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Ein farbenprächtiger Roman über einen maßlosen Kaiser von China und einen englischen Uhrmacher, über die Vergänglichkeit und das Geheimnis, dass nur das Erzählen über die Zeit triumphieren kann.Der mächtigste Mann der Welt, Qiánlóng, Kaiser von China, lädt den englischen Automatenbauer und Uhrmacher Alister Cox an seinen Hof. Der Meister aus London soll in der Verbotenen Stadt Uhren bauen, an denen die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Zeiten des Glücks, der Kindheit, der Liebe, auch von Krankheit und Sterben abzulesen sind. Schließlich verlangt Qiánlóng, der gemäß einem...
Ein farbenprächtiger Roman über einen maßlosen Kaiser von China und einen englischen Uhrmacher, über die Vergänglichkeit und das Geheimnis, dass nur das Erzählen über die Zeit triumphieren kann.
Der mächtigste Mann der Welt, Qiánlóng, Kaiser von China, lädt den englischen Automatenbauer und Uhrmacher Alister Cox an seinen Hof. Der Meister aus London soll in der Verbotenen Stadt Uhren bauen, an denen die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Zeiten des Glücks, der Kindheit, der Liebe, auch von Krankheit und Sterben abzulesen sind. Schließlich verlangt Qiánlóng, der gemäß einem seiner zahllosen Titel auch alleiniger Herr über die Zeit ist, eine Uhr zur Messung der Ewigkeit. Cox weiß, dass er diesen ungeheuerlichen Auftrag nicht erfüllen kann, aber verweigert er sich dem Willen des Gottkaisers, droht ihm der Tod. Also macht er sich an die Arbeit.
Der mächtigste Mann der Welt, Qiánlóng, Kaiser von China, lädt den englischen Automatenbauer und Uhrmacher Alister Cox an seinen Hof. Der Meister aus London soll in der Verbotenen Stadt Uhren bauen, an denen die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Zeiten des Glücks, der Kindheit, der Liebe, auch von Krankheit und Sterben abzulesen sind. Schließlich verlangt Qiánlóng, der gemäß einem seiner zahllosen Titel auch alleiniger Herr über die Zeit ist, eine Uhr zur Messung der Ewigkeit. Cox weiß, dass er diesen ungeheuerlichen Auftrag nicht erfüllen kann, aber verweigert er sich dem Willen des Gottkaisers, droht ihm der Tod. Also macht er sich an die Arbeit.
Christoph Ransmayr wurde 1954 in Wels/Oberösterreich geboren und lebt nach Jahren in Irland und auf Reisen wieder in Wien. Neben seinen Romanen 'Die Schrecken des Eises und der Finsternis', 'Die letzte Welt', 'Morbus Kitahara', 'Der fliegende Berg', 'Cox oder Der Lauf der Zeit', 'Der Fallmeister. Eine kurze Geschichte vom Töten' und dem 'Atlas eines ängstlichen Mannes' erscheinen Spielformen des Erzählens, darunter 'Damen & Herren unter Wasser', 'Geständnisse eines Touristen', 'Der Wolfsjäger' und 'Arznei gegen die Sterblichkeit', im Juli 2022 'Jägerin im Sonnenbad. Dreizehn Balladen und Gedichte'. Zum Werk Christoph Ransmayrs erschien der Band 'Bericht am Feuer'. Für seine Bücher, die in mehr als dreißig Sprachen übersetzt wurden, erhielt er zahlreiche literarische Auszeichnungen, unter anderem die nach Friedrich Hölderlin, Franz Kafka und Bert Brecht benannten Literaturpreise, den Kleist-Preis, den Premio Mondello und, gemeinsam mit Salman Rushdie, den Prix Aristeion der Europäischen Union, den Prix du meilleur livre étranger und den Prix Jean Monnet de Littérature Européenne. Literaturpreise: Anton-Wildgans Preis der österreichischen Industrie (1989), Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1992), Franz-Kafka-Preis (1995), Franz-Nabl-Preis der Stadt Graz (1996), Aristeion-Preis der Europäischen Union (1996, gemeinsam mit Salman Rushdie), Solothurner Literaturpreis (1997), Premio Letterario Internazionale Mondello (1997), Landeskulturpreis für Literatur des Bundeslandes Oberösterreich (1997), Friedrich Hölderlin Preis der Stadt Bad Homburg (1998), Nestroy-Preis (Bestes Stück - Autorenpreis) für 'Die Unsichtbare' (2001), Bertolt-Brecht-Literaturpreis der Stadt Augsburg (2004), Heinrich-Böll-Preis (2007), Premio Itas (2009), Premio La voce dei lettori (2009), Premio Gambrinus (2010), Ernst-Toller-Preis (2013), Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau (2013), Franz-Josef-Altenburg-Preis (2014), Donauland Sachbuchpreis (2014), Fontane-Preis für Literatur (2014), Prix Jean Monnet de Littératures Européennes (2015), Prix du Meilleur livre étranger (2015), Marieluise-Fleißer-Preis (2017), Würth-Preis für Europäische Literatur (2018), Kleist-Preis (2018), Nominierung für den Man Booker International Prize (2018), Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten (2018), Ludwig-Börne-Preis (2020), Park-Kyung-ni-Literaturpreis (2023).

© Magdalena Weyrer
Produktdetails
- Fischer Taschenbücher 52206
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- Artikelnr. des Verlages: 1015655
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 316
- Erscheinungstermin: 24. Oktober 2018
- Deutsch
- Abmessung: 148mm x 95mm x 22mm
- Gewicht: 192g
- ISBN-13: 9783596522064
- ISBN-10: 3596522064
- Artikelnr.: 52461038
Herstellerkennzeichnung
FISCHER Taschenbuch
Hedderichstr. 114
60596 Frankfurt
produktsicherheit@fischerverlage.de
© BÜCHERmagazin, Ingeborg Waldinger (wal)
Im Uhrwerk liegt die Erfindung der Welt
Christoph Ransmayr stellt in seiner Literatur das Erfundene über das Gefundene. Und doch hat sein Werk viel mit der Wirklichkeit zu tun: Auf den Spuren des historischen Romans "Cox oder Der Lauf der Zeit" durch das Peking von heute.
PEKING, im September
Am Ende von Christoph Ransmayrs 2016 erschienenem Roman "Cox" zögert der Kaiser von China, der "Herr der zehntausend Jahre", die neu gebaute Uhr für die Ewigkeit tatsächlich in Gang zu setzen. Würde sie die Allmacht jenes Mannes, der Herr über die Zeit ist, mehr noch: "die Zeit selbst war", nicht in Frage stellen und an eine Maschine abtreten? Ransmayr erzählt in seinem Roman vom Kaiser Qiánlóng, genannt der
Christoph Ransmayr stellt in seiner Literatur das Erfundene über das Gefundene. Und doch hat sein Werk viel mit der Wirklichkeit zu tun: Auf den Spuren des historischen Romans "Cox oder Der Lauf der Zeit" durch das Peking von heute.
PEKING, im September
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Himmelssohn, der Gottgleiche, der Allerhöchste, der Erhabene, der Herr der Welt. Für ihn soll ein Team englischer Uhrenbauer, damals die besten überhaupt, ein Wunderwerk der Zeitmessung konstruieren.
Länger als jeder andere Kaiser herrschte Qiánlóng im achtzehnten Jahrhundert, insgesamt mehr als sechzig Jahre. Das war in der mandschurischen Qing-Dynastie, die seit 1644 ganz China beherrschte. Erst 1911 endete sie mit Puyi, wie wir alle aus Bernardo Bertoluccis unvergesslichem Film "The Last Emperor" (1987) wissen. Auch wenn Ransmayr in einem Epilog betont, dass Qiánlóng wie andere wirklichkeitsnahe Figuren seines Romans "keine Gestalten unserer Tage" seien und lediglich als Vorwurf für seine "Erfindung eines Landes" dienten, so schimmert gleichwohl zwischen den Zeilen überall auch der Machtgestus des neuen Reichs der Mitte hindurch.
Das beginnt mit der grausamen Abstrafung einiger Börsenhändler und der qualvollen Hinrichtung von zwei Ärzten wegen angeblicher Verbreitung von Gerüchten, reicht über die "Observationsprotokolle" des "Mienenspiels" Verdächtiger in der Verbotenen Stadt und der Sommerresidenz Jehol und kulminiert in dem Wunsch nach uneingeschränkter, ewiger Macht. Dass Staatspräsident Chi Jinping sich diesem Ziel mit der am 11. März 2018 aufgehobenen Amtszeitbegrenzung jetzt nähert, konnte Ransmayr vor drei Jahren freilich noch nicht wissen.
Seit seinem Ovid-Pastiche "Die letzte Welt" verteidigt der Schriftsteller sich energisch gegen den Verdacht des historischen oder - noch schlimmer - des postmodernen Romans. Dennoch hat sein Anspruch einer narrativen "Erfindung der Welt", so der Titel seiner Kafka-Preisrede, ungeheuer viel mit der Wirklichkeit zu tun. Vieles ist aus der früheren Beschäftigung mit Reisereportagen hervorgegangen, nicht erst mit dem "Atlas eines ängstlichen Mannes". Darin erfasst Ransmayr die gesamte Welt in siebzig prägnanten Miniaturen, die alle mit dem fast biblisch-mythischen "Ich sah" beginnen.
Teils erlebte, teils geschaute oder zusätzlich erlesene Schauplätze und Ereignisse liegen allen seinen Büchern zugrunde: "Morbus Kitahara" führt in den Kurort Moor am Traunsee zum Ende des Zweiten Weltkriegs. In den "Schrecken des Eises und der Finsternis" geht es mit dem Marineleutnant Carl Weyprecht und seinem späteren Spurensucher Josef Mazzini hinauf ins sibirische Polarmeer. Im modernen Epos "Der fliegende Berg" besteigen zwei Brüder im Himalaya einen unbenannten Berg, von dem - wie im Fall des befreundeten Reinhold Messner - nur einer zurückkehrt. Und "Cox oder Der Lauf der Zeit" führt uns nach Peking, dort in die Verbotene Stadt und den Sommerpalast mit dem wunderbaren Kunming-See sowie die in den nordöstlichen Bergen gelegene Sommerresidenz Chengde mit dem älteren Namen Jehol.
Im kurzen Epilog mit dem Titel "Zuletzt", der so vehement das Erfundene über das Gefundene erhebt, räumt Ransmayr ein, dass ihm am Anfang jene Uhrenausstellung in den Pavillons der Verbotenen Stadt "den Takt ins Innere meiner Geschichte geschlagen" habe. Wer sie selbst besucht, kann die Verzauberung durch diese oft phantastischen Chronometer verstehen. Ein einziger langer Satz des Romans fasst dieses bunte Wunderkabinett am besten zusammen: "Tischuhren, Pendeluhren, Standuhren, Wasser- und Sanduhren, sogar aus Goldblech gehämmerte und ziselierte Sonnenuhren, die, von einem Rad nun erloschener Fackeln beleuchtet, einen Sonnentag zu allen Jahreszeiten nachspielen konnten, Hunderte, Aberhunderte mechanische Werke, die, auf Podesten oder unter Glasstürzen und in Vitrinen stehend, eine Art Museum der gemessenen Zeit präsentieren, in dem auch Maschinen gesammelt worden waren, deren Funktionsweise selbst Meister wie Cox und Merlin nur erahnen konnten." Wie Ransmayr einmal mit Canettis "Stimmen von Marrakesch" vor sich auf dem Teetisch den Jemaa el Fna, den Platz der Toten, in der marokkanischen Stadt beobachtete, so gehen wir mit "Cox" in der Hand durch die kaiserliche Uhrensammlung. Viele der schmuckvollsten Modelle verbinden sich mit dem Namen von James Cox (1723 bis 1800), der im Roman leicht verfremdend Alister mit Vornamen heißt. Sein Sohn John Henry betrieb seit 1781 einen Laden im kantonesischen Guangzhou, dem Zentrum des chinesischen Uhrenhandels.
Cox senior gewann 1775 in London einen Preis mit einer genial funktionierenden, aber ganz schlicht aussehenden Uhr, die in Peking aber gar nicht gezeigt wird: Ihren Antrieb bildet eine durch Luftdruckschwankungen auf- und absteigende Quecksilbersäule. Diese bizarr wirkende Idee einer "Perpetual Motion", eines Perpetuum mobile, übernimmt Ransmayr für die dritte, raffinierteste Konstruktion der englischen Tüftler. Voraus gehen eine Uhr in Form einer silbernen Dschunke, die ihre Energie aus geblähten Segeln bezieht, und eine Feueruhr in Gestalt der Großen Mauer, die in fünf Glutpfannen menschliche Substanzen zu Aromen verbrennt, den "Gestank des Alters", den "Geruch des Angstschweißes" und die "Parfüms der Erinnerung".
Die Pekinger Ausstellung schafft einen Pfad in die phantastische Zauberwelt dieses Romans, in dem Uhren wie "helle, funkelnde Gleichnisse und Vorahnungen der Ewigkeit" wirken. Der beschriebene überbordende Schmuck von Figürchen, Tieren und Pflanzen auf Pagoden und Türmen, die Sonnen, Monde und Sterne, bei denen sich außer Zeigern auch sonst alles Mögliche dreht, bewegt und zum Klingen gebracht wird, ist hier auf viele Modelle verteilt zu bewundern. Eine Uhr ließ sich Ransmayr dabei seltsamerweise entgehen, die bestens in den Roman gepasst hätte: Da sitzt ein Gelehrter in seinem Uhrenbauwerk und vermag zu bestimmten Zeiten acht verschiedene chinesische Schriftzeichen in ein Buch zu schreiben.
Kalligraphie ist der zweite große Komplex in "Cox", der Zeit als "kostbarste aller menschenmöglichen Güter" ausweist. Denn die Kunst der Kalligraphie verbindet den Bestand uralter, literarisch tradierter Zeichen mit dem Hauch vorübergehender Flüchtigkeit. Der Kaiser wirft seine Wünsche nach der kaum vorstellbaren "Zeitlosen Uhr" der Ewigkeit als Gedicht auf Reispapier, das er anschließend in einem Glutbecken verbrennt. Gleiches geschieht zum Schluss mit der geheimnisvollen Anleitung - einer "unbeholfenen Kalligraphie" - zur Aktivierung der Himmelsmaschine, weil Qiánlóng sie als "ungeteiltes Geheimnis" längst im Gedächtnis birgt.
Bei der dritten, unfassbar gleichberechtigten Zusammenkunft mit dem Herrn über die Zeit und Ewigkeit erscheint der Kaiser den englischen Uhrenbauern in den frühen Morgenstunden am heißen Fluss (so lediglich die wörtliche Übersetzung von Jehol) - ganz einfach gewandet wie ein Hirte oder Fischer. Mit einem Kalligraphenpinsel tupft er Gedichte auf die glatten Steine, die rasch wieder verdampfen. Diese wundervoll mythische Szene über Schrift, Kunst und Vergänglichkeit verdankt sich einer anderen Reisespur Ransmayrs.
Festgehalten hat er sie im "Atlas eines ängstlichen Mannes" (2012) unter dem Titel "Kalligraphen". Gemeint sind jene älteren Männer, die mit Bambusstöcken klassische Wasserzeichen aus dem ruhig daliegenden Kunming-See auf die flachen Ufersteine pinseln. Auch wir haben sie dort im weiten Areal des Sommerpalastes unweit der Peking-Universität gesehen. Sie bieten ein einzigartiges Bild von Ruhe und Gelassenheit, das auch vom Roman "Cox" ausgeht.
ALEXANDER KOSENINA
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Länger als jeder andere Kaiser herrschte Qiánlóng im achtzehnten Jahrhundert, insgesamt mehr als sechzig Jahre. Das war in der mandschurischen Qing-Dynastie, die seit 1644 ganz China beherrschte. Erst 1911 endete sie mit Puyi, wie wir alle aus Bernardo Bertoluccis unvergesslichem Film "The Last Emperor" (1987) wissen. Auch wenn Ransmayr in einem Epilog betont, dass Qiánlóng wie andere wirklichkeitsnahe Figuren seines Romans "keine Gestalten unserer Tage" seien und lediglich als Vorwurf für seine "Erfindung eines Landes" dienten, so schimmert gleichwohl zwischen den Zeilen überall auch der Machtgestus des neuen Reichs der Mitte hindurch.
Das beginnt mit der grausamen Abstrafung einiger Börsenhändler und der qualvollen Hinrichtung von zwei Ärzten wegen angeblicher Verbreitung von Gerüchten, reicht über die "Observationsprotokolle" des "Mienenspiels" Verdächtiger in der Verbotenen Stadt und der Sommerresidenz Jehol und kulminiert in dem Wunsch nach uneingeschränkter, ewiger Macht. Dass Staatspräsident Chi Jinping sich diesem Ziel mit der am 11. März 2018 aufgehobenen Amtszeitbegrenzung jetzt nähert, konnte Ransmayr vor drei Jahren freilich noch nicht wissen.
Seit seinem Ovid-Pastiche "Die letzte Welt" verteidigt der Schriftsteller sich energisch gegen den Verdacht des historischen oder - noch schlimmer - des postmodernen Romans. Dennoch hat sein Anspruch einer narrativen "Erfindung der Welt", so der Titel seiner Kafka-Preisrede, ungeheuer viel mit der Wirklichkeit zu tun. Vieles ist aus der früheren Beschäftigung mit Reisereportagen hervorgegangen, nicht erst mit dem "Atlas eines ängstlichen Mannes". Darin erfasst Ransmayr die gesamte Welt in siebzig prägnanten Miniaturen, die alle mit dem fast biblisch-mythischen "Ich sah" beginnen.
Teils erlebte, teils geschaute oder zusätzlich erlesene Schauplätze und Ereignisse liegen allen seinen Büchern zugrunde: "Morbus Kitahara" führt in den Kurort Moor am Traunsee zum Ende des Zweiten Weltkriegs. In den "Schrecken des Eises und der Finsternis" geht es mit dem Marineleutnant Carl Weyprecht und seinem späteren Spurensucher Josef Mazzini hinauf ins sibirische Polarmeer. Im modernen Epos "Der fliegende Berg" besteigen zwei Brüder im Himalaya einen unbenannten Berg, von dem - wie im Fall des befreundeten Reinhold Messner - nur einer zurückkehrt. Und "Cox oder Der Lauf der Zeit" führt uns nach Peking, dort in die Verbotene Stadt und den Sommerpalast mit dem wunderbaren Kunming-See sowie die in den nordöstlichen Bergen gelegene Sommerresidenz Chengde mit dem älteren Namen Jehol.
Im kurzen Epilog mit dem Titel "Zuletzt", der so vehement das Erfundene über das Gefundene erhebt, räumt Ransmayr ein, dass ihm am Anfang jene Uhrenausstellung in den Pavillons der Verbotenen Stadt "den Takt ins Innere meiner Geschichte geschlagen" habe. Wer sie selbst besucht, kann die Verzauberung durch diese oft phantastischen Chronometer verstehen. Ein einziger langer Satz des Romans fasst dieses bunte Wunderkabinett am besten zusammen: "Tischuhren, Pendeluhren, Standuhren, Wasser- und Sanduhren, sogar aus Goldblech gehämmerte und ziselierte Sonnenuhren, die, von einem Rad nun erloschener Fackeln beleuchtet, einen Sonnentag zu allen Jahreszeiten nachspielen konnten, Hunderte, Aberhunderte mechanische Werke, die, auf Podesten oder unter Glasstürzen und in Vitrinen stehend, eine Art Museum der gemessenen Zeit präsentieren, in dem auch Maschinen gesammelt worden waren, deren Funktionsweise selbst Meister wie Cox und Merlin nur erahnen konnten." Wie Ransmayr einmal mit Canettis "Stimmen von Marrakesch" vor sich auf dem Teetisch den Jemaa el Fna, den Platz der Toten, in der marokkanischen Stadt beobachtete, so gehen wir mit "Cox" in der Hand durch die kaiserliche Uhrensammlung. Viele der schmuckvollsten Modelle verbinden sich mit dem Namen von James Cox (1723 bis 1800), der im Roman leicht verfremdend Alister mit Vornamen heißt. Sein Sohn John Henry betrieb seit 1781 einen Laden im kantonesischen Guangzhou, dem Zentrum des chinesischen Uhrenhandels.
Cox senior gewann 1775 in London einen Preis mit einer genial funktionierenden, aber ganz schlicht aussehenden Uhr, die in Peking aber gar nicht gezeigt wird: Ihren Antrieb bildet eine durch Luftdruckschwankungen auf- und absteigende Quecksilbersäule. Diese bizarr wirkende Idee einer "Perpetual Motion", eines Perpetuum mobile, übernimmt Ransmayr für die dritte, raffinierteste Konstruktion der englischen Tüftler. Voraus gehen eine Uhr in Form einer silbernen Dschunke, die ihre Energie aus geblähten Segeln bezieht, und eine Feueruhr in Gestalt der Großen Mauer, die in fünf Glutpfannen menschliche Substanzen zu Aromen verbrennt, den "Gestank des Alters", den "Geruch des Angstschweißes" und die "Parfüms der Erinnerung".
Die Pekinger Ausstellung schafft einen Pfad in die phantastische Zauberwelt dieses Romans, in dem Uhren wie "helle, funkelnde Gleichnisse und Vorahnungen der Ewigkeit" wirken. Der beschriebene überbordende Schmuck von Figürchen, Tieren und Pflanzen auf Pagoden und Türmen, die Sonnen, Monde und Sterne, bei denen sich außer Zeigern auch sonst alles Mögliche dreht, bewegt und zum Klingen gebracht wird, ist hier auf viele Modelle verteilt zu bewundern. Eine Uhr ließ sich Ransmayr dabei seltsamerweise entgehen, die bestens in den Roman gepasst hätte: Da sitzt ein Gelehrter in seinem Uhrenbauwerk und vermag zu bestimmten Zeiten acht verschiedene chinesische Schriftzeichen in ein Buch zu schreiben.
Kalligraphie ist der zweite große Komplex in "Cox", der Zeit als "kostbarste aller menschenmöglichen Güter" ausweist. Denn die Kunst der Kalligraphie verbindet den Bestand uralter, literarisch tradierter Zeichen mit dem Hauch vorübergehender Flüchtigkeit. Der Kaiser wirft seine Wünsche nach der kaum vorstellbaren "Zeitlosen Uhr" der Ewigkeit als Gedicht auf Reispapier, das er anschließend in einem Glutbecken verbrennt. Gleiches geschieht zum Schluss mit der geheimnisvollen Anleitung - einer "unbeholfenen Kalligraphie" - zur Aktivierung der Himmelsmaschine, weil Qiánlóng sie als "ungeteiltes Geheimnis" längst im Gedächtnis birgt.
Bei der dritten, unfassbar gleichberechtigten Zusammenkunft mit dem Herrn über die Zeit und Ewigkeit erscheint der Kaiser den englischen Uhrenbauern in den frühen Morgenstunden am heißen Fluss (so lediglich die wörtliche Übersetzung von Jehol) - ganz einfach gewandet wie ein Hirte oder Fischer. Mit einem Kalligraphenpinsel tupft er Gedichte auf die glatten Steine, die rasch wieder verdampfen. Diese wundervoll mythische Szene über Schrift, Kunst und Vergänglichkeit verdankt sich einer anderen Reisespur Ransmayrs.
Festgehalten hat er sie im "Atlas eines ängstlichen Mannes" (2012) unter dem Titel "Kalligraphen". Gemeint sind jene älteren Männer, die mit Bambusstöcken klassische Wasserzeichen aus dem ruhig daliegenden Kunming-See auf die flachen Ufersteine pinseln. Auch wir haben sie dort im weiten Areal des Sommerpalastes unweit der Peking-Universität gesehen. Sie bieten ein einzigartiges Bild von Ruhe und Gelassenheit, das auch vom Roman "Cox" ausgeht.
ALEXANDER KOSENINA
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ein großer Beschreiber. [...] Man kann in seinen Büchern ins Kino gehen, so sehr sind sie Wort für Wort [...] fein ziseliert. Jörg Magenau taz 20161026
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Andreas Platthaus dachte schon, Christoph Ransmayrs Kunst zu kennen. Allein, erst in diesem Roman, den Platthaus überschwänglich das Ereignis des Bücherherbstes nennt, bringt der Autor laut Rezensent seine "elegante Prosa" zur Vollendung. Das Buch, das von der Reise eines englischen Uhrmachers im Jahr 1757 zum Hof des chinesischen Kaisers erzählt, ist für Platthaus ein Roman über die Zeit an sich, über ferne Zeiten und die heutige Zeit, ein meisterhafter Versuch zudem, zwischen Orient und Okzident zu vermitteln, und sei es auch nur, indem der Autor Grausamkeit und Autokratie hüben wie drüben vergleicht. Aus dem Nachwort erfährt Platthaus, was an dieser Geschichte authentisch ist und was nicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Gebundenes Buch
Zweckfreier Ästhetizismus
Vergleicht man Christoph Ransmayrs ersten mit seinem neuesten, fünften Roman, der den Titel «Cox oder der Lauf der Zeit» trägt, dann kommt auch gleich die Zeit ins Spiel, denn es sind mehr als drei Jahrzehnte, die zwischen ihrer …
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Zweckfreier Ästhetizismus
Vergleicht man Christoph Ransmayrs ersten mit seinem neuesten, fünften Roman, der den Titel «Cox oder der Lauf der Zeit» trägt, dann kommt auch gleich die Zeit ins Spiel, denn es sind mehr als drei Jahrzehnte, die zwischen ihrer Veröffentlichung liegen. Man findet trotz dieser beachtlichen Zeitspanne Bestandteile einer für diesen Autor typischen Erzählweise: beide Romane schildern ein Geschehen an fernen, uns fremd erscheinenden, fast schon mystischen Handlungsorten, sie sind zeitlich weitab der Jetztzeit angesiedelt und verbinden beide historisch Verbürgtes mit fantasievoll Erdachtem. Und ihre Protagonisten eint ein Hang zur Weltentrücktheit, sie befinden sich in einer Sinnkrise, sind auf der Flucht vor einer Realität, deren Unbill sie in der Ferne zu entkommen hoffen.
Der weltberühmte englische Uhrmacher Cox folgt Mitte des 18ten Jahrhunderts einem Ruf an den Hof des chinesischen Kaisers Qiánlóng, um vor Ort ganz besondere Uhren für den damals mächtigsten Mann der Welt zu bauen. Den Gottkaiser verlangt es nach Uhren, die in der Lage sind, die unterschiedlich schnell erscheinenden Zeitläufte der Kindheit, der Liebe und des Sterbens adäquat anzuzeigen. Nachdem drei entsprechende Kreationen des Meisters die hochgespannten Erwartungen des «Herrn der Zehntausend Jahre» erfüllen, erhalten Cox und seine Mitarbeiter schließlich von ihm den Auftrag, eine Uhr zur Messung der Ewigkeit zu bauen, ein Perpetuum mobile mithin. Ein vermessenes Unterfangen, für das Cox eine perfekte Lösung findet, die letztendlich dann auch dem Kaiser seine Endlichkeit vor Augen führt, auch er ist nicht zeitlos. Denn selbst die ihm ehrfurchtsvoll - in der maßlosen Verehrung seines Hofstaates - zugedachten zehntausend Jahre sind nur ein Wimpernschlag in der Ewigkeit der Zeit.
In einer dem höfischen Zeremoniell angepassten, blumenreichen Sprache erzählt Ransmayr eine fantastische Geschichte, zu der ihn ein Museumsbesuch in Peking inspiriert habe. Bewundernswert ist die Detailfülle, mit der er den Leser penibel in die Uhrmacherkunst einführt, mit der er die von ihm selbst erdachten, wundersam anmutenden, feinmechanischen Kreationen minutiös beschreibt, um die sich scheinbar alles dreht. Tatsächlich aber geht es hier um Sinnsuche, um die Endlichkeit des Seins, letztlich um den Tod also, Ursache und Fundament sämtlicher Religionen. Sehr farbenprächtig ist auch die Schilderung des höfischen Lebens in der Verbotenen Stadt, zu dessen sagenhafter Glorie die eingestreuten Szenen auf dem Blutgerüst einen brutalen Kontrast bilden, der den Leser aus himmlischen Sphären in die Wirklichkeit - und Endlichkeit - zurückholt. Denn die Zeitmesser stehen als Metapher für die zeitliche Begrenztheit alles Irdischen, die der Mensch so gern verdrängt, wenn es um ihn selbst geht. Proust hat in seiner «Recherche» bekanntlich resümiert, man müsse einen Roman schreiben, um die verlorene Zeit zu finden, Ransmayrs Versuch deutet in die gleiche Richtung.
Geradezu verstörend war für mich die pathetische, effekthascherische Sprache, die hier zuweilen hart an Kitsch grenzende Satzgebilde hervorbringt, deren Aussagewert gegen Null tendiert. «Es war Selbstmord, eine Uhr für die Ewigkeit zu bauen, eine Uhr, die ihre Stunden aus dem Inneren der Zeit in die Zeitlosigkeit schlug». Man staunt als Leser darüber mindestens ebenso wie über die fantastischen Uhrwerke selbst, aber auch über das ausufernd beschriebene Hofzeremoniell, von dem immer wieder langatmig und völlig humorfrei berichtet wird. Beim Lesen stellt sich da trotz aller Wortgewalt allmählich gepflegte Langeweile ein, weicht das anfängliche Staunen dem Eindruck, hier werde poetisch hübsch verpackt philosophisch Belangloses behandelt, ein zweckfreier Ästhetizismus, bei dem Zeit und Vergänglichkeit zur Nebensache geraten. Bei allen Meriten des Autors, Etiketten wie «Weltliteratur» oder «Der größte Gegenwartsautor in deutscher Sprache» auf dem Buchdeckel sind nichts als platte Werbesprüche.
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Broschiertes Buch
Kurzmeinung: Dieses Buch muss man langsam lesen, denn der Schreibstil ist sehr anspruchsvoll, für mich aber wunderschön poetisch.
Inhalt: Alistair Cox wird zum Kaiser von China bestellt und soll dem eine wunderschöne Uhr bauen, die die Unendlichkeit der Zeit misst.
Meine …
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Kurzmeinung: Dieses Buch muss man langsam lesen, denn der Schreibstil ist sehr anspruchsvoll, für mich aber wunderschön poetisch.
Inhalt: Alistair Cox wird zum Kaiser von China bestellt und soll dem eine wunderschöne Uhr bauen, die die Unendlichkeit der Zeit misst.
Meine Meinung:
Über dieses Buch gibt es schon so viele sehr lesenswerte Rezensionen, dass eine weitere von mir vergebliche Liebesmüh wäre. Darum nur kurz: Ich habe dieses Buch, welches von einem grausamen Despotenkaiser und einem unwahrscheinlich begabten Uhrmacher erzählt, gern gelesen. Mir gefiel vor allem die sehr gehobene poetische Sprache, die vielen Schachtelsätze, so dass ich mich ganz in die Geschichte verlor. Wer es kurz und knapp mag, ist bei diesem Buch allerdings falsch. Und man muss sich Zeit zum Lesen nehmen, sich konzentrieren. Leichte Unterhaltung zum Nebenbei lesen ist das nicht.
Von mir sehr gute 4 Sterne und eine Empfehlung für Leser, die die gehobene Sprache mögen!
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Gebundenes Buch
Cox ist englischer Automatenbauer und Uhrmacher und reist zum Kaiser nach China, weil er einen besonderen Auftrag hat. Er soll eine Uhr bauen, die das Leben eines Kindes nachempfindet. Dieser Aufgabe widmet Cox sich mit seinen Mitarbeitern mit voller Kraft, denn erst vor kurzem starb seine …
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Cox ist englischer Automatenbauer und Uhrmacher und reist zum Kaiser nach China, weil er einen besonderen Auftrag hat. Er soll eine Uhr bauen, die das Leben eines Kindes nachempfindet. Dieser Aufgabe widmet Cox sich mit seinen Mitarbeitern mit voller Kraft, denn erst vor kurzem starb seine fünfjährige Tochter und so steckt er all seine Liebe in dieses Projekt. Doch bevor es fertig ist, entscheidet sich der Kaiser um, eine neue Uhr soll die Zeit eines zu Tode verurteilten messen können. Aber auch dieses Projekt kann er nicht abschließen, denn der Kaiser will von ihm eine ultimative Uhr, die die Ewigkeit misst, ein perpetuum mobile, dass niemals aufhört zu laufen. Cox ahnt, dass er sich mit diesem Projekt in Gefahr bringt, schließlich ist eigentlich der Kaiser Herr über die Zeit, doch verweigern kann er sich dem Auftrag auch nicht.
Christoph Ransmayr schreibt in seinem Roman „Cox“ eine sehr einfühlsame und stimmungsvolle Geschichte über zwei Männer, auch wenn nur Cox wirklich auftritt. Er ist geflohen vor der Verzweiflung zu Hause nach dem Tod seiner Tochter und trifft jetzt auf den zweiten großen Mann in dieser Geschichte, den Kaiser von China, ein Mann von so unglaublicher Macht, dass ein falsche Wort reicht, um sein eigenes Todesurteil zu unterschreiben. Zwischen diesen beiden Positionen schafft der Autor eine Spannung und gleichzeitig eine Art unheilvolles Gleichgewicht, das ich sehr faszinierend fand. Cox muss einem nicht unbedingt sympathisch sein, um sich vor der Handlung und der Konstruktion der Geschichte gefangen nehmen zu lassen. Bei all dem lässt der Autor uns zeitlos, denn dies ist kein wirklich historischer Roman, ich habe es eher als eine Art beispielhafte Erzählung empfunden.
Christoph Ransmayr hat mit „Cox“ einen herausragenden Roman geschrieben, der einen als Leser fesselt und bewegt und gleichzeitig nachdenklich macht. Ein tolles Werk, das ich jedem Lesefreund nur ans Herz legen kann.
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Gebundenes Buch
Cox, ein Londoner Uhrmacher, reist mit drei Begleitern ans chinesische Kaiserhaus und erlebt die diktatorischen Untugenden, wo erst 26 Chinesen die Nase abgeschnitten wird und dann später auch die vier Engländer immer Angst um ihr Leben haben, wenn sie einen Fehler machen.
In der zweiten …
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Cox, ein Londoner Uhrmacher, reist mit drei Begleitern ans chinesische Kaiserhaus und erlebt die diktatorischen Untugenden, wo erst 26 Chinesen die Nase abgeschnitten wird und dann später auch die vier Engländer immer Angst um ihr Leben haben, wenn sie einen Fehler machen.
In der zweiten Ebene geht es um die Zeit, da die Europäer ja schließlich Uhren herstellen sollen. Neben Standardfabrikaten wird im zweiten Teil eine Uhr beschrieben, die den zu Tode verurteilten die Zeit anzeigen soll, die sie noch zum Leben haben. Dabei geht es auch um das subjektive Verhältnis der Zeit, denn eine Minute, obwohl sie objektiv immer gleich lang ist, verläuft doch mitunter langsam, bei den Todeskandidaten aber auch rasend schnell. Im letzten Teil des Buches wünscht sich der Kaiser eine Uhr, die einmal in Betrieb immer und von alleine weiterläuft. Dass sich hier die Uhrmacher an die Stelle des Kaisers als Herrscher über die Zeit setzen und damit ihr Leben gefährden wird wiederholt thematisiert und zu guter letzt soll der Kaisers selbst die Uhr in Betrieb nehmen, was er aber dann doch nicht macht.
In einer dritten Ebene ist die Chinareise für Cox eine Flucht aus seiner Ehe, denn seine fünfjährige Tochter ist gestorben und seitdem redet Cox Ehefrau nicht mehr. Cox denkt immer wieder an die beiden und wünscht sich An, die Hauptfrau des Kaisers, die er aber selbstverständlich nicht bekommt.
Ich gebe zu, dass ich China fast immer spannend finde, in diesem Buch auch und es gern und flüssig gelesen habe.
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Gebundenes Buch
Cox, der wohl beste Uhrmacher und Automatenbauer seiner Zeit, wird nach China beordert. Dort beauftragt Kaiser Qianlong ihn und seine Gefährten, außergewöhnliche Uhren zu erschaffen, an denen unterschiedliche Geschwindigkeiten verschiedener Zeiten ablesbar sein sollen. Ausgestattet …
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Cox, der wohl beste Uhrmacher und Automatenbauer seiner Zeit, wird nach China beordert. Dort beauftragt Kaiser Qianlong ihn und seine Gefährten, außergewöhnliche Uhren zu erschaffen, an denen unterschiedliche Geschwindigkeiten verschiedener Zeiten ablesbar sein sollen. Ausgestattet mit den wertvollsten Materialien machen sich die Engländer an das Werk.Doch dann fordert der Kaiser das Unmögliche: Eine Uhr, die selbst die Ewigkeit misst und auch noch existiert, wenn alles vorüber ist... .
Dieses Buch entführt den Leser von Anfang an in eine andere Zeit und in eine Welt, die der unseren gleicht, aber doch sehr exotisch und phantastisch gestaltet ist. In Ransmayrs China liegen Überfluss und Mangel haarscharf nebeneinander. Während die Begünstigten des Kaisers in Sänften getragen werden, müssen niedere Sklaven Bequemlichkeiten wie diese ermöglichen.
Der Kaiser selbst wirkt anfangs unnahbar und wenig greifbar für den Leser. Er wird wie ein göttliches Wesen verehrt und niemand darf ihn und seine Entscheidungen in Frage stellen. Doch etwas lässt ihn nach und nach doch noch menschlich wirken: Er vertieft sich wie ein Kind in die seltsamen und phantastischen Apparate der Uhrmacher und scheint an ganz normalen Dingen wie dem Spaziergang im Schnee mit einer Frau Gefallen zu finden.
Cox dagegen ist eine Figur, die einerseits mit handwerklichem Geschick beeindruckt, aber andererseits in ihrem Schmerz gefangen zu sein scheint. Man merkt, wie er im Verlauf der Handlung immer mehr die Gesellschaft und ihren Kaiser versteht und langsam zu realisieren beginnt, wie nah dort Gunst und Missgunst beieinander liegen und wie schnell sich das Wohlwollen des absoluten Herrschers, dem man nicht einmal ungestraft in die Augen sehen darf, wandeln kann.
Das große Thema Zeit findet sich auf allen Ebenen der Handlung wieder und ist nicht nur auf die Uhren und deren Lauf beschränkt. Zeit wird auch als etwas Individuelles definiert. Es kommt immer auf den Betrachter an, der ihre Geschwindigkeit je nach Anlass ganz anders wahrnimmt.
Die Chronologie wird immer wieder durch die Erinnerungen von Cox durchbrochen, der an die gemeinsame Zeit mit seine Frau und seiner verstorbenen Tochter in England zurück denkt und dieses Zeitgefühl mit in seine Gegenwart und in seine Arbeit hinein nimmt.
Mit der selben Präzision, mit der die Uhrmacher jede Kleinigkeit an ihren Werken ausarbeiten und veredeln, erzählt Ransmayr die Gegebenheiten in der verbotenen Stadt, die Arbeit an den verschiedenen Uhren und Automaten und um den Kaiser selbst. Als Leser bekommt man eine gute Vorstellung von allem und kann sich kaum von der Handlung lösen, weil man wissen möchte, wie die nächste komplizierte Aufgabe von den Engländern gelöst wird. An manchen Stellen wird die sonst sehr feine und poetische Sprache durch eine doch etwas derbe Umgangssprache ersetzt. Dieses Verfahren ist an den jeweiligen Punkten aber durchaus passend gewählt.
Insgesamt ist ,,Cox oder Der Lauf der Zeit" ein gelungener und auch unterhaltsamer Roman der Gegenwartsliteratur, indem Ransmayr sein ganzes Können abruft und den Leser mit einer wunderbaren Handlung begeistert.
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