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"Ein grandioses Buch! Eine Reise in die Vergangenheit, in die Kindheit, nach Vietnam, in die Gewalt und die Liebe." Sasa Stanisic - Der Debütroman von Ocean Vuong"Lass mich von vorn anfangen. Ma ..." Der Brief eines Sohnes an die vietnamesische Mutter, die ihn nie lesen wird. Die Tochter eines amerikanischen Soldaten und eines vietnamesischen Bauernmädchens ist Analphabetin, kann kaum Englisch und arbeitet in einem Nagelstudio. Sie ist das Produkt eines vergessenen Krieges. Der Sohn, ein schmächtiger Außenseiter, erzählt - von der Schizophrenie der Großmutter, den geschundenen Händen de...
"Ein grandioses Buch! Eine Reise in die Vergangenheit, in die Kindheit, nach Vietnam, in die Gewalt und die Liebe." Sasa Stanisic - Der Debütroman von Ocean Vuong"Lass mich von vorn anfangen. Ma ..." Der Brief eines Sohnes an die vietnamesische Mutter, die ihn nie lesen wird. Die Tochter eines amerikanischen Soldaten und eines vietnamesischen Bauernmädchens ist Analphabetin, kann kaum Englisch und arbeitet in einem Nagelstudio. Sie ist das Produkt eines vergessenen Krieges. Der Sohn, ein schmächtiger Außenseiter, erzählt - von der Schizophrenie der Großmutter, den geschundenen Händen der prügelnden Mutter und seiner tragischen ersten Liebe zu einem amerikanischen Jungen. Vuong schreibt mit alles durchdringender Klarheit von einem Leben, in dem Gewalt und Zartheit aufeinanderprallen. Das kraftvollste Debüt der letzten Jahre, geschrieben in einer Sprache von grandioser Schönheit.
Ocean Vuong wurde 1988 in Saigon, Vietnam, geboren und zog im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie nach Amerika, wo er heute lebt. Für seine Lyrik wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whiting Award for Poetry (2016) und dem T.S. Eliot Prize (2017). Bei Hanser erschienen zuletzt sein Debütroman 'Auf Erden sind wir kurz grandios' (2019), für den er mit dem American Book Award ausgezeichnet wurde, und die Gedichtbände 'Nachthimmel mit Austrittswunden' (2020) und 'Zeit ist eine Mutter' (2022).
Produktdetails
- Verlag: Hanser
- Originaltitel: On earth we're briefly gorgeous
- Artikelnr. des Verlages: 505/26389
- 10. Aufl.
- Seitenzahl: 272
- Erscheinungstermin: 22. Juli 2019
- Deutsch
- Abmessung: 129mm x 205mm x 29mm
- Gewicht: 391g
- ISBN-13: 9783446263895
- ISBN-10: 3446263896
- Artikelnr.: 55963721
Herstellerkennzeichnung
Carl Hanser Verlag
Vilshofener Straße 10
81679 München
info@hanser.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Als "Buch der Saison in Amerika" würdigt Rezensentin Miryam Schellbach diesen Debütroman des amerikanisch-vietnamesischen Lyrikers Ocean Vuong. In einem sie an Joan Didions klassische Autofiktion erinnernden Text folgt die Kritikerin in Szenen und Fragmenten dem jungen Little Dog, der seiner alleinerziehenden, bildungsfernen Mutter im Nagelstudio hilft, studiert und eine Beziehung mit dem opioidabhängigen Erntehelfer Trevor eingeht, laut Kritikerin das "Abbild eines weißen, rassistischen und hypermaskulinen Vorstadt-Amerikas". Schon die Feinfühligkeit, mit der Vuong das auf Unterwerfung beruhende Verhältnis der beiden jungen Männer schildert, ringt Schellbach große Anerkennung ab. Vor allem aber bewundert sie, wie eindringlich der Autor die Ausweglosigkeit aus Kategorien wie Klasse, Sexualität und Herkunft zeichnet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Brief an eine Analphabetin
Ocean Vuongs Debütroman "Auf Erden sind wir kurz grandios" ist das Buch der Saison in Amerika.
Wenn es eine Great American Novel gäbe, müsste sie in unserer Zeit eine Einwanderungsgeschichte sein. Sie könnte so aussehen: Ein Student im ersten Semester sitzt in einem Seminar über italoamerikanische Literatur an einem City College in Brooklyn. Es ist eines dieser öffentlichen Colleges im Schatten der mächtigen amerikanischen Eliteuniversitäten, das mit niedrigen Studiengebühren und Notfallstipendien Aufstiegsgeschichten verspricht. Von außen betrachtet, sieht auch die Geschichte von "Little Dog" wie eine Aufstiegsgeschichte aus. In Saigon in eine Reispflanzerfamilie geboren, im Kindesalter
Ocean Vuongs Debütroman "Auf Erden sind wir kurz grandios" ist das Buch der Saison in Amerika.
Wenn es eine Great American Novel gäbe, müsste sie in unserer Zeit eine Einwanderungsgeschichte sein. Sie könnte so aussehen: Ein Student im ersten Semester sitzt in einem Seminar über italoamerikanische Literatur an einem City College in Brooklyn. Es ist eines dieser öffentlichen Colleges im Schatten der mächtigen amerikanischen Eliteuniversitäten, das mit niedrigen Studiengebühren und Notfallstipendien Aufstiegsgeschichten verspricht. Von außen betrachtet, sieht auch die Geschichte von "Little Dog" wie eine Aufstiegsgeschichte aus. In Saigon in eine Reispflanzerfamilie geboren, im Kindesalter
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aus Vietnam mit Eltern und Großmutter nach Hartford, Connecticut, geflüchtet. Kurz nach der Ankunft verschwindet der Vater und überlässt den Sohn den beiden kriegstraumatisierten Frauen. Little Dog, der seine Nachmittage in den Nagelsalons verbringt, in denen seine Mutter das Familieneinkommen erarbeitet, ist der Erste in der Familie, der lesen und Englisch sprechen lernt, der Erste, der einen akademischen Weg einschlägt, der Erste, der offen homosexuell lebt.
Und doch erzählt "Auf Erden sind wir kurz grandios", der zu Recht vom Hanser Verlag sehr schnell übersetzte Debütroman des für seine Lyrik bereits vielfach geehrten, dreißigjährigen Amerikaners Ocean Vuong, keinen Aufstieg, sondern eine Heimkehr. Little Dog, in ebenjenem Seminar zur Literaturgeschichte sitzend, erhält eine Facebook-Nachricht, die ihn über den Heroin-Tod des geliebten und kürzlich verlassenen Freundes Trevor informiert. Paralysiert steht er auf, greift seine Tasche und verlässt den Raum. Somit ist motivisch alles angelegt: eine Flucht- und Kriegserinnerung, Fremdsein in einer der sogenannten abgehängten Industrieregionen der amerikanischen Ostküste, eine scheiternde homosexuelle Liebe, ein intergenerationeller Bildungsunterschied, der krasser nicht ausfallen kann.
"Ma, ich schreibe, um Dich zu erreichen - auch wenn jedes Wort auf dem Papier ein Wort weiter weg ist von dort, wo du bist", so beginnt dieser Briefroman, geschrieben an die Mutter, die, weil sie Analphabetin ist, diese Zeilen niemals wird lesen können. In nichtlinear angeordneten Szenen, Fragmenten und Dialogen setzt Little Dog sein Leben als ein Mosaik aus Erinnerungen zusammen. Diese Erinnerungen sind nicht hierarchisch und nicht durch einen roten Faden verbunden, sie dienen nicht der Erfindung einer stringenten identitätspolitischen Erzählung, sondern schaffen selbst Identität, wunderbar präzise und mit Sätzen, die den Bogen ins Lyrische spannen, so weit, wie, und weiter, als Prosa nur gehen kann. Hier spricht jemand, der außerhalb der Sprache steht und sich mit anspruchsvoller Inbrunst in ihr Inneres wühlt; jemand also, der erst spät so sprechen lernte oder Lyriker ist. Oder beides. Little Dogs Brief ist eine fragmentierte Erzählung des eigenen Selbst. Damit steht Ocean Vuong in einer Tradition zwischen Joan Didions klassischer Autofiktion und der Erinnerungslyrik einer jüngeren Generation vietnamesisch-amerikanischer Autorinnen wie Hoa Nguyen oder Diana Khoi Nguyen.
Da ist die geliebte Mutter, selbst Tochter eines unbekannten amerikanischen Soldaten und einer vietnamesischen Farmerin, die ihrem Sohn, Little Dog, diesen seltsamen Namen gab. In der Region, in der sie aufwuchs, wurden Kinder nach Unwertem benannt, um sie zu schützen: "Etwas zu lieben heißt, ihm einen derart schäbigen Namen zu geben, dass es vielleicht unberührt bleibt - und am Leben." Little Dog liebt diese Frau mit der allumfassenden Art, wie es Kinder tun, die nur einen Elternteil, und dazu einen verletzlichen, haben und denken, diesen vor der Welt beschützen zu müssen. Selbst als sie ihn immer wieder schlägt, anfallartig und wortlos, weiß er das vor sich selbst mit ihrem Kriegstrauma zu entschuldigen. Nachdem er beobachtet, wie seine Mutter im Supermarkt beim Versuch, sich auszudrücken, ausgelacht wird, übernimmt er auch das Sprechen: "Von da an füllte ich unsere Lücken, unser Schweigen, Stottern, wann immer ich konnte. Ich wechselte fließend zwischen den Sprachen. Ich zog unsere Sprache aus und trug mein Englisch wie eine Maske."
Und da ist, weil man es eben auch mit einem Coming-of-Age-Roman zu tun hat, eine Liebe, die sich durch drei trockene Ostküsten-Sommer zieht. Trevor, der Enkel des Tabakplantagen-Besitzers, bei dem Little Dog zur Ernte aushilft, ist ein schöner Junge mit raspelkurzen Haaren und einem John-Deere-Cap, das er selten ablegt. Er ist abhängig von Opioiden, seit er fünfzehnjährig nach einem Fahrradunfall, allzu leichtfertig und in einer typischen amerikanischen Verschreibungsroutine zu jener Zeit, Oxycontin, ein stark abhängig machendes Schmerzmittel, verordnet bekam. Bekannt als "Hillbilly Heroin", das vornehmlich die weiße, unterprivilegierte Landbevölkerung an die Nadel brachte, ist es, oft als Streckmittel in Heroin, für die meisten amerikanischen Drogentode verantwortlich. Little Dogs Liebe zu Trevor ist eine kontinuierliche Selbstverletzung. Der Geliebte verkörpert, worunter er lange Jahre in der Schule gelitten hat. Trevor ist, und will es doch nicht sein, das Abbild eines weißen, rassistischen und hypermaskulinen Vorstadt-Amerikas mit seinen Pick-ups, mit seinen schlagenden und trinkenden oder verschwundenen Vätern, dem Junk-Food und sinnlosen, nachmittäglichen Schießtrainings. Es ist bedingungslose Unterwerfung, die Little Dog anbietet und die Trevor, ohnehin selten nüchtern, bereitwillig annimmt. Und doch wird diese Liebe, die die beiden erleben, heimlich, in den Tabakfeldern, auf den Heuböden, im Trailer, Little Dog für immer verändern, sie wird in der Erinnerung sein "kurzer grandioser" Moment auf Erden bleiben.
Eine Lebensgeschichte, wie sie in diesem Roman auf so feinsinnige Weise präsentiert wird, ist ein Gefüge aus Interdependenzen. Little Dog liebt als ein aus Vietnam Geflüchteter, und er liebt mit dem schlechten Gewissen eines Klassenaufsteigers, der Türen hinter sich schließen muss, um andere zu öffnen. Er spricht und schreibt keinen Satz, ohne sich beständig an jene zu erinnern, die ihn nicht verstehen können. Die Erzählung dieses Lebens steckt in kleinen Momenten und Erinnerungssplittern, die das Leid und den Ekel, den Little Dog empfindet, nur andeuten. Etwa in den von Chemikalien verhärteten Händen und Gesichtern der vietnamesischen Arbeiterinnen in den Nagelsalons, genauso wie in den von den krebserzeugenden Düngemitteln zerstörten Körpern der Tabakarbeiter. Diese Spuren sind "zugleich Wrack und Vergeltung eines Traums". Hier kristallisiert sich heraus, was es heißt, wenn Klasse, Herkunft, Sexualität, auch Jugend und Alter, Stadt und Provinz, aufeinander wirken. Dass es kein Entkommen aus diesen Kategorien gibt, keine Insel der Normalität, ist eine schmerzhafte, aber lehrreiche Erkenntnis. Wenn es tatsächlich eine Great American Novel gäbe, so wäre genau dieses ihre Botschaft und Ocean Vuong einer ihrer Autoren.
MIRYAM SCHELLBACH
Ocean Vuong: "Auf Erden sind wir kurz grandios".
Roman.
Aus dem Englischen von Ann-Kristin Mittag. Hanser Verlag, München 2019.
240 Seiten, geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Und doch erzählt "Auf Erden sind wir kurz grandios", der zu Recht vom Hanser Verlag sehr schnell übersetzte Debütroman des für seine Lyrik bereits vielfach geehrten, dreißigjährigen Amerikaners Ocean Vuong, keinen Aufstieg, sondern eine Heimkehr. Little Dog, in ebenjenem Seminar zur Literaturgeschichte sitzend, erhält eine Facebook-Nachricht, die ihn über den Heroin-Tod des geliebten und kürzlich verlassenen Freundes Trevor informiert. Paralysiert steht er auf, greift seine Tasche und verlässt den Raum. Somit ist motivisch alles angelegt: eine Flucht- und Kriegserinnerung, Fremdsein in einer der sogenannten abgehängten Industrieregionen der amerikanischen Ostküste, eine scheiternde homosexuelle Liebe, ein intergenerationeller Bildungsunterschied, der krasser nicht ausfallen kann.
"Ma, ich schreibe, um Dich zu erreichen - auch wenn jedes Wort auf dem Papier ein Wort weiter weg ist von dort, wo du bist", so beginnt dieser Briefroman, geschrieben an die Mutter, die, weil sie Analphabetin ist, diese Zeilen niemals wird lesen können. In nichtlinear angeordneten Szenen, Fragmenten und Dialogen setzt Little Dog sein Leben als ein Mosaik aus Erinnerungen zusammen. Diese Erinnerungen sind nicht hierarchisch und nicht durch einen roten Faden verbunden, sie dienen nicht der Erfindung einer stringenten identitätspolitischen Erzählung, sondern schaffen selbst Identität, wunderbar präzise und mit Sätzen, die den Bogen ins Lyrische spannen, so weit, wie, und weiter, als Prosa nur gehen kann. Hier spricht jemand, der außerhalb der Sprache steht und sich mit anspruchsvoller Inbrunst in ihr Inneres wühlt; jemand also, der erst spät so sprechen lernte oder Lyriker ist. Oder beides. Little Dogs Brief ist eine fragmentierte Erzählung des eigenen Selbst. Damit steht Ocean Vuong in einer Tradition zwischen Joan Didions klassischer Autofiktion und der Erinnerungslyrik einer jüngeren Generation vietnamesisch-amerikanischer Autorinnen wie Hoa Nguyen oder Diana Khoi Nguyen.
Da ist die geliebte Mutter, selbst Tochter eines unbekannten amerikanischen Soldaten und einer vietnamesischen Farmerin, die ihrem Sohn, Little Dog, diesen seltsamen Namen gab. In der Region, in der sie aufwuchs, wurden Kinder nach Unwertem benannt, um sie zu schützen: "Etwas zu lieben heißt, ihm einen derart schäbigen Namen zu geben, dass es vielleicht unberührt bleibt - und am Leben." Little Dog liebt diese Frau mit der allumfassenden Art, wie es Kinder tun, die nur einen Elternteil, und dazu einen verletzlichen, haben und denken, diesen vor der Welt beschützen zu müssen. Selbst als sie ihn immer wieder schlägt, anfallartig und wortlos, weiß er das vor sich selbst mit ihrem Kriegstrauma zu entschuldigen. Nachdem er beobachtet, wie seine Mutter im Supermarkt beim Versuch, sich auszudrücken, ausgelacht wird, übernimmt er auch das Sprechen: "Von da an füllte ich unsere Lücken, unser Schweigen, Stottern, wann immer ich konnte. Ich wechselte fließend zwischen den Sprachen. Ich zog unsere Sprache aus und trug mein Englisch wie eine Maske."
Und da ist, weil man es eben auch mit einem Coming-of-Age-Roman zu tun hat, eine Liebe, die sich durch drei trockene Ostküsten-Sommer zieht. Trevor, der Enkel des Tabakplantagen-Besitzers, bei dem Little Dog zur Ernte aushilft, ist ein schöner Junge mit raspelkurzen Haaren und einem John-Deere-Cap, das er selten ablegt. Er ist abhängig von Opioiden, seit er fünfzehnjährig nach einem Fahrradunfall, allzu leichtfertig und in einer typischen amerikanischen Verschreibungsroutine zu jener Zeit, Oxycontin, ein stark abhängig machendes Schmerzmittel, verordnet bekam. Bekannt als "Hillbilly Heroin", das vornehmlich die weiße, unterprivilegierte Landbevölkerung an die Nadel brachte, ist es, oft als Streckmittel in Heroin, für die meisten amerikanischen Drogentode verantwortlich. Little Dogs Liebe zu Trevor ist eine kontinuierliche Selbstverletzung. Der Geliebte verkörpert, worunter er lange Jahre in der Schule gelitten hat. Trevor ist, und will es doch nicht sein, das Abbild eines weißen, rassistischen und hypermaskulinen Vorstadt-Amerikas mit seinen Pick-ups, mit seinen schlagenden und trinkenden oder verschwundenen Vätern, dem Junk-Food und sinnlosen, nachmittäglichen Schießtrainings. Es ist bedingungslose Unterwerfung, die Little Dog anbietet und die Trevor, ohnehin selten nüchtern, bereitwillig annimmt. Und doch wird diese Liebe, die die beiden erleben, heimlich, in den Tabakfeldern, auf den Heuböden, im Trailer, Little Dog für immer verändern, sie wird in der Erinnerung sein "kurzer grandioser" Moment auf Erden bleiben.
Eine Lebensgeschichte, wie sie in diesem Roman auf so feinsinnige Weise präsentiert wird, ist ein Gefüge aus Interdependenzen. Little Dog liebt als ein aus Vietnam Geflüchteter, und er liebt mit dem schlechten Gewissen eines Klassenaufsteigers, der Türen hinter sich schließen muss, um andere zu öffnen. Er spricht und schreibt keinen Satz, ohne sich beständig an jene zu erinnern, die ihn nicht verstehen können. Die Erzählung dieses Lebens steckt in kleinen Momenten und Erinnerungssplittern, die das Leid und den Ekel, den Little Dog empfindet, nur andeuten. Etwa in den von Chemikalien verhärteten Händen und Gesichtern der vietnamesischen Arbeiterinnen in den Nagelsalons, genauso wie in den von den krebserzeugenden Düngemitteln zerstörten Körpern der Tabakarbeiter. Diese Spuren sind "zugleich Wrack und Vergeltung eines Traums". Hier kristallisiert sich heraus, was es heißt, wenn Klasse, Herkunft, Sexualität, auch Jugend und Alter, Stadt und Provinz, aufeinander wirken. Dass es kein Entkommen aus diesen Kategorien gibt, keine Insel der Normalität, ist eine schmerzhafte, aber lehrreiche Erkenntnis. Wenn es tatsächlich eine Great American Novel gäbe, so wäre genau dieses ihre Botschaft und Ocean Vuong einer ihrer Autoren.
MIRYAM SCHELLBACH
Ocean Vuong: "Auf Erden sind wir kurz grandios".
Roman.
Aus dem Englischen von Ann-Kristin Mittag. Hanser Verlag, München 2019.
240 Seiten, geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Der Debütroman von Ocean Vuong ist ein literarisches Ereignis dieses Jahres." Khue Pham, Zeit Online, 01.10.19 "Grandios mitfühl- und fassbar ... sprachlich prächtige wie überraschende Bilder." Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau, 13.08.19 "Vuongs inniger, aphoristischer Ton und die zwischen Prosa, Essay und Gedicht changierende Form seines Romans hat in diesem heißen Juli bestimmt niemanden kalt gelassen." Süddeutsche Zeitung, 30.07.19 "Ein Buch, so schmerzgeladen und fragil, fremd und schön - man kann seine aus Fetzen gefügte Botschaft als einen der verstörendsten und wundersamsten Liebesbriefe lesen, die sich einem in jüngerer Zeit zwischen Buchdeckeln offenbarten." Angela Schader, Neue Zürcher Zeitung, 26.07.19 "Hier kristallisiert
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sich heraus, was es heißt, wenn Klasse, Herkunft, Sexualität, auch Jugend und Alter, Stadt und Provinz, aufeinander wirken. Dass es kein Entkommen aus diesen Kategorien gibt, keine Insel der Normalität, ist eine schmerzhafte, aber lehrreiche Erkenntnis. Wenn es tatsächlich eine Great American Novel gäbe, so wäre genau diese ihre Botschaft und Ocean Vuong einer ihrer Autoren." Miryam Schellbach, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.19 "'Little Dogs' Erinnerungen dienen nicht der Erfindung einer stringenten identitäspolitischen Erzählung, sondern schaffen selbst Identität, wunderbar präzise und mit Sätzen, die den Bogen ins Lyrische spannen, so weit, wie, und weiter, als Prosa nur gehen kann. Hier spricht jemand, der außerhalb der Sprache steht und sich mit anspruchsvoller Inbrunst in ihr Inneres wühlt;" Miryam Schellbach, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.07.19 "Hier kommt einer, der die Wunden der Menschheit in einem solch elektrisierend mutigen Verfahren erkundet, dass es weh tut. Es ist ein Text, der sich windet und häutet, die Genregrenzen außer Kraft setzt - und gleichzeitig erzählt er eine einfache Geschichte." Lisa Kreißler, NDR Kultur, 21.07.19 "Die ungewöhnliche Geschichte einer Selbstsuche ... Ocean Vuong gelingt etwas Besonderes: die Verbindung eines Coming-out-und-Coming-of-Age-Romans mit einer literarischen Form, die unterschiedliche Blickwinkel heraussstellt." Mara Delius, Die Welt, 20.07.19 "Der junge US-Autor erzählt in seinem eindrücklichen Roman von seinen vielen zerrissenen Leben als Einwanderer, als Homosexueller und als Sohn einer vietnamesischen Analphabetin. ... Was man von ihm lesen kann, klingt bereits jetzt schon außergewöhnlich." David Hugendick, Die Zeit, 18.07.19
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„Ma. Du hast mir einmal gesagt, dass Erinnerung eine Entscheidung ist. Aber wenn du Gott wärst, wüsstest du, es ist eine Flut.“ Eine Flut voller Emotionen, Gedanken, Erlebnisse. Gedanken an schöne Zeiten, aber eben auch die harten Abgründe. So oder so ähnlich …
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„Ma. Du hast mir einmal gesagt, dass Erinnerung eine Entscheidung ist. Aber wenn du Gott wärst, wüsstest du, es ist eine Flut.“ Eine Flut voller Emotionen, Gedanken, Erlebnisse. Gedanken an schöne Zeiten, aber eben auch die harten Abgründe. So oder so ähnlich könnte man Ocean Voungs Roman „Im Leben sind wir kurz grandios“ zusammenfassen.
Einen junger Mann schreibt einen Brief an seine vietnamesische Mutter. Einen Brief, der sein Innerstes offenbart und Einblicke in zahlreiche Erlebnisse seines noch so jungen Lebens bietet. „Für meine Mutter“ heißt es, doch diese ist Analphabetin und wird diese Worte wahrscheinlich nie wirklich verstehen... Dieses Buch hat mich wahrlich zutiefst berührt, bewegt, gedanklich gefordert, mich vieles reflektieren lassen und iwie doch auch glücklich gemacht. Das ist vllt. eine komische Kombination, wenn man bedenkt, dass Voung eben nicht über ein Vorzeigeleben schreibt. Es gibt zahlreiche Probleme, Gewalt, Mobbing, Krieg, Drogen, Vergänglichkeit, gar Andersartigkeit, die das Leben von „Little Dog“ massiv beeinflussen. Er ist auf der Suche nach Nähe, versucht Brücken zu anderen Menschen aufzubauen, doch am Ende bleibt dies eher erfolglos. Seine Großmutter Lan leidet an Schizophrenie. Seine Mutter Rose wurde vom Vietnamkrieg geschädigt, teilt häufig aus und scheint in einer eher abgehängten Welt festzustecken. Und „Little Dog“? Er versucht sich selbst zu finden, entdeckt seine queere Seite, eckt damit an, leidet, verliebt sich... bleibt zurück. „Es heißt, wenn man etwas nur genug will, macht man am Ende einen Gott daraus. Aber was, wenn alles, was ich je wollte, mein Leben war, Ma?“ Die Suche nach der eigenen Identität, dem Leben... ein sehr starkes Thema dem sich Voung auf einer sehr feinen, poetischen und ergreifenden Art und Weise nähert. Sehr reflektiert, tiefgründig, greifbar. „Auf Erden sind wir kurz grandios“ eine große Empfehlung von mir.
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Ocean Vuong beschreibt aus der Sicht von little dog ein oder sein Leben in Form eines Briefes an seine Mutter. Aus Vietnam stammend ist die kleine Familie, seine Mutter Rose, seine Großmutter Lan und er in die USA eingereist. Lan war in Kriegszeiten mit Paul, einem amerikanischen GI …
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Ocean Vuong beschreibt aus der Sicht von little dog ein oder sein Leben in Form eines Briefes an seine Mutter. Aus Vietnam stammend ist die kleine Familie, seine Mutter Rose, seine Großmutter Lan und er in die USA eingereist. Lan war in Kriegszeiten mit Paul, einem amerikanischen GI verheiratet, der inzwischen mit einer Amerikanerin verheiratet ist. Die Schrecken des Krieges sind bei der Mutter und der Großmutter allgegenwärtig, Ängste plagen sie, der Geist ist verwirrt und sie neigen zu Gewalt und dann wieder zu viel Zärtlichkeit. Sie schlagen sich mit Billigjobs, die die Gesundheit ruinieren, durchs Leben. little dog lernt bei der Arbeit als Tabakpflücker Trevor kennen und lieben, eine Liebe, die geheim bleiben muss.
Sehr feinfühlig und poetisch, manchmal auch kraftvoll brutal, lernen wir das Leben in Kriegszeiten in Vietnam und als Neuamerikaner mit allen Schwierigkeiten kennen. Der Tod ist immer ein Begleiter, doch immer mit der Hoffnung auf neues Leben. Es werden Fragmente erzählt, nicht chronologisch, jedoch sinnvoll aneinander gesetzt. Literarisch herausragend.
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Das auf dem Coverbild abgebildete Rehkitz, welches auf einem Zebrastreifen steht und hilflos um sich blickt, passt sehr gut zu den herzzerreißenden Ausführungen des Autors.
Schonungslos und unverschnörkelt, mit Poesie durchzogen, nimmt Ocean Vuong mich mit in die Erinnerungen an …
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Das auf dem Coverbild abgebildete Rehkitz, welches auf einem Zebrastreifen steht und hilflos um sich blickt, passt sehr gut zu den herzzerreißenden Ausführungen des Autors.
Schonungslos und unverschnörkelt, mit Poesie durchzogen, nimmt Ocean Vuong mich mit in die Erinnerungen an seine Kindheit. Dabei komme ich seiner Mutter und Großmutter nahe, erahne einiges von ihren Schmerzen und traumatischen Erfahrungen. Er selbst ist diesen Frauen emotional so nahe gekommen, ihre Geschichten werden zu seiner, dass es schmerzt zu lesen, wie er versucht in ihre Seelen einzutauchen, zu begreifen.
Aus meiner Sicht hat der Autor in seinem Debüt-Werk all die Last in Briefform zwischen zwei Buchdeckel gelegt. Man mag ihm wünschen, dass er nun seine eigene Geschichte schreiben darf.
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Vereint Poesie mit hemmungsloser Direktheit
Der erste Roman des Autors Ocean Vuong „Auf Erden sind wir kurz grandios“, ist eigentlich ein sehr langer Brief an die Mutter des Protagonisten. In diesem „Brief“ werden unglaublich viele Themen angesprochen: Kriegstraumata, die …
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Vereint Poesie mit hemmungsloser Direktheit
Der erste Roman des Autors Ocean Vuong „Auf Erden sind wir kurz grandios“, ist eigentlich ein sehr langer Brief an die Mutter des Protagonisten. In diesem „Brief“ werden unglaublich viele Themen angesprochen: Kriegstraumata, die die Mutter und Großmutter aus dem Vietnam-Krieg mit sich herumtragen, die gewalttätigen Ausbrüche der Mutter ihrem Sohn gegenüber, die Schizophrenie der Großmutter, was es bedeutet, sich in eine Kultur einzufügen, die einen selbst als fremdartig abstempelt, Drogenprobleme, eine erste tragische Liebe…
Dabei verfolgt der Autor in seiner Erzählung keinen linearen Erzählstrang. Immer wieder werden einzelne Fragmente beleuchtet, mal aus der frühen Kindheit des Jungen, der den ganzen Roman hindurch nur „Little Dog“ genannt wird und dessen wahren Namen man bis zum Schluss nicht erfährt, mal gewährt der Autor einen Einblick in das Leben der Mutter und Großmutter des Protagonisten, bevor diese nach Amerika kamen… was alle diese Fragmente (Kapitel wäre für mich hier nicht der richtige Begriff) gemeinsam haben, ist die Emotion, die durch sie transportiert wird. Das schafft der Autor zum einen durch eine sehr poetische Sprache, die immer wieder von hemmungslos direkt und offen formulierten Abschnitten durchbrochen wird. Die Schläge der Mutter werden beschrieben, aber eigentlich schwingt kein direkter Vorwurf an die Mutter mit in den Passagen, die sich damit befassen, sondern eher ein Gefühl von Traurigkeit, dass die Mutter, die mal so liebevoll ist, auch immer wieder in Ausbrüchen von Gewalt versinkt.
Einige Teile des Romans, vor allem zum Ende des zweiten der drei Abschnitte des Romans, waren mir ein wenig zu eklektisch. Es fiel mir hier schwer, den Überblick zu behalten, an wen sich die Aussagen richten oder von wem sie handeln. Vielleicht ist das aber auch durch den Autor so beabsichtigt. Der Großteil des Romans gibt dem Leser immer Anhaltspunkte, zu welchem Zeitpunkt im Leben von „Little Dog“ man sich gerade befindet.
Von mir erhält „Auf Erden sind wir kurz grandios“ vier von fünf Sternen. Es ist ein aufwühlender Roman, der den Leser berührt und fesselt, selbst über die letzte Seite hinaus.
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Ocean Vuong hat eine sehr klare, distanzierte, manchmal leicht melancholische und poetische Sprache, mit der er seine vietnamesische Familiengeschichte erzählt. Grade diese Distanziertheit bewirkt, dass die Sätze oftmals auf den Punkt treffen und nachwirken. **Ich weiß nicht, ob du …
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Ocean Vuong hat eine sehr klare, distanzierte, manchmal leicht melancholische und poetische Sprache, mit der er seine vietnamesische Familiengeschichte erzählt. Grade diese Distanziertheit bewirkt, dass die Sätze oftmals auf den Punkt treffen und nachwirken. **Ich weiß nicht, ob du glücklich bist, Ma. Ich habe dich nie gefragt.**
Ja, manchmal hat er mich für einen kurzen Augenblick verloren, wenn ich gerne mehr über Vietnam erfahren hätte und mich plötzlich wieder in einer amerikanischen Scheune mit seiner großen Liebe befand. Aber auch in diesen Momenten hat er mich umgehend wieder gefesselt.
Vuong schreibt schonungslos offen über eine Mutter-Sohn-Beziehung. Knallhart und doch spürt man so viel Liebe und Zärtlichkeit in jeder Zeile. Es ist keine Abrechnung, keine Anklage, sondern eine Reflextion, eine Aufarbeitung.
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Er ist 28 Jahre alt, 165 cm groß und 50 kg schwer, so beschreibt er sich selbst, ihn, den alle nur Little Dog nennen. Nun schreibt er einen Brief an seine Mutter Rose, einen Brief den sie vermutlich wohl nie lesen wird, denn sie ist Analphabetin. Das gibt ihm den Mut, seinen Gedanken freien …
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Er ist 28 Jahre alt, 165 cm groß und 50 kg schwer, so beschreibt er sich selbst, ihn, den alle nur Little Dog nennen. Nun schreibt er einen Brief an seine Mutter Rose, einen Brief den sie vermutlich wohl nie lesen wird, denn sie ist Analphabetin. Das gibt ihm den Mut, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Er schreibt über ihre Schläge und Beschimpfungen, aber auch über ihre zaghaften Versuche zu beschwichtigen und ihm ihre Liebe zu zeigen. Er berichtet von Großmutter Lan, ihrem Leben als Prostituierte in Vietnam, von Soldaten und Napalm, und wie ihr Geist nun immer mehr verwirrt, und von ihrem Mann, Großvater Paul, der einzigen männlichen Bezugsperson in Little Dogs Kindheit. In seinem Brief erzählt er auch über seine aufkommende Homosexualität, über seine Liebe zu dem zwei Jahre älteren Freund Trevor – und von Rauschgift, Sucht und Tod …
Der Autor Ocean Vuong wurde 1988 in Saigon geboren und gelangte 1990 über ein Flüchtlingslager in die USA. Aufgrund einer ererbten Legasthenie konnte er bis zu seinem elften Lebensjahr nur mühsam lesen. Zehn Jahre später jedoch studierte er Englisch am ‚Brooklyn College‘ und begann, Gedichte zu schreiben. Dafür wurde er mehrfach ausgezeichnet, zuletzt 2016 mit dem ‚Whiting Award for Poetry‘ und 2017 mit dem ‚T.S. Eliot Prize‘. „Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist sein erster Roman.
Das Buch ist eingeteilt in drei Abschnitte, die die Kindheit, die Zeit der Pubertät und das Leben als Erwachsener des Ich-Erzählers schildern und die er mit der Wanderung der Monarchfalter und deren Metamorphose vergleicht. Wir lesen über Kriegsereignisse in Vietnam, wie sie die verwirrte Großmutter und die ebenfalls traumatisierte Mutter erlebt haben, und über Little Dogs erste Kindheitserinnerungen in den USA. Wir erinnern uns mit ihm, wie er seiner Mutter im Nagelstudio helfen musste und ihm die Acetondämpfe dabei in die Nase stachen. Wir erfahren, dass er in der Schule wegen seiner „gelben“ Hautfarbe gedemütigt wurde und dass das Leben am Rand der amerikanischen Gesellschaft den Frauen immer fremd bleiben wird. Wir sind dabei, als der 14jährige Little Dog als Ferienarbeiter auf einer Tabakplantage Trevor, den zwei Jahre älteren Enkel des Besitzers, kennen lernt und seine ersten Erfahrungen in der Sexualität macht. Neben Momenten inniger Liebe durchziehen Passagen brutaler Gewalt die Geschichte, wechseln sich leise, sanfte Töne mit quälenden Aufschreien ab.
Dass der Autor ein Lyriker ist, ist dem Buch anzumerken. Er spielt förmlich mit der Sprache, verwendet Metaphern, Andeutungen, Erinnerungen, flüchtige Gedanken und Satzfragmente. Man muss manchmal viel hinein interpretieren, um den Sinn eines Satzes zu entdecken. Leider gelang mir dies nicht immer und oft war ich ratlos, was der Autor wohl versucht hat auszudrücken. Der Lesefluss wird dadurch erheblich gestört und die Erlebnisse des Erzählers wirken dadurch zerhackt. Ich kann mich deshalb dem Kreis derer, die diesen Schreibstil als „Sprache von grandioser Schönheit“ bejubeln, nicht anschließen und bin der Meinung, diese eindrucksvolle, aussagekräftige Geschichte hätte keinen postmodernen Schreibstil nötig gehabt.
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Wortgewaltig und poetisch
Inhalt:
Er wird Little Dog genannt, geschlagen und verzärtelt, wie es gerade passt. Seine Mutter bekommt immer noch bei jedem Knall Angstzustände - der Vietnamkrieg steckt ihr in den Knochen. Die Großmutter Lan erzählt dem Kind Geschichten aus dem …
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Wortgewaltig und poetisch
Inhalt:
Er wird Little Dog genannt, geschlagen und verzärtelt, wie es gerade passt. Seine Mutter bekommt immer noch bei jedem Knall Angstzustände - der Vietnamkrieg steckt ihr in den Knochen. Die Großmutter Lan erzählt dem Kind Geschichten aus dem Krieg, Geschichten, die kein Erwachsener hören sollte, geschweige denn ein Kind. Die Einwanderung in die USA ist nicht die erhoffte Lösung. Zerrissen zwischen zwei Welten, versucht der Ich-Erzähler, seinen Weg im Leben zu finden.
Meine Meinung:
„Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist der Debütroman des jungen, für seine Gedichte preisgekrönten amerikanisch-vietnamesischen Autors Ocean Vuong. In einem Brief, der vielleicht nie gelesen werden soll - er ist an die Mutter gerichtet, die Analphabetin ist - erzählt Ocean Vuong fragmentarisch von seinem Leben, dem seiner Mutter und seiner Großmutter. Dabei sind die einzelnen Erinnerungen leider nicht chronologisch angeordnet, sondern die Reihenfolge scheint ganz willkürlich zu sein, was mir das Lesen etwas erschwert hat.
„Ich erzähle dir weniger eine Geschichte als ein Schiffswrack - die Teile dahintreibend, endlich lesbar.“ (S. 182)
Es schmerzt, diesen wortgewaltigen Roman zu lesen, der in einer poetischen Sprache verfasst wurde. Gleichzeitig ist es aber auch schön, all das zu lesen. Der Autor erzählt mit einer brutalen Ehrlichkeit, der man sich als Leser*in nicht entziehen kann. Dabei lässt er kaum ein Thema aus, das das Leben asiatischer Einwanderer in den USA ausmacht. Neben dem Vietnamkrieg geht es auch um Homosexualität, Drogen und immer wieder um Liebe und Hoffnung.
Das Buch bedrückt einen und lässt doch nicht los. Die verwundeten Seelen kann man nicht einfach ignorieren. Es ist keine Lektüre, die man locker nebenbei liest. Man muss Geduld aufbringen und den Willen, sich mit ihr zu befassen.
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Lyrischer Prosa
Auf Erden sind wir kurz grandios von Ocean Vuong besticht durch den gewählten Erzählstil, mit dem der Autor die passende Art zu erzählen gefunden hat. Es ist in einen Brief an die Mutter gefasst, die aber nicht lesen kann und daher ist der Brief wohl mehr ein …
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Lyrischer Prosa
Auf Erden sind wir kurz grandios von Ocean Vuong besticht durch den gewählten Erzählstil, mit dem der Autor die passende Art zu erzählen gefunden hat. Es ist in einen Brief an die Mutter gefasst, die aber nicht lesen kann und daher ist der Brief wohl mehr ein inneres Zwiegespräch, dass der 30jährige Erzähler führt und so seine Erinnerungen an Kindheit und Jugend reflektiert. Er, liebevoll von der Familie Little Dog genannt, ist als Kind aus Vietnam in die USA gekommen. Die Anpassung war nicht einfach für die Familie, sowohl sprachlich als auch kulturell sind gewaltige Unterschiede.
Little Dog erzählt in einer schonungslosen Art und benennt Gewalt und Verluste deutlich.
Bemerkenswert ist, wie der Text sowohl analytisch wie auch sehr emotional erzählt wird. Es gibt Bezugnahme auf philosophische Texte von z.B. Roland Barthes, Bei Dao und andere, aber da Ocean Vuong auch Dichter ist, wird die Prosa streckenweise sehr lyrisch. Das gefällt mir außerordentlich und ist auch nicht so häufig zu finden.
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Was für einen Schatz ich geborgen habe, merke ich bei Büchern erst, wenn ich es zuklappe und eine Wehmut sich in mir breit macht, dass es leider schon wieder zu Ende ist. Und einen solchen Schatz habe ich mit dem Debüt von Ocean Vuong geborgen! Sein Roman "Auf Erden sind wir kurz …
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Was für einen Schatz ich geborgen habe, merke ich bei Büchern erst, wenn ich es zuklappe und eine Wehmut sich in mir breit macht, dass es leider schon wieder zu Ende ist. Und einen solchen Schatz habe ich mit dem Debüt von Ocean Vuong geborgen! Sein Roman "Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist eine Perle in diesem Bücherjahr. Vor allem weil es so anders ist als viele andere Romane. Übrigens ist der Romantitel, den ich grandios finde, auch der Titel eines seiner Gedichte.
Er schreibt klar- leise Töne mit hohem Einschlag. Die poetische Prosa trifft einen mit voller Wucht, wie eine Welle die man kaum abwarten kann und dann haut sie einen doch um und man sitzt im Sand. So fühlt sich dieser Text an.
Ocean Vuong verarbeitet seine eigenen Erfahrungen als Einwanderungskind aus Vietnam in die USA mit diesem Roman. Ein fiktiver Charakter schreibt seiner Mutter, die nicht lesen kann, einen Brief um seine Erlebnisse zu verarbeiten. Die Kombination aus Liebe und Leid, diese Gradwanderung beschreibt er sehr gut. Die Geschichte wird erzählt, aber Ocean Vuong behält viel Raum für eigene Gedanken des Lesers bereit. Auch merkt man dem Roman sehr stark an, dass Ocean Vuong in erster Linie Lyriker ist und dann erst Schriftsteller – oder macht er eine neue Dimension auf mit diesem Roman?
Mich hat der Roman überzeugt, daher wünsche ich dem Roman viele Leser! Aber ich rate nur zum Roman, wer auch gerne Lyrik liest.
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Es ist keine typische Einwanderergeschichte mit einem happy end, die hier eindringlich von Ocean Voung erzählt wird. Im Gegenteil, Voung schreibt über die Probleme, die er als Halbvietnamese mit seiner Mutter in den USA erfährt... Billigjobs und Armut sind die Realität. Hinzu …
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Es ist keine typische Einwanderergeschichte mit einem happy end, die hier eindringlich von Ocean Voung erzählt wird. Im Gegenteil, Voung schreibt über die Probleme, die er als Halbvietnamese mit seiner Mutter in den USA erfährt... Billigjobs und Armut sind die Realität. Hinzu kommt, dass die Mutter schwer vom Vietnamkrieg traumatisiert ist, Gewalt ihrem Sohn gegenüber wird zur traurigen Realität. Das Buch ist stilistisch großartig, schon allein die Idee, dass der Sohn seine Gedanken in Briefform der Mutter schreibt, die ihn allerdings nie wird lesen können, da sie Analphabetin ist....der Text ist in einer poetisch anmutenden Sprache geschrieben. Schon allein dadurch konnte das Buch überzeugen. Thematisch ist es oft eine schwere Lektüre, melancholisch, düster und doch sehr lesenswert.
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