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»Eine der größten lebenden Erzählerinnen, die (nicht nur) wir haben.« Andreas Platthaus, FAZDie neunzehnjährige Katharina und Hans, ein verheirateter Mann Mitte fünfzig, begegnen sich Ende der achtziger Jahre in Ostberlin, zufällig, und kommen für die nächsten Jahre nicht voneinander los. Vor dem Hintergrund der untergehenden DDR und des Umbruchs nach 1989 erzählt Jenny Erpenbeck in ihrer unverwechselbaren Sprache von den Abgründen des Glücks - vom Weg zweier Liebender im Grenzgebiet zwischen Wahrheit und Lüge, von Obsession und Gewalt, Hass und Hoffnung. Alles in ihrem Leben ver...
»Eine der größten lebenden Erzählerinnen, die (nicht nur) wir haben.« Andreas Platthaus, FAZ
Die neunzehnjährige Katharina und Hans, ein verheirateter Mann Mitte fünfzig, begegnen sich Ende der achtziger Jahre in Ostberlin, zufällig, und kommen für die nächsten Jahre nicht voneinander los. Vor dem Hintergrund der untergehenden DDR und des Umbruchs nach 1989 erzählt Jenny Erpenbeck in ihrer unverwechselbaren Sprache von den Abgründen des Glücks - vom Weg zweier Liebender im Grenzgebiet zwischen Wahrheit und Lüge, von Obsession und Gewalt, Hass und Hoffnung. Alles in ihrem Leben verwandelt sich noch in derselben Sekunde, in der es geschieht, in etwas Verlorenes. Die Grenze ist immer nur ein Augenblick.
»Erpenbecks beklemmende Entfaltung einer Amour fou, die mit dem Untergang des Staates synchronisiert wird, entwickelt einen beispiellosen Sog. Es ist ein großer, schöner und grausamer Liebesroman, der zu Recht ausgezeichnet worden ist.« Adam Soboczynski, Die Zeit
»Jenny Erpenbeck erzählt in 'Kairos' von der existentiellen Verlorenheit einer ganzen Generation.« Maike Albath, Deutschlandfunk 'Büchermarkt'
»Erpenbeck demonstriert in 'Kairos' ihre sprachlichen und literarischen Qualitäten.« Gerrit Bartels, Tagesspiegel
Die neunzehnjährige Katharina und Hans, ein verheirateter Mann Mitte fünfzig, begegnen sich Ende der achtziger Jahre in Ostberlin, zufällig, und kommen für die nächsten Jahre nicht voneinander los. Vor dem Hintergrund der untergehenden DDR und des Umbruchs nach 1989 erzählt Jenny Erpenbeck in ihrer unverwechselbaren Sprache von den Abgründen des Glücks - vom Weg zweier Liebender im Grenzgebiet zwischen Wahrheit und Lüge, von Obsession und Gewalt, Hass und Hoffnung. Alles in ihrem Leben verwandelt sich noch in derselben Sekunde, in der es geschieht, in etwas Verlorenes. Die Grenze ist immer nur ein Augenblick.
»Erpenbecks beklemmende Entfaltung einer Amour fou, die mit dem Untergang des Staates synchronisiert wird, entwickelt einen beispiellosen Sog. Es ist ein großer, schöner und grausamer Liebesroman, der zu Recht ausgezeichnet worden ist.« Adam Soboczynski, Die Zeit
»Jenny Erpenbeck erzählt in 'Kairos' von der existentiellen Verlorenheit einer ganzen Generation.« Maike Albath, Deutschlandfunk 'Büchermarkt'
»Erpenbeck demonstriert in 'Kairos' ihre sprachlichen und literarischen Qualitäten.« Gerrit Bartels, Tagesspiegel
Jenny Erpenbeck, geboren 1967 in Ost-Berlin, debütierte 1999 mit der Novelle 'Geschichte vom alten Kind'. Es folgten zahlreiche Veröffentlichungen, darunter Romane, Erzählungen und Theaterstücke. Von Publikum und Kritik gleichermaßen gefeiert, wurde sie vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Thomas-Mann-Preis, dem Uwe-Johnson-Preis, dem Hans-Fallada-Preis und dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Auch international gilt Erpenbeck als wichtige literarische Gegenwartsautorin. So wurde sie u.a. mit dem britischen Independent Foreign Fiction Prize (inzwischen bekannt als International Booker Prize) und dem italienischen Premio Strega Europeo geehrt. Ihr Roman 'Heimsuchung' wird vom Guardian auf der Liste der '100 Best Books of the 21st Century' geführt. Die amerikanische Übersetzung ihres jüngsten Romans 'Kairos' war in den USA für den National Book Award nominiert und wurde 2024 mit dem International Booker Prize ausgezeichnet. Erpenbecks Werk erscheint in über 30 Sprachen.
Produktdetails
- Verlag: Penguin Verlag München
- Originalausgabe
- Seitenzahl: 379
- Erscheinungstermin: 30. August 2021
- Deutsch
- Abmessung: 224mm x 147mm x 35mm
- Gewicht: 607g
- ISBN-13: 9783328600855
- ISBN-10: 332860085X
- Artikelnr.: 61391457
Herstellerkennzeichnung
Penguin Verlag
Neumarkter Straße 28
81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
Perlentaucher-Notiz zur Efeu-Rezension
"Was für ein Humbug", ruft in der taz der DDR-Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk angesichts dessen, dass Jenny Erpenbeck und ihre Fans sich die Tatsache, dass die eben mit dem International Booker Prize ausgezeichnete Schriftstellerin bislang keinen der drei großen deutschen Buchpreise erhalten hat, damit erklären, dass in den Jurys eben keine Ostdeutschen sitzen. Die Auszeichnungen für zahlreiche ostdeutsche Autorinnen und Autoren waren dann wohl ein Versehen?
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Das Gefühl unters Mikroskop legen
Jenny Erpenbecks "Kairos" erzählt von einer folgenreichen Liaison in der untergehenden DDR
Auf der Schwelle vor der Wohnung wartet Katharina auf Hans. Es ist schon nach Mitternacht, aber den Schlüssel hat er, nur er, und weil es 1986 ist und kein Telefon zur Hand, macht sie sich wartend Gedanken über ihren Platz in seinem Leben und in der Welt. Er sitzt in der Bar. Er will nicht nach Hause, will trinken, um zu vergessen, denkt, er wäre in dieser Nacht allein. Ohne sie ist die Wohnung wertlos und er in dieser Welt verloren. Sie wartet Stunden, dann kommt er betrunken die Treppe herauf. Versöhnung. Am nächsten Tag scheint alles vergessen. Die Mitte des Romans ist beinah erreicht,
Jenny Erpenbecks "Kairos" erzählt von einer folgenreichen Liaison in der untergehenden DDR
Auf der Schwelle vor der Wohnung wartet Katharina auf Hans. Es ist schon nach Mitternacht, aber den Schlüssel hat er, nur er, und weil es 1986 ist und kein Telefon zur Hand, macht sie sich wartend Gedanken über ihren Platz in seinem Leben und in der Welt. Er sitzt in der Bar. Er will nicht nach Hause, will trinken, um zu vergessen, denkt, er wäre in dieser Nacht allein. Ohne sie ist die Wohnung wertlos und er in dieser Welt verloren. Sie wartet Stunden, dann kommt er betrunken die Treppe herauf. Versöhnung. Am nächsten Tag scheint alles vergessen. Die Mitte des Romans ist beinah erreicht,
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und im nächtlichen Aneinandervorbeisitzen der beiden hat sich, zunächst als kleiner Riss, der Abgrund angedeutet.
Zum Überleben benötigt die Liebe romantisches Kapital. Als wir uns das erste Mal sahen. Unser erster gemeinsamer Weg im Regen. Die Begleitmusik unseres Begehrens. Wie du beim Lesen in meinem Schoß lagst, beim Denken den Kopf hältst. Diese Liebe ist noch dazu eine ganz besondere, weil sie verboten ist: eine kaum erwachsen gewordene Frau, ein verheirateter Schriftsteller über fünfzig. Von dem Moment an, als sich ihre Blicke treffen im Bus, haben sie sich einander versprochen. Und weil alles so geheim ist, gibt es besonders viel anekdotisches Material, das sich zelebrieren lässt auf Papier und in den charaktervollsten Lokalen im Ostberlin der Vorwendezeit, denn Hans ist ein erfolgreicher Schriftsteller, kein Dissident.
"Kairos", das ist der Gott des glücklichen Zeitpunkts, der nur für einen Moment an seiner Haarlocke zu fassen ist. Als sie das erste Mal miteinander schlafen, hören sie Mozarts Requiem. "Wir dürfen uns nicht unglücklich machen", sagt Hans. Da schon verbinden sich Tod und Liebe nach alter Tragödienmanier, und obwohl sich hier schon das Ende andeutet für Katharina und Hans und die Leser, will es niemand von ihnen sehen, wollen alle lieber drinnen statt draußen sein, auch so ein Leitmotiv des Romans, und wie ein Liebender liest man hinweg über die eingestreute Saat des Zweifels: "Ungebrochen ist sie, irgendwie sauber. Wäre sie anders, würde er sie auch nicht so begehren, und nicht auf diese Weise."
Was für eine alte, bekannte Story. Was für eine Aufgabe, eine solche Geschichte mit neuen Metaphern zu füllen, sie unvorhersehbar werden zu lassen und einzigartig in ihrer Tragik. Jenny Erpenbeck, 1967 in Ostberlin geboren, wurde schon "Meisterin der Prosapräzision" genannt, ihre literarische Arbeit immer wieder ausgezeichnet. Wir lernen: Ein Museumsbesuch muss an keiner Stelle vom Museum handeln, er kann mit dem Satz "Aus den Nüstern der Rosse des Todes schnaubt Finsternis" beginnen und sich wie ein Abenteuer unter Göttern lesen. Man hat ihr Schreiben mit Orchestermusik verglichen, wegen der präzisen Arbeit an Rhythmus und Tempo und ihres Blicks für Details. So ist es auch jetzt wieder. Beinahe wünscht man sich, alles Erinnerungswürdige aus diesen Jahren würde in der Sprache dieser Autorin festgehalten, um sie den Generationen, die nachkommen, in gleichbleibender Intensität zu präsentieren.
Denn die Geschichte spielt im Ostberlin der Wendezeit, mit Blick auf den leeren Mauerstreifen. Katharina lernt im Staatsverlag Setzerin, später will sie an die Kunsthochschule. Hans' Vater war begeisterter Nazi, als Kind hat Hans die Ideologie aufgesogen, später ging er freiwillig in die DDR. Er lehrt Katharina die Musik von Hanns Eisler, spielt ihr vor, wie Ernst Busch sang, lange bevor sie geboren wurde, erklärt ihr Brechts Theater, denkt an die letzten Worte des tragischen Lenin-Gefährten Bucharin: "Wenn du stirbst, wofür stirbst du?" Das Kapital ihrer Liebe schöpft aus einer Ostberliner Bohème, die ihren eigenen Dynamiken folgt, deren Vokabeln und Referenzen vielen bereits dreißig Jahre später fremd sind, es aber verdient haben, erinnert zu werden. Das von ihnen wenig beachtete Gesellschaftssystem um sie herum zerfällt in der Geschwindigkeit, in der auch ihr Glück vergeht, und jetzt wünscht man sich doch, von draußen auf sie blicken zu können, nicht schon so weit drinnen zu sein.
Für alle den richtigen Ton zu treffen ist auch so eine Aufgabe, für die Großmutter und den Nazivater (geht uns alles nichts an), für die sehr junge Frau, die niemals naiv, nur lebenshungrig klingt, die mutig ihren West-Urlaub verlängert, aber nur um eine Stunde, die Hans als unpolitisch beschreibt, als Angehörige einer neuen Zeit - oft stehen ihre Stimmen gleichberechtigt beieinander -, die süchtig danach ist, ihn süchtig zu machen, und immerzu die Warnungen der Freunde ignoriert. Weil jene doch nicht verstehen, was sie da erlebt und wie schwer die Liebe wiegen kann. "Was willst du denn mit so einem, das hat doch keine Zukunft."
Im ersten Sommer sucht Katharina Hans heimlich im Familienurlaub auf, spricht ihn am Strand an, während Frau und Sohn gerade baden. Im zweiten Jahr hat sich sein Blick verändert, das Hochgefühl der gelungenen Überraschung ist weg. Und der kluge Hans, der schon ein Leben gelebt und einige Frauen unglücklich gemacht hat, der weiß, dass es die Ehe ist, aus der sich seine Liebschaften nähren, der sich wünscht, das Gefühl abzutrennen und unters Mikroskop zu legen - "darin bestand in Wahrheit die Kunst in diesem verfluchten 20. Jahrhundert" -, auch er hält immerzu vergeblich fest.
Jenny Erpenbeck stammt selbst aus einer DDR-Schriftstellerfamilie. Dass ihr Hans Züge des Schriftstellers Heiner Müller trägt und der wie ein Geist durch ihren Roman wandelt, etwa als Erinnerung beim Anblick eines Pianisten in einem Lokal, dass Katharina und die Autorin sich in manch beruflicher Entscheidung ähneln, das alles lässt sich mit Interesse und Neugier zur Kenntnis nehmen. Wie es ihr gelingt, einen Moment der Zeitgeschichte in einer so bedrückenden wie faszinierenden Beziehung zu kondensieren, ist das eigentliche Geheimnis dieses Romans. ELENA WITZECK.
Jenny Erpenbeck: "Kairos". Roman.
Penguin Verlag, München 2021. 384 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zum Überleben benötigt die Liebe romantisches Kapital. Als wir uns das erste Mal sahen. Unser erster gemeinsamer Weg im Regen. Die Begleitmusik unseres Begehrens. Wie du beim Lesen in meinem Schoß lagst, beim Denken den Kopf hältst. Diese Liebe ist noch dazu eine ganz besondere, weil sie verboten ist: eine kaum erwachsen gewordene Frau, ein verheirateter Schriftsteller über fünfzig. Von dem Moment an, als sich ihre Blicke treffen im Bus, haben sie sich einander versprochen. Und weil alles so geheim ist, gibt es besonders viel anekdotisches Material, das sich zelebrieren lässt auf Papier und in den charaktervollsten Lokalen im Ostberlin der Vorwendezeit, denn Hans ist ein erfolgreicher Schriftsteller, kein Dissident.
"Kairos", das ist der Gott des glücklichen Zeitpunkts, der nur für einen Moment an seiner Haarlocke zu fassen ist. Als sie das erste Mal miteinander schlafen, hören sie Mozarts Requiem. "Wir dürfen uns nicht unglücklich machen", sagt Hans. Da schon verbinden sich Tod und Liebe nach alter Tragödienmanier, und obwohl sich hier schon das Ende andeutet für Katharina und Hans und die Leser, will es niemand von ihnen sehen, wollen alle lieber drinnen statt draußen sein, auch so ein Leitmotiv des Romans, und wie ein Liebender liest man hinweg über die eingestreute Saat des Zweifels: "Ungebrochen ist sie, irgendwie sauber. Wäre sie anders, würde er sie auch nicht so begehren, und nicht auf diese Weise."
Was für eine alte, bekannte Story. Was für eine Aufgabe, eine solche Geschichte mit neuen Metaphern zu füllen, sie unvorhersehbar werden zu lassen und einzigartig in ihrer Tragik. Jenny Erpenbeck, 1967 in Ostberlin geboren, wurde schon "Meisterin der Prosapräzision" genannt, ihre literarische Arbeit immer wieder ausgezeichnet. Wir lernen: Ein Museumsbesuch muss an keiner Stelle vom Museum handeln, er kann mit dem Satz "Aus den Nüstern der Rosse des Todes schnaubt Finsternis" beginnen und sich wie ein Abenteuer unter Göttern lesen. Man hat ihr Schreiben mit Orchestermusik verglichen, wegen der präzisen Arbeit an Rhythmus und Tempo und ihres Blicks für Details. So ist es auch jetzt wieder. Beinahe wünscht man sich, alles Erinnerungswürdige aus diesen Jahren würde in der Sprache dieser Autorin festgehalten, um sie den Generationen, die nachkommen, in gleichbleibender Intensität zu präsentieren.
Denn die Geschichte spielt im Ostberlin der Wendezeit, mit Blick auf den leeren Mauerstreifen. Katharina lernt im Staatsverlag Setzerin, später will sie an die Kunsthochschule. Hans' Vater war begeisterter Nazi, als Kind hat Hans die Ideologie aufgesogen, später ging er freiwillig in die DDR. Er lehrt Katharina die Musik von Hanns Eisler, spielt ihr vor, wie Ernst Busch sang, lange bevor sie geboren wurde, erklärt ihr Brechts Theater, denkt an die letzten Worte des tragischen Lenin-Gefährten Bucharin: "Wenn du stirbst, wofür stirbst du?" Das Kapital ihrer Liebe schöpft aus einer Ostberliner Bohème, die ihren eigenen Dynamiken folgt, deren Vokabeln und Referenzen vielen bereits dreißig Jahre später fremd sind, es aber verdient haben, erinnert zu werden. Das von ihnen wenig beachtete Gesellschaftssystem um sie herum zerfällt in der Geschwindigkeit, in der auch ihr Glück vergeht, und jetzt wünscht man sich doch, von draußen auf sie blicken zu können, nicht schon so weit drinnen zu sein.
Für alle den richtigen Ton zu treffen ist auch so eine Aufgabe, für die Großmutter und den Nazivater (geht uns alles nichts an), für die sehr junge Frau, die niemals naiv, nur lebenshungrig klingt, die mutig ihren West-Urlaub verlängert, aber nur um eine Stunde, die Hans als unpolitisch beschreibt, als Angehörige einer neuen Zeit - oft stehen ihre Stimmen gleichberechtigt beieinander -, die süchtig danach ist, ihn süchtig zu machen, und immerzu die Warnungen der Freunde ignoriert. Weil jene doch nicht verstehen, was sie da erlebt und wie schwer die Liebe wiegen kann. "Was willst du denn mit so einem, das hat doch keine Zukunft."
Im ersten Sommer sucht Katharina Hans heimlich im Familienurlaub auf, spricht ihn am Strand an, während Frau und Sohn gerade baden. Im zweiten Jahr hat sich sein Blick verändert, das Hochgefühl der gelungenen Überraschung ist weg. Und der kluge Hans, der schon ein Leben gelebt und einige Frauen unglücklich gemacht hat, der weiß, dass es die Ehe ist, aus der sich seine Liebschaften nähren, der sich wünscht, das Gefühl abzutrennen und unters Mikroskop zu legen - "darin bestand in Wahrheit die Kunst in diesem verfluchten 20. Jahrhundert" -, auch er hält immerzu vergeblich fest.
Jenny Erpenbeck stammt selbst aus einer DDR-Schriftstellerfamilie. Dass ihr Hans Züge des Schriftstellers Heiner Müller trägt und der wie ein Geist durch ihren Roman wandelt, etwa als Erinnerung beim Anblick eines Pianisten in einem Lokal, dass Katharina und die Autorin sich in manch beruflicher Entscheidung ähneln, das alles lässt sich mit Interesse und Neugier zur Kenntnis nehmen. Wie es ihr gelingt, einen Moment der Zeitgeschichte in einer so bedrückenden wie faszinierenden Beziehung zu kondensieren, ist das eigentliche Geheimnis dieses Romans. ELENA WITZECK.
Jenny Erpenbeck: "Kairos". Roman.
Penguin Verlag, München 2021. 384 S., geb., 22,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ein mitreißender Roman über das Ausgesetztsein in der Liebe und den richtigen Moment im Leben.« SWR lesenswert, Denis Scheck
Entscheidende Momente in Liebe und Politik
Der jüngst erschienene Roman von Jenny Erpenbeck mit dem deskriptiven Titel «Kairos» bestätigt eindrucksvoll eine Kritik in der gestrigen Rede von Angela Merkel zum Tag der Deutschen Einheit, in der sich die Bundeskanzlerin dagegen …
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Entscheidende Momente in Liebe und Politik
Der jüngst erschienene Roman von Jenny Erpenbeck mit dem deskriptiven Titel «Kairos» bestätigt eindrucksvoll eine Kritik in der gestrigen Rede von Angela Merkel zum Tag der Deutschen Einheit, in der sich die Bundeskanzlerin dagegen verwehrt hat, Lebenserfahrungen in der DDR als Ballast zu bezeichnen. Vor dem Hintergrund der untergehenden DDR erzählt die in Ostdeutschland sozialisierte Schriftstellerin von der Liebe eines ungleichen Paares, die in ihrer Intensität an die Worte von Heinrich Heine erinnert: «Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu; und wem sie just passieret, dem bricht das Herz entzwei».
Genau das passiert den beiden Protagonisten dieses Romans, der 53jährige Schriftsteller Hans und die 19jährige Katharina verlieben sich in einem Linienbus auf den ersten Blick unsterblich ineinander, ihr Kairos also, jener in der griechischen Mythologie für eine schicksalhafte Entscheidung als günstig geltende Augenblick! Leitmotivisch häufig wiederkehrend begehen sie diesen entscheidenden Moment ihres Lebens wie einen persönlichen Feiertag, indem sie an die Bushaltestelle zurückkehren und das damalige Geschehen wie bei einer Prozession wiederholen. Der nachfolgende Liebestaumel entwickelt sich mit der Zeit allerdings zur Amour fou, aus der es keinen Ausweg mehr gibt. Ort des Geschehens ist Ost-Berlin, wo Hans in den achtziger Jahren neben seiner Schriftstellerei als «fester Freier» beim Rundfunk arbeitet und Katharina nach dem Abitur eine Lehre als Setzerin im Staatsverlag absolviert. Hans ist zwar verheiratet, mit seiner Frau hat er sich aber dahingehend arrangiert, dem jeweils anderen seine Freiheiten zu lassen. Im Bett findet zwischen ihnen seit zehn Jahren nichts mehr statt, aber eine Trennung wollen sie beide nicht. Hans und Katharina hingegen verbindet neben rauschhaftem Sex ihr kulturelles Interesse, sie leben in einer privilegierten Boheme, interessieren sich für Kunst, lieben gutes Essen in den angesagten Restaurants Ost-Berlins.
Ineinander verschachtelt werden hier, autobiografisch grundiert, die Probleme der beiden Protagonisten und die Geschichte der untergehenden DDR erzählt. In Hans ist der überzeugte Sozialist verkörpert, der als junger Nazi-Sympatisant bewusst in die DDR gegangen ist. Auch nach der Wende noch ist der charakterlich eher widersprüchliche Literat von der prinzipiellen Überlegenheit dieses staatlichen Systems überzeugt. Katharina ist fasziniert vom Intellekt ihres Geliebten, sie hängt an seinen Lippen, wenn er zu politischen oder kulturellen Themen mit ihr spricht oder ihr aus Büchern vorliest, er beflügelt regelrecht ihr Interesse an der Kunst und beeinflusst damit ihre Berufswahl. In ihrer Beziehung ist er dominant, lebt sogar sado-masochistische Gelüste an ihr aus, bis sie ihm einen einmaligen Fehltritt mit einem jungen Kollegen beichtet. Hans zerbricht daran, für ihn stürzt eine Welt zusammen, er glaubte an die einmalige, ewige Liebe zwischen ihnen. Schließlich begibt er sich sogar in psychiatrische Behandlung, kann sich aber trotz allem nicht von ihr trennen. Jahrelang finden sie immer wieder zueinander, eine Zeit seelischer Quälerei für alle beide.
Als atmosphärisch dichte Milieustudie aus der Ostberliner Kulturszene ermöglicht «Kairos» einen tiefen Einblick in das untergegangene Staatsgebilde, dem heute noch so mancher nachtrauert. Im Prolog und Epilog enthüllt die Autorin klammerartig als Katharsis den verstörenden Charakter des intellektuellen Schriftstellers. Dieser mit vielen heute schon fast vergessenen Details aus der deutschen Vergangenheit aufwartende, beklemmende Roman ist dramaturgisch geschickt aufgebaut und sprachlich adäquat umgesetzt. Im Mittelteil stören einige Längen in der Liebesbeziehung mit ihrem ewigen Aufs und Abs, zudem auch mit häufigen szenischen Wiederholungen, ein wenig den ansonsten aber durchaus gegebenen Lesegenuss. «Kairos» ist als Wenderoman wie als Liebesdrama gleichermaßen überzeugend!
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Antworten 6 von 6 finden diese Rezension hilfreich
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Ein Beziehung zwischen Alt und Jung in den Zeiten um den Mauerfall, welche in Ost Berlin spielt.
Es ist eine Liebe wie sich nicht gegesätzlicher sein kann: Sie naiv und jung, er ein gestandener Mann mit narzisstischen Zügen. Es geht um Machtspiele und eine verstörende Beziehung der …
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Ein Beziehung zwischen Alt und Jung in den Zeiten um den Mauerfall, welche in Ost Berlin spielt.
Es ist eine Liebe wie sich nicht gegesätzlicher sein kann: Sie naiv und jung, er ein gestandener Mann mit narzisstischen Zügen. Es geht um Machtspiele und eine verstörende Beziehung der beiden Protagonisten, aber auch um die geschichtlichen Rahmenbedingungen dieser Zeit. Zweiteres hat mir gut gefallen, da ich auch in dieser Zeit geboren und ein Stück aufgewachsen bin. Die Beziehung weniger, da mich vor allem der Altersunterschied von 34 Jahren gestört hat. Liest man zwischen den Zeilen, kann man auf Parallelen zwischen den Machtspielen der Liebesbeziehung und denen dieser Zeit ziehen. Auch der Karton mit dem Dokumenten kann als Gleichnis gesehen werden. Der Schreibstil der Autorin ist ein anderer, da sie auch öfter in die 3. Person wechselt. Ich empfand ihn jedoch als angenehm und flüssig. Alles in allem ein gelungenes Werk, welches ich auch gerne weiterempfehle.
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Antworten 4 von 4 finden diese Rezension hilfreich
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Eine Liebe im Wandel der Zeitenwende
Katharina und Hans sind ein Paar. Hans ist Schriftsteller im Kreis seinesgleichen und weit über 50. Er trifft auf die weitaus jüngere Katharina, die erst 19 Jahre alt ist als sie sich 1986 verlieben. Er genießt die Privilegien dieser Zeit in …
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Eine Liebe im Wandel der Zeitenwende
Katharina und Hans sind ein Paar. Hans ist Schriftsteller im Kreis seinesgleichen und weit über 50. Er trifft auf die weitaus jüngere Katharina, die erst 19 Jahre alt ist als sie sich 1986 verlieben. Er genießt die Privilegien dieser Zeit in intellektuellen Kreisen und das macht sie sich zu Nutze um sich Wissen zu erschließen – sie genießt das intellektuelle Kapital das zu damaliger Zeit rar war. Denn es ist die Zeit der DDR, aber der Bruch naht, denn es ist bereits das Ende der DDR eingeläutet. Wir erleben mit ihrer Beziehung das Ende der DDR mit. Nicht nur politisch geht die DDR den Bach runter, auch ihre private Zweisamkeit wird aus den Angeln gehoben. Es steht zwar die Paarbeziehung im Vordergrund der Geschichte, aber auch das zeitgeschichtliche Portrait der Wendezeit aus DDR-Perspektive ist bereichernd geschrieben.
Dieser Roman von Jenny Erpenbeck mit dem sinnbildlichen Titel ‚Kairos‘ ist zum einen ein gelungenes historisches Werk mit Blick auf die Zeit der Wiedervereinigung und illustriert gekonnt die Beziehung der beiden vor dieser Kulisse. Kairos, der günstige Zeitpunkt, den man nicht verpassen sollte. Ich interpretiere es im Sinne der weiblichen Protagonistin, die den Augenblick genutzt hat und sich mit Hans zu liieren um für sich eine vorteilhafte Situation zu schaffen, die mit veränderten Verhältnissen wieder kippt.
(Ost)Berlin ist in diesem Buch großartig in Szene gesetzt. Es erschließt sich mir wie eine neue Welt, die ich nie kennengelernt habe, bin ich doch im anderen Teil der Stadt groß geworden.
Mir hat der Roman gut gefallen, es lass sich stringent und gut. Ob und wieweit hier die DDR und ihr Ende in seiner Dramaturgie richtig dargestellt wurde, maße ich mir kein Urteil an, denn ich habe zwar die Wende erlebt, aber aus westlicher Sicht und als Kind.
Fazit: Nicht von der Alter Mann-Junge Frau-Beziehung irritieren lassen, dieser Roman kann so viel mehr!
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Schon lange habe ich nicht mehr ein solches Buch gelesen. Selbst nur etwas jünger konnte ich in diesem Buch genau das Lebensgefühl der 80iger Jahre noch einmal genießen. Als junger Mensch ist man ja nicht immer so verbissen. Vor allem die Zeit heilt manche Wunden... Auch im Osten hat …
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Schon lange habe ich nicht mehr ein solches Buch gelesen. Selbst nur etwas jünger konnte ich in diesem Buch genau das Lebensgefühl der 80iger Jahre noch einmal genießen. Als junger Mensch ist man ja nicht immer so verbissen. Vor allem die Zeit heilt manche Wunden... Auch im Osten hat man genossen, war man rebellisch, hat gefeiert, getrunken, getanzt und ...war verliebt. Zeiten der Veränderung, der internationalen Umbrüche, der Macht des Regimes, der Zensur in Kultur und Medien, des Mangels, der Angst, der Verzweifelung, der Hoffnungslosigkeit bilden den Rahmen für diese aufregende Liebesgeschichte. Sicher, ein beachtlicher Altersunterschied, aber Liebe kennt ja bekanntlich keine Grenzen, wenn da nicht die Grenzen im Kopf wären. Intellektualität, Prosa, Wissen, Musikalität, Geschmack, Wortwitz sind anziehende Eigenschaften, oder etwa nicht? Bin ich vielleicht ein Ostalgiker. Ganz und gar nicht. Aber ist es nicht unser Leben und unsere Erinnerungen, die uns ausmachen? Und die haben alle, und nicht nur Ossis, reichlich. So wie den ausgewachsenen Minderwertigkeitskomplex, aber den findet man auch bei Österreichern... Es sind es diese längst in Vergessenheit geratenen Kleinigkeiten, die mein Herz hüpfen ließen. 57er Bus, die kleinen Papiertüten "Gut gekauft - gern gekauft", Club, Duett, Pergamonaltar, Café Arkade, Berliner Ensemble, Mitte, Alex, Dimitroffstraße, Westverwandschaft, Ganymed, Wachtelei, Würzfleisch, Sekt, Korn sind zwar winzig anmutende Details, versetzen einen aber in die Lage, Status und Lebensvorgänge einzuordnen. Sie fügen sich natürlich in den Erzählstrang, ohne aufgesetzt zu wirken. Man merkt, dass alles gut recherchiert... oder eben gelebt ist. Ist das Buch nur für Ossis verständlich? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Denn verliebt war jeder schon mal. Verliebtheit, Schmerz, Hass, Verlust, Betrug, Ignoranz, Orientierungslosigkeit, Verletzbarkeit findet man überall. In erster Linie ist es eine Liebesgeschichte, deren Auf und Ab einen herrlich mitfühlen lassen. Teilweise hat es geschmerzt, tief bewegt, verstimmt und nachdenklich gemacht. Ja... es war auch streckenweise unerträglich, aber auf bereichernde Art. Intensiv wäre vielleicht die passende Bezeichnung dafür...
Ein wichtiges Buch, denn die Suche nach einer eigenen Identität ist wichtig, so wie das Recht auf Erinnerungen, die oftmals falsch interpretiert werden...
Großes Kompliment an die Autorin. Ich zumindest bin erfreut über diese meine persönliche Neuentdeckung und werde Frau Erpenbeck wohl für immer auf dem Schirm haben...
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Was verbindet die beiden?
Ein Roman über eine Liebe zwischen den Grenzen und weit über diese hinaus. Ein Stück deutsch-deutsche Zeitgeschichte eingefangen in einen faszinierenden und aufregenden Roman über eine verbotene Beziehung.
Ein Buch über Ost und West, über …
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Was verbindet die beiden?
Ein Roman über eine Liebe zwischen den Grenzen und weit über diese hinaus. Ein Stück deutsch-deutsche Zeitgeschichte eingefangen in einen faszinierenden und aufregenden Roman über eine verbotene Beziehung.
Ein Buch über Ost und West, über zwei so unterschiedliche Welten, über zwei so völlig verschiedene Menschen, die zufällig einen Teil ihres Lebens gemeinsam gingen.
Die sehr junge Katharina aus dem Westen und der mehrere Jahrzehnte ältere Hans, verheiratet mit Kind, aus dem Osten, treffen zufällig aufeinander und verlieben sich. Schon tausendmal erzählt und doch so anders.
Die Autorin beschreibt nicht nur wunderbar die Verbindung der beiden Menschen, sie gibt auch einen guten Einblick in das Leben in der DDR. Beleuchtet wird diese Beziehung von beiden Seiten, mit all ihren persönlichen und politischen Schwierigkeiten.
Ein Buch muss nicht immer spannend sein, um seine Leser bei der Stange zu halten. Es muss nur überzeugend sein, um zu begeistern. Und das hat Jenny Erpenbeck geschafft!
Was verbindet die beiden so ungleichen Figuren, die nicht nur eine Mauer trennt? Warum begeben sie sich in diese Abhängigkeit voneinander? Ist es wirklich Liebe?
Das alles erfährt man, während die Geschichte von hinten aufgerollt wird. Katharina erhält nach Hans seinem Tod Unterlagen über ihre Beziehung und setzt sich so noch einmal mit ihrer Vergangenheit auseinander.
Selber in der ehemaligen DDR aufgewachsen, fühlt man sich sofort in jene Zeit versetzt. Mich dieses Buch sehr gut unterhalten!
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Ein großartiger Roman!
Am 11. Juli 1986 treffen sich zufällig mitten in Ost-Berlin die damals 19-jährige Katharina und der 53-jährige Hans. Und wie es Kairos, der Gott des glücklichen Augenblicks, in dem Moment bestimmt, nutzen die beiden „die Gunst der …
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Ein großartiger Roman!
Am 11. Juli 1986 treffen sich zufällig mitten in Ost-Berlin die damals 19-jährige Katharina und der 53-jährige Hans. Und wie es Kairos, der Gott des glücklichen Augenblicks, in dem Moment bestimmt, nutzen die beiden „die Gunst der Stunde“ und entscheiden, den Abend zusammen zu verbringen. Und auch später halten sie an der Stirnlocke des Gottes fest und setzen ihre aufregende Bekanntschaft fort.
Was zuerst als eine kleine Liebesaffäre beginnt, wächst mit der Zeit zu einer großen Liebe, die eigentlich keine sein darf. Denn Hans, ein freier Rundfunkmitarbeiter und Schriftsteller ist verheiratet und hat einen Sohn. Er hat überhaupt nicht vor seine Familie zu verlassen, dafür aber will er -eifersüchtig und besitzergreifend, wie er ist - die junge Katharina, angehende Bühnenbildstudentin, nach seinen Vorstellungen zu formen. Katharinas Liebe scheint keine Grenzen zu haben, sie unterwirft sich ihm vollkommen und man kann nur fassungslos beobachten, wie sie langsam in ihr Unglück rennt.
Diese dramatische Liebesgeschichte verbindet Jenny Erpenbeck meisterhaft mir der deutschen Geschichte der späten achtziger Jahre, mit dem Untergang der DDR und der unmittelbaren Zeit danach. Sie lädt ihre Leser und Leserinnen nach Berlin und beschreibt genau, wie die Stadt damals ausgesehen hat. Sie führt ihre Leserschaft durch die bekannten Straßen und an die meistbesuchten Orte, erzählt, wie man damals gelebt und geliebt hat, worüber man sprach. Die Leser und Leserinnen tauchen in die Welt des Theaters, Musik, Dichter und Denker ein, folgen Erzählungen über Kämpfer für die bessere Welt. Die Autorin bedient sich einer anspruchsvollen aber fesselnden Sprache, ist mal nachdenklich, mal allegorisch, mal poetisch.
Zu bedeutenden Themen dieses Romans gehören sowohl die Utopie des Kommunismus sowie die vernichtenden, grausamen Bilder des Nationalsozialismus, brutale Methoden der Faschisten und später der Stasi.
„Kairos“ ist ein großartiger Roman, den ich mit großem Interesse gelesen habe und der noch lange in meiner Erinnerung bleibt. Das Buch bekommt meine wärmste Leseempfehlung!
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Erinnerungen an eine Liebesbeziehung vor und nach dem Mauerfall in Berlin
Aus dem Inhalt von zwei verstaubten Kartons entwickelt sich nach Sichtung der Erinnerungsstücke eine tiefschürfende , langjährige Liebesbeziehung zweier Ostberlinern zwischen 1986 und 1992: Katharina, 19 …
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Erinnerungen an eine Liebesbeziehung vor und nach dem Mauerfall in Berlin
Aus dem Inhalt von zwei verstaubten Kartons entwickelt sich nach Sichtung der Erinnerungsstücke eine tiefschürfende , langjährige Liebesbeziehung zweier Ostberlinern zwischen 1986 und 1992: Katharina, 19 Jahre, in einer Schriftsetzerlehre und Hans, verheiratet, Anfang 50, Schriftsteller.
Angesiedelt ist der Beziehungsroman in einem Kulturmilieu zu DDR – Zeiten bis wenige Jahre nach der Wiedervereinigung, mit den zu großen existentiellen, zu raschen Veränderungen nach dem Mauerfall im politischen, künstlerischen und kirchlichen Bereich. In einem untergegangenen Land waren viele Ostdeutsche verloren im neuen, ihnen übergestülpten System.
Der Titel ‚KAIROS‘ geht auf einen altgriechischen Gott zurück für den günstigen Augenblick einer Entscheidung, dessen ungenutztes Verstreichen nachteilig sein könnte. Und ob die Begegnung mit Hans tatsächlich ein guter Moment war, weiß Katharina zum Schluss nicht.
Sehr genau, sehr menschlich sind Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland herausgestellt, die Welt der Ostberliner Intellektuellen-Szene ist vielschichtig beleuchtet. Die Charakteren von Katharina und Hans werden in ihrem Auf und Ab spannend dargeboten.
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Zwei Kisten sind es, die Katharina von ihrer Zeit mit Hans geblieben sind. Hans, den sie als Neunzehnjährige zufällig an einem regnerischen Nachmittag im Bus traf und der sofort ihr Herz eroberte, obwohl er 34 Jahre älter war als sie. Jetzt ist Hans tot und Katharina erinnert sich …
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Zwei Kisten sind es, die Katharina von ihrer Zeit mit Hans geblieben sind. Hans, den sie als Neunzehnjährige zufällig an einem regnerischen Nachmittag im Bus traf und der sofort ihr Herz eroberte, obwohl er 34 Jahre älter war als sie. Jetzt ist Hans tot und Katharina erinnert sich beim Durchsehen der Kisten an die Zeit, die sie miteinander hatten. Es begann 1986 als heimliche Liebe des verheirateten Autors und der jungen Frau, deren Zukunft noch ungewiss war. Er, der erfahrene Liebhaber, hat eindeutig die Oberhand und kann die Grenzen ihrer Beziehung Bestimmung, sie folgt ihm blind. Doch Katharina wird älter, erfahrener und mit ihrer Entdeckung der Welt wird sie unabhängiger, was zur Herausforderung für beide wird. Aus der unbeschwerten Liebe wird Obsession mit Gewalt und Hass.
Jenny Erpenbeck wählt einen vielsagenden Titel für ihren aktuellen Roman. „Kairos“, die griechische mythologische Gottheit des günstigen Zeitpunkts, in der Theologie die „Gelegenheit zur Sünde“ ist bezeichnend für die Handlung. Hans trifft Katharina im richtigen Moment, er muss sie an jenem ersten Nachmittag für sich gewinnen, sonst entschwindet ihm die junge Frau wieder. Sein Vorhaben gelingt. Danach jedoch verpassen sie die Momente, Momente, die ihre Beziehung in die eine oder die andere Richtung hätten lenken können. Stattdessen halten sie fest an etwas, das destruktiv wird, sie leiden lässt und bald schon nicht mehr die verliebte Leichtigkeit des Anfangs hat.
Die ersten Kapitel sind geprägt von der jugendlichen Liebe, der große Altersunterschied lässt Hans verjüngen, leidenschaftlich genießen sie ihr heimliches Beisammensein, was einen besonderen Reiz ausmacht. Für Hans scheint es kein Problem zu sein, dass er noch eine Ehefrau hat und mit dieser ganz selbstverständlich zusammenlebt und auch Zeit verbringt. Katharina hingegen will er exklusiv für sich. Unsterblich verliebt nimmt sie dieses Arrangement hin, doch als sie Berlin für ein Praktikum verlässt und die Trennung mehr als nur wenige Tage beträgt, beginnt ihr Lösungsprozess. Sie ist sich dessen noch nicht bewusst, glaubt immer noch Hans in derselben Weise zu lieben wie zu Beginn. Doch der Liebhaber wie auch der Leser bemerkt die feinen Risse.
„Sie sind im Einverständnis miteinander, sie haben ihre ersten Geheimnisse vor der Welt, sie wissen, woran nur sie sich erinnern, wenn sie sich ansehen. Gerade deshalb muss er die Bedingungen klarstellen, bevor es dazu zu spät ist.“
Die Handlung spiegelt das Große im Kleinen. Es ist Ende der 1980er Jahre. Hans und Katharina sind in Ostberlin eingesperrt, der Himmel ist nicht unendlich, aber weit genug für sie beide. Doch wie auch das Land langsam zerfällt, wird für Katharina die Beziehung zu eng. Wie das alte Regime will Hans die Oberhand behalten, den Weg diktieren, straft, wenn ihr Verhalten nicht seinen Erwartungen entspricht. Er verfolgt und bespitzelt sie und macht ihr bitterböse Vorwürfe. Doch das Ende der Diktatur ist am Horizont bereits zu sehen.
Es ist eine toxische Beziehung in einer zerfallenden Welt. Ein historischer Moment, der sich langsam ankündigt und dann mit einem Male da und überwältigen ist, überzeugend mit pointierten Sprachbildern und einem fast nüchternen Ton eingefangen, der jedoch perfekt zum Setting passt.
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Jenny Erpenbeck ist eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit. In ihrem neuesten Roman "Kairos" stellt sie ihr großartiges erzählerisches Können und ihre präzise Beobachtungsgabe unter Beweis.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die Beziehung der jungen Katharina …
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Jenny Erpenbeck ist eine der bedeutendsten Autorinnen unserer Zeit. In ihrem neuesten Roman "Kairos" stellt sie ihr großartiges erzählerisches Können und ihre präzise Beobachtungsgabe unter Beweis.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die Beziehung der jungen Katharina und des über 30 Jahre älteren Hans. Kann so eine ungleiche Beziehung eine Chance haben? Am Anfang sieht es fast danach aus. Aber Hans trennt sich nicht von seiner Ehefrau und auch Katharina sucht und findet ihr Glück woanders. Zusätzlich wird die Liebe der beiden von Eifersucht und anderen negativen Gefühlen überschattet. Wirklich zueinander finden sie nicht.
Interessant ist der historische Hintergrund des Romans. Die Beziehung der beiden beginnt Ende der achtziger Jahre in Ostberlin und setzt sich in der Wendezeit und den Jahren danach fort. Das Ende ist überraschend, aber auch realistisch.
Erpenbeck hat einen spannenden und lebendigen Roamn geschrieben, der mich von Anfang an gefesselt hat. Ich empfehle ihn gern weiter.
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In Kurzform: von einer Intellektuellen, über Intellektuelle, für Intellektuelle. Es geht hier um eine "toxische" Beziehung zwischen einer jungen, unbedarften Frau und einem älteren Mann, der nun wirklich jedes Klischee einer solchen Verbindung erfüllt. Die ganze …
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In Kurzform: von einer Intellektuellen, über Intellektuelle, für Intellektuelle. Es geht hier um eine "toxische" Beziehung zwischen einer jungen, unbedarften Frau und einem älteren Mann, der nun wirklich jedes Klischee einer solchen Verbindung erfüllt. Die ganze Geschichte ist im Kern nichts Neues, daher langweilig, zudem schwierig zu lesen (nicht mal dirkete Rede?!). Am echtesten wirken noch die Schilderungen der politischen Verhältnisse. Die Liebesgeschichte bleibt eine Quälerei, sowohl für die Hauptfiguren als auch für den Leser.
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