder zehn Jahre später mit der "Wahnmoching"-Chronik "Herrn Dames Aufzeichnungen" literarisch Furore machen. Der Buchhändler aber empfiehlt Keyserling eine Erzählung mit dem Titel "Der kleine Herr Friedemann" von einem unbekannten Autor, dem "jüngeren Bruder von Heinrich Mann". (Dieser jüngere Bruder wird später zu seinen Verehrern zählen.) Für 2 Mark nimmt er das Büchlein mit und macht sich auf den Weg in die Kneipe "Dichtelei" zu seinen Freunden.
Da ist allen voran der pompöse, aber liebenswürdige Max Halbe - dem grade der Erfolg seines Dramas "Jugend" etwas zu Kopf gestiegen ist - mit seiner Frau Louise. Der Maler Lovis Corinth gehört dazu mit seinem Lieblingsmodell Charlotte Berend, die er bald heiraten wird. Und es erscheint der notorisch exzentrische Frank Wedekind. Halbe lädt zu gemeinsamen Sommertagen in Bernried am Starnberger See, wo er ein Haus gemietet hat. Diese Tage werden für Keyserling zum Sommer der Erinnerung werden. Und Modick macht daraus einen Roman, der Wirklichkeit und Wahrheit wundervoll und wundersam verschmilzt. In 26 Kapiteln gleiten die Gegenwart des Jahres 1901 und Rückblenden in Keyserlings Vergangenheit als junger Mann ineinander, damals im Baltikum und dann das Jahr in Wien. In den Erinnerungen, deren Räume Modick aufschließt, ersteht eine Welt von Gestern - so fern und doch unglaublich nah.
Es gibt tatsächlich einen blinden Fleck in der Jugend des Grafen, der so gar nicht geeignet war zur Verwaltung des adligen Niedergangs im Osten, den stattdessen alles zur Poesie, zur Literatur hinzog. Während seines Studiums der Rechtswissenschaften in Dorpat geriet er in einen Skandal, dessen genaue Umstände bis heute im Dunkeln liegen. Vermutlich hat es sich dabei um den unbotmäßigen Umgang mit Geldern seiner Studentenverbindung gehandelt. Die Affäre machte ihn zum gesellschaftlich Geächteten in der Heimat - und zugleich ihm den Weg frei nach Wien. Dort liegen seine verlorenen Paradiese des freizügigen Eros, die allerdings toxisch für ihn wurden. Die schleichende Syphilis und ihre Medikamentierung werden Keyserling erblinden lassen; er stirbt 1918, im Alter von 63 Jahren, in München.
Der Autor nähert sich dem "Geheimnis" des hässlichen Grafen mit der schönen Seele und dem schönen Geist wie ein sanftmütiger Spürhund. Er vermeidet allzu indiskrete Berührung mit ihm, tritt ihm nicht zu nah, aber geht ihm unter die Haut. Und in diesem Sommer am See kommt es zu einem encounter der besonderen Art. Das hat viel mehr mit Wahrheit zu tun als mit empirischen Fakten. Und Modick setzt dabei eine Erzählkunst ein, die sich nicht zuletzt der Beobachtungsgabe und des Witzes bedient, wie sie eben die Romane und Geschichten aus der Feder seines Helden auszeichnen.
Keyserlings Freunde wissen um seine Krankheit, sie gehört zu ihm wie seine anderen Ticks. Während der Tage in Bernried malt Corinth an seinem Porträt von ihm (heute in der Pinakothek der Moderne in München). Dazu musste Corinth ihn sehr überreden, geschafft hat das am Ende Charlotte Berend, in die Keyserling, auf seine längst entsagende Art, ein bisschen verliebt ist. Corinth malt den Freund ziemlich getreu nach dem Leben, mit den überschminkten syphilitischen Flecken in seinem Gesicht, mit den "Glumbschaugen", die immer trüber und wässriger werden. Als Keyserling das Bild zum ersten Mal sieht, ist das von tragischer Komik: "Es mach ja jut jemalt säin", bringt er in seinem baltischen Singsang heraus, "so aussehn mecht ich aber lieber nich."
Den Frauen in der Gruppe, Louise Halbe und Charlotte Berend - und nicht nur diesen -, verleiht Modick etwas von den Gestalten aus Keyserlings Werken. Zwar haben sie völlig andere Lebensumstände als jene in den Sitten ihres Standes gefesselten Frauen; Louise und Charlotte lassen sich als schon emanzipiert neben ihren Männern bezeichnen. Aber sie sind mit ähnlicher Auffassung und Sensibilität für ihre Umwelt begabt wie die unglücklichen Adligen, die Keyserling Jahre später in den "Wellen" 1911 oder in den "Fürstinnen" 1917 beschreiben wird. Auch dafür macht sich Modick, wie überhaupt immer wieder, die Wahrnehmungsweise Keyserlings gleichsam zu eigen - dessen hohe Kunst der Impressionen, die Perspektivenwechsel, die immer neue Empfindungen ermöglichen.
Als sich dieser Sommer neigt, verlassen wir einen mit seinem Leben versöhnten Eduard von Keyserling, auf einer Bank am Seeufer, eine Zigarette rauchend. "Die Dorpater Affäre, diese verflogene Leidenschaft, war vielleicht der geheime Sinn seines Lebens, weil sie aus ihm einen Dichter gemacht hat." So sinniert der Graf, so will es sein Autor. Keyserlings Geheimnis trägt durch diesen Roman, mit einer Melange aus Melancholie und Leichtigkeit des Seins, mit dessen Intensitäten. "Der Duft, der Dunst, das Licht. Und der Augenblick. Mehr braucht er nicht."
Klaus Modick: "Keyserlings Geheimnis". Roman.
Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018. 240 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
In seinem neuen Roman ist Klaus Modick in Höchstform, schwärmt Rezensentin Franziska Augstein und attestiert ihm die gleiche Sprachsensibilität wie seinem Sujet, dem impressionistischen Jahrhundertwende-Autor Eduard von Keyserling. Begleitet von "bummelnden" Hummeln taucht die Kritikerin hier in eine untergegangene Welt, streift mit Keyerling durch Wien und München, amüsiert sich prächtig über die von Modick ersonnenen Kneipendiskussionen zwischen Keyserling, Wedekind oder Corinth und versteht nach der Lektüre, weshalb sich der von Elend und Syphilis gezeichnete Autor, der sein Schicksal doch mit Humor und "philosophischer Abgeklärtheit" annahm, von Corinth porträtieren ließ.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Klaus Modick legt mit Keyserlings Geheimnis einen Künstlerroman vor. NDRkultur 20180423
Ein Roman zu einem Bild
Ähnlich wie beim letzten Buch des Autors „Konzert ohne Dichter“ steht ein Bild im Mittelpunkt. Damals fehlte Rilke in der Künstlerkolonie Worpswede. Jetzt hängt ein Bild des Schriftsteller Keyserling in der Münchener Pinakothek.
Wie mag …
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Ein Roman zu einem Bild
Ähnlich wie beim letzten Buch des Autors „Konzert ohne Dichter“ steht ein Bild im Mittelpunkt. Damals fehlte Rilke in der Künstlerkolonie Worpswede. Jetzt hängt ein Bild des Schriftsteller Keyserling in der Münchener Pinakothek.
Wie mag Modick auf die Idee gekommen sein, dieses Buch zu schreiben? Er selbst sagt, er wäre vor etwa zehn Jahren auf das Werk Keyserlings, den besseren Fontane, gestoßen und hätte dann in der Recherche das Bild entdeckt. Umgekehrt wäre es auch denkbar gewesen. Wieso wird so ein hässlicher Mensch porträtiert?
Genau das ist eine Frage dieses Romans. Die Antwort: Weil eine Frau ihre Finger im Spiel hatte.
Die zweite Frage des Romans: Wer war Keyserling? Diese Antwort lässt sich nicht in einem Satz geben. Er stammt vom deutschsprachigen baltischen Adel ab, der im russischen Zarenreich lebte (und mit der russischen Revolution unterging). Doch während seiner Studentenzeit ereignete sich an der Universität Dorpat ein Vorfall, weswegen er seine baltische Heimat verlassen musste und in Wien zum Schriftsteller wurde. Offiziell soll er Geld aus der Verbindungskasse entwendet und dann wieder hinzugefügt haben. Modick reicht das als Grund für eine Flucht nicht. Er gibt die Antwort: Weil eine Frau ihre Finger im Spiel hatte.
Dieses Buch ist der beste Roman, den ich in diesem Sommer von einem deutschen Autor gelesen habe. 5 Sterne. Und Keyserling wird so sympatisch, dass ich auch sein Werk zumindest teilweise lesen will.
Lieblingszitat: Frauen sind große Künstler. Leider sind ihre Werke vergänglich. (S.180)
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Klaus Modick’s Roman „Keyserlings Geheimnis“ entführt in die Münchner Bohème des Fin de Siècle des Jahres 1901. Mittelpunkt der illustren Runde ist der Schriftsteller Eduard Graf von Keyserling - ein Dandy aus einer alteingesessenen baltischen Adelsfamilie, …
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Klaus Modick’s Roman „Keyserlings Geheimnis“ entführt in die Münchner Bohème des Fin de Siècle des Jahres 1901. Mittelpunkt der illustren Runde ist der Schriftsteller Eduard Graf von Keyserling - ein Dandy aus einer alteingesessenen baltischen Adelsfamilie, der zu den großen Talenten des impressionistischen Erzählens zählte.
Hier im Schwabinger Haus am Starnberger See des Dramatikers Max Halbe wird Keyserling von Lovis Corinth porträtiert. Während der Sitzungen kommen Maler und Modell ins Gespräch. Corinth erkundigt sich nach der baltischen Vergangenheit seines Gegenübers, der aber nur widerwillig von seiner Jugend und Studienzeit berichtet. Warum hat er damals seine Heimat verlassen? War es eine Affäre? Klaus Modick ist bemüht, in seinem Roman die dunklen Seiten in der Biografie Keyserlings aufzuhellen. Dabei versucht er, in die Gedankenwelt des Schriftstellers einzudringen. Übrigens kann man das Keyserling-Porträt von Corinth in der Neuen Pinakothek München bewundern.
Im AUDIOBUCH Verlag ist eine ungekürzte Lesung (mit 400 Min. Spieldauer) erschienen. Dafür konnte der bekannte Schauspieler und Sprecher Detlef Bierstedt gewonnen werden, der mit seiner dunklen und warmen Stimme die Künstleratmosphäre um die Jahrhundertwende hörbar vermittelt. Dabei gelingt es ihm auch, die unterschiedlichen Charaktere (u.a. Frank Wedekind) vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen. Sehr empfehlenswert.
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Broschiertes Buch
Mit "Keyserlings Geheimnis" hat mich Klaus Modick wieder einmal in eine andere Epoche eintauchen lassen. Er versteht es als zeitgenössischer Autor, in einem Stil zu schreiben, der zu der Zeit passt, in die man beim Lesen versinkt. Er trifft den Ton der damaligen Epoche. Sein Stil und …
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Mit "Keyserlings Geheimnis" hat mich Klaus Modick wieder einmal in eine andere Epoche eintauchen lassen. Er versteht es als zeitgenössischer Autor, in einem Stil zu schreiben, der zu der Zeit passt, in die man beim Lesen versinkt. Er trifft den Ton der damaligen Epoche. Sein Stil und der Ausdruck lassen die Bilder der Vergangenheit vor dem inneren Auge wiederaufleben.
In seiner ruhigen Art erzählt er von der Zeit um 1901 und von Eduard von Keyserling.
Keyserling lebte von 1855-1918 und war ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker des Impressionismus (Quelle: wikipedia).
Modicks Roman ist keine reine Biografie, sondern er erzählt von einem bestimmten Jahr, aber immer wieder gibt es Rückblenden, die dem Leser die Kindheit und Jugendzeit Keyserlings näher bringen.
Ein Geheimnis umschwebt Keyserling. Was führte dazu, dass es den Bruch in seinem Leben gab? Ein Vorfall, der Keyserlings Leben in andere Bahnen gelenkt hatte. Lange wird der Leser im Ungewissen gelassen, die Spannung, die Modick damit eingeflochten hat, ist gut gelungen.
Modick hat viel recherchiert um diesen fiktiven Roman mit vielen Fakten zu füllen.
Es geht um die Liebe, das Leben, den Adel, Tendeleien und LIebschaften, um tiefschürfende, aber auch banale Gedanken, dem Alltag eines Schriftstellers und seiner Freunde. Es geht um Müßigang und Zerstreuung, um die Liebe zum Leben, um existenzielle Gedanken, um LIteratur, um Familienbande, aber auch um Verräter.
Klaus Modick hat mich mit diesem Roman auch neugierig auf Keyserlings Werke gemacht.
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Eduard Graf von Keyserling, der sich ob einer ominösen Krankheit immer sträubte porträtieren zu lassen, wird nun doch die Ehre zuteil von Lovis Corinth gemalt zu werden. Plötzlich allerdings stellt eine Sängerin auf der Durchreise Keyserlings Welt auf den Kopf. Denn die Dame …
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Eduard Graf von Keyserling, der sich ob einer ominösen Krankheit immer sträubte porträtieren zu lassen, wird nun doch die Ehre zuteil von Lovis Corinth gemalt zu werden. Plötzlich allerdings stellt eine Sängerin auf der Durchreise Keyserlings Welt auf den Kopf. Denn die Dame ist Teil seiner Vergangenheit, deren Ereignisse ihn zeitweise noch immer nicht loslassen.
Klaus Modick hat schon mit dem Künstlerroman „Konzert ohne Dichter“ bewiesen, dass er ein großartiger Schriftsteller ist. Nun widmet er sich dem Leben und Wirken des Eduard Graf von Keyserling. Wer jetzt allerdings nur das literarische Werk im Blick hat, sollte sich auf einige Überraschungen gefasst machen.
Ausgelöst durch das Auftauchen eines wahrhaften Schattens der Vergangenheit kommt es zu Erinnerungen, die mal mehr mal weniger tief unter der Oberfläche geschlummert haben. Dabei dringt man ein in die Intimsphäre eines Mannes, der gleichzeitig Unsicherheit wie auch Stärke ausstrahlt. Dieser Widerspruch wird allerdings nicht der einzige sein, mit dem der Hörer sich konfrontiert sieht, und doch ergibt sich ein stimmiges Bild, das man zwar nicht in allen Details, handlungs- wie gedankenmäßig, teilt, aber dennoch mit Neugierde verfolgt.
Detlef Bierstedt gelingt es, die Atmosphäre in sämtlichen Nuancen einzufangen und dem Hörer zu übermitteln. Somit fühlt man sich in eine längst vergangene Zeit versetzt, ohne jedoch ein antiquiertes Gefühl zu bekommen. Gleichzeitig schafft er es, das Geschehen lebendig zu halten, auch wenn der Autor sich ab und an in ausschweifenden Erläuterungen verliert, die für den Fortgang der Handlung nicht immer notwendig sind.
Mit einer Mischung aus humorvollen und ernsthaften Passagen ist Klaus Modick erneut ein Werk gelungen, das verschiedenste Emotionen vereint und so auch bei einem breiten Publikum auf Interesse stößt.
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Mit seinem Roman «Keyserlings Geheimnis» hat der in vielen literarischen Genres tätige Schriftsteller Klaus Modick die Reihe seiner Künstlerromane fortgesetzt, schon der Buchumschlag ist dem Vorgänger «Konzert ohne Dichter», der …
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Besser das Original lesen
Mit seinem Roman «Keyserlings Geheimnis» hat der in vielen literarischen Genres tätige Schriftsteller Klaus Modick die Reihe seiner Künstlerromane fortgesetzt, schon der Buchumschlag ist dem Vorgänger «Konzert ohne Dichter», der schnell zum Bestseller avancierte, auffallend ähnlich. Auch hier bilden wieder Dichtung und Malerei die Kulisse für eine Geschichte um den «baltischen Fontane», wie Eduard von Keyserling oft bezeichnet wird. Ähnlich den anderen Romanen aus gleicher Feder weist auch der jüngste, pünktlich zum hundertsten Todestag 2018 erschienene Band eine sonst eher bei amerikanischen Autoren anzutreffende, erzählerische Leichtigkeit auf. Zu deren Kennzeichen zählen eine einfache Diktion und ein unkomplizierter, leicht nachvollziehbarer Plot, aber auch Realitätsnähe und sorgfältig arrangierte Motiv-Vielfalt. Eigenschaften mithin, die eine angenehm unangestrengte Lektüre und gute Unterhaltung verheißen.
Der Schriftsteller Max Halbe und seine Frau laden im Sommer 1901 ein paar Freunde aus der Schwabinger Boheme in ihr Landhaus am Starnberger See ein. Dazu gehören der Maler Lovis Corinth und der Dichter Eduard von Keyserling, ein adeliger Dandy, der, schon von Natur aus hässlich, nun zusätzlich auch noch durch die Spuren der Syphilis entstellt ist. Gleichwohl lässt er sich von seinem Malerfreund überreden, ihm für ein Porträt Modell zu sitzen. In den Gesprächen während dieser Sitzungen in Bernried versucht der Maler, von Keyserling mehr über seine von wilden Gerüchten umrankte Studentenzeit an der estnischen Universität Dorpat zu erfahren, aber er bekommt nichts aus ihm heraus. Der Skandal vor mehr als zwanzig Jahren hat den Dichter in den heimatlichen Adelskreisen zur ‹persona› non grata› werden lassen. Von der Universität exmatrikuliert musste er Hals über Kopf nach Wien fliehen. Er hat dort ein neues Leben als Dichter begonnen, das ihn später dann nach München führte. Bei einem gemeinsamen Konzertbesuch mit Frank Wedekind, ebenfalls Mitglied der Schwabinger Clique, der zu Besuch an den See gekommen ist, begegnet er einer Sängerin, die damals in den Skandal verwickelt war.
In Rückblicken erzählt Klaus Modick von der Jugend seines Protagonisten auf dem estnischen Schloss Tels-Paddern, von dessen Studentenzeit und der durch den Skandal ausgelösten Zäsur, die ihn dann endgültig auf den immer schon angestrebten Weg zur Schriftstellerei geführt hat, seiner wahren Berufung. Dabei taucht der Autor tief ein in die Zeit des Fin de Siecle und das Leben des ostelbischen Junkertums, beschreibt die Streifzüge seines Helden durch Wiener und Schwabinger Kneipen und Bordelle und die hitzigen Diskussionen beim Künstlerstammtisch. Geschickt hat der Autor das wenige Verbürgte aus dem Leben seines Helden fiktional aufgepusht und damit einen Spannungsbogen geschaffen, der die Frage nach dem «Geheimnis» in seiner Erzählung sehr lange offen lässt. Letztendlich erweist sich das allerdings als Lappalie, die gleichwohl von einem Widersacher benutzt wird, um ein Duell zu provozieren.
Sprachlich unprätentiös findet der Autor immer wieder gelungene Metaphern, so wenn Lovis Corinth zum Beispiel dem neugierigen Keyserling einen Blick auf das gerade erst angefangene Gemälde verweigert: «Das ist noch kein Bild, sondern bestenfalls eine optische Absichtserklärung». Gelungen sind auch diverse intertextuelle Verweise wie dieser: «… dann erzählte Katharina Geschichten aus den alten Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hatte und manche Fische sogar sprechen konnten, zum Beispiel der Butt». Verhoben aber hat sich der Autor mit seinem leichtfüßigen Capriccio, wo er literarisch den Vergleich mit Keyserling sucht, der als Erzähler von Rang inzwischen zum Kanon deutscher Literatur zählt. Klaus Modicks eher langweiliger Roman erreicht dessen Niveau weder sprachlich noch von der gedanklichen Tiefe her. Das Original mal selbst zu lesen, zum Beispiel Keyserlings Roman «Wellen», wäre die bessere Alternative!
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