-68%12)

Sofort lieferbar
Gebundener Preis: 25,00 € **
Als Mängelexemplar:
Als Mängelexemplar:
**Frühere Preisbindung aufgehoben
Weitere Ausgaben:
PAYBACK Punkte
4 °P sammeln!
Minimale äußerliche Macken und Stempel, einwandfreies Innenleben. Schnell sein! Nur begrenzt verfügbar.
Irrwitzig, eindrücklich, abgründig. Raphaela Edelbauers Roman über Künstliche Intelligenz.»Ein Geistesblitz von einem Roman!«Denis Scheck, Druckfrisch (Das Erste), 24.01.2021Was braucht es, um eine Maschine mit menschlichem Bewusstsein auszustatten? Den Programmierer Syz interessiert nichts so sehr wie die Beantwortung dieser Frage. Doch als er hinter die Kulissen des Labors blickt, gerät sein bedingungsloser Glaube an die Technik ins Wanken. Welchem Zweck dient DAVE wirklich und wer wird von ihm profitieren?In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Geschlafen und gegessen...
Irrwitzig, eindrücklich, abgründig. Raphaela Edelbauers Roman über Künstliche Intelligenz.
»Ein Geistesblitz von einem Roman!«
Denis Scheck, Druckfrisch (Das Erste), 24.01.2021
Was braucht es, um eine Maschine mit menschlichem Bewusstsein auszustatten? Den Programmierer Syz interessiert nichts so sehr wie die Beantwortung dieser Frage. Doch als er hinter die Kulissen des Labors blickt, gerät sein bedingungsloser Glaube an die Technik ins Wanken. Welchem Zweck dient DAVE wirklich und wer wird von ihm profitieren?
In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Geschlafen und gegessen wird hauptsächlich, um schnellstmöglich wieder in die Datenströme des Computers abzutauchen. Das Ziel des gesamten Labors ist nichts Geringeres als die Programmierung der ersten generellen Künstlichen Intelligenz, ausgestattet mit einer Höchstleistung an Rechenkraft und menschlichem Bewusstsein: DAVE. Dann allerdings bringen zwei Ereignisse Syz' geregeltes Leben ins Wanken. Erstens, Syz verliebt sich in eine junge Ärztin, und zweitens, DAVE droht ein Totalausfall. Der Strudel, in den Syz in der Folge gerät, katapultiert den Programmierer in unmittelbare Nähe der Machtzentrale. Während das Labor in blinder Technikgläubigkeit weiterhin auf die Verwirklichung der Künstlichen Superintelligenz hinarbeitet, taucht Syz tief in die Geschichte des Labors ein und versucht herauszufinden, wessen Interessen DAVE am Ende eigentlich dient. Nach dem großen Erfolg von »Das flüssige Land« legt Raphaela Edelbauer einen einzigartigen Roman über Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Künstlichen Intelligenz vor.
Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Buchpreis 2021
Aus der Begründung der Jury:
Raphaela Edelbauer hat mit DAVE einen raffinierten Science-Fiction-Roman mit eingebauter Liebesgeschichte geschaffen, der nach den Gesetzen des Thrillers funktioniert. Dabei unterhält man sich nicht nur, sondern erfährt dank Edelbauers erstaunlicher Belesenheit viel über philosophische Debatten, Bewusstseins- und Gedächtnisforschung, Informatik und lernende Systeme, deren Heilsversprechen die Autorin spürbar misstraut. Denn der Weg zu einer schmerzlosen und total vernünftigen Gesellschaft nach dem Ebenbild des Computers führt durch Überwachung und Repression. Edelbauer erzählt elegant und pointiert, mit galligem Witz, Lust an der Anspielung und immer wieder verblüffenden Wendungen von der Ohnmacht des einzelnen in einer Diktatur der Weltverbesserer.
»Ein Geistesblitz von einem Roman!«
Denis Scheck, Druckfrisch (Das Erste), 24.01.2021
Was braucht es, um eine Maschine mit menschlichem Bewusstsein auszustatten? Den Programmierer Syz interessiert nichts so sehr wie die Beantwortung dieser Frage. Doch als er hinter die Kulissen des Labors blickt, gerät sein bedingungsloser Glaube an die Technik ins Wanken. Welchem Zweck dient DAVE wirklich und wer wird von ihm profitieren?
In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Geschlafen und gegessen wird hauptsächlich, um schnellstmöglich wieder in die Datenströme des Computers abzutauchen. Das Ziel des gesamten Labors ist nichts Geringeres als die Programmierung der ersten generellen Künstlichen Intelligenz, ausgestattet mit einer Höchstleistung an Rechenkraft und menschlichem Bewusstsein: DAVE. Dann allerdings bringen zwei Ereignisse Syz' geregeltes Leben ins Wanken. Erstens, Syz verliebt sich in eine junge Ärztin, und zweitens, DAVE droht ein Totalausfall. Der Strudel, in den Syz in der Folge gerät, katapultiert den Programmierer in unmittelbare Nähe der Machtzentrale. Während das Labor in blinder Technikgläubigkeit weiterhin auf die Verwirklichung der Künstlichen Superintelligenz hinarbeitet, taucht Syz tief in die Geschichte des Labors ein und versucht herauszufinden, wessen Interessen DAVE am Ende eigentlich dient. Nach dem großen Erfolg von »Das flüssige Land« legt Raphaela Edelbauer einen einzigartigen Roman über Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Künstlichen Intelligenz vor.
Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Buchpreis 2021
Aus der Begründung der Jury:
Raphaela Edelbauer hat mit DAVE einen raffinierten Science-Fiction-Roman mit eingebauter Liebesgeschichte geschaffen, der nach den Gesetzen des Thrillers funktioniert. Dabei unterhält man sich nicht nur, sondern erfährt dank Edelbauers erstaunlicher Belesenheit viel über philosophische Debatten, Bewusstseins- und Gedächtnisforschung, Informatik und lernende Systeme, deren Heilsversprechen die Autorin spürbar misstraut. Denn der Weg zu einer schmerzlosen und total vernünftigen Gesellschaft nach dem Ebenbild des Computers führt durch Überwachung und Repression. Edelbauer erzählt elegant und pointiert, mit galligem Witz, Lust an der Anspielung und immer wieder verblüffenden Wendungen von der Ohnmacht des einzelnen in einer Diktatur der Weltverbesserer.
Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Raphaela Edelbauer, geboren in Wien, studierte Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst. Für ihr Werk 'Entdecker. Eine Poetik' wurde sie mit dem Hauptpreis der Rauriser Literaturtage ausgezeichnet. Außerdem wurde ihr der Publikumspreis beim Bachmann-Wettbewerb, der Theodor-Körner-Preis und der Förderpreis der Doppelfeld-Stiftung zuerkannt. Ihr Debütroman 'Das flüssige Land' stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, ihr dritter Roman 'Die Inkommensurablen' auf der Longlist. Für ihren zweiten Roman 'DAVE' erhielt sie den Österreichischen Buchpreis. Raphaela Edelbauer lebt in Wien.
Produktdetails
- Verlag: Klett-Cotta
- 6. Aufl.
- Seitenzahl: 432
- Erscheinungstermin: 18. Januar 2021
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 132mm x 38mm
- Gewicht: 528g
- ISBN-13: 9783608964738
- ISBN-10: 3608964738
- Artikelnr.: 64191828
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
»Raphaela Edelbauer zündet in diesem Buch ein intellektuelles Feuerwerk, das philosophische Reflexion, Ironie und politische Satire verbindet und die großen Fragen zum Gegenstand hat, was uns Menschen ausmacht und ob man es in eine Maschine bringen kann.« Catrin Misselhorn, Süddeutsche Zeitung, 29. Dezember 2021 Catrin Misselhorn Süddeutsche Zeitung 20211229
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Raphaela Edelbauers Roman scheint Rezensentin Judith von Sternburg wie aus dem Lehrbuch fürs Romaneschreiben entsprungen - im allerbesten Sinne. Fesselnd und "frisch", so von Sternburg, verhandelt die Geschichte über den Programmierer Styx, dessen Gedächtnis der KI Dave eingepflanzt werden soll, die alte Frage danach, was Menschlichkeit ausmacht. Wie die österreichische Autorin ihr dystopisches Setting eines fensterlosen Labors in einer überbevölkerten und unübersichtlichen Welt aufbaut, findet die Kritikerin überzeugend beklemmend, und lobt auch, wie Edelbauer den Leser zuerst in Sicherheit wiegt, seine Position des Wissenden dann aber zunehmend unterläuft. Nicht zuletzt die kuriosen Sprachexperimente, die Edelbauer wagt, haben es der Rezensentin angetan. Ein Roman, der seine beunruhigende Wirkung durch schriftstellerisches Geschick voll entfaltet, lobt Sternburg.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Schlechte Erfahrungen mit Intelligenz gemacht
Aber nicht im Fall dieses Buches selbst: Raphaela Edelbauers Science-Fiction-Roman "DAVE" verblüfft.
Ich mag keine Science-Fiction", sagt der Held dieses Science-Fiction-Romans und beweist damit Raphaela Edelbauers Fähigkeit zur Selbstironie. Wir befinden uns in einer nicht allzu fernen Zukunft, das System auf der Erde ist dank einer Bevölkerungszahl von achtzig Milliarden, ungebremster Klimaerwärmung und dramatischen Wassermangels kollabiert, ein knapp über der Erdoberfläche angedocktes sogenanntes Labor fungiert als Arche Noah von einiger Aufnahmekapazität: Exakt 118 998 Menschen bewohnen den Riesenbau.
Der Ich-Erzähler Syz, ein hochbegabter Mathematiker von
Aber nicht im Fall dieses Buches selbst: Raphaela Edelbauers Science-Fiction-Roman "DAVE" verblüfft.
Ich mag keine Science-Fiction", sagt der Held dieses Science-Fiction-Romans und beweist damit Raphaela Edelbauers Fähigkeit zur Selbstironie. Wir befinden uns in einer nicht allzu fernen Zukunft, das System auf der Erde ist dank einer Bevölkerungszahl von achtzig Milliarden, ungebremster Klimaerwärmung und dramatischen Wassermangels kollabiert, ein knapp über der Erdoberfläche angedocktes sogenanntes Labor fungiert als Arche Noah von einiger Aufnahmekapazität: Exakt 118 998 Menschen bewohnen den Riesenbau.
Der Ich-Erzähler Syz, ein hochbegabter Mathematiker von
Mehr anzeigen
Ende zwanzig mit ausgeprägtem Karriereknick, arbeitet als "Assistent in Arbeitsgruppe 2E, meistens Tagschicht, an Unterskriptprotokollen zur Rückkopplung von Pronomenroutinen". Damit ist er ein kleines Rädchen in einer gigantischen Maschinerie, die von einem einzigen quasireligiösen Zweck - man kann es nicht anders sagen - beseelt ist: der Hervorbringung einer der menschlichen machtvoll überlegenen Künstlichen Intelligenz.
Das Projekt hat bereits Formen angenommen, die Formen eines Rechners, der im Allerheiligsten des Labors thront: DAVE. Nach den Gesetzen der Science-Fiction müssten die Buchstaben des Namens für irgendetwas Bedeutsames stehen, das Akronym wird in Edelbauers Roman jedoch nicht aufgeschlüsselt. DAVEs synthetisches Bewusstsein soll sozusagen klassisch über die Entwicklung von Sprachfähigkeit funktionieren. Eine halbe Million "Skripts" existieren bereits, in denen die Mikrostrukturen komplexer Sprachprozesse erfasst werden sollen, ein Ende ist nicht absehbar.
DAVE soll aber nicht allein mit Fakten gefüttert, ein Persönlichkeitskern soll angereichert werden. Dafür brauchen die Hohepriester der KI-Kaste um den angeblich blinden, jedenfalls undurchsichtigen Laborleiter Fröhlich Material in Form menschlicher Erinnerungen - und die holen sie sich just bei Syz. In nächtlichen "Kopiesitzungen" muss er prägende Szenen seines Lebens erzählen, auf dass Leerstelle um Leerstelle der künftigen Computerpersönlichkeit "mit dem Stopfei meines Charakters geflickt" werde. Als Hauptperson einer hoch geheimen Aktion steigt Syz von seiner schäbigen Programmierer-WG in ein eigenes Apartment auf und bekommt das zehnfache Gehalt. Mit einem Mal bewegt er sich im Zentrum der Macht, das heißt: des Wissens und seiner Regulierung. Und weil es sich bei "DAVE" auch um einen veritablen Thriller handelt, bekommt ihm das nicht.
Vier Verse aus T. S. Eliots "Vier Quartetten", als Menetekel an die Wand geschrieben, geben am Beginn der Erzählung die Richtung einer Kreisbewegung vor: "We shall not cease from exploration / And the end of all our exploring / Will be to arrive where we started /And know the place for the first time." Das nennt man Umwegrentabilität, und auch Syz kommt in ihren Genuss, wenn auch anders, als er und seine Vorgesetzten sich das vorgestellt haben. Eine Rolle spielt dabei jedenfalls das vom Schriftsteller Philip K. Dick entworfene Konzept der "orthogonalen Zeit", in dem die Wirklichkeit sich jenseits der Linearität darstellt und dem Menschen erlaubt, sich an Ereignisse aus der Zukunft zu erinnern. So ergeht es Syz mit der faszinierenden Perserin Khatun. Ihr Gesicht, ihr Duft vermitteln ihm ein "inverses Déjà-vu", die Vorahnung einer künftigen Erinnerung an diesen Moment.
Überhaupt wird es kompliziert in dieser Liebesgeschichte, die damit beginnt, dass die beiden im Großraumbüro eine halbe Stunde stumm hintereinander im Kreis (!) gehen. Khatun, die als Ärztin mit Menschenkontakt nur knapp über dem Reinigungspersonal rangiert, glaubt als rebellische Natur nicht an DAVE, hat sie doch "mit der Intelligenz keine so guten Erfahrungen gemacht, bisher". Nachdem Syz Einblick in den Personalakt eines auf mysteriöse Weise verschwundenen genialen Vorgängers genommen hat, wird er verstehen, was sie damit meint.
Im Jahr 1871 hatte George Eliot in ihrem Epochenrundgemälde "Middlemarch" das politische, medizinische, ökonomische und religionsgeschichtliche Wissen ihrer Zeit ausgebreitet. Hundertfünfzig Jahre später ist solches im Roman nicht mehr zu leisten und jene Nonchalance wissbegieriger Belehrung kaum zu erreichen. Für den Komplex der lernenden Systeme, der Informatik, der Bewusstseins- und Gedächtnisforschung ist dies Raphaela Edelbauer jedoch erstaunlich gut gelungen. Ob es um den Logiker Alan Turing oder den Arzt Ernst von Feuchtersleben und seine "Diätetik der Seele" geht, um Heinrich Seuses Mystik oder Ciceros Merkmethode, um Hegel oder Wittgenstein, die Autorin hat sich aus der im weitesten Sinne einschlägigen Literatur offenkundig nicht bloß bedient, sie hat sie studiert und schöpft daraus mit erzählerischer Eleganz und Ökonomie.
Dass sie selbst den Heilsversprechen der Superintelligenz misstraut und vor allem die Frage nach deren Ethik stellt, erschließt sich aus der dystopischen Evidenz: Das Bestreben, Unvernunft, Gewalt und Leiden auf Erden abzuschaffen, führt zur Diktatur der Weltverbesserer. Wer nicht einzelne Probleme eliminieren will, "sondern die Idee des Problems an und für sich", der baut nicht den Computer nach dem Bild des Menschen, sondern die menschliche Gesellschaft nach dem Bild des Computers. So gleicht das fünfstöckige Labor zugleich einem Gehirn und einem Datenspeicher, ist ein "flimmernder Bienenstock", in dem die arbeitende Masse naturgemäß ein kärgliches Leben fristet, mit "Knircks Kargbrei", einer öden Nährstoffpampe, und ohne Schokolade (was an George Orwells "1984" erinnert, gewiss eine der Hintergrundfolien für diese Erzählung). Überwachung und Repression funktionieren in dieser erinnerten Zukunft der Humanoptimierer subtiler, ihre wahren Absichten sind besser getarnt, Fröhlichs "Aula der fröhlichen Menschen und Tiere" duldet gleichwohl kein Abweichen vom Pfad der Vervollkommnung.
Durch das Spiegelkabinett multipler Identitäten, leckender Gedächtnisräume und diffundierender Doppelgänger bewegt Edelbauer sich leichtfüßig, mitunter gar akrobatisch. Das unterhält ebenso wie der gallige Witz und die aufblitzende Lust am Wortspiel zwischen "Makellosigkeit" und "Makulatur", aber man lernt eben auch allerhand. Akteure und Akteurinnen gewinnen dabei allerdings kaum menschliche Plastizität, sie bleiben als Spielfiguren einer futuristischen Versuchsanordnung erkennbar - oder als wandelnde Chatbots, ein Systemfehler sozusagen. Am Ende erzwingt der Held dank der Spannungsdramaturgie des Thrillers doch noch unsere Anteilnahme, und die Rezensentin, die ihrerseits keine Science-Fiction mag, wundert sich über ihre treue Gefolgschaft. Und denkt an Ernst von Feuchterslebens Diktum von 1841: "Die Gegenstände an und für sich sind gleichgültig. Es kommt darauf an, wie sie sich zur Natur und Geisteskraft des Künstlers verhalten."
DANIELA STRIGL
Raphaela Edelbauer: "DAVE". Roman.
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2021. 432 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Projekt hat bereits Formen angenommen, die Formen eines Rechners, der im Allerheiligsten des Labors thront: DAVE. Nach den Gesetzen der Science-Fiction müssten die Buchstaben des Namens für irgendetwas Bedeutsames stehen, das Akronym wird in Edelbauers Roman jedoch nicht aufgeschlüsselt. DAVEs synthetisches Bewusstsein soll sozusagen klassisch über die Entwicklung von Sprachfähigkeit funktionieren. Eine halbe Million "Skripts" existieren bereits, in denen die Mikrostrukturen komplexer Sprachprozesse erfasst werden sollen, ein Ende ist nicht absehbar.
DAVE soll aber nicht allein mit Fakten gefüttert, ein Persönlichkeitskern soll angereichert werden. Dafür brauchen die Hohepriester der KI-Kaste um den angeblich blinden, jedenfalls undurchsichtigen Laborleiter Fröhlich Material in Form menschlicher Erinnerungen - und die holen sie sich just bei Syz. In nächtlichen "Kopiesitzungen" muss er prägende Szenen seines Lebens erzählen, auf dass Leerstelle um Leerstelle der künftigen Computerpersönlichkeit "mit dem Stopfei meines Charakters geflickt" werde. Als Hauptperson einer hoch geheimen Aktion steigt Syz von seiner schäbigen Programmierer-WG in ein eigenes Apartment auf und bekommt das zehnfache Gehalt. Mit einem Mal bewegt er sich im Zentrum der Macht, das heißt: des Wissens und seiner Regulierung. Und weil es sich bei "DAVE" auch um einen veritablen Thriller handelt, bekommt ihm das nicht.
Vier Verse aus T. S. Eliots "Vier Quartetten", als Menetekel an die Wand geschrieben, geben am Beginn der Erzählung die Richtung einer Kreisbewegung vor: "We shall not cease from exploration / And the end of all our exploring / Will be to arrive where we started /And know the place for the first time." Das nennt man Umwegrentabilität, und auch Syz kommt in ihren Genuss, wenn auch anders, als er und seine Vorgesetzten sich das vorgestellt haben. Eine Rolle spielt dabei jedenfalls das vom Schriftsteller Philip K. Dick entworfene Konzept der "orthogonalen Zeit", in dem die Wirklichkeit sich jenseits der Linearität darstellt und dem Menschen erlaubt, sich an Ereignisse aus der Zukunft zu erinnern. So ergeht es Syz mit der faszinierenden Perserin Khatun. Ihr Gesicht, ihr Duft vermitteln ihm ein "inverses Déjà-vu", die Vorahnung einer künftigen Erinnerung an diesen Moment.
Überhaupt wird es kompliziert in dieser Liebesgeschichte, die damit beginnt, dass die beiden im Großraumbüro eine halbe Stunde stumm hintereinander im Kreis (!) gehen. Khatun, die als Ärztin mit Menschenkontakt nur knapp über dem Reinigungspersonal rangiert, glaubt als rebellische Natur nicht an DAVE, hat sie doch "mit der Intelligenz keine so guten Erfahrungen gemacht, bisher". Nachdem Syz Einblick in den Personalakt eines auf mysteriöse Weise verschwundenen genialen Vorgängers genommen hat, wird er verstehen, was sie damit meint.
Im Jahr 1871 hatte George Eliot in ihrem Epochenrundgemälde "Middlemarch" das politische, medizinische, ökonomische und religionsgeschichtliche Wissen ihrer Zeit ausgebreitet. Hundertfünfzig Jahre später ist solches im Roman nicht mehr zu leisten und jene Nonchalance wissbegieriger Belehrung kaum zu erreichen. Für den Komplex der lernenden Systeme, der Informatik, der Bewusstseins- und Gedächtnisforschung ist dies Raphaela Edelbauer jedoch erstaunlich gut gelungen. Ob es um den Logiker Alan Turing oder den Arzt Ernst von Feuchtersleben und seine "Diätetik der Seele" geht, um Heinrich Seuses Mystik oder Ciceros Merkmethode, um Hegel oder Wittgenstein, die Autorin hat sich aus der im weitesten Sinne einschlägigen Literatur offenkundig nicht bloß bedient, sie hat sie studiert und schöpft daraus mit erzählerischer Eleganz und Ökonomie.
Dass sie selbst den Heilsversprechen der Superintelligenz misstraut und vor allem die Frage nach deren Ethik stellt, erschließt sich aus der dystopischen Evidenz: Das Bestreben, Unvernunft, Gewalt und Leiden auf Erden abzuschaffen, führt zur Diktatur der Weltverbesserer. Wer nicht einzelne Probleme eliminieren will, "sondern die Idee des Problems an und für sich", der baut nicht den Computer nach dem Bild des Menschen, sondern die menschliche Gesellschaft nach dem Bild des Computers. So gleicht das fünfstöckige Labor zugleich einem Gehirn und einem Datenspeicher, ist ein "flimmernder Bienenstock", in dem die arbeitende Masse naturgemäß ein kärgliches Leben fristet, mit "Knircks Kargbrei", einer öden Nährstoffpampe, und ohne Schokolade (was an George Orwells "1984" erinnert, gewiss eine der Hintergrundfolien für diese Erzählung). Überwachung und Repression funktionieren in dieser erinnerten Zukunft der Humanoptimierer subtiler, ihre wahren Absichten sind besser getarnt, Fröhlichs "Aula der fröhlichen Menschen und Tiere" duldet gleichwohl kein Abweichen vom Pfad der Vervollkommnung.
Durch das Spiegelkabinett multipler Identitäten, leckender Gedächtnisräume und diffundierender Doppelgänger bewegt Edelbauer sich leichtfüßig, mitunter gar akrobatisch. Das unterhält ebenso wie der gallige Witz und die aufblitzende Lust am Wortspiel zwischen "Makellosigkeit" und "Makulatur", aber man lernt eben auch allerhand. Akteure und Akteurinnen gewinnen dabei allerdings kaum menschliche Plastizität, sie bleiben als Spielfiguren einer futuristischen Versuchsanordnung erkennbar - oder als wandelnde Chatbots, ein Systemfehler sozusagen. Am Ende erzwingt der Held dank der Spannungsdramaturgie des Thrillers doch noch unsere Anteilnahme, und die Rezensentin, die ihrerseits keine Science-Fiction mag, wundert sich über ihre treue Gefolgschaft. Und denkt an Ernst von Feuchterslebens Diktum von 1841: "Die Gegenstände an und für sich sind gleichgültig. Es kommt darauf an, wie sie sich zur Natur und Geisteskraft des Künstlers verhalten."
DANIELA STRIGL
Raphaela Edelbauer: "DAVE". Roman.
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2021. 432 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
Gebundenes Buch
Verwirrend, anspruchsvoll und nicht für jeden lesenswert
Der Programmierer Syz arbeitet zusammen mit tausend anderen am Projekt Dave. Dave ist ein Computer, der so programmiert werden soll, dass er ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Syz wird auserwählt Dave seine persönlichen …
Mehr
Verwirrend, anspruchsvoll und nicht für jeden lesenswert
Der Programmierer Syz arbeitet zusammen mit tausend anderen am Projekt Dave. Dave ist ein Computer, der so programmiert werden soll, dass er ein eigenes Bewusstsein entwickelt. Syz wird auserwählt Dave seine persönlichen Erinnerungen zu geben und steigt dadurch in der Hierarchie auf. Das erlaubt ihm Einblicke in die herrschende Klasse. Welchem Zweck soll Dave dienen ? Heilsbringer oder Ende der Menschheit ?
Ich bin bei diesem Roman zwiegespalten in der Beurteilung. Das Thema ist interessant und aktuell. Die Frage, ob eine Maschine einen Menschen ersetzen kann, führt unwillkürlich zu einer emotionalen Debatte. Auch die Autorin setzt sich mit der Frage auseinander, ob die Maschine dem Menschen dient oder der Mensch der Maschine. Was macht ein eigenständiges Bewusstsein aus ? Die Autorin lässt mich die Ereignisse durch Syz erleben. Dabei werden die Erlebnisse immer verworrener und ich konnte oft nicht mehr zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden. Mir fehlte der rote Faden. Für mich das größte Manko des Buches war der Erzählstil. Die Autorin benutzt unglaublich viele nicht gerade gängige Fremdwörter, die den Lesefluss gestört haben, da ich schlichtweg nicht wusste, was sie bedeuten und sie nachschlagen musste. Dann enthält der Roman lange Ausführungen zu philosophischen und technischen Fragen, bei denen mir die Vorkenntnisse fehlen. Gut, das ist zum Teil mein Problem, aber das Buch gehört in meinen Augen zur Unterhaltungsliteratur und ist keine wissenschaftliche Abhandlung. Da hätte ich es auch nicht in die Hand genommen.
Mein Fazit : ein Roman zu einem interessanten Thema, der mich zeitweise fesseln konnte und mir einige Denkanstöße gegeben hat. Sprachlich und mit den wissenschaftlichen Ausführungen fühlte ich mich allein gelassen. Jemand, der näher am Thema dran ist, ist möglicherweise begeistert.
Weniger
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Gebundenes Buch
Eine Herausforderung für Leser mit Durchhaltevermögen
Gedankenspielereien um moderne Technologien und deren - vielleicht nicht immer positiv zu bewertenden - Anwendungsmöglichkeiten faszinieren mich. Da es sich bei DAVE um eine Künstliche Intelligenz (KI) handelt und die Autorin …
Mehr
Eine Herausforderung für Leser mit Durchhaltevermögen
Gedankenspielereien um moderne Technologien und deren - vielleicht nicht immer positiv zu bewertenden - Anwendungsmöglichkeiten faszinieren mich. Da es sich bei DAVE um eine Künstliche Intelligenz (KI) handelt und die Autorin für ihre Wortakrobatik bekannt ist, war ich entsprechend gespannt auf den Roman.
Tatsächlich geht es hier um die Frage, ob eine KI mit eigenem Bewusstsein nicht nur möglich, sondern auch erstrebenswert ist. Wo liegen die Vorteile, wo die Gefahren? Würde sich ein Supercomputer mit eigenem Bewusstsein nicht eher gegen Missbrauch zur Wehr setzen als eine simple Rechenmaschine? Oder wäre zuviel Künstliche Intelligenz eine Gefahr für die Zukunft der Menschheit, gar irgendwann eine Bedrohung ihrer gesamten Existenz?
Dies sind einige der vielen Fragen, welchen Programmierer Syz im Roman begegnet. Als Bewohner eines riesigen, schwarzen Monolithen, abgeschottet von der Aussenwelt, ist es das Bestreben nicht nur von Syz, sondern der gesamten Bevölkerung dieses Mikrokosmos, die Superintelligenz DAVE zu perfektionieren. Diverse, nach und nach erkennbare Extrema in der Gesellschaft lassen diese Welt jedoch mit der Zeit immer fragwürdiger erscheinen.
"Ich persönlich habe immer schon daran geglaubt, dass ein Turing-Test nicht nur aussagt, wie überzeugend eine künstliche Intelligenz ist, sondern vor allem, wie dumm und leicht zu täuschen eine Gesellschaft." Zitat S. 235
Die Autorin spielt mit dem Leser. Auf eine Art, welche nicht von Beginn an erkennbar ist. Ebenso wie die KI DAVE entwickelt sich der Stil des Romans von Seite zu Seite, von Kapitel zu Kapitel. Ein stilistischer, wenn nicht gar schöpferischer Kniff, welcher im Nachhinein betrachtet zwar grandios erscheint, den Leser jedoch vor allem zu Beginn vor ziemliche Herausforderungen stellt. Ich empfand es durch die vielen Fachbegriffe über mehrere Fachgebiete hinweg als anstrengend, der Lesefluss wurd arg gestört. Das kann den Spaß an einem Roman dergestalt trüben, dass viele Leser ein Buch enttäuscht zur Seite legen. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, den Leser nicht zu sehr zu überfordern, um den Spaß am Lesen nicht so stark zu mindern.
Alles war Simulation, aber das störte mich nicht - denn was war Lüge an einer Simulation, wenn sie die Wahrheitsbedingungen selbst gleich mitsimulierte? Zitat S. 302
Von diesem unerfreulichen Start ins Geschehen mal abgesehen war ich insgesamt zu großen Teilen mit der Story zufrieden. Irgendwann setzte bei mir der Aha-Moment ein - von da an hatte ich das Gefühl, die abstruse, stellenweise surreal wirkende Handlung bzw. die Hintergründe immer mehr zu verstehen. Einige wenige Längen bremsten hier und da die Spannung zwar immer wieder mal etwas aus, im Großen und Ganzen gefiel mir dann aber doch die Idee des Romans.
Der Roman DAVE ist definitiv eine ungewohnte Herangehensweise an das Thema Künstliche Intelligenz, wenn auch nicht völlig neu. Erschwerend ist bei diesem Roman vor allem, dass die Autorin das Stilmittel des geschriebenen Wortes mit einsetzt, um die Entwicklung des Romans zu verdeutlichen. Das war mir stellenweise zuviel des Guten und schmälerte den Lesegenuss unnötig. Von daher ist es ein Buch für Leser mit Durchhaltevermögen, die sich von schwierig zu lesenden Textpassagen und surreal wirkenden Szenen nicht allzu schnell vergraulen lassen. (3,5/5 Sternen)
Weniger
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 2 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Gebundenes Buch
Interessantes Thema, anstrengende Umsetzung
Ich lese gerne hin und wieder etwas aus dem Genre SciFi und auch das Thema künstliche Intelligenz finde ich spannend und so klang „DAVE“ von Raphaela Edelbauer auf den ersten Blick interessant. Schnell zeigte sich aber, das wird kein …
Mehr
Interessantes Thema, anstrengende Umsetzung
Ich lese gerne hin und wieder etwas aus dem Genre SciFi und auch das Thema künstliche Intelligenz finde ich spannend und so klang „DAVE“ von Raphaela Edelbauer auf den ersten Blick interessant. Schnell zeigte sich aber, das wird kein leichtes Buch. Die ersten Kapitel waren für mich nur mit einer ordentlichen Prise Humor zu ertragen, denn der Schreibstil der Autorin macht es den Leser*innen wirklich nicht leicht. Lange, verschachtelte Sätze, voller Fremdwörter und literarischer Spielereien, führten dazu dass das Lesen einfach nur anstrengend war und so gar keinen Spaß machte. Auch zahlreiche vorkommende Begriffe aus dem Österreichischen störten meinen Lesefluss und passten in meinen Augen auch nicht zur sonstigen Aufmachung des Buchs. Das Thema und der Ansatz der Geschichte gefielen mir an sich gut, nur schaffte es die Autorin ein schwieriges Thema, noch komplizierter zu machen. Die eigentlich spannende Handlung verliert sich zudem immer wieder in philosophischen Debatten und den skurrilsten Begebenheiten. Oft war es äußerst schwer zwischen Realität und Einbildung zu unterscheiden und so wirkte der Plot für mich stellenweise wie ein surrealer Traum. Das Ende versöhnte mich zum Glück dann zumindest ein bisschen mit der völlig verrückten Geschichte, da es doch noch eine halbwegs logische Erklärung für Alles gab. Mein Fazit: Allein aufgrund des Schreibstils kann und mag ich das Buch keinem weiterempfehlen. Durch seine Besonderheiten wird es aber sicher seine Fans finden, mich konnte es allerdings nicht überzeugen.
Weniger
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Gebundenes Buch
Mensch oder Maschine?
In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Tag und Nacht arbeitet er an DAVE, einer künstlichen Intelligenz (KI). Bis Syz eines Tages „befördert“ wird und sich bei ihm erste Zweifel regen.
DAVE von Raphaela Edelbauer ist keine leichte …
Mehr
Mensch oder Maschine?
In der Welt von Syz dreht sich alles ums Programmieren. Tag und Nacht arbeitet er an DAVE, einer künstlichen Intelligenz (KI). Bis Syz eines Tages „befördert“ wird und sich bei ihm erste Zweifel regen.
DAVE von Raphaela Edelbauer ist keine leichte Kost. Ein düsteres Szenario, das die Autorin sich ausgedacht und mich an Orwells „1984“ erinnert hat. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist ein Zitat von T.S. Eliot:
„We shall not cease from exploration. And the end of all our exploring will to be to arrive where we started and know the place for the first time.“
Vieles hat mir gefallen. Das Thema KI an sich, auch das Zeitgeschichtliche, die Anfänge der Digitalisierung, fand ich sehr informativ. Der Ich-Erzähler Syz, der eine schlimme Kindheit hatte. Aber vieles war mir zu philosophisch. „Wer bin ich - und wenn ja wie viele?“ Nein, ich habe das Buch von Richard David Precht nicht gelesen. Aber ich denke, der Titel passt.
Dazu die vielen Namen und Fremdwörter. Ich mag da auch nicht immer alles gleich nachschlagen. Denn das stört meinen Lesefluss. Was also ist die Moral von der Geschicht‘? Ist es möglich, dass eine Maschine so etwas wie ein Bewusstsein entwickelt? Neu ist die Idee ja nicht. Das Ende hat mich nicht überrascht. Es ist logisch. Alles andere hätte nicht gepasst.
Fazit: Ein interessantes Buch, das den Leser fordert. Aber so richtig mitreißen konnte es mich nicht. 3,5*
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Gebundenes Buch
Alles völlig sinnfrei
In ihrem zweiten Roman «DAVE» entwickelt die österreichische Schriftstellerin Raphaela Edelbauer eine verstörende Dystopie, bei der es um Künstliche Intelligenz geht. Die gigantisch angewachsene Menschheit erhofft sich mit Hilfe eines …
Mehr
Alles völlig sinnfrei
In ihrem zweiten Roman «DAVE» entwickelt die österreichische Schriftstellerin Raphaela Edelbauer eine verstörende Dystopie, bei der es um Künstliche Intelligenz geht. Die gigantisch angewachsene Menschheit erhofft sich mit Hilfe eines Supercomputers, der technisch alles Dagewesene bei weitem übertrifft, den selbst verursachten Zusammenbruch aller Lebens-Grundlagen zu überwinden. Was diesen Roman aus der Masse von Science-Fiction heraushebt, ist eine in jeder Hinsicht eigenwillige, alle narrativen Konventionen sprengende Sprache, in der da erzählt wird. Damit wird eine hohe Hürde aufgebaut, an der viele Leser scheitern dürften.
DAVE also soll’s richten, und zwar mit Hilfe der KI. Tausende von Nerds schuften in einem streng von der verwüsteten Außenwelt abgeschirmten Entwicklungs-Zentrum wie Sklaven. Auch Syz, 28jähriger Ich-Erzähler der Geschichte, produziert als kleines Rädchen im Getriebe Scripts am laufenden Band. Er schläft nur wenige Stunden, den Rest seiner Zeit sitzt er vor dem Computer. Oder redet mit seinen Freunden, und zwar immer wieder nur über technologische Probleme. In dieser elitären Denkfabrik nun bildet DAVE den Mittelpunkt, eine gottähnliche Maschine, die demnächst den Menschen an Intelligenz weit übertreffen wird und in ihrer Allmacht alles steuern kann, sogar bis tief ins Universum hinein. Man ist in einer Entwicklungsphase angelangt, wo die noch vorhandene Limitierung des Superhirns durch das Einspeisen von menschlichen Emotionen überwunden werden soll. Die muss DAVE sich nach und nach in einem Selbstlern-Prozess einverleiben, um nach diesem Muster sein eigenes Bewusstsein zu entwickeln. Und Syz ist der Auserwählte, dessen Ego in diesen Computer integriert werden soll. Er berichtet nun in endlosen Nacht-Sitzungen von seinen Erfahrungen, Erlebnissen, Ängsten, Empfindungen, - quasi von allem, was mit dem Menschsein korreliert, und all das wird der Maschine unentwegt einprogrammiert. Es gibt aber zwei Störfälle, die das Ganze ins Wanken bringen. Syz verliebt sich, was in dieser aberwitzigen Techno-Welt nicht vorgesehen ist, und ihm kommen Zweifel an den Hintergründen für das gigantische Projekt und an seinen unbekannten Nutznießern.
Die Autorin baut viele existenzielle Fragen ein in ihre surreale Geschichte, sie arbeitet mit literarischen Verweisen, es gibt aber auch diverse popkulturelle Anspielungen, die allenfalls Eingeweihte verstehen. Besonders krass stürmt das gleich am Anfang auf den Leser ein, er wird mit Neologismen, absurdem Fachjargon und akademisch abgehobenem Vokabular regelrecht zugeschüttet, alles völlig sinnfrei. Die narrative Form des unzuverlässigen Erzählers trägt zusätzlich zur Verwirrung bei, es ist eiserner Wille erforderlich, um da weiter durchzuhalten. Denn auch eine Handlung, die einen gewissen Lesesog erzeugen könnte, ist nicht mal ansatzweise vorhanden. In dieser durchgeknallten Nerd-Welt begegnet man fast ausnahmslos zombiehaften Figuren, die keinerlei Empathie zu wecken vermögen mit ihrem an Roboter erinnernden Habitus. Überlagert ist dem allen eine Tristesse, die in einer allmächtigen digitalen Klassengesellschaft begründet ist, deren diktatorischen Triebkräften der Romanheld irgendwann nicht mehr traut.
Raphaela Edelbauer, die in Wien Sprachkunst studiert hat, arbeitete mehr als zehn Jahre an diesem Roman, wie sie im Interview erklärt hat, zweimal habe sie ihn umgeschrieben. Bei ihr sind dann auch schon mal «belatzhoste» Arbeiter am Werke, für Sprachkunst ja durchaus exemplarisch! Was da als Science-Fiction geboten wird, überwindet nicht nur mühelos die Grenzen von Zeit und Raum, sondern auch die der Erzählinstanzen, man ist immer wieder im Zweifel, ob da noch ein Erzähler spricht oder schon der Computer selbst. Denn bald, wird behauptet, könnten ja die Computer schon ganze Romane schreiben. Spätestens dann aber muss ich mir ein neues Steckenpferd suchen, die Literatur also an den Nagel hängen und eine Computersprache lernen, - zum Beispiel.
Weniger
Antworten 1 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 1 von 2 finden diese Rezension hilfreich
Gebundenes Buch
Dave von Raphaela Edelbauer aus dem Klett-Cotta Verlag
„Wenn Erinnern ein Wiedererleben des Vergangenen ist, wie können wir dann die Realität vom Gedächtnis unterscheiden? Nur in dem wir wieder das Gedächtnis konsultieren – ein Paradoxon“
Dieses kleine Zitat …
Mehr
Dave von Raphaela Edelbauer aus dem Klett-Cotta Verlag
„Wenn Erinnern ein Wiedererleben des Vergangenen ist, wie können wir dann die Realität vom Gedächtnis unterscheiden? Nur in dem wir wieder das Gedächtnis konsultieren – ein Paradoxon“
Dieses kleine Zitat auf Seite 418 ist für mich ein Schlüssel zum ganzen wunderbaren Buch.
Die Erde so wie wir sie kennen existiert nicht mehr. Die Oberfläche des Planeten ist unbewohnbar, die große Katastrophe eingetreten. Die Menschen leben in gewaltigen Klötzen aus Beton, die Stockwerke eingeteilt in die gesellschaftlichen Klassen von bettelarm und billig ausgebeutet bis zur Upper-Class. Zumindest in dem Punkt hat sich nicht viel verändert.
Im Herz eines solchen Betonwürfels schlummert Dave, wird seit Jahren, wenn nicht Generationen mit Daten gefüttert. Es soll ihm eine KI, eine künstliche Intelligenz, ja ein künstliches Bewusstsein einprogrammiert werden damit er eine Lösung für all die Probleme der Menschheit findet.
Syz ist Programmierer, hochbegabt und intelligent, schreibt seit Jahren sogenannte Scripts – Alltagsroutinen an denen der Computer lernen soll. Er bemühte sich oft um eine Beförderung und wird immer abgelehnt, erst als er schon nicht mehr daran glauben mag kommt die ersehnte Chance. Er darf Dave mit seinen Erinnerungen füttern und kommt so sehr nahe in das Allerheiligste des Cubes. Die Zeit der Fertigstellung rückt näher, der Release kommt in greifbare Nähe.
Doch Syz kommen Bedenken, leichte Zweifel – wird Dave wie er, oder umgekehrt? Wird der Computer menschförmig, oder die Gesellschaft computerförmig? Wie überzeugend ist letztendlich eine KI, oder wie dumm und leicht zu täuschen ist die Gesellschaft?
Die Autorin spielt hier in dieser Dystopie mit Gedanken, Erinnerungen, an das was war oder was sein könnte. Während des Erzählens kommen Fetzen, Bruchstücke scheinbar aus anderen Leben, Welten der Protagonisten daher. Es baut sich hin und wieder eine faszinierende Surrealität auf und entlockt dem Leser in all dem Gewirr von Fachausdrücken und sehr kurzen Abschweifungen in die Privatsphäre von Syz und seinen Freunden wüstenhafte Bilder, leere Gedankenbilder die sich in einen holographischen Wirbel rund um die Hauptgeschichte zu drehen beginnen.
Was ist der Mensch? Was bedeutet es Mensch zu sein? Wo steuern wir letztendlich das Schiff „Erde“ tatsächlich hin?; denn die Wand steht schon da und wartet auf den unausweichlichen Aufprall, dessen Heftigkeit wir noch ein wenig zu beeinflussen vermögen.
Und letztendlich – um an das eingangs erwähnte Zitat zurück zu kommen – die Welt der Gedanken ist derart komplex, wird es jemals tatsächlich möglich sein einer Maschine ein Bewusstsein, und somit eine Seele einzuhauchen? Und wenn ja, wer kontrolliert dann die Maschine – oder wird es umgekehrt sein?
Fazit: Der Einstieg in den Roman war ein wenig holprig, viele Fachausdrücke legen sich anfangs in den Weg, aber die Geschichte entwickelt einen gewaltigen Sog. Die Sprachführung ist sachlich, geradlinig und dennoch erheitert einen so manche österreichische Wortkreation. Es ist Sciene-Fiction, eine Dystopie, ein wunderbarer (philosophischer) Roman über den Wert der Menschen und darüber was es ausmacht Mensch zu sein mit all den Fehlern die diese Spezies hat und tagtäglich macht. All diese Scripts und Flashs die während der Lektüre dem Leser die Ganglien und Synapsen verknoten und malträtiern entwirren sich schließlich zu einer Art DejaVu, surreale Bilder und Szenen bleiben übrig, eingepresst in das Gedächtnis mit dem Hilferuf der Erinnerung an eine graue Zukunft!
Ich bin mir sicher dass der Roman nicht jedermann begeistern wird, es ist keine ganz einfache , dafür aber fordernde Lektüre, deswegen gebe ich aus den obengenannten Überlegungen eine mehr als klare Leseempfehlung aus und behaupte: Großartige, sehr geniale Literatur und verneige mich vor dem Genie der Autorin.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für